L 4 R 2745/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 1514/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2745/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt ab 1. Juni 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der seit 1. Juli 2003 gezahlten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der am 1956 geborene Kläger absolvierte vom 1. November 1972 bis 28. April 1976 eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker und war anschließend in diesem Beruf versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt seit November 1990 in einer Autowerkstatt, wobei er dort zuletzt vorwiegend eine Tätigkeit im Lager ausübte. Bei einem Arbeitsunfall (Wegeunfall) am 23. Juni 1976 erlitt er u.a. einen Bruch des zweiten Lendenwirbels. Im Juni 1995 und Juli 2003 erfolgten deswegen Versteifungsoperationen im Bereich der Lendenwirbelsäule (1995: Wirbelsegmente L 3 bis S 1; 2003: Wirbelsegmente L 3/L 4 und L 4/L 5). Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls bezieht der Kläger von der zuständigen Berufsgenossenschaft eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, seit Februar 2003 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H ... Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab 1. Juli 2003 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, lehnte jedoch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab (Bescheid vom 23. Dezember 2004, Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2005). Vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005 übte der Kläger eine geringfügige Beschäftigung als Botengänger aus. Seit 13. Januar 2004 ist ein Grad der Behinderung von 50 sowie das Merkzeichen G festgestellt.

Der Kläger beantragte am 29. Juni 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Orthopäde Dr. Schu. das Gutachten vom 7./29. September 2009. Beim Kläger bestehe ein Flachrücken, ein Cervikalsyndrom bei Osteochondrose C 4/5/6 sowie eine Spondylodese L 2 bis L 5 bei zweizeitiger operativer Fusion. Keine gesundheitlichen Bedenken bestünden lediglich gegenüber leichten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (z.B. Überwachung und Bedienung einfacher Maschinen, Kontroll- und Montagetätigkeiten, Qualitätskontrollen sowie einfache Büroarbeiten), die überwiegend im Sitzen oder im Wechsel mit überwiegendem Sitzen oder mit kurzen Steh- und Gehbelastungen ausgeführt werden könnten. Unter diesen Voraussetzungen müsse die täglichen Arbeitszeit nicht auf weniger als sechs Stunden eingeschränkt werden. Die Wiederaufnahme einer Tätigkeit als "Lagerist" sei nicht mehr möglich. Der Kläger könne die üblichen Wegstrecken zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen.

Mit Bescheid vom 15. Oktober 2009 lehnte es die Beklagte ab, Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der bisher bezogenen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen. Den Widerspruch des Klägers wies die Widerspruchsstelle der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 12. März 2010). Der sozialmedizinische Dienst, dessen Beurteilung schlüssig und nachvollziehbar sei, sei zu dem Ergebnis gekommen, dem Kläger seien auch unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen oder Behinderung leichte Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich zumutbar.

Der Kläger erhob am 8. April 2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er machte - wie teilweise bereits mit seinem Widerspruch - geltend, er sei nicht mehr in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Große Teile seiner Wirbelsäule seien versteift. Seither müsse er alle 45 Minuten die Toilette aufsuchen, um die Blase zu entleeren. Er leide ferner unter einem schweren arthralgischen Syndrom. Er sei in der Beweglichkeit seines rechten Armes hochgradig eingeschränkt. Im rechten Schultergelenk bestehe keine Kraft mehr. Die Muskeln brennten wie Feuer und der Schmerz ziehe in den Nacken, so dass er den Hals nicht mehr frei bewegen könne. Des Öfteren sei ihm schon Sch. vor Augen geworden und es sei zu Ohnmachtsanfällen gekommen. Nach einer Kniegelenksoperation sei er nicht mehr in der Lage, längere als zehn bis 20 Minuten zu stehen oder zu gehen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Insbesondere sei die Wegefähigkeit noch gegeben, weil die anders lautende Behauptung nicht von den bisher vorliegenden Unterlagen gestützt werde.

Das SG hörte die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Internist Dr. L. gab unter Vorlage ihm zugegangener Arztbriefe an (Auskunft vom 14. "Januar" - richtig Juli - 2010), den Kläger bis 28. Mai 2009 hausärztlich behandelt zu haben. Bis dahin habe der Kläger immer wieder über Schmerzen im Bereich der gesamten Wirbelsäule, insbesondere der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule geklagt. Die Symptomatik der Halswirbelsäule mit begleitenden Schwindelattacken sei versuchsweise mit Tabletten therapiert worden. Der Kläger habe zur schmerztherapeutischen Behandlung ebenfalls Tabletten erhalten und sei an entsprechende Fachärzte überwiesen worden. Ärztin für Orthopädie Dr. B. berichtete (Auskunft vom 22. Juli 2010), den Kläger seit September 2006 regelmäßig behandelt zu haben. Es bestünden seit langem rezidivierende Schmerzen in der Halswirbelsäule. Um die Jahreswende 2008/2009 sei ein so genanntes Impingementsyndrom der rechten Schulter hinzugekommen, welches mit entzündungshemmenden Medikamenten, Injektionen und Krankengymnastik behandelt worden sei. Im März 2009 habe der Kläger nicht mehr über Schmerzen in diesem Bereich geklagt. Seit März 2009 habe der Kläger sich lediglich ein Verlängerungsrezept für das verordnete TENS-Gerät ausstellen lassen. Arzt für Allgemeinmedizin D. teilte mit (Auskunft vom 6. August 2010), nach 2009 (Beginn seiner Behandlung) sei es zu zunehmenden Beschwerden auch der Halswirbelsäule mit neuralgischen Beschwerden, Schwindel und hochgradiger Bewegungseinschränkung sowie jüngst zu einer noch aufzuklärenden Schwäche im rechten Oberarm und der rechten Schulter gekommen. Er gehe nicht von einer Vermittelbarkeit für leichte Tätigkeiten über drei Stunden täglich aus.

