Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 U 78/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 150/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Verletztenrente über den Februar 2012 hinaus.
Die 1952 geborene, rechtshändige Klägerin erlitt am 15. Februar 2009 einen Arbeitsunfall, als sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Schrankenwärterin am Bahnhof C auf dem Weg in den Posten über eine Stufe stürzte und sich einen komplizierten Bruch des linken Oberarms (dislozierte subcapitale Humerusfraktur links, Typ 11 A2 der AO-Klassifikation und dislozierte langstreckige Humerusschaft-Mehrfragmentfraktur, Typ B1 der AO-Klassifikation mit posttraumatischem Schaden des Nervus radialis sowie des Nervus axillaris und inkompletter Schädigung des Nervus musculo cutaneus links) sowie eine Hautplatzwunde im Oberlippenbereich und Zahnfrakturen der Zähne 21 und 11 - bei Adipositas per magna (180 kg bei 160 cm Körpergröße) – zuzog.
Im Verlauf der vom 15. Februar bis zum 10. März 2009 erfolgten stationären Behandlung im C-Klinikum (CTK) C wurde die Klägerin am 24. Februar 2009 operativ mit einer Plattenosteosynthese vorsorgt (vgl. OP-Bericht vom 24. Februar 2009). In der Zeit vom 23. März bis zum 08. Mai 2009 befand sich die Klägerin zur berufsgenossenschaftlichen stationären Weiterbehandlung (BGSW) in der B Klinik in K (vgl. ausführlicher ärztlicher Entlassungsbericht vom 08. Mai 2009) und anschließend in ambulanter Weiterbehandlung bei Dr. T B. In der Zeit vom 28. Mai bis zum 11. September 2009 erhielt die Klägerin erweiterte ambulante Physiotherapie. Zudem wurde die Klägerin wiederholt im Unfallkrankenhaus B (UKB) zur Untersuchung und Beratung vorgestellt. Am 23. August 2010 wurde eine Belastungserprobung für die Klägerin durch Dr. T. B eingeleitet. Arbeitsfähigkeit bestand ab dem 05. Oktober 2010.
Zur Feststellung der verbliebenen Unfallfolgen veranlasste die Beklagte die Begutachtung der Klägerin durch Dr. D (Chefarzt der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie am CTK) nebst neurologischer Zusatzbegutachtung durch Dr. M (Chefarzt der Klinik für Neurologie am CTK) vom 19. Januar 2011. Dr. D stellte in seinem Ersten Rentengutachten vom 28. Januar 2011 fest, dass bei der Klägerin unfallbedingt eine geringe bis mittelgradige Minderung der Armbeweglichkeit im linksseitigen Schulter-, Ellenbogen- und Fingergelenkbereich im Seitenvergleich zu rechts, eine neurologischerseits nachgewiesene Kraftminderung der linksseitigen Hand- und Fingerstreckung, der linksseitigen Oberarmhebung, der linksseitigen Unterarmbeugung sowie eine Sensibilitätsminderung des 1. und 2. Fingers der linken Hand als Folgen einer inkompletten unfallbedingten Schädigung des linksseitigen Nervus radialis bestünden. Dr. M schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf neurologischem Fachgebiet vom 01. Januar 2011 bis zum 26. Januar 2012 auf 15 von Hundert (v. H.) ein. Die MdE auf chirurgischem Fachgebiet wurde von Dr. D ab dem 01. Januar 2011 bis zum 25. Januar 2011 mit 20 v. H. und vom 26. Januar 2011 bis zum 26 Januar 2012 mit 10 v. H. eingeschätzt. Die Gesamt-MdE der Klägerin sei ab dem 01. Januar 2011 bis zum 26. Januar 2012 mit 20 v. H. einzuschätzen.
Mit Bescheid vom 12. April 2011 gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem 01. Januar 2011 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v. H ... Als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: endgradige Bewegungseinschränkung des Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenks, diskrete Kraftminderung im Bereich der Oberarmabduktion und Unterarmbeugung links, restgradige Einschränkung der vollständigen Beugefähigkeit des Langfingers links, geringgradig verminderte grobe Kraft der Hand- und Fingerstreckung links, Sensibilitätsstörung des 1. und 2. Fingers der linken Hand als Folge einer inkompletten Schädigung des Nervus radialis im Bereich des linken Oberarms nach knöchern achsengerecht und vollständig verheilter Oberarmfraktur links mit noch einliegendem Osteosynthesematerial.
Ein Zweites Rentengutachten zur erstmaligen Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit wurde von Dr. D am 01. Dezember 2011 unter Einbeziehung des neurologischen Zusatzgutachtens von Dr. M vom 14. September 2011 erstellt. Als Unfallfolgen wurden zusammenfassend angegeben: eine bei knöchern achsengerecht und vollständig ausgeheilter langstreckiger/komplexer linksseitiger Humerusfraktur verbliebene Funktions- und Belastungsminderung des linken Armes, objektiviert durch eine reizlose Narbenbildung im anterioren proximalen und im mittleren lateralseitigen Bereich des linken Humerus, gering- bis mittelgradige Minderung der aktiven Armbeweglichkeit im linksseitigen Schulter-, Ellenbogen- und Fingergelenkbereich im Seitenvergleich zu rechts, neurologischerseits nachgewiesene Kraftminderung der linksseitigen Hand- und Fingerstreckung, der linksseitigen Oberarmhebung, der linksseitigen Unterarmbeugung sowie der Sensibilitätsminderung des 1. und 2. Fingers der linken Hand als Folge einer inkompletten unfallbedingten Schädigung des Nervus radialis, röntgenologisch nachweisbares in situ befindliches Platten- und Schraubenmaterial am lateralseitigen Humerus. Dr. D schätzte die Gesamt-MdE auf 20 v. H. ein, wobei er auf chirurgischem Fachgebiet die MdE mit 10 v. H. bewertete und zugleich die auf der Beurteilung von Dr. M beruhende MdE auf neurologischem Fachgebiet mit 15 v. H. berücksichtigte.
Die Beklagte holte hierzu die Stellungnahme ihres beratenden Arztes, des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. C, ein, der in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 06. Januar 2012 die Ansicht vertrat, dass dieser MdE-Einschätzung nicht gefolgt werden könne, insbesondere nicht der Einschätzung auf neurologischem Fachgebiet. Die noch bestehende Kraftminderung der Hand- und Fingerstreckung sowie die Sensibilitätsstörung im Bereich des 1. und 2. Fingers begründe nach seiner Auffassung lediglich eine MdE in Höhe von 10 v. H ... Die Einschätzung der MdE auf chirurgischem Fachgebiet sei mit 10 v. H. ebenfalls im oberen Bereich angesiedelt, da chirurgischerseits keine gravierenden Unfallfolgen verblieben seien. Dr. C bewertete daher die Gesamt-MdE mit 10 v. H ...
Nach erfolgter Anhörung vom 13. Januar 2012 entzog die Beklagte mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 07. Februar 2012, welcher der Klägerin am 09. Februar 2012 zugestellt wurde, die gewährte Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v. H. ab dem 01. März 2012 und lehnte einen Anspruch auf Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit ab. Als noch bestehende Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: eine minimale Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk, eine endgradige Streck- und Beugehemmung im linksseitigen Ellenbogengelenkbereich, eine eingeschränkte Streckfähigkeit der Langfinger der linken Hand, eine Kraftminderung der linksseitigen Hand- und Fingerstreckung sowie eine Sensibilitätsminderung des 1. und 2. Fingers der linken Hand.
Auf den Widerspruch der Klägerin vom 02. März 2012 holte die Beklagte eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. C vom 05. April 2012 zu der Frage ein, warum der MdE-Schätzung auf neurologischem Fachgebiet durch Herrn Dr. M (15 v. H.) nicht gefolgt werden könne. Dr. C führte zur Begründung aus, dass unfallbedingt nur geringe motorische Einschränkungen und eine Sensibilitätsstörung im Bereich des 1. und 2. Fingers verblieben seien. In der Fachliteratur werde die MdE bei einem kompletten Ausfall des Nervus radialis im mittleren Bereich mit 25 v. H. und im distalen mit 20 v. H. angenommen. Im zu beurteilenden Fall lägen jedoch sehr viel günstigere Verhältnisse vor, die nach seiner Einschätzung eine MdE von 15 v. H. auf neurologischem Fachgebiet nicht begründen könnten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04. Juni 2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei der erstmaligen Festsetzung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung könne der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert hätten. Maßgebend sei der Zustand der Folgen des Versicherungsfalls zum Zeitpunkt der Rentenfeststellung. Die dokumentierten Befunde würden auf neurologischem Fachgebiet unter Heranziehung der Fachliteratur nur eine MdE von 10 v. H. begründen. Auf chirurgischem Fachgebiet seien ebenfalls keine gravierenden Unfallfolgen verblieben, daher lasse sich bei einer Gesamtschau der Unfallfolgen nur eine Gesamt-MdE von 10 v. H. begründen. Für die vom Gutachten abweichende Bewertung der MdE gab die Beklagte an, die Einschätzung der MdE auf neurologischem Fachgebiet überzeuge nicht. In der Literatur werde als Richtlinie eine MdE von 20 bis 25 v. H. bei einem kompletten Ausfall des Nervus radialis vorgeschlagen. Im konkreten Fall würden jedoch sehr viel günstigere Verhältnisse vorliegen, so dass sich eine MdE in Höhe von 15 v. H. auf neurologischem Fachgebiet nicht begründen lasse. Auf chirurgischem Fachgebiet seien ebenfalls keine gravierenden Unfallfolgen verblieben, so dass die MdE auf chirurgischem Fachgebiet mit 10 v. H. ebenfalls im oberen Bereich angesiedelt sei. Es lasse sich daher in der Gesamtschau nur eine MdE von 10 v. H. auf Dauer begründen.
