Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 1 U 4/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Entschädigung eines Arbeitsunfalls den die Klägerin am 14.11.2006 erlitten hat. Insbesondere begehrt die Klägerin die Anerkennung eines Bandscheibenvorfalls im Hals-Wirbelsäulen-Segment C5/C6 als Folge des Arbeitsunfalls.
Am Unfalltag ist die Klägerin im Rahmen ihrer Berufsausübung in einen PKW-Unfall verwickelt worden. Als Linksabbieger hat sie einem entgegenkommenden Fahrzeug die Vorfahrt genommen, so dass es zu einer Seitenkollision rechts an ihrem Fahrzeug gekommen ist. Der erstbehandelnde Arzt Privatdozent L stellte am 14.11.2006 als Diagnosen fest: Beckenprellung, Prellung der Wirbelsäule, Verstauchung der Halswirbelsäule. Wegen dieser Verletzungen ist die Klägerin in der Zeit vom 14. bis 16. November im Krankenhaus H behandelt worden. Anlässlich dieser Behandlung ist auch eine Augenschädigung als Folge des Unfalls ausgeschlossen worden. Bei einer Nachuntersuchung am 18.12.2006 stellte C1 die Diagnosen: Zustand nach Halswirbelsäulendistorsion am 14.11.2006, Zervikozephalgie und Anpassungsstörung. Als unfallunabhängige Diagnose stellte C eine Migräne fest. Am 19.12.2006 untersuchte Privatdozent L die Klägerin erneut im Kreiskrankenhaus H. Als Röntgenbefund stellte er eine Ostechondrose C5/C6 als vorbestehend dar. Sowie eine Halswirbelsäulendistorsion, Zervikozephalgien und eine Anpassungsstörung als Unfallfolge. Noch im Februar 2007 klagte die Klägerin weiterhin über Nackenschmerzen, so dass weiterhin Gymnastik und Physiotherapie verordnet wurde. Unter dem 15.02.2007 berichtete E1 von einer magnetresonanzthomographischen Untersuchung der Klägerin. Er stellte folgende Diagnosen:
Steilstellung der Halswirbelsäule Gefügestörung C4/C5/C6 im Sinne einer Kyphosierung NPP C5/C6 (Bandscheibenvorfall) kein Anhalt für Myelopathie kein Anhalt für Weichteil oder knöcherne Verletzungen
Am 06.03.2007 diagnostizierte C2 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E2 bei der Klägerin eine diskoligamentäre Instabilität könne nicht ausgeschlossen werden. Ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis sei zweifelhaft. Daraufhin beauftragte die Beklagte Privatdozent I vom St. W-Krankenhaus mit der Begutachtung der Klägerin. Der Sachverständige berichtete unter dem 21.06.2007, dass die Klägerin wegen des Unfalls vom 14.11. bis zum 27.12.2006 durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei. Der Bandscheibenvorfall C5/C6 sei durch traumatische Bedingungen am 14.11.2006 verursacht worden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage 0. Zur Begründung seiner Ausführungen ergänzte Privatdozent I unter dem 31.08.2007, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen sei und das Unfallgeschehen grundsätzlich geeignet sei einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule zu verursachen.
