L 8 U 631/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 4066/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 631/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Dezember 2012 abgeändert.
Unter Abänderung des Bescheides vom 08.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2011 wird festgestellt, dass der Kläger am 12. November 2010 einen Arbeitsunfall erlitten hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird im Übrigen zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind das Vorliegen eines Arbeitsunfalls sowie dessen Folgen streitig.

Der HNO-Arzt Dr. M. teilte der Beklagten mit Arztbericht vom 16.11.2010 mit, der am 17.09.1957 geborene Kläger habe sich bei ihm am 12.11.2010 (um 17:33 Uhr) vorgestellt. Zum Grund der Vorstellung gab Dr. M. an, der Kläger habe gegen 14:00 Uhr für einige Minuten ohne Ohrstöpsel "rechts" mit einer Luftdrucknagelpistole gearbeitet, seitdem gebe der Kläger ein Pfeifen und schlechtes Hören "links" an. "Rechts" habe Ohrschutz bestanden. Der Kläger habe anschließend weitergearbeitet (Ende der Arbeitszeit 15:30 Uhr). Als Erstdiagnose nannte Dr. M. einen Hörsturz "rechts" nach Lärmbelastung. Gegen die Annahme eines Arbeitsunfalles spreche, dass die Hörschädigung und das Ohrgeräusch nach Beendigung der Arbeit mit der Nietenpistole zugenommen und erst eine halbe Stunde danach ihr Maximum erreicht hätten, die bis zur Untersuchung angehalten hätten.

Zum Unfallhergang teilte der Arbeitgeber des Klägers unter dem 18.01.2011 mit, der Unfall habe sich am 12.11.2011 in der Schreinerei bei Arbeiten mit einem Luftdrucknagler ereignet. Dabei sei dem Kläger ein Ohrstöpsel aus dem Ohr gefallen. Anschließend habe der Kläger nach seinen Angaben noch drei Schuss mit dem Druckluftnagler getätigt.

Auf Anfrage der Beklagten (Schreiben vom 18.01.2011) teilte Dr. M. mit Schreiben vom 25.01.2011 - unter Vorlage eines Tonaudiogrammes vom 12.11.2010 - mit, die "Latenz" des Auftretens der Beschwerden von dem als ursächlich angesehenen Ereignis (Arbeiten mit der Nagelpistole) spreche gegen einen Zusammenhang. Dies sei dem Kläger während der Untersuchung mitgeteilt worden.

Mit Schreiben vom 08.02.2011 teilte die Beklagte dem Kläger - unter Übersendung des Berichtes des Dr. M. - mit, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem am 12.11.2010 aufgetretenen Hörsturz mit Ohrgeräuschen und der Arbeit mit der Nagelpistole ohne Gehörschutz bestehe nicht. Beim Kläger sei bereits seit Jahren eine Innenohrschwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen beidseits sowie ein Hörsturz links bekannt. Bei den am 12.11.2010 geklagten Beschwerden handele es sich im Wesentlichen um bereits bekannte und als Folgen eines Arbeitsunfalls vom 17.03.1995 mit Bescheid vom 08.05.2008 abgelehnte Erkrankungen. Das Ereignis vom 12.11.2010 könne daher nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden. Ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe nicht. Die Erstattung von entstandenen Fahrkosten werde abgelehnt.

Hiergegen erhob der Kläger Einwendungen, die die Beklagte als Widerspruch auslegte und der von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2011 zurückgewiesen wurde.

Am 28.07.2011 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Das SG hörte die HNO-Ärzte Dr. W. und Dr. M. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. W. teilte in seinen Stellungnahmen vom 14.12.2011 und 24.01.2012 mit, der Kläger habe bei der Erstuntersuchung über eine Hörminderung rechts sowie Ohrgeräusche rechts, die nach einer Lärmexposition (Tackern) aufgetreten seien, geklagt. Der Kläger habe angegeben, dass der Hörschaden rechts direkt nach der Lärmbelastung aufgetreten sei, was für einen kausalen Zusammenhang spreche. Außerdem teilte Dr. W. den Behandlungsverlauf und die erhobenen Befunde mit. Dr. M. teilte in seiner Stellungnahme vom 08.02.2012 mit, der Kläger habe angegeben, dass die Hörstörung und das Ohrgeräusch nach Beendigung der Arbeiten mit der Nietenpistole zugenommen und erst eine halbe Stunde nach Beendigung der Arbeit ihr Maximum erreicht habe. Sollten die Beschwerden direkt nach Beendigung der Arbeit mit der Nietenpistole bestanden haben, so würde dies für die Annahme eines Arbeitsunfalls sprechen. Der Kläger habe bei der von ihm durchgeführten Untersuchung zwar die Angabe gemacht, dass eine akute Hörminderung bereits direkt nach der Arbeit mit der Nietenpistole bestanden habe, jedoch in der nächsten halben Stunde deutlich zugenommen habe, weswegen er zunächst auch weitergearbeitet habe. Man könne einen unfallabhängigen nicht näher bestimmbaren Anteil der Hörminderung postulieren, der direkt nach der Arbeit mit der Nietenpistole aufgetreten sei und einen unfallunabhängigen Anteil der Hörminderung, welcher zu seiner Ausprägung bis zur Vorstellung in seiner Ambulanz geführt habe. Für die Gewichtung dieser Aspekte sei ein Gutachten erforderlich. Auf Nachfrage des SG teilte Dr. M. in seiner weiteren Stellungnahme vom 10.05.2012 ergänzend mit, an konkrete Einzelheiten des Gesprächs mit dem Kläger könne er sich nicht mehr erinnern. Ein Missverständnis könne er nicht ausschließen, wenn der Kläger behaupte, dass er mit der Verschlechterung der Beschwerden nach dem Unfall seine Schwindelbeschwerden gemeint habe.

