Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 903/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 297/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Rentenleistungen, die von einem Rentenversicherungsträger mit schuldbefreiender Wirkung vorübergehend an die ausgleichspflichtige Person noch erbracht wurden, sind nicht als Versorgungsbezug des Ausgleichsberechtigten im Sinne des § 37 Abs. 2 VersAusglG anzusehen.
I. Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.02.2011 und der Bescheid vom 05.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2010 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die dem Kläger bewilligte Rente ab 01.02.2010 ungekürzt zu gewähren.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Altersrente ohne Kürzung durch Versorgungsausgleich hat.
Der 1942 geborene Kläger erhielt von der Beklagten mit Rentenbescheid vom 06.11.2002 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab dem 01.06.2002 bewilligt; ab dem 01.08.2002 wurde die Rente wegen Hinzuverdienstes aus selbstständiger Tätigkeit als Teilrente in Höhe von einem Drittel der Vollrente geleistet. Aufgrund eines Bescheides vom 23.01.2006 erhielt der Kläger ab 01.10.2005 und fortlaufend Altersrente für langjährig Versicherte.
Der Kläger war bis 2006 mit der 1945 geborenen und am 15.01.2010 verstorbenen I. A. verheiratet. Im Scheidungsurteil des Amtsgerichts St.W. - Familiengericht - vom 30.10.2006 (Az. 6 F 103/06 S) wurde zugleich eine Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 492,69 Euro bzw. den entsprechenden Entgeltpunkten festgelegt. Das Urteil ist hinsichtlich des Versorgungsausgleiches seit dem 19.12.2006 rechtskräftig, wie der Beklagten mit Schreiben des Familiengerichts vom 29.12.2006 mitgeteilt wurde. Dieses Schreiben ging am 03.01.2007 bei der Beklagten ein und diese teilte dem Kläger mit Schreiben vom 05.01.2007 mit, dass sich die übertragene Rentenanwartschaft auf 18,8553 Punkte belaufe. Mit Rentenbescheid vom 18.01.2007 wurde die monatliche Rente des Klägers für die Zeit ab März 2007 unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs neu berechnet. Zugleich wurde der geschiedenen Ehefrau des Klägers ab 01.03.2007 die bereits zuvor bezogene Altersrente für Frauen neu bewilligt, nunmehr unter Einbeziehung des Zuschlags aus dem Versorgungsausgleich.
Nachdem die geschiedene Ehefrau des Klägers am 15.01.2010 verstorben war, stellte der Kläger mit Telefaxschreiben vom 27.01.2010 einen Antrag auf Durchführung der Anpassung des Versorgungsausgleichs nach § 37 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) mit dem Ziel, dass seine Rente nicht länger aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt werde. Die Beklagte habe dem Kläger mitgeteilt, dass die Entscheidung über den Versorgungsausgleich am 19.12.2006 rechtskräftig geworden sei; die Zahlung einer eigenen Altersrente unter Berücksichtigung der übertragenen Rentenanwartschaften sei erstmals zum Monat März 2007 bewirkt worden. Der Kläger legte der Beklagten eine Sterbeurkunde bezüglich seiner verstorbenen geschiedenen Ehefrau vor. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 05.02.2010 den Antrag ab. Nach § 37 VersAusglG werde die Rente der ausgleichspflichtigen Person nicht gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person verstorben sei und nicht länger als 36 Monate Rente aus den erworbenen Anrechten bezogen habe. Die frühere Ehefrau des Klägers habe vom 01.01.2007 bis 31.01.2010 eine Altersrente unter Berücksichtigung der aus dem Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften erhalten - also mehr als 36 Monate. Zwar habe der eigene Rentenbezug der früheren Ehefrau des Klägers erst im März 2007 eingesetzt. Rente aus einer beim Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaft, die im Rahmen des Schuldnerschutzes (§ 1587 p Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - und § 30 VersAusglG) noch an die ausgleichspflichtige Person gezahlt worden sei, sei hierbei aber der zeitlichen Grenze von 36 Monaten hinzuzurechnen, denn materiell-rechtlich habe diese Leistung der ausgleichsberechtigten Person zugestanden. Dies betreffe hier die zwei Monate Januar und Februar 2007. Weil die frühere Ehefrau des Klägers länger als 36 Monate Rente aus den erworbenen Anrechten bezogen habe, seien die Voraussetzungen für die beantragte Rentenanpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Telefax vom 05.03.2010 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2010 zurückwies. Neue Tatsachen seien nicht vorgetragen worden und nicht ersichtlich gewesen.