Mit Bescheid vom 16.10.2007 erkannte die Beklagte den Unfall der Klägerin vom 14.11.2006 als Arbeitsunfall an. Als Unfallfolgen stellte die Beklagte fest:
"Beckenprellung, Prellung der Wirbelsäule, Verstauchung der Halswirbelsäule"
Im Übrigen seien die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin nicht unfallbedingt. Insbesondere der Bandscheibenvorfall im Segmet C5/C6 werde nicht als unfallabhängig anerkannt. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2007 zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die am 14.01.2008 erhobene Klage der Klägerin mit der sie weiterhin die Anerkennung des Bandscheibenvorfalls C5/C6 als Unfallfolge und im Weiteren die Gewährung einer Verletztenrente begehrt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass sie vor dem Unfall keinerlei Beschwerden in der Halswirbelsäule gehabt habe. Auch nach dem Unfall habe sie keine andere Traumen an der Halswirbelsäule erlitten. Nur der Unfall könne deshalb Ursache für den erlittenen Bandscheibenvorfall sein.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 16.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2007 zu verurteilen, ihr unter Anerkennung eines Bandscheibenvorfalls C5/C6 als weitere Folge ihres Arbeitsunfalls vom 14.11.2006 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 % zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Entscheidung im Verwaltungsverfahren zutreffend und rechtmäßig gewesen ist. Das geschilderte Unfallereignis sei nicht geeignet eine traumatische Bandscheibenverletztung zu verursachen. Im Übrigen habe weder die magnetresonanzthomographische Untersuchung noch andere Befunderhebungen ergeben, dass eine knöcherne oder andere Verletzung der Halswirbelsäule stattgefunden habe. Zutreffend sei die Erstdiagnose einer Halswirbelsäulendistorsion, die jedoch spätestens nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit ausgeheilt gewesen sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von P. Der Sachverständige ist Orthopäde und dem Gericht als erfahrener Gutachter auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung bekannt. In seinem Gutachten vom 02.07.2008 beschreibt der Sachverständige zusammenfassend, dass eine Funktionsaufnahme der Halswirbelsäule der Klägerin eine das Altersmaß weit überschreitende Verschmählerung des Zwischenraumes C5/C6 zeige. Es bestehe eine diskoligamentäre Instabilität. Im Segment C5/C6 beruhe dies auf degenerativer Basis. Es bestehe kein Anhalt für eine posttraumatische Veränderung.
Das Gutachten von Privatdozent I sei unschlüssig. Allein aus dem Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls auf dessen traumatische Ursache zu folgern, ohne dass ein adäquates Ereignis wirklich beschrieben worden sei, sei unzulässig. Als maßgebliche Diagnosen teilt das Gutachten mit:
Schmerzhafte Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule Gefügestörung der Segmente C4/C5/C6 mit lokaler Pyphosierung Magnetresonanzthomographisch nachgewiesener rechtsmedialer nicht sequestrierter Bandscheibenvorfall C5/C6.
Das Ereignis vom 14.11.2006 habe eine Halswirbelsäulendistorsion verursacht. Knöcherne bzw. diskoligamentäre Verletzungen seien durch den Unfall nicht verursacht worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Bandscheibenvorfall C5/C6 und dem Unfallereignis bestehe nicht. Eine MdE der Unfallfolgen sei somit nicht feststellbar.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakten und auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin wird durch die angefochtene Entscheidung der Beklagten vom 16.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2007 nicht in ihren Rechten verletzt. Die Entscheidung ist rechtmäßig. Zu Recht hat die Beklagte es abgelehnt, bei der Klägerin als Folge ihres Arbeitsunfalls vom 14.11.2006 einen Bandscheibenvorfall im Segment C5/C6 anzuerkennen und ihr danach eine Verletztenrente zu gewähren. Ein solcher Anspruch steht der Klägerin nicht zu.
Gemäß § 56 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 7. Buch (SGB VII) erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 % gemindert ist, eine Rente. Gemäß § 56 Abs. 2 SGB VII richtet sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögen ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Dabei werden diejenigen Bedingungen als ursächlich oder mitursächlich für den Eintritt des Erfolges gewertet, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes wegen ihrer besonderen Bedeutung zum Eintritt des Erfolges wesentlich beigetragen haben. Die wesentliche Ursächlich– oder Mitursächlichkeit einer Bedingung für den Erfolg braucht zwar nicht nachgewiesen zu sein, muss aber zumindest wahrscheinlich sein. Das ist dann der Fall, wenn bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände, die auf die Verursachung hindeutenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren billigerweise außer Betracht bleiben müssen.
Die Klägerin hat am 14.11.2006 einen Verkehrsunfall erlitten, den die Beklagte mit der angefochtenen Entscheidung als Arbeitsunfall anerkannt hat. Über die anerkannten Unfallfolgen - Beckenprellung, Prellung der Wirbelsäule, Verstauchung der Halswirbelsäule - hinaus sind keine weiteren Unfallfolgen anzuerkennen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit der bestehenden Unfallfolgen besteht nicht.
