Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 EG 11/14 BG
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 EG 1/15 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Betreuungsgeld für den 13. und 14. Lebensmonat des am 00.00.0000 geborenen Kindes in Höhe von insgesamt 200,00 EUR.
Die Klägerin ist verheiratet und Mutter des am 00.00.0000 geborenen (dritten) Kindes G ... Sie ist deutsche Staatsangehörige und wohnt seit 2007 in Belgien. Sie war vor der Geburt des Kindes in Deutschland in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt. Die Klägerin erhielt – unter Anrechnung des bis 02.06.2013 gezahlten Mutterschaftsgeldes – Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes, wie sie es beantragt und als Bezugsmonate festgelegt hatte, also vom 07.04.2013 bis 06.04.2014. Der Vater, ebenfalls deutscher Staatsangehöriger und in Belgien wohnend, beantragte kein Elterngeld; er arbeitet in Deutschland und war im maximalen Elterngeldbezugszeitraum vom ersten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes voll erwerbstätig.
Am 27.02.2014 beantragte die Klägerin Betreuungsgeld für den 13. bis 34. Lebensmonat des Kindes. Sie gab an, dass Kind lebe in ihrem Haushalt und werde von ihr erzogen; das im Kalenderjahr vor der Geburt zu versteuernde Einkommen der Eltern habe 500.000,00 EUR nicht überschritten; für den Betreuungsgeldantragszeitraum nehme sie für das Kind in Nordrhein-Westfalen keine öffentlich geförderte Tagesbetreuung in Anspruch, wohl aber – voraussichtlich ab September 2014 – in F./Belgien. Zur Begründung, dass das Betreuungsgeld bereits ab dem 13. Lebensmonat des Kindes beantragt wurde, verwies die Klägerin auf § 4d Abs. 1 Satz 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG); danach werde Betreuungsgeld auch vor dem 15. Lebensmonat gewährt, wenn die Eltern die Monatsbeträge des Elterngeldes, die ihnen nach § 4 Abs. 2 und 3 BEEG zustehen, bereits bezogen haben. Dies treffe auf die Eltern von G. zu, da die Monatsbeträge bereits mit dem Monat April 2014 abschließend bezogen worden seien. Da dem Vater im Hinblick auf seine volle Erwerbstätigkeit kein Elterngeld zugestanden habe, ein Elternteil aber maximal für zwölf Monate Elterngeld beziehen könne, stünden beiden Elternteilen nur zwölf Monate Elterngeld zu. Ein Verzicht auf Partnermonate sei nicht erfolgt, da dieser einen Anspruch voraussetze. Auch nach der Gesetzesbegründung sei ein Betreuungsgeldanspruch bereits ab dem 13. Lebensmonat nicht ausgeschlossen.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit, G. werde ab September durch das Regionalzentrum für Kleinkinderbetreuung (RZKB) in Belgien betreut.
Durch Bescheid vom 30.04.2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin Betreuungsgeld für den 15. bis 17. Lebensmonat des Kindes G., und zwar für den 15. Lebensmonat (07.06. bis 06.07.2014) in Höhe von 100,00 EUR, für den 16. Lebensmonat (07.07. bis 06.08.2014) in Höhe von 109,68 EUR und für den 17. Lebensmonat (07.08. bis 06.09.2014) in Höhe von 150,00 EUR. Sie stellte fest, dass der Anspruch am 06.09.2014 ende, weil für das Kind eine öffentlich geförderte Kindertagesbetreuung in Anspruch genommen werde.
Am 08.05.2014 erhob die Klägerin u.a. gegen die Nichtbewilligung von Betreuungsgeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes Widerspruch.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 03.07.2014 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 30.09.2014 Klage – beschränkt auf die Gewährung von Betreuungsgeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes – erhoben. Sie ist der Auffassung, ihr und dem Vater des gemeinsamen Kindes hätten gemeinsam keine vierzehn Monatsbeträge des Elterngeldes zugestanden, da sie die entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt hätten. Denn der Vater habe zu jedem Zeitpunkt eine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt. Die Klägerin folgert daraus, dass beiden Elternteilen insgesamt nur zwölf Monate Elterngeld zugestanden hätten. Das Wort "zustehen" in § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG könne nicht so verstanden werden, dass die Elterngeldbeträge den Eltern "dem Grunde nach" zustehen. Dies sei eine durch den Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckte Interpretation. Die Auffassung, Elterngeld stünde den Eltern auch dann zu, wenn es ihnen nicht zusteht, überschreite den äußersten Wortsinn und verlasse deshalb den Bereich einer – jedenfalls rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden – Auslegung. Soweit diese Auslegung in den Richtlinien der Verwaltung zu finden ist, hält die Klägerin die Richtlinien in diesem Punkt für unzutreffend. Im Gesetz werde nicht darauf abgestellt, ob den Eltern Elterngeld zugestanden hätte, wenn eine Minderung der Erwerbstätigkeit erfolgt wäre, sondern es werde darauf abgestellt, ob den Eltern Elterngeld zusteht. Es komme also nicht auf fiktive alternative Kausalverläufe an, sondern darauf, ob den Eltern tatsächlich Elterngeld zusteht oder nicht. Die Klägerin meint, für die von ihr vertretene Ansicht spreche auch die Gesetzesbegründung; sie verweist hierzu auf die Bundestags-(BT-)Drucksache 17/11404, S. 14. Vorsorglich macht die Klägerin einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz/GG) geltend, wenn Eltern, denen tatsächlich vierzehn Monatsbeträge des Elterngeldes zustehen, die sie insgesamt in den ersten zwölf Monaten bezogen haben, bereits ab dem 13. Lebensmonat des Kindes einen Anspruch auf Betreuungsgeld haben, während Eltern, denen nur zwölf Monate Elterngeld zustehen erst ab dem 15. Lebensmonat des Kindes einen Anspruch auf Betreuungsgeld haben, weil ein fiktives nicht gleichzeitiges Beziehen von Elterngeld unterstellt wird. Für eine solche Schlechterstellung von Eltern, die nur einen Anspruch auf zwölf Monate Elterngeld haben, gegenüber Eltern, die vierzehn Monate Anspruch auf Elterngeld haben, sei kein sachlicher Grund ersichtlich.