L 13 EG 24/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 2 EG 35/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 EG 24/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 20.04.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtlichen Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Einkommensnachzahlung und eine Steuergutschrift nach Steuerklassenwechsel elterngeldsteigernd zu berücksichtigen sind.

Der am 00.00.1980 geborene Kläger war zunächst beim M NRW beschäftigt, im Juni 2007 zu einem Bruttogehalt von 2.756,81 EUR (1.612,13 EUR netto), im Juli 2007 (bis 15.07) zu einem Bruttogehalt von 440,36 EUR (264 EUR netto). Seit dem 16.07.2007 ist er als Staatsanwalt tätig, zunächst zu einem Grundgehalt von 3.093,94 EUR brutto monatlich, woraus sich bei der vom Kläger zu Beginn vorliegenden Steuerklasse I ein Nettoeinkommen von 2.393,03 EUR monatlich ergab. Am 14.03.2008 heiratete der Kläger und wechselte in die Steuerklasse III. Dem Kläger stand ab diesem Zeitpunkt ein Familienzuschlag in Höhe von 108,34 EUR brutto monatlich zu, den das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW (LBV) erstmals zum Juli 2008 anwies und hierbei den Zuschlag für die Vergangenheit (März bis Juni) in Höhe von insgesamt 421,12 EUR nachzahlte; ferner schrieb sie die für die Zeit vom 15.03. bis Juni zuviel einbehaltene Lohn- und Kirchensteuer sowie den Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 1.198,40 EUR gut.

Am 11.06.2008 wurde der Sohn P des Klägers geboren und der Kläger beantragte am 25.06.2008 bei der Beklagten die Gewährung von Elterngeld für den 5. bis 10. Lebensmonat. Mit Bescheid vom 08.07.2008 gewährte die Beklagte dem Kläger Elterngeld für den 5. bis 10. Lebensmonat (11.10.2008 bis 10.04.2009) in Höhe von 1.378,69 EUR je Lebensmonat. Der Kläger habe im maßgeblichen Bemessungszeitraum vor der Geburt seines Sohnes (Juni 2007 bis Mai 2008) im ersten bis dritten Monat kein Einkommen erzielt, im 4. Monat ein Nettoeinkommen unter Abzug der Werbungskostenpauschale von 6.162,02 EUR und im 5. bis 12. Monat ein solches in Höhe von 2.316,36 EUR. Hieraus ergebe sich ein monatliches Durchschnittseinkommen von 2.057,74 EUR. Das Elterngeld sei in Höhe von 67 % dieses Betrages zu gewähren.

Hiergegen erhob der Kläger telefonisch Widerspruch und wies auf das zunächst nicht angegebene Nettoeinkommen in den Monaten Juni und Juli 2007 hin. Zudem sei der Steuerklassenwechsel im März 2008 nicht berücksichtigt worden. Diesem Widerspruch half die Beklagte zum Teil mit Bescheid vom 09.08.2008 ab und gewährte nunmehr Elterngeld in Höhe von 1.475,65 EUR unter Berücksichtigung eines weiteren Nettoeinkommens unter Abzug der Werbungskostenpauschale (76,67 EUR) für den ersten Monat (Juni 2007) in Höhe von 1.549,24 EUR, für den zweiten Monat (Juli 2007) weitere 187,33 EUR, woraus sich ein Durchschnittseinkommen von 2.202.46 EUR ergab. Der Kläger hielt seinen Widerspruch schriftlich aufrecht und führte ergänzend aus, im Bemessungszeitraum sei für die Monate 9 bis 12 ein zu niedriges Nettoeinkommen berücksichtigt worden. Die Beklagte habe den zum 14.03.2008 wirksam gewordenen Steuerklassenwechsel, der vom LBV erst im Juli unter Erstattung der zuviel gezahlten Steuern umgesetzt worden sei, nicht elterngeldsteigernd berücksichtigt, gleiches gelte auch für den Familienzuschlag.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2008 zurück. Der nachgezahlte Familienzuschlag sowie die Steuergutschriften könnten nicht elterngeldsteigernd berücksichtigt werden, da der Dienstherr des Klägers diese nicht während des Bemessungszeitraums, also in den 12 Monaten vor dem Geburtsmonat, gezahlt habe, sondern erst danach.