Mit Schreiben vom 27.07.2010 hat der Kläger am 28.07.2010 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Er hat damit argumentiert, dass die Zahlung im Hinblick auf den am 19.12.2006 rechtskräftig gewordenen Versorgungsausgleich erstmals zum Monat März 2007 erfolgt sei. Es spreche viel dafür, dass die Bescheinigung über die Rechtskraft des streitgegenständlichen Urteils noch im Monat Dezember 2006 an die Beklagte zugestellt worden sei und die Schuldnerschutzfrist des § 1587 p BGB mit dem Januar 2007 geendet habe. Damit wären die von der berechtigten Ehefrau nach § 1587 p BGB beim Kläger tatsächlich eingeforderten - und offensichtlich vom Kläger für den gesamten Zeitraum erbrachten - Unterhaltsleistungen für die Zeit ab 01.02.2007 eindeutig nicht (mehr) als Zahlungen im Wege des Schuldnerschutzes anzusehen. Die verstorbene Ehefrau habe somit in jedem Fall weniger als 36 Monate Leistungen i.S. von § 37 VersAusglG bezogen.
Die Beklagte hat auf den Akteninhalt verwiesen, wonach die Rechtskraftmitteilung vom 29.12.2006 erst am 03.01.2007 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eingegangen ist. Die Schutzfrist des § 1587 p BGB habe demnach am 01.01.2007 begonnen und am 28.02.2007 geendet. Aufgrund mündlicher Verhandlung hat das Sozialgericht Nürnberg mit Urteil vom 17.02.2011 die Klage abgewiesen. Es ist zum Ergebnis gekommen, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht 37 Monate lang bezogen habe. Zwar habe sie von ihrem Rentenversicherungsträger erst ab 01.03.2007 erhöhte Rente erhalten, die Monate Januar und Februar 2007 seien jedoch ebenfalls als Monate des Versorgungsbezugs i.S. des § 37 Abs 2 VersAusglG zu zählen. Wegen der bereits im Dezember 2006 eingetretenen Rechtskraft habe der geschiedenen Ehefrau des Klägers bereits ab dem Monat Januar 2007 ein höherer Rentenanspruch zugestanden. Auf den Beginn der Schutzfrist am 03.01.2007 komme es hierbei nicht an. Diese diene nur der Berechnung des Endes der Schutzfrist.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit Schreiben vom 25.03.2011 per Telefax am 28.03.2011 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Es sei zu berücksichtigen, dass § 37 VersAusglG eindeutig auf den tatsächlichen Leistungsbezug abstelle und nicht seitens des erstinstanzlichen Gerichts eine sog. "materiell-rechtliche Betrachtungsweise" zum Einsatz gebracht werden könne. Es könne nicht darauf ankommen, ob eine geschiedene Ehefrau den Betroffenen nach Vorschriften des BGB auf Zahlung irgendwelcher Rentenbeträge oder Ausgleichsbeträge in Anspruch nehme oder nicht. Würde man diese Betrachtungsweise anstellen, so würde die Berechnung des maßgeblichen Zeitraums nach § 37 VersAusglG der Beliebigkeit unterfallen. Ansprüche privatrechtlicher Natur gegen den geschiedenen, ausgleichspflichtigen Ehegatten seien davon eben gerade nicht erfasst.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.02.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 05.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die dem Kläger bewilligte Rente ab 01.02.2010 ungekürzt zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.02.2011 zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig und begründet. Die Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts Nürnberg zur Berechnung der Dauer des Rentenbezugs der verstorbenen geschiedenen Ehefrau des Klägers und zur Anwendung der Vorschriften des VersAusglG wird vom Senat nicht geteilt.
