L 4 R 3404/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 693/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3404/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. Juni 2008 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 09. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Februar 2008 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Rückforderung von Übergangsgeld wegen vorzeitiger Beendigung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme und macht einen Anspruch auf Bewilligung einer neuen Maßnahme geltend.

Der am 1969 geborene Kläger hat von 1987 bis 1990 eine Ausbildung zum Maurer erfolgreich durchlaufen und in diesem Beruf bis 1993 gearbeitet. Seither ist er mit Ausnahme einer kurzen Zwischenbeschäftigung im Jahr 2000 als Maurer arbeitslos mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit. Ein im April 1996 gestellter Antrag auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit blieb erfolglos (Bescheid vom 24. Februar 1997, Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 1997, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen - SG - vom 07. Juni 1999 - S 2 RJ 1309/97). Die Begründung ging dahin, dass der Kläger wegen Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule zwar nicht mehr den Beruf als Maurer ausüben könne, aber etwa noch eine Verweisungstätigkeit als Hausmeister.

Der Kläger befand sich wegen Verschleißerscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates erstmals vom 16. November bis 07. Dezember 1999 zu einer Rehabilitationsmaßnahme in der Rheumaklinik B. W ... Die Entlassung erfolgte als halb- bis unter vollschichtig leistungsfähig für die Tätigkeit als Maurer und als vollschichtig leistungsfähig für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (Entlassungsbericht des Internisten und Rheumatologen Prof. Dr. J. vom 08. Dezember 1999). Eine weitere Maßnahme fand vom 18. Dezember 2001 bis 08. Januar 2002 im Gesundheitszentrum B. W. Abteilung Orthopädie statt. Auch insoweit war ausgeführt, die Tätigkeit als Maurer erscheine aufgrund der langfristig chronifizierten lumbalen Schmerzsymptomatik als nicht leidensgerecht. Für leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten bestehe bei qualitativen Einschränkungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen (Entlassungsbericht des Orthopäden Dr. P. vom 30. Januar 2002).

Am 13. Februar 2006 beantragte der Kläger, der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht, wiederum Rente wegen Erwerbsminderung ab dem Zeitpunkt seiner Aussteuerung durch die Krankenkasse am 27. März 2002. Er sei seit einem Arbeitsunfall im Jahre 2000 erwerbsgemindert. Nervenarzt Dr. S. legte im Gutachten vom 13. November 2006 dar, es bestehe keine neurologische Erkrankung, auch keine eigentliche psychiatrische, freilich eine nicht zu verkennende Querulanz, die sich noch nicht zu einem eigentlichen Wahn ausgebildet habe. Der Kläger sei in der Lage, sechs Stunden täglich einer regelmäßigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Die Schmerzen im Bereich früherer Arbeitsunfälle (Hüften, Rücken) erforderten vorrangig eine Behandlung. Internistin Dr. M. nannte im Gutachten vom 16. November 2006 blande jugendliche Aufbaustörungen (Morbus Scheuermann und Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenschäden ohne Kompressionseffekte). Lediglich extreme Rückenbelastungen seien zu vermeiden, ebenso ununterbrochene exzentrische Rumpfhaltungen gebückter Art und mit dauerndem Heben von Gewichten über 20 kg. Die Aufgabe des Maurerberufs, der grundsätzlich weiterhin vollschichtig zumutbar sei, habe mit außermedizinischen Faktoren zusammengehangen. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag ab (Bescheid vom 22. November 2006).

Durch Bescheide vom 28. April und 22. Mai 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 03. April 2006 "für die Dauer der Leistung zur Teilhabe" Übergangsgeld in Höhe von EUR 37,47 kalendertäglich wegen der Teilnahme an einer von ihr ebenfalls bewilligten Reintegrationsmaßnahme beim Berufsbildungszentrum Mö ... Nachdem das Berufsbildungszentrum Mö. den Kläger am 03. August 2006 mit sofortiger Wirkung wegen verbotener Internetnutzung (Aufrufen unerlaubter Sex-Seiten am selben Tag) von der Maßnahme ausgeschlossen hatte (Schreiben vom 03. August 2006), hob die Beklagte u.a. die mit Bescheid vom 22. Mai 2006 erfolgte Bewilligung von Übergangsgeld auf (Bescheid vom 09. August 2006).

Auf den Antrag des Klägers vom 25. November 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 05. Dezember 2006 eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der Rehaklinik Ü. in I ... Vom 31. Januar bis 12. Februar 2007 befand sich der Kläger in dieser Maßnahme. Die Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 08. Februar 2007 ab 31. Januar 2007 "für die Dauer der mit Bescheid vom 05.12.2006 bewilligten Leistung" Übergangsgeld in Höhe von kalendertäglich EUR 37,47. Dieses Übergangsgeld zahlte sie bis 14. Februar 2007.