Auf Veranlassung des SG erstattete Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Z. das Gutachten vom 20. Oktober 2010 nach einer ambulanten Untersuchung am selben Tag. Auf orthopädischem Fachgebiet stünden die Beschwerden im Bereich der Lenden- und Brustwirbelsäule im Vordergrund. Durch die Versteifung vom ersten bis zum fünften Lendenwirbelkörper, bei reizlos einliegendem Material, komme es zu einem Flachrücken am thoracolumbalen Übergang bei vermutlich vorbestehender rechtskonvexer Brustwirbelsäulenkyphose. Als Folge der Fehlstatik und der operativen Eingriffe verbleibe eine Funktionseinbuße. An der Halswirbelsäule seien radiologisch erhebliche degenerative Veränderungen in den Segmenten der Halswirbelkörper 4 bis 7 mit entsprechender Bewegungseinschränkung festzustellen, jedoch zum Zeitpunkt seiner Untersuchung keine Reizsymptomatik. Ein vorliegender Befund der Kernspintomographie der Halswirbelsäule vom 8. November 2007 (Arztbrief des Radiologen Dr. F. vom selben Tag) zeige keinen Hinweis auf eine Myelonkompression oder Myelopathie, sondern lediglich eine diskrete Einengung der Forcies in den genannten Segmenten ohne signifikante foraminale Einengung. Bei der klinischen Untersuchung der Kniegelenke fänden sich keine Reizerscheinungen oder Entzündungszeichen. Die Funktionsprüfung ergebe eine endgradige Einschränkung für die Beugung und Streckung im linken Kniegelenk. Die Treppe könne frei im Wechselschritt begangen werden, auf der Ebene bestehe ein zügiges, raumgreifendes Gangbild. Die Beschwerden an der rechten Schulter entsprächen einer so genannten Periarthrosis humeroscapularis. Ein Impingementzeichen lasse sich nicht eindeutig provozieren. Die Funktionsprüfung zeige eine endgradige Einschränkung für Nacken- und Schürzengriff sowie für Armvorhebung, Armseithebung und Drehbewegung bei abgehobenem Arm. Die an beiden Hüftgelenken radiologisch festgestellte geringgradige Hüftdysplasie und die beginnenden degenerativen Veränderungen führten zu keiner wesentlichen Funktionseinbuße. Die bei der klinischen Untersuchung am rechten Ellenbogengelenk festgestellte endgradige Einschränkung der Beuge- und Streckfähigkeit sei ohne Beschwerden und ohne wesentliche Beeinträchtigung der Alltagsfunktion. Nicht mehr zumutbar seien schwere körperliche Tätigkeiten sowie Arbeiten mit längeren Zwangshaltungen des Kopfes und des Rumpfes, in häufig gebückter oder kniender Position, auf Leitern und Gerüsten, über Kopf, in Nässe, Kälte und Zugluft sowie solche, die mit Stauchungen und Vibrationen an der Wirbelsäule einhergingen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten noch leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des Gehens und Stehens oder überwiegend im Sitzen im Wechselrhythmus mit zeitweiligem Gehen und Stehen ausgeführt werden. Das Heben und Tragen von Lasten solle 8 kg nicht überschreiten. Solche Tätigkeiten könnten vollschichtig (sechs Stunden und mehr) je Arbeitstag verrichtet werden. Erforderlich sei eine wirbelsäulengerechte Sitzmöglichkeit und für Tätigkeiten am Schreibtisch möglichst ein höhenverstellbarer Schreibtisch. Befunde, die es nicht ermöglichen, die entsprechende Strecke in der entsprechenden Zeit als Arbeitsweg zurückzulegen, hätten sich nicht ergeben.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 31. Mai 2011 ab. Der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten. Es (das SG) folge den im Ergebnis übereinstimmenden Gutachten von Dr. Schu. und Dr. Z ... Eine von den Gutachtern erheblich abweichende Beurteilung oder weitere Befunde habe die behandelnde Orthopädin Dr. B. nicht mitgeteilt. Die Einschätzung der Leistungsfähigkeit durch Arzt D. sei bei den von ihm herangezogenen Befunden, die von denen durch die Gutachter und Dr. B. berichteten wesentlich abwichen, nicht nachvollziehbar und unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers gegenüber Dr. Z., er helfe im Haushalt mit und gehe einkaufen, was das Tragen erheblicher Lasten mit sich bringe, allenfalls dahin zu verstehen, dass sie sich auf den Beruf als Kraftfahrzeugmechaniker beziehe, der im Rahmen der Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht maßgeblich sei. Der Einwand des Klägers (im Hinblick auf das Gutachten des Dr. Z.), er könne Socken nur noch mit fremder Hilfe anziehen, begründe keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die bestehende Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule führe allenfalls zum Ausschluss von bückenden Tätigkeiten, die die Gutachter berücksichtigt hätten. Auch der weitere Einwand, er (der Kläger) könne keine Treppen mehr gehen und Dr. Z. habe ihn beim Treppengehen nicht gesehen, sei weder im Hinblick auf die von Dr. Z. erhobenen Befunde noch wegen der Angabe des Klägers gegenüber dem Sachverständigen, Treppengehen sei gut möglich, nachvollziehbar. Unabhängig davon, dass die Gutachter und die behandelnden Ärzte eine Einschränkung der Wegefähigkeit nicht bestätigt hätten, sei der Kläger ohnehin noch in der Lage, einen Arbeitsplatz zu erreichen, weil er selbst Auto fahre.

Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten erster Instanz am 6. Juni 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 1. Juli 2011 Berufung eingelegt. Das Gutachten des Dr. Z. sei nur eingeschränkt verwertbar, weil Dr. Z. auf vorangegangene Zeugenaussagen Bezug nehme, er bei Funktionsprüfungen mitgeholfen habe, um eine "endgradige Bewegung" herstellen zu können, und er seine (des Klägers) Erkrankungen nur unzulänglich gewürdigt habe. Sein Gesundheitszustand habe sich unmittelbar nach der Untersuchung durch Dr. Z. verschlimmert. Mittlerweile habe sich eine rheumatoide Arthritis entwickelt. Er habe ständig Schmerzen im Rücken und in der Halswirbelsäule. Dort entstünden beim Drehen des Kopfes auch Geräusche. Bei Verspannung sei fast keine Bewegung möglich. Er müsse eine Schonhaltung einnehmen und könne deswegen nicht aufrecht gehen. Ab und zu habe er Schwindelanfälle, bei denen sich sein Körper verkrampfe und er keine Luft mehr bekomme. In der rechten Schulter habe er extreme Schmerzen, ständiges Brennen und keine Kraft im Arm. Er könne sich nicht länger als 30 Minuten in einer Körperhaltung befinden. Seine Verkehrstüchtigkeit sei durch die Einnahme von Medikamenten beeinträchtigt und eine selbstständige Teilnahme am Straßenverkehr sei fast nicht mehr möglich. Das verordnete Medikament Tilidin sei ein schmerzstillender Arzneistoff aus der Gruppe der Opioide. Das wiederholt verordnete Medikament Baclofen werde u.a. zur Behandlung der Spastik bei Rückenmarksverletzungen eingesetzt. Er sei in ständiger Behandlung. Wegen der in den Jahren 2012 und 2013 erbrachten Leistungen, die mit Arztbesuchen oder Krankenhausaufenthalten in Verbindung stünden, sei eine berufliche Tätigkeit nicht möglich. Der Kläger hat Befundberichte und Arztbriefe der ihn behandelnden Ärzte, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus den Jahren 2006 bis 2013, ärztliche Verordnungen von Arzneimitteln, Überweisungsscheine sowie die wegen des erlittenen Arbeitsunfalls erstellten Gutachten des Chirurgen Dr. R. vom 11. Oktober 2004 und des Arztes für Orthopädie, Rheumatologie und Physikalische Medizin Dr. T. vom 6. September 2007 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. Mai 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. März 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juni 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Sie hat die sozialmedizinischen Stellungnahmen der Chirurgin und Sozialmedizinerin Dr. L. vom 18. Mai und 15. November 2012 vorgelegt. Aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen lasse sich eine wesentliche Verschlechterung der Befunde nicht feststellen.

Der Kläger hat sich vom 24. Mai bis 2. Juni 2012 in stationärer Behandlung befunden wegen rechts betonter Cervico-Brachialgie bei degenerativem Zervikal-Syndrom, Arthrose des Acromioclaviculargelenks rechts, Ellenbogenarthrose rechts, chronischer Lumboischialgie mit Wurzelreizung L5 und Gonarthrose links. Im Bericht vom 24. Juni 2012 hierüber hat Arzt für Neurologie mit der Zusatzbezeichnung spezielle Schmerztherapie Privatdozent Dr. Ro. ausgeführt, unter dem umfangreichen physikalischen und physiotherapeutischen Behandlungsprogramm sei es zu einer Verbesserung der Beweglichkeit im Bereich der Halswirbelsäule sowie zu einer Reduktion der cervicalen Schmerzen gekommen. Die Beweglichkeit im Bereich der rechten Schulter sei etwas besser geworden, die Schmerzsymptomatik dort und die globalen Schmerzen mit Ausstrahlung in das linke Bein seien jedoch unverändert.

Der Senat hat den Kläger behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Internistin/Rheumatologin Dr. Rh. hat unter Vorlage von ihr gefertigter Arztbriefe angegeben (Auskunft vom 27. Oktober 2011), der initiale Verdacht auf eine rheumatoide Arthritis sei im weiteren Verlauf als sehr unwahrscheinlich angesehen worden. Durch die Therapie, zunächst mit Steroiden und MTX (Immunsuppressivum Methotrexat), später symptomatischer Schmerztherapie, sei keine wesentliche Besserung der Beschwerden (unverändert Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule sowie des Ellenbogens und des Schultergelenks) eingetreten. Ärztin für Anästhesiologie und Schmerztherapie Dr. W. hat über die vom 14. Dezember 2011 bis 12. Juli 2012 erfolgte Behandlung berichtet (Auskunft vom 9. August 2012). Im Laufe der Behandlung hätten die Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und Brustwirbelsäule zugenommen. Die Schmerzintensität im rechten Ellenbogen, in der rechten Schulter, in der Halswirbelsäule und im Kniegelenk seien wechselnd. In dem ihrer Auskunft beigefügten Arztbrief vom 10. September 2012 hat sie unter anderem ein chronisches Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen diagnostiziert. Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie O. hat angegeben (Auskunft vom 28. Januar 2013), den Kläger seit 4. Juni 2012 zu behandeln. Der Kläger habe über Schmerzen in beiden Schultern sowie der Lendenwirbelsäule geklagt. Dr. B. (Auskunft vom 14. Februar 2013) hat ebenfalls angegeben, der Kläger habe in den Behandlungen bei ihr seit 20. Juli 2012 über Beschwerden und Schmerzen im Hals, in der Wirbelsäule und der rechten Schulter geklagt.

Weiter hat der Senat die Arztbriefe des Radiologen Dr. Kü. vom "18. September 2012" über die am 12. Juni 2012 erfolgte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule und des Radiologen Dr. Wi. vom 15. August 2012 über die am an diesem Tag durchgeführt der Kernspintomographie der Halswirbelsäule beigezogen.

