L 1 RA 29/04

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 6 RA 14/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 29/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Das AAÜG ist nur dann anwendbar, wenn eine konkrete Zusage auf Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem (hier: zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) vorliegt.

2. Das AAÜG hat den Kreis der „potenziell vom AAÜG ab 1.8.1991 erfassten“ Personen nicht erweitert und das Neueinbeziehungsverbot nicht modifiziert (entgegen BSG vom 9.4.2002 – B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr 2).

3. Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs 1 AAÜG lässt sich eine Erweiterung der Anwendbarkeit des AAÜG auf Personen, die am 30.6.1990 einen Anspruch auf Einbeziehung bzw auf eine Versorgungszusage gehabt hätten, nicht begründen, da eine Ungleichbehandlung zu der von § 1 Abs 1 S 2 AAÜG erfassten Personengruppe nicht gegen Art 3 GG verstößt.

4. Die vom Bundessozialgericht vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die Grenzen richterlicher Entscheidungsbefugnis, die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergeben.

5. Selbst wenn der Zusatzversorgungsträger – der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts hinsichtlich der Möglichkeit der fiktiven Einbeziehung folgend – von der Anwendbarkeit des AAÜG ausgeht, entfaltet dies für den erkennenden Senat keine Bindungswirkung dahingehend, dass hinsichtlich des im Verfahren umstrittenen Zeitraumes der Anwendungsbereich des AAÜG grundsätzlich eröffnet ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 17. Dezember 2003 aufgehoben, soweit die Beklagte verpflichtet wurde, die Zeit vom 12. September 1972 bis zum 31. Dezember 1983 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zu einem Zusatzversorgungssystem festzustellen, und die Klage insoweit abgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung von weiteren Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem mit den entsprechenden Entgelten hat.

Der am ... 1939 geborene Kläger erhielt ausweislich einer Urkunde der Ingenieurschule für Landtechnik "M. I. Kalinin" vom 12. September 1972 nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss das Recht, die Berufsbezeichnung "Ingenieur für Landtechnik" zu führen. In der Folgezeit war er beim VEB Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL) K. zunächst als Ingenieur für operative Produktionsplanung und dann ab 1. April 1980 bis 1984/85 in der Abteilung "Materialtechnische Versorgung" als Leiter des Kreisversorgungslagers tätig. Es folgten bis zum 30. Juni 1990 Beschäftigungen als Hauptingenieur für Mechanisierung, als Inspektor Landtechnik und zuletzt als Betriebsteilleiter für den Betriebsteil Mieste. 1987/88 wurde der Kreis K. in den Kreis G. integriert, was die Umbenennung des Betriebes in VEB KfL G., Sitz K., zur Folge hatte. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt der Kläger während des Bestehens der DDR nicht. Er hatte keine Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) gezahlt.

Seinen Antrag auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. September 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der Technischen Intelligenz (AVItech) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Januar 2002 ab. Zur Begründung führte sie aus, die im VEB KfL K. ausgeübte Beschäftigung entspreche zwar der erforderlichen technischen Qualifikation, jedoch sei sie nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb im Sinne der Versorgungsordnung bzw. der hierzu ergangenen 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (GBl. S. 487, 2. DB) ausgeübt worden. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch: Die KfL seien aus Maschinen-Ausleih-Stationen (MAS) hervorgegangen. Im VEB KfL K. sei im Jahre 1969 mit der Produktion von Bandstraßen für die Industrie begonnen worden. Später seien mit ca. 100 Beschäftigten komplette Baugruppen für die Landmaschinenindustrie des damaligen Kombinates Weimar gefertigt worden. So seien jährlich u.a. 5.400 Förderbänder für den Landmaschinenbau in den Betriebsteilen Weimar, T., Bernburg und die Gartenbautechnik Berlin mit Sitz in Glindow gefertigt worden. Seine Aufgabe als Ingenieur für Produktionsplanung habe darin bestanden, den Produktionsprozess zu planen und Arbeitstechniken, die aufgrund des Ausrüstungsgrades des Betriebes nicht selbst hätten gefertigt werden können, durch Kooperationspartner fertigen zu lassen. Auch später während seiner Tätigkeit als Betriebsteilleiter seien neben der Reparatur von Landmaschinen in einer Produktionslinie Stallausrüstungen und Paletten für den Automobilkonzern VW gefertigt worden. Unverständlich sei für ihn, warum die Beklagte seinen ehemaligen Arbeitskollegen die Zusatzversorgung bereits gewährt habe, ihm dies aber verweigern wolle. Auch einem Bekannten im ehemaligen VEB KfL S. werde die Zusatzversorgung gezahlt, ohne dass dieser die Anwartschaft habe begründen müssen. Diesen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2002 mit der Begründung zurück, im Juni 1990 habe der Kläger als Ingenieur eine seiner Qualifikation einsprechende Beschäftigung im VEB KfL G. ausgeübt. Es habe sich dabei jedoch nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) und auch keinen diesem gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB gehandelt.

