L 20 B 24/08 AS

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 243/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 B 24/08 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 30.01.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Der Kläger wendet sich gegen einen Sanktionsbescheid der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) gewährenden Beklagten.

Der 1963 geborene, nach seinen Angaben von seiner Ehefrau dauernd getrennt lebende Kläger, türkischer Staatsangehöriger, steht seit Januar 2005 im Leistungsbezug nach dem SGB II. Der Kläger ist Mieter einer 45 m² großen Wohnung in B. Für die Erstaustattung der Wohnung bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 01.10.2005 einen Betrag von 210,00 EUR. Am 09.08.2007 ging bei der Beklagten ein nicht unterzeichnetes Schreiben ein, dessen Inhalt zufolge der Kläger und seine in B1 lebende Ehefrau zwar angegeben hätten, getrennt zu leben. Hingegen lebten beide nach wie vor zusammen in B1. Der Kläger sei meistens tagsüber nicht da, aber abends und nachts sei er in B1 anzutreffen. Die Wohnung in B benutze er kaum, hole nur ab und zu die Post.

Am 29.08.2007 beantragte der Kläger die Fortzahlung seiner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 03.09.2007 forderte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf die §§ 59 SGB II i.V.m. § 309 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) auf, am 04.09.2007 um 11 Uhr vorzusprechen. Die Zustellung erfolgte am 03.09.2007 um 10:55 Uhr durch den Ermittlungsdienst der Beklagten (Zustellnachweis in den Akten der Beklagten) durch Einwurf in den Briefkasten. Im Betreff der Meldeaufforderung ist angegeben, es handele sich um eine Überprüfung der Leistungsangelegenheit. Im weiteren Text ist ausgeführt, der Sachbearbeiter wolle mit dem Kläger über seinen Leistungsfall sprechen. Nachdem der Kläger am 04.09.2007 nicht erschienen war, folgte eine entsprechende Meldeaufforderung mit Schreiben vom 05.09.2007 für den 06.09.2007 um 13:00 Uhr. Beide Schreiben waren mit einer ausführlichen Rechtsfolgenbelehrung und Hinweisen versehen.

Am 06.09.2007 sprach der Kläger bei der Beklagten vor. Im Anschluss wurde ein Hausbesuch durchgeführt. Der Ermittlungsbericht der Ermittlungsdienst-Mitarbeiter vom 10.09.2007 stellt zusammenfassend fest, es erscheine äußerst unglaubwürdig, dass es sich bei der Wohnung des Klägers um seinen regelmäßigen Aufenthaltsort handele. Der Kläger habe während des Hausbesuchs angegeben, sich seit ca. sieben Monaten eher bei seiner Freundin J T in B aufzuhalten. Er sei ab und an mal in seiner Wohnung anzutreffen. Zusammenziehen wolle er mit Frau T nicht, da er noch verheiratet sei. Außerdem wisse er dann nicht, was er mit seinen Möbeln machen solle. Die letzten Tage sei er mit seiner Freundin bei deren Sohn in H gewesen und am Tage zuvor in K.

Mit Bescheid vom 02.10.2007 senkte die Beklagte das dem Kläger gewährte Arbeitslosengeld II für den Zeitraum 01.11.2007 bis 31.01.2008 monatlich um 10 % der Regelleistung ab. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid werde für den genannten Zeitraum gemäß § 48 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X) aufgehoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am 04.09.2007 nicht erschienen. Am 09.10.2007 widersprach der Kläger diesem Bescheid. Anlässlich einer Vorsprache am 23.10.2007 erklärte er, er habe sich am 04. und 05.09.2007 bei einem Bekannten in H aufgehalten und dort auch übernachtet. Als er am 06.09.2007 nach Hause gekommen sei, habe er die Einladungen vorgefunden. Er habe daher der Einladung für den 04.09.2007 nicht Folge leisten können. Er habe einen großen Bekanntenkreis, und daher komme es vor, dass man Besuche abstatte oder einmal eingeladen werde. Er denke, es sei nicht verboten, sich einmal woanders aufzuhalten. Er sei häufiger tagsüber unterwegs, kehre jedoch abends in seine Wohnung zurück und sichte dann auch seine Post. Sollte die Vorgehensweise, Termin innerhalb von 24 Stunden, Schule machen, sei er doch sehr eingeschränkt und könne sich (z.B. bei einer Jobsuche) nicht frei bewegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der Kläger habe einen wichtigen Grund für sein Nichterscheinen am 04.09.2007 nicht vorbringen können. Die angeführte Ortsabwesenheit reiche als Begründung nicht aus, da Arbeitslose gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 der Erreichbarkeits-Anordnung sicherzustellen hätten, dass das Arbeitsamt sie persönlich an jedem Arbeitstag an ihrem Wohnsitz oder persönlichen Aufenthaltsort unter der von ihrem benannten Anschrift durch Briefpost erreichen könne.