Internist Prof. Dr. H. nannte im Entlassungsbericht vom 13. Februar 2007 als Diagnosen ein chronisches rezidivierendes Rückenschmerzensyndrom bei Rumpfmuskelinsuffizienz und leichter Fehlstatik, einen Zustand nach Distorsion der Halswirbelsäule und Rückenprellungen sowie einen kleinen Bandscheibenvorfall L 4/L 5 und L 5/S 1. Er führte weiter aus, der Kläger habe regelmäßig an verordneten Programm teilgenommen, allerdings sei dabei von mehreren Therapeuten sein Verhalten als eher lustlos, wenig motiviert und insgesamt aggravierend beschrieben worden. Auch sei bei der durchgeführten körperlichen Untersuchung ein stark aggravierendes Verhalten deutlich geworden und im Verlauf seien von verschiedenen Beobachtern Diskrepanzen zwischen den geschilderten Beschwerden und dem beobachteten Bewegungsverhalten registriert worden. Nach diesem Verlauf und auch unter Berücksichtigung des vom Kläger zu Beginn formulierten Ziels der Rehabilitation, arbeitsunfähig entlassen zu werden, sei eine sinnvolle Fortführung des Heilverfahrens nicht mehr möglich erschienen, auch weil sich die Ziele der Rehabilitation nicht erreichen ließen. Der Kläger sei deshalb nach zwölf Tagen auf ärztliche Veranlassung entlassen worden. Der Kläger könne die Tätigkeit als Maurer sowie Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sechs Stunden und mehr verrichten, wobei wegen der Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule Tätigkeiten gemieden sollten, welche mit sehr häufigen Zwangshaltungen und häufigem Bücken einhergingen.

Die Kläger erhob gegen diesen Entlassungsbericht Einwände und verlangte dessen Rücknahme. Er machte insbesondere geltend, alle Anwendungen durchgeführt und bestens kooperiert zu haben. Er sei nicht mehr in der Lage, als Maurer zu arbeiten. Prof. Dr. H. änderte daraufhin den Entlassungsbericht in einigen Punkten ab, blieb aber hinsichtlich der Motivation des Klägers bei seinen Ausführungen im ursprünglichen Entlassungsbericht (korrigierter Entlassungsbericht vom 24. August 2007).

Nach Anhörung des Klägers (Schreiben vom 21. Februar 2007) forderte die Beklagte mit Bescheid vom 09. Mai 2007 für den 13. und 14. Februar 2007 gezahltes Übergangsgeld in Höhe von EUR 74,60 (zwei Tage zu je EUR 37,47, abzüglich EUR 0,34 Zuschlag zur Pflegeversicherung) zurück. Das Übergangsgeld sei für diese Tage zu Unrecht gezahlt worden. Die Zahlung sei ohne Verwaltungsakt erfolgt, da aufgrund des Übergangsgeldbescheids vom 08. Februar 2007 Übergangsgeld nur für die Dauer der Leistung zur Rehabilitation zugestanden habe, worauf im Bescheid hingewiesen worden sei. Der Kläger erhob Widerspruch. Er habe das Geld verbraucht und erhalte keine ausreichenden Geldleistungen.

Der Kläger beantragte am 13. Juli 2007 wiederum die Bewilligung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte lehnte den Antrag ohne neue medizinische Ermittlungen durch Bescheid vom 24. Juli 2007 ab, da Leistungen nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung einer solchen oder einer ähnlichen Leistung, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen und bezuschusst worden seien, erbracht würden, es sei denn, dass eine vorzeitige Leistung aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sei. Die am 12. Februar 2007 beendete Maßnahme sei auf die Vier-Jahres-Frist anzurechnen. Dringende gesundheitliche Gründe, die eine vorzeitige Leistung erforderten, lägen nicht vor.