Mit Urteil vom 18.12.2012 stellte das SG fest, dass eine Hörminderung sowie ein Ohrgeräusch rechts Folge eines am 12.11.2010 erlittenen Arbeitsunfalles seien. Es stehe fest, dass beim Kläger am 12.11.2010 nach der Arbeit mit einer Nagelpistole ein Hörsturz auf dem rechten Ohr mit Ohrgeräuschen aufgetreten sei. Diese Arbeit sei geeignet, eine derartige Schädigung zu verursachen. Entgegen der Angaben des Dr. M. habe Dr. W. die Angaben des Klägers bestätigt, dass der Hörschaden direkt nach der Lärmbelastung aufgetreten sei. Dr. M. habe hinsichtlich seiner Angaben ein Missverständnis nicht ausschließen können. Da die Angaben des Dr. M. im Durchgangsarztbericht ebenfalls von Ungenauigkeiten bzw. Unrichtigkeiten geprägt seien, sei das Gericht von der Richtigkeit der Darstellung des Klägers überzeugt, dass es unmittelbar nach dem Arbeiten mit der Nagelpistole zum Auftreten der Hörstörung sowie der Ohrgeräusche gekommen sei. Damit sei von einer Verursachung durch das Arbeiten mit der Nagelpistole auszugehen. Der Klage sei deshalb stattzugeben.

Gegen das der Beklagten am 16.01.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.02.2013 Berufung eingelegt. Die Beklagte hat zur Begründung unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme von Professor Dr. P. vom 26.02.2013 ausgeführt, dass die vorliegenden Berichte des Dr. M. und Dr. W. nicht geeignet seien, einen am 12.11.2010 erlittenen Hörschaden zu belegen. Eine wesentliche Verschlimmerung der beidseitigen Schwerhörigkeit durch das Ereignis vom 12.11.2010 sei nicht entstanden. Auch die Ohrgeräusche beidseits hätten bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden. Der Nachweis eines Haarzellschadens sei nicht erbracht. Dies lasse daher die Diagnose einer unfallbedingten Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen nicht zu.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Dezember 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, das angefochtene Urteil sei zutreffend. Er hat im Hinblick auf die beratungsärztliche Stellungnahme des Professor Dr. P. die Einholung einer ergänzenden Zeugenaussage des Dr. W. sowie vorsorglich die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Der Kläger hat weiter insbesondere die Stellungnahme des Dr. W. vom 03.12.2014 vorgelegt.

In der nichtöffentlichen Sitzung am 23.09.2014 ist der Rechtsstreit mit den Beteiligten durch den Berichterstatter erörtert worden. Hierzu wird auf die Niederschrift vom 23.09.2014 Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist ein Anspruch des Klägers auf Erstattung entstandener Fahrkosten, der mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 08.02.2011 von der Beklagten abgelehnt wurde. Einen Anspruch auf Fahrtkostenerstattung hat der Kläger in seine Klage beim SG nicht einbezogen. Eine Entscheidung durch das SG über einen Anspruch auf Fahrtkostenerstattung ist im angefochtenen Urteil demzufolge auch nicht getroffen worden. Der Kläger hat im Übrigen auch keinen Antrag auf Ergänzung des Urteils gemäß § 140 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beim SG gestellt. Auch im Berufungsverfahren hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung von Fahrkosten nicht geltend gemacht.

