L 8 SB 3012/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SB 2964/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3012/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtlich Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.

Bei dem am 13.02.1951 geborenen Kläger stellte das Landratsamt R. zuletzt mit Teil-Abhilfebescheid vom 16.02.2006 wegen einer Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen und depressiver Verstimmung (Teil-GdB jeweils 20) den GdB mit 30 fest. Ein Neufeststellungsantrag des Klägers blieb durch Bescheid vom 27.08.2007 und Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums S. - Landesversorgungsamt - vom 31.10.2007 ohne Erfolg.

Am 18.12.2012 stellte der Kläger beim Landratsamt C. (LRA) einen weiteren Antrag auf Neufeststellung des GdB. Das LRA zog medizinische Befundunterlagen bei (Berichte Dr. O. vom 26.07.2012, Diagnose: Rhonchopathie; Dr. V. vom 24.05.2012, Diagnose: Obstruktive Schlafapnoe mit guter Einstellung mittels Protrusionsschiene; Dr. P. vom 22.11.2012, Diagnosen: Leichte hypertensive Herzerkrankung, CVRF, Hypertonie, Schlafapnoe-Syndrom, Tinnitus). Außerdem holte das LRA die Befundberichte von Dr. M. vom 18.01.2013 und Dr. O. vom 28.01.2013 ein. In der hierzu veranlassten gutachtlichen Stellungnahme vom 26.02.2013 schlug Dr. F. die Neufeststellung des GdB mit 40 vor. Mit Bescheid vom 28.02.2013 stellte das LRA daraufhin den GdB mit 40 neu sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz jeweils seit dem 18.12.2012 fest.

Gegen den Bescheid vom 28.02.2013 legte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte am 11.03.2013 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, die Wertigkeiten der einzelnen Leiden seien nicht ordnungsgemäß festgestellt worden. Der Kläger legte den Bericht des Dr. F. vom 25.04.2013 vor (Diagnosen: Dorsalgie, Kyphose, initiale Gonarthrose).

Das LRA holte die Befundberichte des Dr. M. vom 05.06.2013 sowie des Urologen S. vom 30.07.2013 ein und nahm weitere medizinische Unterlagen zu den Akten (Berichte des Arztes Geelhaar vom 12.02.2013, Diagnose: V.a. Raynaud-Krankheit bds.; Klinikum P. vom 31.05.2013 und 22.05.2013). In der weiteren gutachtlichen Stellungnahme vom 30.07.2013 schlug Dr. F. wegen einer Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen, depressiver Verstimmung, Herzleistungsminderung und Bluthochdruck, einem Schlafapnoe-Syndrom sowie einer chronischen Entzündung der Prostata und Entleerungsstörung der Harnblase (Teil-GdB jeweils 20) den GdB weiterhin mit 40 vor.

Mit Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes vom 08.08.2013 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger am 22.08.2013 durch seine Prozessbevollmächtigte Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er machte zur Begründung geltend, eine Prostata-Erkrankung (Tumor) und Blasenentleerungsstörungen, eine Depression, Wirbelsäulenbeschwerden, eine erhebliche Schmerzsymptomatik, eine koronare Herzerkrankung mit Herzleistungsminderung und Hypertonie, eine beginnende Gonarthrose, eine Verschlusskrankheit in den Venen der Beine, ein erhöhtes Thrombozytenvolumen und erhöhte Harnstoffe sowie eine Schwerhörigkeit seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Das SG hörte den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen an. Dr. M. teilte in seiner Stellungnahme vom 12.11.2013 unter Vorlage von ärztlichen Befundberichten den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Er schätzte wegen eines Schlafapnoe-Syndroms in Verbindung mit hohem Blutdruck und einer Herzleistungsminderung den GdB auf 50 ein.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.06.2014 wies das SG die Klage ab. Es bestätigte die vom Beklagten angenommenen Bewertungsansätze sowie den Gesamt-GdB mit 40.