Mit seiner am 19.11.2008 vor dem Sozialgericht Münster erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er hat vertiefend ausgeführt, dass die Verzögerungen bei der Umsetzung des Steuerklassenwechsels und der Auszahlung des Familienzuschlages durch das LBV nicht zu seinen Lasten gehen dürfen. Steuerklassenwechsel und Familienzuschlag seien elterngeldsteigernd zu berücksichtigen. Im Bemessungszeitraum seien für den 10. Monat (11.03. bis 10.04.2008) 2.669,13 zu berücksichtigen, für den 11. und 12. Monat jeweils 2.723,33 EUR (statt 2.316,36 EUR). Daraus ergebe sich ein Durchschnittseinkommen von 2.299,81 EUR und ein Elterngeldanspruch von 1.540,79 EUR.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass für die Höhe des Elterngeldes das im Bemessungszeitraum erzielte Einkommen sowie die abgeführten Steuern maßgeblich seien. Insoweit sei auf die vom Arbeitgeber in diesem Zeitraum ausgestellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen abzustellen. Nachträglich umgesetzte Änderungen seien unbeachtlich.

Mit Urteil vom 20.04.2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Das Elterngeld sei nach dem im Bemessungszeitraum erzielten monatlichen Einkommen zu bestimmen. Erzielt sei das Einkommen erst dann, wenn es auch tatsächlich (im Bemessungszeitraum) zugeflossen sei. Hierfür spreche zunächst ein Vergleich mit anderen gesetzlichen Regelungen. Die Berechnung des Elterngeldes orientiere sich an der Bemessung des Arbeitslosengeldes, das auch nach dem erzielten Arbeitsentgelt festgesetzt werde. Hierbei regele § 131 Abs. 1 S. 2 Drittes Sozialgesetzbuch (SGB III) für das Arbeitslosengeld, wann Arbeitsentgelt als erzielt gelte. Danach müsse das Arbeitsentgelt entweder zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sein. Das letztgenannter Fall für das Elterngeld nicht geregelt sei spreche dafür, dass nur tatsächlich im Bemessungszeitraum zugeflossenes Einkommen zu berücksichtigen sei. Hierfür spreche ferner das Interesse der Betroffenen an einer zeitnahen Entscheidung über das Elterngeld. Dieses solle die wirtschaftliche Situation der Familie in der Zeit nach der Geburt sichern und deswegen sei für die Berechnung aus Beschleunigungsgründen bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auf die Angaben in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen zurückzugreifen, die gerade nicht die steuerliche Belastung der Einkünfte bezogen auf das Kalenderjahr in jedem Fall zutreffend wiedergäben, insbesondere dann, wenn in einem langwierigen arbeitsgerichtlichen Verfahren über die Auszahlung von Arbeitsentgelt gestritten werde. Die Berücksichtigung des nach der Geburt des Kindes zugeflossenen Erwerbseinkommens stünde im Gegensatz zu dem Grundsatz, dass die aktuelle wirtschaftliche Situation der Eltern vor der Geburt des Kindes für die Höhe des Elterngeldes ausschlaggebend sei.