Auf Veranlassung des Senats hat Arzt für Orthopädie Dr. He. sein Gutachten vom 10. April 2013 erstattet. Der Kläger habe aus orthopädischer Sicht primär ein ausgeprägtes chronisches Schmerzsyndrom im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Empfindungsstörungen am Unterbauch und im rechten Oberschenkel vorne ohne auffällige Kraftminderung oder gar Lähmungen. Beim Kläger bestünden schmerzhafte Funktionsstörungen der Lendenwirbelsäule nach vollständiger Versteifung zwischen dem ersten und dem fünften Lendenwirbelkörper mit anhaltenden Gefühlsstörungen im Unterbauch und dem rechten Oberschenkel vorne oder motorische Schwächen, der Halswirbelsäule bei fortgeschrittenem Bandscheibenverschleiß C4 bis C7 ohne neurologische Begleitschäden, im rechten Ellenbogen bei Zeichen einer beginnenden Arthrose, des rechten Schultergelenks bei Zeichen einer chronischen degenerativen Schädigung der Rotatorenmanschette ohne größere Rissbildung sowie des linken Kniegelenkes nach offener Synovektomie Mitte der 1970-Jahre und Gelenksknorpelglättung im Jahr 2007. Die Funktionsfähigkeit und die biomechanischen Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule sei dauerhaft deutlich eingeschränkt. Es fänden sich im Bereich der Halswirbelsäule eine asymmetrische Einschränkung der Kopfdrehung, eine leichte Bewegungsstörung am rechten Ellenbogengelenk sowie leichte Bewegungseinschränkungen im linken Kniegelenk und in der linken Hüfte ... Etwas weniger plausibel seien die seit drei Jahren anhaltenden massiven Schmerzen in der Nackenregion. Das Gangbild mit sportlichen Konfektionsschuhen ohne Schnürung und ohne Zurichtung sei sicher, aber langsam. Ungeachtet der objektivierbaren strukturellen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule und der peripheren Gelenke fänden sich im Rahmen der Begutachtung auch mehrfach Zeichen einer Beschwerdeverdeutlichung. Im Bereich des rechten Schultergelenks werde eine deutliche Bewegungseinschränkung demonstriert, die nach allgemeiner ärztlicher Erfahrung äußerst ungewöhnlich sei. Der Kläger sei in der Lage, eine leichte Tätigkeit sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Aufgrund der ausgeprägten Strukturschäden im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule seien dem Kläger nur noch leichte Tätigkeiten in unterschiedlichen Körperhaltungen (wenigstens zweimal stündliche Veränderung) zuzumuten. Auf einem guten Bürostuhl seien Sitzphasen bis 30 Minuten mehrfach arbeitstäglich möglich. Steh- und Gehphasen seien auf 15 bis 20 Minuten mehrfach arbeitstäglich, dass Heben und Tragen von Lasten auf 5 kg begrenzt. Mit geeigneter Schutzkleidung könne der Kläger auch unter Einfluss von Nässe, Kälte und Zugluft arbeiten. Ungünstig seien ein ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen sowie Arbeiten an vibrierenden Maschinen und auf sehr unebenem und rutschigem Gelände. Nicht mehr möglich seien Arbeiten in Zwangshaltungen der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte, mit besonderen Kniebelastungen wie Arbeiten im Knien, in der Hockstellung, auf Leitern und Gerüsten, mit erhöhter Unfallgefahr, mit Schicht- und Nachtdienst, mit häufigem umfangreichem (mehr als ein bis zwei Stockwerke ohne schwere Zusatzlasten) Treppensteigen sowie unter Akkord- und Fließbandbedingungen, ferner mechanisch besonders belastende Arbeiten und längere Überkopfarbeiten. Aus orthopädischer Sicht sei kein Grund dafür zu erkennen, weshalb die Wegefähigkeit des Klägers eingeschränkt sein sollte.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Arzt für Orthopädie Sa. das Gutachten vom 1. März 2014 erstattet. Aufgrund der Versteifungsoperationen der Lendenwirbelkörper L1 bis L5 sei die Beweglichkeit in diesen Segmenten aufgehoben und die Lendenwirbelsäule sei vermindert beweglich. Im Laufe der letzten Jahre sei es durch die Mehrbelastung der freien Segmente Th12/L1 und L5/S1 zu einer ausgeprägten Degeneration dieser Anschlusssegmente gekommen. Ferner bestehe eine schmerzhafte Funktionsstörung der Halswirbelsäule bei deutlicher degenerativer Veränderung der Bandscheibensegmente C4/C5, C5/C6 und C6/C7 ohne neurologische Begleitsymptomatik, was zu einer deutlich eingeschränkten Beweglichkeit der Halswirbelsäule führe. Des Weiteren zeige sich bei Zustand nach zweimaliger Operation des linken Kniegelenkes eine schmerzhafte Funktionsstörung mit einem Streckdefizit von 10° sowie vom Kläger erwähnte rezidivierende Schmerzen. Schließlich bestehe eine schmerzhafte Funktionsstörung des rechten Schultergelenks bei rezidivierender Entzündung des Schleimbeutels und einer degenerativen Arthrose, die sich in einer deutlichen Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks zeige. Nicht mehr verrichten könne der Kläger schwere und mittelschwere körperliche Tätigkeiten sowie Tätigkeiten mit längeren Zwangshaltungen des Kopfes und des Rumpfes, in häufig gebückter und knieender Position, mit Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, mit Stauchung und Vibrationen der Wirbelsäule, mit Arbeiten über Kopf, auf Gerüsten und Leitern sowie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit. Es könnten noch leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des regelmäßigen Gehens, Stehens und Sitzens im Wechsel sechs Stunden und mehr ausgeführt werden. Hierbei sei allerdings die aus orthopädischer Sicht nicht beurteilbare sowie nicht erklärbare und verständliche Situation zu bemerken, dass der Kläger über regelmäßige Schmerzexazerbationen/Schmerzattacken an der Halswirbelsäule klage, die mit einem plötzlichen Schwindelgefühl einhergingen. Aus orthopädischer Sicht bestehe hinsichtlich des Arbeitsweges keine Einschränkung.

Im Hinblick auf einen vom Kläger nach dem Gutachten des Arztes Sa. vorgelegten Überweisungsschein der Dr. B. zu einer neurologischen Abklärung hat der Senat den daraufhin vom Kläger aufgesuchten Arzt für Neurochirurgie Dr. Ha. als weiteren sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat in seiner Auskunft vom 4. September 2014 über die einmalige Behandlung am 4. Juni 2014 berichtet. Es bestehe ein chronisches Schmerzsyndrom, ein Zustand nach Wirbelsäuleninstabilität im Lumbalbereich, wobei die ihm vorliegende Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule eine exzellente Operation im Bereich der Lendenwirbelkörper L1 bis L5 ohne Hinweis auf eine Lockerung zeige, eine Spondylarthrose der Lendenwirbelsäule, ein chronisch-degeneratives Zervikal-Syndrom und einen Schwindel. Zur Therapie müsse er sie zurückhalten und könne keine Aussage machen, da ein Rentenbegehren bestehe. Eine neurochirurgische Behandlungsindikation bestehe nicht.

