L 11 KR 1601/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 1228/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1601/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Im Erstattungsverfahren einer Berufsgenossenschaft (BG) gegen eine
Krankenkasse nach § 105 SGB X kommt einem von der BG gegenüber dem Versicherten erlassenen, bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakt keine Tatbestandswirkung zu.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.02.2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 12.838,53 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die klagende Berufsgenossenschaft begehrt von der beklagten Krankenkasse die Erstattung von 12.838,53 EUR für erbrachte Leistungen (stationäre Krankenhausbehandlung, Heilmittel, Verletztengeld einschließlich Sozialversicherungsbeiträge) an den 1957 geborenen H. W. (im Folgenden: W) im Zeitraum 01.08. bis 28.12.2009.

Der bei der Beklagten krankenversicherte W rutschte nach seinen Angaben am 10.10.2008 im Rahmen seiner bei der Klägerin gesetzlich unfallversicherten Tätigkeit als Maschineneinrichter beim Absteigen von einem Gabelstapler seitlich ab und verdrehte sich das linke Knie. Seine Arbeit setzte W zunächst fort. Den Unfallhergang schilderte er gegenüber der Beklagten wie folgt: "Wegen Ladungssicherung wollte ich vom Stapler absteigen. Dabei bin ich seitlich abgerutscht. Hierbei hat sich das linke Knie verdreht." (Fragebogen vom 14.12.2008, Bl 28 der Verwaltungsakte). Am 16.10.2008 suchte er wegen starker Schmerzen im Knie den H-Arzt Dr. K. auf, der den Befund: linkes Kniegelenk deutlich geschwollen, mäßige Ergussbildung, Bandapparat fest, Innenmeniskuszeichen positiv, Außenmeniskuszeichen negativ, Streckung/Beugung 0/0/120° erhob. Ein am gleichen Tag erhobener MRT-Befund (Dr. K.) ergab Grad 3 Läsion des Innenmeniskushinterhorns, einen Schrägriss mit Stufe der Unterfläche, keinen Hinweis auf Kreuzbandruptur und einen normal dicken und unauffällig konfigurierten retropatellaren Knorpel. Dr. K. vergab einen Operationstermin in seiner Gemeinschaftspraxis. Am 06.11.2008 führte dort Dr. E. die erste Arthroskopie durch mit partieller Resektion des Innenmeniskus bei stabilem vorderen Kreuzband und Horizontaleinriss im Innenmeniskushinterhorn. Die pathologische Untersuchung des entnommenen Materials ergab ältere Rupturzeichen entsprechend einer zeitlich fortschreitenden Meniskusruptur auf dem Boden einer leichten degenerativen Meniskopathie.

Wegen weiter bestehender starker Schmerzen erfolgte am 28.11.2008 eine weitere MRT-Untersuchung, bei der Dr. K. eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes distal ansatznah feststellte sowie am Rest des Innenmeniskushinterhorns einen zentralen Schrägriss mit Stufe der Unterfläche, einer Grad 3 Läsion entsprechend sowie Gelenkerguss bei normal dickem, mäßig signalalterierten retropatellarem Knorpel. Am 12.12.2008 erfolgte eine weitere Arthroskopie, bei der Dr. E. eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes ohne klinisch relevante Instabilität sowie eine Ruptur des Hinterhorns mit sichtbarer Einblutung fand und eine Nachresektion des Hinterhorns durchführte.

Nach mehreren phlebologischen Untersuchungen wegen Schmerzen und einer Schwellung im linken Unterschenkel diagnostizierte Dr. H. am 27.01.2009 eine tiefe Unterschenkelvenenthrombose nach Unfall und zwei Arthroskopien.

Der Leiter der Abteilung Rehabilitation und Heilverfahrenssteuerung der B. Unfallklinik (B.-Klinik) L., Dr. K., sah im ausführlichen Krankheitsbericht vom 03.02.2009 mit den Diagnosen Belastungsdefizit nach Kniedistorsion links, tiefe Unterschenkelthrombose links nach Arthroskopie vom 12.12.2008 und vordere Kreuzbandruptur die Indikation zur Durchführung eines stationären Heilverfahrens iS einer BGSW-Maßnahme. Die Schadensanlage, die degenerative Meniskusveränderung, wertete er als unfallunabhängig. Stationäre Behandlungen in der B.-Klinik L. erfolgten sodann in der Zeit vom 19.02. bis 02.04.2009, 16. bis 28.04.2009, 19.05. bis 23.06.2009 und 21.07. bis 04.08.2009. Die weitere phlebologische Behandlung durch Dr. H. erfolgte ebenfalls auf Kosten der Beklagten.

Am 23.07.2009 erfolgte in der B.-Klinik eine dritte Arthroskopie, bei der ein retropatellarer Knorpelschaden Grad 2 bis 3 und ein Knorpelschaden im femoropatellaren Gleitgelenk sowie im Bereich der tibialen Gelenkfläche festgestellt wurde, worauf eine Teilsynovektomie und Hoffateilrestriktion durchgeführt wurde. Im Bericht vom 11.08.2009 wird ausgeführt, die gefundenen Schäden seien nicht mit dem Unfall in Einklang zu bringen. Am 07.09.2009 schloss die B.-Klinik das zu Lasten der Klägerin durchgeführte Heilverfahren bezüglich des Meniskusschadens ab (Zwischenbericht Dr. K. vom 17.09.2009).