Gegen das am 24.04.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.05.2009 Berufung eingelegt. Soweit das angefochtene Urteil bei der Elterngeldberechnung nur auf tatsächlich im Bemessungszeitraum zugeflossenes Einkommen abstelle und hierbei mit dem Fehlen einer Fiktionsregelung wie in § 131 Abs. 1 S. 2 SGB III argumentiere, überzeuge das nicht. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber Elterngeldbezieher habe schlechter stellen wollen als Arbeitslosengeldbezieher, vielmehr liege eine Regelungslücke vor. Zudem überzeuge es nicht, auf offensichtlich fehlerhafte Lohnbescheinigungen abzustellen. Die Lohnbescheinigungen seien hier offensichtlich fehlerhaft, weil die Beklagte habe erkennen können, dass die Lohnsteuerklasse I nach der Heirat falsch gewesen sei. Der Begriff "erzieltes Einkommen" sei teleologisch auszulegen. Hierbei sei der vom Gesetzgeber gewünschten Besserstellung junger Familien der Vorrang vor der Verwaltungsvereinfachung zu geben. Andernfalls hätte sich der Gesetzgeber auch nicht für die taggenaue Ausrechnung des erzielten Einkommens entschieden. Dass das Zuflussprinzip nicht ausnahmslos gelte zeige auch ein Vergleich zum Lohnsteuerklassenwechsel. Beurteile die Beklagte diesen als nicht sachgerecht so berechne sie das Elterngeld fiktiv nach dem Einkommen unter Zugrundelegung der alten Lohnsteuerklasse.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 20.04.2009 aufzuheben und die Bescheide vom 08.07.2008 und 09.08.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, das Elterngeld für die Zeit vom 11.10.2008 bis 10.04.2009 unter Berücksichtigung der im Juli erfolgten Nachzahlungen für die Zeit vom 15.03.2008 bis 31.05.2008 neu zu berechnen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, es liege keine Regelungslücke vor. Der Gesetzgeber habe vielmehr klar und differenziert geregelt, dass nur im Bemessungszeitraum erzieltes Einkommen und die in diesem Zeitraum abgeführten Steuern für die Elterngeldberechnung maßgeblich seien und zwar auf Grundlage der vom Arbeitgeber ausgestellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen. Diese seien hier für die Beklagte auch nicht offensichtlich fehlerhaft.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers und seiner Bevollmächtigten verhandeln und entscheiden, weil in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist und Anlass zur Vertagung nicht bestanden hat, § 110 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die angefochtenen Bescheide nicht rechtswidrig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld. Die Beklagte hat das Elterngeld nach der für die Höhe des Elterngeldes maßgeblichen Regelung in § 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) richtig bestimmt; sie hat insbesondere zu Recht den erst nach Ablauf des Bemessungszeitraums zugeflossenen Familienzuschlag (dazu: 1) sowie die in diesem Zeitpunkt vorgenommene Steuergutschrift (dazu: 2) nicht elterngeldsteigernd berücksichtigt. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Bei - dem auch hier streitbefangenen - Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit sind ferner die Berechnungsmodalitäten aus § 2 Abs. 7 BEEG zu beachten. Nach § 2 Abs. 7 Satz 1 BEEG sind vom Einkommen u.a. die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern in Abzug zu bringen; hierbei gelten nach § 2 Abs. 7 Satz 3 BEEG als auf die Einnahmen entfallende Steuern die abgeführte Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer.

1. Dies berücksichtigend scheidet zunächst eine elterngeldsteigernde Berücksichtigung des im Juli 2008 und damit nach Ablauf des Bemessungszeitraums nachgezahlten Familienzuschlages für die Monate März bis Mai 2009 in Höhe von insgesamt 315,84 EUR brutto aus. Der Kläger hat dieses Einkommen nicht im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG in den letzten zwölf Monaten vor dem Geburtsmonat erzielt. Erzielt ist Einkommen im vorgenannten Bemessungszeitraum nur, wenn es in dieser Zeit auch tatsächlich zugeflossen ist. Für die Einkommenserzielung genügt es hingegen nicht, lediglich den Anspruch auf Auszahlung des Einkommens erarbeitet zu haben. Für dieses Auslegungsergebnis sprechen sowohl die Entstehungsgeschichte als auch systematische Erwägungen, während der Wortlaut eine Interpretation in beide Richtungen zulässt. "Erzielen" enthält sowohl Elemente des Erlangens als auch des Erwirtschaftens, ohne eine Aussage zu treffen, zu welchem Zeitpunkt dies erfolgt sein muss (für § 112 Abs. 3 S. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), der auch auf die Einkommenserzielung im Bemessungszeitraum abstellt: Bundessozialgericht - BSG - , Urteil vom 28.06.1995 - 7 RAr 102/94).

a) Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich aber, dass Einkommen nur dann (im Bemessungszeitraum) erzielt worden ist, wenn es auch tatsächlich zugeflossen ist. Der Gesetzgeber wollte bei der Elterngeldgewährung das Einkommen berücksichtigt wissen, das der anspruchsberechtigten Person zuletzt tatsächlich monatlich zur Verfügung gestanden hat und das nun wegen der Unterbrechung oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit nicht mehr zur Verfügung steht (BT-Drucks. 16/1889 S. 21). Ferner soll für die Berechnung des Elterngeldes das Nettoeinkommen in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes herangezogen werden, weil dieser Zeitraum die durchschnittlichen Verhältnisse im Jahr vor der Geburt am besten abbildet (BT-Drucks. 16/1889, S. 20). Wenn Einkommen aber nicht im vorgenannten Zeitraum zur Auszahlung gekommen ist, dann hat es auch nicht die durchschnittlichen Verhältnisse im Jahr vor der Geburt geprägt und ist insofern nicht durch das Elterngeld zum Teil zu ersetzen; nur zu beanspruchendes aber nicht zugeflossenes Einkommen hat tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden.

Aus der Entstehungsgeschichte des Elterngeldes lässt sich ferner für das Zuflussprinzip anführen, dass der Gesetzgeber ursprünglich beabsichtigt hat, die Einnahmen aus Erwerbstätigkeit - bis zum Erlass einer eigenen Rechtsverordnung - unter entsprechender Anwendung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (in der Fassung vom 22.08.2005) zu ermitteln (§ 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG-Entwurf vom 20.06.2006, BT-Drucks. a.a.O S. 5 und 21). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der vorgenannten Verordnung waren bei der Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit laufende Einnahmen in dem Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Die Bezugnahme auf die Einkommensermittlung bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat der Gesetzgeber zwar später aufgegeben, aber auch die jetzt Gesetz gewordene Einkommensermittlung nach den Grundsätzen des Einkommenssteuerrechts (BRat-Drucks. 426/06 S. 1 f.; BT-Drucks. 16/2785 S. 43 f.) spricht für die Geltung des Zuflussprinzips. Im Steuerrecht wird die Einkünfteerzielung in einen Erwerbstatbestand und einen Erwerbserfolg aufgegliedert und nur derjenige verwirklicht den Tatbestand der Einkünfteerzielung, der beide Voraussetzungen herbeiführt (Blümich-Ratschow, EStG, KStG und GewStG, 102. Auflage, § 2 EStG Rn. 56).

b) Auch systematische Erwägungen führen zu diesem Auslegungsergebnis. Wenn § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG das Einkommen aus Erwerbstätigkeit als die Summe der positiven Einkünfte definiert, so spricht das dafür, dass der Zufluss vorausgesetzt wird, weil es andernfalls an positiven Einkünften fehlt. Dann aber wird die Voraussetzung der Erzielung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum in § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG nur beim Zufluss der Einkünfte im vorgenannten Zeitraum erfüllt.

Ferner spricht hierfür, dass nach § 2 Abs. 7 S. 4 BEEG Grundlage für die Feststellung des Einkommens die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen sind, die - wie das Sozialgericht zu Recht ausführt - in der Regel keine Aussagen über nachzuzahlendes Einkommen enthalten.

