Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 13 KR 415/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3944/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt als Witwer und Sonderrechtsnachfolger der am 1941 geborenen und am 2010 verstorbenen E. H. (Versicherte) die Erstattung auch des von der Versicherten bezahlten Eigenanteils für die Versorgung mit Zahnersatz in Höhe von EUR 1.920,01 zuzüglich im Rahmen einer Ratenzahlungsvereinbarung angefallener Zinsen und Verwaltungskosten in Höhe von EUR 130,86, insgesamt EUR 2.050,87.
Die Versicherte, die bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert war, erkrankte im Jahr 1998 an Schilddrüsenkrebs. Infolgedessen unterzog sie sich mehrerer Radiojodtherapien und Rezidiv-operationen, bei denen auch ein Teil des Kehlkopfes entfernt wurde. Vom 27. Januar bis 28. Februar 2003 erfolgte bei ihr eine Strahlentherapie in der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des U.-klinikums U. mit fünf Bestrahlungen pro Woche über fünf Wochen hinweg bei einer Gesamtdosis von 50 gy ("Gray"). Am 27. Mai 2004 wurden der Versicherten durch ihren behandelnden Zahnarzt Dr. R. die Zähne 16, 17, 24, 25 und 26, am 26. Juli 2004 der Zahn 23, sowie - nach Angabe des Dr. R. am 01. Juni 2009 (richtig wohl: 2004) der Zahn 41 extrahiert.
Am 29. Juni 2004 legte die Versicherte bei der Beklagten den Heil- und Kostenplan des Dr. R. vom 22. Juni 2004 über die Erstellung von Zahnersatz in Form einer Unterkiefer-Frontzahnbrücke sowie einer Kombinationsarbeit im Oberkiefer in Form einer Teleskopprothese vor. In der Gebührenvorausberechnung gab Dr. R. einen Punktwert von 0,7352, ein voraussichtliches zahnärztliches Honorar in Höhe von EUR 1.139,56, geschätzte Material- und Laborkosten in Höhe von EUR 3.577,91, und folglich geschätzte Gesamtkosten in Höhe von EUR 4.717,47 an. Die Beklagte ließ diesen Heil- und Kostenplan durch den Prothetikgutachter Dr. T. gutachterlich bewerten, der ausweislich seiner Stellungnahme vom 18. Juli 2004 den Behandlungsplan befürwortete. Auf dem Heil- und Kostenplan wurde ein Zuschuss zu der durchgeführten Behandlung mit 50% des zahnärztlichen Honorars und der notwendigen Material- und Laborkosten sowie zusätzlich von EUR 5,00 für NEM-Legierungen je Abrechnungseinheit vermerkt.
Die Eingliederung des Zahnersatzes erfolgte am 17. September 2004. Unter Spalte "IV. Abrechnung" des Heil- und Kostenplans schrieb die Beklagte unter dem 17. September 2004 aus den dann tatsächlich in Rechnung gestellten Gesamtkosten in Höhe von EUR 3.707,29 einen durch sie zu bezahlenden Anteil von EUR 1.697,48 fest, den sie - ohne Erlass eines gesonderten Bescheides hierüber - an die Versicherte bezahlte. Diesen Betrag errechnete sie wie folgt: Von den Metallkosten in Höhe von EUR 422,33 übernahm sie einen Teilbetrag von EUR 55,00 (EUR 5,00 multipliziert mit elf Abrechnungseinheiten); von den verbleibenden Kosten (zahnärztliches Honorar und Labor- und Materialkosten) von EUR 3.284,96 übernahm sie einen Zuschuss von 50%. Infolgedessen errechnete sie einen Betrag von EUR 2.009,81 als durch die Versicherte zu tragenden Eigenanteil. Die Versicherte trug allerdings - ausweislich der von ihr vorgelegten Ratenzahlungsvereinbarung vom 21. Oktober 2004 und abweichend von der durch die Beklagte durchgeführten Abrechnung - Kosten in Höhe von (nur) EUR 1.920,01. Ein höherer Betrag wird auch durch den Kläger nicht geltend gemacht.
Mit Schreiben vom 22. April 2007 beantragte die Versicherte bei der Beklagten die Erstattung der von ihr selbst im Jahr 2004 getragenen Kosten in Höhe von EUR 2.050,87. In diesem Betrag waren ausweislich der Ratenzahlungsvereinbarung vom 21. Oktober 2004 der Eigenanteil in Höhe von EUR 1.920,01, Zinsen aufgrund der Ratenzahlung in Höhe von EUR 111,65 sowie Bearbeitungsgebühren in Höhe von EUR 19,21 enthalten. Die Versicherte trug vor, nach einer fünfwöchigen, täglichen Strahlentherapie im Jahre 2003 habe sie als Folgeschaden der Strahlenbehandlung Zahnausfall bekommen. Die fünfwöchige Strahlentherapie sei ohne eine für sie eventuell notwendige Schutzmaske erfolgt. Vor Durchführung der Strahlentherapie hätten sich ihre Zähne in einwandfreiem Zustand befunden. Ihrem Antrag fügte die Versicherte die Berichte des Prof. Dr. Rö. der Abteilung Strahlentherapie des U.-klinikums U. vom 13. Januar 2003 sowie vom 28. Februar 2003 über die durchgeführte Bestrahlung bei.
Im Auftrag der Beklagten erstattete Dr. U. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg sein Gutachten vom 03. Mai 2007. Dr. U. führte darin aus, aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung sei eine über den gesetzlichen Festzuschuss hinausgehende Kostenbeteiligung am Zahnersatz unabhängig von einer sonstigen Erkrankung ausgeschlossen. Zahnersatz könne demnach ursachenunabhängig immer nur anteilig entsprechend den persönlichen Voraussetzungen des Versicherten (Bonusheft, Härtefallregelung) bezuschusst werden. Mit Bescheid vom 08. Mai 2007 lehnte daraufhin die Beklagte die volle Kostenübernahme des 2004 durchgeführten Zahnersatzes ab. Den Widerspruch der Versicherten hiergegen wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 03. Juli 2007 zurück. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf einen befundorientierten Festzuschuss bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz. Der Festzuschuss umfasse 50% der festgesetzten Beträge der jeweiligen Regelversorgung. Für eine Bemühung der Gesunderhaltung der Zähne erhöhe sich dieser Festzuschuss um 20%. Aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung sei eine über den gesetzlichen Festzuschuss hinausgehende Kostenbeteiligung am Zahnersatz unabhängig von einer sonstigen Erkrankung ausgeschlossen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe eindeutig dargestellt, dass ein möglicher und ursächlicher Zusammenhang der zahnprothetischen Versorgung mit anderen Erkrankungen nicht zu einer Erhöhung des von der Krankenkasse zu tragenden Kostenanteils führen könne. Es sei also unerheblich, ob möglicherweise Zusammenhänge zwischen einer sonstigen Erkrankung und der Notwendigkeit einer Zahnersatzbehandlung bestünden. Zahnersatz könne demnach ursachenunabhängig immer nur anteilig entsprechend den persönlichen Voraussetzungen des Versicherten bezuschusst werden.
Dagegen erhob die Versicherte am 02. August 2007 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) könne Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften des SGB V über die Eigenbeteiligung des Versicherten an den zahnärztlichen und zahntechnischen Behandlungs- und Leistungskosten in bestimmten Fällen dahin gebieten, dass dem Versicherten Heilbehandlungsmaßnahmen ohne die an sich nach den jeweils maßgeblichen Vorschriften vorgesehene Eigenbeteiligung zu verschaffen seien (Beschluss vom 14. August 1998 - 1 BvR 897/98 - NJW 1999, 857). Dies gelte jedenfalls dann, wenn ein Arzt bei Einhaltung der Regeln der ärztlichen Kunst verpflichtet gewesen sei, eine ihm keinen Spielraum belassende Vorgabe des Leistungs- oder des Leistungserbringungsrechts des SGB V zu beachten und nur eine bestimmte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anzuwenden sei, und wenn hierdurch ursächlich die Gesundheit des Versicherten geschädigt worden sei. Diese Kriterien seien in ihrem Fall erfüllt. Die Strahlenbehandlung sei medizinisch indiziert gewesen. Eine andere Behandlungsmethode habe nicht zur Verfügung gestanden, um ihre Krebserkrankung ausreichend nachzubehandeln. Unerheblich sei, dass die Schädigung des Ober- und Unterkiefers lediglich mittelbar verursacht worden sei. Es komme allein auf die Ursächlichkeit der Behandlungsmethode an.
Mit Blick auf eine beim BSG anhängige Revision (B 1 KR 21/07 R) ordnete das SG auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens an (Beschluss vom 31. Oktober 2007). Nach Erledigung des revisionsgerichtlichen Verfahrens durch Vergleich rief die Versicherte das Verfahren am 22. Januar 2009 wieder an. Sie trug ergänzend vor, dass sie - in einer anderen Klinik - zwischenzeitlich erneut in strahlentherapeutischer Behandlung sei. Dabei habe man ihr erläutert, dass bei einer Bestrahlung im Hals- und Schulterbereich eine Schutzmaske für das Gesicht angebracht sei. Diese sei im Universitätsklinikum Ulm nicht verwendet worden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen auf das Urteil des Hessischen LSG vom 24. Mai 2007 (L 8 KR 82/06) zu einer Tumorerkrankung im Oberkiefer mit Teilentfernung des Kieferknochen, derzufolge auch in einer solchen Konstellation Zahnersatz nur in Höhe von 50 % zu übernehmen sei. Im Verlaufe des Klageverfahrens teilte sie zudem mit, die Versicherte erfülle nach Auskunft des behandelnden Zahnarztes auch weder die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 4 SGB V noch des Satzes 5 dieser Vorschrift. Die Versicherte sei jährlich zur Beratung, jedoch nicht zur Untersuchung und Vorsorge erschienen.
