Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 2650/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 1583/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 16. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Das ehemalige Versorgungsamt R. hatte unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Dr. G. vom 17.10.2001, in der als Behinderungen eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und ein Bandscheibenschaden (Einzel-GdB 30), eine seelische Störung (Einzel-GdB 20), eine Fingerpolyarthrose (Einzel-GdB 10) sowie Sensibilitätsstörungen nach Myelitis (Einzel-GdB 10) berücksichtigt und der Gesamt-GdB mit 40 bewertet worden war/en, mit Bescheid vom 22.11.2001 den GdB der am 16.09.1956 geborenen Klägerin mit 40 seit 13.07.2001 festgestellt.
Die Klägerin beantragte am 05.09.2006 die Neufeststellung des GdB. Das zuständig gewordene Landratsamt Konstanz holte die Befundberichte der Allgemeinärztin Dr. W. vom September 2006 (seit Jahren beklagte wechselnde Beschwerden im Wirbelsäulenbereich und im Bereich einzelner Gelenke, reaktive depressive Phasen mit Erschöpfungssyndrom) und des Orthopäden Dr. C. vom 10.10.2006 (Wirbelsäulensyndrome mit cervicalem Bandscheibenvorfall, Fibromyalgie, Karpaltunnelsyndrom) ein. Dr. Korn berücksichtigte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.12.2006 als Behinderungen eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Bandscheibenschaden (Einzel-GdB 30), eine seelische Störung (Einzel-GdB 20), eine Fingerpolyarthrose, eine Mittelnervendruckschädigung beidseits und ein Fibromyalgiesyndrom (Einzel-GdB 20) sowie Sensibilitätsstörungen nach Myelitis (Einzel-GdB 10) und bewertete den Gesamt-GdB mit 50. Mit Bescheid vom 13.12.2006 hob das Landratsamt den Bescheid vom 22.11.2001 auf und stellte den GdB mit 50 seit 05.09.2006 fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 14.12.2006 Widerspruch ein. Die Klägerin legte unter anderem die Arztbriefe des Kardiologen Dr. Sch. vom 09.11.2006 und 02.01.2007 (paroxysmale Tachykardien, beginnender psycho-physischer Erschöpfungszustand, Ausschluss einer stenosierenden koronaren Herzkrankheit nach Durchführung einer Herzkatheteruntersuchung) vor. Das Landratsamt zog unter anderem den Entlassbrief des Schwarzwald-Baar-Klinikums V.-S. vom 13.06.2007 (erfolgreiche Ablation des Slow Pathway bei typischer AV-Knoten-Reentry-Tachykardie, Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit, normale systolische Lungenvolumen-Funktion) bei. Die Klägerin erhob am 06.08.2007 Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Konstanz (S 6 SB 2210/07). Dr. M.-K. führte in der versorgungärztlichen Stellungnahme vom 31.08.2007 aus, für eine Verschlimmerung der seelischen Störung ergebe sich kein Hinweis. Hinsichtlich des kardiologischen Fachgebietes sei ein gutes Ergebnis nach elektro-physiologischer Behandlung gegeben, so dass die Herz-Kreislauf-Störung keinen GdB begründe. Der Wirbelsäulenschaden sei, wobei die funktionellen Auswirkungen von der seelischen Störung und einem Fibromyalgiesyndrom überlagert würden, mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Für die Polyarthrose, das Karpaltunnelsyndrom und die Fibromyalgie sei bei freier Fingermobilität der Einzel-GdB mit 20 eher weitreichend. Die Sensibilitätsstörungen nach Myelitis seien mit einem Einzel-GdB von 10 angemessen berücksichtigt. Es bleibe daher bei einem Gesamt-GdB von 50. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2007 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück. Auch eine Verschlimmerung auf psychischem Gebiet sei nicht belegt, die Klägerin sei 2005 zuletzt deswegen behandelt worden. Eine weitergehende Herzerkrankung habe ebenfalls ausgeschlossen werden können.
Hiergegen hat die Klägerin am 26.09.2007 erneut Klage beim Sozialgericht Konstanz erhoben.
Das Sozialgericht hat zunächst Dr. C. unter dem 18.10.2007, den Neurologen und Psychiater Dr. A. unter dem 25.10.2007, Dr. W. unter dem 30.10.2007 und Dr. Sch. unter dem 26.11.2007 schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. C. hat berichtet, die Klägerin einmalig im Januar 2006 untersucht zu haben. Dr. A. hat ein Karpaltunnelsyndrom beidseits, eine Degeneration der Halswirbelsäule und eine depressive Belastungsreaktion mit allgemeiner Kraftlosigkeit und Schmerzen ohne länger dauerende oder schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigungen beschrieben. Dr. W. hat mitgeteilt, die Klägerin habe sich wegen wechselnder Gelenkbeschwerden, Wirbelsäulenschmerzen, Erschöpfung, Ängsten und Depressionen immer wieder bei ihr vorgestellt. Dr. Sch. hat den GdB auf kardiologischem Fachgebiet (Ablation von Herzrhythmusstörungen) mit 30 eingeschätzt.
Dr. Köhler hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.05.2008 ausgeführt, bei den Klagen über rezidivierende kurze Palpitationen ohne anhaltende Tachykardien und den Ergebnissen der kardialen Diagnostik bei einem Zustand nach Behandlung der Herzrhythmusstörungen sei nicht auf eine mehr als geringe Beeinträchtigung zu schließen. Die GdB-Einschätzung des Dr. Sch. sei daher nicht zutreffend.
Sodann hat das Sozialgericht auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Orthopäden Dr. Z. vom 08.10.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule als mittelgradig in zwei Wirbelsäulenabschnitt mit einem Einzel-GdB von 40, die ängstlich-depressiven Anpassungsstörungen mit einem Einzel-GdB von 20, die Fingerpolyarthrose und die Fibromyalgie mit einem Einzel-GdB von 20 sowie den Gesamt-GdB mit 60 eingeschätzt.
Dr. B. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.02.2009 zwar die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Bandscheibenschaden bei weitergehender Einsteifung der Brustwirbelsäule und mäßiger Beeinträchtigung der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne neurologische Ausfallerscheinungen nunmehr mit einem Einzel-GdB von 40, aber weiterhin einen Gesamt-GdB von 50 für angemessen erachtet. Denn das Fibromyalgiesyndrom schließe Schmerzzustände, wie sie bereits bei dem Wirbelsäulenleiden berücksichtigt seien, mit ein.