Die Beklagte holte ein gefäßchirurgisches Gutachten bei Prof. Dr. Q. vom 19.11.2009 ein, der die tiefe Unterschenkelvenenthrombose auf Eingriffe an der linken unteren Extremität zurückführte und von Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Erkrankung für einen Zeitraum von 14 Tagen ab Diagnosestellung ausging. Mit ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 04.03.2010 führte Prof. Dr. Q. aus, die zweite Arthroskopie sei für die Entwicklung der Thrombose ursächlich geworden.

In dem von der Beklagten erhobenen unfallchirurgischen Zusammenhangsgutachten vom 09.12.2009 führte Dr. K. aus, W habe am 10.10.2008 allenfalls eine leichte Kniebandzerrung erlitten. Die Behandlung sei mit der kernspintomographischen Diagnostik vom 16.10.2008 abzuschließen. Die Beinvenenthrombose sei aufgrund eines operativen Eingriffs aufgetreten, der zu Lasten der Krankenkasse aufgrund des Meniskusschadens zu erbringen sei. Die Thrombose könne daher nicht dem Unfall vom 10.10.2008 angelastet werden. Mit beratungsärztlicher Stellungnahme vom 12.07.2010 vertrat Dr. S.-F. die Auffassung, die Thrombose sei unfallbedingt entstanden, die übrigen Schäden aber nicht auf den Unfall zurückzuführen. Die Arbeitsunfähigkeit zu Lasten der Klägerin sei nach der möglichen Beendigung der Marcumar-Therapie im Juli 2009 zu beenden.

Die Beklagte stellte die Zahlung von Verletztengeld mit dem 28.12.2009 ein. In der Zeit vom 29.12.2009 bis 13.01.2010 absolvierte W zu Lasten des Rentenversicherungsträgers eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme, die Entlassung erfolgte arbeitsunfähig. Mit Schreiben vom 01.02.2010, eingegangen bei der Beklagten am 03.02.2010, meldete die Klägerin einen Erstattungsanspruch an, den sie mit Schreiben vom 01.09.2010 für die erbrachten Leistungen auf 21.869,56 EUR bezifferte. Die Beklagte forderte daraufhin ihrerseits mit Schreiben vom 01.12.2010 die Erstattung von 5.219,53 EUR für im Zeitraum vom 20.01. bis 09.04.2010 geleistetes Krankengeld einschließlich Sozialversicherungsbeiträgen.

Mit Bescheid vom 12.08.2010 gegenüber W erkannte die Beklagte den Unfall vom 10.10.2008 als Arbeitsunfall an sowie als Folgen des Arbeitsunfalls am linken Bein die nach arthroskopisch erfolgter Innenmeniskushinterhornresektion eingetretene Thrombose der tiefen Beinvenen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe vom 10.10.2008 bis 31.07.2009 bestanden. Als Unfallfolgen nicht anerkannt wurden am linken Bein die degenerativen Veränderungen im Bereich des Innenmeniskus und des Knorpels, Bewegungseinschränkung des Kniegelenks, Umfangsvermehrung im Bereich des Kniegelenks, reizlose Narben nach Arthroskopie. Den von W eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 05.11.2010 zurück.

Die Beklagte schaltete in der Folgezeit den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. In Gutachten vom 24.11.2010 und 31.01.2011 vertrat der Arzt M. vom MDK die Auffassung, die Klägerin sei für die Arbeitsunfähigkeit von W bis zum Leistungsende am 09.04.2010 uneingeschränkt zuständig gewesen. Der Arbeitsunfall vom 10.10.2008 und die Behandlung durch die Beklagte, insbesondere die mehrmaligen Operationen hätten zu einer Kapselverdickung, einer Muskelminderung und einer Bewegungseinschränkung am linken Bein von W geführt. Dr. S.-F. entgegnete in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.12.2010, schon die zweite Arthroskopie sei nicht mehr unfallbedingt gewesen.

Am 06.04.2011 hat die Klägerin zum Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben und zunächst die Erstattung von 21.869,56 EUR gefordert. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat sie ihre Forderung auf die in der Zeit vom 01.08. bis 28.12.2009 erbrachten Leistungen und die nach den Leistungssätzen der Beklagten in Betracht kommenden Erstattungsbeträge beschränkt sowie um eine mehrfache Abrechnung bereinigt auf 12.173,11 EUR. Sie ist der Auffassung, die Beklagte sei an den gegenüber W ergangenen bestandskräftigen Bescheid vom 12.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2010 gebunden. Im Übrigen seien die in der Zeit nach dem 31.07.2009 erfolgten Leistungen auch in der Sache nicht auf den Unfall zurückzuführen.

