L 4 AS 17/15

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 26 AS 443/13
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 4 AS 17/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.
Einkünfte, die ein Grundsicherungsempfänger im Rahmen der Ableistung des Bundesfreiwilligendienstes als monatliches Taschengeld bezieht, sind als Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen.

2.
Bei dem Zusammentreffen von Einkünften aus Erwerbstätigkeit sowie aus der Ableistung des Bundesfreiwilligendienstes sind Absetzbeträge für jede Tätigkeit gesondert abzusetzen und können - entgegen dem Wortlaut des § 1 Abs. 7 Satz 4 Alg II-VO - auch nebeneinander Anwendung finden. Dabei bildet der erhöhte Freibetrag des § 1 Abs. 7 Satz 1 bis 3 Alg II-VO die Freibetragsobergrenze.

3.
Das Taschengeld aus dem Bundesfreiwilligendienst ist nicht um den Zusatzfreibetrag für Erwerbstätige nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 Satz 2 SGB II zu bereinigen.
Die Berufung des Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Gotha vom 26. November 2014 wie folgt gefasst wird: Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 8. August 2013 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 10. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 in Gestalt des Bescheides vom 8. August 2013 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis 31. Dezember 2012 monatlich weitere 105 Euro sowie für den Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis 30. April 2013 monatlich weitere 130 Euro zu gewähren. Der Beklagte hat auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis 31. Dezember 2012 sowie vom 1. Februar 2013 bis 30. April 2013.

Der 1979 geborene alleinstehende Kläger bewohnt ein 26,73 m² großes Zimmer in einer Wohngemeinschaft in der St. d. F. , E. Hierfür entstanden ihm im Zeitraum vom 1. November 2012 bis 31. Dezember 2012 Kosten in Höhe von monatlich 220,22 Euro (131,94 Euro Kaltmiete, 42,93 Euro Vorauszahlung kalte Betriebskosten, 45,35 Euro Vorauszahlung Heizkosten) sowie im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 30. April 2013 in Höhe von monatlich 246,61 Euro (158,33 Euro Kaltmiete, 42,93 Euro Vorauszahlung kalte Betriebskosten, 45,35 Euro Vorauszahlung Heizkosten).

Der Kläger übt eine selbständige Tätigkeit aus. Aus dieser erzielte er vom 1. November 2012 bis 30. April 2013 Einnahmen in Höhe von 420 Euro sowie Ausgaben in Höhe von 101,52 Euro.

Vom 1. Januar 2012 bis 30. Juni 2013 leistete der Kläger einen Freiwilligendienst auf der Grundlage des Bundesfreiwilligendienstgesetzes (BFDG) bei dem R. in E. mit einer wö-chentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden. Hierfür erhielt er ein monatliches Taschengeld von 225 Euro.

Der Kläger hatte Aufwendungen für eine Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von jeweils 74,91 Euro, fällig zum 1. Januar 2013 und 1. April 2013.

Am 24. Oktober 2012 wurde dem Kläger eine Steuerrückerstattung in Höhe von 669,40 Euro gutgeschrieben.

Mit Bescheid vom 5. November 2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis 30. April 2013 vorläufig Leistungen nach dem SGB II – für November 2012 und Dezember 2012 jeweils 257,65 Euro, für Januar 2013 und Februar 2013 jeweils 509,05 Euro sowie für März 2013 und April 2013 jeweils 509,04 Euro. Die Vorläufigkeit des Bescheides begründete der Beklagte mit den noch unklaren Einnahmen und Ausgaben aus selbständiger Tätigkeit.

Gegen den Bescheid vom 5. November 2012 legte der Kläger am 20. November 2012 Wider-spruch bei dem Beklagten ein. Es sei nicht der richtige Freibetrag seines Einkommens aus dem Bundesfreiwilligendienst in Ansatz gebracht worden.

Mit Änderungsbescheid vom 24. November 2012 gewährte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 28. Februar 2013 monatlich vorläufig 517,04 Euro sowie für den Zeitraum vom 1. März 2013 bis 30. April 2013 monatlich vorläufig 517,05. Zur Begründung verwies er auf die Erhöhung des Regelbedarfs ab dem 1. Januar 2013.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 10. Januar 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger – unter Bezugnahme auf die Berücksichtigung des Einkommens aus dem Bundesfreiwilligendienst - für Februar 2013 292,04 Euro sowie für die Monate März 2013 und April 2013 jeweils 292,05 Euro. Der Bescheid enthielt keinen Vorläufigkeitsvorbehalt.

Sodann wies der Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 10. Januar 2013 als unbegründet zurück. Der vom Kläger begehrte Abzug von 175 Euro/ 200 Euro vom Taschengeld nach § 1 Abs. 7 Satz 1 Alg II-V komme nicht in Betracht. Denn nach § 1 Abs. 7 Satz 4 Alg II-V gelten Satz 1 bis 3 der Vorschrift nicht, wenn der erwerbsfähige Leistungsberechtigte – wie hier – erwerbstätig sei. Damit seien lediglich die Einkommensfreibeträge beim Erwerbsein-kommen zu berücksichtigen. Von der Rückforderung der Überzahlung im Januar 2013 werde aufgrund bestehenden Vertrauensschutzes abgesehen.