Auf Veranlassung des Senats hat Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. Sch. das Gutachten vom 9. März 2015 erstattet. Er diagnostizierte einen schädlichen Gebrauch von Benzodiazepinen. Die relativ diskreten, jedoch nachweisbaren kognitiven Defizite (leichte Einschränkung der verbalen Gedächtnisleistungen und reduzierter Kritikfähigkeit in der klinischen Exploration) seien am ehesten auf die kumulative Wirkung der Opioide mit dem Benzodiazepin Bromazepam zurückzuführen. Während für das Opioid-Analgetikum Tilidin möglicherweise noch eine gewisse Indikation gesehen werden könne, gelte dies nicht für das stark suchterzeugende Bromazepam, jedenfalls nicht für die bisherige Einnahmedauer von zwei Monaten. Hinweise auf anderweitige sozialmedizinisch leistungsrelevante psychische Gesundheitsstörungen hätten sich nicht gefunden. Die von Vorbehandlern oder Vorgutachtern dokumentierten Angaben zu Schwindelzuständen mit Bewegungsbeeinträchtigungen seien nicht zu replizieren gewesen, auch auf Befundebene habe sich keine klinisch relevante Schwindelsymptomatik weder in Form organischer noch dissoziativer Schwindelzustände gezeigt. Es hätten sich klinisch-gutachterlich sowie testpsychologisch belegte Verdeutlichungstendenzen ergeben, die nach Art und Schwere solchen Verhaltenstendenzen zuzuordnen gewesen seien, die nach gegenwärtigem fachwissenschaftlichen Kenntnisstand bei der Begutachtung von Probanden mit chronischen Schmerzen als noch adaptiv und nicht gleichzusetzen mit Simulation oder Reklamation zu bewerten seien. Festzustellende Verdeutlichungstendenzen resultierten aus einer Kombination von verzerrter Selbstwahrnehmung mit auch substanzbedingt leicht reduzierter Kritikfähigkeit sowie aus einem dysfunktionalen Krankheitskonzept (mit Primat des Schonverhaltens und konsekutiver Dekonditionierung) und normal-psychologisch nachvollziehbaren situativen Einflüssen der Begutachtungssituation. Das subjektive Beschwerdebild des Klägers sei von körperbezogenen Beschwerden dominiert gewesen. Ganz in den Vordergrund habe der Kläger dabei die von ihm mit unterschiedlicher Frequenz beschriebenen "Hexenschüsse", die jeweils zu mehrtägigen massiven Bewegungsbeeinträchtigungen und Abhängigkeit von ärztlicher Behandlung führten, gestellt. Solche akuten Schmerzzustände und entsprechende Bewegungsdefizite seien vom Kläger für den Zeitraum der Begutachtung nicht angegeben worden. Entsprechende Bewegungsdefizite seien auch nicht beobachtbar gewesen. Die vom Kläger weiterhin angegebene "Kraftlosigkeit" habe er auf seine körperliche Kondition bezogen. Ein mangelhafter körperlicher Trainingszustand sei auch sicher gegeben gewesen. In Bezug auf das beobachtbare schmerztypische Verhalten zeigten sich Auffälligkeiten von Mimik, Gestik und Bewegungsabläufen, die nach Art und Ausprägung zwanglos mit den multiplen, grundsätzlich auch schmerzhaften Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates in Einklang zu bringen seien. Aus ärztlicher Sicht sei nicht zu empfehlen, den Konsum schädlicher Benzodiazepine einzustellen, da eine fachärztlich überwachte und graduelle Dosisreduktion einschließlich etwaiger Nutzung von medikamentösen Optionen zur Reduktion des Risikos gravierender Abstinenzerscheinungen indiziert seien. Aus der aktenkundigen multiplen orthopädischen Perspektive führten die pathomorphologischen nachweisbaren Veränderungen des Bewegungsapparates zur relevanten Funktionseinschränkungen, die der Sachverständige Sa. angegeben habe. Die kontinuierliche Einnahme von Benzodiazepinen und Opioid-Analgetika führe zu einer Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit des Klägers. Tätigkeiten mit hoher Anforderung an das Auffassungs- und Konzentrationsvermögen seien auszuschließen. Solange die gegenwärtig verabfolgte nächtliche Medikation mit Benzodiazepinen zur Kompensierung von angegebenen Schlafstörungen bestehe, sollte Nachtarbeit gemieden werden. Ferner sollten Tätigkeiten mit erleichterter Griffnähe zu abhängigkeitsfördernden Substanzen, etwa in der Medikamentenlogistik, vermieden werden. Das Ausdauerleistungsvermögen sei durch die auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen nicht beeinträchtigt. Das im Rahmen der mehrstündigen Explorationssitzung gezeigte Leistungsvermögen des Klägers spreche definitiv gegen eine relevante Ausdauerleistungsdefizienz. Der Kläger sei in der Lage, berufliche Tätigkeiten mit den aufgeführten quantitativen Leistungsdefiziten weiterhin vollschichtig, bis zu acht Stunden an fünf Tagen pro Woche, abzuleisten. Diese Leistungsbeurteilung stehe im klaren Widerspruch zur leistungsbezogenen Selbsteinschätzung des Klägers, der sich nach seiner (des Sachverständigen) Einschätzung jedoch nicht realistisch selbst einschätze. Eine Beteiligung am Straßenverkehr mittels selbst gesteuertem PKW komme solange nicht infrage, wie die aktuelle Medikation genommen werde. Krankheitsgründe aus psychiatrisch-psychotherapeutischer und orientierend mitbeurteilter orthopädischer Sicht sprächen nicht gegen die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und auch nicht gegen die vom Kläger gemachte Angabe, max. 200 m gehen zu können.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Der Kläger hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung, da der Kläger Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. März 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch, dass ihm die Beklagte ab 1. Juni 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zahlt. Der Kläger ist seit 1. Juni 2009 nicht voll erwerbsgemindert.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

a) Die rentenrelevanten Gesundheitsstörungen des Klägers liegen auf orthopädischem Gebiet. Sie ergeben sich übereinstimmend aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. Z., Dr. He. und Arzt Sa ...