Auch ein Vergleich zum Einkommen aus selbständiger Arbeit spricht dafür. Denn hier wird nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 8 BEEG auf den Gewinn im Bemessungszeitraum abgestellt. Ein Gewinn setzt - zumindest für die Ermittlung durch Überschussrechnung - den Zufluss des Geldes voraus (Schmidt-Heinicke, EStG, 28. Auflage, § 4 Rn. 370 ff.). Schließlich ist dem Gesetzgeber die Fragestellung, ob sich nachgezahltes Arbeitsentgelt auf die Höhe der Sozialleistung auswirkt, aus anderen Bereichen bekannt. Insbesondere im Recht der Arbeitsförderung wird nach § 131 Abs. 1 Satz 2 SGB III bei der Ermittlung des für die Höhe des Arbeitslosengeldes entscheidenden Bemessungsentgeltes fingiert, dass Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, als erzielt gelten, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind. Im Unfallversicherungsrecht hat der Gesetzgeber in § 82 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII) für die Höhe der Leistung darauf abgestellt, dass das Arbeitsentgelt im Jahr vor Eintritt des Versicherungsfalls verdient worden ist (Jahresarbeitsverdienst); ob es auch tatsächlich gezahlt worden ist, spielt hingegen keine Rolle (Kasseler Kommentar-Ricke, § 82 SGB VII Rn. 5). In anderen Leistungsbereichen hat der Gesetzgeber hingegen solche Regelungen nicht getroffen, z.B. bei der Bemessung des Krankengeldes nach § 47 Fünftes Sozialgesetzbuch ((SGB V)). Mit dem Sozialgericht und entgegen der Auffassung des Klägers spricht dies dafür, dass der Gesetzgeber beim Elterngeld bewusst darauf verzichtet hat, außerhalb des Bemessungszeitraums nachgezahltes Arbeitsentgelt bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen und es beim tatsächlich im Bemessungszeitraum gezahlten Einkommen zu belassen (ähnlich für die tatsächlich innegehabte Steuerklasse nach Lohnsteuerklassenwechsel: BSG, Urteile vom 25.06.2009 - B 10 EG 3/08 R und B 10 EG 4/08 R; a.A.: SG Aachen, Urteil vom 23.09.2008 - S 13 EG 10/08).

c) Dieses Auslegungsergebnis hält auch einer verfassungsrechtlichen Überprüfung stand. Zunächst gebietet es das Verfassungsrecht nicht, den in § 2 BEEG normierten Zuflussgrundsatz zu modifizieren. Das Bundessozialgericht hat diesen Weg für das Arbeitslosen-, Unterhalts- und Krankengeld beschritten und bei der Bemessung der vorgenannten Leistungen im Wege der verfassungskonformen Auslegung auch das Einkommen berücksichtigt, das dem Versicherten für den maßgeblichen Bemessungszeitraum bei Annahmeverzug des Arbeitgebers zur nachträglichen Vertragserfüllung zugeflossen ist (BSG, Urteil vom 28.06.1995 - 7 RAr 102/94 für das Unterhaltsgeld; Urteil vom 21.03.1996 - 11 RAr 101/94 für das Arbeitslosengeld und Urteil vom 16.02.2005 - B 1 KR 19/03 R für das Krankengeld); diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber inzwischen für das Arbeitslosengeld - wie zuvor dargestellt - aufgegriffen. Nach dieser Rechtsprechung ist der eigentlich vom Gesetz bei der Einkommenserzielung vorgesehene Zuflussgrundsatz verfassungskonform im Lichte von Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in dem Sinne auszulegen, dass auch nachgezahltes Arbeitsentgelt die Leistung erhöht. Andernfalls käme es zu Äquivalenzabweichungen bei Versichertengruppen mit gleicher Beitragsleistung, für die kein hinreichender sachlicher Grund ersichtlich sei. Insoweit sei die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur nach Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen Berücksichtigung von Einmalzahlungen in der Arbeitlosenversicherung einschlägig (BVerfG, Beschluss vom 11.01.1995 - 1 BvR 892/88). Diese Überlegungen lassen sich von vornherein nicht auf das Elterngeld übertragen, weil hier mangels Beitragsleistung keine Äquivalenzabweichungen zu besorgen sind (a.A.: SG Aachen, Urteil vom 23.09.2008 - S 13 EG 10/08). So hat das Bundesverfassungsgericht auch die Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung der Arbeitslosenhilfe für verfassungsmäßig erachtet und hierbei klargestellt, dass die vorgenannten Überlegungen zum Erfordernis des gleichen Erfolgswertes von Beiträgen nicht greifen, weil die Arbeitslosenhilfe nicht beitragsfinanziert ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.09.2005 - 1 BvR 1773/03).