Hiergegen hat der Kläger am 23. Januar 2013 Klage beim Sozialgericht Gotha erhoben. Er ist der Auffassung, § 1 Abs. 7 Satz 1 bis 3 Alg II-V bilde eine spezialgesetzliche Anrechnungsnorm zu § 11b SGB II. Infolge des § 1 Abs. 7 Satz 4 Alg II-V seien das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit und das Einkommen aus dem Bundesfreiwilligendienst zu addieren und hieraus ein einheitlicher Freibetrag zu errechnen. Die Vorschrift des § 1 Abs. 7 Satz 1 bis 3 Alg II-V zeige, dass dem den Freiwilligendienst Leistenden nach der gesetzgeberischen Intention mindestens 175 Euro monatlich von dem Taschengeld zur Verfügung stehen sollten. Man wolle hierdurch Anreize schaffen, trotz des Bezugs von Arbeitslosengeld II Freiwillige für derartige sozial anspruchsvolle Dienstleistungen zu gewinnen. Lediglich dann, wenn man nebenbei erwerbstätig sei, solle dies nicht gelten. Grund hierfür sei die Annahme des Gesetzgebers, dass ein Erwerbstätiger unter Addition seines Einkommens mit dem Taschengeld ohnehin über Freibeträge verfüge, die oberhalb der 175-Euro-Grenze liege. Dies sei hier aber nicht der Fall. Der Kläger stehe daher schlechter als wenn er seine Selbständigkeit aufgäbe und ausschließlich den Bundesfreiwilligendienst absolviere. Dies könne gesetzlich nicht gewollt sein. In solchen Fällen sei die Norm des § 1 Abs. 7 Satz 4 Alg II-V deshalb dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass der strikte Ausschluss des Geltungsbereichs des § 1 Abs. 7 Satz 1 bis 3 Alg II-V soweit nicht gelte, wie über die allgemeine Anrechnung nach § 11 SGB II nicht ein Freibetrag von 175 Euro erreicht werde. Da der Freibetrag des Klägers unterhalb der gesetzlich intendierten Freibetragsgrenze des § 1 Abs. 7 Satz 1 bis 3 Alg II-V liege, sei er aufzustocken auf einen Betrag in Höhe von 175 Euro bzw. 200 Euro.

Mit Bescheid vom 8. August 2013 hat der Beklagte den Bescheid vom 5. November 2012 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 24. November 2012 und 10. Januar 2013 nach Vorlage der abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit im streitigen Zeitraum für endgültig erklärt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 26. November 2014 hat der Kläger die Klage für den Monat Januar 2013 zurückgenommen.

Das Sozialgericht hat der Klage sodann mit Urteil vom 26. November 2014 stattgegeben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 5. November 2012 in Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 24. November 2012 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. Januar 2013 (sowie anderer für den streitgegenständlichen Zeitraum erlassenen Bescheide) verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis 31. Dezember 2012 sowie vom 1. Februar 2013 bis 30. April 2013 eine Gesamtsumme von 600 Euro nachzuzahlen. Von dem Einkommen des Klägers sei nach § 1 Abs. 7 Satz 1 Alg II-V ein Betrag von 175 Euro bzw. ab Januar 2013 in Höhe von 200 Euro in Abzug zu bringen. Bei wortlautgetreuer Anwendung des § 1 Abs. 7 Satz 4 Alg II-V stünde der Kläger schlechter, als wenn er neben dem Bundesfreiwilligendienst keine Erwerbstätigkeit ausüben würde. Ein sachlicher Grund, weshalb der Freiwilligendienstleistende, der nicht erwerbstätig sei, von seinem Taschengeld einen Betrag bis zu 175 Euro/ 200 Euro anrechnungsfrei behalten dürfe, derjenige, der zusätzlich eine Erwerbstätigkeit ausübe, hingegen nicht, sei nicht erkennbar. Der Zweck der Privilegierung der gemeinnützigen freiwilligen Dienste und damit der Schaffung eines Anreizes, solche Dienste auszuüben, werde durch eine solche Anwendung der Vorschrift nicht erreicht. Ausweislich der Begründung des Entwurfs der Alg II-V ab dem 1. Januar 2012 diene die Pauschalisierung der Absetzungen nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II dazu, das Verfahren zu "vereinfachen und transparenter zu gestalten". Zudem habe eine Harmonisierung mit den Bestimmungen des § 11b Abs. 2 SGB II erfolgen sollen. § 1 Abs. 7 Satz 4 Alg II-V sei hiernach einschränkend dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass stets sein Betrag von 175 Euro/ 200 Euro vom Taschengeld abzusetzen sei, es sei denn, dem Leistungsberechtigten verbleibe bereits aufgrund der Bereinigung anderen Einkommens ein solcher anrechnungsfreier Betrag. Hierdurch werde auch die beabsichtigte Harmonisierung mit § 11b Abs. 2 SGB II, insbesondere mit dessen Satz 3, erreicht. Der Abzug eines Erwerbstätigenfreibetrages nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II komme nicht in Betracht. Bei dem für den Bundesfreiwilligendienst gezahlten Taschengeld handele es sich nicht um Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit i. S. d. SGB II. Zweck der Tätigkeit sei nicht die Erzielung von Einkommen zur Deckung des Lebensbedarfs durch den Einsatz der eigenen Arbeitskraft, sondern ein Engagement für das Allgemeinwohl.