Am 16.11.2007 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Aachen erhoben und zur Begründung ausgeführt, es fehle bisher an einer vernünftigen Darlegung, wann und wie die Beklagte den Kläger zu einem Meldetermin am 04.09.2007 eingeladen haben wolle. Der Kläger habe plausibel angegeben, sich am 04. und 05.09.2007 auswärts aufgehalten zu haben. Zu keinem Zeitpunkt sei er darüber belehrt worden, dass er keine Besuche abstatten dürfe und sich jeden Tag in seiner Wohnung aufhalten müsse. Eine normale Einladung werde so ausgesprochen, dass man ihr Folge leisten könne, indem ein gewisser Zeitraum zwischen Einladung und dem Termin verstreiche, zu dem eingeladen werde. Bei einer Terminsanberaumung innerhalb von 24 Stunden würde der Hilfeempfänger indirekt gezwungen, sich Tag und Nacht in seiner Wohnung aufzuhalten. Damit wäre faktisch jede Teilnahme am gesellschaftlichen Leben unmöglich. Bevor man solche gravierende Pflichten auferlege, müssten dazu zumindest konkrete Belehrungen folgen. Im Rahmen des Kürzungsbescheides sei eine Ermessensausübrung erforderlich.

Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage blieb ohne Erfolg (SG Aachen, Beschluss vom 29.11.2007, S 11 AS 244/07 ER).

Mit Beschluss vom 30.01.2008 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe ohne Angabe eines wichtigen Grundes den Termin vom 04.09.2007 nicht wahrgenommen. Aufgrund der Bestimmungen der Erreichbarkeits-Anordnung sei er jedoch verpflichtet, jeden Werktag persönlich an seinen Wohnsitz unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost erreichbar zu sein. Daher könne der Vortrag, am 04. und am 05.09.2007 nicht in seiner Wohnung gewesen zu sein, weil er einen Bekannten in H besucht habe, nicht als wichtiger Grund für die Nichtwahrnahme des Termins am 05.09.2007 gelten. Es sei ausreichend, den Antragsteller 24 Stunden vor einem Termin über diesen Termin in Kenntnis zu setzen. Da die Erreichbarkeits-Anordnung kraft Gesetzes gelte, sei ein entsprechender Hinweis nicht erforderlich. Der Kläger sei auch hinreichend belehrt worden. Dabei komme es nicht darauf an, ob er die Rechtsfolgenbelehrung tatsächlich zur Kenntnis habe nehmen können. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 25.04.1996 - 11 RAr 81/95) sei die Belehrung über die Rechtsfolgen mit dem Zugang erteilt, wenn sich der arbeitslose Leistungsbezieher ohne vorherige Anzeige bei der Arbeitsangentur nicht unter seiner Anschrift aufhalte. Es sei zulässig, Leistungsempfänger kurzfristig zu einem Termin einzuladen, wenn der Verdacht bestehe, dass diese unter der angegebenen Adresse nicht tatsächlich wohnten und aus diesem Grund ggf. zu Unrecht Leistungen bezogen würden. Gemäß § 59 SGB II i.V.m. § 309 Abs. 2 Nr. 5 SGB III sei die "Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch" ein möglicher Zweck für einen Meldetermin. Dieser Meldezweck habe u.a. auch die Funktion, Kontrollmöglichkeiten gegen Leistungsmissbrauch zu eröffnen. Über die Hintereinanderschaltung kurzfristiger Meldetermine sei es möglich, den Aufenthalt des Leistungsempfängers effektiv zu prüfen, da bei sporadischen Besuchen zu unterschiedlichen Uhrzeiten vom entsprechenden Leistungsempfänger stets vorgetragen werden könne, just in diesen Momenten nicht zu Hause gewesen zu sein. Um einem etwaigen Leistungsmissbrauch in solchen Fällen Herr zu werden, sei das Vorgehen über kurzfristige Einladungen rechtlich nicht zu beanstanden und insbesondere nicht schikanös.

