L 5 KA 5799/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 6136/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 5799/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Vertragsärztliche Vergütungsbestimmungen des EBM (einschließlich in Bezug genommener OPS-Nrn. des DIMDI) sind streng wortlautbezogen auszulegen. Auf Fragen der Medizin kommt es grundsätzlich nicht an. Wegen der alleinigen Maßgeblichkeit juristischer Auslegungsmethoden tritt die medizinische Beurteilung in den Hintergrund; im Streit um sachlich-rechnerische Richtigstellungen ist daher kein Raum für die Erhebung von (medizinischen) Gutachten (BSG, Beschluss vom 12.12.2012, - B 6 KA 31/12 B -; auch Beschluss vom 10.03.2004, - B 6 KA 118/03 B -).

Die Begriffe (Meniskusresektion) „total“ bzw. „partiell“ in den OPS-Nrn. 5-812.6 bzw. 5-812.5 sind (organ-)substanzbezogen und nicht (organ-)funktionsbezogen zu verstehen. Eine totale Meniskusresektion (im gebührenrechtlichen Sinn) liegt nicht vor, wenn ohne vollständige Entfernung der Meniskussubstanz nur die Meniskusfunktion vollständig aufgehoben wird.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.12.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen, für das Berufungsverfahren mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 46.316,87 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine im Wege sachlich-rechnerischer Berichtigung verfügte Honorarkürzung für die Quartale 2/2006 bis 2/2008.

Der während des Berufungsverfahrens am 28.11.2013 verstorbene Kläger (im Folgenden Arzt) - dessen Rechtsnachfolgerin den Rechtsstreit fortführt - nahm als Facharzt für Orthopädie mit Sitz in R. an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

Im Jahr 2007 überprüfte der bei der Bezirksdirektion R. der Beklagten eingerichtete Plausibilitätsausschuss die vom Arzt im Quartal 2/2006 für endoskopisch-arthroskopische Eingriffe am Meniskus (im Folgenden: Meniskusresektion) abgerechneten Leistungen wegen Auffälligkeiten in der Tagesarbeitszeit. Für Meniskusresektionen sind - soweit hier von Belang - folgende Regelungen des vertragsärztlichen Vergütungsrechts (Gebührennummern - GNR - des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen - EBM) maßgeblich:

EBM Fassung (ab 01.04.2005) bis Quartal 1/2007:

GNR 31142 Endoskopischer Gelenkeingriff (Arthroskopie) der Kategorie E 2

Obligater Leistungsinhalt - Chirurgischer Eingriff der Kategorie E 2 entsprechend Anhang 2 Fakultativer Leistungsinhalt - Ein postoperativer Arzt-Patienten-Kontakt Bewertung: 5380 Punkte

GNR 31143 Endoskopischer Gelenkeingriff (Arthroskopie) der Kategorie E 3

Obligater Leistungsinhalt - Chirurgischer Eingriff der Kategorie E 3 entsprechend Anhang 2 Fakultativer Leistungsinhalt - Ein postoperativer Arzt-Patienten-Kontakt Bewertung: 7580 Punkte

EBM Fassung ab Quartal 2/2007 bis 2/2008:

GNR 36142 Endoskopischer Gelenkeingriff (Arthroskopie) der Kategorie E 2

Obligater Leistungsinhalt - Chirurgischer Eingriff der Kategorie E 2 entsprechend Anhang 2 Bewertung: 3305 Punkte

GNR 36143 Endoskopischer Gelenkeingriff (Arthroskopie) der Kategorie E 3

Obligater Leistungsinhalt - Chirurgischer Eingriff der Kategorie E 3 entsprechend Anhang 2 Bewertung: 4955 Punkte

Der in den genannten GNRn des EBM bezeichnete Anhang 2 betrifft die Zuordnung der arthroskopischen Eingriffe zu dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) für Operationen herausgegebenen Schlüssel für Operationen und sonstige medizinische Prozeduren - OPS - (vgl. § 295 Abs. 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch, SGB V). Die hier einschlägigen OPS-Nrn. haben folgenden Wortlaut:

OPS-Nr. 5-812.5: Arthroskopische Operation am Gelenkknorpel und an den Menisken: Meniskusresektion partiell".

Der Eingriff ist der Kategorie E 2 zugeordnet, wofür eine Schnitt-Naht-Zeit von 15 bis 30 Minuten vorgesehen ist.

OPS-Nr. 5-812.6: "Arthroskopische Operation am Gelenkknorpel und an den Menisken: Meniskusresektion total".

Der Eingriff ist der Kategorie E 3 zugeordnet, wofür eine Schnitt-Naht-Zeit von 30 bis 45 Minuten vorgesehen ist.

Mit Schreiben vom 19.06.2007 erläuterte der Arzt sein Abrechnungsverhalten bei Meniskusresektionen. Für Meniskusresektionen setze er meist die im EBM für die totale Meniskusresektion vorgesehene GNR an. Eine "totale" Meniskektomie im "anatomischen Sinne" führe allerdings kein Arzt durch, da in diesem Fall der fest mit der Kapsel verwachsene Innenmeniskus mitsamt Kapsel und Innenbandteilen entfernt werden müsste. Vielmehr bleibe immer ein circulärer Ring übrig, weshalb das Resultat des Eingriffs einer (anatomisch) "totalen" Meniskusresektion (eigentlich) nicht entspreche. Mit der GNR des EBM für die totale Meniskusresektion könne daher nur die "funktionell komplette" Meniskusresektion gemeint sein und die GNR für die Teilresektion könne nur die Entfernung eines kleinen Lappenanteils, der nicht bis zur Basis gehe und sich deswegen - im funktionellen Sinne - nur teilweise auswirke, betreffen. Sobald die Basis des Meniskus an einer Stelle durchschnitten werde, handele es sich um eine "funktionell komplette" Meniskusentfernung. Die Umwandlung der Drucklast in Zugkräfte sei durch diesen Schnitt gestört und es komme zu Querfriktionen, die dann letztlich auch für die Schmerzen des Patienten verantwortlich seien. Der Meniskus sei nur an seiner Basis gefäß- und nervenversorgt, so dass relevante Meniskusbeschwerden nur auftreten könnten, wenn auch die Basis mit betroffen sei. Das bedinge im therapeutischen Sinne meistens die Notwendigkeit einer "funktionell kompletten" Meniskusresektion. In praktischer Hinsicht verlange er vor jeder Operation eine kernspintomographische Untersuchung; er operiere nur klinisch und kernspintomographisch relevante Menisken. Der Operationsverlauf werde auf einem Video dokumentiert, das der Patient erhalte. Bei jeder Meniskusresektion oder Teilresektion würden alle Abschnitte des Meniskus bearbeitet, beginnend im Hinterhorn. An der Stelle der Basisbeteiligung werde dann bis zur Kapsel reseziert. Darin liege seiner Ansicht nach die "funktionell komplette" Meniskusresektion. Eine "anatomisch komplette" Meniskusresektion gebe es nicht, weswegen eine entsprechende Regelung des vertragsärztlichen Gebührenrechts ins Leere ginge.

Mit Schreiben vom 07.12.2007 teilte der Plausibilitätsausschuss dem Arzt mit, man habe sich in einer Sitzung vom 27.08.2007 abschließend mit den Abrechnungsunterlagen des Quartals 2/2006 befasst. Dabei sei festgestellt worden, dass der Arzt Meniskusresektionen vorwiegend als totale Meniskusresektion nach GNR 31143 bzw. GNR 31143 K EBM abrechne und nicht als Teilmeniskusresektion nach GNR 31142 bzw. GNR 31142 K EBM. Aufgrund der vorliegenden OP-Berichte sei man unter Hinzuziehung des Fachreferenten für Abrechnungsmanagement zu der Auffassung gelangt, dass zwar die Resektion des gesamten Meniskus vom Vorder- bis zum Hinterhorn unter Belassen einer Randleiste als Meniskustotalresektion abrechenbar sei. Die Resektion (nur) eines funktionellen Teils, wie beispielsweise des Hinterhorns bis auf eine Randleiste, stelle demgegenüber nur eine Teilresektion i. S. d. GNR 31142 bzw. GNR 31142 K EBM dar. Die Abrechnungen, die nach den Angaben der OP-Berichte nur Teilresektionen beträfen, sollten daher entsprechend sachlich-rechnerisch berichtigt werden; hierfür werde die Angelegenheit an die Beklagte abgegeben.