Es ist ferner aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Mutterschaftsgeld auf das Elterngeld zu übertragen (u.a. Urteil vom 06.04.1994 - 5 AZR 501/93). Soweit das BAG argumentiert, nachgezahltes Arbeitsentgelt müsse den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld erhöhen, da die maßgebliche gesetzliche Grundlage (§ 14 Mutterschutzgesetz) bezwecke, schwangere Frauen während der Schutzfristen vor Nachteilen in Bezug auf ihre wirtschaftliche Situation zu bewahren, bleibt der Zweck des Elterngeldes dahinter zurück, weil (nur) die Unterstützung der kinderbetreuenden Eltern bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage beabsichtigt ist (BT-Drucks. 16/1889 S. 2). Es handelt sich zudem um unterschiedliche Leistungen. Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ist vom Arbeitgeber zu tragen, während das Elterngeld allein steuerfinanziert ist.

Es ist auch im Übrigen kein Verstoß gegen die Verfassung zu besorgen. In Betracht kommt allein ein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Ein solcher liegt aber nicht vor. Denn die Ungleichbehandlung derjenigen, deren Einkommen bereits im Bemessungszeitraum zur Auszahlung gekommen ist, im Vergleich zu denjenigen, deren Einkommen zunächst vom Arbeitgeber vorenthalten und erst nach Ablauf des Bemessungszeitraums gezahlt worden ist, ist gerechtfertigt. Vor dem Hintergrund des weiten Gestaltungsspielraum, den der Gesetzgeber bei steuerfinanzierten Sozialleistungen hat (zur Arbeitslosenhilfe: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.09.2005 - 1 BvR 1773/03), gibt es ausreichende sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung, hinter denen die auch vom Kläger angeführten "Gerechtigkeitsgesichtspunkte" zurücktreten, die v.a. darin bestehen, dass der Betroffene keinen Einfluss darauf hat, ob sich sein Arbeitgeber vertragskonform verhält oder ob er Änderungen - wie hier dem Anspruch auf den Familienzuschlag - zeitnah Rechnung trägt. Maßgeblich lässt sich zunächst mit dem Sozialgericht die bereits oben wiedergegebene Gesetzesbegründung anführen. Das Elterngeld soll das Erwerbseinkommen zum Teil ersetzen, das der Familie im Jahr vor der Geburt tatsächlich zur Verfügung gestanden hat. Deswegen soll für die Berechnung des Elterngeldes das Nettoeinkommen in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes herangezogen werden, weil dieser Zeitraum die durchschnittlichen Verhältnisse im Jahr vor der Geburt am besten abbildet (BT-Drcks. 16/1889, S. 20). Wenn Einkommen aber nicht im vorgenannten Zeitraum zur Auszahlung gekommen ist, dann hat es auch nicht die durchschnittlichen Verhältnisse im Jahr vor der Geburt geprägt, es hat tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden. Abgesehen hiervon lassen sich Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen einer Massenverwaltung anführen, insbesondere wenn - anders als hier - im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht feststeht, ob eine Nachzahlung erfolgt, oder nicht ohne weiteres erkennbar ist, in welcher Höhe die Nachzahlung für den Bemessungszeitraum oder andere Zeiträume erfolgt ist (so der dem Urteil des Senats vom 26.08.2009 - L 13 EG 5/09 - zu Grunde liegende Sachverhalt). Ferner liegt eine durch die typisierende Regelung geförderte beschleunigte Feststellung der Leistung im Interesse aller Elterngeldberechtigten und trägt dazu bei, den Gesetzeszweck zu verwirklichen; denn nur ein zeitnah gewährtes Elterngeld ist geeignet, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (BT-Drucks. 16/1889 S. 2). Den letztgenannten Gesichtspunkten der Verwaltungspraktikabilität und Beschleunigung hat das BSG bei der Krankengeldberechnung zwar mit dem Argument keine Bedeutung beigemessen, dass sie für alle Sozialleistungen gelten (BSG, Urteil vom 16.02.2005 - B 1 KR 19/03 R). Diese Ausführungen sind aber im Lichte des strengeren Prüfungsmaßstabes der Beitragsäquivalenz zu sehen, der bei der hier in Rede stehenden steuerfinanzierten Leistung nicht gilt.

