L 8 U 3763/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 2240/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3763/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21.08.2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch für das Berufungsverfahren die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger wegen des anerkannten Arbeitsunfalles am 16.05.2011 über den 01.04.2014 hinaus eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. zu gewähren ist. Wegen eines nicht streitgegenständlichen Versicherungsfalls am 08.11.1994 erhält der Kläger Verletztenrente und eine MdE um 20 v.H.

Der 1953 geborene Kläger hatte sich im Rahmen eines - unversicherten - Fahrradsturzes am 14.07.2005 eine AC-Gelenkssprengung Typ Tossy III links zugezogen, die am 18.07.2005 mit einer chirurgischen Naht des Bandapparates der Clavicula mit Plattenstabilisierung operativ versorgt worden war (Berichte der W.-Z. Kliniken vom 21.08.2005, 01.09.2005 und Operationsbericht vom 18.07.2005, Bl. 219, 220 VA). Das Osteosynthesematerial war am 23.01.2006 operativ entfernt worden (Operationsberichts der W.-Z. Kliniken vom 23.01.2006, Bl. 217 VA). Im Bereich der rechten Schulter hatte der Kläger im September 2009 eine am 15.10.2009 arthroskopisch versorgte (OP-Bericht P.-Klinik Dr. Fr. vom 15.10.2009, Bl. 263 VA) Rotatorenmanschettenruptur und Luxation der langen Bizepssehne erlitten (Auskunft der S. Klinik R. vom 23.07.2012, Bl. 273 VA).

Bei seiner beruflichen Tätigkeit als Heizungsmonteur am 16.05.2011 blieb der Kläger mit dem Fuß an dem Betonfußgestell eines Bauzauns hängen und stürzte auf den linken Arm. Der Durchgangsarzt Prof. Dr. Wi. stellte als Erstdiagnosen Schürfwunden linker Ellenbogen und Zustand nach Schulterluxation links fest (Bericht vom 17.05.2011, Bl. 1 VA). Im MRT des linken Schultergelenks vom 24.05.2011 zeigten sich eine größere knöcherne Bankartläsion, eine kleine Hill-Sachs-Läsion, Ergussbildungen sowie hochgradige Teilrupturen der Supraspinatussehne, Infraspinatussehne, lateralen Subscapularissehne mit Subluxation der langen Bizepssehne (Bl. 7 VA). Die Rotatorenmanschettenruptur wurde am 06.06.2011 mit Rekonstruktion der Rotatorenmanschette operativ versorgt (Operationsberichts vom 06.06.2011, Bl. 21/22 VA).

Im Auftrag der Beklagten erstattete Prof. Dr. Wi. die Gutachten vom 30.01.2012 (Bl. 186/193 VA) und vom 09.10.2012 (Bl. 299/306 VA). Der Gutachter teilte als noch bestehende wesentliche Unfallfolgen eine reizlose Narbensituation nach stattgehabter Arthroskopie sowie Miniopen-Zugang zur muskulären Refixation, Narbensituation reizlos, und eine Einschränkung der Beweglichkeit im linken Schultergelenk mit. Die MdE durch die Unfallfolgen schätzte er zuletzt mit 20 v.H. ein.

Mit Bescheid vom 09.11.2012 (Bl. 314/315 VA) gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v. H. ab 01.10.2011.

Nach Untersuchung des Klägers am 13.01.2014 erstattete Prof. Dr. Wi. das Gutachten vom 20.01.2014 (Bl. 353/363 VA). Als noch bestehende Unfallfolgen teilte der Gutachter über die in den bisherigen Gutachten mitgeteilten Gesundheitsstörungen hinaus ein Sensibilitätsdefizit im Narbenareal mit. Als unfallunabhängige krankhafte Veränderungen gab er einen Zustand nach Clavikulafraktur links und einen Zustand nach Bänderriss rechte Schulter 2009 in R. an. Die Erwerbsfähigkeit werde weiterhin um 20 v.H. herabgesetzt. Es sei nicht zu erwarten, dass sich die geminderte Erwerbsfähigkeit noch bessern werde. Auf Rückfrage der Beklagten (Schreiben vom 29.01.2014, Bl. 370 VA) korrigierte der Gutachter nach nochmaliger Durchsicht der Bewegungsausmaße mit dem Nachtrag vom 05.02.2014 (Bl. 372/373 VA) die Einschätzung hinsichtlich der MdE auf 10 v.H.