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2014 zu verurteilen, ihr auch für den13. und 14. Lebensmonat des Kindes G. Betreuungsgeld in Höhe von jeweils 100,00 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass ein nahtloser Anschluss des Betreuungsgeldes an das Elterngeld dann nicht möglich ist, wenn die Voraussetzungen des § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht erfüllt sind, der individuelle Bezug aber schon vor dem 15. Lebensmonat geendet hat. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn der Elternteil seinen Bezug von Elterngeld beendet habe, obwohl er grundsätzlich noch Anspruch auf weitere Monatsbeträge gehabt hätte, oder wenn nur noch Elterngeldansprüche für den anderen Elternteil zur Verfügung stehen und dieser davon keinen Gebrauch macht. Da in diesen Fällen der Elternteil seinen Bezug von Elterngeld – insbesondere vor dem Hintergrund der möglichen Antragsänderung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BEEG – jederzeit wieder aufnehmen bzw. der andere Elternteil die Partnermonate ggf. rückwirkend beanspruchen könnte, könne die Beendigung des individuellen Bezugs allein nicht maßgebend sein. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn ein Elternteil über 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sei und insofern kein Elterngeld beziehen könne, da er die Anspruchsvoraussetzungen für das Elterngeld nach § 1 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 6 BEEG nicht erfülle. In diesen Fällen stünden den Eltern noch Monatsbeträge des Elterngeldes zu, die bei entsprechender Reduzierung der Erwerbstätigkeit bezogen werden könnten. In Fällen in denen ein individueller Bezug noch möglich sei, könne Betreuungsgeld daher nicht vor dem 15. Lebensmonat gewährt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffenden Elterngeld- und Betreuungsgeldakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Insbesondere hat sie keinen Anspruch auf Betreuungsgeld nach dem Zweiten Abschnitt des BEEG für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes G. in Höhe von monatlich 100,00 EUR.
Durch das "Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes" (Betreuungsgeldgesetz) vom 15.02.2013 (BGBl. I, S. 254) sind die §§ 4a bis 4d als neuer Abschnitt 2 in das BEEG eingefügt worden. Gemäß § 4a Abs. 1 BEEG hat Anspruch auf Betreuungsgeld, wer 1. die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 2 bis 5, 7 und 8 erfüllt und 2. für das Kind keine Leistungen nach § 24 Abs. 2 in Verbindung den §§ 22 bis 23 des Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) in Anspruch nimmt. Diese Anspruchsvoraussetzungen hat die Klägerin nicht nur in dem 15. bis 17. Lebensmonat des Kindes, für die ihr Betreuungsgeld bewilligt worden ist, sondern auch im 13. und 14. Lebensmonat erfüllt. Sie lebt mit dem Kind G. im Haushalt, betreut und erzieht das Kind selbst und übt keine oder keine volle Erwerbstätigkeit aus. Die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Elternteile betrug im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes nicht mehr als 500.000,00 EUR. Der Umstand das die Klägerin keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BEEG), sondern in Belgien lebt, steht dem Anspruch nicht entgegen. Zwar gehört die Klägerin zu keiner der in § 1 Abs. 2 BEEG benannten drei Gruppen von Personen, die auch ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland Elterngeld und sukzessive Betreuungsgeld beanspruchen können. Jedoch gehören – vom Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt – nach dem Recht der europäischen Gemeinschaften auch Grenzgänger im Sinne der "Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit" (EG-VO 883/2004) zu den elterngeldberechtigten Personen (so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucksache 16/1889 S. 18), ebenso die Familienangehörigen von Grenzgängern. Dies ist Ausfluss des gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsgebots nach Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Entsprechendes gilt für den Kreis der betreuungsgeldberechtigten Personen. Die Klägerin hat im streitbefangenen Zeitraum für das Kind auch keine Leistungen nach § 24 Abs. 2 i.V.m. §§ 22 bis 23 SGB VIII, also keine öffentlich geförderte Tagesbetreuung (Kindertageseinrichtung, Tagesmutter oder -vater) in Anspruch genommen. Diese Leistungen erhält sie erst seit September 2014 in Belgien durch das RZKB.