Das SG hörte Dr. R. und Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. R. berichtete in seiner Auskunft vom 08. Juli 2009 über eine kontinuierliche Behandlung seit dem 04. Juli 1994. Am 06. Februar 2003 habe er bei der Versicherten eine Füllung gesetzt und sie über die Strahlentherapie aufgeklärt. Zu diesem Zeitpunkt sei das Zahnsystem in einem altersgemäßen Zustand gewesen. Nach der Strahlentherapie sei der Zustand des Zahnsystems sehr schlecht gewesen. Bei der über Jahre hinweg guten Mundhygiene der Versicherten könne sich der Zahnzustand in einem so kurzen Zeitraum nicht ohne Fremdeinwirkung derartig verschlechtert haben. Eine schädigende Wirkung auf das Zahnsystem durch Bestrahlung sei hinlänglich bekannt und nachgewiesen. Prof. Dr. W. (Auskunft vom 16. Oktober 2009) teilte mit, die Versicherte sei in der Zeit vom 27. Januar 2003 bis zum 28. Februar 2003 percutan bestrahlt worden. Die letzte Wiedervorstellung der Versicherten in diesem Zusammenhang sei am 15. November 2006 mit der Frage einer möglichen Re-Bestrahlung erfolgt, die jedoch damals nicht erforderlich gewesen sei. Die ursprüngliche Diagnose sei ein Rezidiv eines Schilddrüsenkarzinoms gewesen, das vor Einleitung der percutanen Strahlentherapie fünfmal mittels Radio-Jod-Therapie behandelt worden sei. Darüber hinaus sei eine radikale Operation erfolgt. Aufgrund der mehrfachen Rezidive, die nicht jodspeichernd und somit nuklearmedizinisch keiner zusätzlichen Therapie zugänglich gewesen seien, habe die Indikation zur percutanen Strahlentherapie des Schilddrüsenbettes bestanden. Die einzig sinnvolle Möglichkeit zur Erzielung einer lokalen Kontrolle des Tumors sei die Nachbestrahlung des Schilddrüsenbettes und der zervikalen Lymphabflusswege gewesen. Dieses habe dem damaligen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprochen. Alternative Methoden mit vergleichbarer Wirksamkeit hätten nicht zur Verfügung gestanden. Auch nach heutigem Stand der Wissenschaft werde eine solche Therapie unverändert vorgenommen. Durch die Strahlentherapie habe nach damaligem Stand der Technik ein sehr hohes Risiko des vollständigen Verlustes der Speicheldrüsenfunktion der großen Speicheldrüsen bestanden, was dann zu einer anhaltenden Mundtrockenheit führe. Dadurch und durch den zugrunde liegenden Speichelmangel sei das Kariesrisiko signifikant erhöht. Auch nach primär umfangreicher Zahnsanierung sei deshalb im weiteren Verlauf ein signifikantes Risiko für den Verlust von Zähnen auch bei regelmäßigen zahnärztlichen Kontrollen und guter Zahnhygiene gegeben. In diesem speziellen Fall sei der mögliche Funktionsverlust der Speicheldrüsen allerdings ebenfalls durch die vorausgegangene Radio-Jod-Therapie hochwahrscheinlich. Es handele sich also um eine Kombination der beiden therapeutischen Verfahren.
Mit Urteil vom 23. Juli 2010 wies das SG die Klage ab. Zwischen den Beteiligten bestehe kein Streit über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Ihrer sich danach ergebenden Kostenübernahmeverpflichtung sei die Beklagte durch Bezahlung eines Anteils in Höhe von EUR 1.697,48 aber schon nachgekommen. Für die Übernahme des von der Versicherten geltend gemachten, darüber hinausgehenden Betrages in Höhe von EUR 2.050,87 gebe es keine Rechtsgrundlage. Weder könne die Versicherte die Bonusregelungen in § 55 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB V für sich beanspruchen. Noch lägen die Voraussetzungen von § 55 Abs. 2 und 3 SGB V vor. Es sei auch von Seiten der Versicherten weder im Jahr 2004 noch im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits vorgetragen worden, dass sie durch die Höhe der entstandenen Kosten unzumutbar belastet worden sei. Die vom BSG in seinem Urteil vom 06. Oktober 1999 (B 1 KR 9/99 R) infolge des Beschlusses des BVerfG vom 14. August 1998 entwickelten Grundsätze über eine teleologische Reduktion der in § 55 Abs. 1 SGB V enthaltenen Zuschussregelung und damit die ausnahmsweise Befreiung vom gesetzlichen Eigenanteil aus verfassungsrechtlichen Gründen führten vorliegend ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage. Dies setze voraus, dass die Wahl der konkreten Behandlung auf einer Vorgabe des Leistungs- oder Leistungserbringungsrechts, die für den behandelnden Arzt verbindlich sei, auf einer gesetzlichen Einschränkung oder auch auf einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 SGB V beruhe. Eine derartige zwingende rechtliche Vorgabe, die den behandelnden Arzt allein auf eine percutane Bestrahlung des ehemaligen Schilddrüsenbettes festgelegt hätte, habe vorliegend jedoch nicht bestanden. Entscheidend für die Durchführung der Bestrahlung sei nach der Auskunft des Prof. Dr. W. vielmehr gewesen, dass keine anderen, vergleichbar wirksamen Behandlungsmethoden mehr zur Verfügung gestanden hätten. Aus diesem Grund sei durch die Bestrahlung der Versicherten kein Gefahrenbereich neu geschaffen worden, der nicht auch außerhalb einer staatlichen Zwangsversicherung aufgrund des allgemeinen Risikos jeder medizinischen Maßnahme in ähnlicher Form bestehe und daher nicht in der hoheitlichen Maßnahme selbst angelegt sei. Ein vom Aufopferungsanspruch vorausgesetztes Sonderopfer liege deshalb nicht vor. Soweit die Versicherte anführe, ihr sei während der Bestrahlung keine Schutzmaske angelegt worden, führe auch dies nicht zu einer anderen Entscheidung. Eine Verletzung der Regeln der ärztlichen Kunst wäre im Verhältnis zum behandelnden Arzt und nicht gegenüber der beklagten Krankenkasse geltend zu machen.
Gegen dieses ihr am 28. Juli 2010 zugestellte Urteil hat die Versicherte am 19. August 2010 Berufung eingelegt. Das Urteil des SG setze den Beschluss des BVerfG vom 14. August 1998 nicht zutreffend um. Das BVerfG habe gerade nicht ausgeführt, dass zwingend eine Vorgabe des Leistungs- oder Leistungserbringungsrechts gegeben sein müsse. Eine Abgrenzung treffe das BVerfG zu Fällen, in welchen der Arzt aus einer Mehrzahl vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Behandlungsmethoden eine auswähle, welche sich im konkreten Fall als schädlich erweise. Hier verhalte es sich indes so, dass bereits sämtliche andere Behandlungsmethoden erschöpft gewesen seien. In einem solchen Fall müsse dem Versicherten die Heilbehandlungsmaßnahme in Form von Zahnersatz ohne vorgesehene Eigenbeteiligung verschafft werden. Es sei den Betroffenen nicht zumutbar, sich auf das allgemeine Lebensrisiko verweisen lassen zu müssen. Unklar sei auch, in welchen Fällen eine Vorgabe des Leistungs- oder Leistungserbringungsrechts gegeben sein solle und in welchen Fällen hiervon nicht auszugehen sei. In Fällen, in welchen keine anderweitige medizinische Behandlungsmethode mehr zur Verfügung stehe, sei es auch aus leistungsrechtlicher Sicht geboten, erfolgversprechende medizinische Maßnahmen zu ergreifen, sofern diese das Leben der betreffenden Person verlängern könnten. Zudem weiche der vorliegende Sachverhalt von dem durch das BSG in seinem Urteil vom 06. Oktober 1999 entschiedenen ab. Die Angelegenheit habe daher auch grundsätzliche Bedeutung.