Das SG hat mit Urteil vom 27.02.2014 die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der von ihr zu Gunsten von W erbrachten Leistungen im Zeitraum 01.08. bis 28.12.2009 nach § 105 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), denn sie sei für diese Leistungen zuständig gewesen. Im Erstattungsverhältnis seien die beteiligten Träger grundsätzlich an Bescheide gebunden, mit denen der auf Erstattung in Anspruch genommene Träger dem Sozialleistungsberechtigten gegenüber bindend über Grund und Höhe des Leistungsanspruchs entschieden habe. Seien durch einen solchen Bescheid weitergehende Ansprüche des Leistungsempfängers gegen den auf Erstattung in Anspruch genommenen Träger ausgeschlossen, gelte dies aufgrund der Akzessorietät des Leistungsanspruchs auch für diesen und sei mithin ein Anspruch auf Erstattung aus sachlich-rechtlichen Gründen nicht gegeben. Dies gelte nur dann nicht, wenn der Bescheid zum Nachteil des Erstattung begehrenden Leistungsträgers offensichtlich fehlerhaft sei und die Berufung hierauf sich als rechtsmissbräuchlich darstelle. Demgegenüber hindere ein im Verhältnis zum Leistungsempfänger erlassener Bewilligungsbescheid des Erstattung begehrenden Leistungsträgers diesen nicht daran, sich auf seine eigene Unzuständigkeit zu berufen und den Erstattungsanspruch geltend zu machen. Auch die – wie hier – durch Verwaltungsakt gegenüber dem Versicherten erfolgte Ablehnung von Leistungen durch den die Erstattung begehrenden Träger könne zu Lasten des in Anspruch genommenen Trägers keine Bindungswirkung entfalten. Der Grundsatz der Akzessorietät des Erstattungsanspruchs betreffe, wie § 105 Abs 2 SGB X zeige, allein die Frage, ob und ggf inwieweit ein für die Erstattung erforderlicher Leistungsanspruch im Verhältnis zwischen dem Versicherten und diesem Träger bestehe. Die Ablehnung der Leistung durch den Erstattung begehrenden Träger betreffe dieses Verhältnis gerade nicht. Mangels Bindungswirkung des Bescheids im vorliegenden Verfahren sei daher zu prüfen, ob die streitigen Leistungen in die Zuständigkeit der Kranken- oder Unfallversicherung fielen.

Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung sei, dass diese infolge des Versicherungsfalls (Arbeitsunfall) bzw der durch diesen verursachten Gesundheitsschäden erforderlich werden. Außer Streit sei, das der Unfall von W am 10.10.2008 ein Arbeitsunfall gewesen sei. Hierbei habe dieser unmittelbar eine Distorsion des linken Knies erlitten. Zwar lasse sich nicht feststellen, dass der Meniskusriss ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sei, denn das bei der Arthroskopie vom 06.11.2008 entnommene Material habe nach Einschätzung des Pathologen Dr. M. ältere Rupturzeichen entsprechend dem Bild einer zeitlich fortschreitenden Meniskusruptur auf dem Boden einer leichten degenerativen Meniskopathie und damit keine frische, auf dem Unfall beruhende Ruptur gezeigt. Indes sei der hier streitige Gesundheitsschaden gleichwohl Folge des Arbeitsunfalls. Nach § 11 Abs 1 Nr 1 und Nr 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sei Folge eines Versicherungsfalls auch ein Gesundheitsschaden infolge der Durchführung einer Heilbehandlung und der zur Aufklärung des Versicherungsfalls angeordneten Untersuchungen. So liege es hier. Wegen des Versicherungsfalls vom 10.10.2008 sei eine Heilbehandlung bzw eine zur Aufklärung des Sachverhalts erforderliche Arthroskopie durchgeführt worden. Nachdem der H-Arzt Dr. K. als Durchgangsarzt berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung nach den §§ 26 bis 34 SGB VII eingeleitet habe, seien die ersten beiden Arthroskopien im Rahmen dieser Behandlung mit Kenntnis und Billigung der Beklagten erfolgt. Gleiches gelte für die Behandlungen in der B.-Klinik und durch Dr. H ... Die dritte Arthroskopie am 23.07.2009 sei nach dem Bericht des Leiters der Sektion für Knie-, Fuß- und Sprunggelenkchirurgie der Klinik, Dr. v. R., zunächst zur Diagnose und wohl auch zur Aufklärung des Sachverhalts bezüglich der Folgen eines Versicherungsfalls erfolgt. Jedenfalls sei dabei wieder eine berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung, nämlich eine Teilsynovektomie und Hoffateilresektion durchgeführt worden. Zudem sei die Behandlung der Knieschädigung in der B.-Klinik zu Lasten der Klägerin durchgeführt und trotz der von Dr. K. bereits unter dem 03.02.2009 als unfallunabhängig bewerteten degenerativen Meniskusveränderungen mit Hinweis auf eine ausgeprägte Belastungsinsuffizienz mit Unterschenkelvenenthrombose als weiterhin indiziert angesehen und schließlich bis zum 07.09.2009 fortgesetzt worden. Folge der durchgeführten Behandlungen und Untersuchungen sei die tiefe Beinvenenthrombose, insoweit habe die Klägerin die Unfallfolge anerkannt. Zum anderen habe der Arzt M. in den MDK-Gutachten vom 24.11.2010 und 31.01.2011 überzeugend ausgeführt, dass die Behandlung durch die Klägerin, insbesondere die mehrfachen Operationen, zu einer Kapselverdickung, einer Muskelminderung und einer Bewegungseinschränkung am linken Bein und damit zu der Arbeitsunfähigkeit des W geführt hätten. Für die Behandlungen von W gelte nichts anderes. Soweit die im Rahmen der Arthroskopie vom 23.07.2010 gefundenen Knorpelschäden bereits im Bericht von Dr. v. R. vom 11.08.2009 als unfallunabhängig angesehen worden seien, sei darauf hinzuweisen, dass im MRT-Befund von Dr. K. vom 16.10.2008 zunächst von einem normal dicken und unauffälligen retropatellaren Knorpel berichtet worden sei und auch im MRT-Befund vom 28.11.2008 von einem normal dicken und mäßig signalalterierten retropatellaren Knorpel die Rede sei. Im Zusammenhangsgutachten von Dr. K. vom 09.12.2009 sei auch nur von gewissen Knorpelveränderungen die Rede. Dafür, dass diese initial nach dem Unfall allenfalls geringfügigen Knorpelschädigungen in Bezug auf die og Schädigungen (Kapselverdickung, Muskelminderung und Bewegungseinschränkung) als überragende Konkurrenzursache zu der Behandlung, insbesondere den Arthroskopien in Betracht kommen könnten, bestehe keinerlei Anhalt.