Gegen das ihm am 22. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 7. Januar 2015 Berufung zum Thüringer Landessozialgericht eingelegt. Für den Fall, dass eine leistungsbe-rechtigte Person neben einer Erwerbstätigkeit oder ehrenamtlichen Tätigkeit auch eine Tätigkeit nach dem BFDG ausübe, sei nach § 1 Abs. 7 Satz 4 Alg II-V nur der Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 SGB II in Abzug zu bringen. Durch die Regelung solle eine "leistungsoptimierte Inanspruchnahme" der Absetzbeträge nach § 1 Abs. 7 Alg II-V und § 11b SGB II verhindert werden. Die Teilnahme am Bundesfreiwilligendienst sei als wichtiger persönlicher Grund anzusehen, der der Ausübung einer Arbeit entgegenstehe (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB II). Der Beklagte bestreite nicht, dass Tätigkeiten in einem Freiwilligendienst durch den Gesetzgeber privilegiert werden sollten. Jedoch sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber wohl entweder von einem Einkommen aus Erwerbstätigkeit oder von einem Taschengeld aus dem Bundesfreiwilligendienst ausgegangen sei. Über die Berücksichtigung der Freibeträge bei einem Zusammentreffen von Erwerbseinkommen und Taschengeld aus dem Bundesfreiwilligendienst werde der Leistungsberechtigte zudem hinreichend in Informationsbroschüren und Merkblättern des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben informiert. Hierdurch bleibe kein Raum für eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. November 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Der Beklagte könne sich auch nicht auf eine Aufklärung in Merkblätter berufen. Merkblätter dienten der Information; sie hätten jedoch keine rechtliche Bindungswirkung für Leistungsberechtigte oder Gerichte.

Hinsichtlich des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakte des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ver-wiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet, wobei der Tenor des erstinstanzlichen Urteils vom 26. November 2014 klarzustellen war.

Streitgegenstand für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis 31. Dezember 2012 ist der Be-scheid vom 8. August 2013, mit welchem der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II endgültig gewährt hat. Die vorläufige Festsetzung der Leistungshöhe im Bescheid vom 5. November 2012 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 24. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 ist insoweit nicht mehr Streitgegenstand. Sie hat sich bereits im erstinstanzlichen Klageverfahren auf sonstige Weise im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X durch den Erlass des Bescheides vom 8. August 2013 erledigt; der endgültige Bescheid hat den vorläufigen Bescheid ersetzt, er ist nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 139/10 R, Rn. 13; Senatsurteil vom 20. Mai 2015 - L 4 AS 285/12, Rn. 38, juris).

Für den Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis 30. April 2013 ist Streitgegenstand der Bescheid vom 10. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 in Gestalt des Bescheides vom 8. August 2013. Bereits mit Bescheid vom 10. Januar 2013 hatte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für den Kläger endgültig gewährt. Der Bescheid vom 8. August 2013 ist nach § 96 SGG Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden. Zwar hat der Beklagte mit dem Bescheid vom 8. August 2013 keinen abweichenden Leistungsanspruch zum Bescheid vom 10. Januar 2013 festgesetzt. Dem Ändern oder Ersetzen i. S. d. § 96 SGG steht es jedoch gleich, wenn die Verwaltung - etwa aufgrund neuer Umstände - hier die Berücksichtigung des tatsächlichen Einkommens aus selbständiger Tätigkeit - die von ihr vorgenommene Regelung zum Streitgegenstand überprüft, daraufhin neu entscheidet, in der Sache aber an ihrer Regelung festhält. Formal ist in einem solchem Fall zwar keine Änderung der Beschwer eingetreten. Doch rechtfertigt es die vorgenommene neue Sachprüfung, auch eine solche Entscheidung wie eine Änderung oder Ersetzung i. S. v. § 96 Abs. 1 SGG zu behandeln, mit der Folge der unmittelbaren Anwendung dieser Vorschrift (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 37/14 R, Rn. 13 m. w. N., juris).

Die so verstandene Berufung des Beklagten ist unbegründet. Der Bescheid vom 8. August 2013 und der Bescheid vom 10. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 in Gestalt des Bescheides vom 8. August 2013 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Dieser hat einen weiteren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, der jedenfalls den vom Sozialgericht tenorierten Umfang einschließt.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sind §§ 19 ff i. V. m. § 7 SGB II, für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis 31. Dezember 2012 in Verbindung mit §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 3 Satz 1 SGB III, in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung seit dem 1. April 2011. Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilli-gungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 61/13 R, Rn. 9, juris).