Daraufhin hat das Sozialgericht auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG ein weiteres Gutachten des Psychiaters Dr. B. vom 29.12.2009 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, im Vordergrund stehe ein Schmerzsyndrom, das mit einer anhaltenden depressiven Störung vergesellschaftet sei. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege ein Einzel-GdB von 40 bis 50 vor. Die Einschätzung, auf orthopädischem Fachgebiet betrage der Einzel-GdB 40, halte er aufgrund der polytopen Funktionsbehinderung für angemessen. Sie könne ihren Haushalt, eine 90 m2 große Wohnung noch selbst versorgen. Zu ihren Hobbies Malen und Gedichte schreiben müsse sie sich zwingen. Der Freundeskreis habe sich reduziert, weil sie aus finanziellen Gründen nicht mehr so freizügig sein könne. Einmal pro Woche gehe sie zur Wassergymnastik. Psychopharmaka nehme sie nicht. Sie führe auch keine psychotherapeutische Behandlung durch. Da die Fingerpolyarthrose nicht als aktives Krankheitsbild erschienen sei, habe er Zweifel an einer diesbezüglichen GdB-erhöhenden Komponente. Der Gesamt-GdB betrage 70 bis 80.
Dr. R. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.04.2010 als Behinderungen eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Bandscheibenschaden (Einzel-GdB 40), eine seelische Störung und somatoforme Schmerzstörung im Sinne eines Fibromyalgiesyndroms (Einzel-GdB 30), eine Fingerpolyarthrose (Einzel-GdB 10) sowie Sensibilitätsstörungen nach Myelitis (Einzel-GdB 10) berücksichtigt und den Gesamt-GdB weiterhin mit 50 eingeschätzt. Dr. Z. habe ein Karpaltunnelsyndrom nicht mehr bestätigt und die Hände bis auf minimale degenerative Veränderungen der Fingerendgelenke als unauffällig beschrieben. Ferner habe er eindeutige Zeichen einer Fibromyalgie nicht erkennen können. Bei der seelischen Störung und der somatoformen Schmerzstörung handle es sich um eine stärker behindernde seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, wofür bei wechselhaftem Verlauf auch bei vorübergehend schweren Episoden nur ein Einzel-GdB von 30 zu vergeben sei. Eine anhaltend schwere seelische Störung in allen Lebensbereichen sei nicht festzustellen. Der für den Wirbelsäulenschaden vergebene Einzel-GdB von 40 sei vor dem Hintergrund der von Dr. Z. ermittelten objektiven Messwerte wohlwollend, da erst bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Einzel-GdB von 30 bis 40 abzuleiten sei.
Schließlich hat das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 25.05.2010 eingeholt. Der Sachverständige hat die stärker behindernde seelische Störung im Sinne einer Dysthymia und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit einem Einzel-GdB von 30, den Wirbelsäulenschaden mit allenfalls mittelgradigen funktionellen Auswirkungen ohne radikuläre Symptomatik mit einem Einzel-GdB von 30, das Karpaltunnelsyndrom beidseits mit einem Einzel-GdB von 10 sowie die Polyarthrose mit einem Einzel-GdB von 10 und den Gesamt-GdB mit 50 eingeschätzt. Hinsichtlich der seelischen Störung hat er zu Begründung ausgeführt, es werde nur eine Minimal-Therapie durchgeführt. Eine medikamentöse oder psychiatrische Behandlung sei nicht erforderlich. Es sei primär von einer Dysthymia auszugehen, worunter eine chronische depressive Verstimmung verstanden werde. Diese erfülle nach Schweregrad und Dauer der einzelnen Episoden gegenwärtig nicht die Kriterien einer leichten oder gar mittelgradigen rezidivierenden depressiven Störung erfülle. Eine Schmerztherapie werde überhaupt nicht durchgeführt, nur ab und zu werde Ibuprofen eingenommen, was den Leidensdruck der Klägerin hinsichtlich der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung durchaus relativiere. Im Übrigen hätten sich Hinweise auf ein nicht-authentisches Verhalten der Klägerin ergeben.
Mit Urteil vom 16.02.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, im Anschluss an das Gutachten des Dr. H. sei von einer stärker behindernden seelischen Störung im Sinne einer Dysthymia und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit einem Einzel-GdB von 30 auszugehen. Eine wesentliche Einschränkung bei der Bewältigung des Alltags liege bei der Klägerin nicht vor. Bei der niederschwelligen Behandlung und den Alltagskompetenzen der Klägerin sei die Einschätzung des Dr. B. nicht überzeugend. Auch hinsichtlich des Wirbelsäulenschadens sei der Einschätzung des Dr. H. mit einem Einzel-GdB von 30 zu folgen, da lediglich mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorlägen. Ferner habe Dr. Z. bei seiner Bewertung ein Schmerzsyndrom berücksichtigt, das vielmehr im Bereich der psychischen Beeinträchtigungen zu berücksichtigen sei. Für das Karpaltunnelsyndrom und die Polyarthrose sei jeweils ein Einzel-GdB von 10 zu vergeben. So habe auch Dr. Z. seine höhere GdB-Einschätzung für die Fingerpolyarthrose als wohlwollend bezeichnet. Wesentliche Beeinträchtigungen von kardiologischer Seite seien nicht anzunehmen.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 18.03.2011 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat die Klägerin am 18.04.2011 Berufung eingelegt. Sie führt aus, zu Unrecht sei das Sozialgericht dem Gutachten des Dr. H., welches von der Befundung her auf einer deutlich schmaleren Basis stehe als das Gutachten des Dr. B., gefolgt. Die Schmerzsituation sei mittlerweile derart ausgeprägt, dass sie einen eigenen Krankheitswert besitze. Ferner betrage der Einzel-GdB für das kardiologische Fachgebiet im Anschluss an die Einschätzung des Dr. Sch. 30.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 16. Februar 2011 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2007 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 22. November 2001 abzuändern und den Grad der Behinderung mit 100 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, das Sozialgericht habe den medizinischen Sachverhalt zutreffend gewürdigt.