Mit Schreiben vom 13.02.2014 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Herabsetzung der Rente an.

Mit Bescheid vom 21.03.2014 (Bl. 376/377 VA) setzte die Beklagte anstelle der bisherigen Rente als vorläufige Entschädigung eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 10 v.H. fest. Anspruch auf Rente bestehe nur, solange die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen eines anderen Versicherungsfalles um mindestens 10 v.H. gemindert sei, wobei es sich um den Versicherungsfall am 08.11.1994 handele.

Am 07.04.2014 legte der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2014 (Bl. 415/416 VA) zurückwies.

Am 26.08.2014 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Er leide erheblich unter den nach wie vor bestehenden Bewegungs-/Funktionseinschränkungen und weitergehenden Beschwerden, die nach seiner Einschätzung aus der seit dem Arbeitsunfall vom 16.05.2011 bestehenden Schonhaltung und auch einseitigen Belastung seit dem Arbeitsunfall resultierten und von der Beklagten nicht in ausreichendem Maß berücksichtigt worden seien. Der Kläger legte Berichte der Radiologischen Gemeinschaftspraxis F. vom 30.07.2014 und 04.08.2014 über eine Kernspintomographie des rechten Schultergelenks und eine Kernspintomographie des linken Schultergelenks (Bl. 15/16 SG-Akten) sowie den Bericht des Facharztes für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Re. vom 23.09.2014 (Bl. 17 SG-Akten) vor.

Das SG vernahm die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Internist Dr. F. teilte unter dem 21.10.2014 unter anderem mit, vor dem 16.05.2011 habe der Kläger ihn wegen Erkrankungen oder Verletzungen der Schulter erstmals am 28.01.2008 aufgrund seit Monaten bestehender Schulter-Arm-Schmerzen rechts konsultiert. (Bl. 30/53 SG-Akten). Dr. Re. gab mit Schreiben vom 28.10.2014 (Bl. 54/57 SG-Akten) an, der Kläger habe sich nur am 23.09.2014 in seiner Behandlung befunden, wobei er eine symptomatische Re-Ruptur/-Defekt der ansatz-sulcusnahe Supraspinatussehne sowie cranialen Subscapularissehne, eine alte Ruptur der langen Bizepssehne und Begleitbursitis bei geringgradiger, caudalbetonter AC-Gelenksarthrose rechte Schulter sowie eine Supraspinatus-partial-Re-Ruptur bei ventro-caudalem Acromionsporn und initialer Omarthrose linke Schulter diagnostiziert habe.

Ferner holte das SG das orthopädische Gutachten des Dr. H. vom 29.12.2014 (Bl. 65/84 SG-Akten) ein. Der Gutachter bewertete die unfallbedingte MdE seit 01.04.2014 weiterhin mit 20 v.H. Im Zusammenhang mit dem Ereignis vom 16.05.2011 sei es offenbar ausschließlich zu einer Verletzung der linken oberen Gliedmaße gekommen. Die Schulterbeschwerden rechts seien davon unabhängig. Das Ereignis habe unstreitig zu einer Verrenkung der linken Schulter mit umfassendem Weichteilschaden und Absprengung eines kleinen Knochenstückes im vorderen Schulterpfannenrand geführt. Trotz umfassender operativer Behandlungen sei es danach dauerhaft zu einer deutlichen Funktionseinschränkung der linken Schulter gekommen. Es sei möglich, dass "mit Gewalt" die linke Schulter über 90° angebeugt werden könne. Das Ausmaß der "passiven" Beweglichkeit eines Schultergelenkes sage aber wenig über die aktive Gebrauchsfähigkeit im Erwerbsleben aus. Aktiv könne der Kläger weder den linken noch den rechten Arm auf 90° oder gar darüber hinaus anheben. Die aktive Beweglichkeit sei aber die Beweglichkeit, die er im Erwerbsleben überhaupt gebrauchen können. Im Übrigen sei keine wesentliche Funktionsverbesserung zwischen dem 01.10.2011 und dem 01.04.2014 zu erkennen, die eine Rückstufung der MdE sachlich begründen würde.

