Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 SB 3646/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 3838/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Klägerin der Grad der Behinderung (GdB) mit wenigstens 40 festzustellen ist.
Die 1947 geborene Klägerin beantragte am 23. Februar 2004 die Feststellung des GdB und machte als Gesundheitsstörung "Loch im Herz" geltend. Das frühere Versorgungsamt R. (VA) holte den Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. A. vom 7. März 2004 ein, der über einen Vorhofseptumdefekt (ASD) mit Li-Re-Shunt berichtete, der am 12. Januar 2004 mittels autologen Perikardflickens verschlossen wurde. Als Diagnosen gab Dr. A. neben einer Herzinsuffizienz ein intermittierendes Vorhofflattern, eine arterielle Hypertonie, eine Osteoporose sowie Angst- und Unruhezustände an. Das VA zog sodann von der A.-Sch.-Klinik in K., wo die Klägerin vom 21. Januar bis 18. Februar 2004 stationär behandelt worden war, den Entlassungsbericht vom 5. März 2004 bei. In der versorgungsärztlichen (v.ä.) Stellungnahme vom 17. April 2004 bewertete Dr. H.-H. an Gesundheitsstörungen einen operierten Herzfehler und Herzrhythmusstörungen mit einem GdB von 20. Gestützt hierauf stellte das VA den GdB bei der Klägerin mit Bescheid vom 4. Mai 2004 mit 20 seit 23. Februar 2004 fest. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch, ohne diesen zu begründen. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 5. November 2004 erhob die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage und machte geltend, die kardiologischen Gesundheitsstörungen rechtfertigten eine höhere Bewertung. Darüber hinaus lägen weitere Beeinträchtigungen vor, die unberücksichtigt geblieben seien (postoperativ rezidivierende absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern, geringer Perikarderguss des linken Ventrikels, psychische Labilität, psychovegetative Erschöpfung, messerstichartiges Ziehen in der Brust, Kurzatmigkeit mit Schwindel, insbesondere bei körperlicher Belastung, Blutdruckschwankungen mit Phasen des Hochdrucks und des Blutdruckabfalls, Krampfadern in den Beinen mit stechenden und ziehenden Schmerzen). Auch die von Dr. A. in seinem Befundbericht an das VA aufgeführten Diagnosen hätten keine Berücksichtigung gefunden. Zudem seien Rheumabeschwerden in den Fingern beider Hände ebenso unbeachtet geblieben wie die Alkoholproblematik, hinsichtlich derer zwischenzeitlich jedoch Abstinenz vorliege. Das von dem Beklagten unterbreitete Vergleichsangebot, den GdB mit 30 festzustellen, lehnte sie ab.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage seiner Verwaltungsakten und der v.ä. Stellungnahme des Dr. K. vom 29. Dezember 2005 zunächst unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Standpunktes entgegen. Nach Vorlage des vom SG veranlassten fachinternistischen Gutachtens legte er die v.ä. Stellungnahme der Dr. M. vom 24. Oktober 2007 vor und unterbreitete der Klägerin unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 30 für die kardiologischen Beeinträchtigungen und eines Teil-GdB von 10 für psychovegetative Störungen ein Vergleichsangebot dahingehend, dass der GdB ab 23. Februar 2004 mit 30 festgestellt werde.
