L 3 AS 1200/13 NZB

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 26 AS 3974/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 1200/13 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Klassenfahrten zählen nach der beispielhaften Aufzählung in § 43 Abs. 2 Nr. 6 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen (SchulG) zu den außerunterrichtlichen Veranstaltungen.

2. Nach den schulrechtlichen Bestimmungen des Freistaates Sachsen schließen weder die Freiwilligkeit der Teilnahme an einer Fahrt von Schülern noch die begrenzte Teilnehmerzahl von vornherein aus, dass es sich hierbei um eine verbindliche Veranstaltung im Sinne von § 26 Abs. 2 Satz 1 SchulG und damit letztlich um eine mehrtägige Klassenfahrt im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II handeln kann.
I. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Beklagte begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. Mai 2013.

Die 1995 geborene Klägerin, die zusammen mit ihren Eltern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) bezog, besuchte im Schuljahr 2012/2013 eine staatlich anerkannte Ersatzschule. In dem vom Schulgemeinderat beschlossenen Fahrtenkonzept sind zum einen für die Grundschule, die Mittelschule und das Gymnasium bestimmte Veranstaltungen, gegliedert nach Jahrgangsstufen, vorgesehen. Zum anderen enthält das Konzept "zusätzliche Angebote" wie zum Beispiel Hortfahrt (Jahrgangsstufen 1 bis 4), Bläserfreizeit (Jahrgangsstufen 5 bis 12) oder Schüleraustausche mit Frankreich, England, Israel, Russland und Schweden.

Am 23. Juli 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Übernahme der Kosten für einen Schüleraustausch mit einer Schule in Israel. Der Schüleraustausch dauerte vom 4. bis zum 14. September 2012. An ihm nahmen aus der Schule der Klägerin 10 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 11 teil, die durch Los bestimmt wurden. Die Kosten betrugen je Teilnehmer insgesamt 500,00 EUR. Für die Klägerin wurden sie von ihren Eltern vorfinanziert.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2012 ab.

Auf die Klage der Klägerin hat das Sozialgericht den Beklagten mit Urteil vom 23. Mai 2013 verurteilt, der Klägerin die 500,00 EUR für den Schüleraustausch zu zahlen. Es hat sich auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 22. November 2011 (Az. B 4 AS 204/10 R) bezogen und die Auffassung vertreten, dass sich der Schüleraustausch im Rahmen der schulrechtlichen Regelungen des Freistaates Sachsen gehalten und den bundesrechtlichen Rahmen nicht überschritten habe. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 29. Mai 2013 zugestellte Urteil am 27. Juni 2013 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt, jedoch keinen bestimmten Antrag gestellt. Er vertritt die Auffassung, dass das Sozialgericht von dem bereits zitierten Urteil des Bundessozialgerichtes vom 22. November 2011 abgewichen sei. Denn die Verbindlichkeit einer Schulfahrt sei Voraussetzung dafür, dass eine schulisch veranstaltete Fahrt als Schulfahrt im schulrechtlichen Sinne zu bestimmen sei und deren Kosten erstattungsfähig seien. Zudem weiche der vorliegende Fall von dem ab, über den das Bundessozialgericht entscheiden habe.

Die Klägerin hat im Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme abgegeben.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde gemäß § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. Mai 2013 ist zulässig und insbesondere statthaft.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Dies hat zur Folge, dass die Berufung, die den Streit über die Übernahme der einmaligen Aufwendungen für den Schüleraustausch in Höhe von 500,00 EUR betrifft, der Zulassung bedarf. Das Sozialgericht hatte über die Zulassung des Rechtsmittels zu befinden. Es hat die Berufung nicht zugelassen.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nummer 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nummer 2) oder ein an der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nummer 3).