Gegen das ihr am 10.03.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.04.2014 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie hat die Erstattungsforderung für die Zeit vom 01.08. bis 28.12.2008 nochmals überprüft und verlangt nunmehr 12.838,53 EUR (Aufstellung der einzelnen Posten Bl 37/38 Senatsakte). Die Ausführungen des SG zur Bindungswirkung von Bescheiden im Erstattungsverfahren nach § 105 SGB X überzeugten nicht. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze müssten auch für die Konstellation Anwendung finden, in denen sich der die Erstattung begehrende Leistungsträger auf die Bindungswirkung seiner eigenen bestandskräftigen Entscheidung berufe (unter Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt 12.12.2012, L 4 KR 56/10 NZB, juris). Jeder Träger müsse sich den wirksamen Verwaltungsakt des anderen Trägers unabhängig von der Parteirolle entgegen halten lassen, wenn keine offensichtliche Fehlentscheidung vorliege. Der Bescheid vom 12.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids sei fehlerfrei ergangen, wie durch die schlüssigen Ausführungen im Gutachten von Dr. K. vom 09.12.2009 und die Stellungnahmen von Dr. S.-F. belegt werde. Die Gutachten des MDK seien daher nicht geeignet, die offensichtliche Fehlerhaftigkeit der Verwaltungsentscheidung aufzuzeigen. Zur unfallrechtlichen Problematik werde hilfsweise ausgeführt, dass nach dem Arbeitsunfall ein Riss am Innenmeniskus und Schäden am Knorpel, Bewegungseinschränkung und Muskelminderung des linken Beins festgestellt worden seien. Die krankhaften Veränderungen am Innenmeniskus hätten bereits im MRT vom 16.10.2008 nachgewiesen werden können und seien nicht als Unfallfolge zu werten. Bei arthroskopischen Eingriffen seien ebenfalls degenerative Veränderungen gesichert worden. Der Vorgang sei nach herrschender Gutachterliteratur nicht geeignet, eine unfallbedingte Schädigung des Meniskus oder Knorpels zu verursachen. Die daraus resultierenden Bewegungseinschränkungen und Instabilität und Schwellneigung könnten daher ebenfalls nicht Folgen des Arbeitsunfalls sein. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe nur bis 31.07.2008 bestanden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.02.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.838,53 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch wenn die unfallrechtliche Problematik letztlich kein Streitgegenstand der Berufung sei, müsse der Stellungnahme der Klägerin widersprochen werden. Die rückwirkende Begrenzung der unfallbedingten Behandlungsbedürftigkeit auf den 31.07.2009 sei aufgrund der Verwaltungsakten der Klägerin absolut nicht nachvollziehbar. Auch stelle die Beklagte mit Hinweis auf die herrschende Gutachterliteratur den Aspekt der Eignung zu Unrecht in den Vordergrund (unter Hinweis auf LSG Baden-Württemberg 12.11.2009, L 10 U 3951/08). Es bleibe die Frage der Bindungs- bzw Tatbestandswirkung des Bescheids der Klägerin gegenüber dem Versicherten. Das LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 30.03.2012, L 1 KR 11/09) habe die Auffassung der Beklagten bestätigt, wonach im Erstattungsprozess danach zu unterscheiden sei, ob es sich bei dem den Bescheid erlassenden Träger um den Erstattung begehrenden oder auf Erstattung in Anspruch genommenen Träger handele. Zwischenzeitlich liege ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. K. vor (KrV 2014, 1-9), wonach eine ablehnende Entscheidung des Unfallversicherungsträgers im Erstattungsstreit nach § 105 SGB X grundsätzlich keine Tatbestandswirkung entfalte, unabhängig von der Parteirolle.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch statthafte (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG) Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die zutreffend als reine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) erhobene Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin kann die Erstattung der Kosten der für W im Zeitraum 01.08. bis 28.12.2009 erbrachten Leistungen nicht verlangen.

W musste zum Verfahren nicht notwendig beigeladen werden. Der Entschädigungsanspruch eines Verletzten gegen einen Träger der Unfallversicherung einerseits und der gegen letzteren gerichtete Erstattungsanspruch der Krankenkasse des Verletzten andererseits stellen im Rahmen von § 75 Abs 2 SGG zwei grundverschiedene Streitgegenstände dar (Bundessozialgericht (BSG) 30.06.1993, 2 RU 40/92, juris; BSG 16.03.2010, B 2 U 4/09 R, juris). Gleiches gilt, wenn - wie hier - der Unfallversicherungsträger Erstattungsansprüche gegenüber der Krankenkasse geltend macht.

Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch der Klägerin ist § 105 SGB X. Diese Norm begründet einen Erstattungsanspruch des unzuständigen Leistungsträgers, der ohne Kenntnis von der kongruenten Verpflichtung des zuständigen Trägers in der irrigen Annahme seiner Leistungskompetenz und in der Absicht endgültig (und nicht vorläufig, vgl § 102 SGB X) zu leisten, Sozialleistungen erbracht hat. Die Regelung bezweckt durch einen nachträglichen Ausgleich zwischen den Leistungsträgern unter Heraushalten des Leistungsempfängers den Zustand herzustellen, wie er bei einer von Anfang an der gesetzlichen Zuständigkeit entsprechenden Leistungserbringung bestanden hätte und zugleich Überversorgung in Form von Doppelleistungen an den Leistungsberechtigten zu vermeiden (Prange in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 105 RdNr 26). Der Anspruch richtet sich gegen den Leistungsträger, der für die Sozialleistung sachlich-rechtlich zuständig ist. Dies ist der Träger, der hinsichtlich der begehrten Leistung nach materiellem und formellen Recht richtigerweise von dem Leistungsberechtigten, hier dem Versicherten W, auf Leistung in Anspruch nehmen ist. Für die Erstattung nach § 105 SGB X ist somit charakteristisch, dass die erbrachten Sozialleistungen – im Gegensatz zu den von den §§ 102 bis 104 SGB X erfassten Fällen – nicht rechtmäßig, sondern durch den unzuständigen Leistungsträger erbracht worden sind. Unzuständigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass für den Leistungsträger, der Erstattung fordert, von Anfang an weder eine eigene Leistungspflicht noch eine Leistungspflicht im Auftrag eines anderen vorgelegen haben darf; maßgebend ist demnach die rechtliche Sachbefugnis im Sinne der Passivlegitimation im Verhältnis zu dem Leistungsempfänger W, dem von der Klägerin im Wesentlichen Verletztengeld sowie physikalische Therapie und Krankenhausbehandlung als Sachleistung gewährt worden war. Dagegen müsste die Beklagte als anderer Leistungsträger zuständig und dem Leistungsempfänger W gegenüber zur Leistungserbringung verpflichtet sein. Nach § 105 Abs 2 SGB X sind für den Umfang des Erstattungsanspruches die für den zuständigen – erstattungspflichtigen – Leistungsträger im Zeitpunkt der Entstehung der Kosten geltenden Vorschriften maßgeblich. Das bedeutet, dass zu erstatten ist, was der zuständige Leistungsträger nach den von ihm anzuwendenden Vorschriften zu leisten gehabt hätte.

Der geltend gemachte Erstattungsanspruch scheitert vorliegend daran, dass nicht die Beklagte, sondern tatsächlich die Klägerin für die Erbringung der Leistungen an W im streitigen Zeitraum zuständig war. Nach § 11 Abs 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) besteht aus der Gesetzlichen Krankenversicherung kein Anspruch auf Leistungen, wenn diese als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der Gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. Diese Vorschrift schließt somit bei Leistungen wegen Arbeitsunfällen einen Anspruch aus der Gesetzlichen Krankenversicherung zugunsten der Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers aus, das heißt, wenn der gesundheitliche Schaden durch einen unfallversicherungsrechtlichen Tatbestand verursacht worden ist.

Die Beklagte kann sich insoweit nicht auf ihren gegenüber W erlassenen Bescheid vom 12.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2010 berufen, mit dem sie gegenüber W bestandskräftig festgestellt hat, dass die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit (nur) vom 10.10.2008 bis 31.07.2009 gedauert hat. Diese Entscheidung entfaltet gegenüber der auf Erstattung in Anspruch genommenen Krankenkasse keine Bindungswirkung dahingehend, dass mit dem Bescheid die Unzuständigkeit der Klägerin und dementsprechend die Zuständigkeit der Beklagten für den hier streitigen Zeitraum feststünde.