Zu Recht hat die Beklagte jedoch die Gewährung von Betreuungsgeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes abgelehnt, weil die Klägerin die dafür erforderlichen Ausnahmevoraussetzungen nach § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht erfüllt. § 4d BEEG regelt den Bezugszeitraum für Betreuungsgeld. Absatz 1 dieser Vorschrift lautet: "Betreuungsgeld kann in Zeit vom ersten Tag des 15. Lebensmonats bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats des Kindes bezogen werden. Vor dem 15. Lebensmonat wird Betreuungsgeld nur gewährt, wenn die Eltern die Monatsbeträge des Elterngeldes, die ihnen für ihr Kind nach § 4 Abs. 2 und 3 zustehen, bereits bezogen haben. Für jedes Kind wird höchstens für 22 Lebensmonate Betreuungsgeld gezahlt."
Mit der Festlegung des (Regel-)Beginns des Betreuungsgeldes auf den 15. Lebensmonat in Satz 1 der Vorschrift schließt die Bezugszeit an die 14-monatige Rahmenbezugszeit für das Elterngeld nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BEEG an. Die Regelung in § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG ermöglicht einen nahtlosen Bezug von Elterngeld und Betreuungsgeld auch in den Fällen, in denen Eltern die ihnen zustehenden Monatsbeträge des Elterngeldes bereits vor dem 15. Lebensmonat des Kindes bezogen haben (BT-Drucksache 17/11404, S. 14). Dies ist zum Beispiel dann möglich, wenn die Eltern (zumindest in einzelnen Monaten) gleichzeitig Elterngeld beansprucht haben. Denn bei gleichzeitiger Inanspruchnahme werden in den betreffenden Lebensmonaten zwei der den Eltern zustehenden Monatsbeträge verbraucht und der Bezugszeitraum des Elterngeldes verkürzt sich entsprechend. Eine vorgezogene Gewährung von Betreuungsgeld vor dem 15. Lebensmonat kommt desweiteren in Betracht, wenn Elterngeld ausnahmsweise auf zwölf Monatsbeträge beschränkt ist, weil ein darüber hinaus gehender individueller Bezug ausgeschlossen ist (vgl. hierzu und den möglichen Fallvarianten: Ziffern 4d.1.2.1 und 4d.1.2.2 der Richtlinien zum BEEG des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – BMFSFJ –, Stand: 7/2013; im Folgenden: BEEG-Richtlinien). Diese Ausnahmetatbestände lagen im Fall der Klägerin für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes nicht vor.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in ihrem Fall ein nahtloser Anschluss des Betreuungsgeldes an das bis zum 12. Lebensmonat einschließlich gewährte Elterngeld nicht möglich. Denn ihr und dem Vater des Kindes standen gemeinsam vierzehn Elterngeldmonatsbeträge zu. Die Realisierung dieses Anspruchs, also der individuelle Bezug des Elterngeldes war allein vom Antrag und der Wahl der berechtigten Eltern abhängig. Hierzu heißt es in der Begründung des Entwurfs eines Betreuungsgeldgesetzes (BT-Drucksache 17/9917): "Ein nahtloser Anschluss des Betreuungsgeldes an das Elterngeld ist für einen Elternteil nicht möglich, wenn die Voraussetzungen des Satzes 2 nicht erfüllt sind, der individuelle Bezug aber schon vor dem 13. Lebensmonat geendet hat. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Elternteil seinen Bezug von Elterngeld beendet hat, obwohl er noch Anspruch auf Elterngeld hat, oder wenn nur noch Elterngeldansprüche für den anderen Elternteil zur Verfügung stehen. Da in diesen Fällen der Elternteil seinen Bezug von Elterngeld – insbesondere vor dem Hintergrund der möglichen Antragsänderung nach § 7 Absatz 2 Satz 2 – jederzeit wieder aufnehmen könnte, kann die Beendigung des individuellen Bezugs allein nicht maßgeblich sein. Wenn die Eltern über 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind und insofern kein Elterngeld beziehen können, da sie die Anspruchsvoraussetzung für das Elterngeld nach § 1 Absatz 1 Nr. 4, Abs. 6 nicht erfüllen, wird Betreuungsgeld nicht vor dem 13. Lebensmonat gewährt. In diesen Fällen stehen den Eltern noch Monatsbeträge des Elterngeldes zu, die sie bei entsprechender Reduzierung ihrer Erwerbstätigkeit beziehen können." Im Gesetzentwurf (und dementsprechend in der zitierten Begründung dazu) war in § 4d Abs. 1 Satz 1 BEEG noch von einem Regelbeginn des Betreuungsgeldes ab dem 13. Lebensmonat ausgegangen worden; dieser ist in der endgültigen Gesetzesfassung dann auf den 15. Lebensmonat verschoben worden. Dadurch hat sich aber an der Intention des Gesetzgebers, einen vorgezogenen Bezug von Betreuungsgeld vor dem Regelbeginn auszuschließen, wenn den Eltern im Wege des Erst- oder Änderungsantrags noch Monatsbeträge des Elterngeldes zustehen, wenn die berechtigte Person ihre Erwerbstätigkeit unter 30 Wochenstunden reduziert, nichts geändert (vgl. BEEG-Richtlinien, Ziffer 4d.1.2.3). Dies wird auch in der Begründung des Gesetzgebers zum Entwurf eines "Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz" deutlich. Dort heißt es (vgl. BT-Drucksache 18/2583, S. 30 zu Nummer 7 [§ 4 d]): "Das Betreuungsgeld kann deshalb auch dann nicht vor dem 15. Lebensmonat bezogen werden, wenn die Eltern die ihnen noch zustehenden Monatsbeträge zunächst als Elterngeld Plus beantragt haben, da sie diese Beantragung – ggf. auch rückwirkend – noch ändern können, um beispielsweise für den 14. Lebensmonat Elterngeld im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 zu beziehen."