Am 13.08.2008 fand bei der Beklagten eine Besprechung mit dem Arzt unter Beteiligung eines Sachverständigen statt. Dabei wurden Videodokumentationen über 20 Meniskusresektionen, die der Arzt im Quartal 2/2006 durchgeführt hatte, in Augenschein genommen. Der Arzt hatte die Eingriffe jeweils der OPS-Nr. 5-812.6 zugeordnet und als "arthroskopische Operation am Knorpel und an den Menisken: Meniskusresektion, total" bezeichnet.

Mit Bescheid vom 11.11.2008 verfügte die Beklagte Honorarkürzungen im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung für die Quartale 2/2006 bis 2/2008 wie folgt:

Quartal Kürzungsbetrag/EUR 2/2006 5.827,88 3/2006 6.363,94 4/2006 5.369,06 1/2007 4.249,20 2/2007 5.398,84 3/2007 4.660,82 4/2007 3.507,82 1/2008 6.165,41 2/2008 4.773,90 Summe 46.316,87

Zur Begründung führte sie aus, der Plausibilitätsausschuss habe die Abrechnungsunterlagen des Quartals 2/2006 wegen Auffälligkeiten der Tagesarbeitszeit geprüft. Bei den zeitauffälligen Tagen handele es sich ausschließlich um OP-Tage, weshalb die Berichte über die OP-Leistungen eingesehen und beurteilt worden seien. Dabei habe der Plausibilitätsausschuss festgestellt, dass der Arzt Meniskusresektionen als totale Meniskusresektion nach GNR 31143 K EBM (endoskopischer Gelenkeingriff - Arthroskopie - der Kategorie E 3) abgerechnet habe, obwohl diese ausweislich der OP-Berichte lediglich als Teilmeniskusresektionen nach GNR 31142 K EBM (endoskopischer Gelenkeingriff - Arthroskopie - der Kategorie E 2) abzurechnen gewesen wären. Die Auffassung des Arztes, wonach unter einer "totalen" Meniskusresektion (nach GNR 31143 K EBM) nicht die "anatomisch-totale", sondern die "funktionell-totale" Meniskusresektion zu verstehen sei, teile der Plausibilitätsausschuss nicht. Die Resektion (nur) eines funktionellen Teils des Meniskus, wie beispielsweise des Hinterhorns bis auf eine Randleiste, stelle eine totale Resektion i. S. d. OPS-Nr. 5-812.6 (des Anhangs 2 zum EBM) nicht dar, weshalb in diesem Fall (nur) die für Teilresektionen vorgesehene GNR 31142 K EBM, nicht jedoch die für Totalresektionen vorgesehene GNR 31143 K EBM angesetzt werden dürfe. Als totale Meniskusresektion i. S. d. OPS-Nr. 5-812.6 sei nach Auffassung des Plausibilitätsausschusses nur die Resektion des gesamten Meniskus vom Vorder- bis zum Hinterhorn unter Belassen einer Randleiste einzustufen. Die am 13.08.2008 in Augenschein genommenen Videodokumentationen über 20 im Quartal 2/2006 durchgeführte Meniskusresektionen zeigten überwiegend ausgedehnte Teilresektionen. Hierzu habe der Arzt seine Auffassung bekräftigt, wonach die funktionell vollständige Resektion des Vorder- oder Hinterhorns als totale Meniskusresektion abgerechnet werden dürfe. Im Hinblick darauf habe man auf die Durchsicht weiterer Videodokumentationen des Quartals 2/2006 im gegenseitigen Einvernehmen verzichtet. Der Arzt habe erklärt, er habe die Meniskusresektionen auch in den Folgequartalen in gleicher Weise durchgeführt und abgerechnet. Der Arzt habe die der OPS-Nr. 5-812.6 zugeordnete Operation (arthroskopische Operation am Gelenkknorpel und an den Menisken: Meniskusresektion total) seit dem Quartal 2/2006 als ambulante und stationäre Operation durchgeführt und nach der GNR 31143 K EBM bzw. ab dem Quartal 2/2007 nach der GNR 36143 EBM (i. V. m. den entsprechenden Kostenpauschalen) wie folgt abgerechnet.

Quartal GNR 31143 GNR 31143 K GNR 36143 2/2006 19 32 3/2006 13 35 4/2006 8 39 1/2007 10 27 2/2007 2 32 7 3/2007 2 25 12 4/2007 5 23 6 1/2008 5 31 11 2/2008 6 23 12

Ausweislich der OP-Berichte und der Videodokumentationen habe der Arzt aber nur partielle Meniskusresektionen, die der OPS-Nr. 5-812.5 zuzuordnen seien, erbracht; er hätte die Leistungen daher nach GNR 31142 K bzw. GNR 36142 EBM abrechnen müssen. Im Einvernehmen mit dem Beigeladenen zu 1) sei man der Auffassung, dass für die Abrechnung arthroskopischer Operationen nach den GNRn 31143 K bzw. 36143 EBM i. V. m. der OPS-Nr. 5-812.6 eine vollständige Resektion des gesamten Meniskus zu erfolgen habe. Das erfordere eine relevante, quasi vollständige Abtragung im Bereich des Vorder- und Hinterhorns sowie der Pars intermedia, ggf. unter Belassen einer Randleiste. Die abweichende Auffassung des Arztes, wonach für die Abrechnung einer "totalen" Meniskusresektion auch die (bloße) Resektion eines funktionellen Teils, etwa des Hinterhorns bis auf eine Randleiste, genüge, teile man nicht. Zwar sei nachvollziehbar, dass (anatomisch) vollständige Meniskusresektionen praktisch kaum durchführbar seien, zumal nach bundesweiten Statistiken überwiegend partielle Meniskektomien vorgenommen würden, die offensichtlich auch zu besseren Ergebnissen als die totale Resektion führten. Wegen des klaren Wortlauts der (von den einschlägigen GNRn in Bezug genommenen) OPS-Nrn. 5-812.6 bzw. 5-812.5, die die Begriffe "total" bzw. "partiell" verwendeten, könne als totale Meniskusresektion nach GNR 31143 K und 36143 EBM gleichwohl nur die vollständige Resektion eines Meniskus (Vorder- bis Hinterhorn unter Belassen einer Randleiste) abgerechnet werden. Man habe die Ansätze der GNRn 31143 K und 36143 EBM daher als partielle Meniskusresektionen behandelt und die hierfür maßgeblichen GNRn angesetzt und außerdem die zugehörigen Kostenpauschalen angepasst. Ausgehend vom Quartal 2/2006 seien entsprechende Berichtigungen auch für die Folgequartale bis zum Quartal 2/2008 vorgenommen worden, da der Arzt das in Rede stehende Abrechnungsverhalten auch in den Folgequartalen in gleicher Weise praktiziert habe. Von der Berichtigung betroffen seien nur (ausschließlich) der OPS-Nr. 5-812.6 zugeordnete Ansätze der GNRn 31143 K bzw. 36143 EBM, nicht jedoch Operationen mit weiteren OPS-Nrn. Die von der Honorarberichtigung betroffenen Fälle wurden in einer dem Bescheid beigefügten Anlage aufgeführt.

