L 8 R 236/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 2 R 206/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 236/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.10.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die ungekürzte Zahlung ihrer Witwenrente und wendet sich gegen die Rückforderung von 2.426,93 EUR.

Der verstorbene Versicherte II1, Ehemann der Klägerin, betrieb einen Kfz-Handels- und Werkstattbetrieb. Nach seinem Tod führte die Klägerin den Betrieb kurze Zeit weiter und verpachtete ihn sodann. Die Klägerin hat steuerrechtlich nicht die Betriebsaufgabe erklärt. Steuerrechtlich wurden die Einnahmen vom Finanzamt C als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt (Bescheide des Finanzamtes C über Einkommensteuer - ESt-, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für 2001 bis 2004).

Mit Bescheid vom 31.1.1991 gewährte die Beklagte der Klägerin Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes.

Unter dem 24.10.2005 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass der bisherige Pachtvertrag von der Pächterin zum 31.12.2005 gekündigt bzw. nicht verlängert worden sei. Eine Neuvermietung zum 1.1.2006 werde nicht möglich sein. Sie bat um Neuberechnung ihrer Witwenrente und entsprechende Auszahlung ab 1.1.2006.

Nachdem sie die Einkommensteuerbescheide (ESt-Bescheide) für 2001 bis 2004 übersandt hatte, berechnete die Beklagte die Hinterbliebenenrente mit Bescheid vom 30.1.2006 mit Wirkung ab dem 1.7.2002 neu. Für den Zeitraum ab 1.7.2002 bis 31.12.2005 ergab sich keine Änderung gegenüber der bisherigen Berechnung. Da die Rente ab dem 1.1.2006 nicht mehr mit Einkommen zusammen traf, wurde sie ab diesem Zeitpunkt ungekürzt iHv 220,63 EUR gewährt.

Mit Schreiben vom 8.3.2006 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ab dem 1.3.2006 wieder Mieteinnahmen habe. Am 17.7.2006 brachte die Klägerin, wie von der Beklagten erbeten, den ESt-Bescheid für 2005 sowie eine Kopie des Mietvertrages zwischen ihr und der M-gesellschaft mbH vom 8.11.2005 bei. Das Mietverhältnis begann am 1.3.2006. Der ESt-Bescheid für 2005 wies Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 44.188,00 EUR aus. In der Folgezeit erfolgte keine Änderung der steuerrechtlichen Einordnung der Einkünfte aus dem vorgenannten Mietvertrag. Diese wurden von der Finanzbehörde steuerlich weiterhin als Einkünfte aus Gewerbebetrieb verhandelt.

Mit Bescheid vom 27.12.2006 berechnete die Beklagte die Hinterbliebenenrente mit Wirkung ab dem 1.3.2006 neu und stellte für den Zeitraum vom 1.3.2006 bis 31.1.2007 eine Überzahlung von 2.426,93 EUR fest, da die Rente wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens nicht zu zahlen sei. Dieser Betrag sei zu erstatten.

Mit Schreiben vom 13.12.2006 teilte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund der Beklagten mit, dass der Klägerin mit Bescheid vom 13.12.2006 eine Altersrente für Frauen mit Wirkung ab dem 1.11.2006 iHv 581,01 EUR brutto/525,81 EUR netto bewilligt worden sei, die als Vollrente geleistet werde.

Mit Schreiben vom 3.1.2007 hörte die Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Aufhebung des Rentenbescheides vom 31.1.1991 über die Bewilligung von Hinterbliebenenrente für die Zeit ab dem 1.3.2006 gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 97 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hinsichtlich der Rentenhöhe und der beabsichtigten Rückforderung der Überzahlung iHv 2.426,93 EUR nach § 50 SGB X an.

Mit Bescheid vom 7.2.2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 31.1.1991 über die Bewilligung von Hinterbliebenenrente für die Zeit ab dem 1.3.2006 gem. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 3 SGB X in Verbindung mit § 97 SGB VI hinsichtlich der Rentenhöhe auf und forderte den überzahlten Betrag in Höhe von 2.426,93 EUR nach § 50 SGB X zurück.