Der Kläger erfüllte die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II für einen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, weil er im Jahr 1979 geboren ist, erwerbsfähig war und einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, mangels ausreichenden Einkommens und Vermögens war er auch hilfebedürftig nach § 9 Abs. 1 SGB II. Ein Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 oder 5 SGB II lag nicht vor.

Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden in Höhe der Bedarfe nach § 19 Abs. 1 und 2 SGB II erbracht, soweit diese nicht u. a. durch zu berücksichtigendes Einkommen gedeckt sind (§ 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Auszugehen ist von einem Gesamtbedarf des Klägers in Höhe von jeweils 594,22 Euro in den Monaten November 2012 und Dezember 2012 bzw. in Höhe von jeweils 628,61 Euro in den Monaten Januar 2013 bis April 2013. Dieser ergibt sich aus dem Regelbedarf (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II) des Klägers in Höhe von 374 Euro bis Dezember 2012 und 382 Euro ab Februar 2013 zuzüglich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 220,22 Euro im Zeitraum vom 1. November 2012 bis 31. Dezember 2012 bzw. in Höhe von 246,61 Euro im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 30. April 2013 (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

Auf diesen Bedarf ist bereinigtes Einkommen des Klägers in Höhe von jeweils 214,65 Euro in den Monaten November 2012 und Dezember 2012 bzw. in Höhe von jeweils 189,65 Euro in den Monaten Januar 2013 bis April 2013 anzurechnen.

Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Einmalige Einnahmen sind in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen. Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 3 SGB II).

Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit ist von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus selbständiger Arbeit erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) tatsächlich zufließen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 Alg II-V). Zur Berechnung des Einkommens sind von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen (§ 3 Abs. 2 Alg II-V).

Erzielen erwerbsfähige Leistungsberechtigte Einnahmen aus Erwerbstätigkeit, ist anstelle der Beträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II - Versicherungsbeiträge, geförderte Al-tersvorsorgebeiträge und mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben - nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II ein Grundfreibetrag von insgesamt 100 Euro monatlich abzusetzen. Liegen die Ausgaben für diese Beträge über 100 Euro monatlich, sind sie im tat-sächlichen Umfang abzusetzen, wenn das monatliche Einkommen mehr als 400 Euro beträgt und die Ausgaben nachgewiesen werden (§ 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II). Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die an einem Bundesfreiwilligendienst oder einem Jugendfreiwilligendienst teilnehmen, ist anstelle der Beträge nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 SGB II vom Taschengeld nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 des Jugendfreiwilligendienstgesetzes oder § 2 Nummer 4 des BFDG ein Betrag von insgesamt 175 Euro bzw. ab dem 1. Januar 2013 von 200 Euro monatlich abzusetzen (§ 1 Abs. 7 Satz 1 Alg II-V). Übersteigt die Summe der Beträge nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 SGB II den Betrag von 115 Euro bzw. ab dem 1. Januar 2013 von 140 Euro, gilt Satz 1 nicht. In diesem Fall ist vom Taschengeld zusätzlich ein Betrag von 60 Euro monatlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 7 Satz 2 bis 3 Alg II-V). Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die erwerbstätig sind oder aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen erhalten, die nach § 3 Nummer 12, 26, 26a oder 26b des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind (§ 1 Abs. 7 Satz 4 Alg II-V).

Gemessen daran ist zunächst von einem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von monatlich 53,08 Euro auszugehen. Dieses folgt aus den im streitigen Zeitraum erzielten Ein-nahmen in Höhe von insgesamt 420 Euro abzüglich der Ausgaben in Höhe von 101,52 Euro. Der Gewinn von 318,48 Euro, dividiert durch sechs Monate (Bewilligungszeitraum), beläuft sich auf monatlich 53,08 Euro.

Daneben ist die Steuerrückerstattung als einmalige Einnahme in Höhe von 669,40 Euro ab dem Folgemonat des Zuflusses, hier ab November 2012, für sechs Monate in Höhe jeweils eines Sechstels, mithin in Höhe von monatlich 111,57 Euro, anzurechnen (§ 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB II).

Außerdem hat der Kläger ein Taschengeld nach § 2 Nr. 4 BFDG in Höhe von monatlich 225 Euro erhalten. Hierbei handelt es sich insbesondere nicht um eine zweckbestimmte Einnahme gem. § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II. Demnach ist Einkommen anrechnungsfrei, wenn es anderen Zwecken als den der Leistungen des SGB II dient. Das Taschengeld ist ein typischer Anwendungsfall der Regelleistung i.S.v. § 20 Abs. 1 SGB II, es dient demselben Zweck wie die Leistungen nach dem SGB II. Das Einkommen ist auch nicht nach § 11a Abs. 4 SGB II privilegiert, da es keine Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege darstellt. Das würde nämlich voraussetzen, dass die Zuwendung einem anderen Zweck als die Leistung nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen würde, dass daneben Leistungen nach dem SGB II gerechtfertigt wären. Die Leistungen dienen aber gerade dem Zweck des SGB II. Die fehlende Privilegierung folgt schließlich auch aus § 1 Abs. 7 Alg II-V, wonach ein Teil des Taschengeldes aus dem Bundesfreiwilligendienst nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist. Wären die Einkünfte aus dem Bundesfreiwilligendienst von vornherein nicht berücksichtigungsfähig, hätte es dieser Vorschriften nicht bedurft (vgl. zum Freiwilligen Sozialen Jahr: SG Reutlingen, Urteil vom 23. April 2012 – S 12 AS 2086/11, Rn. 35ff., juris).