Gegen den der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 24.06.2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte am 18.07.2014 eingelegte Berufung. Er hat zur Begründung vorgetragen, er könne aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr am Erwerbsleben teilnehmen. Seine einzelnen medizinischen Leiden (Schwerhörigkeit, depressive Verstimmung, Herzleistungsminderung, Bluthochdruck, Schlafapnoe-Syndrom, chronische Ermüdungserscheinungen, chronische Entzündung der Prostata und Entleerungsstörungen der Harnblase) seien nicht richtig eingeordnet. Insbesondere seine depressive Grundhaltung sei falsch beurteilt worden. Eine Auseinandersetzung mit der Schmerzsymptomatik sei nicht erfolgt. Das SG habe ohne eine Begutachtung durchzuführen oder ihn in Augenschein zu nehmen, eine Entscheidung gefällt. Eine psychiatrische Begutachtung sei verwehrt worden. Ein Schmerztherapeut sei zudem nicht hinzugezogen worden. Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat der Kläger den Bericht des Dr. C. vom 09.10.2014 (Diagnosen: Prostatavergrößerung, chronische Prostatitis) vorgelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Juni 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 28. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. August 2013 zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit mindestens 50 seit 18. Dezember 2012 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Erkenntnisse. Die beigezogenen zeugenschaftlichen Auskünfte und Befundunterlagen stützten das Begehren des Klägers nicht, weshalb eine Begutachtung nicht erforderlich sei. Die Funktionsbeeinträchtigungen seien zutreffend bewertet. Es liege keine, einen Teil-GdB von 20 übersteigende Funktionsbeeinträchtigung vor, weshalb die Schwerbehinderteneigenschaft nicht festgestellt werden könne.

Mit Beschluss vom 22.10.2014 hat der Senat einen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Berufung abgelehnt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat den Berufungsantrag des Klägers nach seinem erkennbaren Begehren sachdienlich gefasst.

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 28.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger im Hauptsacheverfahren begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).

Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)

Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.

Nach diesen Grundsätzen ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte beim Kläger den GdB mit 40 seit dem 18.12.2012 neu festgestellt hat. Dass beim Kläger eine wesentliche Änderung eingetreten ist, die die Neufeststellung des GdB mit mindestens 50 rechtfertigt, ist nicht der Fall, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat. Das SG hat in den Entscheidungsgründen zutreffend ausgeführt, dass die Schwerhörigkeit des Klägers mit Ohrgeräuschen zutreffend mit einem Teil-GdB von 20 bewertet und dass eine wesentliche Verschlimmerung dieser Erkrankung nicht nachgewiesen sei. Entsprechendes gelte für die depressive Verstimmung. Eine stärker behindernde Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit könne nicht angenommen werden und eine Verschlimmerung sei nicht nachgewiesen. Eine fachärztliche Betreuung erfolge diesbezüglich nicht. Ein Einzel-GdB von 20 sei daher weiterhin sachgerecht. Die vom Beklagten mit einem Teil-GdB von 20 bewertete neu berücksichtigte Herzleistungsminderung und Bluthochdruck sei nicht zu beanstanden. Auch das vom Beklagten mit einem Einzel-GdB von 20 bewertete neu berücksichtigte Schlafapnoe-Syndrom sei angemessen bewertet. Entsprechendes gelte für die vom Beklagten neu berücksichtigte mit einem Einzel-GdB von 20 bewertete Erkrankung der Prostata. Eine Miktionsstörung sei beim Kläger nachgewiesen, ebenso eine chronische Schmerzstörung, sodass ein Einzel-GdB von 20 sachgerecht sei. Die weiter vom Kläger vorgetragenen Gesundheitsstörungen bedingten keinen eigenständigen GdB von mindestens 10. Ausgehend von fünf Einzel-GdB-Werten von jeweils 20 sei der Gesamt-GdB mit 40 zu bilden. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er macht sich zur Begründung seiner Entscheidung die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zu eigen, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend bleibt auszuführen:

Im Berufungsverfahren zeigt der Kläger keine neuen Gesichtspunkte auf, die die Neufeststellung eines GdB von mindestens 50 gerechtfertigt erscheinen lassen. Entgegen der Ansicht des Klägers sind die von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen nach den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und der vom SG eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. M. vom 12.11.2013 unter Berücksichtigung der vom SG zutreffend dargestellten Bewertungsvorgaben der VG mit dem vom Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid festgestellten GdB von 40 seit dem 18.12.2012 nicht zu seinen Lasten zu niedrig bewertet.