Am 25.11.2008 erhob der Arzt Widerspruch. Zur Begründung trug er (erneut) vor, der EBM könne keine GNRn enthalten, deren Leistungsinhalt niemand erfüllen könne. Eine (anatomisch) totale Meniskusresektion gebe es nicht, weshalb mit der OPS-Nr. 5-812.6 die funktionelle komplette Meniskusresektion gemeint sein müsse. Die OPS-Nr. 5-812.5 für die partielle Meniskektomie gelte für Operationen, bei denen nicht in allen Teilen des Meniskus gearbeitet werde. Werde jedoch sowohl im Vorder- als auch im Hinterhorn und auch im Bereich der Pars intermedia eines Meniskus reseziert und werde hierbei an manchen Stellen auch die Kapsel erreicht, so bewirke das eine funktionelle komplette Meniskektomie und es verblieben in allen Anteilen des Meniskus (anatomisch) nur noch Reste des ursprünglichen Meniskusgewebes, wobei diese im Vorderhornbereich noch etwas ausgedehnter sein könnten. Anatomisch komplette Meniskusresektionen würden in der Praxis nicht oder allenfalls in ganz vereinzelten Ausnahmefällen durchgeführt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf der Arzt am 10.09.2009 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhob.

Er trug unter Bekräftigung des bisherigen Vorbringens vor, die Ansicht der Beklagten, wonach unter einer totalen Meniskusresektion im Sinne des vertragsärztlichen Vergütungsrechts nur eine (anatomisch) vollständige Resektion des gesamten Meniskus zu verstehen sei, treffe nicht zu. Vielmehr genüge es, wenn der Meniskus funktionell total reseziert werde. Die Auffassung der Beklagten widerspreche der gängigen medizinischen Nomenklatur, der Entstehungsgeschichte des EBM und führe zu nicht praktikablen Ergebnissen. In der orthopädischen Literatur würden drei Arten der Meniskusentfernung unterschieden: Die partielle Meniskusresektion mit der Entfernung von weniger als 50 % der Meniskussubstanz unter Erhalt des Faserrings, die subtotale Meniskusresektion mit der Entfernung von mehr als 50 % der Meniskussubstanz unter Erhalt des Faserrings und die totale Meniskektomie; unter Letzterer verstehe die orthopädische Wissenschaft jede Meniskusresektion, bei der funktionell die Randleiste verletzt werde, auch bei erhaltenem Restmeniskus. Die von der sachlich-rechnerischen Berichtigung erfassten Meniskusresektionen hätten das Ringsystem unterbrochen, wobei allerdings noch ein mehr oder weniger großer Rest an Meniskusanteilen zurückgeblieben sei. Nach der dargestellten Begriffsbildung in der Fachliteratur seien die Eingriffe als totale Meniskusresektion einzustufen; für das vertragsärztliche Vergütungsrecht könne nichts anderes gelten. Die Auslegung der GNRn des EBM, die von fachkundigen Ärzten verfasst worden seien, müsse sich am Begriffsverständnis (hier) der orthopädischen Fachkreise orientieren. Meniskusresektionen seien vor Inkrafttreten des EBM 2000plus Gegenstand der GNRn 2445 und 2447 EBM a. F. gewesen. Diese hätten folgenden Wortlaut gehabt:

GNR 2445 EBM a.F. Diagnostische arthroskopische Operation, ggf. einschl. Entnahme von Gewebeproben aus Weichteilen, Knorpel oder Knochen und/oder Plica-(Teil-)Resektion, Entfernung von Synovalzotten, (Teil-)Resektion des Hoffa´schen Fettkörpers, Knorpelglättung und/oder Herausspülen freier Gelenkkörper einschl. Kosten.

GNR 2447 EBM a. F. Resezierende arthroskopische Operation und/oder arthroskopische Kapsel-Band-Spaltung und/oder arthroskopisch-instrumentelle Entfernung freier Gelenkkörper und/oder (sub-)totale Synovektomie, einschl. Kosten.

Die genannten GNRn hätten nicht zwischen der totalen und der partiellen Resektion unterschieden. Deswegen sei der Leistungsinhalt der GNR 2445 EBM a.F. nur in solchen Fällen erfüllt worden, in denen ausschließlich eine (Knorpel-)Glättung durchgeführt worden sei. Dagegen habe der Arzt nahezu jeden Eingriff, bei dem auch nur ein kleiner Bereich des Meniskus reseziert worden sei, unterschiedslos wie eine umfangreichere und wesentlich anspruchsvollere Entfernung des Meniskus mit Unterbrechung der Randleiste abrechnen können. Das habe man mit der Neuregelung ändern wollen. Hierzu habe die Beigeladene zu 1) seinerzeit eine Stellungnahme abgegeben, die allerdings nur bei Kenntnis der Anatomie des Meniskus zu verstehen sei. Anatomisch könne der Meniskus in Längsrichtung in drei Zonen eingeteilt werden. Der jeweils am weitesten außen liegende Teil werde als "rot-rote Zone" bezeichnet, weil dort eine intensive Durchblutung vorhanden sei. Das mittlere Drittel sei die "rot-weiße Zone" mit geringer durchblutetem Gewebe. Beim innersten Teil des Meniskus handele es sich um die "weiß-weiße Zone" ohne Durchblutung. Hierauf bezogen habe die KBV in der genannten Stellungnahme ausgeführt, von einer totalen Meniskusresektion sei auszugehen, wenn verbleibende Meniskusreste höchstens noch an den Anhaftungsstellen (Hinterhorn- und Vorderhornaufhängung) nachweisbar seien. Die partielle Meniskusresektion sei davon deutlich abzugrenzen. Bei ihr werde nur der innere, schlechter durchblutete Meniskusteil entfernt. Diese Darlegungen verdeutlichten, dass die partielle Meniskusresektion diejenigen Eingriffe habe betreffen sollen, bei denen (nur) in der "weiß-weißen Zone" bzw. in der "rot-weißen Zone" eine Meniskusabtragung durchgeführt werde. Demgegenüber sei eine Operation, die bis in die "rot-rote Zone" vordringe, als totale Meniskusresektion einzustufen. Man habe geringfügige Meniskusresektionen (vergütungsrechtlich) anders (geringer) bewerten wollen als solche Eingriffe, bei denen der Arzt in allen drei Zonen des Meniskus operiere. Nach der dargestellten Begriffsbildung der (orthopädischen) Anatomie könne es auch nicht darauf ankommen, ob bei einer solchen (Total-)Operation von der "rot-roten Zone" noch mehr oder weniger geringe anatomische Teile zurückblieben, sofern diese Zone nur an jedenfalls einer Stelle gänzlich bis zur Randleiste durchbrochen werde. Die anatomischen Gegebenheiten verdeutlichten außerdem, dass eine "vollständige" Meniskusresektion, bei der nach dem Eingriff keinerlei Meniskuszellen mehr nachweisbar seien, schon theoretisch gar nicht vorstellbar sei und sich in der Begriffsbildung auch nicht mit den von den Fachkreisen verwendeten Begriffen decken würde. Die Meniskusresektion, die für den Patienten schonend durchzuführen sei, habe nicht die möglichst vollständige Resektion des Meniskus (im anatomischen Sinne) zum Ziel. Für den Operationsaufwand mache es einen deutlichen Unterschied, ob nur in der "weiß-weißen Zone" eine kleine Abtragung stattfinde oder in der "rot-roten Zone" bis auf das Ringsystem reseziert werden müsse. Daran knüpfe die Unterteilung in den einschlägigen OPS-Nrn. nach Eingriffen der Kategorie E 2 bzw. E 3 an. Die Schnitt-Naht-Zeiten seien bei einer Resektion, die bis auf die Randleiste führe, mit 30 bis 35 Minuten erheblich höher angesetzt als bei Eingriffen in der "weiß-weißen" bzw. der "rot-weißen Zone" (15 bis 30 Minuten). Dies spiegele sich auch bei den Tages- bzw. Quartalsprofilen wieder, die für die Leistung nach GNR 31143 EBM mit 44 Minuten und für die Leistung nach GNR 31142 EBM mit 36 Minuten angesetzt seien. Häufig müsse im Bereich des Pars intermedia bis zum Hinterhorn bzw. bis auf die Randleiste operiert werden, wo aufgrund der Enge des Gelenks die Darstellung schwierig sei, weshalb mehr Zeit benötigt werde. Bei der von der Beklagten vertretenen Auffassung würden die Zeitprofile dem Regelfall nicht gerecht. Seine - des Arztes Auffassung - sei demgegenüber auch insoweit stimmig. Wollte die Beklagte von der bislang üblichen Auslegung des vergütungsrechtlichen Regelwerks abweichen, wäre schließlich der Vertrauensschutz verletzt.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und trug vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei das vertragliche Regelwerk des Vergütungsrechts (der EBM) in erster Linie nach dem Wortlaut der einschlägigen Leistungslegenden auszulegen. Da das (gesamt-)vertraglich festgelegte Vergütungsrecht dem Ausgleich unterschiedlicher Interessen von Ärzten und Krankenkassen diene, sei es Sache des Bewertungsausschusses, auftretende Unklarheiten zu beseitigen. Die primäre Bindung an den Wortlaut folge außerdem aus dem Gesamtkonzept des EBM. Als abschließende Regelung lasse er Ergänzungen oder Lückenfüllungen durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch die analoge Anwendung von GNRn nicht zu. Nur wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestands zweifelhaft sei und es der (bloßen) Klarstellung diene, sei Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände, ggf. auch für eine entstehungsgeschichtliche Auslegung anhand von Dokumenten, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert hätten. Bei der Begutachtung der 20 ausgewählten Meniskusresektionen (des Quartales 2/2006) habe man anhand der Bilddokumentationen festgestellt, dass es sich bei den vom Arzt durchgeführten Meniskektomien um ausgedehnte Teilresektionen gehandelt habe, bei denen das Vorder- bzw. Hinterhorn unter Belassen einer Randleiste entfernt worden sei. Die Abrechnung einer Totalresektion sei nur zulässig bei einer relevanten, quasi vollständigen Abtragung im Bereich des Vorder- und Hinterhorns sowie der Pars intermedia, ggf. unter Belassen einer Randleiste. Angesichts des klaren Wortlauts der einschlägigen OPS-Nrn. (OPS-Nr. 5-812.6: "total" - OPS-Nr. 5-812.5: "partiell") könne eine (nur) funktionell komplette Meniskusresektion nicht als Totalresektion abgerechnet werden.