Der Berichterstatter hat am 03.11.2011 einen Erörterungstermin durchgeführt, in dem die Klägerin noch einmal zu ihrem Gesundheitszustand befragt wurde.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen im Rahmen eines Rentenverfahrens angefallenen Berufungsakten L 10 R 4389/08, insbesondere die gutachterliche Stellungnahme der Neurologin und Psychiaterin Dr. K.-H. vom 12.08.2010 (Dr. B. habe die Hinweise auf eine Gesundheitsverschlechterung nicht in Form einer Diagnose auf den Punkt gebracht) und das Gutachten des Dr. B. vom 12.12.2010 (chronifiziertes Schmerzsyndrom, anhaltende depressive Störung, somatoforme Schmerzstörung), sowie die Akten des Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Zu Recht hat der Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 13.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2007 den einen GdB von 40 feststellenden Bescheid vom 22.11.2001 nur insoweit aufgehoben, als ein GdB von 50 festzustellen war. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB.
Der Senat konnte vorliegend in der Sache entscheiden, denn die Klägerin hat das Antragsrecht nach § 109 SGG bereits in erster Instanz zweimalig ausgeschöpft. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 02.03.2011 - L 6 SB 4878/08 - zit. nach Juris) ist das Antragsrecht, das grundsätzlich nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung steht, durch die auf Antrag der Klägerin eingeholte Gutachten bei Dr. Z. und Dr. B. verbraucht. Es entspricht dem Beweisrecht und auch dem Wortlaut der Vorschrift des § 109 SGG, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (BSG, Urteil vom 15.04.1991 - B 5 RJ 32/90 - SozR 3-1500 § 109 Nr. 1; Beschluss vom 17.03.2010 - B 3 P 33/09 B, jeweils zit. nach Juris). Die eng auszulegende Ausnahmevorschrift (§ 103 S. 2 SGG) rechtfertigt eine wiederholte Antragstellung daher nur bei Vorliegen besonderer Umstände (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 109 SGG Rdnr. 10 b). Diese Umstände liegen im Falle der Klägerin nicht vor, denn die Beurteilung von Schmerzzuständen kann nicht vorrangig einer besonderen fachärztlichen Ausrichtung zugewiesen werden. Notwendig sind vielmehr fachübergreifende Erfahrungen hinsichtlich der Diagnostik und Beurteilung von Schmerzstörungen (so bereits LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2009 - L 11 R 4832/08).
Rechtsgrundlage für eine Aufhebung von Verwaltungsakten wegen einer Verschlimmerung des Gesundheitszustandes ist § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Eine wesentliche Änderung im Ausmaß der Behinderung liegt nur vor, wenn eine dauerhafte Änderung des Gesundheitszustands zu einer Änderung des GdB um wenigstens 10 führt.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Beurteilung des GdB sind die Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 und 6 SGB IX). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei ist die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden.
Unter Anwendung dieser Grundsätze beträgt der Einzel-GdB für das Funktionssystem Rumpf 30.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 beträgt bei Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität der GdB 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) der GdB 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten der GdB 30 bis 40. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (beispielsweise Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Bei der Klägerin liegen mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor.
Für den Bereich der Halswirbelsäule hat Dr. Z. in seinem Gutachten röntgenologisch eine fortgeschrittene Chondrose mit ausgeprägter vorderer und hinterer Spondylose bei C4/5 und C5/6 sowie eine ausgeprägte Unkovertebralgelenksarthrose in allen Abschnitten festgestellt und Bewegungsmaße bei der Kopfvor- und rückneigung von (Inklination/Reklination) 30/0/30 Grad (Normalmaß 45-70/0/35-45 Grad), bei der Seitdrehung (Rotation) von 30/0/30 Grad (Normalmaß 60-80/0/60-80 Grad) und bei der Seitneigung von 30/0/30 Grad (Normalmaß 45/0/45 Grad) und mithin Bewegungseinschränkungen mittleren Grades beschrieben. Demgegenüber hat Dr. H. in seinem Gutachten nur eine endgradige Bewegungseinschränkung dargelegt, so dass nach Überzeugung des Senats allenfalls von mittelgradigen Auswirkungen auszugehen ist. Für den Bereich der Brustwirbelsäule hat Dr. Z. in seinem Gutachten röntgenologisch eine großbogige rechtskonvexe Skoliose festgestellt und ein Bewegungsmaß nach Ott von 30/30 cm (Normalmaß 30/33 cm) sowie eine Bewegungseinschränkung um 1/2 und mithin Bewegungseinschränkungen mittleren Grades beschrieben. Für den Bereich der Lendenwirbelsäule hat Dr. Z. in seinem Gutachten röntgenologisch eine deutliche Chondrose in allen Abschnitten mit Zeichen einer Instabilität bei L2/3 und L3/4 festgestellt und ein Bewegungsmaß nach Schober von 10/13 cm (Normalmaß 10/15 cm), bei der Vorneigung (Inklination nach vorne) eine Einschränkung um 2/3 sowie bei der Seitneigung eine Einschränkung um 2/3 und mithin Bewegungseinschränkungen schweren Grades beschrieben. Demgegenüber hat Dr. H. in seinem Gutachten nur mäßige muskuläre Verspannungen mit leichter Bewegungseinschränkung ohne radikuläre Symptomatik dargelegt, so dass nach Überzeugung des Senats allenfalls von mittelgradigen Auswirkungen auszugehen ist. Mithin ist der von den VG für mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten eröffnete GdB-Rahmen zwischen 30 und 40 nicht nach oben auszuschöpfen und daher mit einem Einzel-GdB für das Funktionssystem Rumpf mit 30 ausreichend berücksichtigt.