Die von der Klägerin vorgenommene Auslegung des Begriffs "zustehen" in § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG widerspricht sowohl der Absicht des Gesetzgebers als auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Sie ist auch grammatisch nicht zwingend und überzeugend. Ob den Eltern die Monatsbeträge des Elterngeldes für ihr Kind nach § 4 Abs. 2 und 3 BEEG "zustehen", lässt sich entweder abstrakt nach der/den Personen(en) der Anspruchsberechtigten unter Berücksichtigung ihrer individuellen Antrags- und Wahlmöglichkeiten beurteilen (Anspruch dem Grunde nach) oder nach dem konkret gestellten Antrag und der konkret getroffenen Wahl. Bezogen auf die Klägerin und ihren Ehemann bedeutet dies: Bei abstrakter Betrachtung hatten die Eltern dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld für vierzehn Lebensmonate des Kindes. Der Vater hätte, da die Klägerin Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat beantragt und erhalten hatte, auch nach der Vollendung des zwölften Lebensmonats noch für den dreizehnten und vierzehnten Lebensmonat – ganz oder teilweise – Elterngeld in Anspruch nehmen können, wenn er seine Erwerbstätigkeit unter 30 Stunden reduziert und die Leistung – bis spätestens 31.07.2014 auch rückwirkend (vgl. § 7 Abs. 1 BEEG) – schriftlich beantragt hätte. Bei konkreter Betrachtung hat der Vater des Kindes seine Erwerbstätigkeit nicht – elterngeldanspruchsbegründend – reduziert und steht ihm kein Elterngeld für zwei Partnermonate zu. Diese Feststellung lässt sich aber in Bezug auf den Anfang seiner Erwerbstätigkeit erst seit dem Ende des 14. Lebensmonats des Kindes G. treffen. Die mit einem Antrag auf Betreuungsgeld befasste Behörde hat die Voraussetzungen dieses Anspruchs für jeden Tag des möglichen Bezugszeitraums zu prüfen; die Voraussetzungen müssen an jedem Tag vorliegen. Dies bedeutet in Bezug auf die Ausnahmeregelung des § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG: Da die Eltern aufgrund der Antragsänderungsmöglichkeit nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BEEG jederzeit während des 13. und 14. Lebensmonats die Voraussetzungen für den Bezug von Elterngeld für den 13. und/oder 14. Lebensmonat schaffen können und ihnen also so lange noch Monatsbeträge des Elterngeldes zustehen, können sie diese gerade nicht – wie § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG es für einen vorgezogenen Bezug von Betreuungsgeld verlangt – vor dem 15. Lebensmonat "bereits bezogen haben". Dieses Verständnis von dem Begriff "zustehen" in § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG entspricht dem des Gesetzgebers und findet seinen Niederschlag nicht nur in den BEEG-Richtlinien, sondern auch in der Literatur (vgl. Hahn, Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung oder "Herdprämie"? – Das Betreuungsgeld, in: JM 2014, 153 ff., 155 und 158, Fn. 25).
Da der Klägerin und ihrem Ehemann gemeinsam auch nach der Vollendung des 12. Lebensmonats bis zum Ende des 14. Lebensmonats des Kindes noch Monatsbeträge des Elterngeldes – abhängig von der Wahl des Vaters – zustanden, hatten sie diese nicht vor dem 15. Lebensmonat "bereits bezogen". Die Klägerin kann sich daher für den von ihr geltend gemachten Betreuungsgeldanspruch für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes nicht auf die Ausnahmeregelung des § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG berufen.
Die im Übrigen vorsorglich geltend gemachten Bedenken der Klägerin hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) teilt die Kammer nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Kammer hat die Sprungrevision zugelassen, weil sie der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 161 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). In der Zulassung der Sprungrevision liegt zugleich die Zulassung der im Hinblick auf den Wert des Beschwerdegegenstandes grundsätzlich nicht statthaften Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGG; BSG, Urteil vom 29.05.1991 – 4 RA 44/90; Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage 2012, § 161 Rn. 2 m.w.N.).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Betreuungsgeld für den 13. und 14. Lebensmonat des am 00.00.0000 geborenen Kindes in Höhe von insgesamt 200,00 EUR.