Die Beklagte hat die Altersrente des Klägers im Gefolge des mit Urteil des Familiengerichts St. W. vom 30.10.2006 verfügten Versorgungsausgleichs, der ab 19.12.2006 rechtskräftig geworden war, in Höhe der der Ausgleichspflicht entsprechenden Entgeltpunkte reduziert, weil der Kläger im Rahmen dieses Versorgungsausgleichs zum Ausgleich zu Gunsten seiner früheren Ehefrau verpflichtet worden war. Die Berechtigung der Beklagten für die Durchführung dieser Reduzierung als solche ergibt sich aus §§ 1587, 1587 a und 1587 b BGB iVm § 76 Abs. 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) und ist zwischen den Beteiligten auch unstrittig.
Die Beklagte hat die Reduzierung der Rente des Klägers um den Abschlag aus dem Versorgungsausgleich durch Rentenbescheid vom 18.01.2007 mit Wirkung zum 01.03.2007 umgesetzt. Soweit der Kläger annimmt, die Schuldnerschutzfrist des § 1587 p BGB wäre nur bis zum 31.01.2007 gelaufen, wäre an sich die Berechtigung der Beklagten zur nachträglichen Abänderung des Beginns der Reduzierung zu prüfen. Dies ist jedoch entbehrlich, da sich aus den Akten eindeutig entnehmen lässt, dass die Beklagte erst am 03.01.2007 von der Rechtskraft des Versorgungsausgleichs Kenntnis erlangt hat und die Frist des § 1587 p BGB korrekt bis zum 28.02.2007 - Ende des Folgemonats - angenommen worden war. Umgekehrt entfällt damit die Grundlage für die Argumentation des Klägers, dass seine Unterhaltszahlung an die geschiedene frühere Ehefrau im Februar 2007 schon deshalb nicht als Ersatz für eine Rentenzahlung angesehen werden dürfe, weil für diesen Monat die Frist des § 1587 p BGB bereits abgelaufen gewesen wäre. Ebenso wenig war deshalb zu prüfen, ob im Fall des früheren Fristablaufs der geschiedenen früheren Ehefrau des Klägers schon ab Februar 2007 ein Zuschlag zu Ihrer Rente aus dem Versorgungsausgleich unmittelbar durch den Rentenversicherungsträger zu zahlen gewesen wäre.
Die rechtmäßig durchgeführte Reduzierung der Rente des Klägers um den Abschlag aus dem Versorgungsausgleich hatte auch zum Zeitpunkt des Todes der Ausgleichsberechtigten - der geschiedenen früheren Ehefrau des Klägers - im Januar 2010 Bestand. Noch im Januar 2010 - Telefax vom 27.01.2010 - hat der Kläger einen Antrag gestellt, die infolge des Versorgungsausgleichs veranlasste Kürzung seiner Altersrente für die Zukunft rückgängig zu machen. Nachdem dieser Antrag nach dem 01.09.2009 gestellt worden ist, ist darauf das ab diesem Zeitpunkt neu geltende VersAusglG anzuwenden, wie sich aus § 48 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG entnehmen lässt: Es liegt kein Verfahren vor, das vor dem 01.09.2009 eingeleitet worden wäre. Allein die Tatsache, dass der Versorgungsausgleich selbst vor diesem Stichtag erfolgt ist, reicht nicht aus, um die Anwendung alten Rechts - also des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) - zu begründen.
Als Rechtsgrundlage für den Antrag des Klägers kommt die Vorschrift zur Anpassung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person (§ 37 VersAusglG) in Betracht. § 37 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG regelt zunächst allgemein: "Ist die ausgleichsberechtigte Person gestorben, so wird ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt." Diese Voraussetzungen hat der Kläger sämtlich erfüllt. Er ist ausgleichspflichtige Person. Sein Anrecht - worunter auch eine bereits laufende Rentenzahlung fällt - ist auf Grund eines Versorgungsausgleichs gekürzt. Die frühere Ehefrau des Klägers, die Ausgleichsberechtigte war, ist zwischenzeitlich verstorben. Der Kläger hat auch einen Antrag auf Rücknahme der Kürzung gestellt. Dieser ist noch innerhalb des Kalendermonats erfolgt, in dem die geschiedene frühere Ehefrau des Klägers verstorben war - Januar 2010 -, sodass die Änderung zum Folgemonat - d.h. dem vom Kläger beantragten Zeitpunkt Februar 2010 - erfolgen kann (§ 38 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 3 VersAusglG).
