L 19 AS 517/13 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 29 AS 5212/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 517/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 29.01.2013 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Durch Bescheid vom 31.08.2010 bewilligte die Rechtsvorgängnerin des Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagter) den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 1.310,85 EUR mtl. für die Zeit vom 01.09.2010 bis 31.03.2011. Durch Änderungsbescheid vom 24.09.2010 erhöhte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.03.2011 auf insgesamt 1.290,85 EUR mtl. (323,00 EUR Regelleistung für den Kläger zu 1) + 378,00 EUR Regelleistung + Mehrbedarf für die Klägerin zu 2) + 589,85 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung).

Durch Bescheid vom 19.11.2010 mit der Überschrift "Änderung zum Bescheid vom 27.09.2010 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" bewilligte der Beklagte den Klägern für Dezember 2010 Leistungen in Höhe von 961,00 EUR (323,00 EUR Regelleistung für den Kläger zu 1) + 378,00 EUR Regelleistung und Mehrbedarf für die Klägerin zu 2) + 260,09 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung). Er führte aus, die Kläger hätten eine Heizkostenabrechnung mit Abrechnungsdatum 09.11.2010 für das Abrechnungsjahr 2009 vorgelegt. Diese Abrechnung weise ein Guthaben in Höhe von 331,38 EUR aus. Heizkostenrückzahlungen bzw. Gutschriften minderten die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft. Eine Vergleichsberechnung zwischen den von ihm bereits im laufenden Leistungsbezug berücksichtigten Vorauszahlungen und den den Klägern tatsächlich entstandenen Kosten habe ergeben, dass ein Betrag von 329,76 EUR bedarfsmindernd zu berücksichtigen sei. Deshalb würden den Klägern für den Monat Dezember 2010 Kosten der Unterkunft nur in Höhe von 260,00 EUR gewährt). Mit weiterem Bescheid vom 19.11.2010 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für Oktober 2010 teilweise in Höhe von 258,65 EUR auf und forderte einen Betrag von 258,65 EUR zurück.

Mit Schreiben vom 17.12.2010 erhoben die Kläger, vertreten durch die Bevollmächtigten, Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.11.2010. Mit Schreiben vom 21.12.2010 bestätigte der Beklagte den Eingang des Widerspruchsschreibens und bat unter Hinweis darauf, dass unter dem 19.11.2010 mehrere Bescheide ergangen seien, um Mitteilung welcher Bescheid angefochten werden solle. Unter Bezugnahme auf das Schreiben des Beklagten vom 21.12.2010 übersandten die Bevollmächtigten unter dem 28.12.2010 an den Beklagten eine von den Klägern unterschriebene undatierte Generalvollmacht, in der u.a. geregelt ist, dass die Vollmacht die Einlegung von Widersprüchen, Antragstellungen aller Art inklusive des Antrages nach § 44 SGB X, Vornahme sämtlicher gerichtlicher Verfahrenshandlungen inklusive der Erhebung von Klagen und Einreichung von Anträgen auf einstweiligen Rechtsschutz erfasst. Die Vollmacht gelte bis zum Widerruf, der jederzeit erfolgen könne, für sämtliche Verfahren, die Leistungen nach dem SGB II beträfen. Im Januar 2011 nahmen die Bevollmächtigten der Kläger Akteneinsicht. Mit Schreiben vom 16.02.2011 begründeten die Bevollmächtigten der Kläger den Widerspruch vom 17.12.2010 insoweit, als der Beklagte die Aufhebung auf eine falsche Ermächtigungsgrundlage gestützt habe. Einschlägig sei nur die Vorschrift des § 45 SGB X. Dies habe der Beklagte nicht geprüft. Durch Abhilfebescheid vom 28.02.2011 gab der Beklagte dem Widerspruch vom 17.12.2010 statt und hob den Bescheid vom 16.11.2010 betreffend die Leistungen für Oktober 2010 auf.

Mit Schreiben vom 10.12.2010 zeigten die Bevollmächtigten an, dass die Kläger sie mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen beauftragt hätten. Sie versicherten ihre Bevollmächtigung und würden die auf sie lautende Generalvollmacht nachreichen. Die vom Beklagten vorgenommene Überweisung von 661,00 EUR für Dezember 2010 stimme nicht mit den im Leistungsbescheid vom 27.09.2010 ausgewiesenen Beträgen überein. Sie gingen davon aus, dass dies lediglich ein Buchungsfehler sei und sähen einer Überweisung innerhalb einer Woche entgegen. Mit Bescheid vom 14.12.2010, adressiert an den Kläger zu 1), und der Überschrift "Änderung zum Bescheid vom 27.09.2010 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für Dezember 2010 in Höhe von 961,00 EUR. Durch Bescheid vom 16.12.2010 mit der Überschrift "Änderung zum Bescheid vom 27.09.2010 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts", adressiert an den Kläger zu 1), bewilligte der Beklagte den Klägern für Oktober 2010 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 793,55 EUR, für November 2010 in Höhe von 1.290,85 EUR, für Dezember 2010 in Höhe von 661,09 EUR und für die Zeit ab dem 01.01.bis zum 31.03.2011 in Höhe von 1.296,78 EUR mtl ... Er gab an, die Erhöhung der Grundmiete um 5,93 EUR zum 01.01.2011 sei berücksichtigt worden.