Mit ihrer am 29. Juni 2012 vor dem Sozialgericht (SG) C erhobenen Klage hat die Klägerin auf das Zweite Rentengutachten von Dr. D vom 01. Dezember 2011 verwiesen. Bereits auf neurologischem Gebiet betrage die MdE 15 v. H., weshalb die Ansicht des Beratungsarztes der Beklagten nicht nachvollziehbar sei. Auch eine Gewöhnung an den Zustand nach dem Unfall sei bei ihr nicht eingetreten. Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 07. Februar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juni 2012 aufzuheben und ihr eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu gewähren.
Das SG hat das in dem von der Klägerin zur Frage der Erforderlichkeit eines Badumbaus wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 15. Februar 2009 geführten Rechtsstreits vor dem SG (S 13 U 117/10) eingeholte Sachverständigengutachten des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. M B vom 27. Juni 2013 beigezogen. Dr. B kommt in seinem Gutachten zu der Einschätzung, dass die Klägerin zwar im Februar 2009 eine komplizierte Oberarmmehrfachfraktur erlitten habe und unfallbedingt zunächst komplexe Funktionsstörungen durch mehrere Nervenschäden festgestellt worden seien. Jedoch seien bereits im Jahre 2010 bei den neurologischen Untersuchungen im UKB Remissionen der neurologischen Ausfälle festgestellt worden. Aufgrund seiner Untersuchung am 26. Juni 2013 sei festzustellen, dass es zu einer nahezu kompletten Wiederherstellung der Gebrauchsfähigkeit des linken Armes gekommen sei. Lediglich eine ganz geringfügige Muskelverschmächtigung am Daumenballen links und eine sehr geringfügige Einschränkung der Möglichkeit, den linken Daumen in die Hohlhand einzuschlagen, seien festzustellen, darüber hinaus geringfügige Empfindungsstörungen im Bereich des Grundgliedes des Zeigefingers und des Daumens links. Es sei bei der Klägerin zu einer kompletten Remission der schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen gekommen, die sie durch den Unfall vom 15. Februar 2009 erlitten habe. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass bei der Klägerin kein dauerhafter Gesundheitsschaden vorliege. Bis auf nur ganz geringe sensible Empfindungsstörungen und eine geringfügige Muskelverschmächtigung im Bereich des Daumens seien die unfallbedingten Schäden ausgeheilt.
Nachdem sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hatten, hat das SG mit Urteil vom 30. Juni 2014 die Klage abgewiesen. Die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie sei jedoch unbegründet. Die Beklagte habe zu Recht mit Bescheid vom 07. Februar 2012 die bisher gewährte Rente als vorläufige Entschädigung ab dem 01. März 2012 entzogen und zutreffend festgestellt, dass ein Anspruch auf eine Rente auf unbestimmte Zeit nicht bestehe. Der Klägerin stehe keine Rente als vorläufige Entschädigung über den 29. Februar 2012 hinaus und keine Rente auf unbestimmte Zeit zu. Nach Überzeugung der Kammer bewirkten die Unfallfolgen bei der Klägerin über den 29. Februar 2012 hinaus keine MdE von wenigstens 20 v. H. Zu dieser Überzeugung sei die Kammer durch die überzeugenden Ausführungen des beratenden Arztes der Beklagten Dr. C in seinen Stellungnahmen vom 06. Januar und 05. April 2012 gelangt, die durch das im Verfahren S 13 U 117/10 eingeholte Gutachten von Dr. B vom 27. Juni 2013 vollumfänglich bestätigt worden seien. In seinem Zweiten Rentengutachten vom 01. Dezember 2011 seien von Dr. D die Unfallfolgen zusammenfassend angegeben als eine - bei knöchern achsengerecht und vollständig ausgeheilter langstreckiger/komplexer linksseitiger Humerusfraktur verbliebene - Funktions- und Belastungsminderung des linken Armes, objektiviert durch eine reizlose Narbenbildung im anterioren proximalen und im mittleren lateralseitigen Bereich des linken Humerus, gering- bis mittelgradige Minderung der aktiven Armbeweglichkeit im linksseitigen Schulter-, Ellenbogen- und Fingergelenkbereich im Seitenvergleich zu rechts, neurologischerseits nachgewiesene Kraftminderung der linksseitigen Hand- und Fingerstreckung, der linksseitigen Oberarmhebung, der linksseitigen Unterarmbeugung sowie der Sensibilitätsminderung des 1. und 2. Fingers der linken Hand als Folge einer inkompletten unfallbedingten Schädigung des Nervus radialis, röntgenologisch nachweisbares in situ befindliches Platten- und Schraubenmaterial am lateralseitigen Humerus. Dr. C habe hierzu in seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen überzeugend ausgeführt, dass die bestehende Kraftminderung der Hand- und Fingerstreckung sowie die Sensibilitätsstörung im Bereich des 1. und 2. Fingers lediglich eine MdE in Höhe von 10 v. H. bewirken können, da in der Fachliteratur eine MdE von 20 bis 25 v. H. bei einem kompletten Ausfall des Nervus radialis angenommen werde, in dem zu beurteilenden Fall jedoch sehr viel günstigere Verhältnisse vorlägen. Da auch chirurgischerseits keine gravierenden Unfallfolgen verblieben seien, habe Dr. C die Gesamt-MdE nachvollziehbar und überzeugend auf 10 v. H. geschätzt. Diese Ausführungen überzeugten die Kammer insbesondere deshalb, weil sie vollständig bestätigt worden seien durch die Einschätzung von Dr. B in seinem chirurgischen und sozialmedizinischen Sachverständigengutachten vom 27. Juni 2013, das im Parallelverfahren S 13 U 117/10 erstattet und zu dem vorliegenden Verfahren beigezogen worden sei. Dr. B komme in seinem Gutachten zu der Einschätzung, dass es zu einer kompletten Remission der schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin gekommen sei, die diese durch den Unfall vom 15. Februar 2009 erlitten habe. Er gehe daher davon aus, dass bei der Klägerin kein dauerhafter Gesundheitsschaden vorliege.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 04. August 2014 zugestellte Urteil am 02. September 2014 Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 30. Juni 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 07. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juni 2012 zu verurteilen, ihr eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. ab dem 01. März 2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und hat auf ihre Ausführungen in der Vorinstanz verwiesen.
Auf den Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat das - auf der am 05. Juni 2015 durchgeführten ambulanten Untersuchung der Klägerin basierende - Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie, Unfallchirurgie, Rheumatologie und Spezielle Schmerztherapie Dr. A vom 12. Juni 2015 eingeholt. Der Sachverständige hat bei der Prüfung der Beweglichkeit der Gelenke nach der Neutral-Null-Methode nachfolgende Ergebnisse notiert: Beim Anheben des Armes in Pfeilebene nach vorn und Rückstreckung rechts Werte von (in Grad) rechts 160/0/60 und links aktiv 90/0/20, passiv 120/0/40 sowie bei der Hebebewegung des Armes seitwärts und körperwärts rechts 150/0/40 und links aktiv 100/0/20, passiv 120/0/30. Die neurologische Untersuchung habe ergeben, dass die Muskeleigenreflexe rechts leicht abgeschwächt, der Triceps- und der Bicepssehnenreflex links ebenfalls abgeschwächt und der Radiusperiostreflex links nicht auslösbar waren. Bei der Untersuchung im Liegen hätten sich rechts keine Einschränkungen der groben Kraft im Bereich der Ober-und Unterarmbeuge- und streckmuskulatur, keine Störung der Oberflächen-und Tiefensensibilität sowie keine pathologischen Reflexe gefunden. Links hat der Sachverständige eine Hypästhesie im Bereich der Finger I-II (radial betont), eine Einschränkung der Tiefensensibilität, der Zwei-Punkte-Diskriminierung sowie des Lagesinns, eine Parese der Fingerstrecker 3 bis 4/5, der Handstrecker 3/5, der Interosseusmuskulatur 3 bis 4/5 und der Flexoren 5/5 festgestellt. Die Verletzung "Fraktur des linken Oberarmknochens" sei chirurgisch adäquat behandelt worden. Bei der Schädigung des Nervus radialis links sei eine unvollständige Remission der Funktion - es liege eine kombinierte sensomotorische Dauerschädigung vor - eingetreten. Die MdE im chirurgischen sowie im neurologischen Bereich hat er mit jeweils 10 v. H. eingeschätzt. Bei der Klägerin komme es zu einer gegenseitigen Verstärkung der Behinderungsfolgen im Bereich der Schulter und den Folgen der Nervenschädigung. Die Gesamt MdE betrage 20 v. H ...
