L 14 B 82/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AS 841/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 B 82/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 30. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Bewilligung höherer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab 1. Januar 2006.

Die Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der (minderjährigen) Antragsteller zu 2) bis 5), mit denen sie – ebenso wie mit ihrem Ehemann- in einem Haushalt zusammenlebt. Zwei weitere Kinder sind inzwischen volljährig. Die Antragsteller beziehen seit Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Zuletzt waren ihnen Leistungen bis zum 31. Dezember 2005 bewilligt worden. Die Höhe der zu gewährenden Leistungen ist noch streitig. Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Durchsetzung höherer Leistungen sind bisher ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg wies zuletzt durch Beschluss vom 25. Januar 2006 – L 25 B 1037/05 AS ER - die Beschwerde der Antragsteller gegen einen ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 19. Juli 2005 zurück.

Auf Fortzahlungsantrag vom 15. November 2005 bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 16. Dezember 2005 Leistungen für die Monate Januar und Februar 2006 in Höhe von 588,33 Euro, für den Monat März 2006 in Höhe von 634,33 Euro und für die Monate April bis Juni 2006 in Höhe von 684,33 Euro monatlich. Durch zwei weitere Bescheide vom selben Tage wurde der der Antragstellerin zu 1) zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes jeweils um 10 vom Hundert der Regelleistung für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 31. März 2006 wegen Nichterscheinens an Meldeterminen am 24. November 2005 und am 16. Dezember 2005 gesenkt und eine Gesamtminderung von 30 Euro errechnet. Die Antragstellerin zu 1) erhob Widerspruch gegen die drei Bescheide, mit dem sie sich gegen die Berechnung der Leistungen und die Verhängung einer Sanktion wandte. Sie sei am 24. November 2005 wegen der Betreuung ihrer Tochter und deren Sohn verhindert gewesen, für den 16. Dezember 2005 habe sie sich schriftlich wegen eines Arzttermins entschuldigt. Zu Unrecht sei bei der Bewilligung der Leistungen das für ihren Sohn I W gezahlte Kindergeld als Einnahme angerechnet worden. Das Arbeitseinkommen ihres Ehemannes dürfe nur in dem Umfang als bedarfs¬deckend angesehen werden, in dem es den Antragstellern – nach den Verfügungen des Ehemannes - tatsächlich zur Verfügung stehe.

Durch Bescheid vom 24. Januar 2006 hob der Antragsgegner den Bescheid vom 16. Januar 2006 über den Wegfall des Arbeitslosengeldes II auf, da ein wichtiger Grund für das Nichterscheinen anerkannt werde. Mit Bescheid vom 26. Januar 2006 setzte der Antragsgegner die Leistungen für Januar bis Juni 2006 neu fest und bewilligte von Januar bis Februar monatlich 618,33 Euro, für März 664,33 Euro und von April bis Juni 684,33 Euro.

Bereits am 21. Dezember 2005 haben die Antragsteller vor dem Sozialgericht Cottbus den Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab Januar 2006 beantragt. Ihr Bedarf setze sich zusammen aus 861 Euro monatlich für Unterkunft und Heizung und 519 Euro für allgemeine Lebenshaltung (nach Abzug des für die Antragsteller zu 2- 5 gezahlten Kindergeldes). Gewährt würden indessen nur 588,33 Euro. Es bestünden Mietrückstände.

Durch Beschluss vom 30. Januar 2006 hat das Sozialgericht Cottbus den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass zur Bedarfsgemeinschaft auch der Ehemann der Antragstellerin zu 1) gehöre. Sein Einkommen sei ebenso zur Bedarfsdeckung heranzuziehen wie das für den volljährigen Sohn I gezahlte Kindergeld, der noch im Haushalt lebe. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller vom 2. Februar 2006, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.

Der Antragsgegner hat mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2006 den Widerspruch gegen seine Bescheide vom 12. Januar 2006, 24. Januar 2006 und 26. Januar 2006 zurückgewiesen. Es verbleibe bei der durch Bescheid vom 16. Dezember 2006 festgestellten ersten Sanktion, weil das Nichterscheinen am 15. November 2005 nicht hinreichend entschuldigt sei. Da jedoch an die Antragstellerin zu 1) nur Kosten der Unterkunft und Heizung und keine Regelleistungen gezahlt würden, habe die Sanktion keine finanziellen Folgen.