Das Sozialgericht hat zu Recht von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit, wobei dieses entgegen dem Sozialgericht nicht 70 Euro sondern tatsächlich 53,08 Euro beträgt, der anteiligen Steuerrückerstattung in Höhe von 111,57 Euro sowie dem Taschengeld in Höhe von 225 Euro einen Grundfreibetrag von insgesamt 175 Euro bzw. ab dem 1. Januar 2013 von 200 Euro (§ 1 Abs. 7 Satz 1 Alg II-V) in Abzug gebracht. Dem steht § 1 Abs. 7 Satz 4 Alg II-V trotz daneben erzielten Einkommens aus einer selbständigen Tätigkeit nicht entgegen (hierzu unter 1.). Dabei ist der Absetzbetrag nach § 1 Abs. 7 Satz 1 Alg II-V als Freibetragsobergrenze zu verstehen (hierzu unter 2.) Das Sozialgericht hat auch zutreffend den Zusatzfreibetrag für Erwerbstätige nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II verneint (hierzu unter 3.).

1. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 7 Satz 4 Alg II-V ist zwar der Abzug des Grundfreibetrages nach § 1 Abs. 7 Satz 1 Alg II-V bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit ausgeschlossen. Die Vorschrift ist jedoch dahingehend zu modifizieren, dass sie in Fällen wie dem vorliegenden, in welchen dem Leistungsberechtigten aus dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit kein Freibetrag von 175 Euro bzw. 200 Euro zusteht, keine Anwendung findet. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte (hierzu unter a) und dem Sinn und Zweck der Privilegierung in § 1 Abs. 7 Satz 1 bis 3 Alg II-V (hierzu unter b).

a) Mit der Verabschiedung des BFDG am 28. April 2011 wurde zeitgleich § 1 Abs. 1 Nr. 13 Alg II mit Wirkung zum 3. Mai 2011 dahingehend geändert, dass außer den in § 11a SGB II genannten Einnahmen vom Taschengeld nach § 2 Nr. 4 BFDG, das ein Teilnehmer an einem Bundesfreiwilligendienst erhält, ein Betrag in Höhe von 60 Euro nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist. Hiermit wurde die seit dem 1. Januar 2009 geltende Regelung für den Jugendfreiwilligendienst (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 13 Alg II-V i. d. F. v. 18. Dezember 2008) auf den Bundesfreiwilligendienst ausgedehnt. Der Freibetrag bestand neben den gesetzlichen Ab-setzbeträgen nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II n. F. (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II a. F.). Einen Ausschluss der Anwendbarkeit der Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 13 Alg II-V bei daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit enthielt die Alg II-V nicht. Nach der Begründung des Entwurfs zur Sechsten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II-/ Sozialgeldverordnung ersetzen die am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Regelungen des § 1 Abs. 7 Alg II-V die bisherigen Absetzbeträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II und nach § 1 Abs. 1 Nr. 13 Alg II-V. Die Neuregelung erfolgte, da sich die bisher in Einzelfall festzustellenden Absetzbeträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II in der Praxis als zu verwaltungsaufwändig und bürokratisch erwiesen hatten. Mit der Neuregelung entfiel die verwaltungsaufwändige Summierung von Taschengeld, Versicherungspauschale und der mit dem Freiwilligendienst verbundenen notwendigen Ausgaben. Entbehrlich wurde damit auch die für viele Freiwillige aufwändige Nachweisführung über die Beträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II. Eine beabsichtigte Einschränkung des finanziellen Vorteils gegenüber der Vorgängerregelung des § 1 Abs. 1 Nr. 13 Alg II-V lässt sich der Begründung zum Verordnungsentwurf hingegen nicht entnehmen. Vielmehr stellt nach dieser Satz 2 der Vorschrift sicher, dass durch die Pauschalierung keine Schlechterstellung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage eintritt (vgl. Entwurf einer Sechsten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld-Verordnung S. 6, abgerufen unter http://www.bmas.de/ DE/Service/Gesetze/verordnung-berechnung-einkommen-arbeitslosengeld-2-sozialgeld.html). Gerade eine solche Schlechterstellung wäre jedoch gegeben, wenn in Fällen, in denen das Einkommen aus daneben erzielter Erwerbstätigkeit den Freibetrag von 175 Euro bzw. 200 Euro nicht erreicht, vom Taschengeld kein weiterer Freibetrag berücksichtigt werden könnte.