Gegen den ihm nach eigenen Angaben am 19. Dezember 2002 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 17. Januar 2003 Klage beim Sozialgericht Stendal erhoben. Der VEB KfL K. sei ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens im Sinne des § 1 der Verordnung über die AVItech in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB gewesen. Der staatliche Sprachgebrauch am 30. Juni 1990 lasse erkennen, dass unter "Produktionsbetrieb" einerseits nur VEB der Industrie und des Bauwesens verstanden, andererseits die VEB des Dienstleistungsbereiches einschließlich des Verkehrswesens und des Güterkraftverkehrs nicht so bezeichnet worden seien. Der VEB KfL K. sei ein Betrieb gewesen, dem die industrielle Produktion das Gepräge gegeben habe. Außerdem sei dieser Betrieb aus einer am 19. Januar 1949 gegründeten MAS hervorgegangen und schon von daher unter die in der 2. DB ausdrücklich genannten gleichgestellten Betriebe gefallen. Prägend sei ab ca. 1969 die Produktion von Förderbändern (Elevatoren), Förderbrücken sowie Höhenförderern – in Kooperation mit dem VEB Landmaschinenbau T. – gewesen. So seien beispielsweise mit ca. 100 Beschäftigten jährlich über 5.000 Förderbänder hergestellt worden. Daneben sei der Bereich Instandsetzung immer mehr in den Hintergrund getreten.

Mit Urteil vom 17. Dezember 2003 hat das Sozialgericht Stendal die Beklagte verpflichtet, die Zeit vom 12. September 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem festzustellen. Der Kläger habe am 30. Juni 1990 einem volkseigenen Produktionsbetrieb angehört. Dies ergebe sich daraus, dass der (Haupt-) Betrieb nach der glaubhaften Darstellung des Klägers ausschließlich massenhaft (und daher industriemäßig) Altteile zur weiteren Verwendung aufbereitet habe. Ein Industriebetrieb müsse nicht zwangsläufig neue Teile aus Rohstoffen herstellen, es genüge auch die (Auf-)Bearbeitung von Altteilen in großer Stückzahl. Der Betriebsteil des Klägers in K. habe im Übrigen Neuwaren (z.B. Elevatoren, Förderbänder) massenhaft und daher industriell hergestellt.

Gegen das ihr am 15. Januar 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Januar 2004 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Der Kläger sei nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen. Betriebe der Industrie und des Bauwesens seien nur solche Betriebe gewesen, die im Wirtschaftssystem der DDR dem Bereich Industrie oder Bau zugeordnet gewesen seien. Eine industrielle Produktion habe einem Betrieb das Gepräge gegeben, wenn dessen Hauptzweck die Herstellung, Verarbeitung und Bearbeitung industrieller Sachgüter gewesen sei. Das treffe auf den VEB KfL K. jedoch nicht zu. Dieser sei ein Instandsetzungsbetrieb gewesen. Damit habe er zur Gruppe der Dienstleistungsbetriebe und nicht zu den Sachleistungsbetrieben gezählt. Deshalb unterfalle dieser Betrieb nicht dem Anwendungsbereich der AVItech, denn er sei kein Produktionsbetrieb der Industrie gewesen. Der KfL sei auch kein den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellter Betrieb gewesen. Insoweit sei es unerheblich, dass die MAS – im weitesten Sinne die Vorgängereinrichtung der KfL – gleichgestellt gewesen seien. Eine Subsumierung unter den Begriff MAS sei eine unzulässige Auslegung des nicht zu Bundesrecht gewordenen Textes der Versorgungsordnung. MAS seien Anstalten öffentlichen Rechts gewesen, die die Aufgabe gehabt hätten, die durch die Bodenreform enteigneten landwirtschaftlichen Maschinen an die durch die Bodenreform begünstigten Neubauern zu vermieten.