Am 29. November 2010 ist die Versicherte verstorben. Ihr Ehemann, der jetzige Kläger, führt das Verfahren weiter.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. Juli 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 08. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 2.050,87 zu bezahlen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die erstinstanzlichen Akten (S 13 KR 415/09 sowie S 5 KR 2973/07), die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Senatsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
1. Zur Überprüfung steht der Bescheid der Beklagten vom 08. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2007, mit welchem diese die Erstattung auch der weiteren, über den von ihr bereits bezahlten Betrag von EUR 1.697,48 hinausgehenden Kosten für die am 17. September 2004 erfolgte Versorgung mit Zahnersatz abgelehnt hat. Der Senat lässt dahin gestellt, ob in der Festsetzung der Bezahlung lediglich eines Teilbetrags durch die Beklagte auf dem Heil- und Kostenplan vom 22. Juni 2004 unter dem Datum vom 17. September 2004 ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit dem Inhalt zu sehen ist, dass nur dieser Betrag bezahlt, die Bezahlung im Übrigen jedoch abgelehnt werde (in diesem Sinne etwa: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Dezember 2006 - L 16 KR 101/06 - juris Rn. 24). Dann wäre die Rechtmäßigkeit dieser früheren Entscheidung der Beklagten durch die Versicherte nach Maßgabe des § 44 SGB X zur Überprüfung gestellt worden. Nachdem die Beklagte hierüber jedoch keinen ausdrücklich an die Versicherte gewandten eigenen Bescheid erlassen hat, kommt in dem hier angegriffenen Bescheid vom 08. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2007 auch eine Erstablehnung in Betracht. Der Senat kann die rechtliche Qualität des hier angegriffenen Bescheides jedoch dahingestellt sein lassen, weil auch ausgehend von § 44 SGB X, der eine rechtswidrige Ablehnung der vorangegangenen Entscheidung voraussetzt, ein Leistungsanspruch des Klägers nicht in Betracht kommt. Die - sei es als Überprüfungsbescheid, sei es als Erstbescheid - mit Bescheid vom 08. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2007 erfolgte Ablehnung der Kostenerstattung ist nämlich rechtmäßig und verletzt auch den Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht in seinen Rechten. Da schon der Versicherten ein Anspruch auf Erstattung der über den Festzuschuss von EUR 1.697,48 hinausgehenden Kosten für Zahnersatz noch ein an seine Stelle getretener Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V (zum Übergang von Kostenerstattungsansprüchen auf Sonderrechtsnachfolger: BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 5) zugestanden hatte, kann auch der Kläger als vorrangiger Sonderrechtsnachfolger nicht die Erstattung dieser Kosten verlangen. Dies hat das SG im Ergebnis zutreffend entschieden.
2. Da die Versicherte nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Erstattung der durch die am 17. September 2004 erfolgte Versorgung mit Zahnersatz entstandenen Kosten über den bereits von der Beklagten bezahlten Anteil von EUR 1.697,48 hinaus, den der Kläger mit EUR 2.050,87 beziffert hat, nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht.
a) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistungen nicht rechtzeitig erbringen (Alternative 1) oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden (Alternative 2), sind nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Voraussetzung für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V ist, dass die Beklagte einem Versicherten die Versorgung mit Zahnersatz als Sach- oder Dienstleistung schuldete und sie nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erfüllt bzw. rechtzeitig zu erfüllen abgelehnt hat. Nach ständiger Rechtsprechung reicht dieser Anspruch jedoch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 m.w.N.). Der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V kann daher die Grenzen des Leistungssystems nicht erweitern, sondern setzt einen Leistungsanspruch voraus. Maßgeblich ist dabei, ob der Leistungsanspruch zum Zeitpunkt der Behandlung bestanden hat; spätere Rechtsänderungen zugunsten oder zu Ungunsten des Versicherten vermögen den Leistungsanspruch nicht über einen erst später geltend gemachten Erstattungsanspruch nachträglich zu verändern (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 08. Februar 2000 - B 1 KR 18/99 B - SozR 3-2500 § 135 Nr. 12 zur nur für die Zukunft geltenden Anerkennung einer Heilmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss; vgl. dazu auch Brandts, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, EL 64 Januar 2010, § 13 SGB V Rn. 54). Ein Anspruch auf die Übernahme der vollen Kosten, nicht dagegen nur eines Anteils in Höhe von EUR 1.697,48, ergab sich zugunsten der Versicherten zum Zeitpunkt der Zahnbehandlung im September 2004 jedoch nach den Vorschriften des SGB V in der hier maßgeblichen Fassung nicht.
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der hier maßgeblichen, seither unverändert geltenden Fassung des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst dabei gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V in der Fassung des GRG unter anderem auch die zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz. Allerdings wird die Leistungspflicht der Beklagten insoweit begrenzt. Zum Zeitpunkt der Zahnersatzversorgung am 17. September 2004 war die Leistungsbegrenzung jedoch nicht - wie durch die Beklagte und das SG angenommen - in § 55 SGB V, der erst zum 01. Januar 2005 in Kraft getreten ist, geregelt; vielmehr ist maßgebliche Begrenzungsregelung hier § 30 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SolG) vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I, S. 3853). Im Ergebnis wirkt sich dies indes nicht aus; denn ein über den bereits bezahlten Betrag von EUR 1.697,48 hinausgehender Betrag ergibt sich auch nach Maßgabe dieser Vorschrift nicht.
Nach der Begrenzungsregelung des § 30 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 war die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung bei Versorgung mit Zahnersatz im Wesentlichen wie folgt geregelt: Nach Abs. 1 aaO haben Versicherte Anspruch auf medizinisch notwendige Versorgung mit Zahnersatz. Der Zahnersatz umfasst auch Zahnkronen. Bei großen Brücken ist die Versorgung auf den Ersatz von bis zu vier fehlenden Zähnen je Kiefer und bis zu drei fehlenden Zähnen je Seitenzahngebiet begrenzt. Bei Kombinationsversorgungen ist die Versorgung auf zwei Verbindungselemente je Kiefer, bei Versicherten mit einem Restzahnbestand von höchstens drei Zähnen je Kiefer auf drei Verbindungselemente je Kiefer begrenzt. Für Suprakonstruktionen besteht der Anspruch in vom (damaligen) Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegenden Ausnahmefällen (§ 30 Abs. 1 SGB V). Versicherte leisten zu der Versorgung mit Zahnersatz nach Abs. 1 einen Anteil von 50 v.H. der Kosten auf der Berechnungsgrundlage des Heil- und Kostenplans an den Vertragszahnarzt. Für eigene Bemühungen zur Gesunderhaltung der Zähne mindert sich der Anteil um zehn Prozentpunkte. Der Anteil mindert sich um weitere fünf Prozentpunkte, wenn Versicherte ihre Zähne regelmäßig gepflegt und in den letzten zehn Kalenderjahren vor Beginn der Behandlung die Untersuchungen nach den Nrn. 1 und 2 ohne Unterbrechung in Anspruch genommen haben (§ 30 Abs. 2 Satz 1, Satz 3 und Satz 5 SGB V). Wählen Versicherte einen über die Versorgung nach Absatz 1 hinausgehenden Zahnersatz, erhalten sie die Leistungen nach Absatz 1 im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung. Die Mehrkosten der zusätzlichen, über die Versorgung nach Absatz 1 hinausgehenden Leistungen haben sie selbst in vollem Umfang zu tragen (§ 30 Abs. 3 SGB V). Diese Regelung setzt den in § 12 SGB V statuierten Wirtschaftlichkeitsgrundsatz um, wonach Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen. Ergänzend hierzu regeln die auf der Grundlage von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V ergangenen Zahnersatz-Richtlinien (hier: in der maßgeblichen Fassung vom 04. Juni 2003, BAnz. Nr. 226, S. 24 966, auf der Grundlage eines Beschlusses noch des damaligen Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen) die Maßstäbe einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz und Zahnkronen. Nr. 16 Satz 5 dieser Richtlinie bestimmt, dass bei der Auswahl von Dentallegierungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung beachtet werden soll, dass Nichtedelmetall und NEM-Legierungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein können.
b) Ausgehend davon stand der Versicherten mehr als der bereits von der Beklagten bezahlte Betrag von EUR 1.697,48 nicht zu. Die Beklagte hat der Versicherten einen Anteil von 50 % des zahnärztlichen Honorars sowie (abgesehen von den Metallkosten) der Material- und Laborkosten übernommen. Die Verpflichtung zur Bezahlung eines höheren Anteils nach Maßgabe des § 30 Abs. 2 SGB V ergab sich nicht, denn - wie zwischen den Beteiligten im Übrigen unstreitig ist - die Versicherte hatte die hierfür erforderlichen regelmäßigen prophylaktischen Behandlungen nicht durchführen lassen. Auch der zu den Metallkosten gewährte Zuschuss von insgesamt EUR 55,00 ist nicht zu beanstanden; er entspricht den Kosten für NEM-Legierungen und folglich den Vorgaben in Nr. 16 Satz 5 der Zahnersatz-Richtlinien vom 04. Juni 2003 an eine wirtschaftliche Versorgung mit Zahnersatz (so auch das Bayerische LSG, Beschluss vom 18. September 2006 - L 4 B 149/06 KR PKH - sowie Urteil vom 31. Oktober 2002 - L 4 KR 21/00 - beide veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Ein weitergehender Anspruch besteht nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG regelt § 30 SGB V als Sondertatbestand die Ansprüche bei Versorgung mit Zahnersatz abschließend (so grundlegend das BSG, Urteil vom 06. Oktober 1999 - B 1 KR 9/99 R - BSGE 85, 66 ff.). Die in einigen älteren Entscheidungen offen gelassene Frage, ob in besonders gelagerten Einzelfällen eine teleologische Reduktion der Zuschussregelung in § 30 SGB V in Betracht komme (so insbesondere BSG, Urteil vom 08. März 1995 - 1 RK 7/94 -, BSGE 76, 40), hat das BSG in dieser späteren Entscheidung ausdrücklich verneint und hervorgehoben, dass aufgrund der Detailregelungen für die verschiedenen Aspekte der zahnmedizinischen Versorgung weder Krankenkassen noch Gerichte befugt sein könnten, sich bei Zahnersatzleistungen unter Berufung auf besondere medizinische Zusammenhänge über die eindeutige gesetzliche Beschränkung auf einen bestimmten Kostenanteil hinwegzusetzen und dem Gesetz eine Leistungspflicht ohne Eigenanteil zu entnehmen. Zur Begründung hat das BSG weiter ausgeführt, wenn heute bestimmte Fallgestaltungen von einer Beschränkung des Versicherungsschutzes hätten ausgenommen werden sollen, hätte dies im Gesetz eine ausdrückliche Regelung erfahren müssen, wie sie z.B. für kieferorthopädische Kombinationsleistungen bei Erwachsenen vorgenommen worden sei. Auch habe § 30 Abs. 2 SGB V (früher § 30 Abs. 1a SGB V) in den in den Jahren 1997 und 1998 geltenden Fassungen Ausnahmen für Versicherte bestimmter Altersstufen vorgesehen, wenn der Zahnersatz bei der Behandlung einer anderen Erkrankung eine Rolle gespielt habe. Ein Rückgriff auf den umfassenden Sachleistungs- oder Naturalverschaffungsanspruch, der sich für zahnärztliche Behandlungen aus den §§ 27, 28 Abs. 2 SGB V ergibt, verbietet sich daher auch dann, wenn die zahnmedizinische Behandlung durch eine andere Behandlung erst erforderlich wird. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialien bieten Anhaltspunkte dafür, dass die Höhe des Zuschusses von der Art der Erkrankung abhängig sein soll (vgl. ebenso LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22. Februar 2006 - L 5 KR 123/04 -, Sächsisches LSG, Urteil vom 15. Januar 2003 - L 1 KR 83/01 -, beide in juris; vgl. entsprechend zur Neuregelung des § 55 SGB V im Übrigen auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29. Januar 2009 - L 10 KR 57/06 -, ebenfalls in juris). Die Gesetzessystematik geht vielmehr von der ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung einerseits und der Versorgung mit Zahnersatz einschließlich der zugehörigen Behandlungsmaßnahmen andererseits als jeweils selbstständige Leistungen aus, die nicht schon dadurch eine einheitliche Leistung mit umfassender Leistungspflicht der Krankenkasse bilden, dass sie medizinisch voneinander abhängig sind. Wegen der Häufigkeit des Zusammenhangs mit anderen ärztlich oder zahnärztlich zu behandelnden Erkrankungen hätte die Beschränkung auf den Kostenzuschuss im Übrigen praktisch keine Bedeutung mehr, was sich mit ihrem Sinn und Zweck nicht vereinbaren ließe (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22. Februar 2006 - L 5 KR 123/04 -, aaO). Es ist daher festzuhalten, dass ein möglicher ursächlicher Zusammenhang der zahnprothetischen Versorgung mit anderen Erkrankungen nicht zu einer Erhöhung des von dem Versicherten zu tragenden Kostenanteils führt.