Das SG hörte Dr. A. unter dem 16. Oktober 2005 und 23. April 2006 sowie die Fachärztin für Innere Medizin/Kardiologie Dr. B. unter dem 3. November 2005 schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. A. sah die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen vollständig erfasst und ausreichend bewertet. Die bis 1998 vorhanden gewesene Alkoholabhängigkeit sei nicht mehr nachzuweisen; laborchemisch nachweisbare Leberveränderungen bestünden nicht. Soweit die Klägerin von Seiten der kleinen Fingergelenke eingeschränkt sei, handle es sich um Heberden’sche Knötchchen, durch die sie leicht bei der Hausarbeit beeinträchtigt sei. Eine Höherbewertung des GdB sei hierdurch nicht gerechtfertigt. Dr. B. bewertete den GdB aus kardiologischer Sicht mit 20 und erachtete einen Gesamt-GdB von 30 unter Berücksichtigung der von der Klägerin geklagten bewegungsabhängigen Thoraxschmerzen, die allerdings orthopädisch zu begutachten seien, für möglich. Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erhob das SG das Gutachten des Priv.-Doz. Dr. S., Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin im Kreiskrankenhaus S., vom 9. Mai 2007. Dieser bewertete eine symptomatische Ruhetachykardie mit eingeschränkter Belastbarkeit mit einem Teil-GdB von 30 sowie eine arterielle Hypertonie und eine Angststörung mit ständigem Grübeln mit Teil-GdB-Werten von jeweils 10. Insgesamt erachtete er einen GdB von 40 für angemessen. Mit Urteil vom 25. Juni 2008 änderte das SG den Bescheid des Beklagten vom 4. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2004 sinngemäß ab und stellte den GdB ab 23. Februar 2004 mit 30 fest. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die kardiologischen Beeinträchtigungen seien mit einem GdB von 30, der arterielle Hypertonus sowie die psychovegetative Störung mit Teil-GdB-Werten von jeweils 10 angemessen bewertet. Hieraus rechtfertige sich insgesamt ein GdB von 30. Nachdem bei der Klägerin eine Alkoholabhängigkeit nicht mehr nachzuweisen sei und die frühere Abhängigkeit nicht zu körperlichen und/oder psychischen Schäden geführt habe, sei insoweit kein GdB zu berücksichtigen. Entsprechendes gelte für die Heberden’schen Knötchen", die nicht zu einer relevanten Funktionsbeeinträchtigung führten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des dem Bevollmächtigten der Klägerin am 12. Juli 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 11. August 2008 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, die kardiologische Erkrankung sei zu gering bewertet. Darüber hinaus seien zu Unrecht das Rheumaleiden, die Herberden’sche Arthrose der Fingergelenke, die Angststörungen, die schwer einstellbare arterielle Hypertonie, der deutlich erhöhte Ruhepuls, ihre Alkoholkrankheit mit körperlichen und psychischen Schäden sowie die psychoreaktiven Beschwerden nicht anerkannt worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Juni 2008 abzuändern und den Beklagten unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 4. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 8. Oktober 2004 zu verurteilen, den GdB zumindest mit 40 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Die Klägerin hat dagegen vorgebracht, sie habe ausreichend vorgetragen und Beweis angetreten. Der Beklagte hat sich nicht geäußert.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat den Beklagten zu Recht lediglich im Umfang des von ihm zuvor abgegebenen Vergleichsangebots verurteilt und die Klage, soweit die Klägerin einen GdB von mehr als 30 begehrt hat, abgewiesen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 4. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2004 war nur insoweit rechtswidrig, als der GdB statt mit 30 lediglich mit 20 bewertet worden war. Die aus den Gesundheitsstörungen der Klägerin resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigen jedoch keinen noch höheren GdB. Dies hat das SG zurecht entschieden.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass bei der Klägerin aus Teil-GdB-Werten von 30 für die kardiologische Situation und jeweils 10 für die arterielle Hypertonie einerseits und die psychovegetative Störung andererseits ein Gesamt-GdB von 30 zu bilden ist. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, ihre kardiologischen Beeinträchtigungen seien höher als mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten, vermag der Senat diese Auffassung nicht zu teilen. Der Senat folgt vielmehr der Einschätzung des Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. S., der ebenso wie die behandelnde Kardiologin Dr. B. für die kardiologischen Beeinträchtigungen einen Teil-GdB von 30 für angemessen erachtet hat. Dies steht im Übrigen auch mit den Bewertungsmaßstäben der vom Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten bis 31. Dezember 2008 angewandten "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)", Ausgabe 2008 (AHP) in Einklang. Auch die nunmehr heranzuziehenden, insoweit inhaltsgleichen "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG), die als Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2412) zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten sind, rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, das Rheumaleiden und die Heberden’sche Arthrose der Fingergelenke seien unberücksichtigt geblieben, ist das SG zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. S. sowie Dr. A. davon ausgegangen, dass die aus den Heberden’schen Knötchen der Fingergelenke resultierenden Beeinträchtigungen geringfügig sind und keine relevanten Funktionsbeeinträchtigungen bedingen, die mit einem Teil-GdB von 10 bewertet werden könnten. Ein Rheumaleiden liegt bei der Klägerin im Übrigen nicht vor. Insoweit hat Dr. A. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Nachweis einer akuten rheumatischen Aktivität nicht habe geführt werden können und daher bisher auch keine antirheumatische Therapie notwendig gewesen sei.