2. Der Kläger hat ferner keinen Anspruch auf elterngeldsteigerende Berücksichtigung der nach Ablauf des Bemessungszeitraums erfolgten Steuergutschrift. Das vorbeschriebene Auslegungsergebnis gilt spiegelbildlich auch für die nach § 2 Abs. 7 Satz 1, 3 BEEG von den (Brutto-)Einkünften abzuziehenden Steuern. Auch hiermit sind nur die Steuern gemeint, die tatsächlich im Bemessungszeitraum gezahlt worden sind und nicht die, die man hätte zahlen müssen. Dafür spricht zunächst entscheidend der Wortlaut, weil "abführen" u.a. "abgeben", "zahlen" meint, z.B. – wie hier- die tatsächliche Zahlung von Steuern und Beiträgen (für die tatsächlich abgeführte Lohnsteuer nach Steuerklassenwechsel auch: BSG, Urteile vom 25.06.2009 - B 10 EG 3/08 R und B 10 EG 4/08 R). Hiergegen lässt sich auch nicht einwenden, dass § 2 Abs. 7 Satz 1 und 3 BEEG keine zeitliche Zuordnung für die Abführung der Steuern enthält. Dass es auf die im Bemessungszeitraum tatsächlich gezahlten Steuern ankommt ergibt sich daraus, dass Ausgangspunkt für den Steuerabzug ebenfalls § 2 Abs. 1 BEEG mit den dort festgelegten Begrifflichkeiten ist, nach welchem Einkommen das Elterngeld zu bemessen ist (Einkommen, das im Bemessungszeitraum erzielt worden ist, wobei bei nicht selbständiger Arbeit die positiven Einkünfte nach Maßgabe von § 2 Abs. 7 BEEG zu berücksichtigen sind, also auch unter Abzug der abgeführten Steuern).

Andernfalls käme man auch zu sinnwidrigen Ergebnissen. Zu berücksichtigendes Brutto-Einkommen und hiervon in Abzug zu bringende Steuern könnten auseinanderfallen, auch zum Nachteil der Elterngeldberechtigten, z.B. wenn - wie hier beim Familienzuschlag - Einkommen nach dem Bemessungszeitraum nachgezahlt und versteuert wird. Das nachgezahlte Einkommen wäre nach dem obigen Auslegungsergebnis nicht zu berücksichtigen, die hierauf zu zahlenden Steuern müssen konsequenterweise auch ohne Berücksichtigung bleiben.

Hiergegen spricht auch nicht das Argument des Klägers zur fiktiven Besteuerung bei "rechtsmissbräuchlichem" Lohnsteuerklassenwechsel. Dieses Argument verfängt nicht mehr, weil diese Verwaltungspraxis nach der Rechtsprechung unzulässig ist (BSG, a.a.O.).

Nach allem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Der Senat hat den hier zu entscheidenden Fragen grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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