Hierzu hat die Beklagte durch beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. C vom 26. Juni 2015 Stellung genommen: Im Hinblick auf die Empfehlungen der einschlägigen Fachliteratur könne der MdE-Schätzung nicht gefolgt werden. Der Sachverständige habe zwar grundsätzlich zutreffend darauf hingewiesen, dass die Bewegungseinschränkung im Schultergelenk mit der Möglichkeit, den Arm bis 120 Grad nach vorn anzuheben, mit einer MdE von 10 v. H. und eine inkomplette motorische und sensible Störung des Nervus radialis mit einer MdE von 10 v. H. zu bewerten sei. Nicht korrekt sei es jedoch, die Einzel-MdEs zu addieren. Vielmehr sei eine Gesamtschau erforderlich, nach welcher die Gesamt-MdE jedoch nicht 20 v. H. betragen könne. Neurologische Unfallfolgen seien zudem nicht elektrophysiologisch gesichert.
Hierzu hat der Sachverständige Dr. A am 22. September 2015 ergänzend Stellung genommen.
Auf Veranlassung des Senates hat der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R aufgrund ambulanter Untersuchung der Klägerin vom 24. Mai 2016 das orthopädisch-fachchirurgische Sachverständigengutachten vom 04. Juli 2016 erstellt. Seine Untersuchung ergab eine verminderte Sensibilität im Bereich des 1. und 2. Fingers der linken Hand und eine leichte Koordinationsstörung im Ablauf der Bewegungen des linken Armes gegenüber rechts. Es zeigte sich eine Schwäche der vom Nervus radialis versorgten Muskulatur mit Kraftgrad IV von V nach Janda, insbesondere die Finger- und Handstreckmuskeln links zeigten gegengegenüber rechts eine leichte Abschwächung, sowie eine leichte Verschmächtigung des Daumenballens links gegenüber rechts. Die übrigen Muskeln des linken Armes waren motorisch unauffällig. Die Beweglichkeit im linken Handgelenk zeigte keine von der Norm abweichenden Befunde. Die Kraftentfaltung des linken Armes im Schulterbereich war etwas zögerlich, aber nicht wesentlich abgeschwächt. Schultergelenk und Fingergelenke links zeigten eine geringe endgradige Bewegungseinschränkung bei reizloser Narbe und dem linken Arm außenseitig anliegendem Osteosynthesematerial. Dr. R kam zu dem Ergebnis, dass die unfallbedingte MdE zwar vom 01. November 2010 bis zum 03. August 2011 (Untersuchung durch Dr. D) 20 v. H. betragen habe. Ab dem 04. August 2011 bis dauerhaft betrage sie jedoch nur 10 v. H. wegen der nur geringen Bewegungseinschränkung des linken Armes mit noch möglicher Armhebung über 120°.
Die Klägerin hat sich mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2016, die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2016 mit einer Entscheidung des Senates durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheiden, da die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 07. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juni 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Einen Anspruch auf Verletztenrente hat die Klägerin ab dem 01. März 2012 nicht.
Gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) wird bei der erstmaligen Bestimmung einer Rente auf unbestimmte Zeit nach Gewährung einer vorläufigen Verletztenrente die MdE nach den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Befunden festgestellt. Für eine Herabsetzung der vorläufigen Verletztenrente bzw. Entziehung der vorläufigen Verletztenrente und Ablehnung einer Dauerrente bedarf es in diesem Fall keines Nachweises einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne einer wesentlichen Besserung. Bei der - hier - erstmaligen Bestimmung einer Rente auf unbestimmte Zeit ist die Beklagte daher auch nicht an die bisher zugrunde gelegte MdE gebunden, die sie noch der Gewährung der vorläufigen Verletztenrente zugrunde gelegt hat (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 19. Dezember 2013 – B 2 U 1/13 R –, SozR 4-2700 § 62 Nr. 2).
Nach § 56 Abs. 1 S. 1 des SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Nach § 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII sind die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Der Gesetzgeber bringt mit der wiederholten Formulierung "infolge" – vgl. §§ 8 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 Nr. 1, 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII - das Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss eine kausale Verknüpfung des Unfalls bzw. seiner Folgen mit der betrieblichen Sphäre bestehen, mithin eine rechtliche Zurechnung für besonders bezeichnete Risiken der Arbeitswelt beziehungsweise gleichgestellter Tätigkeiten, für deren Entschädigung die gesetzliche Unfallversicherung als spezieller Zweig der Sozialversicherung einzustehen hat, und zwar nicht nur im Sinne einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, sondern auch im Sinne der Zurechnung des eingetretenen Erfolges zum Schutzbereich der unfallversicherungsrechtlichen Norm als eines rechtlich wesentlichen Kausalzusammenhangs (Zurechnungslehre der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, etwa BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Die Frage nach diesem Zurechnungszusammenhang stellt sich auf drei Ebenen, nämlich als Unfallkausalität zwischen ausgeübter Tätigkeit und Unfallereignis, als haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden und als haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheitserstschaden und länger andauernden Unfallfolgen (BSG, a.a.O., Rn. 10; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 1.4, S. 21 f.). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit und des Unfallereignisses müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15)Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O., auch Rn. 18 und 20).
Dies zugrunde gelegt ist der Senat davon überzeugt (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG), dass bei der Klägerin als durch den anerkannten Arbeitsunfall vom 15. Februar 2009 bedingte Gesundheitsstörungen eine reizlose Narbe von 14 cm Länge im vorderen oberen linken Schulter-/Oberarmbereich sowie eine Narbe von 8 cm seitlich im linken Oberarmbereich mittig gelegen, eine Sensibilitätsminderung des 1. und 2. Fingers der linken Hand, eine Kraftminderung Kraftgrad Janda IV von V der vom Nervus radialis innervierten Muskulatur sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks und der Fingergelenke bei dem linken Oberarm außenseitig anliegendem Osteosynthesematerial festzustellen sind.
Hierbei nimmt der Senat zum einen Bezug auf die detaillierten Feststellungen des Sachverständigen Dr. R in seinem Gutachten vom 04. Juli 2016. Zum anderen stimmen diese Feststellungen mit denen des Sachverständigen Dr. A überein, der seinerseits als unfallbedingte Gesundheitsschäden "die Folgen der Fraktur des Oberarmknochens im Bereich des linken Armes" und "die kombinierte sensomotorische Restschädigung des Nervus radialis" als unmittelbare Folgen einer primär unfallbedingten Gesundheitsstörung bezeichnet.
Soweit sich nach alldem zwar eine haftungsausfüllende Kausalität zwischen unfallbedingtem Gesundheitserstschaden und am linken Arm fortbestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen annehmen lässt, geht der Senat jedoch nicht von einer rentenberechtigenden MdE aus. Mit den Sachverständigen Dr. R und Dr. A, die insoweit übereinstimmende Meinungen vertreten, ist die Einzel-MdE für die Funktionseinschränkung des linken Armes sowohl auf orthopädisch-chirurgischem Gebiet als auch auf neurologischem Gebiet mit jeweils 10 v. H. zu bewerten.
Nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII werden bei der Bemessung der MdE Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab: Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R -, zitiert nach juris Rn. 12).
Hieran gemessen liegen nach Überzeugung des Senats am linken Arm insgesamt keine unfallbedingten Funktionseinbußen vor, welche bei der Klägerin - in Ermangelung eines sog. Stützrententatbestands – auch im Rahmen einer Gesamtwürdigung eine MdE von mindestens 20 v.H. begründen könnten.
Zur Überzeugung des Senates steht fest, dass die unfallbedingt verbliebenen Funktionseinschränkungen des linken Armes auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet keine Einzel-MdE von mehr als 10 v. H. rechtfertigen. Insoweit hat der Sachverständige Dr. R festgestellt, dass die dokumentierten Bewegungsmaße im Rahmen der Untersuchung am 03. August 2011 durch Dr. D, am 26. Juni 2013 durch Dr. B und auch die im Rahmen seiner eigenen Untersuchung am 24. Mai 2016 erhobenen Befunde jeweils nur eine geringe und endgradige Bewegungseinschränkung des linken Armes bei im Wesentlichen seitengleichem Muskelmantel ohne höhergradige Bewegungs- oder Funktionsstörungen und nur geringen funktionellen Auswirkungen ergeben haben. Auch radiologisch bestünden keine wesentlichen, über das altersentsprechende Maß hinaus vorhandenen Verschleißerscheinungen.