Zu Unrecht hat die Klägerin im Berufungsverfahren im Übrigen geltend gemacht, die bestehende Angststörung, die psychoreaktiven Beschwerden, die schwer einstellbare arterielle Hypertonie sowie der deutlich erhöhte Ruhepuls seien bei der Bemessung des GdB unberücksichtigt geblieben. Denn die Angststörung und die psychoreaktiven Beschwerden haben in Form der psychovegetativen Störungen durchaus Eingang in die Bewertung gefunden, wie einerseits der v.ä. Stellungnahme der Dr. M. vom 24. Oktober 2007 und andererseits den Entscheidungsgründen des SG in dem angefochtenen Urteil (Seite 7 oben) zu entnehmen ist. Auch die arterielle Hypertonie wurde, wie ebenfalls Seite 7 des angefochtenen Urteils zu entnehmen ist, mit einem Teil-GdB von 10 bewertet und ist damit nicht unberücksichtigt geblieben. Der erhöhte Ruhepuls hat im Übrigen im Rahmen der Beeinträchtigungen von Seiten des Herzens, die mit "Herzminderleistung, operierter Herzfehler, Herzrhythmusstörungen" bezeichnet wurden, Eingang in die Bewertung gefunden.
Nicht zu beanstanden ist ferner, dass eine Alkoholkrankheit mit körperlichen und psychischen Schäden bei der Bemessung des GdB keinen Eingang gefunden hat. Denn die Klägerin ist, wie Dr. A. ausgeführt hat, seit 1998 abstinent. Da körperliche bzw. psychische Folgeschäden hieraus nicht verblieben sind, ist auch kein Raum dafür, in dem in Rede stehenden Zeitraum ab 23. Februar 2004 aus einer Alkoholabhängigkeit resultierende Funktionsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen und zu bewerten.
Soweit das SG aus Teil-GdB-Werten von 30 sowie 10 und 10 lediglich einen Gesamt-GdB von 30 und nicht einem solchen von 40 gebildet hat, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Dabei dürfen die einzelnen Werte bei der Ermittlung des Gesamt-GdB nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Maßgebend sind vielmehr die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander (VG Teil A, Nr. 3 Buchst. a.) Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (VG Teil A, Nr. 3 Buchst. c.). Von Ausnahmefällen abgesehen, führen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (VG Teil A, Nr. 3 Buchst. d.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30. Da die Berufung nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen.
Die Kotenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Klägerin der Grad der Behinderung (GdB) mit wenigstens 40 festzustellen ist.
Die 1947 geborene Klägerin beantragte am 23. Februar 2004 die Feststellung des GdB und machte als Gesundheitsstörung "Loch im Herz" geltend. Das frühere Versorgungsamt R. (VA) holte den Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. A. vom 7. März 2004 ein, der über einen Vorhofseptumdefekt (ASD) mit Li-Re-Shunt berichtete, der am 12. Januar 2004 mittels autologen Perikardflickens verschlossen wurde. Als Diagnosen gab Dr. A. neben einer Herzinsuffizienz ein intermittierendes Vorhofflattern, eine arterielle Hypertonie, eine Osteoporose sowie Angst- und Unruhezustände an. Das VA zog sodann von der A.-Sch.-Klinik in K., wo die Klägerin vom 21. Januar bis 18. Februar 2004 stationär behandelt worden war, den Entlassungsbericht vom 5. März 2004 bei. In der versorgungsärztlichen (v.ä.) Stellungnahme vom 17. April 2004 bewertete Dr. H.-H. an Gesundheitsstörungen einen operierten Herzfehler und Herzrhythmusstörungen mit einem GdB von 20. Gestützt hierauf stellte das VA den GdB bei der Klägerin mit Bescheid vom 4. Mai 2004 mit 20 seit 23. Februar 2004 fest. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch, ohne diesen zu begründen. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 5. November 2004 erhob die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage und machte geltend, die kardiologischen Gesundheitsstörungen rechtfertigten eine höhere Bewertung. Darüber hinaus lägen weitere Beeinträchtigungen vor, die unberücksichtigt geblieben seien (postoperativ rezidivierende absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern, geringer Perikarderguss des linken Ventrikels, psychische Labilität, psychovegetative Erschöpfung, messerstichartiges Ziehen in der Brust, Kurzatmigkeit mit Schwindel, insbesondere bei körperlicher Belastung, Blutdruckschwankungen mit Phasen des Hochdrucks und des Blutdruckabfalls, Krampfadern in den Beinen mit stechenden und ziehenden Schmerzen). Auch die von Dr. A. in seinem Befundbericht an das VA aufgeführten Diagnosen hätten keine Berücksichtigung gefunden. Zudem seien Rheumabeschwerden in den Fingern beider Hände ebenso unbeachtet geblieben wie die Alkoholproblematik, hinsichtlich derer zwischenzeitlich jedoch Abstinenz vorliege. Das von dem Beklagten unterbreitete Vergleichsangebot, den GdB mit 30 festzustellen, lehnte sie ab.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage seiner Verwaltungsakten und der v.ä. Stellungnahme des Dr. K. vom 29. Dezember 2005 zunächst unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Standpunktes entgegen. Nach Vorlage des vom SG veranlassten fachinternistischen Gutachtens legte er die v.ä. Stellungnahme der Dr. M. vom 24. Oktober 2007 vor und unterbreitete der Klägerin unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 30 für die kardiologischen Beeinträchtigungen und eines Teil-GdB von 10 für psychovegetative Störungen ein Vergleichsangebot dahingehend, dass der GdB ab 23. Februar 2004 mit 30 festgestellt werde.