Eine weitergehende Kostentragungspflicht der Beklagten kann aber - anders als vom Kläger geltend gemacht - auch nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten aus der schwerwiegenden Krebserkrankung der Versicherten und deren Folgen hergeleitet werden. In seiner Entscheidung vom 14. August 1998 (1 BvR 897/98), auf die sich der Kläger beruft, hat das BVerfG entschieden, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG bei verfassungskonformer Auslegung der Vorschriften des SGB V über die Eigenbeteiligung des Versicherten an den zahnärztlichen Behandlungskosten in bestimmten Fällen gebietet, dem Versicherten Heilbehandlungsmaßnahmen ohne die an sich gesetzlich vorgesehene Eigenbeteiligung zu verschaffen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn ein Arzt bei Einhaltung der Regeln der ärztlichen Kunst verpflichtet gewesen sei, eine ihm keinen Spielraum belassende Vorgabe des Leistungs- oder des Leistungserbringungsrechts des SGB V zu beachten und nur eine bestimmte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anzuwenden und wenn hierdurch die Gesundheit des Versicherten geschädigt worden ist. Zur Begründung dessen, weshalb auf zwingende Vorgaben des Leistungs-(erbringungs)rechts abzustellen ist, hat das BVerfG im Weiteren ausgeführt, dass sich in einem solchen Falle ein in der Risikosphäre der gesetzlichen Krankenversicherung liegender Schaden realisiere. Das BVerfG hat folglich nach Risikosphären (der Sphäre der Krankenversicherung und derjenigen des Versicherten) unterschieden. In seinem Urteil vom 06 Oktober 1999 (aaO) ist das BSG dieser Entscheidung ausdrücklich gefolgt. Es hat den Rechtsgedanken des BVerfG über einen der Risikosphäre der gesetzlichen Krankenversicherung zuzurechnenden hoheitlichen Eingriff aufgegriffen, diesen ebenfalls bejaht für den Fall, dass ein Arzt bei Einhaltung der Regeln der ärztlichen Kunst verpflichtet war, eine ihm keinen Spielraum belassende Vorgabe des Leistungs- oder des Leistungserbringungsrechts des SGB V zu beachten und nur eine bestimmte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anzuwenden, und hierzu klarstellend ausgeführt, dass es nur in einem solchen Fall in Anwendung des richterrechtlich entwickelten Instituts der Aufopferung geboten ist, die Kosten des Zahnersatzes in vollem Umfang zu übernehmen und den Versicherten von dem eigentlich vorgesehenen Eigenanteil zu befreien. Es hat die Rechtsprechung des BVerfG folglich mit Blick darauf für zutreffend gehalten, dass der allgemeine Rechtsgedanke, dass der Einzelne für ein ihm durch hoheitlichen Zwang unter Verletzung des Gleichheitssatzes im öffentlichen Interesse auferlegtes Sonderopfer eine billige Entschädigung von der Allgemeinheit erhalten soll, nicht nur zur Schaffung zahlreicher gesetzlicher Anspruchsgrundlagen geführt hat, sondern vielmehr dieser Rechtsgedanke auch bei der Auslegung von Vorschriften zu beachten sein kann, die wie § 30 SGB V eine Risikoabgrenzung zwischen dem Einzelnen und dem Gemeinwesen vornehmen (BSG vom 06. Oktober 1999 - B 1 KR 9/99 R -, aaO).
Die Voraussetzungen eines solchen - durch die Risikosphäre der Beklagten begründeten - Sonderopfers sind hier jedoch nicht erfüllt. Völlig zutreffend hat das SG entscheiden, dass der der Versicherten seinerzeit entstandene zahnärztliche Schaden gerade nicht in der Risikosphäre der Beklagten, sondern derjenigen der Versicherten selbst (im Sinne eines allgemeinen Lebensrisikos) begründet lag. Durch die Bestrahlungsbehandlung hat sich kein Schaden realisiert, den die Beklagte durch konkrete behandlungsbegrenzende Vorgaben (etwa Einschränkungen im Material, in der Behandlungsart o.ä. z.B. mit dem Ziel der Kostensenkung) verursacht hat, und der dann - aufgrund der gesetzlichen Pflichtversicherung - durch die Versicherte hinzunehmen gewesen wäre. Vielmehr ist der entstandene Schaden durch die seinerzeit einzig medizinisch sinnvolle Behandlungsmethode eingetreten. Nach der vom SG eingeholten Auskunft des Prof. Dr. W. vom 16. Oktober 2009 bestand bei der Erkrankung der Versicherten zu der bei ihr im Jahr 2003 durchgeführten Strahlentherapie keine Behandlungsalternative; sie stellte vielmehr nach Versagen der Radio-Jod-Therapie sowie Durchführung einer radikalen Operation die einzig mögliche therapeutische Option dar. Dies ist zwischen den Beteiligten im Übrigen auch nicht streitig.
Damit aber lag eine durch die Vorgaben des Leistungserbringungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung bedingte Beschränkung der Behandlungsmöglichkeiten nicht vor. Durch die Einbeziehung der Versicherten in die gesetzliche Krankenversicherung wurde kein Gefahrenbereich neu geschaffen, der nicht auch außerhalb einer staatlichen (Zwangs)Versicherung auf Grund des allgemeinen Risikos bestanden hätte. Der Versicherten wurde gerade kein Sonderopfer abverlangt; sie erhielt vielmehr die bestmögliche medizinische Versorgung, die im Übrigen auch jeder andere nicht gesetzlich krankenversicherte Krebspatient in einer entsprechenden Situation erhalten hätte (vgl. entsprechend etwa Sächsisches LSG, Urteil vom 15. Januar 2003 - L 1 KR 83/01 -, und LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. November 2002 - L 16 KR 115/02 und L 16 KR 245/02 -). Für das Risiko an einem - wie hier - schwerwiegenden Leiden zu erkranken wie auch für den medizinischen Erkenntnistand hat die Beklagte indes nicht einzustehen. Es fehlt damit an einem Anknüpfungspunkt, um die Versicherte mit Rücksicht auf den Aufopferungsgedanken vom gesetzlich vorgesehenen Eigenanteil befreien zu können.
Soweit der Kläger mit seinem Vorbringen über eine seinerzeit der Versicherten nicht angelegte Schutzmaske auf einen Behandlungsfehler abstellt, liegen von vornherein die Voraussetzungen für ein Sonderopfer nicht vor. Das BVerfG hat ausdrücklich ein solches nur bei Einhaltung der Regeln der ärztlichen Kunst begründbar gesehen.
c) Kam daher ein Anspruch auf Übernahme auch des von der Versicherten bezahlten Eigenanteils in Höhe von EUR 1.920,01 nicht in Betracht, kann der Kläger schon deshalb auch mit seinem weiterhin geltend gemachten Zins- und Bearbeitungskostenanspruch aus der damals im Wege der Ratenzahlung beglichenen Rechnung nicht durchdringen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Wie ausgeführt, hat das BSG die wesentlichen Maßstäbe für einen über die Begrenzung des § 30 SGB V hinausgehenden Leistungsanspruch auf Zahnersatz bereits umfassend dargelegt.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt als Witwer und Sonderrechtsnachfolger der am 1941 geborenen und am 2010 verstorbenen E. H. (Versicherte) die Erstattung auch des von der Versicherten bezahlten Eigenanteils für die Versorgung mit Zahnersatz in Höhe von EUR 1.920,01 zuzüglich im Rahmen einer Ratenzahlungsvereinbarung angefallener Zinsen und Verwaltungskosten in Höhe von EUR 130,86, insgesamt EUR 2.050,87.