Eine, den guten Heilungsverlauf belegende, geringe Bewegungseinschränkung des linken Armes, hatte bereits Dr. D am 26. Januar 2011 im Rahmen des Ersten Rentengutachtens festgestellt. Er dokumentierte eine Beweglichkeit des Schultergelenkes bei der Bewegung des Armes seitwärts/körperwärts (Normbefund:180°/0/20°-40°) rechts von 150°/0/40° und links von 140°/0/30°, bei Bewegung des Armes rückwärts/vorwärts (Normalbefund: 40°/0/150°-170°) rechts 45°/0/150° und links 45°/0/140° sowie Drehung des Armes auswärts/einwärts (Normalbefund: 40°-60°/0/95°) rechts 70°/0/75° und links 70°/0/70°. Die Beweglichkeit der Ellenbogengelenke betrug bei der Streckung/Beugung (Normalbefund: 0°/0/150°) rechts 0°/0/140° und links 0°/5/130°. Die Unterarmdrehung auswärts/einwärts (Normalbefund: 70°/0/70°) betrug rechts 90°/0/90° und links 80°/0/90°. Bei der Untersuchung am 03. August 2011 durch Dr. D im Rahmen des Zweiten Rentengutachtens zeigten die Bewegungsmaße keine Abweichung.
Am 26. Juni 2013 zeigte sich bei der Untersuchung der Klägerin durch Dr. B eine weiter gebesserte Bewegungsfähigkeit des linken Armes: Es wurde eine Beweglichkeit des Schultergelenkes bei der Bewegung der Arme seitwärts/körperwärts rechts von 170°/0/30° und links von 150°/0/30°, bei der Bewegung der Arme rückwärts/vorwärts seitengleich von 40°/0/160° sowie bei der Armdrehung auswärts/einwärts rechts von 60°/0/90° und links von 50°/0/80° festgestellt. Die Beweglichkeit der Ellenbogengelenke betrug bei der Streckung/Beugung seitengleich 0°/0/150°. Die Unterarmdrehung auswärts/einwärts war seitengleich mit 85°/0/85°.
Demgegenüber wurden durch Dr. A bei der Untersuchung der Klägerin am 05. Juni 2015 folgende Bewegungsmaße festgestellt: Bewegung des Armes seitwärts/körperwärts rechts 150°/0/40° und links aktiv 100°/0/20° und passiv 120°/0/30°, Bewegung des Armes rückwärts/vorwärts rechts 60°/0/160° und links aktiv 20°/0/90° und passiv 40°/0/120° sowie Drehung des Armes auswärts/einwärts rechts 70°/0/80° und links 60°/0/70°. Die Beweglichkeit der Ellenbogengelenke betrug bei der Streckung/Beugung rechts 0°/0/130° und links 0°/0/130°, aktive Streckung eingeschränkt. Die Unterarmdrehung auswärts/einwärts rechts betrug 80°/0/70° und links 50°/0/60°.
Diese Verschlechterung der Bewegungsmaße im Vergleich zu den Vorgutachten erklärt sich mitnichten durch eine Verschlechterung vorbestehender degenerativer Veränderungen der linken Schulter (AC-Gelenksarthrose) im Zusammenhang mit einer - nach Auffassung von Dr. A - unfallbedingt verstärkten Symptomatik. Zwar kann der Senat eine gewisse mittelbare Verstärkung der durch die vorbestehende Arthrose des Schultereckgelenkes bedingten Symptomatik durch die unmittelbaren Unfallfolgen (Fraktur des Oberarmknochens und Schädigung des Nervus radialis) nicht ausschließen. Jedoch überzeugt die Argumentation des Sachverständigen Dr. A und die von ihm festgestellte weitreichendere Bewegungseinschränkung linksseitig allein schon deshalb nicht, weil in der zeitlich späteren Begutachtung der Klägerin durch den Sachverständigen Dr. R deutlich bessere Bewegungsmaße ermittelt und dokumentiert wurden. So wurden durch Dr. R bei der Untersuchung der Klägerin am 24. Mai 2016 folgende Bewegungsmaße festgestellt: Bewegung des Armes seitwärts/körperwärts rechts 160°/0/30° und links 140°/0/30°, Bewegung des Armes vorwärts/rückwärts rechts 160°/0/20° und links 130°/0/20° sowie Drehung des Armes auswärts/einwärts rechts 70°/0/80° und links 60°/0/70°. Die Beweglichkeit der Ellenbogengelenke betrug bei der Streckung/Beugung seitengleich 5°/0/150° und die Unterarmdrehung auswärts/einwärts seitengleich 80°/0/80°. Zudem überschreiten die geringen degenerativen Verschleißerscheinungen der Schultergelenke der zum Zeitpunkt der Untersuchung 64 Jahre alten Klägerin nicht das altersübliche Maß.
Im chirurgisch-orthopädischen Bereich ist aufgrund der bis in das Jahr 2011 zurückreichenden Betrachtung der dokumentierten Bewegungsmaße eine Einzel-MdE i. H. v. 10 v. H. maximal anzuerkennen. Dieser Einschätzung der Sachverständigen Dr. R und Dr. A vermag der Senat zu folgen, da auch nach den wissenschaftlich-medizinischen Erfahrungswerten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 523) erst bei der weitreichenderen Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes vorwärts/seitwärts bis 90°, Rotation frei, eine MdE von 20 v. H. als angemessen betrachtet wird, bei geringerer Bewegungseinschränkung bis 120° hingegen nur eine MdE von 10 v. H ...
Auch soweit die Funktionseinschränkungen des linken Armes der Klägerin den neurologischen Bereich betreffen, ist für die inkomplette motorische und sensible Lähmung des Nervus radialis nur eine Einzel-MdE i. H. v. 10 v. H. anzusetzen. Nachvollziehbar und schlüssig begründete Dr. R dies damit, dass bis auf eine Sensibilitätsstörung am 1. und 2. Finger und eine geringfügige Koordinationsstörung aufgrund der unterschiedlichen Innervation eine leichte Schwäche der Finger- und Handstrecker mit Kraftgrad Janda IV von V besteht. Er betonte, dass sich in der Bewertung dieser Einzel-MdE mit 10 v. H. sämtliche Gutachter, auch Dr. A, einig sind. Dieser Einschätzung vermag der Senat zu folgen, da auch nach den wissenschaftlich-medizinischen Erfahrungswerten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 229) nur bei einem vollständigen Ausfall des Nervus radialis die MdE mit 30 v. H., bzw. mit 25 v. H. im hier betroffenen mittleren Bereich bzw. mit 20 v. H. im unteren Bereich zu bemessen ist. Teilweise Schädigungen, Lähmungen des Nerves sind geringer zu bemessen (a.a.O.).
In einer integrierenden Gesamtbetrachtung aller funktionellen Einschränkungen erreicht die Gesamt-MdE in Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung des SG nicht den rentenberechtigenden Wert von 20 v. H ... Bei einer Gesamtschau sind auch nebeneinander bestehende Funktionseinschränkungen nicht einfach zu addieren, sondern führen in der Regel zu einer Gesamt-MdE, die niedriger als die Summe der Einzelschäden ist. Dabei können besondere, wechselseitige Beziehungen der Funktionseinschränkungen im Einzelfall eine höhere Gesamt-MdE begründen. Überlagern sich Einschränkungen einzelner Unfallfolgen funktionell weitgehend, ist insoweit das Vorliegen mehrerer Teil-MdE-Werte bei der Bildung der Gesamt-MdE nicht erhöhend zu berücksichtigen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, S. 103 f.; Kranig in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch SGB VII, Rn. 44 zu § 56 SGB VII; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 28. September 2010 – L 3 U 335/09 –, juris Rn. 30). Vorliegend bestehen zwischen den Unfallfolgen auf neurologischem Fachgebiet (sensomotorische Restschädigung des Nervus radialis) einerseits und auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet (Funktionsminderung) andererseits, die jeweils den linken Arm betreffen, wesentliche Überschneidungen, so dass bei zwei Teil-MdE-Werten von jeweils 10 v.H. keine Gesamt-MdE von 20 v. H. angemessen ist.
Die von Dr. A vertretene Auffassung, dass sich die Behinderungen im Bereich der linken Schulter und die Folgen der Nervenschädigung derart gegenseitig verstärkten, dass eine Gesamt-MdE i. H. v. 20 v. H. festzustellen sei, kann der Senat nicht nachvollziehen. Insoweit hat Dr. R zutreffend darauf verwiesen, dass eine endgradige Einschränkung der Bewegungsfunktion der Schulter keine wesentlichen Auswirkungen auf bestehende Missempfindungen im Bereich des 1. und 2. Fingers sowie eine leicht veränderte Innervation oder Koordinationsstörung im Ablauf der Muskelketten bzw. einer leichten Kraftminderung der Hand- und Fingerstrecker habe. Wesentliche wechselseitige Beeinflussungen der noch bestehenden leichten motorischen und sensiblen Schwäche des Nervus radialis und der Funktionsstörungen der linken Schulter seien nicht festzustellen. Sie wirkten sich gerade nicht ungünstig verstärkend aus, so dass eine Erhöhung der MdE über 10 v. H. nicht festgestellt werden könne. Zudem ist - im Rahmen der hier zu beurteilenden Dauerrente – bei der Bestimmung der MdE zu berücksichtigen, dass bei der rechtshändigen Klägerin nicht die führende Hand von den Unfallfolgen betroffen ist und zwischenzeitlich auch eine Gewöhnung und Anpassung an die Funktionsminderung eingetreten ist (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2013 – B 2 U 1/13 R –, juris Rn. 18).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist mangels Zulassungsgrundes nach § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Verletztenrente über den Februar 2012 hinaus.