Die Beklagte hat gegen das Gutachten eingewandt, es sei falsch, dass der Gutachter die Bewegungsmaße für die Neutral-Null-Methode, die für die Bewertung der MdE von entscheidender Bedeutung sei, nach der aktiven Beweglichkeit erhebe. Nur passive Bewegungsmaße seien objektive Befunde. Ferner verkenne Dr. H. , dass eine Funktionsverbesserung nicht nachzuweisen sei, nachdem bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden könne. Im Raum stehen auch, ob der Vorschaden an der linken Schulter bei der MdE-Beurteilung wirklich unberücksichtigt bleibe. Eine Schultereckgelenksarthrose führe zu Bewegungseinschränkungen und sei von den Unfallfolgen abzugrenzen. Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme der Dr. Wü. vom 23.04.2015 (Bl. 92/93 SG-Akten) vor.

Unter dem 02.06.2015 hat Dr. H. ergänzend Stellung genommen (Bl. 95/98 SG-Akten) und an seiner Einschätzung festgehalten.

Die Beklagte hat erneut Einwendungen erhoben (Schriftsatz vom 26.06.2015) und das Fehlen eines Messblatts mit passiven Bewegungsausmaßen und Umfangsmaßen in Zentimeter moniert. Ferner fehle es an der Beurteilung der Funktionseinschränkungen infolge unfallunabhängiger Schultererkrankungen sowie durch eine verstärkte Kyphose. Zudem habe sich im Vergleich zum Gutachten des Prof. Dr. Wi. die Beweglichkeit der rechten Schulter extrem verschlechtert.

Dr. H. hat erneut unter dem 14.07.2015 (Bl. 101/102 SG-Akten) ergänzend Stellung genommen und weiterhin in seiner Einschätzung festgehalten.

Die Beklagte hat die ärztliche Auskunft des Dr. Ra. vom 07.08.2015 vorgelegt (Bl. 107 SG-Akten).

Mit Urteil vom 21.08.2015 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.05.2011 über den 31.03.2014 hinaus eine Rente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 31.08.2015 zugestellte Urteil am 07.09.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat die Beklagte ihre Einwendungen gegen das Gutachten durch Dr. H. wiederholt. Ferner hat die Beklagte den ärztlichen Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Bad W. vom 07.10.2015 (Bl. 31/35 der Senatsakte) und die beratungsärztlichen Stellungnahme der Dr. Wü. vom 06.01.2016 und 16.03.2016 (Bl. 36 und 44/45 der Senatsakte) vorgelegt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21.08.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Er ist der Auffassung, dass die von Dr. H. angewandte Untersuchungsmethode den Methoden der einschlägigen medizinischen Fachliteratur entspreche. Bezüglich der Bewegungsverschlechterung der rechten Schulter zwischen den Begutachtungen durch Prof. Dr. Wi. und Dr. H. sei darauf hinzuweisen, dass es im Juli 2014 an der rechten Schulter zu einer Ruptur der Rotatorenmanschette gekommen sei, die die Verschlechterung insoweit erkläre. Soweit die Beklagte davon ausgehe, dass die Hauptveränderungen im Schultereckgelenk mit Schultergelenksarthrose und Zeichen des Impingementsyndroms liegen würden, bleibe es bei Spekulationen.