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Anwendung dieser Vorschrift im Fall des Klägers auch nicht nach § 37 Abs. 2 VersAusglG ausgeschlossen. § 37 Abs. 2 VersAusglG enthält folgende - sehr weitreichende - Einschränkung: "Die Anpassung nach Absatz 1 findet nur statt, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat."
Hintergrund dieser Regelung ist, dass das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, dass die Rückabwicklung eines Versorgungsausgleichs nicht an die Tatsache gekoppelt sein dürfe, dass zuvor keinerlei Leistungen aus dem Versorgungsausgleich angefallen gewesen seien. Eine solche absolute Regelung sei nicht verfassungsgemäß; vielmehr sei eine gesetzliche Härtefallregelung erforderlich (BVerfG, Urt. v. 28.02.1980, Az. 1 BvL 17/77 - zitiert nach juris). Dies berücksichtigt die Erfahrungstatsache, dass es bei einer tödlich verlaufenden Erkrankung in jungen Jahren durchaus häufiger vorkommt, dass noch für einige Wochen Erwerbsminderungsrente zu zahlen ist, was dann den völligen Verlust von weiteren Leistungen aus den Beiträgen, die dem Zuschlag durch den Versorgungsausgleich entsprochen haben, nach sich ziehen würde. Dies würde eine besondere Härte mit sich bringen, die nicht durch die notwendige Durchführung eines Versorgungsausgleichs geboten wäre und damit einen nicht mehr zu rechtfertigenden Eingriff in die durch die Beitragszahlung erworbenen Anwartschaften mit sich bringen würde. Die Neuregelung in § 37 Abs. 2 VersAusglG setzt einerseits die Vorgaben des BVerfG dahingehend um, dass mit einer zulässigen - für die Rückabwicklung unschädlichen - Leistungsdauer von bis zu 3 Jahren auf eine deutliche Dauerhaftigkeit der Lebensverhältnisse abgehoben wird. Seitens der Rechtsprechung wird diese Regelung auch als verfassungsgemäß eingeordnet (VG Trier, Urt. v. 31.01.2012, Az. 1 K 1349/11.TR; VG Düsseldorf, Urt. v. 25.01.2013, Az. 13 K 5193/12 und zur Vorgängerregelung BVerfG, Urt. v. 05.07.1989, Az. 1 BvL 11/87 - jeweils zitiert nach juris). Andererseits verhindert die Vorschrift, dass - wie es bei einer völlig unbegrenzten Anwendung von Absatz 1 der Fall wäre - die Versichertengemeinschaft deutlich überhöhte Leistungsrisiken tragen müsste, weil für eine Beendigung von Rentenzahlungsansprüchen sowohl das Versterben des Ausgleichsberechtigten als auch des Ausgleichsverpflichteten erfolgt sein müsste.
Indes sind Regelungen des Gesetzgebers über eine Begrenzung eines Zeitraums grundsätzlich ebenso verfassungsrechtlich zulässig wie Stichtagsregelungen. Die verfassungsrechtliche Prüfung von Stichtagsvorschriften muss sich auf die Frage beschränken, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und die gefundene Lösung sich im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (vgl. z.B. BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 18.03.2013, Az. 1 BvR 2436/11, 1 BvR 3155/11, Rn 34 mwN - nach juris). Eine weitere Ausweitung der vom Gesetzgeber geschaffenen Grenze von 36 Monaten unschädlichem Leistungsbezug ist nicht geboten, da ja bereits diese Grenze zur Abmilderung von Härten geschaffen worden war.
Maßgeblich ist somit allein, ob die verstorbene geschiedene Ehefrau des Klägers als ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht länger als 36 Monate bezogen hat oder nicht. Beweispflichtig hierfür ist die Beklagte, die sich auf das Vorliegen dieser einschränkenden gesetzlichen Regelung beruft, durch die der entsprechend § 37 Abs. 1 VersAusglG entstandene Anspruch des Klägers auf Rücknahme der Kürzung der Rentenzahlung wegfällt.