Die 1952 geborene, rechtshändige Klägerin erlitt am 15. Februar 2009 einen Arbeitsunfall, als sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Schrankenwärterin am Bahnhof C auf dem Weg in den Posten über eine Stufe stürzte und sich einen komplizierten Bruch des linken Oberarms (dislozierte subcapitale Humerusfraktur links, Typ 11 A2 der AO-Klassifikation und dislozierte langstreckige Humerusschaft-Mehrfragmentfraktur, Typ B1 der AO-Klassifikation mit posttraumatischem Schaden des Nervus radialis sowie des Nervus axillaris und inkompletter Schädigung des Nervus musculo cutaneus links) sowie eine Hautplatzwunde im Oberlippenbereich und Zahnfrakturen der Zähne 21 und 11 - bei Adipositas per magna (180 kg bei 160 cm Körpergröße) – zuzog.
Im Verlauf der vom 15. Februar bis zum 10. März 2009 erfolgten stationären Behandlung im C-Klinikum (CTK) C wurde die Klägerin am 24. Februar 2009 operativ mit einer Plattenosteosynthese vorsorgt (vgl. OP-Bericht vom 24. Februar 2009). In der Zeit vom 23. März bis zum 08. Mai 2009 befand sich die Klägerin zur berufsgenossenschaftlichen stationären Weiterbehandlung (BGSW) in der B Klinik in K (vgl. ausführlicher ärztlicher Entlassungsbericht vom 08. Mai 2009) und anschließend in ambulanter Weiterbehandlung bei Dr. T B. In der Zeit vom 28. Mai bis zum 11. September 2009 erhielt die Klägerin erweiterte ambulante Physiotherapie. Zudem wurde die Klägerin wiederholt im Unfallkrankenhaus B (UKB) zur Untersuchung und Beratung vorgestellt. Am 23. August 2010 wurde eine Belastungserprobung für die Klägerin durch Dr. T. B eingeleitet. Arbeitsfähigkeit bestand ab dem 05. Oktober 2010.
Zur Feststellung der verbliebenen Unfallfolgen veranlasste die Beklagte die Begutachtung der Klägerin durch Dr. D (Chefarzt der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie am CTK) nebst neurologischer Zusatzbegutachtung durch Dr. M (Chefarzt der Klinik für Neurologie am CTK) vom 19. Januar 2011. Dr. D stellte in seinem Ersten Rentengutachten vom 28. Januar 2011 fest, dass bei der Klägerin unfallbedingt eine geringe bis mittelgradige Minderung der Armbeweglichkeit im linksseitigen Schulter-, Ellenbogen- und Fingergelenkbereich im Seitenvergleich zu rechts, eine neurologischerseits nachgewiesene Kraftminderung der linksseitigen Hand- und Fingerstreckung, der linksseitigen Oberarmhebung, der linksseitigen Unterarmbeugung sowie eine Sensibilitätsminderung des 1. und 2. Fingers der linken Hand als Folgen einer inkompletten unfallbedingten Schädigung des linksseitigen Nervus radialis bestünden. Dr. M schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf neurologischem Fachgebiet vom 01. Januar 2011 bis zum 26. Januar 2012 auf 15 von Hundert (v. H.) ein. Die MdE auf chirurgischem Fachgebiet wurde von Dr. D ab dem 01. Januar 2011 bis zum 25. Januar 2011 mit 20 v. H. und vom 26. Januar 2011 bis zum 26 Januar 2012 mit 10 v. H. eingeschätzt. Die Gesamt-MdE der Klägerin sei ab dem 01. Januar 2011 bis zum 26. Januar 2012 mit 20 v. H. einzuschätzen.
Mit Bescheid vom 12. April 2011 gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem 01. Januar 2011 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v. H ... Als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: endgradige Bewegungseinschränkung des Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenks, diskrete Kraftminderung im Bereich der Oberarmabduktion und Unterarmbeugung links, restgradige Einschränkung der vollständigen Beugefähigkeit des Langfingers links, geringgradig verminderte grobe Kraft der Hand- und Fingerstreckung links, Sensibilitätsstörung des 1. und 2. Fingers der linken Hand als Folge einer inkompletten Schädigung des Nervus radialis im Bereich des linken Oberarms nach knöchern achsengerecht und vollständig verheilter Oberarmfraktur links mit noch einliegendem Osteosynthesematerial.
Ein Zweites Rentengutachten zur erstmaligen Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit wurde von Dr. D am 01. Dezember 2011 unter Einbeziehung des neurologischen Zusatzgutachtens von Dr. M vom 14. September 2011 erstellt. Als Unfallfolgen wurden zusammenfassend angegeben: eine bei knöchern achsengerecht und vollständig ausgeheilter langstreckiger/komplexer linksseitiger Humerusfraktur verbliebene Funktions- und Belastungsminderung des linken Armes, objektiviert durch eine reizlose Narbenbildung im anterioren proximalen und im mittleren lateralseitigen Bereich des linken Humerus, gering- bis mittelgradige Minderung der aktiven Armbeweglichkeit im linksseitigen Schulter-, Ellenbogen- und Fingergelenkbereich im Seitenvergleich zu rechts, neurologischerseits nachgewiesene Kraftminderung der linksseitigen Hand- und Fingerstreckung, der linksseitigen Oberarmhebung, der linksseitigen Unterarmbeugung sowie der Sensibilitätsminderung des 1. und 2. Fingers der linken Hand als Folge einer inkompletten unfallbedingten Schädigung des Nervus radialis, röntgenologisch nachweisbares in situ befindliches Platten- und Schraubenmaterial am lateralseitigen Humerus. Dr. D schätzte die Gesamt-MdE auf 20 v. H. ein, wobei er auf chirurgischem Fachgebiet die MdE mit 10 v. H. bewertete und zugleich die auf der Beurteilung von Dr. M beruhende MdE auf neurologischem Fachgebiet mit 15 v. H. berücksichtigte.
Die Beklagte holte hierzu die Stellungnahme ihres beratenden Arztes, des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. C, ein, der in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 06. Januar 2012 die Ansicht vertrat, dass dieser MdE-Einschätzung nicht gefolgt werden könne, insbesondere nicht der Einschätzung auf neurologischem Fachgebiet. Die noch bestehende Kraftminderung der Hand- und Fingerstreckung sowie die Sensibilitätsstörung im Bereich des 1. und 2. Fingers begründe nach seiner Auffassung lediglich eine MdE in Höhe von 10 v. H ... Die Einschätzung der MdE auf chirurgischem Fachgebiet sei mit 10 v. H. ebenfalls im oberen Bereich angesiedelt, da chirurgischerseits keine gravierenden Unfallfolgen verblieben seien. Dr. C bewertete daher die Gesamt-MdE mit 10 v. H ...
Nach erfolgter Anhörung vom 13. Januar 2012 entzog die Beklagte mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 07. Februar 2012, welcher der Klägerin am 09. Februar 2012 zugestellt wurde, die gewährte Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v. H. ab dem 01. März 2012 und lehnte einen Anspruch auf Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit ab. Als noch bestehende Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: eine minimale Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk, eine endgradige Streck- und Beugehemmung im linksseitigen Ellenbogengelenkbereich, eine eingeschränkte Streckfähigkeit der Langfinger der linken Hand, eine Kraftminderung der linksseitigen Hand- und Fingerstreckung sowie eine Sensibilitätsminderung des 1. und 2. Fingers der linken Hand.
Auf den Widerspruch der Klägerin vom 02. März 2012 holte die Beklagte eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. C vom 05. April 2012 zu der Frage ein, warum der MdE-Schätzung auf neurologischem Fachgebiet durch Herrn Dr. M (15 v. H.) nicht gefolgt werden könne. Dr. C führte zur Begründung aus, dass unfallbedingt nur geringe motorische Einschränkungen und eine Sensibilitätsstörung im Bereich des 1. und 2. Fingers verblieben seien. In der Fachliteratur werde die MdE bei einem kompletten Ausfall des Nervus radialis im mittleren Bereich mit 25 v. H. und im distalen mit 20 v. H. angenommen. Im zu beurteilenden Fall lägen jedoch sehr viel günstigere Verhältnisse vor, die nach seiner Einschätzung eine MdE von 15 v. H. auf neurologischem Fachgebiet nicht begründen könnten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04. Juni 2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei der erstmaligen Festsetzung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung könne der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert hätten. Maßgebend sei der Zustand der Folgen des Versicherungsfalls zum Zeitpunkt der Rentenfeststellung. Die dokumentierten Befunde würden auf neurologischem Fachgebiet unter Heranziehung der Fachliteratur nur eine MdE von 10 v. H. begründen. Auf chirurgischem Fachgebiet seien ebenfalls keine gravierenden Unfallfolgen verblieben, daher lasse sich bei einer Gesamtschau der Unfallfolgen nur eine Gesamt-MdE von 10 v. H. begründen. Für die vom Gutachten abweichende Bewertung der MdE gab die Beklagte an, die Einschätzung der MdE auf neurologischem Fachgebiet überzeuge nicht. In der Literatur werde als Richtlinie eine MdE von 20 bis 25 v. H. bei einem kompletten Ausfall des Nervus radialis vorgeschlagen. Im konkreten Fall würden jedoch sehr viel günstigere Verhältnisse vorliegen, so dass sich eine MdE in Höhe von 15 v. H. auf neurologischem Fachgebiet nicht begründen lasse. Auf chirurgischem Fachgebiet seien ebenfalls keine gravierenden Unfallfolgen verblieben, so dass die MdE auf chirurgischem Fachgebiet mit 10 v. H. ebenfalls im oberen Bereich angesiedelt sei. Es lasse sich daher in der Gesamtschau nur eine MdE von 10 v. H. auf Dauer begründen.