Im Vordergrund stehen die Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Nach einem Bruch des zweiten Lendenwirbelkörpers und den nachfolgenden operativen Eingriffen besteht eine Versteifung der Lendenwirbelkörper 1 bis 5. Das zur Versteifung der Lendenwirbelsäule eingebrachte Material weist keine Lockerungszeichen auf (Arztbriefe des Dr. T. vom 14. Juni 2012 und des Dr. Ha. vom 4. September 2014). Die Lendenwirbelsäule ist weitgehend eingesteift, weshalb die Funktionsfähigkeit und die biomechanischen Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule eingeschränkt ist. Dr. Z. und Dr. He. beschreiben einen Finger-Boden-Abstand von etwa 40 cm, Arzt Sa. einen Finger-Boden-Abstand von 35 cm.

Auf orthopädischem Gebiet bestehen des Weiteren degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelkörper 4 bis 7, allerdings ohne radikuläre Reizsymptomatik sowie in altersentsprechendem Ausmaß. Wegen der degenerativen Veränderungen ist die Beweglichkeit der unteren Abschnitte der Halswirbelsäule eingeschränkt.

Weiter liegen Verschleißerscheinungen der rechten Schulter, des linken Kniegelenkes und beider Hüftgelenke vor, die altersentsprechend sind. Die Verschleißerscheinungen der oberen und unteren Extremitäten bedingen Bewegungseinschränkungen, deutlich im Bereich der rechten Schulter, leicht im rechten Ellenbogengelenk, im linken Kniegelenk und in der linken Hüfte. Die Feststellungen des Sachverständigen Dr. He. weichen nicht von denjenigen des Sachverständigen Dr. Z. ab. Auch der Sachverständige Sa. stellte die genannten Bewegungseinschränkungen fest mit der Ausnahme, dass er die aktive Beweglichkeit in den Ellenbogengelenk als unauffällig beschrieb. Eine verminderte Muskulatur oder Paresen beschreibt keiner der Sachverständigen. Gegen erhebliche Einschränkungen der Beweglichkeit sprechen auch die Feststellungen der Sachverständigen Dr. He., Sa. und Prof. Dr. Sch., der Kläger habe sich jeweils bei den Untersuchungen selbstständig entkleidet.

Neurologische Ausfallserscheinungen wegen der zuvor genannten Gesundheitsstörungen des orthopädischen Gebiet lassen sich nicht feststellen. Solche nannten weder die Sachverständigen Dr. Z., Dr. He. und Arzt Sa. noch lassen sich solche aus dem von Prof. Dr. Sch. in seinem Gutachten erhobenen neurologischen Untersuchungsbefund entnehmen. Dr. Ha., den der Kläger aufgrund der Überweisung der Dr. B. zur neurologischen Abklärung in Anspruch nahm, fand bei seiner Untersuchung am 4. Juli 2014 neurologische Einschränkungen nicht. Auch Ärztin für Neurologie Dr. Lic. stellte bei der ambulanten Vorstellung des Klägers am 9. Juli 2012 keine neurologischen Ausfälle fest, insbesondere keine Sensibilitätsstörungen und Paresen in den Beinen (Bericht vom 10. Juli 2012). Der Sachverständige Sa. schloss eine neurologische Begleitsymptomatik der Halswirbelsäule aus und fand bei seiner orientierenden neurologischen Untersuchung an den oberen und unteren Extremitäten auch weder senso-motorischen Defizite noch Paresen. In Übereinstimmung damit steht die Angabe des Klägers gegenüber Dr. Ko. anlässlich der ambulanten Untersuchung am 26. März 2015 keine Sensibilitätsstörungen der unteren Extremitäten, insbesondere der Hände zu haben (Arztbrief des Dr. Ko. vom 31. März 2015).

Auch aus den zu den Akten gelangten Befundberichten und Arztbriefen behandelnder Ärzte ergeben sich die genannten Erkrankungen des orthopädischen Gebiets und die genannten funktionellen Einschränkungen ebenfalls, insbesondere die eingeschränkte Funktionsfähigkeit der Lendenwirbelsäule aufgrund der Versteifung der Lendenwirbelkörper 1 bis 5, z.B. Bericht der Notfallpraxis der Pforzheimer Ärzteschaft vom 28. Mai 2014. Die eingeschränkte Beweglichkeit der unteren Abschnitte der Halswirbelsäule beschrieb auch Dr. F. in seinem Arztbrief vom 8. November 2007, der bereits dem im Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Gutachter Dr. Schu. bei seinem Gutachten vorlag. Gegenüber Arzt für Nervenheilkunde Dr. Ko. gab der Kläger anlässlich einer ambulanten Untersuchung am 26. März 2015 an, die Beweglichkeit der Halswirbelsäule sei nicht schmerzhaft eingeschränkt (Arztbrief des Dr. Ko. vom 31. März 2015). In dem ihrer Auskunft als sachverständige Zeugin vom 27. Oktober 2011 beigefügten Arztbrief an Arzt D. vom 10. Februar 2011 berichtete Dr. Rh. von einer relativ guten Schulterbeweglichkeit beidseits. Chirurg und Orthopäde Dr. A. beschrieb in seinen vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Arztbriefen vom 12. Mai 2010 und 5. September 2011 eine endgradige Bewegungseinschränkung der rechten Schulter. Ferner lässt der vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegte Arztbrief des Chirurgen/Unfallchirurgen/Orthopäden Dr. H. vom 28. Februar 2012 keine erhebliche Bewegungseinschränkung der rechten Schulter erkennen. Durch die Maßnahmen in der stationären Behandlung vom 24. Mai bis 2. Juni 2012 kam es zu einer leichten Verbesserung der Beweglichkeit in der rechten Schulter (Bericht des Privatdozent Dr. Ro. vom 24. Juni 2012). In Bezug auf den rechten Ellenbogen berichtete Dr. Rh. in dem genannten Arztbrief an Arzt D. vom 10. Februar 2011 nur von einem endgradigen Streckdefizit. Nur Dr. Rie. hat in seinem vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Arztbrief vom 16. Januar 2012 eine schmerzbedingte reduzierte Beweglichkeit des linken Kniegelenks mit 0-0-90 angegeben. Als Befund konnte er allerdings nur einen lokalen Druckschmerz über der Tuberositas feststellen und äußerte nur den Verdacht auf eine Patellasehnentendinitis. Eine dauerhafte erhebliche Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes lässt sich daraus nicht ableiten.