Diese Entscheidung stützt die Kammer auf das von P erstellte Sachverständigengutachten vom 02.07.2008. Der Sachverständige ist der Kammer als erfahrener Gutachter auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung bekannt. Insbesondere vertraut die Kammer dem Sachverständigen auch bezüglich seiner Beurteilung von Halswirbel-säulenverletzungen als mögliche Unfallfolgen. Denn die Beurteilung des Sachverständigen bewegt sich auf dem Boden der der Kammer bekannten herrschenden medizinischen Lehrmeinung und der bisherigen Rechtsprechung der Kammer.
Demnach ist für eine traumatisch bedingte Bandscheibenverletzung erforderlich, dass bei der maßgeblichen Verletzung der Wirbelkörper selbst oder doch zumindest die den maßgeblichen Abschnitt der Wirbelsäule begleitende Muskel- und Bandstruktur in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Nur bei derartigen begleitenden Verletzungen kommt überhaupt eine traumatisch bedingte Bandscheibenverletzung in Betracht. Die von Privatdozent I konstruierte Ursachenstruktur bewegt sich außerhalb jeglicher medizinischer Lehrmeinung. Es mag sein, dass das Unfallgeschehen ein gewisses auslösendes Element bezüglich des Beschwerdebildes bei der Klägerin ausgemacht hat. Maßgeblich für die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem Unfallgeschehen und einer gesundheitlichen Folge ist es aber, dass das Unfallgeschehen die wesentliche Ursache für die eingetretene Folge sein muss. Das hat I in seinem Gutachten weder beschrieben oder dargelegt, noch in irgendeiner Weise begründet. Demgegenüber stellt P im Einklang mit der der Kammer bekannten herrschenden medizinischen Lehrmeinung die Notwendigkeit eines bestimmten Unfallhergangs, der dadurch notwendigen Verletzungen und der dann möglichen traumatischen Verletzung einer Bandscheibe dar. Im Fall der Klägerin fehlt es bereits am Nachweis eines entsprechenden Ereignisses. Zwar kann eine Seitenkollision im PKW grundsätzlich eine biomechanische Beeinträchtigung der Wirbelsäule bewirken, die eine Bandscheibenverletzung verursachen kann. Die dann notwendigen biomechanischen Kräfte müssten aber so groß gewesen sein, dass sie die oben beschriebenen begleitenden Verletzungen ausgelöst haben müssten. Erst dann kommt eine traumatisch bedingte Bandscheibenverletzung in Betracht. Schon in den ersten Untersuchungen der Halswirbelsäule der Klägerin ist lediglich eine Distorsion der Halswirbelsäule festgestellt worden. Auch das von E1 angefertigte MRT (Magnetresonanzthomographie) hat keinen Nachweis entsprechender Verletzungen erbracht. Vielmehr sprechen alle Untersuchungen für eine Verursachung der Beschwerden auf der Basis degenerativer Veränderungen der Halswirbelsäule der Klägerin. Hierfür spricht auch, dass das betroffene Segment in der Halswirbelsäule der Klägerin ein solches ist, was in breiten Teilen der Bevölkerung - auch ohne dass es zu einem traumatisch wirkenden Ereignis gekommen ist - in ähnlicher Weise betroffen ist.
Nach der von der F begründeten Einteilung der Halswirbelsäulendistorsionen (Schönberger-Mehrtens-Vallentin: Arbeitsunfall u. Berufskrankheit 7. Auflage 2003 Rdn.8.3.4.2.1 (S. 554) und Rdn 8.3.4.2.3 (S. 556)) hat hier nach dem klinischen Bild, das sich bei der Untersuchung der Klägerin nach dem Unfall zeigte, lediglich eine Halswirbelsäulendistorsion leichten Grades vorgelegen. Eine solche Halswirbelsäulendistorsion verursacht in der Regel eine Arbeitsunfähigkeit von bis zu 6 Wochen und keine MdE die über die Dauer von 6 Monaten hinaus reicht. Von einer schwerwiegenderen Halswirbelsäulenverletzung kann im Fall der Klägerin nicht ausgegangen werden, da es hierfür an jeglichen Anhaltspunkten fehlt. Dies hat der Sachverständige in seinem Gutachten ausführlich beschrieben. Dem schließt sich die Kammer an.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Entschädigung eines Arbeitsunfalls den die Klägerin am 14.11.2006 erlitten hat. Insbesondere begehrt die Klägerin die Anerkennung eines Bandscheibenvorfalls im Hals-Wirbelsäulen-Segment C5/C6 als Folge des Arbeitsunfalls.