Der Arzt wandte abschließend ein, für die Auslegung der Wortfolge "Meniskusresektion, total" nach OPS-Nr. 5-812.6 (in den einschlägigen GNRn des EBM) müsse in erster Linie der fachsprachlich vorgeprägte Wortsinn nach Maßgabe der einschlägigen Fachliteratur ausschlaggebend sein. Die orthopädische Fachliteratur bezeichne als totale Meniskektomie aber jede Meniskusresektion, bei der funktionell die Randleiste verletzt werde, auch wenn Restmeniskus (anatomisch) erhalten bleibe. Die Definition der Beklagten könne aus der Fachliteratur daher nicht belegt werden. Der Begriff "Ektomie" - Herausschneiden - werde in der Medizin für die vollständige operative Entfernung eines Organs verwendet, während man die nur teilweise Entfernung von Organen als "Resektion" bezeichne. Demzufolge meine auch der "Resektionsbegriff" in den hier maßgeblichen GNRn des EBM nicht die vollständige Entfernung des Meniskus, sondern - der lateinischen Wurzel des Begriffs resecare entsprechend - nur dessen "Zurückschneiden". Die Wendung "total" beziehe sich daher auf die Funktion und nicht auf das Gewebe des Meniskus. Schließlich müsse man in anatomischer Hinsicht auch den Außen- vom Innenmeniskus unterscheiden. Unter die von der Beklagten befürwortete Definition könnte auch die Entfernung des Innenmeniskus subsumiert werden, obwohl der Außenmeniskus verbleibe. Auch das spreche dagegen, den Begriff der Totalität der Resektion auf das Gewebe (und nicht auf die Funktion) zu beziehen.

Mit Urteil vom 14.12.2011 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 11.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.08.2009 auf. Zur Begründung führte es aus, die von der Beklagten vertretene Auslegung des Begriffs "Meniskusresektion total" in OPS-Nr. 5-812.6 sei zu eng. Der Arzt habe die in Rede stehenden Meniskusresektionen rechtsfehlerfrei abgerechnet. Für die einen Eingriff näher qualifizierenden Merkmale - wie lokale oder radikale Exzision - gälten (so die Präambel zum Anhang 2 EBM) die Definitionen nach dem vom DIMDI für Operationen herausgegebenen OPS-Schlüssel. Die hier maßgebliche OPS-Nr. 5-812.6 sei nicht eindeutig in dem von der Beklagten vertretenen Sinne zu verstehen. Der Begriff "Meniskusresektion total" sei - wie der Arzt zu Recht geltend mache - in sich widersprüchlich. Der Begriff "Resektion" (lateinisch: resecare - weg- bzw. zurückschneiden) meine in der Medizin die Entfernung (kranker) Organteile, während die vollständige operative Entfernung eines Organs als "Ektomie" bezeichnet werde. Die Begriffsbildung des DIMDI - die man wörtlich als "teilweise Entfernung des Meniskus total" übersetzen könnte - sei damit unglücklich oder gar verfehlt. Die (fachkundig besetzte) Kammer sei darüber hinaus der Auffassung, dass die totale Entfernung des Meniskus nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft wegen des daraus folgenden Arthroserisikos für den Patienten nicht als lege artis zu bewerten wäre und deswegen auch praktisch nicht mehr durchgeführt werde. Daher betreffe die OPS-Nr. 5-812.6 nicht nur die totale Entfernung des gesamten Meniskusgewebes. Zur Auslegung des Begriffs "Meniskusresektion total" werde es vielmehr als sachgerecht angesehen, sich an der orthopädischen Fachliteratur zu orientieren. Als "Meniskusresektion total" sei danach (schon) die "subtotale Meniskusresektion", also die Entfernung von mehr als 50 % der Meniskussubstanz unter Erhalt des Faserrings zu verstehen.