Während des zweitinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte die Berufung hinsichtlich der Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 zurückgenommen. Sowohl der VEB KfL G. als auch der VEB KfL K. seien ab 1984 als Produktionsbetriebe des Landmaschinenbaus eingeordnet gewesen. Für die Zeit bis zum 31. Dezember 1983 werde die Berufung dagegen weiterhin aufrechterhalten, weil der Kläger in dieser Zeit in Reparatur- und Instandsetzungsbetrieben beschäftigt gewesen sei. Die Beschäftigungsbetriebe des Klägers seien in die Wirtschaftsgruppe 15489 der Systematik der Volkswirtschaftszweige eingeordnet gewesen und fielen damit unter Reparatur- und Montagebetriebe. Es sei kein Grund ersichtlich, warum die Bestimmung des wirtschaftlichen Hauptzwecks eines Betriebs für statistische Zwecke nicht auch für die Feststellung des Hauptzwecks im Hinblick auf die Regelungen der Versorgungssysteme gelten solle. Offensichtlich sei bei der Bestimmung des Hauptzwecks eines Betriebes auch vom fordistischen Produktionsmodell ausgegangen worden, denn anders lasse sich die Unterscheidung in Reparatur- und Montagebetriebe sowie sonstige Bereiche der Produktion nicht erklären.

In der mündlichen Verhandlung am 30. April 2009 hat die Beklagte erklärt, dass sie noch keinen Bescheid über die Feststellung der Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 mit den entsprechenden Entgelten als Zusatzversorgungszeit erteilt und auch die Eröffnung des Anwendungsbereiches des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) noch nicht bescheidmäßig festgestellt habe. Sie werde jedoch umgehend einen Bescheid über die Feststellung der Zeiten und Entgelte bezüglich des Zeitraumes vom 1. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 erlassen. Ein Verfahren des Klägers gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund als Rentenversicherungsträger sei nicht anhängig.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 17. Dezember 2003 aufzuheben, soweit sie verpflichtet wurde, die Zeit vom 12. September 1972 bis zum 31. Dezember 1983 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zu einem Zusatzversorgungssystem festzustellen, und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und hat ergänzend vorgetragen, der VEB KfL K. sei zumindest ein den volkseigenen Betrieben gleichgestellter Betrieb gewesen, denn er sei aus einer MAS hervorgegangen. Dass der damalige Gesetzgeber angesichts der Umbildungen bis hin zu den KfL die MAS nicht aus dem Katalog der gleichgestellten Betriebe herausgenommen habe, obwohl es die MAS gar nicht mehr gegeben habe, könne nur bedeuten, dass er selbstverständlich auch die nachfolgenden Organisationsformen – also auch die KfL – als gleichgestellte Betriebe angesehen habe. Hiervon abgesehen sei der VEB KfL K. auch ein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne des § 49 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Produktionsbetriebe vom 9. Februar 1967 gewesen. Denn neben der fließbandmäßigen Instandsetzung habe der VEB KfL K. aufgrund der Einführung der spezialisierten Instandsetzung die Hauptaufgabe der Fertigung von Rationalisierungsmitteln gehabt. Dies ergebe sich aus der "Chronik der Betriebe der Landtechnik des Bezirkes M. 1949 bis 1989". So seien beispielsweise mit ca. 100 Beschäftigten in den Betriebsteilen Bismark und Kalbe jährlich über 5.000 Förderbänder hergestellt worden. Insoweit werde auf zur Akte gereichte entsprechende Zeitungsartikel, ein von ihm gefertigtes Organigramm sowie zwei Ersatzteilkataloge für den Elevator verwiesen. Es sei somit festzuhalten, dass dem VEB KfL K. die massenhafte Fertigung sowie die fließbandmäßige Instandhaltung eindeutig das Gepräge gegeben hätten.