b) Mit der Vorgängerregelung des § 1 Abs. 1 Nr. 13 Alg II-V a. F. wurde das Ziel verfolgt, die Motivation für die Aufnahme eines Freiwilligendienstes auch hilfebedürftiger Freiwilliger zu stärken und zudem das Engagement der Freiwilligen stärker als bisher anzuerkennen (vgl. Entwurf einer Ersten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld-Verordnung S. 7, abgerufen unter http://www.bmas.de/ DE/Service/Gesetze/verordnungberechnung-einkommen-arbeitslosengeld-2-sozialgeld.html). Mit der Aufnahme des Taschengeldes aus dem BFDG mit Wirkung zum 3. Mai 2011 in § 1 Abs. 1 Nr. 13 Alg II-V a. F. wurde dieses Ziel auf Bundesfreiwilligendienste erweitert. Die mit § 1 Abs. 7 Satz 1 Alg II-V eingeführte Pauschalierung, welche auch die Absetzbeträge des § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II einschließt, stellt die ursprüngliche Motivation der Regelung nicht in Frage. Sie erfolgte vielmehr in Reaktion auf den in Anwendung der Vorschrift eingetretenen Verwaltungsaufwand und dient der vereinfachteren und transparenteren Gestaltung des Verfahrens zur Berücksichtigung dieses Einkommens im Rahmen des Bezugs von Arbeitslosengeld II (vgl. Entwurf einer Sechsten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld-Verordnung S. 1, abgerufen unter http://www.bmas.de/ DE/Service/Gesetze/verordnungberechnung-einkommen-arbeitslosengeld-2-sozialgeld.html). Die mit der Verschaffung eines finanziellen Vorteils durch die Teilnahme am Bundesfreiwilligendienst bezweckte Motivation zur Aufnahme eines Freiwilligendienstes würde jedoch verfehlt, wenn – wie der Beklagte meint – die Privilegierung nur anzunehmen wäre, wenn daneben keine Erwerbstätigkeit aus-geübt würde. Denn der besondere Anreiz, am Bundesfreiwilligendienst teilzunehmen, beschränkte sich dann auf Leistungsberechtigte, die keiner - auch keiner geringfügigen - Erwerbstätigkeit nachgehen. Demgegenüber liefe die besondere Privilegierung von Freiwilligendiensten auch dann leer, wenn das Einkommen aus daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit den Freibetrag von 175 Euro bzw. 200 Euro nicht erreicht. Da der Bundesfreiwilligendienst, welcher nach § 2 Nr. 2 BFDG bereits ab 20 Stunden je Woche möglich ist, ohne weiteres eine Nebentätigkeit mit geringem Verdienst zulässt, vermag der Senat einen nachvollziehbaren Grund für diese beschränkende Differenzierung nicht zu erkennen.

Soweit der Beklagte meint, mit der Regelung des § 1 Abs. 7 Satz 4 Alg II-V solle eine "leis-tungsoptimierte Inanspruchnahme" der Absetzbeträge nach § 1 Abs. 7 Alg II-V und § 11b SGB II verhindert werden, kann dies der Senat weder aus der Begründung zum Entwurf der Sechsten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/ Sozialgeldverordnung entnehmen noch steht dies in Fällen wie dem vorliegenden, bei denen die Einkünfte aus Erwerbstätigkeit nicht einmal den Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II in Höhe von 100 Euro erreichen, zu befürchten. Die vom Beklagten angeführten Informationsbroschüren und Merkblätter haben Aufklärungsfunktion, jedoch keinen Regelungscharakter.

Denkbar erscheint, dass der Verordnungsgeber, welcher den Bundesfreiwilligendienst nur als Hauptbeschäftigung für durchführbar erachtet (vgl. BT-Drs. 17/5638, S. 36), von der An-wendbarkeit des § 1 Abs. 7 Satz 1 bis 3 Alg II-V absehen wollte, wenn – als Ausnahme vom Regelfall – eine in § 11b Abs. 2 SGB II genannten Tätigkeit als Hauptbeschäftigung ausgeübt wird. Naheliegend ist bei dieser Konstellation, dass der Freibetrag von 175 Euro bzw. 200 Euro dann bereits über die Einkünfte nach § 11b Abs. 2 und 3 SGB II erreicht wird; nicht erfasst ist hingegen der vorliegende Fall, in welchem Einkünfte nach § 11b Abs. 2 und 3 SGB II die Freibetrag von 175 Euro bzw. 200 Euro unterschreiten.