Der Kläger erhob Widerspruch. Er sei kränker entlassen worden als zuvor. Nicht er habe die Kur abgebrochen, sondern die Klinik. Im Übrigen seien die Voraussetzungen einer aus gesundheitlichen Gründen dringenden vorzeitigen neuen Leistung erfüllt.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies mit Widerspruchsbescheid vom 06. Februar 2008 die Widersprüche gegen die Bescheide vom 09. Mai 2007 und vom 24. Juli 2007 zurück. Eine erhebliche Gefährdung oder gar Minderung der Erwerbsfähigkeit liege nicht vor, so dass eine Leistung zur stationären bzw. ambulanten medizinischen Rehabilitation nicht erforderlich sei. Eine ambulante Krankenbehandlung sei zur Beseitigung oder Linderung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers ausreichend. Anspruch auf Übergangsgeld habe nur bis zur Entlassung am 12. Februar 2007 bestanden und Übergangsgeld sei für den 13. und 14. Februar 2007 ohne Verwaltungsakt gezahlt worden. Da im Übergangsgeldbescheid ausdrücklich vermerkt sei, dass Übergangsgeld nur für die Dauer der Maßnahme zustehe, könne sich der Kläger auf Vertrauen nicht berufen. Das Interesse der Solidargemeinschaft an der rechtmäßigen Verwendung von Versichertengeldern sei höher zu werten als das Interesse des Klägers am Behaltendürfen von Übergangsgeld, das ihm nicht zugestanden habe.

Deswegen erhob der Kläger am 21. Februar 2008 Klage zum SG. Im Entlassungsbericht seien Leistungen aufgeführt worden, die er zu keinem Zeitpunkt erhalten habe. Er sei nach der abgebrochenen Maßnahme von zwei Ärzten krankgeschrieben worden. Ein Arztbesuch sei ihm nicht mehr möglich, da er keine Befreiungskarte sowie kein Geld habe. Eine Rückzahlung des geforderten Betrages sei ihm nicht möglich und er sei davon ausgegangen, dass dieser Betrag nicht mehr gefordert werde.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen.

Das SG befragte die vom Kläger benannten Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Radiologe Dr. Z. teilte unter dem 21. April 2008 mit, rein aufgrund der bildgebenden Verfahren und ohne Berücksichtigung der klinischen Befunde sei keine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit und auch keine erhebliche Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben anzunehmen. Eine dringend erforderliche vorzeitige Maßnahme sei aufgrund dieser Befunde nicht zu befürworten. Chirurg/Unfallchirurg Dr. Sc. legte unter dem 25. April 2008 dar, er habe den Kläger zuletzt am 07. November 2007 behandelt. Zwar halte er durchaus eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit für gegeben, die jedoch derzeit durch eine stationäre Heilbehandlung nicht gebessert werden könne. Radiologe Dr. C. übersandte dem SG den Arztbrief des Radiologen St. vom 17. November 2006 (relative Spinalstenose, Bandscheibenprotrusionen LWK 5/SWK 1).

Durch Gerichtsbescheid vom 16. Juni 2008 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, in Anbetracht der Gutachten der Dres. S. und M. sowie des Ergebnisses der sachverständigen Zeugenaussagen dürfte vieles dafür sprechen, dass beim Kläger keine Minderung der Erwerbsfähigkeit bestehe und auch keine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit anzunehmen sei. Dies könne jedoch dahinstehen. Denn es seien keine gesundheitliche Gründe vorhanden, die eine vorzeitige (vor Ablauf der Vierjahresfrist) medizinische Rehabilitationsleistung dringend erforderlich machten. Eine Weiterzahlung des Übergangsgeldes für zwei Tage über einen Wegfalltatbestand hinaus stelle eine Leistung ohne Verwaltungsakt dar, da es sich bei der Bewilligung vom 08. Februar 2007 um eine auflösend bedingte Bewilligung gehandelt habe. Falle der Bescheid über die Bewilligung infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung weg, richte sich die Rückforderung der insoweit ohne Verwaltungsakt erbrachten Leistungen nach § 50 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Er sei im Bewilligungsbescheid vom 08. Februar 2007 darüber informiert worden, dass die Leistungsbewilligung nur für die Dauer der Rehabilitationsmaßnahme erfolge und habe daher gewusst oder zumindest grob fahrlässig nicht gewusst, dass ihm Übergangsgeld für den 13. und 14. Februar 2007 nicht zustehe. Die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen erkannt und ausgeübt.