Eine Erhöhung dieses GdB-Wertes wegen der von der Klägerin geklagten Schmerzen kommt ebenfalls nicht in Betracht. Denn nach den VG, Teil A, Nr. 2 j schließen die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Ist nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden. Dr. H. hat aber in seinem schlüssigen und gut nachvollziehbaren Gutachten zu Recht darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin nur eine Minimal-Therapie in Form von psychotherapeutischen Gesprächen alle vier Wochen durchgeführt wird und eine medikamentöse oder psychiatrische Behandlung nicht erforderlich ist. Die Klägerin kann sich vielmehr niedrigdosiert mit frei zugänglichen, nicht verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln wie Ibuprofen ausreichend versorgen (siehe auch unten). Der Senat entnimmt das den Gutachten von Dr. B. und Dr. H ... Wenn aber der Leidensdruck so gering ausgeprägt ist, dass noch nicht einmal die Erforderlichkeit einer schmerztherapeutischen Behandlung besteht, so kann nach der Rechtsprechung des Senats nicht von einem eigenständig zu bewertenden Schmerzgeschehen ausgegangen werden (vgl. auch Urteil des Senats vom gleichen Tag - L 6 SB 3571/11).
Für das Funktionssystem Arme beträgt der Einzel-GdB 10.
Dr. Z. hat in seinem Gutachten eine Beweglichkeit in physiologischem Ausmaß im Bereich der Schulter-, Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke attestiert und ausgeführt, alle Griffvarianten sowie der Faustschluss seien möglich. Allein wegen der von Dr. Z. beschriebenen diffusen Sensibilitätsverminderung geringen Ausmaßes beziehungsweise dem von Dr. H. bestätigten, jedoch ohne klinischem Korrelat bestehenden Karpaltunnelsyndrom und der abgelaufenen Myelitis ohne verbliebene objektivierbare Ausfälle lässt sich ein GdB für das Funktionssystem Arme von allenfalls 10 rechtfertigen.
Für das Funktionssystem Beine beträgt der Einzel-GdB 0.
Dr. Z. hat in seinem Gutachten eine nicht näher umschriebene Einschränkung der Hüftgelenksbeweglichkeit im Liegen und eine Bewegungseinschränkung im linken oberen Sprunggelenk um 1/2 in allen Freiheitsgraden beschrieben. Da er für die untere Extremität allerdings keinen GdB vergeben hat, geht der Senat davon aus, dass wesentliche GdB-relevante Funktionseinschränkungen im Bereich der Hüftgelenke und des linken oberen Sprunggelenks nicht gegeben sind, zumal Dr. H. in seinem Gutachten eine freie Beweglichkeit der Gelenke ohne Schwellung oder Überwärmung dargelegt hat.
Für die beim Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche zu berücksichtigende von Dr. B. und Dr. H. umschriebene Schmerzerkrankung beträgt der Einzel-GdB allenfalls 30.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.4 sind die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungs-Syndrome (beispielsweise CFS/MCS) jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. Da vorliegend die funktionellen Auswirkungen der von Dr. B. und Dr. H. beschriebenen Schmerzerkrankung gering sind, wendet der Senat zur Beurteilung dieser Schmerzerkrankung die für seelische Erkrankungen aufgestellten Grundsätze an. Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB 0 bis 20, stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40, schweren Störungen (beispielsweise schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70 sowie mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 80 bis 100.
Vorliegend liegen bei der Klägerin allenfalls stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im unteren Ermessensbereich vor. Dies schließt der Senat aus dem überzeugenden Gutachten des Dr. H ... Dieser hat die Klägerin bei der Exploration lediglich als streckenweise depressiv beschrieben. Er hat die Klägerin folgerichtig als nur leicht depressiv verstimmt ohne Nachweis einer Psychose oder eines hirnorganischen Psychosyndroms von Krankheitswert beurteilt. Auch das Schmerzsyndrom hat nicht einen solch außerordentlichen Krankheitswert, als dass sich hieraus ein höherer GdB ergeben könnte, zumal auch Dr. B. die als Fibromyalgie umschriebene Schmerzerkrankung als milde bezeichnet hat. Dies ergibt sich aus dem von Dr. H. gut nachvollziehbar beschriebenen geringen Leidensdruck. Denn die Klägerin führt trotz der von ihr angegebenen Schmerzsymptomatik keine regelmäßige und dauerhafte schmerztherapeutische Behandlung durch, sondern nimmt nur bei Bedarf ein Schmerzmittel ein. Daher überzeugen auch die Ausführungen des Dr. B., der einen Einzel-GdB von 40 bis 50 annimmt, nicht. Dieser hat zwar die Klägerin bei der Exploration als verlangsamt wirkend, mit deutlicher depressiver Physiognomie sowie insbesondere auf das Krankheitserleben eingeengt mit deutlich eingeengter Schwingungsfähigkeit und Antriebsminderung beschrieben. Gegen einen hieraus resultierenden höheren Einzel-GdB als 30 spricht jedoch maßgeblich der Umstand, dass die Klägerin noch in der Lage ist, ihren Haushalt alleine zu führen, Hobbies nachzugehen und - wenn auch bei leichtem Rückzug - noch ein intaktes Umfeld im Freundes- und Bekanntenkreis aufrecht zu erhalten und eben - wie oben dargelegt - keine fachpsychiatrische Behandlung in Anspruch nimmt.
Auf internistischem Fachgebiet liegen keine GdB-relevanten Erkrankungen vor. So hat Dr. H. in seinem Gutachten zutreffend auf die Ergebnisse der umfangreichen kardiologischen Abklärung im Jahr 2007 verwiesen. Denn nach den Arztbriefen des Kardiologen Dr. Sch. vom 09.11.2006 und 02.01.2007 sowie dem Entlassbrief des Schwarzwald-Baar-Klinikums V.-S. vom 13.06.2007 hat bei der Klägerin eine stenosierende koronare Herzkrankheit nach Durchführung einer Herzkatheteruntersuchung ausgeschlossen werden können und hat eine normale systolische Lungenvolumen-Funktion vorgelegen.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB 30 für das Funktionssystem Rumpf, Einzel-GdB 30 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche, Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem Arme) beträgt der Gesamt-GdB jedenfalls nicht mehr als 50. Wegen der teilweisen Überschneidung der Auswirkungen der Behinderungen auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet hat der Senat den weiteren Einzel-GdB-Wert von 30 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche bei der Bemessung des Ausmaßes der Behinderung dahingehend berücksichtigt, dass wegen dieser weiteren Funktionsbeeinträchtigung dem GdB von 30 für das Funktionssystem Rumpf weitere 20 GdB-Punkte hinzuzufügen sind. Eine weitere Erhöhung wegen des Einzel-GdB-Wertes von 10 für das Funktionssystem Arme kam indes nicht in Betracht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Das ehemalige Versorgungsamt R. hatte unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Dr. G. vom 17.10.2001, in der als Behinderungen eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und ein Bandscheibenschaden (Einzel-GdB 30), eine seelische Störung (Einzel-GdB 20), eine Fingerpolyarthrose (Einzel-GdB 10) sowie Sensibilitätsstörungen nach Myelitis (Einzel-GdB 10) berücksichtigt und der Gesamt-GdB mit 40 bewertet worden war/en, mit Bescheid vom 22.11.2001 den GdB der am 16.09.1956 geborenen Klägerin mit 40 seit 13.07.2001 festgestellt.