Gegen das ihr am 27.12.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.12.2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, der Begriff "Meniskusresektion total" in OPS-Nr. 5-812.6 - worauf sich die GNRn. 31143 K und 36143 (bzw. 40752) EBM bezögen - sei selbsterklärend und eindeutig. Er verlange eine relevante, vollständige Abtragung im Bereich des Vorder- und Hinterhorns sowie der Pars intermedia ggf. unter Belassen einer Randleiste. Der Arzt habe demgegenüber nur Teilresektionen durchgeführt unter Resektion eines funktionellen Teils wie des Hinterhorns bei Belassen einer Randleiste. Dabei habe es sich i. S. d. OPS-Nr. 5-812.5 um "Meniskusresektion(en) partiell" gehandelt. Auf die Bedeutung der Begriffe "Ektomie" und "Resektion" in der medizinischen Wissenschaft komme es nicht an. Im medizinischen Sprachgebrauch würden die Begriffe "Meniskusresektion" und "Meniskektomie" praktisch synonym verwendet. Das möge darauf beruhen, dass der Meniskus lediglich einen Teil des funktionellen Kniegelenks darstelle und mit der Kniegelenkskapsel an der Stelle verwachsen sei, die substantiell den größten Anteil des Meniskusvolumens ausmache. Daher verlaufe die bei Organen übliche absolute Grenze in der Verwachsungszone mit der Gelenkkapsel. Unter einer kompletten Meniskektomie sei demzufolge eine Resektion über die gesamte Zirkumferenz bis zur Gelenkkapsel zu verstehen. Daher stelle ihre Definition des Begriffs "Meniskusresektion total" - die das Belassen (auch) einer Randleiste und nicht nur der Gelenkkapsel erlaube - bereits ein Zugeständnis an die Ärzte dar. Entgegen der Auffassung des SG könne die in der orthopädischen Literatur als "subtotale Meniskusresektion" bezeichnete Operation mit der Entfernung von mehr als 50 % der Meniskussubstanz unter Erhalt des Faserrings nicht mit einer "totalen Meniskusresektion" i. S. d. OPS-Nr. 5-812.6 gleichgesetzt werden. Das folge schon aus dem Präfix "sub"; "subtotal" bedeute weniger als "total", auch wenn bei der subtotalen Meniskusresektion eine weitreichende (über die Hälfte erfassende) Entfernung von Meniskusgewebe stattfinde. Das DIMDI habe eine OPS-Nr. für die "subtotale Meniskusresektion" nicht vorgesehen. Daher liege bis zum Überschreiten der Grenze zwischen subtotaler und totaler Meniskusresektion (eben) nur eine "Meniskusresektion partiell" i. S. d. OPS-Nr. 5-812.5 bzw. eine Meniskusteilresektion vor. Für die Auslegung des Vergütungsrechts müsse es bei der grundsätzlichen Maßgeblichkeit des Wortlauts der Gebührentatbestände bleiben, auch wenn die Totalentfernung des Meniskus nicht (mehr) dem Stand der Wissenschaft entsprechen sollte und als nicht lege artis zu bewerten wäre. Das SG habe die OPS-Nr. 5-812.6 letztendlich auf subtotale Meniskusresektionen - unzulässigerweise - entsprechend angewendet. Im Übrigen müsse auch anatomisch zwischen dem Innen- und Außenmeniskus unterschieden werde; das Vorbringen, nach ihrer (der Beklagten) Auffassung liege offenbar auch bei vollständiger Entfernung des Innenmeniskus und Verbleiben des Außenmeniskus eine totale Meniskusresektion vor, sei daher nicht nachvollziehbar. Für die Auslegung des Vergütungsrechts komme es auf die Begriffsbestimmungen im orthopädischen Schrifttum nicht an. Die dortige Unterscheidung dreier Arten der Meniskusresektion (partiell, subtotal und total) finde sich im OPS-Verzeichnis nicht wieder; dieses kenne nur zwei Arten der Meniskusresektion (partiell und total). Der "subtotalen" Meniskusresektion sei eine OPS-Nr. nicht zugeordnet, weshalb sie für das Vergütungsrecht - als nicht totale Resektion - der partiellen Meniskusresektion i. S. d. OPS-Nr. 5-812.5 zuzuordnen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.12.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin, die das Verfahren als Rechtsnachfolgerin (Erbin) des am 28.11.2013 verstorbenen Arztes fortführt, beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und bekräftigt das bisherige Vorbringen. Eine totale Meniskusresektion liege vor, wenn der Meniskus in seiner Funktionalität total ausfalle. In der Medizin werde die Resektion von der Ektomie unterschieden; das gelte auch für die Meniskuschirurgie. Bei den von der Kürzung betroffenen Eingriffen sei jeweils die Randleiste durchbrochen worden. Da die Randleiste aber funktionell von entscheidender Bedeutung sei, müssten die Operationen nach der Begrifflichkeit der orthopädischen Wissenschaft als totale Meniskektomie eingestuft werden, auch wenn der Restmeniskus erhalten geblieben sei. Für ihre einschränkende Auslegung könne sich die Beklagte weder auf die Grundsätze der historischen noch der teleologischen Auslegung stützen. Wie bereits im sozialgerichtlichen Verfahren vorgetragen, habe die Beigeladene zu 1) mit einer Änderung der einschlägigen GNRn des EBM a.F. (durch den EBM 2000plus) sicherstellen wollen, dass eine (aufwändigere) totale Meniskusresektion nur noch dann angenommen werde, wenn verbleibende Meniskusreste höchstens an den Anhaftungsstellen (Hinterhorn- und Vorderhornaufhängung) nachweisbar seien. Eine partielle Meniskusresektion liege vor, wenn nur der innere, schlechter durchblutete Meniskusteil entfernt werde. Im Hinblick auf die Begriffsbestimmungen in der orthopädischen Literatur, komme es für die "Totalität" der Meniskusresektion allein auf die (vollständige) Aufhebung der Meniskusfunktion an.

Die Beklagte wendet ein, man habe im Rahmen der Begutachtung festgestellt, dass in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle eine Resektion (auch) der Randleiste nicht vorgenommen worden sei. Aus ihrer Sicht komme es freilich auf die Durchbrechung der Randleiste für sich allein - und damit auf die (bloße) Aufhebung der Meniskusfunktion - für das Vorliegen einer Totalresektion im vergütungsrechtlichen Sinne nicht an.

Die mit Beschluss vom 20.10.2014 Beigeladenen stellen keine Anträge.

Sie tragen (für den Bewertungsausschuss als dessen Trägerorganisationen) vor, der Bewertungsausschuss, der aus Vertretern der KBV und des S. B. der K. bestehe, könne nur über seine Trägerorganisationen Stellung nehmen. Hinsichtlich der Abrechnung von Meniskusresektionen werde (durch KBV und S. B. der K.) folgendes mitgeteilt: Der vom DIMDI herausgegebene OPS für das Jahr 2013 sehe für den Meniskus lediglich eine partielle und eine totale Resektion vor. Diese könnten arthroskopisch oder offen chirurgisch durchgeführt werden. Eine Differenzierung im Hinblick auf eine funktionelle Resektion, die im OPS oder im EBM in anderem Zusammenhang vorgenommen werde, sei für die Meniskusresektion nicht vorgesehen. Unter dem chirurgischen Eingriff der Meniskektomie bzw. totalen Meniskusresektion verstehe man nach seiner Auffassung immer eine totale Entfernung des Meniskus. Ein funktionell äquivalentes Ergebnis falle nicht unter die totale Meniskusresektion. Eine subtotale Meniskektomie sei insofern unter die OPS-Nr. der partiellen Resektion zu subsumieren.

Die Beigeladene zu 1) trägt vor, eine totale Meniskusresektion (entweder des Außen- oder des Innenmeniskus) sei nach ihrer Auffassung als totale Entfernung des Meniskus zu verstehen im Sinne einer organsubstanzbezogenen Sichtweise. Damit werde keine Aussage darüber getroffen, ob bzw. wie häufig eine totale Entfernung des Meniskus medizinisch indiziert sei. Selbst wenn in den allermeisten Fällen eine totale Meniskusresektion nicht indiziert sein sollte, würde dies ein anderes Begriffsverständnis nicht rechtfertigen. Eine GNR des EBM bzw. ein OPS-Code sei nicht deshalb rechtswidrig, weil die Leistung nur in sehr seltenen Fällen abrechenbar sei. Die Rechtswidrigkeit einer vergütungsrechtlichen Regelung folge erst aus dem Verstoß gegen eine (höherrangige) Rechtsnorm. Dabei sei zu berücksichtigen, dass dem Bewertungsausschuss ein weiter Gestaltungsspielraum zustehe, der insbesondere die Befugnis zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung umfasse (vgl. etwa BSG, Urteil vom 09.04.2008, - B 6 KA 40/07 R -, in juris). Die Gerichte dürften nicht überprüfen, ob der Bewertungsausschuss die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden habe (BSG, Urteil vom 29.01.1997, - 6 RKa 3/96 -, in juris). Ein Rechtsverstoß, insbesondere gegen Art. 12 Abs. 1 GG oder Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), sei hier nicht erkennbar. Ein grundrechtsfundierter Anspruch auf höhere Vergütung stehe dem Vertragsarzt erst dann zu, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa für eine Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet sei (BSG, Beschluss vom 11.03.2009, - B 6 KA 31/08 B -, in juris). Man schließe sich der Auffassung des Beigeladenen zu 2) an.