Die Klägerin ist verheiratet und Mutter des am 00.00.0000 geborenen (dritten) Kindes G ... Sie ist deutsche Staatsangehörige und wohnt seit 2007 in Belgien. Sie war vor der Geburt des Kindes in Deutschland in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt. Die Klägerin erhielt – unter Anrechnung des bis 02.06.2013 gezahlten Mutterschaftsgeldes – Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes, wie sie es beantragt und als Bezugsmonate festgelegt hatte, also vom 07.04.2013 bis 06.04.2014. Der Vater, ebenfalls deutscher Staatsangehöriger und in Belgien wohnend, beantragte kein Elterngeld; er arbeitet in Deutschland und war im maximalen Elterngeldbezugszeitraum vom ersten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes voll erwerbstätig.
Am 27.02.2014 beantragte die Klägerin Betreuungsgeld für den 13. bis 34. Lebensmonat des Kindes. Sie gab an, dass Kind lebe in ihrem Haushalt und werde von ihr erzogen; das im Kalenderjahr vor der Geburt zu versteuernde Einkommen der Eltern habe 500.000,00 EUR nicht überschritten; für den Betreuungsgeldantragszeitraum nehme sie für das Kind in Nordrhein-Westfalen keine öffentlich geförderte Tagesbetreuung in Anspruch, wohl aber – voraussichtlich ab September 2014 – in F./Belgien. Zur Begründung, dass das Betreuungsgeld bereits ab dem 13. Lebensmonat des Kindes beantragt wurde, verwies die Klägerin auf § 4d Abs. 1 Satz 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG); danach werde Betreuungsgeld auch vor dem 15. Lebensmonat gewährt, wenn die Eltern die Monatsbeträge des Elterngeldes, die ihnen nach § 4 Abs. 2 und 3 BEEG zustehen, bereits bezogen haben. Dies treffe auf die Eltern von G. zu, da die Monatsbeträge bereits mit dem Monat April 2014 abschließend bezogen worden seien. Da dem Vater im Hinblick auf seine volle Erwerbstätigkeit kein Elterngeld zugestanden habe, ein Elternteil aber maximal für zwölf Monate Elterngeld beziehen könne, stünden beiden Elternteilen nur zwölf Monate Elterngeld zu. Ein Verzicht auf Partnermonate sei nicht erfolgt, da dieser einen Anspruch voraussetze. Auch nach der Gesetzesbegründung sei ein Betreuungsgeldanspruch bereits ab dem 13. Lebensmonat nicht ausgeschlossen.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit, G. werde ab September durch das Regionalzentrum für Kleinkinderbetreuung (RZKB) in Belgien betreut.
Durch Bescheid vom 30.04.2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin Betreuungsgeld für den 15. bis 17. Lebensmonat des Kindes G., und zwar für den 15. Lebensmonat (07.06. bis 06.07.2014) in Höhe von 100,00 EUR, für den 16. Lebensmonat (07.07. bis 06.08.2014) in Höhe von 109,68 EUR und für den 17. Lebensmonat (07.08. bis 06.09.2014) in Höhe von 150,00 EUR. Sie stellte fest, dass der Anspruch am 06.09.2014 ende, weil für das Kind eine öffentlich geförderte Kindertagesbetreuung in Anspruch genommen werde.
Am 08.05.2014 erhob die Klägerin u.a. gegen die Nichtbewilligung von Betreuungsgeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes Widerspruch.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 03.07.2014 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 30.09.2014 Klage – beschränkt auf die Gewährung von Betreuungsgeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes – erhoben. Sie ist der Auffassung, ihr und dem Vater des gemeinsamen Kindes hätten gemeinsam keine vierzehn Monatsbeträge des Elterngeldes zugestanden, da sie die entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt hätten. Denn der Vater habe zu jedem Zeitpunkt eine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt. Die Klägerin folgert daraus, dass beiden Elternteilen insgesamt nur zwölf Monate Elterngeld zugestanden hätten. Das Wort "zustehen" in § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG könne nicht so verstanden werden, dass die Elterngeldbeträge den Eltern "dem Grunde nach" zustehen. Dies sei eine durch den Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckte Interpretation. Die Auffassung, Elterngeld stünde den Eltern auch dann zu, wenn es ihnen nicht zusteht, überschreite den äußersten Wortsinn und verlasse deshalb den Bereich einer – jedenfalls rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden – Auslegung. Soweit diese Auslegung in den Richtlinien der Verwaltung zu finden ist, hält die Klägerin die Richtlinien in diesem Punkt für unzutreffend. Im Gesetz werde nicht darauf abgestellt, ob den Eltern Elterngeld zugestanden hätte, wenn eine Minderung der Erwerbstätigkeit erfolgt wäre, sondern es werde darauf abgestellt, ob den Eltern Elterngeld zusteht. Es komme also nicht auf fiktive alternative Kausalverläufe an, sondern darauf, ob den Eltern tatsächlich Elterngeld zusteht oder nicht. Die Klägerin meint, für die von ihr vertretene Ansicht spreche auch die Gesetzesbegründung; sie verweist hierzu auf die Bundestags-(BT-)Drucksache 17/11404, S. 14. Vorsorglich macht die Klägerin einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz/GG) geltend, wenn Eltern, denen tatsächlich vierzehn Monatsbeträge des Elterngeldes zustehen, die sie insgesamt in den ersten zwölf Monaten bezogen haben, bereits ab dem 13. Lebensmonat des Kindes einen Anspruch auf Betreuungsgeld haben, während Eltern, denen nur zwölf Monate Elterngeld zustehen erst ab dem 15. Lebensmonat des Kindes einen Anspruch auf Betreuungsgeld haben, weil ein fiktives nicht gleichzeitiges Beziehen von Elterngeld unterstellt wird. Für eine solche Schlechterstellung von Eltern, die nur einen Anspruch auf zwölf Monate Elterngeld haben, gegenüber Eltern, die vierzehn Monate Anspruch auf Elterngeld haben, sei kein sachlicher Grund ersichtlich.