L 5 R 2325/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 3691/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2325/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.04.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1957 geborene Klägerin absolvierte von 1974 bis 1977 eine Ausbildung zur Bauzeichnerin. Nach Tätigkeiten als Aushilfe, in der Herstellung von Druckvorlagen und als (Bau-)Zeichnerin absolvierte sie von 1980 bis 1985 ein Studium der Betriebswirtschaftslehre. Nachdem die Klägerin eine Beschäftigung als Betriebswirtin nach etwa einem Jahr wieder aufgegeben hatte, nahm sie zum 01.04.1988 ein Studium für angewandte Sprachwissenschaften auf, das sie am 31.03.1996 ohne Abschluss beendete. Bis 1987 war die Klägerin neben zeitweisen versicherungspflichtigen Beschäftigungen zeitweise arbeitslos. Nach eigenen Angaben war sie außerdem seit 1980 als Musiklehrerin und seit 1986 im Bereich des Kunsthandwerks selbstständig erwerbstätig.

Vorgelegt wurde (u.a.) ein Zeugnis des Musik-Center W., R., vom 26.01.1985 (Tätigkeit als Musikerzieherin von September 1980 bis Dezember 1984 mit Erteilung von Orgel- und Akkordeonunterricht).

Die Klägerin zahlte von September 1987 bis November 1997 Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Rentenversicherung. Zum 22.12.1997 wurde sie wegen ihrer Tätigkeit als Musiklehrerin für Akkordeon, Orgel und Keyboard in die Künstlersozialversicherung aufgenommen (Bescheid der Künstlersozialkasse vom 17.06.1998); seitdem werden Pflichtbeiträge gezahlt.

Am 27.12.2011 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Sie halte sich seit 01.05.2006 wegen eines Unfalls mit Knochenbrüchen und wegen Zahnproblemen im Kieferbereich mit Beeinträchtigung des Sehnervs für erwerbsgemindert.

Die Beklagte erhob das Gutachten des Orthopäden Dr. L. vom 20.03.2012. Dieser hielt folgende Diagnosen fest: unteres Cervicalsyndrom bei Osteochondrose C5/6, posttraumatische Funktionsbeeinträchtigung des linken Handgelenks, Coxarthrose Grad I bis II beidseits, Impingementsyndrom linkes Schultergelenk, lokales LWS-Syndrom bei Spondylarthrose L5/S1, initiale Varusgonarthrose rechts, Hohl- und Spreizfüße. Aus fachorthopädischer Sicht bestehe keine signifikante Beeinträchtigung für eine Erwerbstätigkeit als Diplombetriebswirtin oder als Künstlerin bzw. Musiklehrerin. Die vorhandenen Zustandsbilder seien einer konsequenten fachorthopädischen Behandlung mit physikalischer Therapie und krankengymnastischer Übungsbehandlung durchaus zugänglich. Die Klägerin könne als Künstlerin und Musiklehrerin 6 Stunden täglich und mehr arbeiten und in gleichem Umfang leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) verrichten.

Mit Bescheid vom 09.05.2012 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Da die Klägerin noch mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein und in gleichem Umfang auch im bisherigen Beruf der Musiklehrerin arbeiten könne, liege weder Erwerbsminderung noch Berufsunfähigkeit vor (§§ 43, 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI).

Am 11.06.2012 erhob die Klägerin Widerspruch. Wegen der Probleme mit dem linken Handgelenk könne sie Musikschüler nicht mehr richtig unterrichten, (schwere) Bilder auf Messen oder Künstlermärkten nicht ausstellen und Musikinstrumente und Lautsprecher auf Konzerten nicht aufstellen. Die Arbeit als Betriebswirtin habe sie schon ein Jahr nach Abschluss des Studiums 1986 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben.

Die Beklagte holte die Befundberichte des Allgemeinarztes Dr. S. (Hausarzt der Klägerin) vom 19.07.2012 und des Orthopäden M. vom 06.02.2013 ein. Dr. S. teilte folgende Diagnosen mit: dislozierte Unterarmfraktur links (Handgelenk, Ellenbogen), Kniegelenksarthrose links, Horizontalruptur Innenmeniskus links und Metatarsalgie rechts. Es bestünden (u.a.) persistierende Beschwerden im linken Arm, weshalb die Klägerin nicht mehr Klavierspielen könne. Die Beschwerden bestünden seit einem Unfall im Jahr 2006 (Sturz in einen Bach beim Überqueren). Arbeitsunfähigkeit bestehe nicht; die Klägerin sei selbstständig erwerbstätig. Der Orthopäde M. gab die Diagnosen Z. n. Radiusfraktur links, Blockade der BWS, Tendovaginitis, Hypästhesie, Epicondylitis radialis humeri und HWS-Schulter-Arm-Syndrom an. Über derzeitige Beschwerden oder Funktionseinschränkungen sei ihm nichts bekannt; er habe die Klägerin letztmals am 11.03.2008 untersucht und von 2006 bis 2008 behandelt.