Der Anwendbarkeit von § 1 Abs. 7 Satz 1 bis 3 Alg II-V in der vorliegenden Konstellation steht auch nicht die Begründung zum Entwurf einer Sechsten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld-Verordnung entgegen, soweit darin ausgeführt wird, Satz 3 (gemeint ist wohl Satz 4) der Regelung bewirke die notwendige Harmonisierung entsprechend der Regelungen des § 11b Abs. 2 und 3 SGB II und stelle sicher, dass beim Zusammentreffen von Freiwilligendienst und Erwerbstätigkeit bzw. anderer Betätigungen nur jeweils die Freibeträge nach § 11b Abs. 2 und 3 SGB II zur Anwendung kommen (vgl. Entwurf einer Sechsten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld-Verordnung S. 6, abgerufen unter http://www.bmas.de/ DE/Service/Gesetze/verordnung-berechnung-einkommen-arbeitslosengeld-2-sozialgeld.html). Der vom Verordnungsgeber anvisierten Harmonisierung würde es vielmehr widersprechen, wenn in Fällen – wie dem vorliegenden -, bei denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit keinen Freibetrag von mindestens 175 Euro bzw. 200 Euro erreicht, der Abzug eines Freibetrags vom Taschengeld aus dem Bundesfreiwilligendienst unterbliebe. Denn der in § 1 Abs. 7 Alg II-V genannte Freiwilligendienst ist dem in § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II aufgeführten Tätigkeiten, die nach § 3 Nr. 12, 26, 26a und 26b EStG steuerfrei sind, vergleichbar. Die in § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II enthaltene Privilegierung zielt ihrem Zweck nach auf eine Gleichstellung von Leistungsbeziehern nach dem SGB II mit steuerpflichtigen ehrenamtlichen Tätigkeiten, die nach näherer Maßgabe von § 3 EStG bei Bezügen oder Einnahmen nach der Nr. 12, 26, 26a der 26b von der Einkommens-teuer freigestellt sind. Diese Intention ist bei der Anhebung des Freibetrags auf 200 Euro durch Art. 8 des Ehrenamtsstärkungsgesetzes vom 21. März 2013 nochmals deutlich gewor-den (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 61/13 R, Rn. 22 m. w. N., juris). Dass die gleiche Privilegierung auch für die Freiwilligendienste nach § 1 Abs. 7 Alg II-V gelten soll, zeigt Art. 10 des Ehrenamtsstärkungsgesetzes vom 21. März 2013, wonach auch für diese der Freibetrag auf 200 Euro angehoben wurde. Beim Zusammentreffen von Einkünften aus Erwerbstätigkeit und aus steuerprivilegierter (ehrenamtlicher) Tätigkeit i. S. d. § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II sind nach der Rechtsprechung des BSG, welcher sich der Senat anschließt, Absetzbeträge nach § 11b Abs. 2 SGB II für jede Tätigkeit gesondert anzusetzen und können nebeneinander Anwendung finden (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 61/13 R, juris). Nachvollziehbare Gründe, weshalb ein solches Vorgehen beim Zusammentreffen von Einkünften aus Erwerbstätigkeit mit Taschengeld aus dem Bundesfreiwilligendienst dagegen nicht möglich sein soll, sind nicht erkennbar. Insbesondere die vom Verordnungsgeber genannte notwendige Harmonisierung lässt sich hierfür nicht zur Begründung anführen.

2. Die Freibeträge von 100 Euro nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II und von 175 Euro bzw. 200 Euro nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II i. V. m. § 1 Abs. 7 Satz 1 ALG II-V sind beim Zusammentreffen von Erwerbseinkommen und Einkommen aus dem Bundesfreiwilligendienst nicht zu kumulieren. Dies folgt aus der Regelung des § 1 Abs. 7 Satz 4 Alg II-V, welcher entnommen werden kann, dass die Absetzung der Beträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II jedenfalls nur einmal erfolgen soll (so auch SG Dresden, Urteil vom 28. August 2013 – S 49 AS 2681/12 Rn. 79, juris).

Unter Berücksichtigung der vom Verordnungsgeber anvisierten Harmonisierung mit § 11b Abs. 2 und 3 SGB II ist der erhöhte Grundfreibetrag des § 1 Abs. 7 Satz 1 bis 3 Alg II-V als Freibetragsobergrenze zu begreifen. Hiervon geht das BSG beim Zusammentreffen von Ein-künften aus Erwerbstätigkeit und steuerfreien Einkünften i. S. v. § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II aus und verweist dazu auf die Formulierung im Wortlaut, dass der Betrag von 175 Euro "an die Stelle" des Betrages von 100 Euro tritt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 61/13 R, Rn. 20, juris). Gleiches gilt für § 1 Abs. 7 Satz 1 Alg II-V, wonach beim Bezug von Taschengeld aus dem Bundesfreiwilligendienst "anstelle der Beträge nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 SGB II" ein Betrag von monatlich insgesamt 175 Euro/ 200 Euro abzusetzen ist.

Hiernach ist das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 53,08 Euro um den Grundfreibetrag von 100 Euro (§ 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II) zu bereinigen, wodurch es an-rechnungsfrei bleibt. Von dem Taschengeld aus dem Bundesfreiwilligendienst ist bis zur Freibetragsobergrenze des § 1 Abs. 7 Satz 1 Alg II-V der Differenzbetrag von 121,32 Euro im November 2012 und Dezember 2012 (175 Euro abzüglich 53,08 Euro) bzw. in Höhe von 146,92 Euro in den Monaten Februar 2013 bis April 2013 (200 Euro abzüglich 53,08 Euro) in Abzug zu bringen. Insgesamt ergibt sich nach der Bereinigung des Einkommens nach § 11b Abs. 2 SGB II, § 1 Abs. 7 Satz 1 Alg II-V ein anrechenbares Einkommen von 214,65 Euro in den Monaten November 2012 und Dezember 2012 sowie von 189,65 Euro in den Monaten Januar 2013 bis April 2013.