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2014 zu verurteilen, ihr auch für den13. und 14. Lebensmonat des Kindes G. Betreuungsgeld in Höhe von jeweils 100,00 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass ein nahtloser Anschluss des Betreuungsgeldes an das Elterngeld dann nicht möglich ist, wenn die Voraussetzungen des § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht erfüllt sind, der individuelle Bezug aber schon vor dem 15. Lebensmonat geendet hat. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn der Elternteil seinen Bezug von Elterngeld beendet habe, obwohl er grundsätzlich noch Anspruch auf weitere Monatsbeträge gehabt hätte, oder wenn nur noch Elterngeldansprüche für den anderen Elternteil zur Verfügung stehen und dieser davon keinen Gebrauch macht. Da in diesen Fällen der Elternteil seinen Bezug von Elterngeld – insbesondere vor dem Hintergrund der möglichen Antragsänderung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BEEG – jederzeit wieder aufnehmen bzw. der andere Elternteil die Partnermonate ggf. rückwirkend beanspruchen könnte, könne die Beendigung des individuellen Bezugs allein nicht maßgebend sein. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn ein Elternteil über 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sei und insofern kein Elterngeld beziehen könne, da er die Anspruchsvoraussetzungen für das Elterngeld nach § 1 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 6 BEEG nicht erfülle. In diesen Fällen stünden den Eltern noch Monatsbeträge des Elterngeldes zu, die bei entsprechender Reduzierung der Erwerbstätigkeit bezogen werden könnten. In Fällen in denen ein individueller Bezug noch möglich sei, könne Betreuungsgeld daher nicht vor dem 15. Lebensmonat gewährt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffenden Elterngeld- und Betreuungsgeldakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Insbesondere hat sie keinen Anspruch auf Betreuungsgeld nach dem Zweiten Abschnitt des BEEG für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes G. in Höhe von monatlich 100,00 EUR.
Durch das "Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes" (Betreuungsgeldgesetz) vom 15.02.2013 (BGBl. I, S. 254) sind die §§ 4a bis 4d als neuer Abschnitt 2 in das BEEG eingefügt worden. Gemäß § 4a Abs. 1 BEEG hat Anspruch auf Betreuungsgeld, wer 1. die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 2 bis 5, 7 und 8 erfüllt und 2. für das Kind keine Leistungen nach § 24 Abs. 2 in Verbindung den §§ 22 bis 23 des Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) in Anspruch nimmt. Diese Anspruchsvoraussetzungen hat die Klägerin nicht nur in dem 15. bis 17. Lebensmonat des Kindes, für die ihr Betreuungsgeld bewilligt worden ist, sondern auch im 13. und 14. Lebensmonat erfüllt. Sie lebt mit dem Kind G. im Haushalt, betreut und erzieht das Kind selbst und übt keine oder keine volle Erwerbstätigkeit aus. Die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Elternteile betrug im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes nicht mehr als 500.000,00 EUR. Der Umstand das die Klägerin keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BEEG), sondern in Belgien lebt, steht dem Anspruch nicht entgegen. Zwar gehört die Klägerin zu keiner der in § 1 Abs. 2 BEEG benannten drei Gruppen von Personen, die auch ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland Elterngeld und sukzessive Betreuungsgeld beanspruchen können. Jedoch gehören – vom Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt – nach dem Recht der europäischen Gemeinschaften auch Grenzgänger im Sinne der "Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit" (EG-VO 883/2004) zu den elterngeldberechtigten Personen (so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucksache 16/1889 S. 18), ebenso die Familienangehörigen von Grenzgängern. Dies ist Ausfluss des gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsgebots nach Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Entsprechendes gilt für den Kreis der betreuungsgeldberechtigten Personen. Die Klägerin hat im streitbefangenen Zeitraum für das Kind auch keine Leistungen nach § 24 Abs. 2 i.V.m. §§ 22 bis 23 SGB VIII, also keine öffentlich geförderte Tagesbetreuung (Kindertageseinrichtung, Tagesmutter oder -vater) in Anspruch genommen. Diese Leistungen erhält sie erst seit September 2014 in Belgien durch das RZKB.