Eine wesentliche Herzleistungsminderung ist beim Kläger nach dem Befundbericht des Dr. P. vom 22.11.2012 nicht dokumentiert, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt hat. Weiter liegen nach der Auskunft von Dr. M. an das LRA die Blutdruckwerte des Klägers unter Medikation, worauf nach den VG maßgeblich abzustellen ist, im Normbereich. Eine Hypertonie, die nach den VG Teil B 9.3 einen Teil-GdB von 20 oder höher rechtfertigt, ist beim Kläger nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht belegt. Dafür, dass beim Kläger der Blutdruck variiert und sich nur als "Praxisblutdruck" gut eingestellt zeige, wie der Kläger geltend macht, findet sich auch sonst kein Beleg. Auch behandlungsbedürftige chronische Ermüdungserscheinungen sind nicht belegt. Insbesondere hat Dr. M. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG eine solche Gesundheitsstörung des Klägers nicht beschrieben.

Entsprechendes gilt hinsichtlich geltend gemachter Entleerungsstörungen der Harnblase. Relevante Entleerungsstörungen lassen sich dem Befundbericht des Facharztes für Urologie S. vom 08.02.2013 nicht entnehmen. Danach besteht beim Kläger (lediglich) vermehrter Harndrang. Der Verdacht auf das Vorliegen eines Prostatakarzinoms wurde fachärztlich ausgeschlossen (zuletzt Befundbericht Dr. W. vom 31.05.2013). Eine relevante Verschlimmerung des Prostataleidens des Klägers lässt sich auch dem vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Bericht des Dr. C. vom 09.10.2014 nicht entnehmen. Danach bestehen beim Kläger weiterhin dysurische Beschwerden mit einer Harnstrahlabschwächung und Startverzögerung ohne pathologische Urinbestandteile bei einer mäßig vergrößerten nicht tumorsuspekten Prostata mit ausgeprägter generalisierter Druckdolenz. Der Restharn nach Miktion beträgt nach der Befundbeschreibung von Dr. C. 10 ml. Ein Prostataleiden des Klägers mit wesentlichen Harnentleerungsstörungen und/oder Rückwirkung auf die Nierenfunktion, die nach den VG (insbesondere Teil B 13.5 und 12.2.2) einen GdB von über 20 rechtfertigt, wird hierdurch nicht belegt.

Hinsichtlich des von Dr. O. in seinem Befundbericht vom 26.06.2012 bestätigten Schnarchens mit Apnoe-Phasen wurde eine CPAP Versorgung durchgeführt, die nach der Beschreibung von Dr. O. im Befundbericht vom 26.07.2012 vom Kläger nicht eingesetzt wird, was für einen geringen Leidensdruck des Klägers wegen eines Schlafapnoe-Syndroms spricht. Nach den VG (Teil B 8.7) zusätzlich zu berücksichtigende Folgeerscheinung oder Komplikationen sind beim Kläger nicht belegt. Das Vorliegen einer Nasenatmungsbehinderung hat Dr. O. verneint. Auch eine GdB-relevante Einschränkung der Lungenfunktion liegt nach dem Befundbericht von Dr. V. vom 24.05.2012 beim Kläger nicht vor.

Eine vom Kläger geltend gemachte Verschlusskrankheit in den Beinvenen ist nicht belegt. Vielmehr besteht nach dem Befundbericht von Dr. L. vom 06.11.2013 kein Anhalt für eine arterielle Verschlusskrankheit der Beine. Claudikatiobeschwerden hat der Kläger nach dem Befundbericht verneint. Vom Kläger geklagte Sensibilitätsstörungen am medialen Fußrand rechtfertigen noch keinen messbaren GdB.