Der Beigeladene zu 2) trägt vor, für die Auslegung der in Rede stehenden GNRn des EBM sei ein anatomisches bzw. organsubstanzbezogenes und nicht, wie von der Klägerin befürwortet, ein organfunktionsbezogenes Verständnis maßgebend. Letzteres wäre mit der Funktionsweise von OPS-Codes auch nicht vereinbar, die der Einordnung der jeweiligen Leistung in den Anhang 2 des EBM dienten. Dieser stelle somit ein Klassifikationssystem dar, welches die operativen Eingriffe im Kontext mit dem für die Operation durchschnittlichen operativen Aufwand (Schnitt-Naht-Zeit) abbilde. Eine medizinische Bewertung im Sinne einer Funktionalität des verbleibenden Restgewebes erfolge demgegenüber nicht. Daher seien unter den zeitgetakteten GNRn auch mehrere, teilweise sehr unterschiedliche operative Eingriffe zusammengefasst. Bei der Unterscheidung der partiellen von der totalen Meniskusresektion seien unter partieller Resektionen alle Eingriffe zu verstehen, bei denen keine vollständige Entfernung eines Meniskus (d.h. Entfernung des Vorder- bis Hinterhorns unter Belassung einer Randleiste) vorgenommen werde. Das entspreche auch der Rechtsprechung des BSG, wonach die Bestimmungen des EBM in erster Linie nach dem Wortlaut auszulegen seien. Die lediglich totale Aufhebung der Meniskusfunktion ohne eine totale Entfernung der Meniskussubstanz könne daher nicht als totale Meniskusresektion im vergütungsrechtlichen Sinne eingestuft werden. Die Bewertung der in Rede stehenden Leistungen (totale und partielle Meniskusresektion) durch den Bewertungsausschuss sei aus seiner, des Beigeladenen zu 2), Sicht nicht zu beanstanden. Insbesondere könne gegen die Ausgestaltung des EBM nicht eingewandt werden, die GNR 31143 bzw. 36143 erfasse vom Wortlaut her ("total") eine ärztliche Handlung, die regelmäßig als Kunstfehler einzustufen sei. Grundsätzlich sei zwar richtig, dass eine partielle Entfernung des Meniskus mit vollständiger Aufhebung der Meniskusfunktion schonender sei als eine totale Resektion. Die Aufhebung der Meniskusfunktion bei partieller Meniskusentfernung sei aber nicht die Regel, sondern trete nur dann ein, wenn der zirkuläre Faserring (Meniskusrandleiste) unterbrochen bzw. beschädigt sei, also bei Meniskusverletzungen bis in/über diesen Bereich hinaus, der die Meniskusbasis fixiere. Daraus folge aber nicht, dass eine totale Meniskusresektion regelmäßig als Kunstfehler einzustufen wäre. Ziel eines resezierenden operativen Eingriffs sei es, den verletzten/pathologischen Meniskusanteil zu entfernen und so viel wie möglich gesunden Meniskusrest zu erhalten. Schließlich diene der Meniskus dazu, Inkongruenzen der am Gelenk beteiligten Knochen (Oberschenkelrolle - Unterschenkelplateau) beim Bewegungsablauf auszugleichen. Daraus resultiere, dass nur dann eine Indikation zur totalen Meniskusentfernung bestehe, wenn der gesamte Meniskus irreparabel geschädigt sei. In einem solchen Fall sei eine totale Meniskusresektion aber auch erforderlich und entspreche den Regeln der ärztlichen Kunst. Es treffe auch nicht zu, dass eine partielle Meniskusresektion mit vollständiger Aufhebung der Meniskusfunktion regelmäßig aufwändiger oder schwieriger sei als eine totale Meniskusresektion. Bei der Meniskusteil- oder -totalentfernung würden die zu entfernenden Meniskusanteile mit handbetriebenen (Scheren, Knabberzangen), motorisierten (z.B. Meniskusresektor, Rotationsmesser) oder elektrochirurgischen (z.B. HF-Messer) Instrumenten bearbeitet. Es liege auf der Hand, dass ein randständiger Meniskuslappenriss (der einer partiellen Meniskusresektion unterzogen werde) weniger aufwändig sei, als den kompletten Meniskus in seinem Ansatz in voller Länge abzutragen. Danach sei es nicht richtig, dass die partielle Entfernung der Meniskussubstanz mit vollständiger Aufhebung der Meniskusfunktion sich regelmäßig im Vergleich zur vollständigen Entfernung der Meniskussubstanz als aufwändigerer und schwierigerer Eingriff darstelle. Vor diesem Hintergrund sei nicht zu beanstanden, dass für die - regelmäßig aufwändigere - totale Meniskusresektion eine höhere Vergütung vorgesehen sei als für eine partielle Meniskusresektion. Auch der Einwand, die in Rede stehenden GNRn differenzierten nicht hinreichend zwischen leichten und schweren Eingriffen, sei nicht zutreffend. Der Bewertungsausschuss verfüge bei der Ausgestaltung des EBM über einen Gestaltungsspielraum. Er dürfe insbesondere auch Mischkalkulationen vornehmen. Die Mischkalkulation stoße an ihre Grenze, wenn durch eine zu niedrige Vergütung das Versorgungssystem als Ganzes gefährdet sei, z.B., wenn in einem - fachlichen und/oder örtlichen - Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr bestehe, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet sei. Eine Unterbewertung nur einzelner Leistungen oder Leistungskomplexe genüge regelmäßig nicht; das gelte auch dann, wenn ein Arzt sich auf diese Leistungen spezialisiert habe (BSG, Urteil vom 07.02.1996, - 6 RKa 6/95 - , in juris). Es sei nicht ersichtlich, dass der Bewertungsausschuss hier gegen diese Vorgaben verstoßen hätte. Das gelte umso mehr, als auch die vom DIMDI herausgegebenen OPS-Codes, auf die der Anhang 2 des EBM verweise, für die partielle Meniskusresektion ebenfalls keine weitere Differenzierung vorsähen. Insgesamt seien die hier maßgeblichen Regelungen des EBM nicht zu beanstanden.

Die Beklagte schließt sich der Einschätzung der Beigeladenen an. Die Klägerin bekräftigt abschließend ihren Standpunkt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem Kürzungsbetrag von über 46.000 EUR überschritten.

Die Berufung ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Das SG hätte der Klage des Arztes (dessen Rechtsnachfolgerin den Rechtsstreit zulässigerweise fortführt) nicht stattgeben dürfen.

I. Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung von Vertragsarztabrechnungen bzw. die Aufhebung bereits ergangener Honorarbescheide und die Rückforderung von Vertragsarzthonorar ist § 106a SGB V (i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X); ergänzende Regelungen enthalten bzw. enthielten zu dem für die Rückforderung maßgeblichen Zeitpunkt § 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä).

Gem. § 106a Abs. 1 SGB V prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität und die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Nach den im Jahr 2009 im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften in § 45 Abs. 1 und 2 BMV-Ä und § 34 EKV-Ä obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Das gilt insbesondere für die Anwendung des Regelwerks. Die Kassenärztliche Vereinigung berichtigt die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit (§ 45 Abs. 1 und 2 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 4 EKV-Ä).

Die sachlich-rechnerische Berichtigung kann sowohl vor wie nach Erlass des Honorarbescheids erfolgen. Die Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) stellt im Umfang der vorgenommenen Korrekturen zugleich eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids dar und bewirkt, dass überzahltes Honorar gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzuzahlen ist. Das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) unterliegt nicht der Verjährung. Allerdings gilt für die nachgehende Richtigstellung eine (an das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von 4 Jahren (vgl. etwa BSG, Urteil vom 05.05.2010, - B 6 KA 5/09 R - m. w. N., in juris). Vertrauensschutz kann der Vertragsarzt gegen die nachgehende Richtigstellung von Honorarbescheiden regelmäßig nicht einwenden. Besonderer Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X ist für den Anwendungsbereich der §§ 106a SGB V, 45 BMV-Ä, 34 Abs. 4 EKV-Ä ausgeschlossen, da diese Bestimmungen als Sonderregelungen i. S. d. § 37 Satz 1 SGB I das allgemeine Sozialverwaltungsrecht verdrängen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -; auch Urteil vom 23.06.2010, - B 6 KA 12/09 R -, alle in juris). Nur außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften kommt Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X in Betracht. Das ist nach der Rechtsprechung des BSG der Fall, wenn die Ausschlussfrist für nachgehende Richtigstellungen von 4 Jahren abgelaufen oder die Befugnis zur nachgehenden Richtigstellung "verbraucht" ist, etwa, indem die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung in einem der Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat. Dann wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt aufgehoben, und die Kassenärztliche Vereinigung kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (vgl. BSG, Beschluss vom 03.02.2010, - B 6 KA 22/09 B -; auch Urteil vom 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -; Urteil vom 08.12.2006, - B 6 KA 12/05 R -, alle in juris). Allgemeiner (rechtsstaatlicher) Vertrauensschutz ist sowohl innerhalb wie außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften in (seltenen) Ausnahmefällen möglich. Ein solcher Ausnahmefall kann etwa angenommen werden wenn die Kassenärztliche Vereinigung bei Erlass des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung nicht hingewiesen und dadurch schutzwertes Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen hat, oder wenn die Fehlerhaftigkeit des Honorarbescheids aus Umständen herrührt, die die besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret berühren (Senatsurteil vom 29.08.2012, - L 5 KA 2439/10 - nicht veröffentlicht, sowie BSG, Urteil vom 28.08.2013, - B 6 KA 43/12 R -, in juris).