Durch Bescheid vom 22. Februar 2006 hat der Antragsgegner Leistungen für März 2006 in Höhe von 962,53 Euro und für die Zeit vom 1. April 2006 bis 30. Juni 2006 in Höhe von monatlich 1.012,53 Euro bewilligt. Mit Schreiben vom 22. Februar 2006 hat er dazu angehört, dass es in den Monaten Januar und Februar 2006 wegen einer Änderung des Einkommens des Ehemannes zu einer Überzahlung in Höhe von 21,32 Euro gekommen sei, die erstattet werden müsse. Gegen den Änderungsbescheid vom 22. Februar 2006 hat die Antragstellerin zu 1) Widerspruch erhoben und die Anrechnung des Einkommens ihres Ehemannes gerügt.

Mit Bescheid vom 13. März 2006 hat der Antragsgegner den der Antragstellerin zu 1) zustehenden Anteil des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 1. April 2006 bis 30. Juni 2006 um 30 vom Hundert der Regelleistung abgesenkt, höchstens in Höhe des zustehenden Auszahlungsbetrages von 43,70 Euro. Dagegen hat die Antragstellerin Widerspruch erhoben, weil sie als Bevollmächtigte und Pflegeperson ihrer Tochter nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe.

Durch Bescheid vom 23. März 2006 hat der Antragsgegner die Bewilligung vom 22. Februar 2006 in Höhe von 0,09 Euro ab 1. April 2006 aufgehoben. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage (23. März 2006) hat er den Bescheid vom 28. Januar 2006 in der Fassung des Bescheides vom 22. Februar 2006 gemäß § 45 SGB X (von Anfang an) in Höhe von monatlich 10,75 Euro aufgehoben. Die Überzahlung von 21,50 Euro werde mit dem Nachzahlungsanspruch für den Monat März 2006 in Höhe von 29,91 Euro verrechnet. Mit weiterem Bescheid vom 23. März 2006 sind den Antragstellern Leistungen vom 1. April 2006 bis 30. Juni 2006 in Höhe von monatlich 968,77 Euro bewilligt worden.

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. Januar 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 22. Februar 2006 und 23. März 2006 wegen der Höhe der Leistungen vom 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2006 hat der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2006 zurückgewiesen. Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2006 auf der Grundlage des Bescheides vom 26. Januar 2001 in der Gestalt des Bescheides vom 22. Februar 2006. Danach seien vom 1. Januar bis 28. Februar 2006 Leistungen in Höhe von monatlich 618,33 Euro, für März 2006 in Höhe von 962,53 Euro und von April bis Juni 2006 in Höhe von monatlich 1.012,53 Euro festgesetzt worden. Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei auch der Bescheid vom 23. März 2006, mit dem rückwirkend für Januar und Februar 2006 die Bewilligung in Höhe von 10,75 Euro zurückgenommen und die Rückzahlung von 21,50 Euro gefordert worden sei, und die Bescheide vom 23. März 2006, mit denen der Bescheid vom 22. Februar 2006 in Höhe von 0,09 Euro monatlich ab 1. April 2006 zurückgenommen worden und Leistungen unter Bezugnahme auf den Sanktions- und Absenkungsbescheid vom 13. März 2006 ab 1. April 2006 noch in Höhe von 968,77 Euro bewilligt worden seien.