Der Senat hat die ergänzende Stellungnahme des Dr. H. vom 19.02.2016 (Bl. 37/42 der Senatsakte) eingeholt. Der Gutachter hat ausgeführt, bei verstärkten knöchern fixierten Brustkyphose könnten die Werte bezüglich der Beweglichkeit leicht abfallen. Auf keinen Fall führe eine verstärkte Brustkyphose zu einer Einschränkung der Beugung oder Abspreizung im Schultergelenk auf 90° oder 80°. Bezüglich der Beeinträchtigungen im Bereich der rechten Schulter hat der Gutachter ausgeführt, offensichtlich sei die Rotatorenmanschette massiv funktionseingeschränkt. Die Ursache der Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk könne er nicht im Detail aufklären. Zumindest lasse sich nicht argumentieren, dass der Schaden rechts auf eine unfallunabhängige Schadensanlage beider Schultergelenke hinweise. Unfallabhängige und unterstellte unfallunabhängige Veränderungen vermischten sich im Laufe der Zeit zu einer irreversiblen Mixtur. Eine Auftrennung sei aus seiner Sicht nur dann möglich und erlaubt, wenn bereits im Vorfeld unfallunabhängig ein eindeutiger Strukturschaden mit Funktionsverlust nachgewiesen wäre. Ein unfallbedingter Sehnenschaden sei nach dem ersten Kernspintomogramm und nach dem OP-Bericht nachgewiesen. Über zusätzliche Schäden an der Rotatorenmanschette und umgebendem Gleitgewebe durch die unfallunabhängige Schultereckgelenksarthrose könne allenfalls spekuliert werden.

Die Beklagte erhebt weiterhin Einwendungen gegen die Äußerungen des Dr. H. und hat die Stellungnahme der Dr. Wü. vom 16.03.2016 (Bl. 44/45 der Senatsakten) vorgelegt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf 2 Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig (§ 151 SGG), jedoch nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.05.2011 zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. über den 31.03.2014 hinaus verurteilt. Der streitgegenständliche Bescheid vom 21.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.08.2014 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte dem Kläger wegen des Arbeitsunfalls vom 16.05.2011 nur eine Rente nach einer MdE um 10 v.H. gewährt.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (Stützrententatbestand). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern [§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)]. Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben (§ 62 Abs. 2 SGB VII).

Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils Rn. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, BSGE 96, 196m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).

Hiervon ausgehend hat der Kläger am 16.05.2011 in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Heizungsmonteur einen Arbeitsunfall erlitten, was die Beklagte bereits mit dem Bescheid vom 09.11.2012 anerkannt hat und im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Arbeitsunfall hat beim Kläger zu einer Schulterluxation links mit Bankartläsion und Hill-Sachs-Läsion und Läsionen der Rotatorenmanschette geführt. Dies folgt insbesondere aus dem Gutachten des Dr. H. vom 29.12.2014 sowie aus den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und ist im Übrigen zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

Die verbliebenen Folgen des Arbeitsunfalls rechtfertigen ab 01.04.2014 eine MdE von 20 v.H.

Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; BSG Urteil vom 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1). Die Erfahrungswerte bilden in der Regel die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, die aber nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 23 und 27; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8; BSG Urteil vom 18.03.2003 - B 2 U 31/02 R -; BSGE 93, 63 = SozR 4-2700 § 56 Nr. 1; Burchardt in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, Stand 2005, § 56 RdNr 71). Die Feststellung der Höhe der MdE als tatsächliche Feststellung erfordert stets die Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG (BSG, Urteil vom 13.09.2005 - B 2 U 4/04 R - veröffentlicht in juris m. H. auf BSG, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8; Urteil vom 18.03.2003 a.a.O.).

Die unfallmedizinischen Bewertungsgrundsätze sind als Grundlage für die gleiche und gerechte Bewertung in allen Parallelfällen heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, a.a.O.), denn diese allgemein anerkannten arbeitsmedizinischen Erfahrungssätze bewirken nach dem grundgesetzlichen Gleichbehandlungsgebot über die daraus folgende Selbstbindung der Verwaltung die gebotene Gleichbehandlung aller Versicherten in allen Zweigen der gesetzlichen Unfallversicherung. Abweichungen von den zulässigerweise pauschalisierten Bewertungskriterien sind rechtlich nur dann geboten, wenn die zu bewertende funktionelle Beeinträchtigung des verletzten Organs von dem in der versicherungsrechtlichen und unfallmedizinischen Literatur vorgegebenen, einschlägigen Bewertungsansatz nicht oder nicht vollständig erfasst wird (vgl. Senatsurteil vom 25.10.2013 - L 8 U 2828/12, Juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Beim Kläger besteht im Bereich des durch den angeschuldigten Arbeitsunfall geschädigten Schultergelenks eine dauerhafte Funktionseinschränkung. Nach den unfallmedizinischen Bewertungsgrundsätzen bedingt das Ausmaß der Funktionseinschränkung eine MdE von 20 v.H.