Die Frage der Bindung an die Entscheidung eines Leistungsträgers gegenüber dem Versicherten im Erstattungsstreit ist umstritten. Ausgangspunkt ist, dass in der Rechtsprechung des BSG einhellig davon ausgegangen wird, dass es sich bei den Erstattungsansprüchen nach §§ 102 bis 105 SGB X um eigenständige, originäre Ansprüche handelt (BSG 22.05.1985, 1 RA 33/84, SozR 1300 § 104 Nr 7 = BSGE 58, 119; BSG 01.04.1993, 1 RK 10/92, SozR 3-2200 § 183 Nr 6 = BSGE 72, 163; BSG 28.09.1999, B 2 RU36/98 R, SozR 3-5670 § 3 Nr 4). Für Bescheide, die im Sozialleistungsverhältnis zwischen dem auf Erstattung in Anspruch genommenen Leistungsträger und dem Leistungsberechtigten ergangen sind – also nicht die hier vorliegende Konstellation – hat die wohl herrschende Meinung und überwiegende Rechtsprechung des BSG angenommen, dass der nicht zuständige Leistungsträger die Entscheidung des zuständigen Leistungsträgers im Erstattungsverfahren zu beachten habe. Zur Begründung wird auf die enge inhaltliche Verknüpfung zwischen Erstattungs- und Leistungsanspruch verwiesen, die Tatbestandswirkung des Bescheids des zuständigen Leistungsträgers aber auch das Interesse an der Funktionsfähigkeit des gegliederten Systems (vgl BSG 13.09.1984, 4 RJ 37/83, BSGE 57, 146; BSG 22.05.1985, 1 RA 33/84, SozR 1300 § 104 Nr 7 = BSGE 58, 119; BSG 24.07.1986, 7 RAr 13/85, SozR 4100 § 105b Nr 6; BSG 06.02.1992, 12 RK 15/90, BSGE 70, 99; BSG 11.06.1992, 12 RK 48/90, SozR 3-2200 § 310 Nr 1; BSG 17.06.1993, 13/5 RJ 13/90, BSGE 72, 281; BSG 08.07.1998, B 13 RJ 49/96 R, BSGE 82, 226; BSG 01.09.1999, B 13 RJ 49/98 R, SozR 3-1300 § 86 Nr 3; BSG 26.07.2007, B 13 R 38/06 R, SozR 4-2600 § 116 Nr 1; BSG 26.06.2008, B 13 R 37/07 R, BSGE 101, 86; KassKomm-Kater, SGB X § 103 RdNr 56; Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB X, Vorbemerkungen zu §§ 102 bis 114, RdNr 18). Eine Einschränkung wird jedoch für die Fälle gemacht, in denen der Leistungsbescheid offensichtlich fehlerhaft ist (vgl BSG 30.05.2006, B 1 KR 17/05 R, SozR 4-3100 § 18c Nr 2).

In Fällen, in denen – wie hier – der die Erstattung begehrende Leistungsträger sich auf einen von ihm selbst erlassenen Bescheid beruft, wird dagegen überwiegend nicht von einer Bindungswirkung ausgegangen. Dies beruht darauf, dass § 105 SGB X ausschließlich den Verstoß gegen die sachliche/örtliche/funktionale Zuständigkeit erfasst, die Leistungserbringung aber im Übrigen rechtmäßig sein muss, so dass diese voll überprüfbar ist und die Beklagte nur eine objektiv rechtmäßige Leistungsentscheidung der Klägerin hinzunehmen hat (BSG 30.05.2006, B 1 KR 17/05 R, SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 29; aA LSG Sachsen-Anhalt 12.12.2012, L 4 KR 56/10 NZB, juris). So hat das BSG auch im Urteil vom 04.07.2013 (B 2 U 12/12 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 49) im Rahmen eines Erstattungsanspruchs des Unfallversicherungsträgers gegen die Krankenkasse nach § 105 SGB X das Vorliegen eines Arbeitsunfalls bejaht, obwohl der Unfallversicherungsträger gegenüber dem Versicherten dies zuvor mit Bescheid verneint hatte – ohne indes die Frage einer Tatbestands- oder Bindungswirkung des Bescheids zu thematisieren.

Ob der Unfallversicherungsträger unabhängig von seiner Parteirolle im Erstattungsprozess sich grundsätzlich nicht auf seinen ablehnenden Bescheid gegenüber dem Versicherten berufen kann (so mit ausführlicher Begründung Krasney, KrV 2014, 1 ff; ebenso auch die ältere BSG-Rechtsprechung BSG 14.12.1965, 2 RU 24/61, SozR Nr 2 zu § 1504 RVO = BSGE 24, 155), kann vorliegend dahinstehen. Jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation, in der der Unfallversicherungsträger selbst einen Erstattungsanspruch geltend macht, muss sich die mit dem Erstattungsbegehren konfrontierte Krankenkasse nicht an den gegenüber dem Versicherten ergangenen Bescheid halten, sie ist daran nicht gebunden. Dies folgt schon daraus, dass der sachliche Zusammenhang zwischen Leistungs- und Erstattungsbescheid, der ua als Begründung für die Annahme einer Bindungswirkung herangezogen wird, bei der hier vorliegenden Konstellation keine Bindung fordert. Der in Anspruch genommene Leistungsträger soll sich gegenüber dem Erstattung begehrenden Leistungsträger auf alle Einwendungen berufen können, die ihm gegenüber dem Anspruch des Leistungsberechtigten zustehen. Dazu gehört auch der Einwand, dass über den Leistungsanspruch bereits ein bestandskräftiger Ablehnungsbescheid existiert. Hier gibt es jedoch im Verhältnis der vermeintlich zuständigen Beklagten und W überhaupt keinen Bescheid (ebenso LSG Berlin-Brandenburg 30.03.2012, L 1 KR 112/09, juris). Hinzu kommt, dass bei angenommener Bindungswirkung auch das Gericht im Erstattungsstreit die Entscheidung des Unfallversicherungsträgers zugrunde legen müsste und der Krankenkasse damit der gerichtliche Rechtsschutz letztlich versagt würde. Der Unfallversicherungsträger könnte dann einseitig durch – ggf sogar rechtswidrigen - Verwaltungsakt gegenüber Versicherten seine Leistungspflicht ausschließen und damit zugleich das Ergebnis des Erstattungsstreits festlegen (vgl Krasney, KrV 2014, 1, 8).