Es bestehe eine Bedarfsgemeinschaft zwischen der Antragstellerin zu 1), ihrem Ehemann und den 4 minderjährigen Kindern. Als Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes ergebe sich ab dem 1. Januar 2006 ein Betrag in Höhe von 1.458,- Euro monatlich, für März 2006 in Höhe von 1.504,- Euro und ab April 2006 in Höhe von 1.524,- Euro monatlich. Bis zum Auszug des volljährigen Sohnes I ab 1. März 2006 habe dieser noch zur Haushaltsgemeinschaft gehört. Deswegen seien die anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.206,53 Euro bis einschließlich Februar nur in Höhe von 6 Siebteln (= 1.034,17 Euro) und erst ab März in voller Höhe erstattungsfähig. Auf den Bedarf sei das Einkommen des Ehemannes anzurechnen, das 1.742,63 Euro monatlich betrage, woraus sich nach Anwendung der Absetzungsvorschriften des § 11 Abs. 2 SGB II ein Betrag von 1.052,09 Euro monatlich ergebe. Weiter sei das gezahlte Kindergeld als Einkommen zu berücksichtigen, bis Ende Februar 2006 auch das für den Sohn I, da dieser erst danach den Haushalt verlassen habe, so dass 832,50 Euro monatlich bis Februar 2006 und 666,- Euro ab März 2006 abzuziehen seien. Insgesamt ergebe sich so ein anrechenbares Gesamteinkommen ab Januar 2006 in Höhe von 1.884,59 Euro und ab März 2006 in Höhe von 1.718,09 Euro. Als Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende seien danach für Januar und Februar 2006 monatlich 607,58 Euro, für März 2006 992,44 Euro und für April bis Juni 2006 monatlich 1.012,44 Euro zu bewilligen, wovon der Minderungsbetrag von 43,67 Euro abzuziehen sei. Die ursprüngliche Bewilligung von 618,33 Euro für Januar und Februar 2006 sei nach den §§ 48 SGB X, 40 SGB II aufzuheben gewesen, da der Ehemann nach Erlass des Bescheides Einkommen erzielt habe, das zur Minderung des Anspruches geführt haben würde. Der sich nach § 50 SGB X ergebende Erstattungsbetrag von 21,50 Euro sei mit der Nachzahlung von 29,91 Euro verrechnet worden, die sich daraus ergebe, dass Leistungen für März 2006 in dem Bescheid vom 22. Februar 2006 nur in Höhe von 962,53 Euro bewilligt worden seien. Die um 0,09 Euro zu hohe Bewilligung von Leistungen für April bis Juni 2006 in dem Bescheid vom 22. Februar 2006 habe durch Bescheid vom 23. März 2006 nach §§ 45 Abs. 2 SGB X, 40 SGB II zurückgenommen werden dürfen, weil kein schutzwürdiges Vertrauen ersichtlich sei.