Die Versicherte, die bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert war, erkrankte im Jahr 1998 an Schilddrüsenkrebs. Infolgedessen unterzog sie sich mehrerer Radiojodtherapien und Rezidiv-operationen, bei denen auch ein Teil des Kehlkopfes entfernt wurde. Vom 27. Januar bis 28. Februar 2003 erfolgte bei ihr eine Strahlentherapie in der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des U.-klinikums U. mit fünf Bestrahlungen pro Woche über fünf Wochen hinweg bei einer Gesamtdosis von 50 gy ("Gray"). Am 27. Mai 2004 wurden der Versicherten durch ihren behandelnden Zahnarzt Dr. R. die Zähne 16, 17, 24, 25 und 26, am 26. Juli 2004 der Zahn 23, sowie - nach Angabe des Dr. R. am 01. Juni 2009 (richtig wohl: 2004) der Zahn 41 extrahiert.
Am 29. Juni 2004 legte die Versicherte bei der Beklagten den Heil- und Kostenplan des Dr. R. vom 22. Juni 2004 über die Erstellung von Zahnersatz in Form einer Unterkiefer-Frontzahnbrücke sowie einer Kombinationsarbeit im Oberkiefer in Form einer Teleskopprothese vor. In der Gebührenvorausberechnung gab Dr. R. einen Punktwert von 0,7352, ein voraussichtliches zahnärztliches Honorar in Höhe von EUR 1.139,56, geschätzte Material- und Laborkosten in Höhe von EUR 3.577,91, und folglich geschätzte Gesamtkosten in Höhe von EUR 4.717,47 an. Die Beklagte ließ diesen Heil- und Kostenplan durch den Prothetikgutachter Dr. T. gutachterlich bewerten, der ausweislich seiner Stellungnahme vom 18. Juli 2004 den Behandlungsplan befürwortete. Auf dem Heil- und Kostenplan wurde ein Zuschuss zu der durchgeführten Behandlung mit 50% des zahnärztlichen Honorars und der notwendigen Material- und Laborkosten sowie zusätzlich von EUR 5,00 für NEM-Legierungen je Abrechnungseinheit vermerkt.
Die Eingliederung des Zahnersatzes erfolgte am 17. September 2004. Unter Spalte "IV. Abrechnung" des Heil- und Kostenplans schrieb die Beklagte unter dem 17. September 2004 aus den dann tatsächlich in Rechnung gestellten Gesamtkosten in Höhe von EUR 3.707,29 einen durch sie zu bezahlenden Anteil von EUR 1.697,48 fest, den sie - ohne Erlass eines gesonderten Bescheides hierüber - an die Versicherte bezahlte. Diesen Betrag errechnete sie wie folgt: Von den Metallkosten in Höhe von EUR 422,33 übernahm sie einen Teilbetrag von EUR 55,00 (EUR 5,00 multipliziert mit elf Abrechnungseinheiten); von den verbleibenden Kosten (zahnärztliches Honorar und Labor- und Materialkosten) von EUR 3.284,96 übernahm sie einen Zuschuss von 50%. Infolgedessen errechnete sie einen Betrag von EUR 2.009,81 als durch die Versicherte zu tragenden Eigenanteil. Die Versicherte trug allerdings - ausweislich der von ihr vorgelegten Ratenzahlungsvereinbarung vom 21. Oktober 2004 und abweichend von der durch die Beklagte durchgeführten Abrechnung - Kosten in Höhe von (nur) EUR 1.920,01. Ein höherer Betrag wird auch durch den Kläger nicht geltend gemacht.
Mit Schreiben vom 22. April 2007 beantragte die Versicherte bei der Beklagten die Erstattung der von ihr selbst im Jahr 2004 getragenen Kosten in Höhe von EUR 2.050,87. In diesem Betrag waren ausweislich der Ratenzahlungsvereinbarung vom 21. Oktober 2004 der Eigenanteil in Höhe von EUR 1.920,01, Zinsen aufgrund der Ratenzahlung in Höhe von EUR 111,65 sowie Bearbeitungsgebühren in Höhe von EUR 19,21 enthalten. Die Versicherte trug vor, nach einer fünfwöchigen, täglichen Strahlentherapie im Jahre 2003 habe sie als Folgeschaden der Strahlenbehandlung Zahnausfall bekommen. Die fünfwöchige Strahlentherapie sei ohne eine für sie eventuell notwendige Schutzmaske erfolgt. Vor Durchführung der Strahlentherapie hätten sich ihre Zähne in einwandfreiem Zustand befunden. Ihrem Antrag fügte die Versicherte die Berichte des Prof. Dr. Rö. der Abteilung Strahlentherapie des U.-klinikums U. vom 13. Januar 2003 sowie vom 28. Februar 2003 über die durchgeführte Bestrahlung bei.
Im Auftrag der Beklagten erstattete Dr. U. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg sein Gutachten vom 03. Mai 2007. Dr. U. führte darin aus, aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung sei eine über den gesetzlichen Festzuschuss hinausgehende Kostenbeteiligung am Zahnersatz unabhängig von einer sonstigen Erkrankung ausgeschlossen. Zahnersatz könne demnach ursachenunabhängig immer nur anteilig entsprechend den persönlichen Voraussetzungen des Versicherten (Bonusheft, Härtefallregelung) bezuschusst werden. Mit Bescheid vom 08. Mai 2007 lehnte daraufhin die Beklagte die volle Kostenübernahme des 2004 durchgeführten Zahnersatzes ab. Den Widerspruch der Versicherten hiergegen wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 03. Juli 2007 zurück. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf einen befundorientierten Festzuschuss bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz. Der Festzuschuss umfasse 50% der festgesetzten Beträge der jeweiligen Regelversorgung. Für eine Bemühung der Gesunderhaltung der Zähne erhöhe sich dieser Festzuschuss um 20%. Aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung sei eine über den gesetzlichen Festzuschuss hinausgehende Kostenbeteiligung am Zahnersatz unabhängig von einer sonstigen Erkrankung ausgeschlossen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe eindeutig dargestellt, dass ein möglicher und ursächlicher Zusammenhang der zahnprothetischen Versorgung mit anderen Erkrankungen nicht zu einer Erhöhung des von der Krankenkasse zu tragenden Kostenanteils führen könne. Es sei also unerheblich, ob möglicherweise Zusammenhänge zwischen einer sonstigen Erkrankung und der Notwendigkeit einer Zahnersatzbehandlung bestünden. Zahnersatz könne demnach ursachenunabhängig immer nur anteilig entsprechend den persönlichen Voraussetzungen des Versicherten bezuschusst werden.
Dagegen erhob die Versicherte am 02. August 2007 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) könne Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften des SGB V über die Eigenbeteiligung des Versicherten an den zahnärztlichen und zahntechnischen Behandlungs- und Leistungskosten in bestimmten Fällen dahin gebieten, dass dem Versicherten Heilbehandlungsmaßnahmen ohne die an sich nach den jeweils maßgeblichen Vorschriften vorgesehene Eigenbeteiligung zu verschaffen seien (Beschluss vom 14. August 1998 - 1 BvR 897/98 - NJW 1999, 857). Dies gelte jedenfalls dann, wenn ein Arzt bei Einhaltung der Regeln der ärztlichen Kunst verpflichtet gewesen sei, eine ihm keinen Spielraum belassende Vorgabe des Leistungs- oder des Leistungserbringungsrechts des SGB V zu beachten und nur eine bestimmte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anzuwenden sei, und wenn hierdurch ursächlich die Gesundheit des Versicherten geschädigt worden sei. Diese Kriterien seien in ihrem Fall erfüllt. Die Strahlenbehandlung sei medizinisch indiziert gewesen. Eine andere Behandlungsmethode habe nicht zur Verfügung gestanden, um ihre Krebserkrankung ausreichend nachzubehandeln. Unerheblich sei, dass die Schädigung des Ober- und Unterkiefers lediglich mittelbar verursacht worden sei. Es komme allein auf die Ursächlichkeit der Behandlungsmethode an.
Mit Blick auf eine beim BSG anhängige Revision (B 1 KR 21/07 R) ordnete das SG auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens an (Beschluss vom 31. Oktober 2007). Nach Erledigung des revisionsgerichtlichen Verfahrens durch Vergleich rief die Versicherte das Verfahren am 22. Januar 2009 wieder an. Sie trug ergänzend vor, dass sie - in einer anderen Klinik - zwischenzeitlich erneut in strahlentherapeutischer Behandlung sei. Dabei habe man ihr erläutert, dass bei einer Bestrahlung im Hals- und Schulterbereich eine Schutzmaske für das Gesicht angebracht sei. Diese sei im Universitätsklinikum Ulm nicht verwendet worden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen auf das Urteil des Hessischen LSG vom 24. Mai 2007 (L 8 KR 82/06) zu einer Tumorerkrankung im Oberkiefer mit Teilentfernung des Kieferknochen, derzufolge auch in einer solchen Konstellation Zahnersatz nur in Höhe von 50 % zu übernehmen sei. Im Verlaufe des Klageverfahrens teilte sie zudem mit, die Versicherte erfülle nach Auskunft des behandelnden Zahnarztes auch weder die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 4 SGB V noch des Satzes 5 dieser Vorschrift. Die Versicherte sei jährlich zur Beratung, jedoch nicht zur Untersuchung und Vorsorge erschienen.