Die Beklagte legte die Befundberichte ihrem beratungsärztlichen Dienst vor. Die Ärztin E. führte unter dem 16.05.2013 aus, eine Änderung der bisherigen Leistungsbeurteilung sei nach Durchsicht und Wertung der vorliegenden medizinischen Befunde nicht zu begründen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf die Klägerin am 24.10.2013 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhob. Sie trug vor, die Beklagte habe die bei Stürzen im Jahr 2006 erlittenen Verletzungen nicht hinreichend gewürdigt.

Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf die Begründung der angefochtenen Bescheid entgegen.

Das SG befragte die behandelnden Ärzte. Der Neurologe und Psychiater Dr. K. teilte im Bericht vom 18.02.2014 mit, die Klägerin habe sich einmalig am 28.02.2013 vorgestellt und über Einknicken mit dem rechten Knöchel und über Stürze geklagt. Er habe ein Tarsaltunnel-Syndrom diagnostiziert. Die Klägerin müsste eine leichte Tätigkeit 6 Stunden täglich verrichten können. Der Orthopäde Dr. St. gab im Bericht vom 18.02.2014 an, er habe die Klägerin erstmals am 04.02.2013, zuletzt am 19.07.2013 behandelt. Sie habe über Beschwerden im rechten Sprunggelenk, seit einem Unfall 7 Jahre anhaltend, Beschwerden an der LWS, brennende Missempfindungen am rechten Fuß innenseitig und über einen Spreizfuß rechts geklagt. Die Klägerin könne körperlich leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich verrichten.

Nachdem die Klägerin einen von ihr ausgefüllten Fragebogen zur Arbeitsplatzbeschreibung vorgelegt hatte, legte die Beklagte die Stellungnahme ihres berufskundlichen Dienstes vom 30.10.2014 vor. Darin ist ausgeführt, der bisherige Beruf der Klägerin sei noch aufklärungsbedürftig. Die Klägerin habe zwar angegeben, als Musiklehrerin bzw. Musikerzieherin gearbeitet zu haben, eine musikalische oder künstlerische Ausbildung sei aber nicht belegt. Auf autodidaktischem Weg angeeignete Kenntnisse oder Fertigkeiten müssten dezidiert dargetan werden.

Am 12.02.2015 führte das SG eine nichtöffentliche Erörterungsverhandlung durch. Die Klägerin gab an, nach Beendigung des Betriebswirtschaftsstudiums 1985 habe sie ein starkes Jahr als Betriebswirtin gearbeitet, die Tätigkeit aber wegen einer Magenschleimhautentzündung aufgegeben. Außerdem habe sie sich ja selbstständig gemacht. Als Selbstständige habe sie sich zu Hause kochen können; andernfalls hätte sie in der Kantine essen müssen, was sie wegen der Magenschleimhautentzündung nicht vertragen habe. In die Künstlersozialversicherung sei sie wegen des Musikunterrichts aufgenommen worden, den sie erteilt habe. Sie habe die Instrumente Akkordeon, Orgel, Keyboard und außerdem Klavier unterrichtet. Sie sei an drei Musikschulen tätig gewesen. Ihre Qualifikation habe sie durch Einzelunterricht an den genannten Instrumenten in der Kindheit erworben. Wann und wie lange sie Unterricht gehabt habe, könne sie nicht mehr sagen; sie sei ja auch noch zur Schule gegangen. In der Jugend habe sie an verschiedenen Wettbewerben bundesweit teilgenommen und sich insoweit auch weitergebildet. Derzeit erziele sie aus dem Musikunterricht Einnahmen von etwa 4.000,00 EUR im Jahr. Ein Antrag auf Grundsicherungsleistungen sei abgelehnt worden; eine deswegen erhobene Klage sei erfolglos geblieben.

Die Beklagte legte (hierzu) die Stellungnahme ihre berufskundlichen Dienstes vom 25.02.2015 vor. Darin ist ausgeführt, auf Grund der Angaben der Klägerin in der Erörterungsverhandlung des SG könne nicht angenommen werden, dass für die ausgeübte Tätigkeit (als Musiklehrerin) ein qualifizierter Berufsabschluss erforderlich gewesen sei.