Den Widerspruch gegen die Absenkung und teilweise Aufhebung des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 1. April 2006 bis 30. Juni 2006 durch Bescheid vom 13. März 2006 wies der Antragsgegner durch Widerspruchsbescheid vom 27. März 2006 zurück. Die Antragstellerin habe die Voraussetzungen für die Absenkung der Regelleistung um 43,67 Euro erfüllt, da sie sich ohne wichtigen Grund geweigert habe, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Die Entscheidung über die Aufhebung der Bewilligung in dieser Höhe ergehe nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X iVm § 330 Abs. 3 SGB III. Die Antragsgegnerin zu 1) sei entsprechend belehrt worden und habe daher die Folgen ihres Handelns voraussehen können. Die Antragsteller sind der Auffassung, dass der Ehemann der Antragstellerin zu 1) nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehöre. Er sei selbst nicht hilfesuchend, weil er seinen laufenden Lebensunterhalt aus seinem Arbeitseinkommen bestreiten könne. Sein Einkommen sei aber nicht zur Deckung ihres Bedarfes heranzuziehen. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Cottbus (Beschluss vom 22. Juli 2004 – 5 L 289/04 -) und des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Brandenburg (Urteil vom 27. November 2003 – 4 A 220/03 - ) sowie einem vor dem Bundesverwaltungsgericht abgeschlossenen Vergleich (Protokoll der Sitzung vom 7. Juli 2005 – BverwG 5 C 2.04 - ) ergebe sich, dass als bedarfsmindernd nur ein freier Einkommensanteil berücksichtigt werden könne, der den Antragstellern tatsächlich zur Verfügung stehe. Der Ehemann der Antragstellerin zu 1) habe aber in den Monaten Januar bis Juli 2006 von dem ihm zur Verfügung stehenden Nettogehalt von 1.362,09 Euro zunächst seinen Mietanteil in Höhe von 175,74 Euro (Januar) bzw. 205,04 Euro (ab Februar) beglichen. Weiter zahle er monatlich 50,- Euro auf eine bei der Sparkasse Spree-Neiße bestehende Schuld, 150,- Euro auf ein Privatdarlehen, das er für die Reparatur seines Autos aufgenommen habe, und 150,- Euro auf bestehende Mietschulden. Weil die Miete anteilig nur von ihm und den Söhnen I und Y entrichtet worden sei, seien weiter Mietschulden aufgelaufen. Die Zwangsräumung der Wohnung habe nur durch die Aufnahme eines neuen Darlehens über 2007,62 Euro verhindert werden können, für das ab Mai 2006 monatlich 150,- Euro zusätzlich aus dem Gehalt des Ehemannes zurückgezahlt würden. Weiter habe der Ehemann Telefonrechnungen in Höhe von 69,74 Euro im Januar, 61,35 Euro im Februar, 43,72 Euro im März, 56,10 Euro im April, 68,82 Euro im Mai und 65,08 Euro im Juni 2006 beglichen. Im Januar habe er eine Anzahlung auf eine Kinderreise für den Antragsteller zu 3) in Höhe von 91,40 Euro geleistet und Kinderbekleidung für 71,29 Euro angeschafft. Für die Kinder habe er Fechtsachen gekauft und dafür 120 Euro im Februar, 78 Euro im März und 171 Euro im Juni aufgewandt. Weiter für die Kinder habe er im März einen Unkostenbeitrag zu einer Literaturwerkstatt von 32 Euro und im Mai und Juni an eine Theatergruppe 129 Euro und 36 Euro gezahlt. Für sich selbst habe er als Eigenanteil für Zahnbehandlungen 67,48 Euro im Februar und 9,24 Euro im Juni entrichtet. Daneben habe er im März Beiträge zur KFZ-Versicherung in Höhe von 193,58 Euro und im Juni zur Hausratversicherung in Höhe von 55,96 Euro gezahlt. Im April seien 50 Euro für Anwaltskosten und im Mai 38,10 Euro für Gerichtsvollzieherkosten aufgewandt worden. Der Ehemann habe Vorauszahlungen für Gas und Strom im Februar April und Juni in Höhe von 162,- Euro sowie im März und Mai in Höhe von 14,- Euro erbracht. Nach Abzug eines Freibetrages von 210 Euro, eines Grundfreibetrages von 100 Euro und eines Regelsatzes von 298,- Euro sei dem Ehemann im Zeitraum von Januar bis Juni 2006 kein verfügbares Einkommen verblieben. Den Antragstellern würde durch den Verweis auf sein Einkommen etwas rechtlich und tatsächlich Unmögliches abverlangt. Seit dem 20. Januar 2006 lebe I W nicht mehr im elterlichen Haus.

Die Antragsteller beantragen,

den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 30. Januar 2006 aufzuheben und die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für die Zeit von Januar bis Juni 2006 höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erbringen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend. Nach dem SGB II gehöre der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte als Partner zur Bedarfsgemeinschaft, weswegen das Einkommen des Ehegatten der Antragstellerin zu 1) für die Antragsteller zu berücksichtigen sei.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Nach § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn das zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Unbegründet ist die Beschwerde zunächst, weil das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf die durch Bescheid vom 16. Dezember 2005 bewilligten Leistungen bereits wegen Vorliegens einer anderen rechtskräftigen Entscheidung als unzulässig hätte zurückweisen müssen. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hatte bereits durch Beschluss vom 25. Januar 2006 – L 25 B 1037/05 AS ER - unter Hinweis auf analoge Anwendung des § 96 SGG einen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für Zeiträume ab Januar 2006 ausdrücklich (auch) unter Berücksichtigung des Bescheides des Antragsgegners vom 16. Dezember 2005 verneint. Dass das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung gleichwohl erst nach erneuter Prüfung in der Sache (nochmals) abgelehnt hat, beschwert die Antragsteller nicht. Allerdings hat der Antragsgegner nach dem Beschluss des Landessozialgerichts vom 25. Januar 2006 erneut über die für den Zeitraum von Januar bis Juni 2006 zu gewährenden Leistungen entschieden, nämlich durch Bescheide vom 26. Januar 2006, 22. Februar 2006, 23. März 2006 und Widerspruchsbescheid vom 27. März 2006. Die dem Senat dadurch wieder eröffnete Prüfung in der Sache führt indessen zu keinem anderen Ergebnis.