Der an die Klägerin gerichtete Rentenbescheid, der auf den Versorgungsausgleich als Grundlage für die erhöhten Zahlungen rekurrierte, betraf nach der Aktenlage eindeutig eine Rentenzahlung ab März 2007. Nachdem die Zahlung danach fortlaufend in gleicher Weise erfolgte und auch noch im Todesmonat der verstorbenen früheren Ehefrau des Klägers - Januar 2010 - erfolgt ist, sind im Gefolge dieses Rentenbescheids - auch zwischen den Beteiligten insoweit unstreitig - 35 Monate Rentenleistungen gezahlt worden.
Der Bezug einer Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht durch die verstorbene geschiedene frühere Ehefrau des Klägers wäre im vorliegenden Fall nur dann länger als 36 Monate erfolgt gewesen, wenn auch die Monate Januar und Februar 2007 unter diese Vorschrift gefallen wären, was nach Ansicht des Senats nicht der Fall ist.
Dies ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut der Regelung. § 37 Abs. 2 VersAusglG stellt allerdings nicht unmittelbar nur auf Rentenzahlungen aus einem eigenen Rentenbescheid ab, sondern verwendet die Formulierung "Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht". Zusätzlich muss diese Versorgung auch tatsächlich bezogen worden sein. Nach den im Rechtsstreit erfolgten Darlegungen hat die verstorbene frühere Ehefrau des Klägers am 07.02.2007 gegenüber dem Kläger einen Unterhaltsanspruch unter Berufung auf § 1587 p BGB - auch - für diese beiden Monate geltend gemacht; dass sie unter der Annahme eines hierfür nicht zutreffenden Datums der Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung für zwei weitere Monate ebenfalls eine Zahlung gefordert hatte, ist für die Beurteilung der Monate Januar und Februar 2007 unschädlich. Nachdem der Versorgungsausgleich nach den vorliegenden Unterlagen am 19.12.2006 rechtskräftig und sofort wirksam geworden ist, hatte die geschiedene frühere Ehefrau des Klägers ab dem darauf folgenden Monatsbeginn - also dem Januar 2007 - einen Anspruch aus § 1587 p BGB. Ausgehend von den Ausführungen des Klägers zur Rechtsnatur seiner Zahlungen hat der Kläger den Anspruch offensichtlich auch in der Folgezeit erfüllt. Damit hat für die Monate Januar und Februar 2007 ein tatsächlicher Bezug von Zahlungen, die der Höhe nach dem Anspruch der geschiedenen früheren Ehefrau des Klägers auf eine erhöhte Rentenzahlung unter Einbezug des Ausgleichsanspruches im Versorgungsausgleich entsprochen haben, vorgelegen.
Es handelte sich dabei zur Überzeugung des Senats jedoch nicht um eine Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht. Diese Zahlungen wurden nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar - d.h. über den Kläger - vom Rententräger erbracht und zudem nicht von dem Rententräger, der für die Zahlungen an die Klägerin zuständig gewesen ist. Vielmehr hat die Rentenversicherung in der Übergangszeit dieser beiden Monate nach der Vorschrift des § 30 VersAusglG schuldbefreiend an den bisherigen Leistungsempfänger, d.h. den Ausgleichsverpflichteten, gezahlt gehabt. Diese Zahlung resultierte nicht aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht, sondern aus den noch nicht reduzierten Beitragsansprüchen des Klägers. Auch die Zahlung des Klägers an seine geschiedene frühere Ehefrau resultierte nicht direkt aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anspruch, sondern nur aus dem im Gefolge des Versorgungsausgleichs entstandenen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch des § 1587 p BGB.
Für eine erweiternde Auslegung, mit der diese Zahlung analog unter § 37 Abs. 2 Vers-AusglG gefasst würde, ist schon deshalb kein Raum, da eine Vorschrift, die Rechte einschränkt und letztlich sogar das Eigentumsrecht aus Art. 14 Grundgesetz (GG) berührt, nur soweit reichen kann, wie der Gesetzgeber die Beschränkungen klar geregelt hat.