Am 21.2.2007 beantragte die Klägerin die generelle Überprüfung des Witwenrentenanspruchs bezüglich der Einkommensanrechnung. Seit 1993 sei sie nicht mehr selbständig tätig. Bis Ende 1992 habe sie den Betrieb ihres verstorbenen Ehemannes übernommen, seit 1993 sei der Betrieb verpachtet, sodass sie somit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung habe, die ihr im alten Hinterbliebenenrecht nicht zur Anrechnung kommen dürften. Im Steuerbescheid tauchten die Einkünfte auch als Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf und nicht als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Mit Bescheid vom 26.2.2007 "berechnete" die Beklagte die Hinterbliebenenrente der Klägerin mit Wirkung ab dem 1.11.2006 wegen des Bezugs der Altersrente von der DRV Bund "neu". Die "Neuberechnung" führte nicht zu einer Änderung, da der zusätzlich berücksichtigte Altersrentenbezug das anzurechnende Einkommen erhöhte, das vorher auch schon dazu geführt hatte, dass die Witwenenrente nicht auszuzahlen war.

Unter dem 28.2.2007 überreichte die Klägerin eine Stellungnahme ihres Steuerberaters und bat erneut um Überprüfung ihres Anspruchs auf Witwenrente ab 1993. In der überreichten Stellungnahme führte der Steuerberater aus, dass die Qualifizierung der Verpachtungseinnahmen der Klägerin als gewerbliche Einkünfte ausschließlich aus steuerlicher Sicht erfolge. Dies sei darin begründet, dass aus steuerlichen Gründen keine Betriebsaufgabe erklärt worden sei. Dass es sich ausschließlich um eine steuerliche Qualifikation der Einkünfte handele, werde dadurch dokumentiert, dass die "gewerblichen Einkünfte" der Klägerin auch nicht der Gewerbesteuer unterlägen. Im Abschnitt 11 der Gewerbesteuerrichtlinien (GewStR) werde hierzu ausgeführt:

"Die Verpachtung eines Gewerbebetriebes im Ganzen ist grundsätzlich nicht als Gewerbebetrieb anzusehen und unterliegt daher regelmäßig nicht der Gewerbesteuer. Die Pachteinnahmen gehören zwar, solange der Verpächter nicht die Betriebsaufgabe erklärt, einkommensteuerlich zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, sie unterliegen jedoch nicht mehr der Gewerbesteuer."

Mit Schreiben vom 15.3.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die bei ihrer Witwenrente durchgeführte Einkommensanrechnung gem. § 97 SGB VI sei korrekt durchgeführt worden. Sowohl bei einem teilweise als auch bei einem vollständig verpachteten Betrieb seien die erzielten Pachtzinsen als Arbeitseinkommen iSd § 18a Abs. 2a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) zu berücksichtigen, wenn sie steuerrechtlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt würden. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, die nicht von § 21 Einkommensteuergesetz (EStG) erfasst würden, weil sie nach § 21 Abs. 3 EStG vorrangig einer anderen Einkommensart (u. a. Gewinne aus Gewerbebetrieb) zuzuordnen seien, stellten kein Vermögens-, sondern Arbeitseinkommen dar; maßgebend sei daher die steuerliche Behandlung durch die Finanzverwaltung. Die vorliegenden Steuerbescheide der letzten Jahre bescheinigten ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Daher seien diese Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Arbeitseinkommen anzusehen und entsprechend bei der Einkommensanrechnung bei ihrer Witwenrente zu berücksichtigen.

Am 16.3.2007 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 26.2.2007 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, dass die Frage, ob es zu einer Anrechnung der Mieteinnahmen komme, nicht allein davon abhängig gemacht werden könne, ob zu Beginn der Vermietung eine Aufgabe des Gewerbebetriebs erklärt worden sei oder nicht. Die Motivation, eine Aufgabeerklärung des Gewerbebetries abzugeben oder zu unterlassen, folge aus rein steuerrechtlichen, nicht aus sozialversicherungsrechtlichen Erwägungen. Die Einordnung der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb erfolge aus steuerrechtlicher Sicht nur deshalb, da eine Einordnung in eine der Einkunftsarten bekanntermaßen zwingend erfolgen müsse und die Einordnungsmöglichkeit zu einer anderen Einkunftsart nicht gegeben sei. Diesem zufälligen Moment trage das Steuerrecht durchaus Rechnung, in dem zwischen "normalen" Einkünften aus Gewerbebetrieb und solchen, die nur daraus entstunden, dass eine Aufgabeerklärung nicht abgegeben worden sei, unterscheide. Während bei "normalen" Einkünften aus Gewerbebetrieb selbstverständlich auch Gewerbesteuer anfalle, sei dies bei einer Verpachtung des Gewerbebetriebs gerade nicht der Fall. Wenn demnach innerhalb der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu differenzieren sei, habe dies auch für das Sozialversicherungsrecht zu gelten. Aufgrund der vorgenannten Differenzierung im Steuerecht bestünden darüber hinaus aber schon Zweifel, ob § 18a Abs. 2 a, 2 SGB IV erfüllt sei. Die Gewerbesteuerrichtlinien sähen die Verpachtung eines Gewerbebetriebs im Ganzen nämlich nicht als Gewerbebetrieb an. § 11 GewStR zu § 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz sehe in Abs. 3 S. 1 vor:

"Die Verpachtung eines Gewerbebetriebs im Ganzen oder eines Teilbetriebs sei grundsätzlich nicht als Gewerbebetrieb anzusehen und unterliege daher regelmäßig nicht der Gewerbesteuer."

Sofern hier kein Gewerbebetrieb vorliege, gehe auch § 18 a Abs. 2 a, 2 SGB IV ins Leere, da dort Gewinne aus Gewerbebetrieb Voraussetzung seien. Der angegriffene Bescheid verstoße auch gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Grundgesetz (GG), da zwei im Wesentlichen gleiche Sachverhalte durch sachlich nicht gerechtfertigte Gründe ungleich behandelt würden. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung würden nicht als Arbeitseinkommen iSd § 18 a Abs. 2a, 2 SGB IV erfasst. Um ihre Einnahmen in diesem Sinne steuerrechtlich zu qualifizieren, wäre es lediglich erforderlich gewesen, dass sie bei Beendigung des werbenden Gewerbebetriebs die Aufgabe erklärt hätte. Ansonsten seien beide Sachverhalte völlig identisch. Sowohl die Rechtsgrundlagen als auch die Höhe der Einnahmen unterschieden sich nicht danach, ob zu Beginn des Pachtverhältnisses eine Aufgabe des Gewerbebetriebs erklärt worden sei oder nicht. Es sei kein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung ersichtlich, insbesondere nicht aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht, möge es auch aus steuerrechtlicher Betrachtungsweise einen Unterschied machen, ob ein Aufgabegewinn anfalle oder nicht. Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht sei dies jedoch irrelevant.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.9.2007 wies die Beklagte den Widerspruch vom 13.3.2007 gegen den Bescheid vom 26.2.2007 zurück: In den vorliegenden Einkommensteuerbescheiden seien die Pachteinnahmen als Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb ausgewiesen; von daher habe eine Anrechnung nach § 97 SGB VI iVm § 18a Abs. 2a SGB IV zu erfolgen.

Der Widerspruchsbescheid ging bei den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24.9.2007 ein.

Hiergegen hat die Klägerin am 23.10.2007 zum Sozialgericht (SG) Köln Klage erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, die Pachteinnahmen müssten als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung behandelt werden. Wäre dies der Fall, seien die Einnahmen unschädlich für die Berechnung der Hinterbliebenenrente.

Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

den Bescheid vom 7.2.2007 sowie den Bescheid vom 26.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.9.2007 aufzuheben.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das SG Köln hat mit Urteil vom 23.10.2008 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 30.10.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.11.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen.

Auf Hinweis des Senats hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2009 über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 7.2.2007 entschieden.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.10.2008 zu ändern und den Bescheid vom 7.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2009 sowie den Bescheid vom 26.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.9.2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (vgl. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

II.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 26.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.9.2007. Dasselbe gilt für den Bescheid vom 7.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2009, der gem. §§ 96, 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Der Widerspruchsbescheid konnte noch während des Rechtsstreits und auch noch im Berufungsverfahren ergehen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 78 Rn. 3). Das Begehren der Klägerin vom 21.2.2007 auf Überprüfung der Anrechnung von Einkommen auf ihre Hinterbliebenenrente ist als Widerspruch gegen den Bescheid vom 7.2.2007 auszulegen gewesen, über den zunächst nicht entschieden worden war

Über den Widerspruchsbescheid vom 17.11.2009 entscheidet der Senat nicht auf Klage, denn er bildet mit dem Ausgangsbescheid eine Einheit, über den das SG Köln schon entschieden hat. Der Widerspruchsbescheid vom 17.11.2009 enthält zudem im Verhältnis zum Bescheid vom 7.2.2007 keine weitere Regelung.