Keiner dieser Zulassungsgründe ist vorliegend gegeben.

a) Der Beklagte macht den Zulassungsgrund der Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG geltend. Der Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Sozialgerichts entscheidungstragend auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem zur gleichen Rechtsfrage aufgestellten Rechtssatz in einer Entscheidung eines der im § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1989 – 7 BAr 130/88SozR 1500 § 160a Nr. 67 = JURIS-Dokument Rdnr. 7; BSG, Beschluss vom 19. Juli 2012 – B 1 KR 65/11 B – SozR 4-1500 § 160a Nr. 32= JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 21, m. w. N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [10. Aufl., 2012], § 160 Rdnr. 13). Dabei ist erforderlich, dass das Sozialgericht bewusst von einer solchen höhergerichtlichen Entscheidung abgewichen ist und nicht etwa nur fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl. BSG, Beschluss vom 19. Juli 2012, a. a. O., m. w. N.; Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 14a).

Eine Divergenz in dem beschriebenen Sinne ist nicht festzustellen. Das Sozialgericht hat im angefochtenen Urteil auf Seite 4 bis 6 die vom Einzelfall gelösten, allgemeinen Ausführungen des Bundessozialgerichtes aus dessen Urteil vom 22. November 2011 (Az. B 4 AS 204/10 R, SozR 4-4200 § 23 Nr. 15 = JURIS-Dokument), insbesondere aus den Randnummern 14 und 15 sowie 17 bis 19, im Wortlaut unverändert übernommen. Lediglich hinsichtlich der Rechtsgrundlage hat es die Bezugnahmen auf die bis zum 31. Dezember 2010 geltende Regelung in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II durch die hier maßgebende, seit 1. Januar 2011 geltende Regelung in § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II ersetzt. Selbst bei der Subsumtion hat sich das Sozialgericht stark an die Prüfungsabfolge des Bundessozialgerichtes, der das baden-württembergische Schulrecht zugrunde gelegen hat, und die entsprechenden Ausführungen angelehnt. Es ist nicht zu erkennen, dass das Sozialgericht in seiner Entscheidung einen Rechtssatz aufgestellt hätte, der von einem vom Bundessozialgericht aufgestellten Rechtssatz abweichen würde.

Im Kern rügt der Beklagte die Auslegung schulrechtlicher Bestimmungen des Freistaates Sachsen durch das Sozialgericht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zum Zulassungsgrund der Divergenz in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG reicht es aber nicht aus, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), weil nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen die Zulassung der Revision wegen Divergenz ermöglicht (vgl. BSG, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – B 13 R 330/12 B – JURIS-Dokument Rdnr. 9; BSG, Beschluss vom 26. Mai 2011 – B 11 AL 145/10 B – JURIS-Dokument Rdnr. 5; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 160 Rdnr. 14, jeweils m. w. N.).

b) Auch der von Amts wegen zu prüfende Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor.

Eine Rechtssache hat dann im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hingegen nicht (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, [10. Aufl., 2012], § 144 Rdnr. 28). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 – 5 B BJ 118/87 – SozR 1500 § 160a Nr. 60 = JURIS-Dokument Rdnr. 3; BSG, Beschluss vom 16. Dezember 1993 – 7 BAr 126/93SozR 3-1500 § 160a Nr. 16 = JURIS-Dokument, Rdnr. 6; ferner Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28 f. und § 160 Rdnr. 6 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie schon entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BSG, Beschluss vom 30. September 1992 – 11 BAr 47/92SozR 3-4100 § 111 Nr. 1 S. 2 = JURIS-Dokument Rdnr. 8). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, dass heißt die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die konkrete Klärungsfähigkeit, dass heißt die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage hinzutreten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14. Juni 1984 – 1 BJ 82/84 – SozR 1500 § 160 Nr. 53).

In diesem Sinne besitzt die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Denn der schulrechtliche Rahmen, auf den das Bundessozialgericht für die Prüfung, ob es sich bei einer Veranstaltung um eine mehrtägige Klassenfahrt handelt, abstellt (vgl. BSG, Urteil vom 22. November 2011 – B 4 AS 204/10 R – SozR 4-4200 § 23 Nr. 15 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 21), lässt sich an Hand der einschlägigen Regelungen des sächsischen Schulrechtes bestimmen.