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Die Berufung ist jedoch nur teilweise begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung des Ereignisses vom 12.11.2010 als Arbeitsunfall (1.). Dagegen besteht ein Anspruch des Klägers auf Feststellung einer andauernden Hörminderung sowie eines Ohrgeräusches rechts als Folge des Arbeitsunfalls vom 12.11.2010 nicht (2.). Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 08.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.07.2011 sowie das angefochtene Urteil waren dementsprechend abzuändern.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Gegen die Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalles kann mit der Anfechtungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1 S. 1 SGG vorgegangen werden und die darüber hinausgehende positive Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles kann mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG oder nach Wahl des Versicherten auch mit der Verpflichtungsklage (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 1. R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 2. R) verfolgt werden. Die Voraussetzungen einer Feststellungklage mit anfechtbarem Verwaltungsakt und durchgeführtem Widerspruchsverfahren liegen vor, denn die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt entschieden und die Feststellung eines Arbeitsunfalles und sowie die Feststellung der geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen abgelehnt. Es besteht auch ein Feststellungsinteresse nach § 55 Abs. 2. Halbsatz SGG, denn gem. § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -).

1. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1. R, SozR 4-2700 § 8 Nr, 17; -B 2 U 4. R - , UV-Recht Aktuell 2006, 419; - B 2 U 2. R- , UV-Recht Aktuell 2006, 497; alle auch veröffentlicht in Juris).

Hiervon ausgehend steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger am 12.11.2010 in Verrichtung einer versicherten Tätigkeit einem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis ausgesetzt war. Dies ergibt sich aus den vom Arbeitgeber des Klägers in der Unfallanzeige vom 18.01.2011 gemachten Angaben, dem im Bericht von Dr. M. vom 16.11.2010 beschriebenen Unfallhergang und den von Dr. W. und Dr. M. in ihren schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an das SG zum Unfallgeschehen gemachten Angaben, die die hierzu vom Kläger gemachten Angaben im Wesentlichen bestätigen. Danach war der Kläger am 12.11.2010 in der Schreinerei seines Arbeitgebers damit beschäftigt, mit einem Druckluftnagler Kisten zu heften, wobei sein rechtes Ohr einer Lärmbelastung ausgesetzt war, da ihm der Ohrstöpsel aus dem Ohr gefallen war. Aufgrund dieser Tätigkeit hat der Kläger zur Überzeugung des Senates auch einen Gesundheitsschaden jedenfalls im Form einer Hörminderung rechts erlitten. Dr. W. bestätigt in seinen schriftlichen sachverständigen Zeugenauskünften vom 14.12.2011 und 24.01.2012 die im Verlauf des Verfahrens vom Kläger im wesentlichen gleichbleibend gemachten Angaben, dass die Hörbeschwerden direkt nach der Lärmbelastung aufgetreten sind. Auch Dr. M. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 08.02.2012 mitgeteilt, dass der Kläger bei der von ihm durchgeführten Untersuchung die Angabe gemacht habe, dass eine akute Hörminderung bereits direkt nach der Arbeit mit der Nietenpistole bestanden habe. Dies ist auch seinem HNO-Arztbericht vom 16.11.2010 zu entnehmen. Eine "Latenz" zwischen Lärmeinwirkung und Hörminderung wird vielmehr erstmals in der Anfrage der Beklagten vom 18.01.2011 bei Dr. M. behauptet. Bis dahin ergab sich aus dem Arztbericht vom 16.11.2010 lediglich eine Zunahme der Hörschädigung und des Ohrgeräusches nach Beendigung der Arbeit mit einer Nietenpistole. Jedoch vermag der Senat auch von einem solchen Geschehensablauf nicht auszugehen. Dem steht entgegen, dass sich dem Arztbericht von Dr. M. vom 16.11.2010 mehrere Unstimmigkeiten entnehmen lassen, worauf das SG im angefochtenen Urteil zutreffend hingewiesen hat. So beschreibt Dr. M. in seinem Arztbericht vom 16.11.2010 hinsichtlich der Angaben des Klägers zum Unfallort, Unfallhergang und zur Tätigkeit, bei der der Unfall eingetreten ist, der Kläger habe ohne Ohrstöpsel rechts - in einer zweiten Fassung dann auf "links" berichtigt - mit einer Luftdrucknagelpistole für einige Minuten gearbeitet, rechts war Ohrschutz "drin", seitdem Pfeifen und schlechtes Hören "links". Anschließend diagnostiziert Dr. M. einen Hörsturz "rechts" (in beiden Fassungen) nach Lärmbelastung. Diese Ungenauigkeiten ziehen Zweifel an der Richtigkeit seiner weiteren Angaben, die Gehörschädigung und das Ohrgeräusch hätten nach Beendigung der Arbeit mit der Nietenpistole zugenommen, nach sich. Dem entspricht auch, dass Dr. M. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 10.05.2012 ein Missverständnis nicht hat ausschließen können. Dass es bei der Tätigkeit des Klägers am 12.11.2010 zu einer Verschlimmerung einer bereits vorbestehenden Schwerhörigkeit gekommen ist, wird durch die von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte beratungsärztliche Stellungnahme des Professor Dr. P. vom 26.02.2013 bestätigt. In dieser Stellungnahme geht Professor Dr. P. davon aus, dass der Kläger ein Knalltrauma auf dem rechten Ohr bei der Tätigkeit mit dem Druckluftnagler erlitten hat. Professor Dr. P. bestätigt, dass der Druckluftnagler einen Maximalpegel von mehr als 160 dB erzeugen und damit einen Gehörschaden verursachen kann. Abweichend von der Diagnose des Dr. M. im Arztbericht vom 16.11.2010 (Hörsturz rechts nach Lärmbelastung) geht Professor Dr. P. nachvollziehbar von einem erlittenen Knalltrauma auf dem rechten Ohr aus. Nach der vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Stellungnahme des Dr. W. vom 03.12.2014, der ebenfalls von einem am 12.11.2010 erlittenen Knalltrauma ausgeht, ist es durch das Knalltrauma zu einer deutlichen Verschlechterung der vorbestehenden Schwerhörigkeit des rechten Ohrs gekommen, was der Senat anhand der zu den Akten gelangten Tonaudiogramme vom 10.12.2008 (Gutachten Professor Dr. Z. im Klageverfahren S 17 U 4281/09 vom 16.02.2009), vom 12.11.2010 (Dr. M.) und vom 15.11.2010 (Dr. W.) nachvollziehen kann. Hierauf geht Professor Dr. P. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 26.02.2013 nicht ein. Damit steht für den Senat fest, dass der Kläger durch das Ereignis vom 12.11.2010 einen Gesundheitsschaden jedenfalls durch eine wesentliche Verschlechterung des Hörvermögens auf dem rechten Ohr erlitten hat. Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Arbeitsunfalles liegen damit zur Überzeugung des Senats vor. Dabei kommt es nicht relevant darauf an, ob diese Verschlechterung des Hörvermögens von längerer Dauer/auf Dauer ist, wie bereits oben ausgeführt wurde.