Zu Recht hat die Beklagte jedoch die Gewährung von Betreuungsgeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes abgelehnt, weil die Klägerin die dafür erforderlichen Ausnahmevoraussetzungen nach § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht erfüllt. § 4d BEEG regelt den Bezugszeitraum für Betreuungsgeld. Absatz 1 dieser Vorschrift lautet: "Betreuungsgeld kann in Zeit vom ersten Tag des 15. Lebensmonats bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats des Kindes bezogen werden. Vor dem 15. Lebensmonat wird Betreuungsgeld nur gewährt, wenn die Eltern die Monatsbeträge des Elterngeldes, die ihnen für ihr Kind nach § 4 Abs. 2 und 3 zustehen, bereits bezogen haben. Für jedes Kind wird höchstens für 22 Lebensmonate Betreuungsgeld gezahlt."
Mit der Festlegung des (Regel-)Beginns des Betreuungsgeldes auf den 15. Lebensmonat in Satz 1 der Vorschrift schließt die Bezugszeit an die 14-monatige Rahmenbezugszeit für das Elterngeld nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BEEG an. Die Regelung in § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG ermöglicht einen nahtlosen Bezug von Elterngeld und Betreuungsgeld auch in den Fällen, in denen Eltern die ihnen zustehenden Monatsbeträge des Elterngeldes bereits vor dem 15. Lebensmonat des Kindes bezogen haben (BT-Drucksache 17/11404, S. 14). Dies ist zum Beispiel dann möglich, wenn die Eltern (zumindest in einzelnen Monaten) gleichzeitig Elterngeld beansprucht haben. Denn bei gleichzeitiger Inanspruchnahme werden in den betreffenden Lebensmonaten zwei der den Eltern zustehenden Monatsbeträge verbraucht und der Bezugszeitraum des Elterngeldes verkürzt sich entsprechend. Eine vorgezogene Gewährung von Betreuungsgeld vor dem 15. Lebensmonat kommt desweiteren in Betracht, wenn Elterngeld ausnahmsweise auf zwölf Monatsbeträge beschränkt ist, weil ein darüber hinaus gehender individueller Bezug ausgeschlossen ist (vgl. hierzu und den möglichen Fallvarianten: Ziffern 4d.1.2.1 und 4d.1.2.2 der Richtlinien zum BEEG des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – BMFSFJ –, Stand: 7/2013; im Folgenden: BEEG-Richtlinien). Diese Ausnahmetatbestände lagen im Fall der Klägerin für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes nicht vor.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in ihrem Fall ein nahtloser Anschluss des Betreuungsgeldes an das bis zum 12. Lebensmonat einschließlich gewährte Elterngeld nicht möglich. Denn ihr und dem Vater des Kindes standen gemeinsam vierzehn Elterngeldmonatsbeträge zu. Die Realisierung dieses Anspruchs, also der individuelle Bezug des Elterngeldes war allein vom Antrag und der Wahl der berechtigten Eltern abhängig. Hierzu heißt es in der Begründung des Entwurfs eines Betreuungsgeldgesetzes (BT-Drucksache 17/9917): "Ein nahtloser Anschluss des Betreuungsgeldes an das Elterngeld ist für einen Elternteil nicht möglich, wenn die Voraussetzungen des Satzes 2 nicht erfüllt sind, der individuelle Bezug aber schon vor dem 13. Lebensmonat geendet hat. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Elternteil seinen Bezug von Elterngeld beendet hat, obwohl er noch Anspruch auf Elterngeld hat, oder wenn nur noch Elterngeldansprüche für den anderen Elternteil zur Verfügung stehen. Da in diesen Fällen der Elternteil seinen Bezug von Elterngeld – insbesondere vor dem Hintergrund der möglichen Antragsänderung nach § 7 Absatz 2 Satz 2 – jederzeit wieder aufnehmen könnte, kann die Beendigung des individuellen Bezugs allein nicht maßgeblich sein. Wenn die Eltern über 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind und insofern kein Elterngeld beziehen können, da sie die Anspruchsvoraussetzung für das Elterngeld nach § 1 Absatz 1 Nr. 4, Abs. 6 nicht erfüllen, wird Betreuungsgeld nicht vor dem 13. Lebensmonat gewährt. In diesen Fällen stehen den Eltern noch Monatsbeträge des Elterngeldes zu, die sie bei entsprechender Reduzierung ihrer Erwerbstätigkeit beziehen können." Im Gesetzentwurf (und dementsprechend in der zitierten Begründung dazu) war in § 4d Abs. 1 Satz 1 BEEG noch von einem Regelbeginn des Betreuungsgeldes ab dem 13. Lebensmonat ausgegangen worden; dieser ist in der endgültigen Gesetzesfassung dann auf den 15. Lebensmonat verschoben worden. Dadurch hat sich aber an der Intention des Gesetzgebers, einen vorgezogenen Bezug von Betreuungsgeld vor dem Regelbeginn auszuschließen, wenn den Eltern im Wege des Erst- oder Änderungsantrags noch Monatsbeträge des Elterngeldes zustehen, wenn die berechtigte Person ihre Erwerbstätigkeit unter 30 Wochenstunden reduziert, nichts geändert (vgl. BEEG-Richtlinien, Ziffer 4d.1.2.3). Dies wird auch in der Begründung des Gesetzgebers zum Entwurf eines "Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz" deutlich. Dort heißt es (vgl. BT-Drucksache 18/2583, S. 30 zu Nummer 7 [§ 4 d]): "Das Betreuungsgeld kann deshalb auch dann nicht vor dem 15. Lebensmonat bezogen werden, wenn die Eltern die ihnen noch zustehenden Monatsbeträge zunächst als Elterngeld Plus beantragt haben, da sie diese Beantragung – ggf. auch rückwirkend – noch ändern können, um beispielsweise für den 14. Lebensmonat Elterngeld im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 zu beziehen."