Bewegungseinschränkungen nach Schulterverrenkung begründen bei jeweils freier Rotation in der Vorwärts-/Seitwärtshebung bis 90° eine MdE um 20 v.H., bei der Vorwärts-/Seitwärtshebung bis 120° eine MdE um 10 v.H. Eine konzentrische Bewegungseinschränkung um die Hälfte begründet eine MdE um 25 v.H., eine Schultergelenksversteifung in 30° Abduktion bei uneingeschränktem Schultergürtel eine MdE um 30 v.H. (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 523; Kranig in: Hauck/Noftz, SGB, 09/10, § 56 SGB VII, Rn. 70.). Der Gutachter Dr. H. hat beim Kläger eine Schulterbeweglichkeit links für Beugung/Streckung von 80/0/20°, für Abspreizen/Heranführen 80/0/20° und Auswärts-/Einwärtsdrehen (Oberarm anliegend) von 30/0/60° erhoben. Demnach ist beim Kläger die Vorwärtshebung und die Seitwärtshebung des linken Armes jeweils auf 80° eingeschränkt, die Rotationsbeweglichkeit ist leichtgradig eingeschränkt. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Bad W. vom 07.10.2015 findet sich die Beweglichkeit des linken Schultergelenkes für Vorwärts- und Seitwärtshebung auf jeweils 60° und für Außenrotation auf 20° eingeschränkt. Daraus folgt nach den dargestellten Bewertungsgrundsätzen jedenfalls eine MdE um 20 v.H. Soweit nach dem Bericht des Dr. Ra. vom 07.08.2015 für die Untersuchung am 08.05.2015 eine passiv wie aktiv mögliche Abduktion bis 120° und Anteversion bis 100° angegeben ist, spricht dies nicht gegen die Berücksichtigung einer MdE von 20 v.H., zumal zum einen nach den Bewertungsgrundsätzen eine MdE von 20 v.H. aufgrund einer nur bis 90° möglichen Armhebung bereits bei noch freier Rotationsbeweglichkeit begründet ist, welche beim Kläger mit Maßen für Außen- /Innenrotation von 30/0/60° (Normalmaße: 50/0/80°) auch nach der Befunderhebung des Dr. Ra. gerade nicht gegeben ist, und zum anderen bereits im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme vom 16.09.2015 bis 07.10.2015 (vgl. ärztlicher Entlassungsbericht vom 07.10.2015) wieder eine deutlich eingeschränktere Beweglichkeit gegeben war, so dass nicht von einer dauerhaften Verbesserung ausgegangen werden kann.

Etwas anderes folgt nicht aus der vom Gutachter angewandten Methode zur Messung der Bewegungseinschränkung, welche die Beklagte wiederholt als fehlerhaft bezeichnet hat. Soweit sich die Beklagte darauf berufen hat, für die Erhebung der Bewegungsmaße sei die passive Beweglichkeit maßgebend, widerspricht dies bereits der vom Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung herausgegebenen Information zum Messblatt Neutral-0-Methode (F 4030), wonach grundsätzlich der Bewegungsumfang zu messen ist, wie er durch aktive vom Untersucher geführte Bewegungen möglich ist. Dieser Vorgabe hat der Gutachter beachtet, wenn er im Gutachten ausführt (Seite 12 des Gutachtens vom 29.12.2014 = Bl. 76 SG-Akten), dass seine Bewegungsuntersuchungen großteils "assistiv" durchgeführt worden seien, wobei die aktiven Bewegungen durch den Untersucher mit sanftem Druck unterstützt würden. Zuletzt hat auch die Beklagte mit der Stellungnahme der Dr. Wü. vom 16.03.2016 anerkannt, dass diese Methode der einschlägigen medizinischen Fachliteratur entspreche. Soweit dabei Dr. Wü. zugleich darauf hinweist, die vom Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme (vom 02.06.2015) als bevorzugt angegebene Methode der Überprüfung der assistiven Beweglichkeit stehe im Widerspruch zu seinem Gutachten, wo Dr. H. ausdrücklich Wert darauf gelegt habe, dass nur das aktive Bewegungsausmaß geprüft worden sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Bereits im Gutachten hat der Gutachter mitgeteilt, dass er die aktive Beweglichkeit assistiv geprüft habe. Der Gutachter hat zutreffend darauf hingewiesen, dass das Ausmaß der passiven Beweglichkeit wenig über die aktive Gebrauchsfähigkeit im Erwerbsleben aussagt. Wenn der Gutachter wie angegeben, die aktive Beweglichkeit "assistiv" geführt hat, um Muskelverspannungen oder festen Widerstand durch geschrumpftes Gewebe unterscheiden zu können und so die tatsächlich mögliche aktive Beweglichkeit zu bestimmen, kann der Senat darin keinen Mangel erkennen. Vielmehr hat der Gutachter damit die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit mögliche Einsatzfähigkeit des Schultergelenkes ermittelt. Daraus hat sich eine Beweglichkeit von weniger als 90° ergeben, was entsprechend der unfallmedizinischen Literatur, die grundsätzlich die aktiven Bewegungsmaße erfasst, eben mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten ist.