Die Klägerin legte weitere Unterlagen vor, darunter eine Bestätigung der H. Orgel-Schulen vom 05.07.1986 über die Belegung eines dreitägigen Seminars (Beginn 13.09.1985) innerhalb des Aus- und Weiterbildungsprogramms für Orgellehrer, ein Lehrer-Zertifikat der "P. T. Keyboard- und Digital E.-Schule", Hilden, vom 19.04.1998 über den Besuch und Abschluss des "P. Lehrerseminars Band 1 und 2", ein Zeugnis der Firma "m.-c. St.", Pf., vom 31.03.1998 über die Beschäftigung als freie Dozentin vom 01.01.1993 bis 31.03.1998 (Leitung von Einzel- und Gruppenunterricht der Instrumente Akkordeon, Orgel, Keyboard), eine Bescheinigung der Musikschule H., St.-Sp., vom 18.05.1998, wonach die Klägerin als Lehrkraft Schüler der Musikschule selbstständig unterrichte und Nachweise zu Auftritten bei Veranstaltungen (u.a. in Sanatorien).

Mit Gerichtsbescheid vom 30.04.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen: Arbeit in Wechselhaltung, kein Heben und Tragen schwerer Lasten, kein häufiges Bücken, kein Treppensteigen, kein Steigen auf Leitern und Gerüste) mindestens 6 Stunden täglich verrichten, weshalb Erwerbsminderung nicht vorliege. Das gehe aus dem Gutachten des Dr. L. und den Berichten der Dres. K. und St. überzeugend hervor. Die Klägerin könne auch Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) nicht beanspruchen. Berufsschutz stehe ihr nicht zu. Auszugehen sei vom bisherigen Beruf, den der Versicherte ausgeübt habe. Bisheriger Beruf sei grundsätzlich die der Versicherungspflicht zugrunde liegende Tätigkeit, die zuletzt auf Dauer ausgeübt worden sei. Das sei hier der Beruf der Musiklehrerin; von anderen zuvor ausgeübten Tätigkeiten habe sich die Klägerin - nicht aus gesundheitlichen Gründen - gelöst; das gelte auch für die Tätigkeit der Betriebswirtin, die die Klägerin aufgegeben habe, weil sie das Kantinenessen des Unternehmens nicht vertragen habe. Das begründe nicht die Notwendigkeit der Berufsaufgabe aus gesundheitlichen Gründen. Es gebe zwar deutliche Hinweise darauf, dass die Klägerin die zuletzt ausgeübte Tätigkeit der Musiklehrerin für Akkordeon, Orgel und Keyboard, weswegen sie in die Künstlersozialversicherung aufgenommen worden sei und Pflichtbeiträge gezahlt worden seien, nicht mehr mindestens 6 Stunden täglich verrichten könne; dem könnte etwa die Einschränkung der Funktionsfähigkeit der linken Hand und des linken Arms sowie das Cervicalsyndrom entgegen stehen. Die Klägerin sei hinsichtlich des Berufsschutzes aber den Angelernten des unteren Bereichs zuzuordnen und müsse sich deswegen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen. Der Beruf des Musiklehrers könne in Berufsfachschulen in einem dreijährigen Ausbildungsgang erlernt werden mit dem Erlernen der einzelnen Instrumente und dem Erwerb musiktheoretischer Kenntnisse sowie der Gehörbildung. Musikunterricht könne jedoch auch von Personen mit abgeschlossenem Hochschulstudium oder von Personen ohne jegliche musikpädagogische Ausbildung erteilt werden. Die Klägerin habe nach eigenen Angaben die in Rede stehenden Instrumente ohne spezifische Berufsausbildung erlernt, sondern vorrangig auf Kenntnisse zurückgegriffen, die sie sich in der Jugend bzw. der Schulzeit im Rahmen musikalischer Erziehung angeeignet habe. Außerdem habe sie Nachweise über Weiterbildungsprogramme vorgelegt. Daraus ergäben sich aber keine Hinweise darauf, dass die Klägerin mit einem Angelernten des oberen Bereichs (Berufe mit einer Ausbildung bis zu 2 Jahren) zu vergleichen wäre oder gar (noch) höheren Berufsschutz beanspruchen könnte. Bei den angegebenen Kursen handele es sich um mehrtätige oder mehrwöchige Fortbildungsveranstaltungen für Musiklehrer. Eine längere berufsorientierte Anlern- oder Ausbildungsphase habe die Klägerin demgegenüber nicht nachgewiesen. Es sei auch nicht belegt, dass ihre tatsächlichen Fähigkeiten so umfassend seien, dass sie einem ausgebildeten Musiklehrer vergleichbar auf dem freien Markt wettbewerbsfähig wäre.