Mit ihrer am 29. Juni 2012 vor dem Sozialgericht (SG) C erhobenen Klage hat die Klägerin auf das Zweite Rentengutachten von Dr. D vom 01. Dezember 2011 verwiesen. Bereits auf neurologischem Gebiet betrage die MdE 15 v. H., weshalb die Ansicht des Beratungsarztes der Beklagten nicht nachvollziehbar sei. Auch eine Gewöhnung an den Zustand nach dem Unfall sei bei ihr nicht eingetreten. Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 07. Februar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juni 2012 aufzuheben und ihr eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu gewähren.
Das SG hat das in dem von der Klägerin zur Frage der Erforderlichkeit eines Badumbaus wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 15. Februar 2009 geführten Rechtsstreits vor dem SG (S 13 U 117/10) eingeholte Sachverständigengutachten des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. M B vom 27. Juni 2013 beigezogen. Dr. B kommt in seinem Gutachten zu der Einschätzung, dass die Klägerin zwar im Februar 2009 eine komplizierte Oberarmmehrfachfraktur erlitten habe und unfallbedingt zunächst komplexe Funktionsstörungen durch mehrere Nervenschäden festgestellt worden seien. Jedoch seien bereits im Jahre 2010 bei den neurologischen Untersuchungen im UKB Remissionen der neurologischen Ausfälle festgestellt worden. Aufgrund seiner Untersuchung am 26. Juni 2013 sei festzustellen, dass es zu einer nahezu kompletten Wiederherstellung der Gebrauchsfähigkeit des linken Armes gekommen sei. Lediglich eine ganz geringfügige Muskelverschmächtigung am Daumenballen links und eine sehr geringfügige Einschränkung der Möglichkeit, den linken Daumen in die Hohlhand einzuschlagen, seien festzustellen, darüber hinaus geringfügige Empfindungsstörungen im Bereich des Grundgliedes des Zeigefingers und des Daumens links. Es sei bei der Klägerin zu einer kompletten Remission der schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen gekommen, die sie durch den Unfall vom 15. Februar 2009 erlitten habe. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass bei der Klägerin kein dauerhafter Gesundheitsschaden vorliege. Bis auf nur ganz geringe sensible Empfindungsstörungen und eine geringfügige Muskelverschmächtigung im Bereich des Daumens seien die unfallbedingten Schäden ausgeheilt.
Nachdem sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hatten, hat das SG mit Urteil vom 30. Juni 2014 die Klage abgewiesen. Die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie sei jedoch unbegründet. Die Beklagte habe zu Recht mit Bescheid vom 07. Februar 2012 die bisher gewährte Rente als vorläufige Entschädigung ab dem 01. März 2012 entzogen und zutreffend festgestellt, dass ein Anspruch auf eine Rente auf unbestimmte Zeit nicht bestehe. Der Klägerin stehe keine Rente als vorläufige Entschädigung über den 29. Februar 2012 hinaus und keine Rente auf unbestimmte Zeit zu. Nach Überzeugung der Kammer bewirkten die Unfallfolgen bei der Klägerin über den 29. Februar 2012 hinaus keine MdE von wenigstens 20 v. H. Zu dieser Überzeugung sei die Kammer durch die überzeugenden Ausführungen des beratenden Arztes der Beklagten Dr. C in seinen Stellungnahmen vom 06. Januar und 05. April 2012 gelangt, die durch das im Verfahren S 13 U 117/10 eingeholte Gutachten von Dr. B vom 27. Juni 2013 vollumfänglich bestätigt worden seien. In seinem Zweiten Rentengutachten vom 01. Dezember 2011 seien von Dr. D die Unfallfolgen zusammenfassend angegeben als eine - bei knöchern achsengerecht und vollständig ausgeheilter langstreckiger/komplexer linksseitiger Humerusfraktur verbliebene - Funktions- und Belastungsminderung des linken Armes, objektiviert durch eine reizlose Narbenbildung im anterioren proximalen und im mittleren lateralseitigen Bereich des linken Humerus, gering- bis mittelgradige Minderung der aktiven Armbeweglichkeit im linksseitigen Schulter-, Ellenbogen- und Fingergelenkbereich im Seitenvergleich zu rechts, neurologischerseits nachgewiesene Kraftminderung der linksseitigen Hand- und Fingerstreckung, der linksseitigen Oberarmhebung, der linksseitigen Unterarmbeugung sowie der Sensibilitätsminderung des 1. und 2. Fingers der linken Hand als Folge einer inkompletten unfallbedingten Schädigung des Nervus radialis, röntgenologisch nachweisbares in situ befindliches Platten- und Schraubenmaterial am lateralseitigen Humerus. Dr. C habe hierzu in seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen überzeugend ausgeführt, dass die bestehende Kraftminderung der Hand- und Fingerstreckung sowie die Sensibilitätsstörung im Bereich des 1. und 2. Fingers lediglich eine MdE in Höhe von 10 v. H. bewirken können, da in der Fachliteratur eine MdE von 20 bis 25 v. H. bei einem kompletten Ausfall des Nervus radialis angenommen werde, in dem zu beurteilenden Fall jedoch sehr viel günstigere Verhältnisse vorlägen. Da auch chirurgischerseits keine gravierenden Unfallfolgen verblieben seien, habe Dr. C die Gesamt-MdE nachvollziehbar und überzeugend auf 10 v. H. geschätzt. Diese Ausführungen überzeugten die Kammer insbesondere deshalb, weil sie vollständig bestätigt worden seien durch die Einschätzung von Dr. B in seinem chirurgischen und sozialmedizinischen Sachverständigengutachten vom 27. Juni 2013, das im Parallelverfahren S 13 U 117/10 erstattet und zu dem vorliegenden Verfahren beigezogen worden sei. Dr. B komme in seinem Gutachten zu der Einschätzung, dass es zu einer kompletten Remission der schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin gekommen sei, die diese durch den Unfall vom 15. Februar 2009 erlitten habe. Er gehe daher davon aus, dass bei der Klägerin kein dauerhafter Gesundheitsschaden vorliege.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 04. August 2014 zugestellte Urteil am 02. September 2014 Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 30. Juni 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 07. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juni 2012 zu verurteilen, ihr eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. ab dem 01. März 2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und hat auf ihre Ausführungen in der Vorinstanz verwiesen.
Auf den Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat das - auf der am 05. Juni 2015 durchgeführten ambulanten Untersuchung der Klägerin basierende - Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie, Unfallchirurgie, Rheumatologie und Spezielle Schmerztherapie Dr. A vom 12. Juni 2015 eingeholt. Der Sachverständige hat bei der Prüfung der Beweglichkeit der Gelenke nach der Neutral-Null-Methode nachfolgende Ergebnisse notiert: Beim Anheben des Armes in Pfeilebene nach vorn und Rückstreckung rechts Werte von (in Grad) rechts 160/0/60 und links aktiv 90/0/20, passiv 120/0/40 sowie bei der Hebebewegung des Armes seitwärts und körperwärts rechts 150/0/40 und links aktiv 100/0/20, passiv 120/0/30. Die neurologische Untersuchung habe ergeben, dass die Muskeleigenreflexe rechts leicht abgeschwächt, der Triceps- und der Bicepssehnenreflex links ebenfalls abgeschwächt und der Radiusperiostreflex links nicht auslösbar waren. Bei der Untersuchung im Liegen hätten sich rechts keine Einschränkungen der groben Kraft im Bereich der Ober-und Unterarmbeuge- und streckmuskulatur, keine Störung der Oberflächen-und Tiefensensibilität sowie keine pathologischen Reflexe gefunden. Links hat der Sachverständige eine Hypästhesie im Bereich der Finger I-II (radial betont), eine Einschränkung der Tiefensensibilität, der Zwei-Punkte-Diskriminierung sowie des Lagesinns, eine Parese der Fingerstrecker 3 bis 4/5, der Handstrecker 3/5, der Interosseusmuskulatur 3 bis 4/5 und der Flexoren 5/5 festgestellt. Die Verletzung "Fraktur des linken Oberarmknochens" sei chirurgisch adäquat behandelt worden. Bei der Schädigung des Nervus radialis links sei eine unvollständige Remission der Funktion - es liege eine kombinierte sensomotorische Dauerschädigung vor - eingetreten. Die MdE im chirurgischen sowie im neurologischen Bereich hat er mit jeweils 10 v. H. eingeschätzt. Bei der Klägerin komme es zu einer gegenseitigen Verstärkung der Behinderungsfolgen im Bereich der Schulter und den Folgen der Nervenschädigung. Die Gesamt MdE betrage 20 v. H ...