Es ist auch nicht ersichtlich und vom Kläger nicht dargetan, dass eine bei der Neufeststellung des GdB zu berücksichtigende Verschlimmerung seiner seelischen Erkrankung eingetreten ist, wie das SG im angefochtenen Gerichtbescheid zutreffend begründet hat. Außerdem kann nach der Rechtsprechung des Senats bei einer fehlenden ärztlichen Behandlung, wie dies beim Kläger festzustellen ist, in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze (GdB 30 bis 40) darstellt (Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10 -, veröffentlicht in juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Es ist auch nicht ersichtlich und vom Kläger nicht dargetan, dass hinsichtlich der Hörstörung mit Tinnitus eine bei der Neufeststellung des GdB zu berücksichtigende Verschlimmerung eingetreten ist, wie das SG im angefochtenen Gerichtbescheid zutreffend begründet hat. Neue Gesichtspunkte, die eine davon abweichende Beurteilung rechtfertigen, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht dargelegt und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Ob der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, am Arbeitsmarkt teilzunehmen, kann dahinstehen. Denn allein hieraus lässt sich nicht auf die Höhe des Gesamt-GdB schließen. Vielmehr ist der GdB nach den VG Teil A 2b) grundsätzlich unabhängig vom ausgeübten oder angestrebten Beruf zu beurteilen.

Das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen - außergewöhnlichen - Schmerzproblematik, die nach den VG Teil A 2j) den Ansatz eines höheren GdB-Wertes rechtfertigt, ist nicht belegt und wird vom Kläger im Übrigen auch nicht substantiiert dargetan. Insbesondere lässt sich seiner vorgelegten Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht vom 10.09.2013 eine ärztliche schmerztherapeutische Behandlung nicht entnehmen. Zwar gibt Allgemeinmediziner Dr. M. eine erhebliche, stark schmerzhafte Brustwirbelsäulen(BWS)-Kyphose an, der Kläger habe die typische Bechterew-Haltung (Aussage vom 12. 11. 2013). Doch wird dies durch den Facharztbericht des Orthopäden/Unfallchirurgen Dr. F. vom 25.04.2013 nicht bestätigt. Dr. F. hatte eine Dorsalgie bei bekannter ausgeprägter fixierter BWS-Kyphose diagnostiziert, radiologisch fanden sich in HWS und BWS wenig Verschleiß und nur geringe Spondylose durchgehend. Belangvolle Bewegungseinschränkungen oder eine Wurzelreizsymptomatik werden nicht beschrieben. Ein Hinweis auf Morbus Bechterew ergab sich laborchemisch nicht, die Entzündungsparameter waren im Normbereich wie auch der HLA- B27-Marker negativ war. Dr. F. empfahl eine symptomatische Therapie, Schmerzmittelverabreichung nach Bedarf und Muskelaufbau. Eine GdB-relevante Wirbelsäulenerkrankung ergibt sich hieraus nicht, ebenso wenig eine (außergewöhnliche) Schmerzerkrankung. Auch Dr. M. hat eine Wirbelsäulenerkrankung oder eine (außergewöhnliche) Schmerzerkrankung des Klägers nicht in seine GdB-Bewertung einbezogen.

Beim Kläger besteht damit keine schwerwiegende Behinderung, die mit einem Teil-GdB von 30 oder mehr zu bewerten ist. Nach den dargestellten Grundsätzen zu Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 jedoch vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil des Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 211/13, Juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de und Urteile vom 25.03.2011 - L 8 SB 4762/08 - und 05.03.2010 - L 8 SB 5038/08 -, m.w.N., unveröffentlicht) ist es daher grundsätzlich nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, wie dies beim Kläger zutrifft, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen. Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen beim Kläger nicht vor.

Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere der Einholung eines Gutachtens, drängen sich nicht auf. Für den Senat ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen geklärt. Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, hat der Kläger nicht vorgetragen.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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