Hingegen ist der Bescheid vom 27.12.2006 nicht Gegenstand des Verfahrens geworden. Dieser war von der Klägerin nicht mit einem Widerspruch angefochten und entsprechend von ihr nicht zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht worden. Der Klägerin entsteht hierdurch kein Rechtsnachteil, da die Überprüfung der späteren Bescheide eine vollständige materiellrechtliche Prüfung ihres Begehrens ermöglicht. Die Aufnahme in den Berufungsantrag basiert offensichtlich darauf, dass das SG den Bescheid vom 27.12.2006 als Klagegegenstand ansah. Das Begehren der Klägerin ist vor diesem Hintergrund als ausschließlich gegen die späteren Bescheide gerichtet auszulegen, da es dem Senat die vollständige materiellrechtliche Prüfung ihres Begehrens erlaubt.

III.

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Köln vom 23.10.2008 ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide vom 26.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.9.2007 und vom 7.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2009 sind rechtmäßig.

Die Klage ist als reine Anfechtungsklage gem. § 54 Abs. 1 1. Alt. SGG statthaft. Einer darüber hinausgehenden Leistungsklage bedarf es nicht, da mit der Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Klägerin ihr Rechtsschutzziel, die ungekürzte Zahlung ihrer Witwenrente und Aufhebung der Rückforderung, vollständig erreichen könnte. Die schriftsätzlich gestellten Anträge sind daher dem Begehren der Klägerin Rechnung tragend iSe reinen Anfechtungsklage auszulegen.

Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht für den Zeitraum ab 1.3.2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf die Witwenrente der Klägerin mit der Folge angerechnet, dass keine Rente mehr zu zahlen war, und den Rentenbescheid vom 31.1.1991 iVm dem Bescheid vom 30.1.2006 der Höhe nach ab dem 1.3.2006 gem. § 48 SGB X aufgehoben.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.

Die vorgenannten Voraussetzungen für eine Aufhebung des Rentenbescheides vom 31.1.1991 iVm dem vom 30.1.2006 mit Wirkung ab dem 1.3.2006 sind erfüllt. Denn die Klägerin hat seit dem 1.3.2006 mit den Einkünften aus dem Mietvertrag mit der M-gesellschaft mbH Einkommen erzielt, das zum Wegfall ihres Hinterbliebenenrentenanspruchs geführt haben würde. Nach § 97 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ist Einkommen (§§ 18a bis 18e SGB IV), das mit einer Witwenrente zusammentrifft, hierauf anzurechnen. Nach § 18a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ist bei Renten wegen Todes Erwerbseinkommen zu berücksichtigen. Nach § 18a Abs. 2 Satz 1 SGB IV sind Erwerbseinkommen iSd Absatzes 1 Nr. 1 Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen. Arbeitseinkommen iSd Abs. 2 Satz 1 ist gem. Abs. 2a die positive Summe der Gewinne oder Verluste aus folgenden Arbeitseinkommen:

1.Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft im Sinne der §§ 13, 13a und 14 des
Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit § 15 Abs. 2,

2.Gewinne aus Gewerbebetrieb iSd §§ 15, 16 und 17 des
Einkommensteuergesetzes und

3.Gewinne aus selbständiger Arbeit iSd § 18 des Einkommensteuergesetzes.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV bestimmt, dass Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten ist, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Wortlaut und Gesetzesbegründung des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV stehen in vollem Einklang miteinander und lassen für die Begründung eines eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriffs des "Arbeitseinkommens aus selbständiger Tätigkeit" neben dem steuerrechtlichen Begriff der Gewinneinkünfte aus selbständiger Tätigkeit keinen Raum, dh auch die Grundentscheidung, ob überhaupt eine selbständige Tätigkeit vorliegt, wird nicht mehr von den Sozialleistungsträgern getroffen (vgl. BSG, Urteil v. 7.10.2004, B 13 RJ 13/04 R). Entsprechendes gilt für Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht nach den Einkunftsarten unterscheidet.