Mit seiner Beschwerde vom 08.02.2008 vertritt der Kläger die Auffassung, das summarische PKH-Prüfungsverfahren sei nicht dazu da, abschließend solch schwieriger Sach- und Rechtsfragen zu klären. Im Übrigen wäre für die angeführten Zwecke die gesetzliche Regelung untauglich. Man brauche nur einen Bekannten um den Postempfang und Handyanruf zu bitten. Schon könne man angesichts heutiger Mobilität in kürzester Zeit an Amtsstelle vorsprechen, auch wenn man dort keinen Wohnsitz habe, wo die Post eintreffe. Mit der pauschalen Behauptung, angeblich sei eine Wohnsitzüberprüfung nötig, könne man zu jeder Zeit einen Betroffen wie hier schikanieren, dieser solle erscheinen, obschon es in der Sache nichts zu besprechen gebe. Das Gericht interpretiere die gesetzlich angeordnete Pflicht dahingehend, der Betroffene solle einen Kadavergehorsam ausüben. Im Rechtsstaat sei nur denkender Gehorsam geschuldet. Es solle nicht der Willkür Tür und Tor geöffnet sein und das auch noch mit gerichtlichem Segen.

Auf die Bitte des Senats um Konkretisierung, wo sich der Kläger in der Zeit vom 03.09.2007 aufgehalten habe, und Klärung bestehender Widersprüche anlässlich des Hausbesuchs vom 06.09.2007 und der Widerspruchsbegründung hat der Kläger mitgeteilt, generell habe er sich in seiner Wohnung aufgehalten; er sei ein einfacher Mann und führe kein Tagebuch. Er habe sich bei dem Hausbesuch nicht abweichend erklärt. Der Senat möge ihn und die Ermittlungsdienstmitarbeiter der Beklagten befragen. Der Kläger habe keine Freundin. Die vermeintliche Freundin, bei der es sich um eine ältere Dame handele, möge befragt werden. Es müsse die Gegenfrage gestellt werden, wo sich der Kläger "sonst wohl aufhalten" solle "als in seiner Wohnung". Nachts sei es kalt.

Sodann hat der Kläger eine eidesstattliche Versicherung der Frau J T vom 01.03.2008 vorgelegt. Diese erklärt u.a., sie sei nie die Lebensgefährtin des Klägers gewesen, habe nie für diesen eingekauft und habe nie die Wäsche für ihn gewaschen. Er habe nie bei ihr gewohnt und sie habe nie für ihn gekocht. Es sei einfach nur eine kleine Episode gewesen, und er sei lediglich ein paar Mal zu Besuch gekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde des Klägers, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 11.02.2008), ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, dem Kläger antragsgemäß Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren zu bewilligen. Die gegen den Sanktionsbescheid der Beklagten vom 02.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2007 gerichtete Klage bietet nach der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne der §§ 73a, 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO).

Als Rechtsgrundlage für die Absenkung des Arbeitslosengeldes II ist § 31 SGB II in Betracht zu ziehen. Nach dessen Abs. 2 (1. Alternative) wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in der ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihr zu melden, nicht nachkommt und einen wichtigen Grund für sein Verhalten nicht nachweist. Gemäß Abs. 6 der Vorschrift tritt die Absenkung mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung feststellt, folgt (Satz 1); die Absenkung dauert drei Monate (Satz 2).

Der Kläger ist der Aufforderung zur Meldung trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachgekommen. Einen wichtigen Grund hierfür hat er bisher nicht hinreichend substantiiert und widerspruchsfrei dargelegt.

Sein bisheriges Vorbringen erweist sich in Teilen als zumindest klarstellungsbedürftig. Im Vermerk des Ermittlungsdienstes über den Hausbesuch vom 06.09.2007 ist festgehalten, der Kläger habe angegeben, sich nur ab und an in seiner Wohnung aufzuhalten, ansonsten in den letzten ca. 7 Monaten eher bei seiner Freundin J T in B gewesen zu sein. Die letzten Tage sei er mit seiner Freundin bei deren Sohn in H gewesen. In der vom Kläger unterzeichneten Niederschrift über den Widerspruch vom 23.10.2007 gibt der Kläger an, am 04.09.2007 und 05.09.2007 nicht zu Hause gewesen zu sein, sich vielmehr bei einem Bekannten in H aufgehalten zu haben. Er habe die Einladung für den 04.09.2007 erst am 06.09.2007 vorgefunden.

Auch mit der Klageschrift ist lediglich vorgetragen worden, der Kläger sei am 04.09.2007 und 05.09.2007 nicht zu Hause gewesen. Auf die Bitte des Senats um Klarstellung, wo er sich im Zeitraum 03.09.2007 bis 06.09.2007 aufgehalten habe, ist vom Kläger lediglich vorgetragen worden, generell habe er sich zu Hause aufgehalten. Das Vorbringen des Klägers erklärt in keiner Variante, warum er die am 03.09.2007 vormittags in seinen Machtbereich gelangte Einladung nicht zur Kenntnis hat nehmen können. Wäre er "generell" zu Hause gewesen, wäre die Kenntnisnahme erst am 06.09.2007 nicht geeignet, einen wichtigen Grund für sein Nichterscheinen am 04.09.2007 zu begründen.