Die von der Klägerin vorgenommene Auslegung des Begriffs "zustehen" in § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG widerspricht sowohl der Absicht des Gesetzgebers als auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Sie ist auch grammatisch nicht zwingend und überzeugend. Ob den Eltern die Monatsbeträge des Elterngeldes für ihr Kind nach § 4 Abs. 2 und 3 BEEG "zustehen", lässt sich entweder abstrakt nach der/den Personen(en) der Anspruchsberechtigten unter Berücksichtigung ihrer individuellen Antrags- und Wahlmöglichkeiten beurteilen (Anspruch dem Grunde nach) oder nach dem konkret gestellten Antrag und der konkret getroffenen Wahl. Bezogen auf die Klägerin und ihren Ehemann bedeutet dies: Bei abstrakter Betrachtung hatten die Eltern dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld für vierzehn Lebensmonate des Kindes. Der Vater hätte, da die Klägerin Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat beantragt und erhalten hatte, auch nach der Vollendung des zwölften Lebensmonats noch für den dreizehnten und vierzehnten Lebensmonat – ganz oder teilweise – Elterngeld in Anspruch nehmen können, wenn er seine Erwerbstätigkeit unter 30 Stunden reduziert und die Leistung – bis spätestens 31.07.2014 auch rückwirkend (vgl. § 7 Abs. 1 BEEG) – schriftlich beantragt hätte. Bei konkreter Betrachtung hat der Vater des Kindes seine Erwerbstätigkeit nicht – elterngeldanspruchsbegründend – reduziert und steht ihm kein Elterngeld für zwei Partnermonate zu. Diese Feststellung lässt sich aber in Bezug auf den Anfang seiner Erwerbstätigkeit erst seit dem Ende des 14. Lebensmonats des Kindes G. treffen. Die mit einem Antrag auf Betreuungsgeld befasste Behörde hat die Voraussetzungen dieses Anspruchs für jeden Tag des möglichen Bezugszeitraums zu prüfen; die Voraussetzungen müssen an jedem Tag vorliegen. Dies bedeutet in Bezug auf die Ausnahmeregelung des § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG: Da die Eltern aufgrund der Antragsänderungsmöglichkeit nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BEEG jederzeit während des 13. und 14. Lebensmonats die Voraussetzungen für den Bezug von Elterngeld für den 13. und/oder 14. Lebensmonat schaffen können und ihnen also so lange noch Monatsbeträge des Elterngeldes zustehen, können sie diese gerade nicht – wie § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG es für einen vorgezogenen Bezug von Betreuungsgeld verlangt – vor dem 15. Lebensmonat "bereits bezogen haben". Dieses Verständnis von dem Begriff "zustehen" in § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG entspricht dem des Gesetzgebers und findet seinen Niederschlag nicht nur in den BEEG-Richtlinien, sondern auch in der Literatur (vgl. Hahn, Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung oder "Herdprämie"? – Das Betreuungsgeld, in: JM 2014, 153 ff., 155 und 158, Fn. 25).
Da der Klägerin und ihrem Ehemann gemeinsam auch nach der Vollendung des 12. Lebensmonats bis zum Ende des 14. Lebensmonats des Kindes noch Monatsbeträge des Elterngeldes – abhängig von der Wahl des Vaters – zustanden, hatten sie diese nicht vor dem 15. Lebensmonat "bereits bezogen". Die Klägerin kann sich daher für den von ihr geltend gemachten Betreuungsgeldanspruch für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes nicht auf die Ausnahmeregelung des § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG berufen.
Die im Übrigen vorsorglich geltend gemachten Bedenken der Klägerin hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) teilt die Kammer nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Kammer hat die Sprungrevision zugelassen, weil sie der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 161 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). In der Zulassung der Sprungrevision liegt zugleich die Zulassung der im Hinblick auf den Wert des Beschwerdegegenstandes grundsätzlich nicht statthaften Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGG; BSG, Urteil vom 29.05.1991 – 4 RA 44/90; Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage 2012, § 161 Rn. 2 m.w.N.).
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