Gegen den am 23. Juni 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11. Juli 2008 beim SG Berufung eingelegt. Die Einschätzungen der Dres. S. und M. seien widersprüchlich. Eine weitere Rehabilitationsmaßnahme sei wegen des durch die Beklagte erfolgten Abbruchs der Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik Ü. dringend erforderlich. Die Gründe des Abbruchs seien für ihn völlig absurd. Die behauptete Motivationslosigkeit sei nicht haltbar und die Angaben der Klinik seien unzutreffend. Er habe alle Anwendungen besucht und die Verordnungen eingehalten. Anscheinend hätten ihn die Therapeuten nicht leiden können. Allerdings seien die Gründe des Abbruchs vermutlich von höherer Stelle der Klinik Ü. aufgegeben worden. Der Entlassungsbericht widerspreche dem Therapieheft. Das Übergangsgeld könne die Beklagte nicht zurückverlangen. Vielmehr solle diese endlich seit der Aussteuerung ab 27. März 2002 Übergangsgeld zahlen (vgl. Verfahren L 4 KR 3403/08). Auch müsse ihm schon lange Rente gezahlt werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. Juni 2008 sowie den Bescheid vom 09. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Februar 2008 aufzuheben, ferner die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Februar 2008 zu verpflichten, ihm eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält ihre bisherigen Bescheide für zutreffend und teilt mit, es sei ein neues Verfahren zur Prüfung einer Maßnahme eingeleitet worden.

Der Berichterstatter des Senats hat am 11. Juni 2010 den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert. Auf den Inhalt der Niederschrift wird Bezug genommen.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil dieser mit der ihm bekanntgegebenen Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Dass der Kläger die Terminsmitteilung erhalten hat, ergibt sich aus seinem Schreiben vom 06. Juni 2011.

I.

Im vorliegenden Berufungsverfahren ist nur darüber zu entscheiden, ob der Kläger Anspruch auf eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation hat sowie darüber, ob die Beklagte zu Recht EUR 74,60 gezahltes Übergangsgeld zurückfordert. Denn Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide der Beklagten vom 09. Mai und 24. Juli 2007, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Februar 2008.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Es ist davon auszugehen, dass die Kosten der begehrten Maßnahme der medizinischen Rehabilitation den Beschwerdewert von EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschreiten. Damit ist die Berufung insgesamt, mithin auch hinsichtlich der Rückforderung des Übergangsgeld in Höhe von EUR 74,60 statthaft. Denn mehrere geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet (§§ 202 SGG, 5 Zivilprozessordnung - ZPO -).

III.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet, soweit es die Rückforderung des für den 13. und 14. Februar 2007 gezahlten Übergangsgeldes in Höhe von EUR 74,60 betrifft. Der Bescheid der Beklagten vom 09. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Februar 2008 ist rechtswidrig (1.). Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet, soweit er eine weitere Maßnahme der medizinischen Rehabilitation begehrt. Insoweit hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Februar 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (2.).

1. Rückforderung des Übergangsgelds

Die Beklagte kann die Rückforderung des für den 13. und 14. Februar 2007 gezahlten Übergangsgelds nicht auf § 50 Abs. 2 SGB X stützen. Nach § 50 Abs. 2 SGB X sind, soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sie zu erstatten (Satz 1). §§ 45 und 48 SGB X gelten entsprechend (Satz 2). Entgegen der Auffassung der Beklagten erfolgte die Zahlung des Übergangsgeldes für den 13. und 14. Februar 2007 aufgrund eines Verwaltungsakts, nämlich des Bescheids vom 08. Februar 2007. Die Bewilligung des Übergangsgelds erfolgte "für die Dauer der mit Bescheid vom 05.12.2006 bewilligten Leistung". Diese Formulierung ist nicht im Sinne einer auflösenden Bedingung dahin zu verstehen, dass der Bewilligungsbescheid über Übergangsgeld automatisch mit jedem Ende der Teilnahme gegenstandslos wird, sondern im Sinne einer Befristung, dass die Bewilligung von Übergangsgeld für die voraussichtliche planmäßige Dauer der Teilnahme an der Maßnahme erfolgt. Demgemäß bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 31. Januar 2007 Übergangsgeld bis zum planmäßigen Ende der stationären Leistungen der medizinischen Rehabilitation, nicht aber nur zu einem vorzeitigen Ende.

Die hinsichtlich der vorliegend streitigen Rückforderung des Übergangsgelds vertretene Rechtsauffassung hat die Beklagte bei der Rückforderung von Übergangsgeld gegenüber im Zusammenhang mit dem Abbruch der dem Kläger bewilligten Maßnahme der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben beim Berufsbildungszentrum Mö. nicht angewandt. Vielmehr hat sie dort, nachdem der Kläger vom Maßnahmeträger aus der Maßnahme vor dem planmäßigen Ende ausgeschlossen worden war, auch den Bescheid vom 22. Mai 2006, mit welchem sie "für die Dauer der Leistung zur Teilhabe" dem Kläger Übergangsgeld bewilligt hatte, mit Bescheid vom 09. August 2006 aufgehoben.