Im Gegensatz zu den Ausführungen der Beklagten sei er auch in dem jetzt noch umstrittenen Zeitraum bis zum 31. Dezember 1983 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb tätig gewesen. Dies ergebe sich aus weiteren eingereichten Unterlagen, u.a. aus einer Auszeichnung im Zusammenhang mit dem Kollektiv "Produktion Bismark" vom 1. Oktober 1974. Ergänzend hat der Kläger vorgetragen, der VEB KfL K. habe 1991 (gemeint wohl 1971) aus zwei Betriebsteilen, nämlich dem Hauptbetrieb in K. und dem Betriebsteil Bismark, bestanden. Im so genannten Hauptbetrieb K. habe es lediglich eine Abteilung, nämlich die Abteilung Neuproduktion, gegeben. Diese habe u.a. die bereits erwähnten Elevatoren (spezielle Förder- bzw. Gurtbänder) produziert. Im Betriebsteil Bismark habe darüber hinaus der Meisterbetrieb für die Produktion des Höhenförderers sowie der so genannten Förderbrücken bestanden. Die Abteilung Instandhaltung habe dem gegenüber nur wenige Beschäftigte gehabt, die hauptsächlich für Revisionen von neuen Landmaschinen und Garantieleistungen zuständig gewesen seien. Diese Abteilung habe allerdings zum Großteil auch Gurtbänder gefertigt, so genannte Stollen aufgeschweißt und diese in den gesamten Produktionsbereich der ehemaligen DDR geliefert. Darüber hinaus habe die Anlageninstandhaltung in diesem Betriebsteil Stallausrüstungen für die gesamte Landwirtschaft gefertigt und diese anschließend montiert. Ein weiterer Zeitungsartikel belege, dass die so genannte Plankennziffer Warenproduktion (industrielle Warenproduktion) eine Produktionsmaßnahme bedingt habe. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass seine Anstellung im Jahre 1972 als Ingenieur für operative Produktionsplanung gerade den Einsatz in einer Produktion beinhaltet habe. In dem Betriebsteil seien in der Zeit seiner Tätigkeit von 1971 bis Ende 1987 auch Baugruppen für den Kartoffelsammelroder E 665 nebst Varianten und Höhenförderer EM 11 für die Wurzelvollerntemaschine gefertigt worden. Weiter hat der Kläger darauf hingewiesen, dass die befristet integrierten LPG´en selbständig tätig gewesen seien. Diese Einrichtungen hätten die Maschinen selbständig repariert und seien nicht in den Produktionsbereich integriert gewesen. Bezeichnend sei diesbezüglich, dass die LPG´en später wieder ausgegliedert worden seien. Dies habe z.B. die LPG Badel (integriert für den Zeitraum von 1977 bis 1984) sowie die LPG Brunau (integriert für den Zeitraum von 1975 bis 1988) betroffen. Dies habe darauf beruht, dass die Produktionsabläufe in seinem Betriebsteil mit den Abläufen in den LPG´en zum Teil nicht kompatibel gewesen und insofern Hindernisse aufgetreten seien, die später wieder beseitigt worden seien.

Schließlich hat der Kläger die Aufgabe des Kreisversorgungslagers näher beschrieben. Diese habe darin bestanden, die Bereitstellung von Ersatzteilen für Landmaschinen, Traktoren, Lkw usw. (Reifen, Baugruppen, Motoren, Getriebe) für sämtliche Betriebe des Kreises – nicht nur die Landwirtschaftsbetriebe – zu realisieren. Außerdem habe der Betriebsteil für die Planung und Organisation der Neuproduktion in Kalbe und Bismark Produktionsteile (Schrauben, Kugellager, Rollenketten) zur Verfügung gestellt.

Der Senat hat schriftliche Auskünfte von H. (seit 1982 Direktor des VEB KfL K.) sowie von G. (von 1974 bis 1982 Stellvertreter des Direktors des VEB KfL K.) eingeholt. gen beigezogen worden bzw. zu den Gerichtakten gelangt:

Kopie der Chronik der Betriebe der Landtechnik des Bezirkes M. 1949 – 1989 Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft zum VEB KfL K. Gründungsanweisung und Statut betr. VEB Kombinat für Landtechnische Instandhaltung M. Unterlagen zum VEB KfL G. Registerauszüge Gründungsbericht zur Umwandlung des VEB in Technik-Center K. GmbH Statut des VEB Kombinat Landtechnik M. Übersichtsblatt mit Angaben zum Produktionsprofil der Kombinatsbetriebe Bilanzen zum 31.12.1989, 31.05.1990, Formblatt 069 der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik Unterlagen aus einer Recherche des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt (Referat Agrarwirtschaft, Ländliche Räume, Fischerei) betr. die Zuordnung von LPG-Werkstätten zu KfL.