Am Unfalltag ist die Klägerin im Rahmen ihrer Berufsausübung in einen PKW-Unfall verwickelt worden. Als Linksabbieger hat sie einem entgegenkommenden Fahrzeug die Vorfahrt genommen, so dass es zu einer Seitenkollision rechts an ihrem Fahrzeug gekommen ist. Der erstbehandelnde Arzt Privatdozent L stellte am 14.11.2006 als Diagnosen fest: Beckenprellung, Prellung der Wirbelsäule, Verstauchung der Halswirbelsäule. Wegen dieser Verletzungen ist die Klägerin in der Zeit vom 14. bis 16. November im Krankenhaus H behandelt worden. Anlässlich dieser Behandlung ist auch eine Augenschädigung als Folge des Unfalls ausgeschlossen worden. Bei einer Nachuntersuchung am 18.12.2006 stellte C1 die Diagnosen: Zustand nach Halswirbelsäulendistorsion am 14.11.2006, Zervikozephalgie und Anpassungsstörung. Als unfallunabhängige Diagnose stellte C eine Migräne fest. Am 19.12.2006 untersuchte Privatdozent L die Klägerin erneut im Kreiskrankenhaus H. Als Röntgenbefund stellte er eine Ostechondrose C5/C6 als vorbestehend dar. Sowie eine Halswirbelsäulendistorsion, Zervikozephalgien und eine Anpassungsstörung als Unfallfolge. Noch im Februar 2007 klagte die Klägerin weiterhin über Nackenschmerzen, so dass weiterhin Gymnastik und Physiotherapie verordnet wurde. Unter dem 15.02.2007 berichtete E1 von einer magnetresonanzthomographischen Untersuchung der Klägerin. Er stellte folgende Diagnosen:
Steilstellung der Halswirbelsäule Gefügestörung C4/C5/C6 im Sinne einer Kyphosierung NPP C5/C6 (Bandscheibenvorfall) kein Anhalt für Myelopathie kein Anhalt für Weichteil oder knöcherne Verletzungen
Am 06.03.2007 diagnostizierte C2 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E2 bei der Klägerin eine diskoligamentäre Instabilität könne nicht ausgeschlossen werden. Ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis sei zweifelhaft. Daraufhin beauftragte die Beklagte Privatdozent I vom St. W-Krankenhaus mit der Begutachtung der Klägerin. Der Sachverständige berichtete unter dem 21.06.2007, dass die Klägerin wegen des Unfalls vom 14.11. bis zum 27.12.2006 durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei. Der Bandscheibenvorfall C5/C6 sei durch traumatische Bedingungen am 14.11.2006 verursacht worden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage 0. Zur Begründung seiner Ausführungen ergänzte Privatdozent I unter dem 31.08.2007, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen sei und das Unfallgeschehen grundsätzlich geeignet sei einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule zu verursachen.