3. Hiervon ausgehend hat das Sozialgericht zutreffend keinen weiteren Zusatzfreibetrag für Er-werbstätige nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II ermittelt. Danach ist von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 1.000 Euro beträgt, ein weiterer Betrag von 20 v. H. abzusetzen.

Von den Einkünften aus der selbständigen Tätigkeit kann ein Zusatzfreibetrag für Erwerbstätige nicht in Abzug gebracht werden, weil dieses 100 Euro nicht übersteigt.

Auf das Taschengeld aus dem Bundesfreiwilligendienst (§ 2 Nr. 4 BFDG) findet § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II keine Anwendung. Dies folgt daraus, dass der Bundesfreiwilligendienst der Gemeinnützigkeit dient und eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements ist. Er wird ohne Erwerbsabsicht geleistet (§ 2 Nr. 2 BFDG). Daher wird kein Arbeitsentgelt, sondern ein Taschengeld gezahlt. Von der fehlenden Anwendbarkeit des § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II ist offenkundig auch der Normgeber der Alg II-V ausgegangen, denn anderenfalls hätte in Anbetracht der Freibetragsregelungen des SGB II kein Bedürfnis bestanden, einen anrechnungsfreien Betrag i. H. v. 60 Euro den Teilnehmern an einem Bundesfreiwilligendienst zu belassen (§ 1 Abs. 7 Satz 3 Alg II-V).

Auch eine entsprechende (analoge) Anwendung der auf Arbeitseinkünfte anwendbaren Frei-betragsregelungen des SGB II erscheint dem Senat nicht geboten. Eine solche Analogie setzt eine planwidrige Gesetzeslücke voraus. Vom Vorliegen einer solchen kann indes nicht ausgegangen werden, da der Verordnungsgeber der AlgII-V den Sachverhalt zum Anlass einer Sonderregelung genommen hat, die dem Gesetzgeber bekannt gewesen und von ihm nicht zum Anlass einer Korrektur des SGB II genommen worden ist. Hinzu kommt, dass Ziel der Freibetragsregelung ist, dem Leistungsberechtigten einen finanziellen Anreiz für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen; eine Förderung des Bundesfreiwilligendienstes durch das SGB II ist gesetzlich nicht vorgesehen. Auch wenn die Teilnahme an diesem Dienst besonders lobenswert ist, muss berücksichtigt werden, dass sie eben nicht mit einer Erwerbstätigkeit gleichzusetzen ist, die das SGB II aber anstrebt (vgl. zum Jugendfreiwilligendienst: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11. März 2015 – L 13 AS 14/10, Rn. 21 m. w. N., juris).

Hiernach beläuft sich der verbleibende Bedarf auf jeweils 379,57 Euro in den Monaten November 2012 und Dezember 2012 (374 Euro Regelbedarf und 220,22 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung abzüglich 214,65 Euro anzurechnendes Einkommen) sowie auf jeweils 438,96 in den Monaten Februar 2013 bis April 2013 (382 Euro Regelbedarf und 246,61 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung abzüglich 189,65 Euro anzurechnendes Einkommen). Verglichen mit der Bewilligung von 257,65 Euro für November 2012 und Dezember 2012 (Bescheid vom 8. August 2013), von 292,04 Euro im Februar 2013 (Bescheid vom 10. Januar 2013) sowie von monatlich 292,05 Euro im Zeitraum 1. März 2013 bis 30. April 2013 (Bescheid vom 10. Januar 2013) ergibt sich eine Nachzahlung in Höhe von jeweils 121,92 Euro vom 1. November 2012 bis 31. Dezember 2012, in Höhe von 146,92 Euro im Februar 2013 sowie in Höhe von jeweils 146,91 Euro im Zeitraum vom 1. März 2013 bis 30. April 2013, die jedoch aufgrund des bezifferten erstinstanzlichen Antrages des Klägers auf monatlich 105 Euro im Zeitraum vom 1. November 2012 bis 31. Dezember 2012 sowie auf monatlich 130 Euro im Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis 30. April 2013 – wie vom Sozialgericht stattgegeben - beschränkt ist. Der Senat hat den Tenor des erstinstanzlichen Urteils insoweit klarstellend neu gefasst.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Be-reinigung des Einkommens beim Zusammentreffen von Taschengeld aus dem Bundesfreiwil-ligendienst mit (anderem) Erwerbseinkommen ist bislang ungeklärt, bedarf aber im allgemeinen Interesse zur Wahrung der Rechtseinheit einer Klärung.
Rechtskraft
Aus
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