Das SG hörte Dr. R. und Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. R. berichtete in seiner Auskunft vom 08. Juli 2009 über eine kontinuierliche Behandlung seit dem 04. Juli 1994. Am 06. Februar 2003 habe er bei der Versicherten eine Füllung gesetzt und sie über die Strahlentherapie aufgeklärt. Zu diesem Zeitpunkt sei das Zahnsystem in einem altersgemäßen Zustand gewesen. Nach der Strahlentherapie sei der Zustand des Zahnsystems sehr schlecht gewesen. Bei der über Jahre hinweg guten Mundhygiene der Versicherten könne sich der Zahnzustand in einem so kurzen Zeitraum nicht ohne Fremdeinwirkung derartig verschlechtert haben. Eine schädigende Wirkung auf das Zahnsystem durch Bestrahlung sei hinlänglich bekannt und nachgewiesen. Prof. Dr. W. (Auskunft vom 16. Oktober 2009) teilte mit, die Versicherte sei in der Zeit vom 27. Januar 2003 bis zum 28. Februar 2003 percutan bestrahlt worden. Die letzte Wiedervorstellung der Versicherten in diesem Zusammenhang sei am 15. November 2006 mit der Frage einer möglichen Re-Bestrahlung erfolgt, die jedoch damals nicht erforderlich gewesen sei. Die ursprüngliche Diagnose sei ein Rezidiv eines Schilddrüsenkarzinoms gewesen, das vor Einleitung der percutanen Strahlentherapie fünfmal mittels Radio-Jod-Therapie behandelt worden sei. Darüber hinaus sei eine radikale Operation erfolgt. Aufgrund der mehrfachen Rezidive, die nicht jodspeichernd und somit nuklearmedizinisch keiner zusätzlichen Therapie zugänglich gewesen seien, habe die Indikation zur percutanen Strahlentherapie des Schilddrüsenbettes bestanden. Die einzig sinnvolle Möglichkeit zur Erzielung einer lokalen Kontrolle des Tumors sei die Nachbestrahlung des Schilddrüsenbettes und der zervikalen Lymphabflusswege gewesen. Dieses habe dem damaligen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprochen. Alternative Methoden mit vergleichbarer Wirksamkeit hätten nicht zur Verfügung gestanden. Auch nach heutigem Stand der Wissenschaft werde eine solche Therapie unverändert vorgenommen. Durch die Strahlentherapie habe nach damaligem Stand der Technik ein sehr hohes Risiko des vollständigen Verlustes der Speicheldrüsenfunktion der großen Speicheldrüsen bestanden, was dann zu einer anhaltenden Mundtrockenheit führe. Dadurch und durch den zugrunde liegenden Speichelmangel sei das Kariesrisiko signifikant erhöht. Auch nach primär umfangreicher Zahnsanierung sei deshalb im weiteren Verlauf ein signifikantes Risiko für den Verlust von Zähnen auch bei regelmäßigen zahnärztlichen Kontrollen und guter Zahnhygiene gegeben. In diesem speziellen Fall sei der mögliche Funktionsverlust der Speicheldrüsen allerdings ebenfalls durch die vorausgegangene Radio-Jod-Therapie hochwahrscheinlich. Es handele sich also um eine Kombination der beiden therapeutischen Verfahren.
Mit Urteil vom 23. Juli 2010 wies das SG die Klage ab. Zwischen den Beteiligten bestehe kein Streit über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Ihrer sich danach ergebenden Kostenübernahmeverpflichtung sei die Beklagte durch Bezahlung eines Anteils in Höhe von EUR 1.697,48 aber schon nachgekommen. Für die Übernahme des von der Versicherten geltend gemachten, darüber hinausgehenden Betrages in Höhe von EUR 2.050,87 gebe es keine Rechtsgrundlage. Weder könne die Versicherte die Bonusregelungen in § 55 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB V für sich beanspruchen. Noch lägen die Voraussetzungen von § 55 Abs. 2 und 3 SGB V vor. Es sei auch von Seiten der Versicherten weder im Jahr 2004 noch im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits vorgetragen worden, dass sie durch die Höhe der entstandenen Kosten unzumutbar belastet worden sei. Die vom BSG in seinem Urteil vom 06. Oktober 1999 (B 1 KR 9/99 R) infolge des Beschlusses des BVerfG vom 14. August 1998 entwickelten Grundsätze über eine teleologische Reduktion der in § 55 Abs. 1 SGB V enthaltenen Zuschussregelung und damit die ausnahmsweise Befreiung vom gesetzlichen Eigenanteil aus verfassungsrechtlichen Gründen führten vorliegend ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage. Dies setze voraus, dass die Wahl der konkreten Behandlung auf einer Vorgabe des Leistungs- oder Leistungserbringungsrechts, die für den behandelnden Arzt verbindlich sei, auf einer gesetzlichen Einschränkung oder auch auf einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 SGB V beruhe. Eine derartige zwingende rechtliche Vorgabe, die den behandelnden Arzt allein auf eine percutane Bestrahlung des ehemaligen Schilddrüsenbettes festgelegt hätte, habe vorliegend jedoch nicht bestanden. Entscheidend für die Durchführung der Bestrahlung sei nach der Auskunft des Prof. Dr. W. vielmehr gewesen, dass keine anderen, vergleichbar wirksamen Behandlungsmethoden mehr zur Verfügung gestanden hätten. Aus diesem Grund sei durch die Bestrahlung der Versicherten kein Gefahrenbereich neu geschaffen worden, der nicht auch außerhalb einer staatlichen Zwangsversicherung aufgrund des allgemeinen Risikos jeder medizinischen Maßnahme in ähnlicher Form bestehe und daher nicht in der hoheitlichen Maßnahme selbst angelegt sei. Ein vom Aufopferungsanspruch vorausgesetztes Sonderopfer liege deshalb nicht vor. Soweit die Versicherte anführe, ihr sei während der Bestrahlung keine Schutzmaske angelegt worden, führe auch dies nicht zu einer anderen Entscheidung. Eine Verletzung der Regeln der ärztlichen Kunst wäre im Verhältnis zum behandelnden Arzt und nicht gegenüber der beklagten Krankenkasse geltend zu machen.
Gegen dieses ihr am 28. Juli 2010 zugestellte Urteil hat die Versicherte am 19. August 2010 Berufung eingelegt. Das Urteil des SG setze den Beschluss des BVerfG vom 14. August 1998 nicht zutreffend um. Das BVerfG habe gerade nicht ausgeführt, dass zwingend eine Vorgabe des Leistungs- oder Leistungserbringungsrechts gegeben sein müsse. Eine Abgrenzung treffe das BVerfG zu Fällen, in welchen der Arzt aus einer Mehrzahl vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Behandlungsmethoden eine auswähle, welche sich im konkreten Fall als schädlich erweise. Hier verhalte es sich indes so, dass bereits sämtliche andere Behandlungsmethoden erschöpft gewesen seien. In einem solchen Fall müsse dem Versicherten die Heilbehandlungsmaßnahme in Form von Zahnersatz ohne vorgesehene Eigenbeteiligung verschafft werden. Es sei den Betroffenen nicht zumutbar, sich auf das allgemeine Lebensrisiko verweisen lassen zu müssen. Unklar sei auch, in welchen Fällen eine Vorgabe des Leistungs- oder Leistungserbringungsrechts gegeben sein solle und in welchen Fällen hiervon nicht auszugehen sei. In Fällen, in welchen keine anderweitige medizinische Behandlungsmethode mehr zur Verfügung stehe, sei es auch aus leistungsrechtlicher Sicht geboten, erfolgversprechende medizinische Maßnahmen zu ergreifen, sofern diese das Leben der betreffenden Person verlängern könnten. Zudem weiche der vorliegende Sachverhalt von dem durch das BSG in seinem Urteil vom 06. Oktober 1999 entschiedenen ab. Die Angelegenheit habe daher auch grundsätzliche Bedeutung.