Die Klägerin beantragte am 05.09.2006 die Neufeststellung des GdB. Das zuständig gewordene Landratsamt Konstanz holte die Befundberichte der Allgemeinärztin Dr. W. vom September 2006 (seit Jahren beklagte wechselnde Beschwerden im Wirbelsäulenbereich und im Bereich einzelner Gelenke, reaktive depressive Phasen mit Erschöpfungssyndrom) und des Orthopäden Dr. C. vom 10.10.2006 (Wirbelsäulensyndrome mit cervicalem Bandscheibenvorfall, Fibromyalgie, Karpaltunnelsyndrom) ein. Dr. Korn berücksichtigte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.12.2006 als Behinderungen eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Bandscheibenschaden (Einzel-GdB 30), eine seelische Störung (Einzel-GdB 20), eine Fingerpolyarthrose, eine Mittelnervendruckschädigung beidseits und ein Fibromyalgiesyndrom (Einzel-GdB 20) sowie Sensibilitätsstörungen nach Myelitis (Einzel-GdB 10) und bewertete den Gesamt-GdB mit 50. Mit Bescheid vom 13.12.2006 hob das Landratsamt den Bescheid vom 22.11.2001 auf und stellte den GdB mit 50 seit 05.09.2006 fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 14.12.2006 Widerspruch ein. Die Klägerin legte unter anderem die Arztbriefe des Kardiologen Dr. Sch. vom 09.11.2006 und 02.01.2007 (paroxysmale Tachykardien, beginnender psycho-physischer Erschöpfungszustand, Ausschluss einer stenosierenden koronaren Herzkrankheit nach Durchführung einer Herzkatheteruntersuchung) vor. Das Landratsamt zog unter anderem den Entlassbrief des Schwarzwald-Baar-Klinikums V.-S. vom 13.06.2007 (erfolgreiche Ablation des Slow Pathway bei typischer AV-Knoten-Reentry-Tachykardie, Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit, normale systolische Lungenvolumen-Funktion) bei. Die Klägerin erhob am 06.08.2007 Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Konstanz (S 6 SB 2210/07). Dr. M.-K. führte in der versorgungärztlichen Stellungnahme vom 31.08.2007 aus, für eine Verschlimmerung der seelischen Störung ergebe sich kein Hinweis. Hinsichtlich des kardiologischen Fachgebietes sei ein gutes Ergebnis nach elektro-physiologischer Behandlung gegeben, so dass die Herz-Kreislauf-Störung keinen GdB begründe. Der Wirbelsäulenschaden sei, wobei die funktionellen Auswirkungen von der seelischen Störung und einem Fibromyalgiesyndrom überlagert würden, mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Für die Polyarthrose, das Karpaltunnelsyndrom und die Fibromyalgie sei bei freier Fingermobilität der Einzel-GdB mit 20 eher weitreichend. Die Sensibilitätsstörungen nach Myelitis seien mit einem Einzel-GdB von 10 angemessen berücksichtigt. Es bleibe daher bei einem Gesamt-GdB von 50. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2007 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück. Auch eine Verschlimmerung auf psychischem Gebiet sei nicht belegt, die Klägerin sei 2005 zuletzt deswegen behandelt worden. Eine weitergehende Herzerkrankung habe ebenfalls ausgeschlossen werden können.
Hiergegen hat die Klägerin am 26.09.2007 erneut Klage beim Sozialgericht Konstanz erhoben.
Das Sozialgericht hat zunächst Dr. C. unter dem 18.10.2007, den Neurologen und Psychiater Dr. A. unter dem 25.10.2007, Dr. W. unter dem 30.10.2007 und Dr. Sch. unter dem 26.11.2007 schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. C. hat berichtet, die Klägerin einmalig im Januar 2006 untersucht zu haben. Dr. A. hat ein Karpaltunnelsyndrom beidseits, eine Degeneration der Halswirbelsäule und eine depressive Belastungsreaktion mit allgemeiner Kraftlosigkeit und Schmerzen ohne länger dauerende oder schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigungen beschrieben. Dr. W. hat mitgeteilt, die Klägerin habe sich wegen wechselnder Gelenkbeschwerden, Wirbelsäulenschmerzen, Erschöpfung, Ängsten und Depressionen immer wieder bei ihr vorgestellt. Dr. Sch. hat den GdB auf kardiologischem Fachgebiet (Ablation von Herzrhythmusstörungen) mit 30 eingeschätzt.
Dr. Köhler hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.05.2008 ausgeführt, bei den Klagen über rezidivierende kurze Palpitationen ohne anhaltende Tachykardien und den Ergebnissen der kardialen Diagnostik bei einem Zustand nach Behandlung der Herzrhythmusstörungen sei nicht auf eine mehr als geringe Beeinträchtigung zu schließen. Die GdB-Einschätzung des Dr. Sch. sei daher nicht zutreffend.
Sodann hat das Sozialgericht auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Orthopäden Dr. Z. vom 08.10.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule als mittelgradig in zwei Wirbelsäulenabschnitt mit einem Einzel-GdB von 40, die ängstlich-depressiven Anpassungsstörungen mit einem Einzel-GdB von 20, die Fingerpolyarthrose und die Fibromyalgie mit einem Einzel-GdB von 20 sowie den Gesamt-GdB mit 60 eingeschätzt.
Dr. B. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.02.2009 zwar die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Bandscheibenschaden bei weitergehender Einsteifung der Brustwirbelsäule und mäßiger Beeinträchtigung der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne neurologische Ausfallerscheinungen nunmehr mit einem Einzel-GdB von 40, aber weiterhin einen Gesamt-GdB von 50 für angemessen erachtet. Denn das Fibromyalgiesyndrom schließe Schmerzzustände, wie sie bereits bei dem Wirbelsäulenleiden berücksichtigt seien, mit ein.