Die genannten orthopädischen Erkrankungen bestehen schon seit Jahren. Dies belegen die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Gutachten des Dr. R. vom 11. Oktober 2004 und des Dr. T. vom 6. September 2007. Dr. T. beschrieb in seinem Gutachten, welches er in einem Rechtsstreit des Klägers gegen die für die Entschädigung des Arbeitsunfalls zuständige Berufsgenossenschaft erstattete, ebenfalls eine deutliche Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule beim Vornüberneigen (Fingergruppen-Boden-Abstand 35 cm), die Einschränkung der Dreh- und Neigebewegungen des Kopfes bis zu einem Drittel sowie die allenfalls endgradigen Bewegungseinschränkungen der oberen und unteren Extremitäten.

b) An Gesundheitsstörungen auf anderen Fachgebieten als dem orthopädischen besteht beim Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom. Dies ergibt sich neben dem Gutachten des Dr. He. und aus der sachverständigen Zeugenauskunft der Dr. W ... Des Weiteren besteht beim Kläger ein schädlicher Gebrauch von Benzodiazepinen. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. Sch ... Schließlich geht der Senat zu Gunsten des Klägers davon aus, dass eine Blasenentleerungsstörung besteht, die nach den Angaben des Klägers tagsüber zu einer stündlichen Miktion führt (Arztbrief des Prof. Dr. Lahme vom 25. März 2015). Da sich hieraus keine den Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung begründende quantitative Leistungseinschränkung ergeben kann (dazu unten e)), ist eine weitere Klärung im Hinblick auf die Berichte des Dr. Pi. vom 22. Juni 2013 und des Privatdozent Dr. Ma. vom 27. August 2013, wonach die Blasen- und Mastdarmfunktion intakt sei, und darauf, dass Prof. Dr. Sch. in seinem Gutachten, das auf einer mehrstündigen Untersuchung des Klägers beruht, ein oder mehrere Toilettengänge nicht erwähnte, nicht erforderlich.

c) Die vom Kläger behaupteten Kollaps-Zustände lassen sich nicht feststellen. Gegenüber dem Sachverständigen Sa. beschrieb der Kläger diese dahin, seit seinem Wegeunfall in der Regel etwa ein- bis dreimal jährlich zu kollabieren, er sinke zu Boden und sei einige Minuten weggetreten. Ein auffälliger neurologischer Befund lässt sich - wie oben unter a) ausgeführt - weder in den seit der Stellung des Rentenantrags eingeholten Gutachten noch in den Arztbriefen oder Befundberichten der Neurologen, die den Kläger untersucht haben (Dr. Lic. und Dr. Ha.), entnehmen. Gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. Sch. erwähnte der Kläger diese Kollaps-Zustände nicht. Dort stand im Vordergrund seine Angabe, er bekomme mehrmals monatlich einen "Hexenschuss". Prof. Dr. Sch. konnte bei seiner Untersuchung keine klinisch relevante Schwindelsymptomatik, weder in Form organischer noch dissoziativer Schwindelzustände replizieren. Wegen dieser behaupteten Kollaps-Zustände ist zudem eine ärztliche Behandlung nicht ersichtlich, woraus zu schließen ist, dass ein entsprechender Leidensdruck nicht vorhanden ist. Soweit der Kläger behauptet, deswegen bei Dr. Rh. in Behandlung zu sein (Schriftsatz vom 22. Juli 2014), ergibt sich dies aus dem hierzu vorgelegten Arztbrief der Dr. Rh. vom 30. Mai 2014 nicht. In der Anamnese gibt Dr. Rh. zwar die Angabe des Klägers wieder, oft stichartige Schmerzen in der Lendenwirbelsäule zu haben, dann nicht mehr gehen zu können sowie Muskelkrämpfe und Luftnot zu haben und zusammenzubrechen. Eine Untersuchung durch Dr. Rh. erfolgte jedoch nur hinsichtlich eines entzündlichen rheumatischen Prozesses, der erneut (siehe bereits Auskunft der Dr. Rh. vom 27. Oktober 2011) ausgeschlossen werden konnte. Die genannten Angaben des Klägers in der Anamnese gegenüber Dr. Rh. entsprechen denjenigen, die der Kläger auch gegenüber anderen Ärzten machte. So gab er gegenüber Dr. T. bei der Untersuchung am 16. August 2007 krampfartige Schmerzen im Bereich der Rückenmuskulatur sowie gegenüber Dr. Lic. bei der ambulanten Vorstellung am 9. Juli 2012 Krämpfe im Oberkörper und Atemnot an.

Eine rheumatoide Arthritis besteht nicht. Der zunächst geäußerte Verdacht auf diese Erkrankung bestätigte sich bei den Untersuchungen nicht. Dies ergibt sich aus der Auskunft der Dr. Rh. vom 27. Oktober 2011 sowie deren Arztbrief vom 30. Mai 2014.

d) Aufgrund der rentenrelevanten Gesundheitsstörungen ergeben sich qualitative Leistungseinschränkungen, nicht aber eine quantitative Leistungseinschränkung. Nicht mehr zumutbar sind dem Kläger Tätigkeiten in längeren Zwangshaltungen des Kopfes und des Rumpfes, mit häufigem Bücken oder Knien, auf Leitern und Gerüsten, in Nässe, Kälte und Zugluft mit hoher Anforderung an das Auffassungs- und Konzentrationsvermögen sowie Nachtarbeit. Der Kläger ist in der Lage, jedenfalls leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in wechselnder Arbeitshaltung unter Beachtung der genannten Einschränkungen mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Diese übereinstimmende Leistungsbeurteilung der Sachverständigen Dr. Z., Dr. He., Arzt Sa. und Prof. Dr. Sch. ist für den Senat angesichts der erhobenen Befunde nachvollziehbar und schlüssig, so dass er sich ihr anschließt.