Gegen den ihr am 02.05.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 01.06.2015 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen. Ihr gesundheitlichen Einschränkungen, darunter auch Atmungsprobleme, Kieferentzündung mit Schmerzen im Mundbereich, Beschwerden am rechten Knöchel mit Metarsaltunnel-Syndrom, Meniskus- und Hüftschäden sowie (allgemein) Schmerzen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der linke Arm sei seit dem Unfall am 01.05.2006 und einem weiteren Sturz unbrauchbar. Sie habe auch in der Volkshochschule und in Umschulungseinrichtungen über kaufmännische Fächer doziert. Sie habe trotz größter Probleme stets gearbeitet.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.04.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 09.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2013 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Klägerin ist mit Verfügung vom 17.12.2015 aufgefordert worden, Namen und Anschrift behandelnder Ärzte mitzuteilen, sofern aktuelle Arztberichte eingeholt werden sollten. Die Klägerin hat hierauf auch nach Erinnerung (Verfügung vom 11.03.2016) nicht geantwortet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann die mündliche Verhandlung durchführen und über die Berufung der Klägerin entscheiden. Er ist daran nicht durch den am Sitzungstag fernmündlich gestellten Antrag der Klägerin auf Terminsverlegung gehindert. Ein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung i.S.d. § 227 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nicht substantiiert dargetan worden. Die Klägerin hat ausweislich des von der Geschäftsstelle des Senats angefertigten Aktenvermerks vom 25.05.2016 lediglich mitgeteilt, ihr sei es nicht möglich, den Termin wahrzunehmen; sie leide heute unter starkem Schwindel und es gehe ihr nicht gut. Auf der Grundlage dieser allgemein gehaltenen und gänzlich unsubstantiierten Angaben kann nicht beurteilt werden, ob die Klägerin verhandlungs- und reiseunfähig ist oder nicht, zumal eine mit (hinreichend schwerwiegenden) Schwindelattacken verbundene (Grund-)Erkrankung in den vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten nicht dokumentiert ist (zu den Anforderungen an die Darlegung des erheblichen Grundes für eine Terminsverlegung bei kurzfristig gestellten Terminsverlegungsanträgen etwa BSG, Beschluss vom 13.08.2015, - B 9 V 13/15 B -; BFH, Beschluss vom 11.08.2010, - VIII B 92/10 -, Beschluss vom 31.03.2010, - VII B 233/09 - und Beschluss vom 19.11.2009, - IX B 160/09 -; alle in juris). Der Terminsverlegungsantrag der Klägerin wird daher abgelehnt. Eine Entscheidung der Senatsvorsitzenden über den Terminsverlegungsantrag und deren Mitteilung an die Beteiligten (§§ 227 Abs. 4 Satz 1, 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 202 SGG) ist vor Beginn der mündlichen Verhandlung des Senats nicht möglich gewesen, nachdem der Terminsverlegungsantrag am Sitzungstag kurze Zeit vor Beginn der mündlichen Verhandlung gestellt worden ist (dazu etwa BSG, Beschluss vom 03.07.2013, - B 12 R 38/12 B -, in juris).

Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Sie hat darauf keinen Anspruch.

Das SG hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:

Auch der Senat ist der Auffassung, dass die Klägerin jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann, weshalb Erwerbsminderung nicht vorliegt (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Das geht aus den vorliegenden Gutachten und Arztberichten (Gutachten Dr. L. vom 20.03.2012; Berichte des Dr. K. und des Dr. St. vom 18.02.2014) klar hervor. Mit den von der Klägerin zur Begründung der Berufung zusätzlich zu - von den Orthopäden Dr. L. und Dr. St. in sozialmedizinischer (rentenrechtlicher) Hinsicht beurteilten - orthopädischen Beschwerden pauschal geltend gemachten Atmungsproblemen oder Schmerzen, etwa im Mundbereich, ist ein Rentenanspruch nicht zu begründen. Hierzu liegen auch Befunde nicht vor. Für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente kommt es im Übrigen nicht auf Diagnosen, sondern auf rentenrechtlich beachtliche (zeitliche) Leistungseinschränkungen an. Solche sind indessen nicht festgestellt. Angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztberichte drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, insbesondere weitere Begutachtungen, nicht auf. Die Frage nach behandelnden Ärzten, bei denen ggf. aktuelle Befundberichte eingeholt werden könnten (Verfügung des Berichterstatters vom 17.12.2015), hat die Klägerin auch nach Erinnerung nicht beantwortet.