Daraufhin hat das Sozialgericht auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG ein weiteres Gutachten des Psychiaters Dr. B. vom 29.12.2009 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, im Vordergrund stehe ein Schmerzsyndrom, das mit einer anhaltenden depressiven Störung vergesellschaftet sei. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege ein Einzel-GdB von 40 bis 50 vor. Die Einschätzung, auf orthopädischem Fachgebiet betrage der Einzel-GdB 40, halte er aufgrund der polytopen Funktionsbehinderung für angemessen. Sie könne ihren Haushalt, eine 90 m2 große Wohnung noch selbst versorgen. Zu ihren Hobbies Malen und Gedichte schreiben müsse sie sich zwingen. Der Freundeskreis habe sich reduziert, weil sie aus finanziellen Gründen nicht mehr so freizügig sein könne. Einmal pro Woche gehe sie zur Wassergymnastik. Psychopharmaka nehme sie nicht. Sie führe auch keine psychotherapeutische Behandlung durch. Da die Fingerpolyarthrose nicht als aktives Krankheitsbild erschienen sei, habe er Zweifel an einer diesbezüglichen GdB-erhöhenden Komponente. Der Gesamt-GdB betrage 70 bis 80.
Dr. R. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.04.2010 als Behinderungen eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Bandscheibenschaden (Einzel-GdB 40), eine seelische Störung und somatoforme Schmerzstörung im Sinne eines Fibromyalgiesyndroms (Einzel-GdB 30), eine Fingerpolyarthrose (Einzel-GdB 10) sowie Sensibilitätsstörungen nach Myelitis (Einzel-GdB 10) berücksichtigt und den Gesamt-GdB weiterhin mit 50 eingeschätzt. Dr. Z. habe ein Karpaltunnelsyndrom nicht mehr bestätigt und die Hände bis auf minimale degenerative Veränderungen der Fingerendgelenke als unauffällig beschrieben. Ferner habe er eindeutige Zeichen einer Fibromyalgie nicht erkennen können. Bei der seelischen Störung und der somatoformen Schmerzstörung handle es sich um eine stärker behindernde seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, wofür bei wechselhaftem Verlauf auch bei vorübergehend schweren Episoden nur ein Einzel-GdB von 30 zu vergeben sei. Eine anhaltend schwere seelische Störung in allen Lebensbereichen sei nicht festzustellen. Der für den Wirbelsäulenschaden vergebene Einzel-GdB von 40 sei vor dem Hintergrund der von Dr. Z. ermittelten objektiven Messwerte wohlwollend, da erst bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Einzel-GdB von 30 bis 40 abzuleiten sei.
Schließlich hat das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 25.05.2010 eingeholt. Der Sachverständige hat die stärker behindernde seelische Störung im Sinne einer Dysthymia und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit einem Einzel-GdB von 30, den Wirbelsäulenschaden mit allenfalls mittelgradigen funktionellen Auswirkungen ohne radikuläre Symptomatik mit einem Einzel-GdB von 30, das Karpaltunnelsyndrom beidseits mit einem Einzel-GdB von 10 sowie die Polyarthrose mit einem Einzel-GdB von 10 und den Gesamt-GdB mit 50 eingeschätzt. Hinsichtlich der seelischen Störung hat er zu Begründung ausgeführt, es werde nur eine Minimal-Therapie durchgeführt. Eine medikamentöse oder psychiatrische Behandlung sei nicht erforderlich. Es sei primär von einer Dysthymia auszugehen, worunter eine chronische depressive Verstimmung verstanden werde. Diese erfülle nach Schweregrad und Dauer der einzelnen Episoden gegenwärtig nicht die Kriterien einer leichten oder gar mittelgradigen rezidivierenden depressiven Störung erfülle. Eine Schmerztherapie werde überhaupt nicht durchgeführt, nur ab und zu werde Ibuprofen eingenommen, was den Leidensdruck der Klägerin hinsichtlich der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung durchaus relativiere. Im Übrigen hätten sich Hinweise auf ein nicht-authentisches Verhalten der Klägerin ergeben.
Mit Urteil vom 16.02.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, im Anschluss an das Gutachten des Dr. H. sei von einer stärker behindernden seelischen Störung im Sinne einer Dysthymia und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit einem Einzel-GdB von 30 auszugehen. Eine wesentliche Einschränkung bei der Bewältigung des Alltags liege bei der Klägerin nicht vor. Bei der niederschwelligen Behandlung und den Alltagskompetenzen der Klägerin sei die Einschätzung des Dr. B. nicht überzeugend. Auch hinsichtlich des Wirbelsäulenschadens sei der Einschätzung des Dr. H. mit einem Einzel-GdB von 30 zu folgen, da lediglich mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorlägen. Ferner habe Dr. Z. bei seiner Bewertung ein Schmerzsyndrom berücksichtigt, das vielmehr im Bereich der psychischen Beeinträchtigungen zu berücksichtigen sei. Für das Karpaltunnelsyndrom und die Polyarthrose sei jeweils ein Einzel-GdB von 10 zu vergeben. So habe auch Dr. Z. seine höhere GdB-Einschätzung für die Fingerpolyarthrose als wohlwollend bezeichnet. Wesentliche Beeinträchtigungen von kardiologischer Seite seien nicht anzunehmen.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 18.03.2011 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat die Klägerin am 18.04.2011 Berufung eingelegt. Sie führt aus, zu Unrecht sei das Sozialgericht dem Gutachten des Dr. H., welches von der Befundung her auf einer deutlich schmaleren Basis stehe als das Gutachten des Dr. B., gefolgt. Die Schmerzsituation sei mittlerweile derart ausgeprägt, dass sie einen eigenen Krankheitswert besitze. Ferner betrage der Einzel-GdB für das kardiologische Fachgebiet im Anschluss an die Einschätzung des Dr. Sch. 30.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 16. Februar 2011 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2007 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 22. November 2001 abzuändern und den Grad der Behinderung mit 100 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, das Sozialgericht habe den medizinischen Sachverhalt zutreffend gewürdigt.