Mit Bescheid vom 16.10.2007 erkannte die Beklagte den Unfall der Klägerin vom 14.11.2006 als Arbeitsunfall an. Als Unfallfolgen stellte die Beklagte fest:
"Beckenprellung, Prellung der Wirbelsäule, Verstauchung der Halswirbelsäule"
Im Übrigen seien die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin nicht unfallbedingt. Insbesondere der Bandscheibenvorfall im Segmet C5/C6 werde nicht als unfallabhängig anerkannt. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2007 zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die am 14.01.2008 erhobene Klage der Klägerin mit der sie weiterhin die Anerkennung des Bandscheibenvorfalls C5/C6 als Unfallfolge und im Weiteren die Gewährung einer Verletztenrente begehrt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass sie vor dem Unfall keinerlei Beschwerden in der Halswirbelsäule gehabt habe. Auch nach dem Unfall habe sie keine andere Traumen an der Halswirbelsäule erlitten. Nur der Unfall könne deshalb Ursache für den erlittenen Bandscheibenvorfall sein.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 16.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2007 zu verurteilen, ihr unter Anerkennung eines Bandscheibenvorfalls C5/C6 als weitere Folge ihres Arbeitsunfalls vom 14.11.2006 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 % zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Entscheidung im Verwaltungsverfahren zutreffend und rechtmäßig gewesen ist. Das geschilderte Unfallereignis sei nicht geeignet eine traumatische Bandscheibenverletztung zu verursachen. Im Übrigen habe weder die magnetresonanzthomographische Untersuchung noch andere Befunderhebungen ergeben, dass eine knöcherne oder andere Verletzung der Halswirbelsäule stattgefunden habe. Zutreffend sei die Erstdiagnose einer Halswirbelsäulendistorsion, die jedoch spätestens nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit ausgeheilt gewesen sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von P. Der Sachverständige ist Orthopäde und dem Gericht als erfahrener Gutachter auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung bekannt. In seinem Gutachten vom 02.07.2008 beschreibt der Sachverständige zusammenfassend, dass eine Funktionsaufnahme der Halswirbelsäule der Klägerin eine das Altersmaß weit überschreitende Verschmählerung des Zwischenraumes C5/C6 zeige. Es bestehe eine diskoligamentäre Instabilität. Im Segment C5/C6 beruhe dies auf degenerativer Basis. Es bestehe kein Anhalt für eine posttraumatische Veränderung.
Das Gutachten von Privatdozent I sei unschlüssig. Allein aus dem Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls auf dessen traumatische Ursache zu folgern, ohne dass ein adäquates Ereignis wirklich beschrieben worden sei, sei unzulässig. Als maßgebliche Diagnosen teilt das Gutachten mit:
Schmerzhafte Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule Gefügestörung der Segmente C4/C5/C6 mit lokaler Pyphosierung Magnetresonanzthomographisch nachgewiesener rechtsmedialer nicht sequestrierter Bandscheibenvorfall C5/C6.
Das Ereignis vom 14.11.2006 habe eine Halswirbelsäulendistorsion verursacht. Knöcherne bzw. diskoligamentäre Verletzungen seien durch den Unfall nicht verursacht worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Bandscheibenvorfall C5/C6 und dem Unfallereignis bestehe nicht. Eine MdE der Unfallfolgen sei somit nicht feststellbar.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakten und auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin wird durch die angefochtene Entscheidung der Beklagten vom 16.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2007 nicht in ihren Rechten verletzt. Die Entscheidung ist rechtmäßig. Zu Recht hat die Beklagte es abgelehnt, bei der Klägerin als Folge ihres Arbeitsunfalls vom 14.11.2006 einen Bandscheibenvorfall im Segment C5/C6 anzuerkennen und ihr danach eine Verletztenrente zu gewähren. Ein solcher Anspruch steht der Klägerin nicht zu.
Gemäß § 56 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 7. Buch (SGB VII) erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 % gemindert ist, eine Rente. Gemäß § 56 Abs. 2 SGB VII richtet sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögen ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Dabei werden diejenigen Bedingungen als ursächlich oder mitursächlich für den Eintritt des Erfolges gewertet, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes wegen ihrer besonderen Bedeutung zum Eintritt des Erfolges wesentlich beigetragen haben. Die wesentliche Ursächlich– oder Mitursächlichkeit einer Bedingung für den Erfolg braucht zwar nicht nachgewiesen zu sein, muss aber zumindest wahrscheinlich sein. Das ist dann der Fall, wenn bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände, die auf die Verursachung hindeutenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren billigerweise außer Betracht bleiben müssen.
Die Klägerin hat am 14.11.2006 einen Verkehrsunfall erlitten, den die Beklagte mit der angefochtenen Entscheidung als Arbeitsunfall anerkannt hat. Über die anerkannten Unfallfolgen - Beckenprellung, Prellung der Wirbelsäule, Verstauchung der Halswirbelsäule - hinaus sind keine weiteren Unfallfolgen anzuerkennen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit der bestehenden Unfallfolgen besteht nicht.