Die Beklagte hat die Anrechnung der von der Klägerin ab dem 1.3.2006 erzielten Einkünfte zu Recht als solche aus Gewerbebetrieb vorgenommen, auch wenn sie aus einem Mietvertrag herrühren. Bei den Einkünften aus dem Mietvertrag mit der M-gesellschaft mbH handelt es sich um Gewinne aus Gewerbebetrieb iSd §§ 15, 16 und 17 EStG und nicht um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG. Ausschlaggebend ist ausschließlich die einkommensteuerrechtliche Einordnung dieser Einkünfte (§§ 15 Abs. 1 Satz 2, 18a Abs. 2a Nr. 2 SGB IV). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Tatsache, dass die Einkünfte aus dem Mietvertrag mit der M-gesellschaft mbH nicht der Gewerbesteuer unterliegen, daher ersichtlich nicht maßgeblich. Soweit sich die Klägerin auf den Text gesetzlicher Vorschriften oder von Richtlinien stützt, ignoriert sie wesentliche Teile dieser Texte. Die einkommensteuerrechtliche Einordnung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ist Folge der Gestaltungsmöglichkeiten im Steuerrecht, bedeutet aber nicht, dass die Wirkungen auf dieses begrenzt blieben. Die Klägerin hat steuerrechtlich nicht die Betriebsaufgabe erklärt und nimmt die damit verbundenen Vorteile in Anspruch (z. B. Übertragung stiller Reserven nach den §§ 6b und 6c EStG, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, vgl. R 16 Abs. 2 Satz 5 ESt-Richtlinien 2005 zu § 16 EStG). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass Pacht- bzw. Mietzinsen aus der Verpachtung bzw. Vermietung eines Gewerbebetriebs Einkünfte aus Gewerbebetrieb (mithin auch Arbeitseinkommen iSd §§ 15 Abs. 1, 18a Abs. 2a SGB IV) sind, solange der Verpächter bzw. Verpächter nicht die Betriebsaufgabe erklärt hat (vgl. BSG, Urteil vom 23.1.2008, B 10 KR 1/07 R, juris, mit eingehender Darstellung der Entwicklung der BSG-Rechtsprechung). In der Konsequenz muss die Klägerin die Rechtsfolgen der unterlassenen Erklärung der Betriebsaufgabe nicht nur im Steuerrecht, sondern auch in anderen Rechtsgebieten gegen sich gelten lassen. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, die Motivation, eine Aufgabeerklärung des Gewerbebetriebs abzugeben oder zu unterlassen, folge aus rein steuerrechtlichen, nicht aus sozialversicherungsrechtlichen Erwägungen, geht sie unzutreffend davon aus, es unterliege ihrer Disposition, die Wirkungen von Rechtshandlungen nach Maßgabe ihrer Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken.

Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung entspricht den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 18b Abs. 2 und 5 Nr. 2 SGB IV, 97 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 SGB VI, was von der Klägerin auch nicht bestritten wird.

Durch die Anrechnung der Einkünfte aus dem Mietvertrag mit der M-gesellschaft mbH als Einkünfte aus Gewerbebetrieb liegt auch kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot gem. Art. 3 GG vor. Entgegen der Auffassung der Klägerin werden nicht zwei wesentlich gleiche Sachverhalte sachlich ungerechtfertigt ungleich behandelt. Es liegen schon keine zwei gleichen Sachverhalte vor. Die Unterschiedlichkeit der Sachverhalte ergibt sich aus der unterschiedlichen einkommensteuerrechtlichen Bewertung mit den unterschiedlichen einkommensteuerrechtlichen Rechtsfolgen. Solange die Klägerin nicht die Betriebsaufgabe erklärt, kann sie die auf einen Betrieb bezogenen Steuervergünstigungen (z. B. Übertragung stiller Reserven nach den §§ 6b und 6c EStG, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen) in Anspruch nehmen (vgl. R 16 Abs. 2 Satz 5 ESt-Richtlinien 2005 zu § 16 EStG). Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Sachverhalte bei erklärter bzw. unterlassener Erklärung der Betriebsaufgabe ist eine Gleichbehandlung nicht geboten.

Da kein sog. atypischer Fall vorliegt, musste die Beklagte kein Ermessen ausüben.

Die Erstattungspflicht der Klägerin im Hinblick auf die überzahlten 2.426,93 EUR ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

V.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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