Der Senat hat daher in materiell-rechtlicher Hinsicht zu entscheiden, ob die Klägerin tatsächlich im Leistungszeitraum 01.08. bis 28.12.2009 unzuständiger Leistungsträger war. Dies ist nicht der Fall, denn die in Rede stehenden Behandlungen und die andauernde Arbeitsunfähigkeit unterfallen als Folge des Arbeitsunfalls dem Zuständigkeitsbereich der Klägerin.

W hatte Anspruch auf Verletztengeld auch im Zeitraum 01.08. bis 28.12.2009. § 45 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) regelt die Voraussetzungen für den Anspruch auf Verletztengeld. Der Anspruch auf Verletztengeld setzt neben der Arbeitsunfähigkeit auf Grund eines Versicherungsfalls (Nr 1) den Vorbezug von Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen oder Entgeltersatzleistungen (Nr 2) voraus. Liegen die Voraussetzungen für das Verletztengeld iSv § 45 SGB VII vor, wird dieses nach § 46 Abs 2 SGB VII von dem Tag an gezahlt, an dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert. Der Anspruch auf Verletztengeld endet mit dem letzten Tag der festgestellten Arbeitsunfähigkeit (§ 46 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB VII) oder mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem ein Anspruch auf Übergangsgeld entsteht (§ 46 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB VII). Der Tatbestand der Arbeitsunfähigkeit iSd gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung ist im Wesentlichen deckungsgleich (BSG 05.07.2005, B 2 U 10/04, SozR 4-2700 § 46 Nr 1). Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist danach die zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit konkret ausgeübte Beschäftigung. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bleibt auch nach dem Verlust des Arbeitsplatzes für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit maßgebend, wenn der Versicherte bei Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis im Verletztengeldbezug stand.

W hat am 10.10.2008 einen Arbeitsunfall erlitten, bei dem er sich unstreitig eine Distorsion des linken Knies zuzog, wie sich insbesondere aus dem Zusammenhangsgutachten von Dr. K. vom 09.12.2009 ergibt. Diesen Arbeitsunfall hat die Klägerin anerkannt. Infolge des Arbeitsunfalls wurde W mehrfach arthroskopiert, infolgedessen er eine Thrombose der tiefen Unterschenkelvenen links erlitt. Ob der Meniskusriss auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist, erscheint eher zweifelhaft, da das bei der Arthroskopie am 06.11.2008 entnommene Material ältere Rupturzeichen entsprechend einer zeitlich fortschreitenden Meniskusruptur bei leichter degenerativer Meniskopathie zeigte, jedoch keine frische, auf den Unfall zurückzuführende Ruptur (Bericht Dr. M. vom 11.11.2008). Hierauf kommt es jedoch nicht an, denn der Zustand nach mehrfacher Arthroskopie und länger andauernder Behandlung unter dem Regime der Klägerin ist nach der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII dem anerkannten Arbeitsunfall vom 10.10.2008 als mittelbare Unfallfolge im weiteren Sinne zuzurechnen.

Nach § 11 Abs 1 Nr 1 und Nr 3 SGB VII sind Folgen des Versicherungsfalls auch Gesundheitsstörungen infolge der Durchführung einer Heilbehandlung oder der zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchungen. Im Rahmen dieser Vorschrift müssen die auf Veranlassung der Beklagten erfolgten Arthroskopien als berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung nach den §§ 26 ff SGB VII zur Zurechnung eventueller Folgen auch dann führen, wenn sich ex post betrachtet herausstellt, dass die geklagten Beschwerden nicht auf Unfallfolgen beruhten. Diese mittelbaren Folgen müssen - anders als nach § 8 Abs 1 SGB VII - nicht durch den Gesundheitserstschaden verursacht worden sein (vgl BSG 15.05.2012, B 2 U 31/11 R, NZS 2012 909; 05.07.2011, B 2 U 17/10 R, SozR 4-2700 § 11 Nr 1 = BSGE 108, 274). Maßgeblich hierfür ist die Überlegung, dass der Versicherte, der bei einem Versicherungsfall Gesundheitsschäden davongetragen hat und deswegen in berufsgenossenschaftlicher Heilbehandlung ist, dem Behandlungsregime des Trägers der Unfallversicherung unterworfen ist, der die Behandlung durch seine Vertragsärzte durchführen lässt (BSG 05.07.2011, aaO; LSG Hamburg 16.04.2013, L 3 U 12/12, juris). Damit wird an die frühere Rechtsprechung zur Vorläufervorschrift des § 555 Reichsversicherungsordnung angeknüpft, wonach Versicherungsschutz für mittelbare Unfallfolgen in einem solchen Falle des Fehlens objektiver Unfallfolgen auch dann besteht, wenn der Versicherte von seinem Standpunkt aus der Auffassung sein konnte, dass die Heilbehandlung, zu deren Durchführung er sich begeben hat, geeignet ist, der Beseitigung oder Erkennung von durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsstörungen zu dienen und dies in den objektiv gegebenen Verhältnissen seine Stütze findet (BSG 24.06.1981, 2 RU 87/80, SozR 2200 § 555 Nr 5 = BSGE 52, 57).