Lediglich für den Fall, dass der Kläger zukünftig schlüssig darlegen sollte, er habe erst am 06.09.2007 von der maßgeblichen Einladung Kenntnis erlangen können, hält der Senat allerdings im Hinblick auf eine dann ggf. zu bejahende grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit die nachfolgenden Hinweise zur Anwendbarkeit der Regelungen der Erreichbarkeits-Anordnung (EAO) für geboten.

D

Zwar kann sich der Kläger bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Sozialgerichts, die Anordnung zur Pflicht des Arbeitslosen, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können (EAO vom 23.10.1997 [ANBA S. 1685, 1998 S. 1100], geändert durch AnO vom 16.11.2001 [ANBA S. 1476]), sei auch hinsichtlich der in § 1 der EAO geregelten Verpflichtungen anwendbar, nicht mit Erfolg auf seine Ortsabwesenheit berufen. Dabei scheint der Wortlaut des § 7 Abs. 4a SGB II letzter Halbsatz (die "übrigen Bestimmungen dieser Anordnung gelten entsprechend") die Auffassung des Sozialgerichts zunächst nahe zu legen (vgl. auch Mergler/Zink, SGB II, Stand August 2007, § 7 Rn. 54b). Auch im Schrifttum wird ohne weitere Problematisierung davon ausgegangen, den zeit- und ortsnahen Bereich im Sinne des § 7 Abs. 4a SGB II verlasse nicht, wer sich täglich nach dem Eingang der Briefpost wenigstens einmal in der Wohnung aufhalte (Winkler, Die Erreichbarkeit in SGB II und III, info also 1/2007, S. 3ff.). Auch andernorts wird von der Geltung der Regelungen des § 1 EAO zur sog. Residenzpflicht (Erreichbarkeit an jedem Werktag durch Briefpost) ausgegangen (vgl. etwa Brühl/Schoch, LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 7 Rn. 92; Geiger, Leitfaden zum Arbeitslosengeld II, 4. Auflage 2007, S. 19).

Allerdings wird mit gewichtigen Argumenten demgegenüber auch vertreten, § 7 Abs. 4a SGB II sanktioniere einen Verstoß gegen § 1 der EAO nicht. Diese Vorschrift sei ersichtlich nicht durch § 7 Abs. 4 a SGB II in Bezug genommen, weshalb ein weiteres Eingehen auf die Probleme des § 1 EAO nicht erforderlich sei (Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 7 Rn. 80). Der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II setze nicht voraus, dass der Hilfebedürftige täglich unter seiner Postanschrift erreichbar sein muss (Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, 10. Erg.-Lfg. II/07, § 7 Rn. 26, 76). Es finde nur § 3 der EAO im Geltungsbereich des SGB II Anwendung.

Der Senat verkennt nicht, dass es vorliegend nicht um den Leisungsausschluss nach § 7 Abs. 4a SGB II wegen Verstoßes gegen die sog. Residenzpflicht geht. Es stellt sich angesichts der vorstehenden Ausführungen allerdings die grundsätzliche Frage der (entsprechenden) Geltung des § 1 der EAO.

Auch die Gesetzesbegründung löst diese Problematik nicht zweifelsfrei. Allerdings ist zu den Motiven des Gesetzgebers zunächst ausgeführt, der Leistungsanspruch solle künftig bei einem Verstoß gegen den in § 7 Abs. 4a SGB II genannten Grundsatz entfallen, um die missbräuchliche Inanspruchnahme bei einem nicht genehmigten vorübergehenden auswärtigen Aufenthalt innerhalb und außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu vermeiden (BT-Drs. 16/1696 S. 26).

Dafür, dass die entsprechende Anwendung der "übrigen" Vorschriften der EAO vor dem Hintergrund dieses gesetzgeberischen Anliegens, eine im Vergleich zur nach § 31 SGB II ggf. möglichen Sanktionierung härtere Konsequenz zu ermöglichen, nur eingeschränkt gilt, mag die weitere Gesetzesbegründung herangezogen werden, wenn dort zur entsprechenden Anwendung lediglich ausgeführt ist:

"Die Erreichbarkeits-Anordnung ...sieht Ausnahmen vom Aufenthalt im zeit- und ortsnahen Bereich vor. Sie soll entsprechende Anwendung finden.".

Die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 4a SGB II sind im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, da ein solcher durch die Beklagte bisher nicht angenommen wurde.

Kosten sind nicht zu erstatten, §§ 73 Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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