Zutreffend hat der Antragsgegner bei der Berechnung der den Antragstellern zustehenden Leistungen darauf abgestellt, dass sie mit dem Ehemann der Antragstellerin zu 1) in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II das Vorliegen von Bedürftigkeit, die nach § 9 Abs. 1 SGB II besteht, wenn der Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln gesichert werden kann, wozu nach § 9 Abs. 2 SGB II auch die Mittel des in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners bzw. Elternteils zählen.

Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 a) SGB II gehört der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte als Partner zur Bedarfsgemeinschaft, ebenso wie nach § 7 Abs. 4 SGB II die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder. Bei einem Ehegatten kommt es für die Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft nicht darauf an, ob er seinen Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten kann. Das ergibt sich aus dem Vergleich der Ehegatten betreffenden Vorschrift des § 7 Abs. 3 Nr. 3 a) SGB II mit der für minderjährige Kinder geltenden Regelung in § 7 Abs. 4 SGB II. Nur für letztere wird die Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft ausdrücklich von der Bedürftigkeit abhängig gemacht. Im Übrigen deutet die Regelung in § 9 Abs. 3 Satz 3 SGB II, nach der in einer Bedarfsgemeinschaft jede Person im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig gilt, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft der gesamte Bedarf nicht aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt wird, ebenso darauf hin, dass die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft nicht voraussetzt, dass (auch) die für den eigenen Bedarf erforderlichen Mittel fehlen. Danach gehört der Ehegatte der Antragstellerin zu 1) bereits deswegen zur Bedarfsgemeinschaft, weil er mit den Antragstellern in einem Haushalt lebt. Eine bloße Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II wäre nur möglich, wenn weder Partner- noch Elternschaft gegeben wären.

Das Maß des notwendigen Lebensunterhalts (Bedarf) für die Antragsteller bestimmt sich zunächst nach dem Umfang der Regelleistung gemäß § 20 SGB II. Diese beträgt für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind, in den neuen Bundesländern 331 Euro, jedoch 90 vom Hundert dieser Regelleistung (298 Euro), wenn der Berechtigte einer Bedarfsgemeinschaft angehört und das 18. Lebensjahr vollendet hat, wobei sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft 80 vom Hundert der Regelleistung (265 Euro) erhalten (§ 20 Abs. 1 bis 3 SGB II). Leben nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige, wozu wegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB II insbesondere Minderjährige vor Vollendung des 15. Lebensjahres zählen, mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft, so erhalten sie bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vom Hundert der Regelleistung (199 Euro) und im 15. Lebensjahr 80 vom Hundert der Regeleistung als Sozialgeld (§ 28 SGB II). Insgesamt hatte die aus den Antragstellern und dem Ehemann der Antragstellerin zu 1) bestehende Bedarfsgemeinschaft danach einen allgemeinen Bedarf von zunächst 1.458 Euro, im März [wegen des 14. Geburtstags des Antragstellers zu 3) am 10. März 2006 anteilige Erhöhung] von 1.504 Euro und ab April von 1.524 Euro monatlich. Hinzu kommen entsprechend § 22 SGB II Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die sich zusammensetzen aus monatlich 590,19 Euro Grundmiete und 640 Euro Betriebskostenvorauszahlung einschließlich der Kosten für Heizung und Warmwasser, die vom Antragsgegner um monatlich 23,66 Euro als auf die Warmwasserbereitung entfallende Kosten gekürzt worden sind. Diese Kürzung ist jedenfalls im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nicht zu beanstanden. Denn die Verminderung der abgerechneten Kosten um eine Pauschale für Warmwasser und Kochen wird verbreitet – trotz Fehlens einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung - für rechtmäßig gehalten (vgl. nur Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 22 Rdnr. 33-37), weil es ansonsten zu nicht vorgesehenen Doppelleistungen kommen würde. Die danach insgesamt für die Wohnung anzuerkennenden Aufwendungen von 1.206,53 Euro sind auf die Kopfzahl der Bewohner zu verteilen. Es erscheint überwiegend wahrscheinlich, dass der volljährige Sohn I noch bis einschließlich Fe¬bruar 2006 zum Haushalt gehörte, weil er für diesen Monat nach den vorliegenden Unterlagen noch Miete gezahlt hat (Kontoauszug Bl. 273 der Gerichtsakte). Deswegen war die Miete bis Februar zu 6 Siebteln und erst ab März 2006 vollständig zum Bedarf der Gemeinschaft hinzuzurechnen. Danach ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsgegner den Bedarf der Antragsteller falsch festgestellt hat.