Diese Entscheidung stützt die Kammer auf das von P erstellte Sachverständigengutachten vom 02.07.2008. Der Sachverständige ist der Kammer als erfahrener Gutachter auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung bekannt. Insbesondere vertraut die Kammer dem Sachverständigen auch bezüglich seiner Beurteilung von Halswirbel-säulenverletzungen als mögliche Unfallfolgen. Denn die Beurteilung des Sachverständigen bewegt sich auf dem Boden der der Kammer bekannten herrschenden medizinischen Lehrmeinung und der bisherigen Rechtsprechung der Kammer.
Demnach ist für eine traumatisch bedingte Bandscheibenverletzung erforderlich, dass bei der maßgeblichen Verletzung der Wirbelkörper selbst oder doch zumindest die den maßgeblichen Abschnitt der Wirbelsäule begleitende Muskel- und Bandstruktur in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Nur bei derartigen begleitenden Verletzungen kommt überhaupt eine traumatisch bedingte Bandscheibenverletzung in Betracht. Die von Privatdozent I konstruierte Ursachenstruktur bewegt sich außerhalb jeglicher medizinischer Lehrmeinung. Es mag sein, dass das Unfallgeschehen ein gewisses auslösendes Element bezüglich des Beschwerdebildes bei der Klägerin ausgemacht hat. Maßgeblich für die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem Unfallgeschehen und einer gesundheitlichen Folge ist es aber, dass das Unfallgeschehen die wesentliche Ursache für die eingetretene Folge sein muss. Das hat I in seinem Gutachten weder beschrieben oder dargelegt, noch in irgendeiner Weise begründet. Demgegenüber stellt P im Einklang mit der der Kammer bekannten herrschenden medizinischen Lehrmeinung die Notwendigkeit eines bestimmten Unfallhergangs, der dadurch notwendigen Verletzungen und der dann möglichen traumatischen Verletzung einer Bandscheibe dar. Im Fall der Klägerin fehlt es bereits am Nachweis eines entsprechenden Ereignisses. Zwar kann eine Seitenkollision im PKW grundsätzlich eine biomechanische Beeinträchtigung der Wirbelsäule bewirken, die eine Bandscheibenverletzung verursachen kann. Die dann notwendigen biomechanischen Kräfte müssten aber so groß gewesen sein, dass sie die oben beschriebenen begleitenden Verletzungen ausgelöst haben müssten. Erst dann kommt eine traumatisch bedingte Bandscheibenverletzung in Betracht. Schon in den ersten Untersuchungen der Halswirbelsäule der Klägerin ist lediglich eine Distorsion der Halswirbelsäule festgestellt worden. Auch das von E1 angefertigte MRT (Magnetresonanzthomographie) hat keinen Nachweis entsprechender Verletzungen erbracht. Vielmehr sprechen alle Untersuchungen für eine Verursachung der Beschwerden auf der Basis degenerativer Veränderungen der Halswirbelsäule der Klägerin. Hierfür spricht auch, dass das betroffene Segment in der Halswirbelsäule der Klägerin ein solches ist, was in breiten Teilen der Bevölkerung - auch ohne dass es zu einem traumatisch wirkenden Ereignis gekommen ist - in ähnlicher Weise betroffen ist.
Nach der von der F begründeten Einteilung der Halswirbelsäulendistorsionen (Schönberger-Mehrtens-Vallentin: Arbeitsunfall u. Berufskrankheit 7. Auflage 2003 Rdn.8.3.4.2.1 (S. 554) und Rdn 8.3.4.2.3 (S. 556)) hat hier nach dem klinischen Bild, das sich bei der Untersuchung der Klägerin nach dem Unfall zeigte, lediglich eine Halswirbelsäulendistorsion leichten Grades vorgelegen. Eine solche Halswirbelsäulendistorsion verursacht in der Regel eine Arbeitsunfähigkeit von bis zu 6 Wochen und keine MdE die über die Dauer von 6 Monaten hinaus reicht. Von einer schwerwiegenderen Halswirbelsäulenverletzung kann im Fall der Klägerin nicht ausgegangen werden, da es hierfür an jeglichen Anhaltspunkten fehlt. Dies hat der Sachverständige in seinem Gutachten ausführlich beschrieben. Dem schließt sich die Kammer an.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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