Gegen die Berücksichtigung einer MdE von 20 v.H. kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass beim Kläger unfallunabhängig Verschleißumformungen im Schultereckgelenk vorhanden sind, die zumindest anteilig die vorliegende Funktionseinschränkung des linken Schultergelenkes mitverursachen könnten. Vielmehr kann der Senat die haftungsausfüllende Kausalität zwischen den Bewegungseinschränkungen als Unfallfolge und dem bei dem Arbeitsunfall erlittenen Gesundheitsschaden im Schultergelenk feststellen.

Das Unfallereignis muss wesentliche Bedingung für den festgestellten Gesundheitsschaden sein. Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Die Verursachung ist grundsätzlich nicht teilbar (Alles-oder-Nichts-Prinzip). "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (ständige Rechtsprechung; vgl. stellvertretend zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R, juris).

Eine Verursachung der Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes bestreitet letztendlich auch die Beklagte nicht, wenn in der von ihr vorgelegten Stellungnahme der Beratungsärztin Dr. Wü. vom 16.03.2016 ausgeführt ist, dass anteilige Funktionseinschränkungen des linken Schultergelenkes sicherlich auch Folge der Schulterluxationsbeschwerden seien. Soweit von Dr. Wü. dabei allerdings verlangt wird, eine anteilige unfallbedingte und einen unfallunabhängigen Anteil der Bewegungseinschränkung festzustellen, verkennt die Beklagte das Alles-oder-Nichts-Prinzip. Wie eine Abgrenzung des unfallunabhängigen Anteils der Bewegungseinschränkung festzustellen sein soll, lässt sich auch der Stellungnahme der Dr. Wü. nicht entnehmen. Dass einer durch die Schultereckgelenkssprengung im Jahr 2005 ausgelösten Arthrose des Schultereckgelenks eine überragende Bedeutung für die Funktionseinschränkung des Schultergelenkes zukommt, so dass eine unfallunabhängige Ursache allein wesentlich wäre, kann nicht festgestellt werden. Dies wird auch von Dr. Wü. nicht angenommen oder gar medizinisch begründet.