Der Berichterstatter hat am 03.11.2011 einen Erörterungstermin durchgeführt, in dem die Klägerin noch einmal zu ihrem Gesundheitszustand befragt wurde.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen im Rahmen eines Rentenverfahrens angefallenen Berufungsakten L 10 R 4389/08, insbesondere die gutachterliche Stellungnahme der Neurologin und Psychiaterin Dr. K.-H. vom 12.08.2010 (Dr. B. habe die Hinweise auf eine Gesundheitsverschlechterung nicht in Form einer Diagnose auf den Punkt gebracht) und das Gutachten des Dr. B. vom 12.12.2010 (chronifiziertes Schmerzsyndrom, anhaltende depressive Störung, somatoforme Schmerzstörung), sowie die Akten des Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Zu Recht hat der Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 13.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2007 den einen GdB von 40 feststellenden Bescheid vom 22.11.2001 nur insoweit aufgehoben, als ein GdB von 50 festzustellen war. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB.
Der Senat konnte vorliegend in der Sache entscheiden, denn die Klägerin hat das Antragsrecht nach § 109 SGG bereits in erster Instanz zweimalig ausgeschöpft. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 02.03.2011 - L 6 SB 4878/08 - zit. nach Juris) ist das Antragsrecht, das grundsätzlich nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung steht, durch die auf Antrag der Klägerin eingeholte Gutachten bei Dr. Z. und Dr. B. verbraucht. Es entspricht dem Beweisrecht und auch dem Wortlaut der Vorschrift des § 109 SGG, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (BSG, Urteil vom 15.04.1991 - B 5 RJ 32/90 - SozR 3-1500 § 109 Nr. 1; Beschluss vom 17.03.2010 - B 3 P 33/09 B, jeweils zit. nach Juris). Die eng auszulegende Ausnahmevorschrift (§ 103 S. 2 SGG) rechtfertigt eine wiederholte Antragstellung daher nur bei Vorliegen besonderer Umstände (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 109 SGG Rdnr. 10 b). Diese Umstände liegen im Falle der Klägerin nicht vor, denn die Beurteilung von Schmerzzuständen kann nicht vorrangig einer besonderen fachärztlichen Ausrichtung zugewiesen werden. Notwendig sind vielmehr fachübergreifende Erfahrungen hinsichtlich der Diagnostik und Beurteilung von Schmerzstörungen (so bereits LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2009 - L 11 R 4832/08).
Rechtsgrundlage für eine Aufhebung von Verwaltungsakten wegen einer Verschlimmerung des Gesundheitszustandes ist § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Eine wesentliche Änderung im Ausmaß der Behinderung liegt nur vor, wenn eine dauerhafte Änderung des Gesundheitszustands zu einer Änderung des GdB um wenigstens 10 führt.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Beurteilung des GdB sind die Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 und 6 SGB IX). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei ist die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden.
Unter Anwendung dieser Grundsätze beträgt der Einzel-GdB für das Funktionssystem Rumpf 30.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 beträgt bei Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität der GdB 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) der GdB 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten der GdB 30 bis 40. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (beispielsweise Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Bei der Klägerin liegen mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor.
Für den Bereich der Halswirbelsäule hat Dr. Z. in seinem Gutachten röntgenologisch eine fortgeschrittene Chondrose mit ausgeprägter vorderer und hinterer Spondylose bei C4/5 und C5/6 sowie eine ausgeprägte Unkovertebralgelenksarthrose in allen Abschnitten festgestellt und Bewegungsmaße bei der Kopfvor- und rückneigung von (Inklination/Reklination) 30/0/30 Grad (Normalmaß 45-70/0/35-45 Grad), bei der Seitdrehung (Rotation) von 30/0/30 Grad (Normalmaß 60-80/0/60-80 Grad) und bei der Seitneigung von 30/0/30 Grad (Normalmaß 45/0/45 Grad) und mithin Bewegungseinschränkungen mittleren Grades beschrieben. Demgegenüber hat Dr. H. in seinem Gutachten nur eine endgradige Bewegungseinschränkung dargelegt, so dass nach Überzeugung des Senats allenfalls von mittelgradigen Auswirkungen auszugehen ist. Für den Bereich der Brustwirbelsäule hat Dr. Z. in seinem Gutachten röntgenologisch eine großbogige rechtskonvexe Skoliose festgestellt und ein Bewegungsmaß nach Ott von 30/30 cm (Normalmaß 30/33 cm) sowie eine Bewegungseinschränkung um 1/2 und mithin Bewegungseinschränkungen mittleren Grades beschrieben. Für den Bereich der Lendenwirbelsäule hat Dr. Z. in seinem Gutachten röntgenologisch eine deutliche Chondrose in allen Abschnitten mit Zeichen einer Instabilität bei L2/3 und L3/4 festgestellt und ein Bewegungsmaß nach Schober von 10/13 cm (Normalmaß 10/15 cm), bei der Vorneigung (Inklination nach vorne) eine Einschränkung um 2/3 sowie bei der Seitneigung eine Einschränkung um 2/3 und mithin Bewegungseinschränkungen schweren Grades beschrieben. Demgegenüber hat Dr. H. in seinem Gutachten nur mäßige muskuläre Verspannungen mit leichter Bewegungseinschränkung ohne radikuläre Symptomatik dargelegt, so dass nach Überzeugung des Senats allenfalls von mittelgradigen Auswirkungen auszugehen ist. Mithin ist der von den VG für mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten eröffnete GdB-Rahmen zwischen 30 und 40 nicht nach oben auszuschöpfen und daher mit einem Einzel-GdB für das Funktionssystem Rumpf mit 30 ausreichend berücksichtigt.