Die Berufung der Beklagten war insoweit zurückzuweisen.

2. Entgegen der Ansicht des SG im angefochtenen Urteil hat der Kläger jedoch keinen Anspruch auf die Feststellung, dass eine Hörminderung sowie ein Ohrgeräusch rechts Unfallfolge des am 12.11.2010 erlittenen Arbeitsunfalls sind. Entgegen der Ansicht des SG im angefochtenen Urteil ist die Klage des Klägers insoweit zurückzuweisen.

Nach den übereinstimmenden Ausführungen des Professor Dr. P. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 26.02.2013 sowie des Dr. W. in der vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegte Stellungnahme vom 03.12.2014 hat das am 12.11.2010 erlittene Knalltrauma des Klägers zu keiner dauerhaften Verschlimmerung der vorbestehenden Schwerhörigkeit geführt, die es rechtfertigt, eine - fortbestehende - Hörminderung sowie ein Ohrgeräusch als Folge des Arbeitsunfalles vom 12.11.2010 festzustellen. Professor Dr. P. hat in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme nachvollziehbar ausgeführt, dass eine - dauerhafte - unfallbedingte Verschlimmerung einer schon vor dem Unfall nachgewiesenen Hochtonschwerhörigkeit nicht zu erkennen ist. Dem entsprechen die Ausführungen von Dr. W. in der Stellungnahme vom 03.12.2014. Danach zeigte sich tonaudiometrisch bereits am 15.11.2010, also drei Tage nach dem Knalltrauma, der vor dem Knalltrauma bestehende Befund einer Hochtonschwerhörigkeit. Dr. W. bestätigt, dass insofern das Knalltrauma keine bleibenden Schäden hinterlassen hat, sondern vielmehr bereits am 15.11.2010 die Hörschwelle wieder das alte Niveau erreicht hatte. Beim Kläger ist damit lediglich eine kurzzeitige Verschlimmerung des Hörvermögens durch das angeschuldigte Ereignis vom 12.11.2010 belegt, die die Feststellung - dauerhafter - Unfallfolgen nicht rechtfertigt. Auch eine wesentliche Verschlimmerung eines Tinnitus rechts lässt sich nicht feststellen. Die Klage des Klägers war insoweit abzuweisen.

Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der für die Entscheidung maßgeblich Sachverhalt insbesondere durch die im Berufungsverfahren zu den Akten gelangte beratungsärztliche Stellungnahme des Professor Dr. P. sowie die von dem Kläger vorgelegte Stellungnahme des Dr. W. vom 03.12.2014, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat, geklärt. Zur Einholung einer ergänzenden Zeugenaussage des Dr. W. sieht sich der Senat im Hinblick auf dessen Stellungnahme vom 03.12.2014 nicht gedrängt. Entsprechendes gilt für die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass das Interesse des Klägers auf Feststellung eines Arbeitsunfalles gleichwertig zum Interesse auf Feststellung von Unfallfolgen ist.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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