Hierzu hat die Beklagte durch beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. C vom 26. Juni 2015 Stellung genommen: Im Hinblick auf die Empfehlungen der einschlägigen Fachliteratur könne der MdE-Schätzung nicht gefolgt werden. Der Sachverständige habe zwar grundsätzlich zutreffend darauf hingewiesen, dass die Bewegungseinschränkung im Schultergelenk mit der Möglichkeit, den Arm bis 120 Grad nach vorn anzuheben, mit einer MdE von 10 v. H. und eine inkomplette motorische und sensible Störung des Nervus radialis mit einer MdE von 10 v. H. zu bewerten sei. Nicht korrekt sei es jedoch, die Einzel-MdEs zu addieren. Vielmehr sei eine Gesamtschau erforderlich, nach welcher die Gesamt-MdE jedoch nicht 20 v. H. betragen könne. Neurologische Unfallfolgen seien zudem nicht elektrophysiologisch gesichert.
Hierzu hat der Sachverständige Dr. A am 22. September 2015 ergänzend Stellung genommen.
Auf Veranlassung des Senates hat der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R aufgrund ambulanter Untersuchung der Klägerin vom 24. Mai 2016 das orthopädisch-fachchirurgische Sachverständigengutachten vom 04. Juli 2016 erstellt. Seine Untersuchung ergab eine verminderte Sensibilität im Bereich des 1. und 2. Fingers der linken Hand und eine leichte Koordinationsstörung im Ablauf der Bewegungen des linken Armes gegenüber rechts. Es zeigte sich eine Schwäche der vom Nervus radialis versorgten Muskulatur mit Kraftgrad IV von V nach Janda, insbesondere die Finger- und Handstreckmuskeln links zeigten gegengegenüber rechts eine leichte Abschwächung, sowie eine leichte Verschmächtigung des Daumenballens links gegenüber rechts. Die übrigen Muskeln des linken Armes waren motorisch unauffällig. Die Beweglichkeit im linken Handgelenk zeigte keine von der Norm abweichenden Befunde. Die Kraftentfaltung des linken Armes im Schulterbereich war etwas zögerlich, aber nicht wesentlich abgeschwächt. Schultergelenk und Fingergelenke links zeigten eine geringe endgradige Bewegungseinschränkung bei reizloser Narbe und dem linken Arm außenseitig anliegendem Osteosynthesematerial. Dr. R kam zu dem Ergebnis, dass die unfallbedingte MdE zwar vom 01. November 2010 bis zum 03. August 2011 (Untersuchung durch Dr. D) 20 v. H. betragen habe. Ab dem 04. August 2011 bis dauerhaft betrage sie jedoch nur 10 v. H. wegen der nur geringen Bewegungseinschränkung des linken Armes mit noch möglicher Armhebung über 120°.
Die Klägerin hat sich mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2016, die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2016 mit einer Entscheidung des Senates durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheiden, da die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 07. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juni 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Einen Anspruch auf Verletztenrente hat die Klägerin ab dem 01. März 2012 nicht.
Gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) wird bei der erstmaligen Bestimmung einer Rente auf unbestimmte Zeit nach Gewährung einer vorläufigen Verletztenrente die MdE nach den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Befunden festgestellt. Für eine Herabsetzung der vorläufigen Verletztenrente bzw. Entziehung der vorläufigen Verletztenrente und Ablehnung einer Dauerrente bedarf es in diesem Fall keines Nachweises einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne einer wesentlichen Besserung. Bei der - hier - erstmaligen Bestimmung einer Rente auf unbestimmte Zeit ist die Beklagte daher auch nicht an die bisher zugrunde gelegte MdE gebunden, die sie noch der Gewährung der vorläufigen Verletztenrente zugrunde gelegt hat (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 19. Dezember 2013 – B 2 U 1/13 R –, SozR 4-2700 § 62 Nr. 2).
Nach § 56 Abs. 1 S. 1 des SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Nach § 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII sind die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Der Gesetzgeber bringt mit der wiederholten Formulierung "infolge" – vgl. §§ 8 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 Nr. 1, 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII - das Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss eine kausale Verknüpfung des Unfalls bzw. seiner Folgen mit der betrieblichen Sphäre bestehen, mithin eine rechtliche Zurechnung für besonders bezeichnete Risiken der Arbeitswelt beziehungsweise gleichgestellter Tätigkeiten, für deren Entschädigung die gesetzliche Unfallversicherung als spezieller Zweig der Sozialversicherung einzustehen hat, und zwar nicht nur im Sinne einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, sondern auch im Sinne der Zurechnung des eingetretenen Erfolges zum Schutzbereich der unfallversicherungsrechtlichen Norm als eines rechtlich wesentlichen Kausalzusammenhangs (Zurechnungslehre der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, etwa BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Die Frage nach diesem Zurechnungszusammenhang stellt sich auf drei Ebenen, nämlich als Unfallkausalität zwischen ausgeübter Tätigkeit und Unfallereignis, als haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden und als haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheitserstschaden und länger andauernden Unfallfolgen (BSG, a.a.O., Rn. 10; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 1.4, S. 21 f.). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit und des Unfallereignisses müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15)Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O., auch Rn. 18 und 20).
Dies zugrunde gelegt ist der Senat davon überzeugt (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG), dass bei der Klägerin als durch den anerkannten Arbeitsunfall vom 15. Februar 2009 bedingte Gesundheitsstörungen eine reizlose Narbe von 14 cm Länge im vorderen oberen linken Schulter-/Oberarmbereich sowie eine Narbe von 8 cm seitlich im linken Oberarmbereich mittig gelegen, eine Sensibilitätsminderung des 1. und 2. Fingers der linken Hand, eine Kraftminderung Kraftgrad Janda IV von V der vom Nervus radialis innervierten Muskulatur sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks und der Fingergelenke bei dem linken Oberarm außenseitig anliegendem Osteosynthesematerial festzustellen sind.
Hierbei nimmt der Senat zum einen Bezug auf die detaillierten Feststellungen des Sachverständigen Dr. R in seinem Gutachten vom 04. Juli 2016. Zum anderen stimmen diese Feststellungen mit denen des Sachverständigen Dr. A überein, der seinerseits als unfallbedingte Gesundheitsschäden "die Folgen der Fraktur des Oberarmknochens im Bereich des linken Armes" und "die kombinierte sensomotorische Restschädigung des Nervus radialis" als unmittelbare Folgen einer primär unfallbedingten Gesundheitsstörung bezeichnet.
Soweit sich nach alldem zwar eine haftungsausfüllende Kausalität zwischen unfallbedingtem Gesundheitserstschaden und am linken Arm fortbestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen annehmen lässt, geht der Senat jedoch nicht von einer rentenberechtigenden MdE aus. Mit den Sachverständigen Dr. R und Dr. A, die insoweit übereinstimmende Meinungen vertreten, ist die Einzel-MdE für die Funktionseinschränkung des linken Armes sowohl auf orthopädisch-chirurgischem Gebiet als auch auf neurologischem Gebiet mit jeweils 10 v. H. zu bewerten.
Nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII werden bei der Bemessung der MdE Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab: Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R -, zitiert nach juris Rn. 12).
Hieran gemessen liegen nach Überzeugung des Senats am linken Arm insgesamt keine unfallbedingten Funktionseinbußen vor, welche bei der Klägerin - in Ermangelung eines sog. Stützrententatbestands – auch im Rahmen einer Gesamtwürdigung eine MdE von mindestens 20 v.H. begründen könnten.
Zur Überzeugung des Senates steht fest, dass die unfallbedingt verbliebenen Funktionseinschränkungen des linken Armes auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet keine Einzel-MdE von mehr als 10 v. H. rechtfertigen. Insoweit hat der Sachverständige Dr. R festgestellt, dass die dokumentierten Bewegungsmaße im Rahmen der Untersuchung am 03. August 2011 durch Dr. D, am 26. Juni 2013 durch Dr. B und auch die im Rahmen seiner eigenen Untersuchung am 24. Mai 2016 erhobenen Befunde jeweils nur eine geringe und endgradige Bewegungseinschränkung des linken Armes bei im Wesentlichen seitengleichem Muskelmantel ohne höhergradige Bewegungs- oder Funktionsstörungen und nur geringen funktionellen Auswirkungen ergeben haben. Auch radiologisch bestünden keine wesentlichen, über das altersentsprechende Maß hinaus vorhandenen Verschleißerscheinungen.