Am 29. November 2010 ist die Versicherte verstorben. Ihr Ehemann, der jetzige Kläger, führt das Verfahren weiter.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. Juli 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 08. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 2.050,87 zu bezahlen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die erstinstanzlichen Akten (S 13 KR 415/09 sowie S 5 KR 2973/07), die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Senatsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
1. Zur Überprüfung steht der Bescheid der Beklagten vom 08. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2007, mit welchem diese die Erstattung auch der weiteren, über den von ihr bereits bezahlten Betrag von EUR 1.697,48 hinausgehenden Kosten für die am 17. September 2004 erfolgte Versorgung mit Zahnersatz abgelehnt hat. Der Senat lässt dahin gestellt, ob in der Festsetzung der Bezahlung lediglich eines Teilbetrags durch die Beklagte auf dem Heil- und Kostenplan vom 22. Juni 2004 unter dem Datum vom 17. September 2004 ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit dem Inhalt zu sehen ist, dass nur dieser Betrag bezahlt, die Bezahlung im Übrigen jedoch abgelehnt werde (in diesem Sinne etwa: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Dezember 2006 - L 16 KR 101/06 - juris Rn. 24). Dann wäre die Rechtmäßigkeit dieser früheren Entscheidung der Beklagten durch die Versicherte nach Maßgabe des § 44 SGB X zur Überprüfung gestellt worden. Nachdem die Beklagte hierüber jedoch keinen ausdrücklich an die Versicherte gewandten eigenen Bescheid erlassen hat, kommt in dem hier angegriffenen Bescheid vom 08. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2007 auch eine Erstablehnung in Betracht. Der Senat kann die rechtliche Qualität des hier angegriffenen Bescheides jedoch dahingestellt sein lassen, weil auch ausgehend von § 44 SGB X, der eine rechtswidrige Ablehnung der vorangegangenen Entscheidung voraussetzt, ein Leistungsanspruch des Klägers nicht in Betracht kommt. Die - sei es als Überprüfungsbescheid, sei es als Erstbescheid - mit Bescheid vom 08. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2007 erfolgte Ablehnung der Kostenerstattung ist nämlich rechtmäßig und verletzt auch den Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht in seinen Rechten. Da schon der Versicherten ein Anspruch auf Erstattung der über den Festzuschuss von EUR 1.697,48 hinausgehenden Kosten für Zahnersatz noch ein an seine Stelle getretener Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V (zum Übergang von Kostenerstattungsansprüchen auf Sonderrechtsnachfolger: BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 5) zugestanden hatte, kann auch der Kläger als vorrangiger Sonderrechtsnachfolger nicht die Erstattung dieser Kosten verlangen. Dies hat das SG im Ergebnis zutreffend entschieden.
2. Da die Versicherte nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Erstattung der durch die am 17. September 2004 erfolgte Versorgung mit Zahnersatz entstandenen Kosten über den bereits von der Beklagten bezahlten Anteil von EUR 1.697,48 hinaus, den der Kläger mit EUR 2.050,87 beziffert hat, nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht.
a) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistungen nicht rechtzeitig erbringen (Alternative 1) oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden (Alternative 2), sind nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Voraussetzung für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V ist, dass die Beklagte einem Versicherten die Versorgung mit Zahnersatz als Sach- oder Dienstleistung schuldete und sie nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erfüllt bzw. rechtzeitig zu erfüllen abgelehnt hat. Nach ständiger Rechtsprechung reicht dieser Anspruch jedoch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 m.w.N.). Der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V kann daher die Grenzen des Leistungssystems nicht erweitern, sondern setzt einen Leistungsanspruch voraus. Maßgeblich ist dabei, ob der Leistungsanspruch zum Zeitpunkt der Behandlung bestanden hat; spätere Rechtsänderungen zugunsten oder zu Ungunsten des Versicherten vermögen den Leistungsanspruch nicht über einen erst später geltend gemachten Erstattungsanspruch nachträglich zu verändern (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 08. Februar 2000 - B 1 KR 18/99 B - SozR 3-2500 § 135 Nr. 12 zur nur für die Zukunft geltenden Anerkennung einer Heilmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss; vgl. dazu auch Brandts, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, EL 64 Januar 2010, § 13 SGB V Rn. 54). Ein Anspruch auf die Übernahme der vollen Kosten, nicht dagegen nur eines Anteils in Höhe von EUR 1.697,48, ergab sich zugunsten der Versicherten zum Zeitpunkt der Zahnbehandlung im September 2004 jedoch nach den Vorschriften des SGB V in der hier maßgeblichen Fassung nicht.
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der hier maßgeblichen, seither unverändert geltenden Fassung des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst dabei gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V in der Fassung des GRG unter anderem auch die zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz. Allerdings wird die Leistungspflicht der Beklagten insoweit begrenzt. Zum Zeitpunkt der Zahnersatzversorgung am 17. September 2004 war die Leistungsbegrenzung jedoch nicht - wie durch die Beklagte und das SG angenommen - in § 55 SGB V, der erst zum 01. Januar 2005 in Kraft getreten ist, geregelt; vielmehr ist maßgebliche Begrenzungsregelung hier § 30 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SolG) vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I, S. 3853). Im Ergebnis wirkt sich dies indes nicht aus; denn ein über den bereits bezahlten Betrag von EUR 1.697,48 hinausgehender Betrag ergibt sich auch nach Maßgabe dieser Vorschrift nicht.
Nach der Begrenzungsregelung des § 30 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 war die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung bei Versorgung mit Zahnersatz im Wesentlichen wie folgt geregelt: Nach Abs. 1 aaO haben Versicherte Anspruch auf medizinisch notwendige Versorgung mit Zahnersatz. Der Zahnersatz umfasst auch Zahnkronen. Bei großen Brücken ist die Versorgung auf den Ersatz von bis zu vier fehlenden Zähnen je Kiefer und bis zu drei fehlenden Zähnen je Seitenzahngebiet begrenzt. Bei Kombinationsversorgungen ist die Versorgung auf zwei Verbindungselemente je Kiefer, bei Versicherten mit einem Restzahnbestand von höchstens drei Zähnen je Kiefer auf drei Verbindungselemente je Kiefer begrenzt. Für Suprakonstruktionen besteht der Anspruch in vom (damaligen) Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegenden Ausnahmefällen (§ 30 Abs. 1 SGB V). Versicherte leisten zu der Versorgung mit Zahnersatz nach Abs. 1 einen Anteil von 50 v.H. der Kosten auf der Berechnungsgrundlage des Heil- und Kostenplans an den Vertragszahnarzt. Für eigene Bemühungen zur Gesunderhaltung der Zähne mindert sich der Anteil um zehn Prozentpunkte. Der Anteil mindert sich um weitere fünf Prozentpunkte, wenn Versicherte ihre Zähne regelmäßig gepflegt und in den letzten zehn Kalenderjahren vor Beginn der Behandlung die Untersuchungen nach den Nrn. 1 und 2 ohne Unterbrechung in Anspruch genommen haben (§ 30 Abs. 2 Satz 1, Satz 3 und Satz 5 SGB V). Wählen Versicherte einen über die Versorgung nach Absatz 1 hinausgehenden Zahnersatz, erhalten sie die Leistungen nach Absatz 1 im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung. Die Mehrkosten der zusätzlichen, über die Versorgung nach Absatz 1 hinausgehenden Leistungen haben sie selbst in vollem Umfang zu tragen (§ 30 Abs. 3 SGB V). Diese Regelung setzt den in § 12 SGB V statuierten Wirtschaftlichkeitsgrundsatz um, wonach Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen. Ergänzend hierzu regeln die auf der Grundlage von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V ergangenen Zahnersatz-Richtlinien (hier: in der maßgeblichen Fassung vom 04. Juni 2003, BAnz. Nr. 226, S. 24 966, auf der Grundlage eines Beschlusses noch des damaligen Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen) die Maßstäbe einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz und Zahnkronen. Nr. 16 Satz 5 dieser Richtlinie bestimmt, dass bei der Auswahl von Dentallegierungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung beachtet werden soll, dass Nichtedelmetall und NEM-Legierungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein können.
b) Ausgehend davon stand der Versicherten mehr als der bereits von der Beklagten bezahlte Betrag von EUR 1.697,48 nicht zu. Die Beklagte hat der Versicherten einen Anteil von 50 % des zahnärztlichen Honorars sowie (abgesehen von den Metallkosten) der Material- und Laborkosten übernommen. Die Verpflichtung zur Bezahlung eines höheren Anteils nach Maßgabe des § 30 Abs. 2 SGB V ergab sich nicht, denn - wie zwischen den Beteiligten im Übrigen unstreitig ist - die Versicherte hatte die hierfür erforderlichen regelmäßigen prophylaktischen Behandlungen nicht durchführen lassen. Auch der zu den Metallkosten gewährte Zuschuss von insgesamt EUR 55,00 ist nicht zu beanstanden; er entspricht den Kosten für NEM-Legierungen und folglich den Vorgaben in Nr. 16 Satz 5 der Zahnersatz-Richtlinien vom 04. Juni 2003 an eine wirtschaftliche Versorgung mit Zahnersatz (so auch das Bayerische LSG, Beschluss vom 18. September 2006 - L 4 B 149/06 KR PKH - sowie Urteil vom 31. Oktober 2002 - L 4 KR 21/00 - beide veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Ein weitergehender Anspruch besteht nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG regelt § 30 SGB V als Sondertatbestand die Ansprüche bei Versorgung mit Zahnersatz abschließend (so grundlegend das BSG, Urteil vom 06. Oktober 1999 - B 1 KR 9/99 R - BSGE 85, 66 ff.). Die in einigen älteren Entscheidungen offen gelassene Frage, ob in besonders gelagerten Einzelfällen eine teleologische Reduktion der Zuschussregelung in § 30 SGB V in Betracht komme (so insbesondere BSG, Urteil vom 08. März 1995 - 1 RK 7/94 -, BSGE 76, 40), hat das BSG in dieser späteren Entscheidung ausdrücklich verneint und hervorgehoben, dass aufgrund der Detailregelungen für die verschiedenen Aspekte der zahnmedizinischen Versorgung weder Krankenkassen noch Gerichte befugt sein könnten, sich bei Zahnersatzleistungen unter Berufung auf besondere medizinische Zusammenhänge über die eindeutige gesetzliche Beschränkung auf einen bestimmten Kostenanteil hinwegzusetzen und dem Gesetz eine Leistungspflicht ohne Eigenanteil zu entnehmen. Zur Begründung hat das BSG weiter ausgeführt, wenn heute bestimmte Fallgestaltungen von einer Beschränkung des Versicherungsschutzes hätten ausgenommen werden sollen, hätte dies im Gesetz eine ausdrückliche Regelung erfahren müssen, wie sie z.B. für kieferorthopädische Kombinationsleistungen bei Erwachsenen vorgenommen worden sei. Auch habe § 30 Abs. 2 SGB V (früher § 30 Abs. 1a SGB V) in den in den Jahren 1997 und 1998 geltenden Fassungen Ausnahmen für Versicherte bestimmter Altersstufen vorgesehen, wenn der Zahnersatz bei der Behandlung einer anderen Erkrankung eine Rolle gespielt habe. Ein Rückgriff auf den umfassenden Sachleistungs- oder Naturalverschaffungsanspruch, der sich für zahnärztliche Behandlungen aus den §§ 27, 28 Abs. 2 SGB V ergibt, verbietet sich daher auch dann, wenn die zahnmedizinische Behandlung durch eine andere Behandlung erst erforderlich wird. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialien bieten Anhaltspunkte dafür, dass die Höhe des Zuschusses von der Art der Erkrankung abhängig sein soll (vgl. ebenso LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22. Februar 2006 - L 5 KR 123/04 -, Sächsisches LSG, Urteil vom 15. Januar 2003 - L 1 KR 83/01 -, beide in juris; vgl. entsprechend zur Neuregelung des § 55 SGB V im Übrigen auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29. Januar 2009 - L 10 KR 57/06 -, ebenfalls in juris). Die Gesetzessystematik geht vielmehr von der ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung einerseits und der Versorgung mit Zahnersatz einschließlich der zugehörigen Behandlungsmaßnahmen andererseits als jeweils selbstständige Leistungen aus, die nicht schon dadurch eine einheitliche Leistung mit umfassender Leistungspflicht der Krankenkasse bilden, dass sie medizinisch voneinander abhängig sind. Wegen der Häufigkeit des Zusammenhangs mit anderen ärztlich oder zahnärztlich zu behandelnden Erkrankungen hätte die Beschränkung auf den Kostenzuschuss im Übrigen praktisch keine Bedeutung mehr, was sich mit ihrem Sinn und Zweck nicht vereinbaren ließe (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22. Februar 2006 - L 5 KR 123/04 -, aaO). Es ist daher festzuhalten, dass ein möglicher ursächlicher Zusammenhang der zahnprothetischen Versorgung mit anderen Erkrankungen nicht zu einer Erhöhung des von dem Versicherten zu tragenden Kostenanteils führt.