Die (nachgehende) sachlich-rechnerische Berichtung von Honorarabrechnungen setzt ein Verschulden des Vertragsarztes nicht voraus, sofern die Kassenärztliche Vereinigung den ergangenen Honorarbescheid wegen Falschabrechnung lediglich teilweise - hinsichtlich der als fehlerhaft beanstandeten Leistungsabrechnung - aufhebt und auch nur den hierauf entfallenden Honoraranteil zurückfordert, dem Vertragsarzt das Honorar im Übrigen also ungeschmälert belässt (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006, - B 6 KA 76/04 R -, in juris).

II. Die angefochtenen Bescheide (Kürzungsbescheid vom 11.11.2008 / Widerspruchsbescheid vom 12.08.2009) haben die nachgehende sachlich-rechnerische Berichtigung des vom Arzt in den Quartalen 2/2006 bis 2/2008 abgerechneten Vertragsarzthonorars zum Gegenstand. Die - als Kassenärztliche Vereinigung hierfür zuständige - Beklagte hat die Abrechnung von Meniskusresektionen wegen fehlerhafter Anwendung des Regelwerks (des EBM) berichtigt, die für die genannten Quartale ergangenen Honorarbescheide in Höhe des Berichtigungs- bzw. Kürzungsbetrags teilweise aufgehoben und das zuviel gezahlte Honorar zurückgefordert. Sie hat die für nachgehende Berichtigungen geltende Vierjahresfrist beachtet und in der Sache zu Recht angenommen, dass der Arzt bei den in den genannten Quartalen durchgeführten Meniskusresektionen fehlerhaft die für "totale Meniskusresektionen" vorgesehenen GNRn des EBM angesetzt hatte. Er hatte jeweils nur den Leistungsinhalt der für "partielle Meniskusresektionen" vorgesehenen GNRn des EBM erbracht (dazu sogleich). Dass dem Arzt wegen der Falschabrechnung ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht werden kann, steht der (nachgehenden) sachlich-rechnerischen Berichtigung nicht entgegen, da die Honorarbescheide unter Belassung des Vertragsarzthonorars im Übrigen nur teilweise aufgehoben werden. Auch für besonderen Vertrauensschutz ist nichts ersichtlich. Fehler hinsichtlich der Berechnung des Kürzungsbetrags im Einzelnen sind nicht erkennbar und auch nicht geltend gemacht. Die Beteiligten streiten vielmehr (allein) über die Auslegung der für Meniskusresektionen vorgesehenen GNRn des EBM.

Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 11.02.2015, - B 6 KA 15/14 R -; BSG, Beschluss vom 12.12.2012, - B 6 KA 31/12 B -, beide in juris) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf; eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Diese Auslegungsgrundsätze gelten nicht allein für Vergütungstatbestände, sondern auch für Kostenerstattungstatbestände, soweit diese nicht auf die Erstattung des konkreten Kostenaufwands angelegt sind, sondern Pauschalerstattungen vorsehen (so: BSG, Urteil vom 11.12.2013, - B 6 KA 14/13 R - m.w.N., in juris).

Über die Auslegung des von den zuständigen Gremien erlassenen Regelwerks für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen muss im Streitfall das Gericht im Wege der Rechtsanwendung, nämlich der Anwendung der nach der Rechtsprechung des BSG hierfür maßgeblichen Auslegungsregeln, entscheiden. Die Entscheidung über die Enge oder Weite von Leistungstatbeständen ist eine Frage der rechtlichen Auslegung. Auf Fragen der Medizin kommt es grundsätzlich nicht an. Daher ist im Streit um sachlich-rechnerische Richtigstellungen grundsätzlich kein Raum für Sachverständigenvernehmungen (so jurisPK-SGB V/Clemens, § 106a Rdnr. 49 unter Bezugnahme u.a. auf die Rspr. des BSG). Sind danach allein maßgeblich juristische Auslegungsmethoden, tritt die medizinische Beurteilung in den Hintergrund (BSG, Beschluss vom 12.12.2012, - B 6 KA 31/12 B -; vgl. auch BSG, Beschluss vom 10.03.2004, - B 6 KA 118/03 B -: u.a. Frage, welche Leistungen mit der Pauschale nach GNR 3454 EBM a.F. (bis 31.03.2005) - Grundpauschale für Ärzte für Laboratoriumsmedizin - abgegolten sind, dem Beweis durch Sachverständigen nicht zugänglich; alle Entscheidungen in juris).

Der Normgeber des EBM hat bei der Abfassung der Vergütungstatbestände im Übrigen eine weite Gestaltungsfreiheit (vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.05.2008, - B 6 KA 9/07 R -, in juris). Er hat insbesondere die Befugnis zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung. Unwirksam wäre eine Regelung nur dann, wenn sie nicht sachgerecht wäre. Ob dies der Fall ist, ist nach rechtlichen Kriterien zu beurteilen. Einwendungen aus medizinischer Sicht sind grundsätzlich unerheblich (jurisPK-SGB V/Clemens § 106a Rdnr. 96 m. N.).

Davon ausgehend kann die GNR 31143 EBM (Fassung bis Quartale 1/2007) bzw. die - soweit hier von Belang gleichlautende - GNR 36143 EBM (Fassung ab Quartal 2/2007) nur abgerechnet werden, wenn eine in anatomischem bzw. (organ-)substanzbezogenen Sinne totale (vollständige) Resektion bzw. vollständige Entfernung des Meniskus durchgeführt wird. Der Leistungsinhalt der genannten GNRn ist hingegen nicht erfüllt, wenn ohne vollständige Entfernung der Meniskussubstanz nur die Meniskusfunktion vollständig aufgehoben wird. Die Begriffe "total" bzw. "partiell" in den OPS-Nrn. 5-812.6 bzw. 5-812.5 sind (organ-)substanzbezogen und nicht (organ-)funktionsbezogen zu verstehen. Der Wortlaut der genannten OPS-Nrn. lässt eine andere Auslegung nicht zu. Mit welchem Inhalt die gleichlautenden Begriffe außerhalb des vertragsärztlichen Vergütungsrechts, insbesondere im orthopädischen Schrifttum und in der orthopädischen Wissenschaft und der ärztlichen (Behandlungs-)Praxis verwendet werden, ist für die Auslegung des vergütungsrechtlichen Regelwerks nicht maßgeblich. Im Einzelnen sind für die Auslegung der in Rede stehenden GNRn des EBM folgende Erwägungen des Senats maßgeblich:

Die hier (Quartale 2/2006 bis 2/2008) maßgeblichen GNRn des EBM für die Abrechnung von endoskopischen Gelenkeingriffen (Arthroskopien) nehmen im Wortlaut der Leistungslegende auf den Anhang 2 des EBM und die darin vorgenommene Zuordnung der arthroskopischen Eingriffe zu den OPS-Nrn. des DIMDI Bezug. Der Bewertungsausschuss hat damit den Wortlaut der OPS-Nrn. - hier der OPS Nr. 5-812.5 und 5-812.6 - zum Bestandteil des Wortlauts der Leistungslegende und damit des Leistungstatbestands der in Rede stehenden GNRn des EBM gemacht. Der Wortlaut der in den EBM-Leistungstatbestand inkorporierten OPS-Nrn. ist deswegen nach den gleichen Rechtsgrundsätzen wie der Wortlaut der GNRn selbst auszulegen.