2. Maßnahme der medizinischen Rehabilitation

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um 1. den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und 2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen können erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind (§ 9 Abs. 2 SGB VI). Nach § 10 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte für Leistungen zur Teilhabe die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann. Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind (Bundessozialgericht - BSG - SozR 4-2600 § 10 Nr. 1). Es reicht jedoch nicht schon jede Minderung der Erwerbsfähigkeit. Diese muss vielmehr von gewissem Gewicht und gewisser Dauer sein. Eine nur vorübergehende Minderung der Erwerbsfähigkeit ist grundsätzlich nicht ausreichend. Insbesondere bei Akuterkrankungen, die nur vorübergehender Natur sind und durch Behandlungsleistungen der Krankenversicherung behoben werden können, liegt keine wesentliche Minderung der Erwerbsfähigkeit vor.

Die Träger der Rentenversicherung erbringen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Leistungen nach den §§ 26 bis 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX), ausgenommen Leistungen nach § 26 Abs. 2 Nr. 2 und § 30 SGB IX (betrifft Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder). Leistungen zur medizinischen Rehabilitation umfassen nach § 26 Abs. 2 SGB IX insbesondere 1. Behandlung durch Ärzte, Zahnärzte und Angehörige anderer Heilberufe, soweit deren Leistungen unter ärztlicher Aufsicht oder auf ärztliche Anordnung ausgeführt werden, einschließlich der Anleitung, eigene Heilungskräfte zu entwickeln, 2 ... 3. Arznei- und Verbandmittel, 4. Heilmittel einschließlich physikalischer, Sprach- und Beschäftigungstherapie, 5. Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung, 6. Hilfsmittel, 7. Belastungserprobung und Arbeitstherapie. Nach § 13 Abs. 2 SGB VI erbringt der Träger der Rentenversicherung nicht 1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Phase akuter Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit, es sei denn, die Behandlungsbedürftigkeit tritt während der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ein, 2. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation anstelle einer sonst erforderlichen Krankenhausbehandlung, 3. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die dem allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse nicht entsprechen. Zu den medizinischen Leistungen, die grundsätzlich nicht in den Bereich der Rehabilitation fallen, gehört insbesondere die Krankenbehandlung der gesetzlichen Krankenversicherung. Ist Ziel der Behandlung die Heilung, Beseitigung oder Vermeidung einer Verschlimmerung einer Erkrankung, handelt es sich um Krankenbehandlung. Geht es dagegen um das Beseitigen, Vorbeugen, Verbessern oder Abwenden von wesentlichen Verschlechterungen von Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen als Folge von Krankheit, handelt es sich um medizinische Rehabilitation. Während bei der Krankenbehandlung der Schwerpunkt auf der ärztlichen Behandlung liegt, ist für die medizinische Rehabilitation ein Gesamtkomplex ineinandergreifender Leistungen charakteristisch (Nellissen in: jurisPK-SGB IX, § 26 SGB IX Rn. 21).

Beim Kläger ist eine Behandlung von Erkrankungen erforderlich, nicht aber eine darüber hinausgehende Behandlung, so dass es schon an einer Gefährdung der Erwerbsfähigkeit fehlt. Beim Kläger bestehen Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule. Es bestehen ein Bandscheibenvorfall L 5/S 1 und Bandscheibenprotrusionen L 4/L 5 und L 5/S 1 sowie leichte Bandscheibenschäden im Bereich der Brustwirbelsäule. Dies ergibt sich aus den sachverständigen Zeugenaussagen des Dr. Z. vom 21. April 2008 und des Dr. Sc. vom 25. April 2008, dem Arztbrief der Dr. St. vom 17. November 2006 sowie dem Entlassungsbericht des Prof. Dr. H. (auch in der korrigierten Fassung vom 24. August 2007). Auch Dr. M. beschrieb in ihrem Gutachten vom 16. November 2006 Bandscheibenschäden. Eine konsequente ambulante Krankenbehandlung, die die Krankenkasse als Sachleistung (§§ 27 Abs. 1, 2 Abs. 2 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V -) zu erbringen hat, ist insoweit bislang nicht erfolgt. Dies entnimmt der Senat dem Vorbringen des Klägers, er sei nicht in der Lage, einen Arzt aufzusuchen, weil er wegen des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II hierfür keine Mittel zur Verfügung habe. Dies vermag die unterbliebene ambulante Krankenbehandlung jedoch nicht zu rechtfertigen. Da Leistungen der ambulanten Krankenbehandlung als Sachleistungen zu erbringen sind, entstehen dem Kläger nur die - allerdings aus der Regelleistung zu zahlenden - Kosten einer Zuzahlung bis zur Belastungsgrenze.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da der Kläger nur zu einem geringen Teil obsiegt hat, ist es nicht angemessen, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger einen Teil der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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