Mit Schreiben vom 01.04.2011 baten die Bevollmächtigten um Mitteilung des Sachstandes bzw. der Bearbeitung der Angelegenheit aus ihrem Schreiben vom 10.12.2010. Daraufhin übersandte der Beklagte den Bevollmächtigten eine Zweitschrift des Bescheides vom 14.12.2010 und teilte den Bevollmächtigten der Kläger mit, dass den Klägern mit Bescheid vom 14.12.2010 die Höhe der zustehenden Überweisung für den Monat Dezember 2010 mitgeteilt worden sei.

Mit Schreiben vom 06.06.2011 legten die Bevollmächtigten im Namen der Kläger gegen den Bescheid vom 14.12.2010, zugegangen am 10.05.2011, Widerspruch ein. Dem Widerspruchsschreiben war eine von den Klägern unterschriebene, vom 10.12.2010 datierte Vollmacht beigefügt. In dieser Vollmacht ist u. a. geregelt, dass die Vollmacht die Einlegung von Widersprüchen, Antragstellungen aller Art inklusive des Antrages nach § 44 SGB X, Vornahme sämtlicher gerichtlicher Verfahrenshandlungen inklusive die Erhebung von Klagen und Einreichung von Anträgen auf einstweiligen Rechtsschutz erfasst. Die Vollmacht gelte bis zum Widerruf, der jederzeit erfolgen könne, für sämtliche Verfahren, die Leistungen nach dem SGB II beträfen:

Mit Schreiben vom 09.06.2011 forderte der Beklagte eine Vertretungsvollmacht von den Bevollmächtigten an. Die Vollmacht, die dem Widerspruchsschreiben beigefügt sei, datiere vom 10.10.2010 und könne sich daher nicht auf den jetzt erhobenen Widerspruch beziehen. Die Bevollmächtigten trugen vor, dass der Beklagte nur berechtigt sei, einen Betrag von 191,52 EUR auf die Kosten der Unterkunft und Heizung anzurechnen. Die Entscheidung sei fehlerhaft. Durch Widerspruchsbescheid vom 03.11.2011 verwarf der Beklagte den Widerspruch als unzulässig. Der Widerspruch sei unzulässig, da der Bescheid vom 14.12.2010 nicht form- und fristgerecht angefochten worden sei. Die Bevollmächtigten hätten keine gültige Vertretungsvollmacht vorgelegt.

Am 02.12.2011 haben die Kläger Klage mit dem Begehren erhoben, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 14.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2011 zu Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu verpflichten.

Durch Beschluss vom 29.01.2013 hat das Sozialgericht Dortmund den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Hiergegen haben die Kläger Beschwerde eingelegt. Sie tragen vor, dem Beklagten seien sowohl die nichtdatierte Generalvollmacht wie auch die Generalvollmacht vom 10.12.2010 zur Akte übersandt worden. Damit sei eine Bevollmächtigung nachgewiesen gewesen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Die von den Klägern beabsichtigte Rechtsverfolgung - Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB II für Dezember 2010 bietet keine hinreichende Erfolgsaussicht i.S.v. § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO.

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage steht den Klägern gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB II für Dezember 2012 zu. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 14.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 03.11.2011. Die von den Klägern erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage § 54 Abs. 2 und Abs. 4 SGG ist unbegründet. Der Beklagte hat im Ergebnis zutreffend, den Widerspruch der Kläger gegen den Änderungsbescheid vom 14.12.2010 als unzulässig verworfen. Denn der Widerspruch der Kläger hat sich nicht gegen einen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gerichtet (§ 62 SGB X). Bei dem Änderungsbescheid vom 14.12.2010 handelt es sich um eine wiederholende Verwaltungsentscheidung, mit der der Verfügungssatz des bestandskräftigen Änderungsbescheides vom 19.11.2010 wiederholt wird. Durch Änderungsbescheid vom 19.11.2010 hatte der Beklagte die bewilligten Leistungen für Dezember 2010 auf den Betrag 961,00 EUR herabgesetzt. Durch den Änderungsbescheid vom 14.12.2010 hat der Beklagte diesen Verfügungssatz wiederholt, der Bescheid vom 14.12.2010 enthält ebenfalls wie der Bescheid vom 16.12.2010 betreffend die Monate Oktober bis Dezember 2010 keinen eigenen Regelungsgehalt (vgl. zur Abgrenzung einer wiederholten Verfügung von einem Zweitbescheid: BSG Urteil vom 0705.2009 B 14 AS 13/08 R, Rn 11 und vom 30.09.2008 B 4 AS 19/07 R, Rn 10). Der Beklagte hat durch den Bescheid vom 14.12.2010 keine selbständige Regelung i.S.v. § 31 SGB X hinsichtlich der Leistungsansprüche der Kläger nach dem SGB II für den Monat Dezember 2012 getroffen. Mithin hat dieser Bescheid den Änderungsbescheid vom 19.11.2010 nicht ersetzt. Die Wiederholung eines für die Verwaltungsbehörde bindenden (§ 39 SGB X) Verwaltungsakts ist selbst dann kein Verwaltungsakt, wenn sie wie im vorliegenden Fall - in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (vgl. BSG Urteil vom 17.04.1991 - 1 RR 2/89, Rn 14; vgl. auch Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 31 Rn 31f).