Eine weitergehende Kostentragungspflicht der Beklagten kann aber - anders als vom Kläger geltend gemacht - auch nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten aus der schwerwiegenden Krebserkrankung der Versicherten und deren Folgen hergeleitet werden. In seiner Entscheidung vom 14. August 1998 (1 BvR 897/98), auf die sich der Kläger beruft, hat das BVerfG entschieden, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG bei verfassungskonformer Auslegung der Vorschriften des SGB V über die Eigenbeteiligung des Versicherten an den zahnärztlichen Behandlungskosten in bestimmten Fällen gebietet, dem Versicherten Heilbehandlungsmaßnahmen ohne die an sich gesetzlich vorgesehene Eigenbeteiligung zu verschaffen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn ein Arzt bei Einhaltung der Regeln der ärztlichen Kunst verpflichtet gewesen sei, eine ihm keinen Spielraum belassende Vorgabe des Leistungs- oder des Leistungserbringungsrechts des SGB V zu beachten und nur eine bestimmte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anzuwenden und wenn hierdurch die Gesundheit des Versicherten geschädigt worden ist. Zur Begründung dessen, weshalb auf zwingende Vorgaben des Leistungs-(erbringungs)rechts abzustellen ist, hat das BVerfG im Weiteren ausgeführt, dass sich in einem solchen Falle ein in der Risikosphäre der gesetzlichen Krankenversicherung liegender Schaden realisiere. Das BVerfG hat folglich nach Risikosphären (der Sphäre der Krankenversicherung und derjenigen des Versicherten) unterschieden. In seinem Urteil vom 06 Oktober 1999 (aaO) ist das BSG dieser Entscheidung ausdrücklich gefolgt. Es hat den Rechtsgedanken des BVerfG über einen der Risikosphäre der gesetzlichen Krankenversicherung zuzurechnenden hoheitlichen Eingriff aufgegriffen, diesen ebenfalls bejaht für den Fall, dass ein Arzt bei Einhaltung der Regeln der ärztlichen Kunst verpflichtet war, eine ihm keinen Spielraum belassende Vorgabe des Leistungs- oder des Leistungserbringungsrechts des SGB V zu beachten und nur eine bestimmte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anzuwenden, und hierzu klarstellend ausgeführt, dass es nur in einem solchen Fall in Anwendung des richterrechtlich entwickelten Instituts der Aufopferung geboten ist, die Kosten des Zahnersatzes in vollem Umfang zu übernehmen und den Versicherten von dem eigentlich vorgesehenen Eigenanteil zu befreien. Es hat die Rechtsprechung des BVerfG folglich mit Blick darauf für zutreffend gehalten, dass der allgemeine Rechtsgedanke, dass der Einzelne für ein ihm durch hoheitlichen Zwang unter Verletzung des Gleichheitssatzes im öffentlichen Interesse auferlegtes Sonderopfer eine billige Entschädigung von der Allgemeinheit erhalten soll, nicht nur zur Schaffung zahlreicher gesetzlicher Anspruchsgrundlagen geführt hat, sondern vielmehr dieser Rechtsgedanke auch bei der Auslegung von Vorschriften zu beachten sein kann, die wie § 30 SGB V eine Risikoabgrenzung zwischen dem Einzelnen und dem Gemeinwesen vornehmen (BSG vom 06. Oktober 1999 - B 1 KR 9/99 R -, aaO).
Die Voraussetzungen eines solchen - durch die Risikosphäre der Beklagten begründeten - Sonderopfers sind hier jedoch nicht erfüllt. Völlig zutreffend hat das SG entscheiden, dass der der Versicherten seinerzeit entstandene zahnärztliche Schaden gerade nicht in der Risikosphäre der Beklagten, sondern derjenigen der Versicherten selbst (im Sinne eines allgemeinen Lebensrisikos) begründet lag. Durch die Bestrahlungsbehandlung hat sich kein Schaden realisiert, den die Beklagte durch konkrete behandlungsbegrenzende Vorgaben (etwa Einschränkungen im Material, in der Behandlungsart o.ä. z.B. mit dem Ziel der Kostensenkung) verursacht hat, und der dann - aufgrund der gesetzlichen Pflichtversicherung - durch die Versicherte hinzunehmen gewesen wäre. Vielmehr ist der entstandene Schaden durch die seinerzeit einzig medizinisch sinnvolle Behandlungsmethode eingetreten. Nach der vom SG eingeholten Auskunft des Prof. Dr. W. vom 16. Oktober 2009 bestand bei der Erkrankung der Versicherten zu der bei ihr im Jahr 2003 durchgeführten Strahlentherapie keine Behandlungsalternative; sie stellte vielmehr nach Versagen der Radio-Jod-Therapie sowie Durchführung einer radikalen Operation die einzig mögliche therapeutische Option dar. Dies ist zwischen den Beteiligten im Übrigen auch nicht streitig.
Damit aber lag eine durch die Vorgaben des Leistungserbringungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung bedingte Beschränkung der Behandlungsmöglichkeiten nicht vor. Durch die Einbeziehung der Versicherten in die gesetzliche Krankenversicherung wurde kein Gefahrenbereich neu geschaffen, der nicht auch außerhalb einer staatlichen (Zwangs)Versicherung auf Grund des allgemeinen Risikos bestanden hätte. Der Versicherten wurde gerade kein Sonderopfer abverlangt; sie erhielt vielmehr die bestmögliche medizinische Versorgung, die im Übrigen auch jeder andere nicht gesetzlich krankenversicherte Krebspatient in einer entsprechenden Situation erhalten hätte (vgl. entsprechend etwa Sächsisches LSG, Urteil vom 15. Januar 2003 - L 1 KR 83/01 -, und LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. November 2002 - L 16 KR 115/02 und L 16 KR 245/02 -). Für das Risiko an einem - wie hier - schwerwiegenden Leiden zu erkranken wie auch für den medizinischen Erkenntnistand hat die Beklagte indes nicht einzustehen. Es fehlt damit an einem Anknüpfungspunkt, um die Versicherte mit Rücksicht auf den Aufopferungsgedanken vom gesetzlich vorgesehenen Eigenanteil befreien zu können.
Soweit der Kläger mit seinem Vorbringen über eine seinerzeit der Versicherten nicht angelegte Schutzmaske auf einen Behandlungsfehler abstellt, liegen von vornherein die Voraussetzungen für ein Sonderopfer nicht vor. Das BVerfG hat ausdrücklich ein solches nur bei Einhaltung der Regeln der ärztlichen Kunst begründbar gesehen.
c) Kam daher ein Anspruch auf Übernahme auch des von der Versicherten bezahlten Eigenanteils in Höhe von EUR 1.920,01 nicht in Betracht, kann der Kläger schon deshalb auch mit seinem weiterhin geltend gemachten Zins- und Bearbeitungskostenanspruch aus der damals im Wege der Ratenzahlung beglichenen Rechnung nicht durchdringen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Wie ausgeführt, hat das BSG die wesentlichen Maßstäbe für einen über die Begrenzung des § 30 SGB V hinausgehenden Leistungsanspruch auf Zahnersatz bereits umfassend dargelegt.
Rechtskraft
Aus
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