Auf den Gesamtbedarf ist nach § 19 Abs. 2 SGB II Einkommen anzurechnen, wozu nach § 9 Abs. 2 SGB II nicht nur das Einkommen der Antragsteller, sondern auch das des mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehemannes der Antragstellerin zu 1) gehört. Als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II zählt zunächst das gezahlte Kindergeld. Dabei war entsprechend § 11 SGB II iVm § 1 Nr. 8 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung auch das für den Sohn I gezahlte Kindergeld bis Februar anzurechnen, da ein Verlassen des elterlichen Haushalts aus den schon erwähnten Gründen lediglich ab März überwiegend wahrscheinlich ist und erst die Weiterleitung an ein nicht mehr im Haushalt lebendes Kind dazu führt, dass das für Volljährige gezahlte Kindergeld nicht als Einkommen der Eltern gilt. Deswegen ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner bis Februar von 832,50 Euro und ab März von 666,- Euro anzurechnenden Kindergeldes ausgeht.

Als Einkommen sind weiter gemäß § 11 Abs. 1 SGB II die Einkünfte des Ehemannes der Antragstellerin zu 1) aus abhängiger Arbeit zu berücksichtigen, nachdem sie gemäß § 11 Abs. 2 SGB II um Abzüge für Steuer- und Sozialversicherung sowie sonstige private Versicherungen vermindert worden sind und ein Freibetrag bei Erwerbstätigkeit gemäß § 30 SGB II abgezogen ist. Nach den Berechnungen des Antragsgegners, deren Fehlerhaftigkeit weder ersichtlich ist noch von den Antragstellern gerügt wird, verbleibt dann ein anzurechnendes Einkommen von 1.052,09 Euro.

Die Anrechenbarkeit dieses Einkommens entfällt nicht, weil der Ehemann anderweitig Ausgaben getätigt hat. Selbst wenn für das SGB II die sozialhilferechtliche Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu übernehmen wäre, dass nur bereite Mittel als eigenes Einkommen anzurechnen sind (vgl. dazu Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2005, § 82 Rdnr. 10), kann daraus nicht abgeleitet werden, dass es allein auf das tatsächlich (noch) vorhandene Einkommen ankommt. Denn dann hätte es ein Antragsteller in der Hand, durch Verschleuderung seines Einkommens Hilfebedürftigkeit herbeizuführen und zusätzlich zur Sicherung seines allgemeinen Lebensbedarfs Leistungen der Grundsicherung zu erhalten. Getätigte Aufwendungen können deswegen – ebenso wie im Recht der Sozialhilfe - nur im Rahmen einer wertenden Betrachtung das anrechenbare Einkommen mindern (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2005, § 82 Rdnr. 10).