Insoweit und wegen der eingeholten Auskünfte der ehemaligen Mitarbeiter Henschke und Gebert sowie wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen. Diese Akten haben bei der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung des Senats vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und im übrigen zulässige Berufung hat Erfolg.

Gegenstand der Berufung ist nach ihrer Beschränkung durch die Beklagte noch deren Verpflichtung, Feststellungen nach dem AAÜG (i.d.F.v. Art. 13 des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007, BGBl. I S. 3024) bezüglich des Zeitraumes vom 12. September 1972 bis zum 31. Dezember 1983 zu treffen. Die Berufung ist begründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung des noch umstrittenen Zeitraumes als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech und der in diesem Zeitraum erzielten Entgelte hat.

Denn das AAÜG ist auf den Kläger nicht anwendbar. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urt. v. 09.04.2002 – B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11).

Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Falle nicht stattgefunden.

Der Senat folgt nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann.

Der Senat ist zum Einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urt. v. 09.04.2002 – B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom Bundessozialgericht behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum Anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des Bundessozialgerichts tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das Bundessozialgericht wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle durch Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) veranlassen müssen. Denn die vom Bundessozialgericht vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet die Grenzen richterlicher Entscheidungsbefugnis, die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergeben.

In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urt. v. 09.04.2002 – B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den Einigungsvertrag Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des Einigungsvertrages zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113), jedoch ist aus der weiteren Gesetzesbegründung ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem Einigungsvertrag vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).

Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urt. v. 09.04.2002 – B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom Bundessozialgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des Bundessozialgerichts konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".

Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des Einigungsvertrages umfasst ist.

Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urt. v. 09.04.2002 – B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12).

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird jedoch verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschl. v. 26.10.2005 – 1 BvR 1921/04 u. a., dokumentiert in Juris, Rdnr. 36).

Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb das Bundessozialgericht der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a. a. O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschl. v. 13.03.2007 – 1 BvF 1/05, dokumentiert in Juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.

Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.

Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (BVerfG, Beschl. v. 26.10.2005, a. a. O., Rdnr. 45):

"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."

Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das Bundesverfassungsgericht genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.

Das AAÜG ist aus der Sicht des Senats auch nicht deshalb auf den Kläger anwendbar, weil das Urteil des Sozialgerichts für den Zeitraum vom 1. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 rechtskräftig geworden ist. Denn die Rechtskraft bezieht sich nur auf diesen Zeitraum. Auch soweit die Beklagte – der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts hinsichtlich der Möglichkeit der fiktiven Einbeziehung folgend – von der Anwendbarkeit des AAÜG ausgegangen ist, entfaltet dies für den Senat keine Bindungswirkung dahingehend, dass hinsichtlich des hier noch umstrittenen Zeitraumes vom 12. September 1972 bis zum 31. Dezember 1983 der Anwendungsbereich des AAÜG grundsätzlich eröffnet ist. Wäre der Senat insoweit gebunden, so wäre er gezwungen, den noch umstrittenen Zeitraum auf der Grundlage der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann, zu prüfen (so noch Urt. des Senats v. 23.11.2006 – L 1 RA 243/03). Zur Überzeugung des Senats würde sich die rechtswidrige Begünstigung des Klägers durch die teilweise Berufungsrücknahme noch vertiefen, wenn der Senat zu dem Ergebnis käme, dass bezogen auf den hier noch umstrittenen Zeitraum alle Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung erfüllt wären. Deshalb kann es auch dahinstehen, ob – wie der frühere 4. Senat des Bundessozialgerichts meinte – es zur verbindlichen Feststellung der Anwendbarkeit des AAÜG eines besonderen Verfügungssatzes bedarf, durch den das Vorliegen eines Versorgungsanspruchs zum 31. August 1991 festgestellt wird (BSG, Urt. v. 06.05.2004 – B 4 RA 49/03 R, dokumentiert in Juris).