Das SG hörte Dr. A. unter dem 16. Oktober 2005 und 23. April 2006 sowie die Fachärztin für Innere Medizin/Kardiologie Dr. B. unter dem 3. November 2005 schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. A. sah die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen vollständig erfasst und ausreichend bewertet. Die bis 1998 vorhanden gewesene Alkoholabhängigkeit sei nicht mehr nachzuweisen; laborchemisch nachweisbare Leberveränderungen bestünden nicht. Soweit die Klägerin von Seiten der kleinen Fingergelenke eingeschränkt sei, handle es sich um Heberden’sche Knötchchen, durch die sie leicht bei der Hausarbeit beeinträchtigt sei. Eine Höherbewertung des GdB sei hierdurch nicht gerechtfertigt. Dr. B. bewertete den GdB aus kardiologischer Sicht mit 20 und erachtete einen Gesamt-GdB von 30 unter Berücksichtigung der von der Klägerin geklagten bewegungsabhängigen Thoraxschmerzen, die allerdings orthopädisch zu begutachten seien, für möglich. Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erhob das SG das Gutachten des Priv.-Doz. Dr. S., Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin im Kreiskrankenhaus S., vom 9. Mai 2007. Dieser bewertete eine symptomatische Ruhetachykardie mit eingeschränkter Belastbarkeit mit einem Teil-GdB von 30 sowie eine arterielle Hypertonie und eine Angststörung mit ständigem Grübeln mit Teil-GdB-Werten von jeweils 10. Insgesamt erachtete er einen GdB von 40 für angemessen. Mit Urteil vom 25. Juni 2008 änderte das SG den Bescheid des Beklagten vom 4. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2004 sinngemäß ab und stellte den GdB ab 23. Februar 2004 mit 30 fest. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die kardiologischen Beeinträchtigungen seien mit einem GdB von 30, der arterielle Hypertonus sowie die psychovegetative Störung mit Teil-GdB-Werten von jeweils 10 angemessen bewertet. Hieraus rechtfertige sich insgesamt ein GdB von 30. Nachdem bei der Klägerin eine Alkoholabhängigkeit nicht mehr nachzuweisen sei und die frühere Abhängigkeit nicht zu körperlichen und/oder psychischen Schäden geführt habe, sei insoweit kein GdB zu berücksichtigen. Entsprechendes gelte für die Heberden’schen Knötchen", die nicht zu einer relevanten Funktionsbeeinträchtigung führten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des dem Bevollmächtigten der Klägerin am 12. Juli 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 11. August 2008 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, die kardiologische Erkrankung sei zu gering bewertet. Darüber hinaus seien zu Unrecht das Rheumaleiden, die Herberden’sche Arthrose der Fingergelenke, die Angststörungen, die schwer einstellbare arterielle Hypertonie, der deutlich erhöhte Ruhepuls, ihre Alkoholkrankheit mit körperlichen und psychischen Schäden sowie die psychoreaktiven Beschwerden nicht anerkannt worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Juni 2008 abzuändern und den Beklagten unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 4. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 8. Oktober 2004 zu verurteilen, den GdB zumindest mit 40 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Die Klägerin hat dagegen vorgebracht, sie habe ausreichend vorgetragen und Beweis angetreten. Der Beklagte hat sich nicht geäußert.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat den Beklagten zu Recht lediglich im Umfang des von ihm zuvor abgegebenen Vergleichsangebots verurteilt und die Klage, soweit die Klägerin einen GdB von mehr als 30 begehrt hat, abgewiesen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 4. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2004 war nur insoweit rechtswidrig, als der GdB statt mit 30 lediglich mit 20 bewertet worden war. Die aus den Gesundheitsstörungen der Klägerin resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigen jedoch keinen noch höheren GdB. Dies hat das SG zurecht entschieden.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass bei der Klägerin aus Teil-GdB-Werten von 30 für die kardiologische Situation und jeweils 10 für die arterielle Hypertonie einerseits und die psychovegetative Störung andererseits ein Gesamt-GdB von 30 zu bilden ist. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, ihre kardiologischen Beeinträchtigungen seien höher als mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten, vermag der Senat diese Auffassung nicht zu teilen. Der Senat folgt vielmehr der Einschätzung des Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. S., der ebenso wie die behandelnde Kardiologin Dr. B. für die kardiologischen Beeinträchtigungen einen Teil-GdB von 30 für angemessen erachtet hat. Dies steht im Übrigen auch mit den Bewertungsmaßstäben der vom Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten bis 31. Dezember 2008 angewandten "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)", Ausgabe 2008 (AHP) in Einklang. Auch die nunmehr heranzuziehenden, insoweit inhaltsgleichen "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG), die als Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2412) zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten sind, rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, das Rheumaleiden und die Heberden’sche Arthrose der Fingergelenke seien unberücksichtigt geblieben, ist das SG zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. S. sowie Dr. A. davon ausgegangen, dass die aus den Heberden’schen Knötchen der Fingergelenke resultierenden Beeinträchtigungen geringfügig sind und keine relevanten Funktionsbeeinträchtigungen bedingen, die mit einem Teil-GdB von 10 bewertet werden könnten. Ein Rheumaleiden liegt bei der Klägerin im Übrigen nicht vor. Insoweit hat Dr. A. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Nachweis einer akuten rheumatischen Aktivität nicht habe geführt werden können und daher bisher auch keine antirheumatische Therapie notwendig gewesen sei.
Zu Unrecht hat die Klägerin im Berufungsverfahren im Übrigen geltend gemacht, die bestehende Angststörung, die psychoreaktiven Beschwerden, die schwer einstellbare arterielle Hypertonie sowie der deutlich erhöhte Ruhepuls seien bei der Bemessung des GdB unberücksichtigt geblieben. Denn die Angststörung und die psychoreaktiven Beschwerden haben in Form der psychovegetativen Störungen durchaus Eingang in die Bewertung gefunden, wie einerseits der v.ä. Stellungnahme der Dr. M. vom 24. Oktober 2007 und andererseits den Entscheidungsgründen des SG in dem angefochtenen Urteil (Seite 7 oben) zu entnehmen ist. Auch die arterielle Hypertonie wurde, wie ebenfalls Seite 7 des angefochtenen Urteils zu entnehmen ist, mit einem Teil-GdB von 10 bewertet und ist damit nicht unberücksichtigt geblieben. Der erhöhte Ruhepuls hat im Übrigen im Rahmen der Beeinträchtigungen von Seiten des Herzens, die mit "Herzminderleistung, operierter Herzfehler, Herzrhythmusstörungen" bezeichnet wurden, Eingang in die Bewertung gefunden.
Nicht zu beanstanden ist ferner, dass eine Alkoholkrankheit mit körperlichen und psychischen Schäden bei der Bemessung des GdB keinen Eingang gefunden hat. Denn die Klägerin ist, wie Dr. A. ausgeführt hat, seit 1998 abstinent. Da körperliche bzw. psychische Folgeschäden hieraus nicht verblieben sind, ist auch kein Raum dafür, in dem in Rede stehenden Zeitraum ab 23. Februar 2004 aus einer Alkoholabhängigkeit resultierende Funktionsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen und zu bewerten.
Soweit das SG aus Teil-GdB-Werten von 30 sowie 10 und 10 lediglich einen Gesamt-GdB von 30 und nicht einem solchen von 40 gebildet hat, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Dabei dürfen die einzelnen Werte bei der Ermittlung des Gesamt-GdB nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Maßgebend sind vielmehr die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander (VG Teil A, Nr. 3 Buchst. a.) Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (VG Teil A, Nr. 3 Buchst. c.). Von Ausnahmefällen abgesehen, führen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (VG Teil A, Nr. 3 Buchst. d.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30. Da die Berufung nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen.
Die Kotenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
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