Die Klägerin kann Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) nicht beanspruchen. Das hat das SG in seinem Gerichtsbescheid ebenfalls zutreffend dargelegt. Dabei kann dahin stehen, ob die Klägerin den versicherungspflichtig ausgeübten und für die Frage des Berufsschutzes maßgeblichen Beruf der Musiklehrerin bzw. Musikerzieherin aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich nicht mehr ausüben könnte. Hierfür mag sprechen, dass wegen Beschwerden im linken Arm die Fähigkeit zum Klavierspielen eingeschränkt sein kann; der Hausarzt der Klägerin Dr. S. hat das im Bericht vom 19.07.2012 angegeben. Demgegenüber hat Dr. L. die Klägerin im Gutachten vom 20.03.2012 (auch) für fähig erachtet, als Musiklehrerin und Künstlerin 6 Stunden täglich und mehr zu arbeiten. Der Senat kann diese (medizinische) Frage ebenso offen lassen wie die (berufskundliche) Frage, ob jegliche Tätigkeit im Musikunterricht und in der Musikerziehung die (uneingeschränkte) Fähigkeit zum Klavierspielen voraussetzen muss und ob es in diesem Berufsfeld nicht auch Erwerbstätigkeiten geben kann, die Personen ohne diese Fähigkeit ausüben können. Der Senat ist nämlich wie das SG der Auffassung, dass die Klägerin (von vornherein) höheren (rentenrechtlichen) Berufsschutz als den Berufsschutz der Angelernten des unteren Bereichs nicht beanspruchen kann. Sie kann insbesondere den Angelernten des oberen Bereichs, also Versicherten mit Berufen mit einer Ausbildung bis zu 2 Jahren, nicht zugeordnet werden. Hierfür fehlt es an der notwendigen Grundlage sowohl hinsichtlich der Ausbildung der Klägerin wie hinsichtlich der tatsächlichen Berufsausübung. Die Klägerin hat keinerlei berufsspezifische Ausbildung absolviert und etwa eine entsprechende Berufsfachschule (oder ein Konservatorium oder eine ähnliche musikalische Ausbildungsstätte) nicht besucht. Sie hat für ihre Erwerbstätigkeit als Musiklehrerin vielmehr ausschließlich den in der Kindheit genossenen Musikunterricht genutzt; Näheres hierzu, etwa auch zur Dauer dieses Unterrichts, hat sie nicht angegeben können. Der Berufsschutz der Rentenversicherung knüpft aber im Ausgangspunkt an die Berufsausbildung des Versicherten und nicht an dessen Schulausbildung an und auch nicht an besondere (nicht berufliche) Ausbildungen, wie das Erlernen von Musikinstrumenten, die der Versicherte in der Kinder- und Schulzeit neben der Schulausbildung genossen hat. Die Klägerin hat darüber hinaus die Absolvierung von Weiterbildungen geltend gemacht. Diese können den reklamierten Berufsschutz aber ebenfalls nicht begründen. Es hat sich insoweit im Wesentlichen um wenige Tage umfassende Seminarveranstaltungen gehandelt, die schon wegen des geringen zeitlichen Umfangs einer mindestens zweijährigen Berufsausbildung nicht gleichgestellt werden können. Die Klägerin hat als Musiklehrerin bei unterschiedlichen (privaten) Musikschulen - während der Zeit der Versicherungspflicht (ab Dezember 1997) in der Musikschule H., St.-Sp. (Bescheinigung vom 18.05.1998) - gearbeitet und Musikunterricht erteilt und dabei ihre im schulbegleitenden Musikunterricht und in den genannten Weiterbildungen erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten genutzt. Auch das ändert aber nichts daran, dass sie - im Hinblick auf den rentenrechtlichen Berufsschutz - als Angelernte (nicht des Bereichs der Berufe mir einer Ausbildung bis zu 2 Jahren) tätig gewesen ist und deswegen höheren rentenrechtlichen Berufsschutz nicht beanspruchen kann. Wegen der genannten Unterrichtstätigkeit kann die Klägerin Versicherten, die die in Rede stehende berufliche Qualifikation in einem ordentlichen Ausbildungsgang erworben haben, nicht gleichgestellt werden (vgl. dazu Kreikebohm, SGB VI § 240 Rdnr. 13). Hierfür genügen auch die angegebenen Auftritte bei Veranstaltungen (etwa in Sanatorien) nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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