Hier kommt hinzu – ohne dass dies vor dem Hintergrund seiner Rechtsansicht Einfluss auf die Entscheidung des Senats haben konnte –, dass die Beklagte selbst auf der Grundlage der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts nicht von der Anwendbarkeit des AAÜG ausgehen durfte. Auch deshalb stellt die teilweise Berufungsrücknahme eine rechtswidrige Begünstigung des Klägers dar. Denn die vom Bundessozialgericht aufgestellten Voraussetzungen für eine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG im Wege der Unterstellung lagen nicht vor. Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. der DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. der DDR I, Nr. 62 S. 487 – im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

In Anwendung dieser Maßstäbe hatte der Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist.

Der Kläger war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Eine Versorgungsanwartschaft konnte nur bei einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb in der Industrie oder im Bauwesen (oder in einem gleichgestellten Betrieb) erworben werden (BSG, Urt. v. 10.04.2002 – B 4 RA 10/02 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 5, S. 30).

Die Voraussetzung der Beschäftigung in einem Produktionsbetrieb ergibt sich aus § 1 Abs. 1 der 2. DB im Umkehrschluss, weil anderenfalls die Gleichstellung nichtproduzierender Betriebe in § 1 Abs. 2 der 2. DB mit Produktionsbetrieben ohne Bezug wäre. Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urt. v. 09.04.2002 – B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urt. v. 27.07.2004 – B 4 RA 11/04 R, dokumentiert in Juris).

Die beigezogenen Unterlagen und die eingeholten Auskünfte belegen nicht, dass im VEB KfL G. mit Sitz in K. am 30. Juni 1990 Sachgüter industriell gefertigt, fabriziert, hergestellt oder produziert worden sind. Das verdeutlicht insbesondere der Gründungbericht für den Rechtsnachfolger des Betriebes, die Technik-Center K. M. GmbH (siehe Beiakte). Dieser Bericht bezweckte eine Darstellung der aktuellen Lage des Betriebes im Sommer 1990 und stellt damit ein zeitnahes Dokument der betrieblichen Verhältnisse in diesem Zeitraum dar.

Dem Gründungsbericht lässt sich entnehmen, dass der VEB KfL G. zuletzt ein ausschließlicher Reparaturbericht war. In den Betriebsteilen Bismark und Mieste wurden hauptsächlich Reparaturen an Traktoren aller Art durchgeführt. In beiden Betriebsteilen hatte der Bereich Anlageninstandhaltung seinen Stützpunkt, um die Anlagen der LPG´n instand zu halten und zu betreuen. Im Betriebsteil Bismark befanden sich weiter die Brigade Rationalisierung und Gurtbandschweißerei. Im Bereich der Gurtbandschweißerei wurden alle Sorten Fördergurte hergestellt und repariert. Im Betriebsteil Kfz-Werkstatt Kalbe wurden ausschließlich Pkw Trabant repariert. Dabei setzte sich der Kundenkreis aus der Bevölkerung und den Betrieben zusammen. Des Weiteren unterhielt der VEB KfL G. in Kalbe und Jävenitz je ein Versorgungslager, welche die Aufgaben hatten, insbesondere die landwirtschaftlichen Betriebe mit Ersatzteilen, Baugruppen, Reifen und Schwarzmaterialien zu versorgen. Schließlich gehörten zum VEB KfL G. noch eine Betriebsschule, in der jährlich ca. 100 Lehrlinge ausgebildet wurden und darüber hinaus eine Erwachsenenqualifizierung durchgeführt wurde, und eine Fahrschule, in der die Bürger des Kreises die Fahrerlaubnis in allen Klassen erwerben konnten. Das alles verdeutlicht, dass im VEB KfL G. zwar auch Sachgüter produziert worden sind, insbesondere Fördergurte in der Gurtbandschweißerei im Betriebsteil Bismark. Dies lässt aber angesichts der vielfältigen anderen genannten Aufgaben nicht auf eine überwiegende Sachgüterproduktion schließen, zumal der Betrieb im Gründungsbericht eindeutig als ausschließlicher Reparaturbetrieb bezeichnet wurde.