Zu berücksichtigen ist, dass Dr. He. und vor allem Prof. Dr. Sch. bei ihren Untersuchungen Zeichen einer Beschwerdeverdeutlichung fanden. Die objektiven Struktur- und Funktionsstörungen im Bereich der Wirbelsäule und der Gelenke begründen keine massive Schmerzsymptomatik. So sind die vom Kläger angegebenen therapieresistentem Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule nicht plausibel. Die chronischen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule überschreiten nach den Feststellungen des Dr. He. nicht die im mittleren und höheren Lebensalter nicht selten vorkommenden degenerativen Veränderungen. Auch der Sachverständige Sa. sah die degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule als altersentsprechend an und konnte auch die vom Kläger geklagten regelmäßigen Schmerzexazerbationen/Schmerzattacken an der Halswirbelsäule nicht erklären. Wie bereits ausgeführt, gab der Kläger gegenüber Dr. Ko. anlässlich einer ambulanten Untersuchung am 26. März 2015 an, die Beweglichkeit der Halswirbelsäule sei nicht schmerzhaft eingeschränkt.

Eine schmerzadaptierte Therapie ist in der Lage, zu einer Besserung zu führen (Bericht des Privatdozent Dr. Pi. vom 22. Juni 2013). Nach den eigenen Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen Sa. erfolgt wegen der Schmerzen in regelmäßigen Abständen eine ambulante Infiltrationstherapie. Auch der Bericht des Privatdozent Dr. Ma. vom 27. August 2013, der dem Gutachten des Sachverständigen Sa. beigefügt war, ist als Therapie eine intravenöse Schmerztherapie genannt. Allerdings ist - was Prof. Dr. Sch. darlegte - eine in ihrer Wirksamkeit gut belegte schmerzbezogene Verhaltenstherapie bislang nicht erfolgt, obgleich einige Behandler empfahlen, psychosomatische Zusammenhänge zu beachten und in die Therapie einzubeziehen. Ferner zweifelte Prof. Dr. Sch. die zur Schmerzbekämpfung erfolgte langjährige Medikation mit Tildin an, weshalb er zu der Diagnose des schädlichen Gebrauchs von Benzodiazepinen gelangte.

Als Hauptbeschwerden gab der Kläger im Übrigen bei der ersten Vorstellung bei Dr. W. am 14. Dezember 2011 - wie auch in der Begründung seiner Berufung und gegenüber Dr. Rh. - vor allem auch Beschwerden im Bereich der rechten Schulter sowie eine Kraftlosigkeit beim Beugen im Bereich des Ellenbogens an. Entsprechende Befunde waren jedoch wie dargelegt insbesondere durch Dr. Rh. nicht festzustellen. Dr. W. nannte in ihrem Arztbrief keine von ihr erhobenen Befunde.

Die Selbsteinschätzung des Klägers, nicht mehr zuverlässig und regelmäßig einer leichten Tätigkeit nachgehen zu können, vermag die Leistungsbeurteilung der Sachverständigen nicht zu widerlegen. Prof. Dr. Sch. hat in seinem Gutachten überzeugend dargelegt, dass diese Selbsteinschätzung des Klägers nicht realistisch ist. Der Kläger absolvierte die fast fünfstündige Exploration durch Prof. Dr. Sch., ohne dass es zu Einschränkungen der Ausdauerleistungsfähigkeit kam.

e) Die Notwendigkeit wegen der Blasenentleerungsstörung tagsüber stündlich eine Toilette aufsuchen zu müssen, begründet keine quantitative Leistungseinschränkung. Auch ist der Arbeitsmarkt dem Kläger deswegen nicht verschlossen. Denn der Kläger kann seine Tätigkeit zum Aufsuchen der Toilette unterbrechen. Nach § 4 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) steht Beschäftigten mit einer Tätigkeit von mehr als sechs Stunden täglich eine Ruhepause von 30 Minuten bzw. zweimal 15 Minuten zu. Neben den betriebsüblichen Pausen werden Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch sog. Verteilzeiten zugestanden, z.B. für den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten bzw. Aufräumen des Arbeitsplatzes, den Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte. Im Bereich des öffentlichen Dienstes gelten Pausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen (Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteile vom 20. März 2007 - L 11 R 684/06 - und vom 26. Oktober 2010 - L 11 R 5203/09 -; Bayerisches LSG, Urteil vom 23. Juli 2009 - L 14 R 311/06 - alle in juris). Des Weiteren hat nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) der Arbeitgeber Toilettenräume bereitzustellen. Nach Nr. 4.1 Abs. 1 Satz 2 der Anlage zur ArbStättV müssen sich diese Toilettenräume sowohl in der Nähe der Arbeitsplätze als auch in der Nähe von Pausen- und Bereitschaftsräumen, Wasch- und Umkleideräumen befinden. Nach Nr. 3 der Arbeitsstättenrichtlinie 37/1 (vgl. § 7 Abs. 4 ArbStättV) sind die Toilettenräume bzw. die Toiletten unabhängig von Nr. 2 der Vorschrift innerhalb einer Arbeitsstätte so zu verteilen, dass sie von ständigen Arbeitsplätzen nicht mehr als 100 m und, sofern keine Fahrtreppen vorhanden sind, höchstens eine Geschoßhöhe entfernt sind, der Weg von ständigen Arbeitsplätzen in Gebäuden zu Toiletten soll nicht durchs Freie führen.

f) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine besondere spezifische Leistungsbehinderung liegt nicht vor. Beim Kläger bestehen zwar zahlreiche qualitative Leistungseinschränkungen, die jedoch nicht als ungewöhnlich anzusehen sind, sondern denen für leichte körperliche Tätigkeiten entsprechen, die bei Vorliegen einer Erkrankung der Wirbelsäule genannt werden. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können - unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände - beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R -; in juris m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist beim Kläger vorhanden.

g) Auch die Wegefähigkeit des Klägers war und ist in der Zeit seit 1. Juni 2009 gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteile vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - sowie 12. Dezember 2011 - B 13 R 21/10 R und B 13 R 79/11 R -; alle in juris). Der Senat geht mit Prof. Dr. Sch. zwar davon aus, dass der Kläger wegen der Einnahme von Medikamenten, die die Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen können, zumindest derzeit einen Pkw nicht führen kann. Er ist, allerdings wie alle Sachverständigen übereinstimmend ausführten, in der Lage, eine Gehstrecke von 500 m viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und Wege von und zur Arbeitsstelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen. Die Sachverständigen haben keine Befunde erhoben, die für eine den genannten Maßstäben eingeschränkte Wegefähigkeit des Klägers sprechen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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