Die Wortfolge "Meniskusresektion total" (OPS-Nr. 5-812.6) bzw. "Meniskusresektion partiell" (OPS-Nr. 5-812.5) bezeichnet nach dem Wortsinn mit dem Begriff der "Resektion" - verstanden als (Weg-)Schneiden - eine ärztliche Handlung (Tätigkeit), mit dem Begriff "Meniskus" das Organ, an dem das ärztliche Schneiden vorgenommen wird (Tätigkeitsobjekt oder Tätigkeitssubstrat), und mit den Begriffen "partiell" und "total" das Ergebnis, das durch das ärztliche Schneiden an dem Organ eingetreten sein muss (Tätigkeitserfolg). Die Aufgabe des Organs (Organfunktion), an dem das ärztliche Schneiden stattfindet, ist nicht Gegenstand der Wortfolge "Meniskusresektion total"; sie klingt darin auch nicht an.

Die enge Verknüpfung von Tätigkeit, Tätigkeitsobjekt und Tätigkeitserfolg lässt im Ausgangspunkt nur ein organsubstanzbezogenes, nicht jedoch ein organfunktionsbezogenes Verständnis der "totalen" oder "partiellen" Meniskusresektion im Wortsinne zu. Die in Rede stehende Wortfolge enthält keinen Hinweis auf die Organfunktion des Meniskus, erwähnt ist nur das Meniskusorgan selbst, mithin in seiner Organsubstanz als Objekt oder Substrat des ärztlichen Handelns (Schneidens). Auf die Organfunktion des Meniskus kann der Erfolg, der durch das ärztliche Schneiden am Meniskusorgan eintreten muss, daher nicht bezogen werden. Bleibt nach dem ärztlichen Schneiden am Meniskus noch (nicht vernachlässigbare) Meniskussubstanz zurück, hat das Schneiden nur zu einer partiellen Resektion geführt; bleibt keine Meniskussubstanz mehr zurück, hat eine totale Resektion stattgefunden. Wenn der Bewertungsausschuss in den maßgeblichen Leistungstatbeständen als "totale" Meniskusresektion auch die bloße "totale" Funktionsaufhebung des Meniskusorgans hätte erfassen und vergüten wollen, hätte er das im Wortlaut der Leistungstatbestände zum Ausdruck bringen müssen. Das ist nicht geschehen.

Im Hinblick darauf ist der Wortlaut der in Rede stehenden Leistungstatbestände bei Anwendung der einschlägigen Auslegungsgrundsätze für den Senat nicht zweifelhaft. Zweifel folgen insbesondere nicht daraus, dass die Begriffe "total" und "partiell" - ergänzt um den Begriff "subtotal" - außerhalb des vertragsärztlichen Vergütungsrechts, namentlich im orthopädischen Schrifttum und in der orthopädischen Wissenschaft oder in der ärztlichen (Behandlungs-)Praxis mit anderem Begriffsinhalt verwendet und dort im Kern offenbar organfunktionsbezogen verstanden werden. Für die Auslegung des vergütungsrechtlichen Regelwerks kommt es darauf rechtlich nicht an. Deswegen sind hierzu auch Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht, etwa durch die Erhebung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens, nicht durchzuführen und nicht statthaft. Die Tatsache, auf welche Weise in der orthopädischen Praxis (mit welcher Häufigkeit) Meniskusarthroskopien durchgeführt werden und in welchem Ausmaß dabei Meniskussubstanz entfernt oder belassen wird und welche Auswirkungen daraus für die Meniskusfunktion oder die Schmerzbelastung des Patienten folgen, ist im vorliegenden Vergütungsrechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Auch die medizinisch-wissenschaftliche Terminologie mit der begrifflich-definitorischen Unterscheidung von Resektion und Ektomie - worauf der Arzt hingewiesen hatte - ist für die Auslegung der hier maßgeblichen GNRn des EBM nicht von Belang. Die Begriffsdefinitionen der Resektion - verstanden als teilweises "Wegschneiden" von Organteilen - und der Ektomie - verstanden als vollständiges "Herausschneiden" (Entfernen) eines Organs (vgl. die Definitionen in Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage) - sind für den wissenschaftlichen Diskurs und die ärztliche Behandlungspraxis maßgeblich, um dort einen (möglichst) genauen und einheitlichen Sprachgebrauch sicherzustellen; auch dort werden sie - nach Kenntnis des mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Ärzte sachkundig besetzten Senats - aber nicht immer folgerichtig und teils auch ungenau und synonym verwendet. Für die Auslegung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts kommt es auf diese Begriffsbestimmungen ausschlaggebend nicht an. Es genügt, dass sowohl mit dem Begriff der "Resektion" wie mit dem Begriff der "Ektomie" ärztliches "Schneiden" am menschlichen Körper gemeint ist. Der Begriff "Meniskusresektion total" in OPS-Nr. 5-812.6 ist nicht deswegen in sich widersprüchlich mit der Folge eines unklaren Wortlauts des auf diese OPS-Nr. Bezug nehmenden Leistungstatbestands, weil es definitorisch korrekt - (nur) "Meniskektomie" oder (dann freilich pleonastisch) "Meniskektomie total" heißen müsste.

Da der Wortlaut der in Rede stehenden GNRn des EBM damit durchgreifende Auslegungszweifel nicht aufwirft, die (und das auch nur) zur Klarstellung durch den in engen Grenzen zulässigen Rückgriff auf Methoden der systematischen oder entstehungsgeschichtlichen Auslegung auszuräumen wären, kommt es (bspw.) auf die Motive, die den Bewertungsausschuss zur Neufassung der GNRn 2445 und 2447 EBM a.F. (durch den ab 01.04.2005 geltenden EBM 2000plus) bewogen haben, nicht an. Der Senat hat im Berufungsverfahren die Trägerorganisationen des Bewertungsausschusses (gleichwohl und vorsorglich) beigeladen. Diese teilen die vorstehend dargestellte Auslegung der in Rede stehenden GNRn des EBM. Danach ist unter dem chirurgischen Eingriff der Meniskektomie bzw. der totalen Meniskusresektion eine totale Entfernung des Meniskus zu verstehen. Ein funktionell äquivalentes Ergebnis stellt auch aus Sicht der Beigeladenen eine totale Meniskusresektion (im vergütungsrechtlichen Sinne) nicht dar.

Es mag zutreffen, dass totale Meniskusresektionen, wie sie das vertragsärztliche Vergütungsrecht nach den vorstehenden Darlegungen versteht, also mit vollständiger Entfernung der Meniskussubstanz, in der orthopädischen Praxis nur in Ausnahmefällen durchgeführt und auch im Interesse einer schonenden Behandlung nur partielle Resektionen - freilich mit vollständiger Aufhebung der Meniskusfunktion - vorgenommen werden. Ob für diesen Eingriff möglicherweise eine höhere Bewertung als mit den in Rede stehenden GNRn für partielle Meniskusresektionen angemessen wäre, hat der Bewertungsausschuss und nicht der Senat zu entscheiden. Für die Verwerfung der Vergütungsregelungen für Meniskusresektionen in der Gesamtheit als nichtig bestehen jedenfalls keine ausreichenden Gründe. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Bewertungsausschuss die rechtlichen Grenzen seines weiten Bewertungsspielraums überschritten hätte und einer Vergütungsregelung etwa eine ärztliche Handlung zugrunde gelegt hätte, die (bei Erfüllung der Leistungslegende) den Tatbestand eines ärztlichen Kunstfehlers verwirklichen würde. Dies hat insbesondere der Beigeladene zu 1) in seiner abschließenden Stellungnahme - im Kern unwidersprochen - dargetan.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, außergerichtliche Kosten der Beigeladenen der Klägerin aufzuerlegen (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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