Im Hinblick darauf fällt die Einordnung des VEB KfL G. im Statistischen Betriebsregister der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik (SZS, überliefert im Bundesarchiv unter der Sig. DE 2 MD/83; Auflösung der Schlüsselnummern: SZS Hrsg., Systematik der Volkswirtschaftszweige, Ausgabe 1985, überliefert im Bundesarchiv unter Sig. DE 2/4509) nicht entscheidend ins Gewicht. Zwar ist auch nach Auffassung des Senats die der Zuordnung für Zwecke der Planung und statistischen Abrechnung im Rahmen des Wirtschaftssystems der DDR dienende Eintragung eines Betriebes im Statistischen Betriebsregister ein Indiz für dessen Wirtschaftstätigkeit. Doch ist das Gepräge des Betriebes unter Berücksichtigung aller erreichbaren Beweismittel auf Grundlage der konkreten Wirtschaftstätigkeit zu ermitteln. Bei derart aussagekräftigen Beweismitteln wie dem vorliegenden Gründungsbericht tritt die Zuordnung im Statistischen Betriebsregister in den Hintergrund.

Der VEB KfL G. war auch kein den volkseigenen Produktionsbetrieben nach § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellter Betrieb, denn KfL sind dort nicht genannt. Insbesondere erfüllt der VEB KfL G. nicht den in der 2. DB genannten – sachlich hier nur in Betracht kommenden – Tatbestand einer "Maschinen-Ausleih-Station". Die Aufzählung des § 1 Abs. 2 der 2. DB ist abschließend und Analogien nicht zugänglich (BSG, Urt. v. 10.04.2002 – B 4 RA 34/01 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).

Das Recht der DDR unterschied zwischen MAS und volkseigenen Betrieben. Auch deshalb war überhaupt eine Gleichstellung der MAS mit den volkseigenen Betrieben notwendig. Ebenso unterschied das Recht der DDR zwischen MAS und KfL. Die MAS wurden zum 1. Januar 1951 in fünf Vereinigungen volkseigener Maschinen-Ausleih-Stationen (VVMAS) zusammengefasst (Verordnung über die Bildung von Vereinigungen volkseigener Maschinen-Ausleih-Stationen – VVMAS-VO – vom 14.12.1950, GBl. S. 1197). Die neu gebildeten VVMAS waren Anstalten des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 dieser Verordnung) und Rechtsträger der in ihr zusammengefassten MAS (Art. 1 Abs. 2 der Mustersatzung der VVMAS, ergangen als Erste Durchführungsbestimmung zur VVMAS-VO v. 23.12.1950, GBl. S. 1235). Sie waren in das Handelsregister nach den Bestimmungen der Anlage C zum SMAD-Befehl Nr. 76 (ZVOBl. 1948, 142/145) einzutragen (§ 4 Abs. 1 der 2. DB zur VVMAS-VO v. 23.12.1950, GBl. S. 1235).

Die Aufgaben der MAS bestanden in der Hilfeleistung für landwirtschaftliche Betriebe, in der Feldbestellung und Ernte durch Bereitstellung von Traktoren und Maschinen der MAS und durch mietweise Überlassung von Gespannmaschinen und Geräten, der Unterstützung zur Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung durch Verbreitung agrartechnischer Kenntnisse und fortschrittlicher praktischer Erfahrungen in der Landwirtschaft sowie in der Durchführung der kulturellen Aufklärung in der bäuerlichen Bevölkerung des durch die MAS betreuten Gebietes. Die Traktoren und landwirtschaftlichen Maschinen der MAS sollten in erster Linie den bedürftigen klein- und mittelbäuerlichen Betrieben dienen (vgl. Art. 2, 3 der Mustersatzung). Im Vordergrund der durch die MAS zu erbringenden Leistungen standen entgeltliche Maschinenarbeiten auf den landwirtschaftlichen Flächen von Bauern oder deren Vereinigungen im Zuständigkeitsbereich der MAS (vgl. §§ 1, 3 mit Anlage der 3. DB zur VVMAS-VO v. 23.12.1950, GBl. S. 1238).