Eine Erhöhung dieses GdB-Wertes wegen der von der Klägerin geklagten Schmerzen kommt ebenfalls nicht in Betracht. Denn nach den VG, Teil A, Nr. 2 j schließen die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Ist nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden. Dr. H. hat aber in seinem schlüssigen und gut nachvollziehbaren Gutachten zu Recht darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin nur eine Minimal-Therapie in Form von psychotherapeutischen Gesprächen alle vier Wochen durchgeführt wird und eine medikamentöse oder psychiatrische Behandlung nicht erforderlich ist. Die Klägerin kann sich vielmehr niedrigdosiert mit frei zugänglichen, nicht verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln wie Ibuprofen ausreichend versorgen (siehe auch unten). Der Senat entnimmt das den Gutachten von Dr. B. und Dr. H ... Wenn aber der Leidensdruck so gering ausgeprägt ist, dass noch nicht einmal die Erforderlichkeit einer schmerztherapeutischen Behandlung besteht, so kann nach der Rechtsprechung des Senats nicht von einem eigenständig zu bewertenden Schmerzgeschehen ausgegangen werden (vgl. auch Urteil des Senats vom gleichen Tag - L 6 SB 3571/11).
Für das Funktionssystem Arme beträgt der Einzel-GdB 10.
Dr. Z. hat in seinem Gutachten eine Beweglichkeit in physiologischem Ausmaß im Bereich der Schulter-, Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke attestiert und ausgeführt, alle Griffvarianten sowie der Faustschluss seien möglich. Allein wegen der von Dr. Z. beschriebenen diffusen Sensibilitätsverminderung geringen Ausmaßes beziehungsweise dem von Dr. H. bestätigten, jedoch ohne klinischem Korrelat bestehenden Karpaltunnelsyndrom und der abgelaufenen Myelitis ohne verbliebene objektivierbare Ausfälle lässt sich ein GdB für das Funktionssystem Arme von allenfalls 10 rechtfertigen.
Für das Funktionssystem Beine beträgt der Einzel-GdB 0.
Dr. Z. hat in seinem Gutachten eine nicht näher umschriebene Einschränkung der Hüftgelenksbeweglichkeit im Liegen und eine Bewegungseinschränkung im linken oberen Sprunggelenk um 1/2 in allen Freiheitsgraden beschrieben. Da er für die untere Extremität allerdings keinen GdB vergeben hat, geht der Senat davon aus, dass wesentliche GdB-relevante Funktionseinschränkungen im Bereich der Hüftgelenke und des linken oberen Sprunggelenks nicht gegeben sind, zumal Dr. H. in seinem Gutachten eine freie Beweglichkeit der Gelenke ohne Schwellung oder Überwärmung dargelegt hat.
Für die beim Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche zu berücksichtigende von Dr. B. und Dr. H. umschriebene Schmerzerkrankung beträgt der Einzel-GdB allenfalls 30.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.4 sind die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungs-Syndrome (beispielsweise CFS/MCS) jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. Da vorliegend die funktionellen Auswirkungen der von Dr. B. und Dr. H. beschriebenen Schmerzerkrankung gering sind, wendet der Senat zur Beurteilung dieser Schmerzerkrankung die für seelische Erkrankungen aufgestellten Grundsätze an. Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB 0 bis 20, stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40, schweren Störungen (beispielsweise schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70 sowie mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 80 bis 100.
Vorliegend liegen bei der Klägerin allenfalls stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im unteren Ermessensbereich vor. Dies schließt der Senat aus dem überzeugenden Gutachten des Dr. H ... Dieser hat die Klägerin bei der Exploration lediglich als streckenweise depressiv beschrieben. Er hat die Klägerin folgerichtig als nur leicht depressiv verstimmt ohne Nachweis einer Psychose oder eines hirnorganischen Psychosyndroms von Krankheitswert beurteilt. Auch das Schmerzsyndrom hat nicht einen solch außerordentlichen Krankheitswert, als dass sich hieraus ein höherer GdB ergeben könnte, zumal auch Dr. B. die als Fibromyalgie umschriebene Schmerzerkrankung als milde bezeichnet hat. Dies ergibt sich aus dem von Dr. H. gut nachvollziehbar beschriebenen geringen Leidensdruck. Denn die Klägerin führt trotz der von ihr angegebenen Schmerzsymptomatik keine regelmäßige und dauerhafte schmerztherapeutische Behandlung durch, sondern nimmt nur bei Bedarf ein Schmerzmittel ein. Daher überzeugen auch die Ausführungen des Dr. B., der einen Einzel-GdB von 40 bis 50 annimmt, nicht. Dieser hat zwar die Klägerin bei der Exploration als verlangsamt wirkend, mit deutlicher depressiver Physiognomie sowie insbesondere auf das Krankheitserleben eingeengt mit deutlich eingeengter Schwingungsfähigkeit und Antriebsminderung beschrieben. Gegen einen hieraus resultierenden höheren Einzel-GdB als 30 spricht jedoch maßgeblich der Umstand, dass die Klägerin noch in der Lage ist, ihren Haushalt alleine zu führen, Hobbies nachzugehen und - wenn auch bei leichtem Rückzug - noch ein intaktes Umfeld im Freundes- und Bekanntenkreis aufrecht zu erhalten und eben - wie oben dargelegt - keine fachpsychiatrische Behandlung in Anspruch nimmt.
Auf internistischem Fachgebiet liegen keine GdB-relevanten Erkrankungen vor. So hat Dr. H. in seinem Gutachten zutreffend auf die Ergebnisse der umfangreichen kardiologischen Abklärung im Jahr 2007 verwiesen. Denn nach den Arztbriefen des Kardiologen Dr. Sch. vom 09.11.2006 und 02.01.2007 sowie dem Entlassbrief des Schwarzwald-Baar-Klinikums V.-S. vom 13.06.2007 hat bei der Klägerin eine stenosierende koronare Herzkrankheit nach Durchführung einer Herzkatheteruntersuchung ausgeschlossen werden können und hat eine normale systolische Lungenvolumen-Funktion vorgelegen.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB 30 für das Funktionssystem Rumpf, Einzel-GdB 30 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche, Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem Arme) beträgt der Gesamt-GdB jedenfalls nicht mehr als 50. Wegen der teilweisen Überschneidung der Auswirkungen der Behinderungen auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet hat der Senat den weiteren Einzel-GdB-Wert von 30 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche bei der Bemessung des Ausmaßes der Behinderung dahingehend berücksichtigt, dass wegen dieser weiteren Funktionsbeeinträchtigung dem GdB von 30 für das Funktionssystem Rumpf weitere 20 GdB-Punkte hinzuzufügen sind. Eine weitere Erhöhung wegen des Einzel-GdB-Wertes von 10 für das Funktionssystem Arme kam indes nicht in Betracht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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