Dr. H. hat in seinem Gutachten vom 29.12.2014 für den Senat überzeugend dargelegt, dass die beim Kläger vorliegenden Strukturschäden, die im Rahmen einer Computertomographie in Verbindung mit einer Kernspintomographie der linken Schulter am 24.05.2011 nachgewiesen sind, beweisend für eine bei dem Arbeitsunfall am 16.05.2011 stattgehabte Verrenkung der linken Schulter sind, was von der Beklagten auch anerkannt ist. Eine aktuelle Kernspintomographie der linken Schulter zeige hochgradige degenerative Veränderungen der Substanz der Supraspinatussehne ohne durchgängige Rissbildung in Verbindung mit einer lokalen Schleimbeutelentzündung und einer nicht-aktivierten Schultereckgelenksarthrose. Nach dem Bericht des Dr. We. der radiologischen Gemeinschaftspraxis F. vom 04.08.2014 (Bl. 49 SG-Akten) zeigen sich kernspintomografisch im Bereich des linken Schultergelenks bei Zustand nach Schulterluxation mehrere Bohrkanäle im lateralen Humeruskopf sowie kleine Metallartefakte im Glenoid und eine hochgradig diffuse interstitielle Tendinopathie der Supraspinatussehne bei erhaltener Kontinuität und ein Reizerguss in der Bursa subdeltoidea. Demnach bestehen aktuell weiterhin Schäden der Supraspinatussehne, welche bei dem Unfallereignis am 16.05.2011 geschädigt worden ist. Die Funktionsbeeinträchtigungen des linken Schultergelenks sind erst mit dem Unfallereignis aufgetreten. Obwohl bereits zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalles arthrotische Veränderungen im Bereich des Schultereckgelenkes vorlagen – nach der Stellungnahme der Beratungsärztin Dr. Wü. vom 26.10.2011 (Bl. 92 VA) hatte die primäre radiologische Untersuchung am Unfalltag eine posttraumatische Veränderung am Schultereckgelenk bei Zustand nach Schlüsselbeinbruch links ergeben und hat der Gutachter Prof. Dr. Wi. am 04.01.2012 relativ deutliche Zeichen einer AC-Gelenksarthrose links festgestellt (Gutachten vom 30.01.2012, Bl. 186/193 VA) – hatten diese keine Funktionsbeeinträchtigungen des linken Schultergelenks zur Folge. Der Kläger hat gegenüber dem Gutachter Dr. H. glaubhaft dargestellt, dass Schulterbeschwerden links nach dem (privaten) Unfall im Jahr 2005 nach der funktionellen Nachbehandlung und mit Metallentfernung im Jahr 2006 vollständig und dauerhaft abgeklungen waren. Dies wird auch belegt durch den ärztlichen Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Bad W. vom 09.02.2010 (Bl. 38/45 SG-Akten), wonach während des stationären Aufenthalts des Klägers vom 19.01.2010 bis 09.02.2010 eine altersentsprechende linksseitige Schulterbeweglichkeit festgestellt wurde. Auf diesen Befund hatte Beratungsärztin Dr. Wü. bereits in ihrer Stellungnahme vom 22.08.2012 unter Bezugnahme auf einen "Reha-Entlassungsbericht von 2009" (vgl. Bl. 256 ff. VA) abgestellt und wegen der dort dokumentierten freien Schulterbeweglichkeit links die jetzige Funktionseinschränkung auf den Unfall zurückgeführt. Demnach war auch aus Sicht der Beklagten das Unfallereignis allein ursächlich für den Eintritt der Funktionsbeeinträchtigungen des linken Schultergelenks. Auch ist eine Ausheilung der unfallbedingten Schäden im Bereich des linken Schultergelenks nicht feststellbar. Prof. Dr. Wi. hat im Gutachten vom 09.10.2012 eine mögliche Armvorhebung und Abspreizung des linken Armes von jeweils 90° angegeben, wobei er die Funktionsbeeinträchtigungen weiterhin auf den Arbeitsunfall vom 16.05.2011 zurückgeführt hat. Mit einer wesentlichen Änderung der Unfallfolgen rechnete er nicht. Im Rahmen der Untersuchung vom 13.01.2014 beklagte der Kläger weiterhin Schmerzen im Bereich der linken Schulter und eine stark eingeschränkte Beweglichkeit. Der Gutachter hat weiterhin für die Seitwärtshebung des Armes eine Beweglichkeit bis 90° und nur eine leicht gebesserte Beweglichkeit für die Armvorhebung bis 100° festgestellt. Die Rotationsbeweglichkeit war mit 40/0/30° für Auswärts-/Einwärtsdrehen weiterhin eingeschränkt. Nachdem sich danach zwischenzeitlich keine Verbesserung der unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigungen ergeben hat, kann der Senat nicht feststellen, dass die unfallunabhängige Schultereckgelenksarthrose, die zu einer Einengung des Verkehrsraums der Rotatorenmanschette unter dem Schulterdach "als Korrelat zu einem Impingement" führt, wie Dr. H. im Gutachten vom 29.12.2014 unter Bezugnahme auf die Kernspintomographie vom 04.08.2014 ausgeführt hat, nunmehr eine überragende Bedeutung für die Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks erlangt. Ein relevantes - unfallbedingtes - Fortschreiten der Arthrose seit dem Unfall im Mai 2011 kann nicht nachgewiesen werden, eine aktivierte AC-Gelenkarthrose wurde radiologisch ausgeschlossen (Bl. 49 SG-Akte, Befund vom 04.08.2014). Ist festzustellen, dass für den erstmaligen Eintritt der Funktionsbeeinträchtigungen das Unfallereignis allein wesentlich war, ein Wegfall der unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigungen nicht festgestellt werden kann und nunmehr nicht zu ermitteln ist, ob und gegebenenfalls welchen Anteil die unfallunabhängigen Schäden an der Funktionsbeeinträchtigungen haben, kann nicht auf eine allein wesentliche Verursachung der Funktionsbeeinträchtigungen durch die unfallunabhängigen Schäden geschlossen werden. In diesem Sinne hat auch Dr. H. darauf hingewiesen, dass der unfallbedingte Sehnenschaden nach dem ersten Kernspintomogramm und nach dem OP-Bericht nachgewiesen ist, über zusätzliche Schäden an der Rotatorenmanschette und umgebendem Gleitgewebe durch die unfallunabhängige Schultereckgelenksarthrose dagegen allenfalls spekuliert werden kann.