Die Rechtsträger der MAS, die VVMAS, wurden mit Wirkung vom 15. Oktober 1952 aufgelöst (§ 1 Abs. 1 Anordnung des Ministeriums für Land- und Forstwirtschaft über die Reorganisation der ehemaligen VVMAS v. 03.03.1953, ZBl. S. 96). Mit der Auflösung entstanden Organisationseinheiten (oder wurden weiter betrieben), die Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) hießen oder Namen mit diesem Bestandteil führten (§ 5 der Anordnung). Bereits damit waren Einrichtungen der Landtechnik, die nach diesem Zeitpunkt betrieben wurden, keine unter dem Namen MAS gleichgestellte Einrichtungen im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB mehr.

Dies bestätigt aber auch die rechtliche Weiterentwicklung der Einrichtungen der Landtechnik. Mit Wirkung vom 16. Oktober 1952 erhielten die MTS und MTS-Lehrbetriebe nach § 4 der genannten Anordnung den rechtlichen Status volkseigener Einrichtungen.

Ebenso unterschieden sich die KfL in der Rechtsform von den MAS als Teil einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Die KfL wurden ab 1964 auf Grund der Richtlinie zur Bildung und zu den Aufgaben des Staatlichen Komitees für Landtechnik und materiell-technische Versorgung der Landwirtschaft und seiner Organe vom 30. Januar 1964 (Anlage zum Beschluss über die Richtlinie zur Bildung und zu den Aufgaben des Staatlichen Komitees für Landtechnik und materiell-technische Versorgung der Landwirtschaft und seiner Organe v. 30.01.1964, GBl. II S. 297) durch Zusammenlegung von MTS/RTS zu Kreisbetrieben für Landtechnik (Ziff. III. 9. der Richtlinie) gegründet, wobei sich ihre Rechtsnatur aus ihrer jeweiligen Eintragung als VEB ergibt.

Auch hinsichtlich ihrer Aufgaben unterschieden sich die ab 1964 gegründeten KfL grundlegend von den MAS. Sie waren nach Ziff. III. 11. der o.g. Richtlinie erst zu bilden, wenn die Technik der Maschinen weitgehend an die LPG´en übergeben war und deren Einsatz und Auslastung gesichert war. Sie verfügten also über keine eigenen Maschinen mehr, mit denen sie entgeltliche Maschinenarbeiten auf landwirtschaftlichen Flächen hätten durchführen können. Dementsprechend wurden in Ziff. III. 14. der o.g. Richtlinie folgende Aufgaben festgelegt: Einführung der neuen Technik und Propagierung neuer Technologien sowie Bedarfsermittlungen, Durchführung der landtechnischen Instandhaltung und der Ersatzteilversorgung über Versorgungs- und Konsignationslager, Durchführung von Maßnahmen zur verstärkten Mechanisierung der Innenwirtschaft der sozialistischen Landwirtschaftsbetriebe, Durchführung des Traktorenprüfdienstes, Mitarbeit bei der Bildung von Be- und Entladegemeinschaften und Durchführung von Spezialdiensten sowie Zwischenlagerung von Flüssigdünger und Treibstoff, spezielle Transporte u.a ... Die Tatsache, dass es am 30. Juni 1990 keine MAS mehr gab, führt nicht dazu, dass an ihrer Stelle nunmehr KfL als gleichgestellte Betriebe i.S. des § 1 Abs. 2 der 2. DB einzusetzen wären. Vielmehr ist in Bezug auf die MAS die Gleichstellungsnorm bereits am 30. Juni 1990 gegenstandslos gewesen (vgl. BSG, Urt. v. 07.09.2006 – B 4 RA 39/05 R, dokumentiert in Juris).

Ob der Kläger einen Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im Zeitraum vom 12. September 1972 bis zum 31. Dezember 1983 hätte haben können, insbesondere ob der Beschäftigungsbetrieb des Klägers während dieser Zeit Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt hat, war nach alledem nicht mehr zu prüfen.

Die Entscheidung wird auch nicht dadurch zu Gunsten des Klägers beeinflusst, dass die Beklagte möglicherweise in gleichgelagerten Fällen Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt hat. Selbst bei gleicher Sachlage könnte der Kläger sich nicht darauf berufen. Denn auf eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die Rechtsordnung nicht (BVerfG, Beschl. v. 17.01.1979 – 1 BvL 25/77– BVerfGE 50, 142, 166).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, wobei der Senat zu Gunsten des Klägers berücksichtigt hat, dass die Beklagte die Berufung zum Teil zurückgenommen hat.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, zumal er nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann.
Rechtskraft
Aus
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