Selbst wenn der Änderungsbescheid vom 14.12.2010 als Verwaltungsakt i.S.v. § 31 SGB X gewertet wird, ist der Widerspruch wegen Versäumung der Widerspruchsfrist unzulässig. Denn zum Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs durch die Bevollmächtigten im Juni 2011 war die Widerspruchsfrist von einem Monat abgelaufen (§ 84 Abs. 1 SGG). Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der Änderungsbescheid vom 14.12.2010, dem Kläger zu 1) als Bevollmächtigten der Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 38 SGB II bekannt gegeben worden. Es sind keine Anhaltspunkte aus der Verwaltungsakte ersichtlich, dass eine Bekanntgabe des Bescheides i.S.v. § 37 SGB X durch den Zugang des Bescheides bei den Klägern nicht erfolgt ist. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerbevollmächtigten. Soweit die Klägerbevollmächtigten im Widerspruchsschreiben vom 06.06.2010 anführen, der Bescheid vom 14.12.2010 sei am 10.05.2011 zugegangen, wird mit dieser Einlassung nicht eine frühere Bekantgabe an die Kläger bestritten, sondern lediglich mitgeteilt, wann die Bevollmächtigen Kenntnis von dem Inhalt des Bescheides erhalten haben. Mit der Übersendung einer Zweitschrift des Bescheides vom 14.12.2010 an die Klägerbevollmächtigten im Mai 2010 ist keine neue Widerspruchsfrist in Gang gesetzt worden. Es handelt sich nicht um die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes, mit dem der Lauf einer Widerspruchsfrist in Gang gesetzt wird, sondern um die informatorische Übersendung des Ausdrucks eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes. Dies wird allein schon dadurch dokumentiert, dass auf dem Ausdruck des Bescheides vom 14.12.2010 vom Beklagten der Vermerk "Zweitschrift" hinzugefügt und die Rechtsbehelfsbelehrung durchgestrichen worden ist.

Im Übrigen ist nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage die in dem Bescheid vom 19.11.2010 verfügte teilweise Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für Dezember 2010 rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X sind gegeben, da den Klägern im November 2010 ein Heizkostenguthaben von 331,38 EUR zugeflossen ist. Dieses Guthaben mindert nach § 22 Abs. 2 Satz 4 SGB II (i.d.F. des Gesetzes vom 20.7.2006, BGBl I, 1706 a.F.) nach dem Monat der Rückzahlung oder Gutschrift entstehenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Die Bruttowarmmiete belief sich im Dezember 2012 auf insgesamt 589,85 EUR (Kaltmiete von 473,49 EUR + Heizkostenvorauszahlung von 116,36 EUR (128,00 EUR 11,64 EUR Warmwasserabschlag). Diese Kosten für Unterkunft und Heizung hat der Beklagte um einen Betrag von 329,76 EUR gemindert. Soweit die Klägerbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren geltend gemacht haben, dass der Beklagte die Höhe des berücksichtigenden Betrages zu hoch angesetzt habe, ist dieses Vorbringen unzuzutreffend. Der Beklagte hat den Klägern im Jahr 2009 als Heizkostenvorauszahlung abzüglich eines Abschlags wegen Warmwasserkosten in Höhe von insgesamt 1258,14 EUR (561,72 (6 x 93,62 EUR, Bl. 71 VA) + 347,34 (3 x 115,78 EUR, Bl. 134 VA ) + 349,08 (3 x 116,36 EUR; Bl. 191) gezahlt. Laut Heizkostenabrechnung beliefen sich die Heizkosten, einschließlich der Kosten für die Warmwasseraufbereitung für die Kläger im Abrechnungsjahr 2009 auf 1.066,62 EUR. Soweit die Klägerbevollmächtigten anscheinend die Auffassung vertreten, dass der Beklagte nur berechtigt sei, den Differenzbetrag zwischen 1.258,14 EUR und 1066,62 EUR, also nur 191,52 als Guthaben i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II a.F. EUR anzurechnen, berücksichtigen sie bei ihren Überlegungen nicht, dass in dem Betrag von 1066,62 EUR auch Kosten für die Warmwassererzeugung enthalten sind, so dass mindestens der Abschlag von insgesamt 138,24 EUR abzuziehen ist.

Der Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig i.S.v. § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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