Unter Beachtung dieser Grundsätze kommt der Senat zu der Überzeugung, dass die Arbeitsunfähigkeit und gleichermaßen die Behandlungsbedürftigkeit infolge des Arbeitsunfalls nicht am 31.07.2009 geendet hat. Die Klägerin hat wegen des Versicherungsfalls vom 10.10.2008 eine berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung und zur Aufklärung des Sachverhalts vom H-Arzt Dr. K. als Durchgangsarzt angeordnete Arthroskopien durchführen lassen. Die erste und zweite Arthroskopie, die gesamte stationäre Behandlung in der B.-Klinik und die phlebologische Behandlung durch Dr. H. sind mit Kenntnis und Billigung der Klägerin zu deren Lasten erfolgt. Im Krankheitsbericht von Dr. K. vom 03.02.2009 wurde trotz der als unfallunabhängig bewerteten degenerativen Meniskusschäden mit dem Hinweis auf eine ausgeprägtes Belastungsdefizit, zweimalige arthroskopische Behandlung und die Entwicklung einer tiefen Unterschenkelvenenthrombose die Indikation zur Durchführung eines stationären Heilverfahrens iS einer BGSW-Maßnahme gesehen und in der Folge unstreitig auch zu Lasten der Klägerin durchgeführt. Am 23.07.2009 wurde eine weitere Arthroskopie aus diagnostischen Gründen, wie dem Bericht von Dr. v. R. vom 11.08.2009 zu entnehmen ist, durchgeführt. Laut Zwischenbericht vom 07.09.2009 (Vorstellung am 24.08.2009) stellte sich W mit noch erheblichen Schmerzen im linken Knie vor. Auch bei der nachfolgenden Vorstellung am 07.09.2009 (Zwischenbericht vom 17.09.2009) bestand noch ein erhebliches Bewegungs- und Belastungsdefizit mit ausgeprägter Schmerzhaftigkeit (Flexion bis 80 Grad möglich), es wurden zwei Gehstützen benötigt und ein weiterer Behandlungsbedarf gesehen. Im Zusammenhangsgutachten vom 15.10.2009 von Dr. K. wird folgender Befund am linken Knie beschrieben: Schmerzbedingte 5° Beugestellung, Streckung nur unter Schmerzen möglich, maximale Beugung aktiv 30°, passiv nicht weiter als 40°; deutliche Ergussbildung, Vergröberung der palpatorischen Kniegelenkskontur, Verdacht auf beginnende Baker-Zyste, kein Anhalt für venöse Abflussstörung; Umfangdifferenz am linken Oberschenkel -3,5 cm bei 20 cm oberhalb und -1cm bei 10 cm oberhalb des inneren Kniegelenksspalts. Angesichts der Schmerzhaftigkeit des linken Kniegelenks und der erheblich eingeschränkten Belastbarkeit bestehen keinerlei Zweifel, dass W im gesamten hier streitigen Zeitraum als Maschineneinrichter nicht arbeitsfähig war. Dies entspricht auch der Beurteilung im Reha-Bericht über die in der Zeit vom 29.12.2009 bis 19.01.2010 vom Träger der Rentenversicherung durchgeführte stationäre Maßnahme. Auch die Beteiligten im vorliegenden Verfahren gehen übereinstimmend davon aus, dass durchgehend Arbeitsunfähigkeit bestand.

Für den Senat ist nach dem gesamten Ablauf nicht nachvollziehbar, wieso bei dem insgesamt sehr langwierigen Heilungsprozess und noch bis in den September 2009 hinein erfolgter stationärer Behandlung in der B.-Klinik plötzlich ab 01.08.2009 die Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit nicht mehr im Zusammenhang mit dem Unfall stehen soll, sondern allein mit den degenerativen Vorschäden am linken Knie. Insoweit hat bereits das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass im MDK-Gutachten vom 24.11.2010 nachvollziehbar und überzeugend dargelegt wird, dass sich die Knorpelsituation während der kontinuierlichen Behandlung durch die Klägerin deutlich verschlimmert hat. Im MRT-Befund vom 16.10.2008 fand sich ein unauffälliger Gelenkknorpel, auch retropatellar; auch die arthroskopische Untersuchung am 06.11.2008 zeigte nur einen weichen Knorpel diskret am lateralen und femoralen Condylus. Bei der Arthroskopie vom 23.07.2009 wurde dann ein 2. bis 3. gradiger Retropatellarknorpelschaden sowie Knorpelschaden im Femoropatellargleitlager und der tibialen Gelenkfläche festgestellt. Bei leerem Vorerkrankungsverzeichnis am linken Kniegelenk hat sich während der gesamten von der Klägerin geführten Behandlung bei ständigem Belastungsschmerz und Behandlungsbedürftigkeit eine Muskelminderung am linken Bein mit Beweglichkeitseinschränkung und Belastungsschmerzen entwickelt, die insoweit als sekundäre Unfallfolgen zu sehen sind. Dafür, dass die zum Unfallzeitpunkt nur gering ausgeprägten degenerativen Veränderungen als Konkurrenzursache für die festgestellte Kapselverdickung, Muskelminderung und Bewegungseinschränkung am linken Bein im Verhältnis zur Behandlung, namentlich den Arthroskopien wirksam geworden sind, gibt es – worauf das SG zu Recht hinweist – keinerlei Anhaltspunkte.

Die Klägerin war nach alledem sowohl für die Zahlung des Verletztengeldes als auch für die geleisteten Behandlungen zuständig, so dass ein Erstattungsanspruch nicht gegeben ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 1 und 3, 47 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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