Eine, den guten Heilungsverlauf belegende, geringe Bewegungseinschränkung des linken Armes, hatte bereits Dr. D am 26. Januar 2011 im Rahmen des Ersten Rentengutachtens festgestellt. Er dokumentierte eine Beweglichkeit des Schultergelenkes bei der Bewegung des Armes seitwärts/körperwärts (Normbefund:180°/0/20°-40°) rechts von 150°/0/40° und links von 140°/0/30°, bei Bewegung des Armes rückwärts/vorwärts (Normalbefund: 40°/0/150°-170°) rechts 45°/0/150° und links 45°/0/140° sowie Drehung des Armes auswärts/einwärts (Normalbefund: 40°-60°/0/95°) rechts 70°/0/75° und links 70°/0/70°. Die Beweglichkeit der Ellenbogengelenke betrug bei der Streckung/Beugung (Normalbefund: 0°/0/150°) rechts 0°/0/140° und links 0°/5/130°. Die Unterarmdrehung auswärts/einwärts (Normalbefund: 70°/0/70°) betrug rechts 90°/0/90° und links 80°/0/90°. Bei der Untersuchung am 03. August 2011 durch Dr. D im Rahmen des Zweiten Rentengutachtens zeigten die Bewegungsmaße keine Abweichung.
Am 26. Juni 2013 zeigte sich bei der Untersuchung der Klägerin durch Dr. B eine weiter gebesserte Bewegungsfähigkeit des linken Armes: Es wurde eine Beweglichkeit des Schultergelenkes bei der Bewegung der Arme seitwärts/körperwärts rechts von 170°/0/30° und links von 150°/0/30°, bei der Bewegung der Arme rückwärts/vorwärts seitengleich von 40°/0/160° sowie bei der Armdrehung auswärts/einwärts rechts von 60°/0/90° und links von 50°/0/80° festgestellt. Die Beweglichkeit der Ellenbogengelenke betrug bei der Streckung/Beugung seitengleich 0°/0/150°. Die Unterarmdrehung auswärts/einwärts war seitengleich mit 85°/0/85°.
Demgegenüber wurden durch Dr. A bei der Untersuchung der Klägerin am 05. Juni 2015 folgende Bewegungsmaße festgestellt: Bewegung des Armes seitwärts/körperwärts rechts 150°/0/40° und links aktiv 100°/0/20° und passiv 120°/0/30°, Bewegung des Armes rückwärts/vorwärts rechts 60°/0/160° und links aktiv 20°/0/90° und passiv 40°/0/120° sowie Drehung des Armes auswärts/einwärts rechts 70°/0/80° und links 60°/0/70°. Die Beweglichkeit der Ellenbogengelenke betrug bei der Streckung/Beugung rechts 0°/0/130° und links 0°/0/130°, aktive Streckung eingeschränkt. Die Unterarmdrehung auswärts/einwärts rechts betrug 80°/0/70° und links 50°/0/60°.
Diese Verschlechterung der Bewegungsmaße im Vergleich zu den Vorgutachten erklärt sich mitnichten durch eine Verschlechterung vorbestehender degenerativer Veränderungen der linken Schulter (AC-Gelenksarthrose) im Zusammenhang mit einer - nach Auffassung von Dr. A - unfallbedingt verstärkten Symptomatik. Zwar kann der Senat eine gewisse mittelbare Verstärkung der durch die vorbestehende Arthrose des Schultereckgelenkes bedingten Symptomatik durch die unmittelbaren Unfallfolgen (Fraktur des Oberarmknochens und Schädigung des Nervus radialis) nicht ausschließen. Jedoch überzeugt die Argumentation des Sachverständigen Dr. A und die von ihm festgestellte weitreichendere Bewegungseinschränkung linksseitig allein schon deshalb nicht, weil in der zeitlich späteren Begutachtung der Klägerin durch den Sachverständigen Dr. R deutlich bessere Bewegungsmaße ermittelt und dokumentiert wurden. So wurden durch Dr. R bei der Untersuchung der Klägerin am 24. Mai 2016 folgende Bewegungsmaße festgestellt: Bewegung des Armes seitwärts/körperwärts rechts 160°/0/30° und links 140°/0/30°, Bewegung des Armes vorwärts/rückwärts rechts 160°/0/20° und links 130°/0/20° sowie Drehung des Armes auswärts/einwärts rechts 70°/0/80° und links 60°/0/70°. Die Beweglichkeit der Ellenbogengelenke betrug bei der Streckung/Beugung seitengleich 5°/0/150° und die Unterarmdrehung auswärts/einwärts seitengleich 80°/0/80°. Zudem überschreiten die geringen degenerativen Verschleißerscheinungen der Schultergelenke der zum Zeitpunkt der Untersuchung 64 Jahre alten Klägerin nicht das altersübliche Maß.
Im chirurgisch-orthopädischen Bereich ist aufgrund der bis in das Jahr 2011 zurückreichenden Betrachtung der dokumentierten Bewegungsmaße eine Einzel-MdE i. H. v. 10 v. H. maximal anzuerkennen. Dieser Einschätzung der Sachverständigen Dr. R und Dr. A vermag der Senat zu folgen, da auch nach den wissenschaftlich-medizinischen Erfahrungswerten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 523) erst bei der weitreichenderen Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes vorwärts/seitwärts bis 90°, Rotation frei, eine MdE von 20 v. H. als angemessen betrachtet wird, bei geringerer Bewegungseinschränkung bis 120° hingegen nur eine MdE von 10 v. H ...
Auch soweit die Funktionseinschränkungen des linken Armes der Klägerin den neurologischen Bereich betreffen, ist für die inkomplette motorische und sensible Lähmung des Nervus radialis nur eine Einzel-MdE i. H. v. 10 v. H. anzusetzen. Nachvollziehbar und schlüssig begründete Dr. R dies damit, dass bis auf eine Sensibilitätsstörung am 1. und 2. Finger und eine geringfügige Koordinationsstörung aufgrund der unterschiedlichen Innervation eine leichte Schwäche der Finger- und Handstrecker mit Kraftgrad Janda IV von V besteht. Er betonte, dass sich in der Bewertung dieser Einzel-MdE mit 10 v. H. sämtliche Gutachter, auch Dr. A, einig sind. Dieser Einschätzung vermag der Senat zu folgen, da auch nach den wissenschaftlich-medizinischen Erfahrungswerten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 229) nur bei einem vollständigen Ausfall des Nervus radialis die MdE mit 30 v. H., bzw. mit 25 v. H. im hier betroffenen mittleren Bereich bzw. mit 20 v. H. im unteren Bereich zu bemessen ist. Teilweise Schädigungen, Lähmungen des Nerves sind geringer zu bemessen (a.a.O.).
In einer integrierenden Gesamtbetrachtung aller funktionellen Einschränkungen erreicht die Gesamt-MdE in Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung des SG nicht den rentenberechtigenden Wert von 20 v. H ... Bei einer Gesamtschau sind auch nebeneinander bestehende Funktionseinschränkungen nicht einfach zu addieren, sondern führen in der Regel zu einer Gesamt-MdE, die niedriger als die Summe der Einzelschäden ist. Dabei können besondere, wechselseitige Beziehungen der Funktionseinschränkungen im Einzelfall eine höhere Gesamt-MdE begründen. Überlagern sich Einschränkungen einzelner Unfallfolgen funktionell weitgehend, ist insoweit das Vorliegen mehrerer Teil-MdE-Werte bei der Bildung der Gesamt-MdE nicht erhöhend zu berücksichtigen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, S. 103 f.; Kranig in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch SGB VII, Rn. 44 zu § 56 SGB VII; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 28. September 2010 – L 3 U 335/09 –, juris Rn. 30). Vorliegend bestehen zwischen den Unfallfolgen auf neurologischem Fachgebiet (sensomotorische Restschädigung des Nervus radialis) einerseits und auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet (Funktionsminderung) andererseits, die jeweils den linken Arm betreffen, wesentliche Überschneidungen, so dass bei zwei Teil-MdE-Werten von jeweils 10 v.H. keine Gesamt-MdE von 20 v. H. angemessen ist.
Die von Dr. A vertretene Auffassung, dass sich die Behinderungen im Bereich der linken Schulter und die Folgen der Nervenschädigung derart gegenseitig verstärkten, dass eine Gesamt-MdE i. H. v. 20 v. H. festzustellen sei, kann der Senat nicht nachvollziehen. Insoweit hat Dr. R zutreffend darauf verwiesen, dass eine endgradige Einschränkung der Bewegungsfunktion der Schulter keine wesentlichen Auswirkungen auf bestehende Missempfindungen im Bereich des 1. und 2. Fingers sowie eine leicht veränderte Innervation oder Koordinationsstörung im Ablauf der Muskelketten bzw. einer leichten Kraftminderung der Hand- und Fingerstrecker habe. Wesentliche wechselseitige Beeinflussungen der noch bestehenden leichten motorischen und sensiblen Schwäche des Nervus radialis und der Funktionsstörungen der linken Schulter seien nicht festzustellen. Sie wirkten sich gerade nicht ungünstig verstärkend aus, so dass eine Erhöhung der MdE über 10 v. H. nicht festgestellt werden könne. Zudem ist - im Rahmen der hier zu beurteilenden Dauerrente – bei der Bestimmung der MdE zu berücksichtigen, dass bei der rechtshändigen Klägerin nicht die führende Hand von den Unfallfolgen betroffen ist und zwischenzeitlich auch eine Gewöhnung und Anpassung an die Funktionsminderung eingetreten ist (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2013 – B 2 U 1/13 R –, juris Rn. 18).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist mangels Zulassungsgrundes nach § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.
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