Klassenfahrten zählen nach der beispielhaften Aufzählung in § 43 Abs. 2 Nr. 6 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen (SchulG) i. d. F. d. Bekanntmachung. vom 16. Juli 2004 (SächsGVBl. S. 298; zuletzt geändert durch Artikel 31 des Gesetzes vom 29. Januar 2008 [SächsGVBl. S. 138, 163]) zu den außerunterrichtlichen Veranstaltungen. Über Angelegenheiten nach § 43 Abs. 2 SchulG, mithin auch über außerschulische Veranstaltungen, berät und beschließt die Gesamtlehrerkonferenz (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 und 2 i. V. m. § 43 Abs. 2 Nr. 6 SchulG; vgl. auch § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Lehrerkonferenzen [Lehrerkonferenzverordnung – LKonfVO] vom 12. Juli 1994 [SächsGVBl. S.1452], zuletzt geändert durch die Verordnung vom 21. Juli 2004 [SächsGVBl. S. 353]). Von der Lehrerkonferenz gefasste Beschlüsse bedürfen gemäß § 43 Abs. 2 Nr. 6 SchulG des Einverständnisses der Schulkonferenz. Entsprechend der dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 22. November 2011 (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 22) zugrunde liegenden Rechtslage delegiert auch das sächsische Schulrecht in dem gesetzlich gesteckten Rahmen die Frage, ob und welche außerunterrichtlichen Veranstaltungen durchgeführt werden, an die einzelne Schule.

Weitere Regelungen zu Klassenfahrten und ähnlichen Veranstaltungen finden sich in Verwaltungsvorschriften, insbesondere der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Durchführung von Schulfahrten (VwV-Schulfahrten) vom 7. April 2004 (SächsABl. S. 372). Nach Nummer 1.2 VwV-Schulfahrten sind Schulfahrten ein wichtiger Bestandteil der Erziehungs- und Bildungsarbeit der Schule. Sie vertiefen, erweitern und ergänzen den Unterricht. Die Sozial- und Gemeinschaftsfähigkeit der Schüler wird in besonderer Weise unterstützt und gefördert. Schulfahrten sind nach Nummer 1.3 Satz 1 VwV-Schulfahrten schulische Veranstaltungen im Sinne von § 26 Abs. 2 SchulG. Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 SchulG erstreckt sich die Schulpflicht nicht nur auf den regelmäßigen Besuch des Unterrichts, sondern auch der übrigen verbindlichen Veranstaltungen der Schule einschließlich der Teilnahme an Evaluationsverfahren im Sinne des § 59a SchulG (zur Schulpflich bei für verbindlich erklärten Veranstaltungen: Adolf/Berenbruch/Hoffmann/Maier, Schulrecht Sachsen [17. Erg.-Lfg.], § 26 SchulG Anm. 2.2). Nach Nummer 1.3 Satz 2 VwV-Schulfahrten sind Schulfahrten im Klassen- oder Kursverband durchzuführen, soweit nicht die Besonderheit der Veranstaltung einen hiervon abweichenden Teilnehmerkreis notwendig macht. Nicht genehmigte Veranstaltungen von Lehrkräften und Schülern haben privaten Charakter (vgl. Nummer 1.3 Satz 3 VwV-Schulfahrten). In Nummer 2 VwV-Schulfahrten sind vier Arten von Schulfahrten aufgeführt. Schulfahrten im Rahmen von Maßnahmen der internationalen Bildungskooperation dienen insbesondere der Förderung der interkulturellen und fremdsprachlichen Kompetenz (vgl. Nummer 2.4 VwV-Schulfahrten). Für Fahrten nach den Nummer 2.4 steht in der Sekundarstufe II ein zeitlicher Rahmen von bis zu 10 Unterrichtstagen insgesamt zur Verfügung (vgl. Nummer 3.1 Satz 1 VwV-Schulfahrten). Die Schulfahrten sind von der Schule zu planen (vgl. Nummer 4.1 Satz 1 VwV-Schulfahrten). Die finanzielle Belastung muss für alle Erziehungsberechtigten beziehungsweise volljährigen Schüler zumutbar sein (vgl. Nummer 4.1 Satz 3 VwV-Schulfahrten). Nach Maßgabe von Nummer 4.2 VwV-Schulfahrten besteht grundsätzlich eine Pflicht zur Teilnahme an Schulfahrten. Vor der Durchführung einer Schulfahrt müssen die Erziehungsberechtigten beziehungsweise volljährigen Schüler eine schriftliche Erklärung im Sinne von Nummer 4.3 VwV-Schulfahrten abgeben. Die Vorbereitung und Durchführung (Leitung) der Schulfahrt obliegt im Regelfall dem Klassenlehrer, dem Kursleiter oder Tutor (vgl. Nummer 5.2 Satz 1 VwV-Schulfahrten). Art und Umfang der Aufsicht einschließlich der etwaigen Pflicht zur Teilnahme einer Begleitperson sind in Nummer 6 VwV-Schulfahrten geregelt. Jede Schulfahrt bedarf der Genehmigung durch den Schulleiter (vgl. Nummer 9.1 und 9.2 Satz 1 VwV-Schulfahrten). Schulfahrten ins Ausland sind vier Wochen vor Beginn der Fahrt schriftlich beim zuständigen Regionalschulamt anzuzeigen (vgl. Nummer 9.2 Satz 4 VwV-Schulfahrten). Bestimmte Schulfahrten können nach Maßgabe der Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Förderung von Maßnahmen im Rahmen der internationalen Bildungskooperation an sächsischen Schulen (FRL IntBilkoop) vom 20. September 2012 (SächsABl. S. 1269), die an die Stelle der Richtlinie vom 6. Mai 2003 (SächsABl. S. 618) getreten ist, staatlich gefördert werden.