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vorliegen ähnlicher Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der nicht durch den angeschuldigten Arbeitsunfall geschädigten rechten Schulter. Ein Rückschluss auf das Bestehen unfallunabhängiger degenerativer Veränderungen im Bereich der linken Schulter wegen der auch auf der rechten Seite bestehenden ebenso schweren Bewegungseinschränkungen kommt vorliegend bereits deswegen nicht in Betracht, weil auch das rechte Schultergelenk nicht frei von traumatischen Schäden ist. Vielmehr war es auch dort schon im Jahr 2009 zu einer Teilrissbildung der Supraspinatussehne und der Subscapularissehne sowie der langen Bizepssehne und im Jahr 2014 zu einer erneuten Rissbildung in der Rotatorenmanschette gekommen. Demnach kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Bewegungseinschränkung der rechten Schulter allein auf degenerativen Veränderungen beruht, welche möglicherweise auf eben solche Schäden auch im Bereich der linken Schulter schließen lassen könnten. Dementsprechend hat auch Dr. H. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19.02.2016 nachvollziehbar ausgeführt, dass sich nicht argumentieren lasse, dass der Schaden rechts auf eine unfallunabhängige Schadensanlage beider Schultergelenke hinweise. Der Senat kann vor diesem Hintergrund schon die degenerativen Veränderungen nicht als Konkurrenzursache für die bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen der linken Schulter feststellen.

Dass die beim Kläger bestehende verstärkte Kyphose der Brustwirbelsäule auch nur mitursächlich für die bestehende Funktionseinschränkung des linken Schultergelenkes sein könnte, hat zuletzt auch die Beklagte nicht mehr behauptet, wie aus der beratungsärztlichen Stellungnahme der Dr. Wü. vom 16.03.2016 hervorgeht. Diesbezüglich hat auch Dr. H. in der ergänzenden Stellungnahme vom 19.02.2016 nachvollziehbar dargestellt, dass nur bei massiven Hyperkyphosen im BWS-Bereich Schulterbewegungen hinsichtlich Beugung und Abspreizung gegenüber Menschen mit normalem Wirbelsäulenaufbau geringer sein können, diese Bewegungseinschränkungen dann allerdings auch relativ geringfügig sind. Eine allein wesentliche Verursachung der Funktionsbeeinträchtigungen des linken Schultergelenks durch die verstärkte BWS-Kyphose ist damit ausgeschlossen.

Demnach ist die Beklagte zur Gewährung einer Verletztenrente aufgrund der insgesamt als unfallbedingt zu bewertenden und eine MdE von 20 v.H. begründenden Funktionsbeeinträchtigungen der linken Schulter verpflichtet, so dass das SG die Beklagte zu Recht entsprechend verurteilt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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