Dem Ehemann der Antragstellerin ist sein Nettoeinkommen in voller Höhe zugeflossen. Es stand ihm frei, es zur Sicherung des Lebensunterhaltes der Antragsteller einzusetzen. Die tatsächlich vorgenommene Verwendung rechtfertigt bei wertender Betrachtung nicht die Annahme, es seien keine bereiten Mittel vorhanden. Zum Teil betreffen die geltend gemachten Aufwendungen bereits den Unterhalt der Bedarfsgemeinschaft. Eine gleichwohl anerkannte Minderung des Einkommens würde hier über den vorgegebenen Bedarf zu weiteren Leistungen der Grundsicherung führen, die der Bedarfsgemeinschaft eine Lebensführung auf einem Niveau ermöglichen würden, das oberhalb des Sicherungszieles des SGB II liegt. Das zeigt sich besonders an dem geltend gemachten (teilweisen) Verbrauch des Einkommens durch Aufwendungen für die Kinder. Aufwendungen für die Teilnahme am kulturellen Leben, wozu Sportausrüstung, Reisen und kulturelle Veranstaltungen gehören, sind nach dem SGB II aus der Regelleistung zu erbringen, sofern nicht ein Sonderbedarf (etwa entsprechend § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II) anzuerkennen ist (Brünner in LPK-SGB II § 20 Rdnr 7). Würden die Aufwendungen des Ehemannes sein zur Verfügung stehendes Einkommen mindern und entsprechend zu (höheren) Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II führen, wäre der für die Kinder insgesamt zur Verfügung stehende Betrag höher, als nach dem SGB II vorgesehen. Entsprechendes gilt für die Aufwendungen für Telefon, Strom und Gas sowie Zuzahlungen, die nach dem SGB II aus dem Regelsatz zu begleichen sind (Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 20 Rdnr. 65), sofern sie nicht schon Bestandteil der anerkannten Absetzungsbeträge vom Einkommen gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II iVm § 3 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (KFZ-Versicherung und sonstige Versicherungen) sind. Sie können deswegen kein Anlass sein, die Nichtanrechnung des insoweit verbrauchten Einkommens und dadurch weitere Leistungen der Grundsicherung zu rechtfertigen.

Soweit die Antragsteller Rückzahlungspflichten gegenüber der Sparkasse und aus Privatdarlehen wegen der Autoreparatur und zur Begleichung von Mietschulden geltend machen, übersehen sie, dass § 850 c ZPO Vollstreckungsschutz gewähren würde. Die Rechtsordnung ermöglicht es dem Ehemann der Antragstellerin zu 1) gerade, vorrangig den Unterhaltsbedarf seiner Familie zu decken, ehe er seine sonstigen Gläubiger befriedigt. Dass er davon keinen Gebrauch macht, kann keine zusätzlichen Leistungen rechtfertigen. Es gibt kein schützenwertes Interesse des Ehemannes daran, nach außen hin weiter als zahlungsfähig zu erscheinen, obwohl er tatsächlich nicht in der Lage ist, den notwendigen Unterhaltsbedarf seiner Familie zu sichern. Auch die beim Vermieter noch bestehenden Mietschulden rechtfertigen keine andere Entscheidung. Denn nach § 22 Abs. 5 SGB II (in der ab 1. April 2006 geltenden Fassung, vorher § 34 SGB XII) können sie vom Antragsgegner als Darlehen übernommen werden, sofern die Voraussetzungen dafür festgestellt werden. Würden die geleisteten Abschläge dagegen von vornherein das zur Verfügung stehende Einkommen mindern, nähme man dem Antragsgegner die Möglichkeit zur Entscheidung, ob die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist. Danach kann es nicht darauf ankommen, dass der Bedarfsgemeinschaft das anderweitig ausgegebene Geld nicht mehr zur Befriedigung der Grundbedürfnisse zur Verfügung steht. Den Antragstellern ist jedenfalls durch den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. Januar 2006 – L 25 B 1037/05 AS ER- verdeutlicht worden, dass entgegen ihrer Auffassung das Einkommen des Ehemannes anrechenbar ist. Wenn sie gleichwohl nicht bereit sind, ihre Lebensführung entsprechend einzustellen, müssen sie die Folgen tragen.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist schließlich auch nicht gerechtfertigt, weil die berechneten Leistungen gegenüber der Bewilligung in den Bescheiden vom 26. Januar 2006 und 22. Februar 2006 zurückbleiben und wegen des Sanktionsbescheides vom 13. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2006 eine Absenkung um 43,67 Euro erfolgt. Die Aufhebungs-, Rückforderungs- und Sanktionsbescheide sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und trotz Widerspruchs bzw. Anfechtungsklage gemäß § 39 SGB II vorläufig vollziehbar. Der Senat lässt ausdrücklich dahingestellt sein, ob das auch für den sich möglicherweise aus § 50 SGB X ergebenden Rückforderungsanspruch wegen einer Überzahlung für die Monate Januar und Februar gilt, mit dem der Antragsgegner schon aufgerechnet hat. Wegen der Geringfügigkeit des in Frage stehenden Betrages von 21,50 Euro fehlt es insoweit jedenfalls an einem Anordnungsgrund.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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