Diese für staatliche Schulen geltenden Regelungen können zur Prüfung, ob ein Anspruch nach dem SGB II auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für eine mehrtägige Klassenfahrt besteht, entsprechend für Veranstaltungen von Schulen in freier Trägerschaft, wie der von der Klägerin besuchten, herangezogen werden. Denn eine Schule in freier Trägerschaft erhält dann die Anerkennung als Ersatzschule verliehen, wenn sie die Gewähr dafür bietet, dass sie dauernd die an entsprechende öffentliche Schulen gestellten Anforderungen erfüllt (vgl. § 8 Abs. 1 des Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft (SächsFrTrSchulG) vom 4. Februar 1992 [SächsGVBl. S. 37], zuletzt geändert durch Artikel 10, 35 Abs. 3 des Gesetzes vom 15. Dezember 2010 [SächsGVBl. S. 387]).

Soweit der Beklagte im Beschwerdeschriftsatz geltend macht, bei dem Schüleraustausch mit einer Schule in Israel, an der die Klägerin teilgenommen hat, habe es sich nicht um eine verbindliche Veranstaltung der Schule gehandelt, liegt hierin keine Rechtsfrage mit einer grundsätzlichen Bedeutung. Vielmehr ist diese Frage durch eine Subsumtion des vorliegenden Sachverhaltes unter die einschlägigen Regelungen im SGB II und den im vorliegenden Zusammenhang zu berücksichtigenden schulrechtlichen Regelungen des Freistaates Sachsen zu beantworten. Lediglich ergänzend merkt deshalb der Senat an, dass nach den beschriebenen schulrechtlichen Bestimmungen weder die Freiwilligkeit der Teilnahme an einer Fahrt von Schülern (vgl. hierzu Nummer 4.3 VwV-Schulfahrten) noch die begrenzte Teilnehmerzahl (vgl. hierzu Nummer 1.3 Satz 2 VwV-Schulfahrten) von vornherein ausschließen, dass es sich hierbei um eine verbindliche Veranstaltung im Sinne von § 26 Abs. 2 Satz 1 SchulG und damit letztlich um eine mehrtägige Klassenfahrt im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II handeln kann.

c) Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Er bezieht sich begrifflich auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil, nicht aber auf dessen sachlichen Inhalt, das heißt seine Richtigkeit (vgl. Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 32 ff.). Die Zulassung der Berufung aufgrund eines Verfahrensmangels erfordert, dass dieser Mangel nicht nur vorliegt, sondern – anders als die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz – auch geltend gemacht wird (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Daran fehlt es hier.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).

Dr. Scheer Höhl Atanassov
Rechtskraft
Aus
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