Dies betrifft auch die auf der hierzu ergangenen Verwaltungsregelung beruhende Auffassung der Beklagten, wonach nicht die formale Durchführung der Versorgung, sondern der dahinter stehende materiell-rechtliche Anspruch darauf maßgeblich sein solle. Konkret hätte dies nämlich schwierige Ermittlungen und möglicherweise unzureichende Ergebnisse zur Folge: Da der Wortlaut unmissverständlich auf einen tatsächlichen Bezug abstellt, käme die Berücksichtigung dieser Zeiten auf den in § 37 Abs. 2 VersAusglG festgelegten Umfang von maximal 36 Monaten unschädlichem Leistungsbezug nicht in Betracht, wenn der zivilrechtliche Anspruch der Berechtigten, d.h. der geschiedenen früheren Ehefrau des Klägers, nicht befriedigt worden wäre. Allerdings könnte die Zahlung an einer fehlenden Geltendmachung des Anspruches oder einem Nichtdurchsetzen mittels eines Gerichts gescheitert sein, was unklar werden ließe, ob dies dann eine weitere Erweiterung des § 37 Abs. 2 VersAusglG nach sich ziehen sollte. Ebenso könnte es sein, dass erst nachträglich, d.h. nach dem Tod der Berechtigten, ein Gerichtsverfahren zur Durchsetzung des Anspruches nach § 1587 p BGB zum Abschluss kommen könnte, was dann eine nochmalige Korrektur der Anwendung von § 37 Abs. 1 VersAusglG erforderlich machen würde, weil dann der Bezug quasi nachgeholt worden wäre.
Soweit die Kommentarliteratur die Rechtsauffassung teilt, die in den entsprechenden Verwaltungsanweisungen der Beklagten vertreten wird, wird keine nähere Begründung abgegeben: Nach Göhde (in: Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht, Rolfs/Giesen/ Kreikebohm/Udsching, Stand 01.03.2011, § 37 VersAusglG Rn 2 aE) sind dem Berechtigten Leistungen zuzurechnen, die wegen der Schutzfrist des § 30 VersAusglG noch an den Verpflichteten gezahlt worden sind. Der sich anschließende Verweis auf frühere Rechtsprechung (BSG, Urt. v. 14.02.1990, Az. 1 RA 111/88 - zitiert nach juris) trägt insofern nicht, als dort zwar über die Einbeziehung von Zahlungen nach § 1587 p BGB in die Vorschrift des § 4 Abs. 2 VAHRG judiziert wurde, aber der Charakter der Neuregelung des § 37 VersAusglG sich doch erheblich von der früheren Gesetzeslage unterscheidet. Nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 16/10444, S. 76) soll durch die Neuregelung die komplizierte Berechnungsvorschrift des § 4 Abs. 2 VAHRG vereinfacht werden. Dabei werden dem Rentenversicherungsträger auch zusätzliche Belastungen zugemutet, wenn etwa der Bezug von Leistungen durch Hinterbliebene des Ausgleichsberechtigten nicht mehr der Aufhebung der Versorgungskürzung entgegensteht. Auch hinsichtlich der zugeordneten Nachweispflichten nach § 38 Abs. 3 VersAusglG ist nicht die Rede von der Vorlage von Nachweisen über die Erbringung von Zahlungen nach § 1587 p BGB (BT-Drs. aaO, S. 76 a.E.), die Voraussetzung für eine Entscheidung darüber wären, ob § 37 Abs. 2 Vers-AusglG erfüllt wäre oder nicht. Etwas anderes würde nur gelten, wenn man unabhängig von der tatsächlichen Zahlung an den Ausgleichsberechtigten alle unter § 1587 p BGB fallenden Zahlungen des Rentenversicherungsträgers an den Ausgleichsverpflichteten als ausreichend für einen "Bezug einer Versorgung durch die ausgleichsberechtigte Person auf Grund eines Anspruchs aus dem Versorgungsausgleich" ansehen wollte, was dem Wortlaut der Vorschrift nicht entspricht.
Die Rechtsauffassung des Senats wird gestützt durch Gräper (in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2010, § 37 VersAusglG Rn 10), der davon ausgeht, dass sich der Beginn der in § 37 Abs. 2 VersAusglG angesprochenen Versorgung aus dem Leistungsbescheid gegenüber dem Ausgleichsberechtigten ergibt und im Übrigen ebenso deren Ende.
§ 37 Abs. 2 VersAusgl ist auch nicht als Schutzvorschrift für den Rentenversicherungsträger, sondern für den Härteausgleich bezüglich des Ausgleichsverpflichteten konzipiert worden, wie sich aus der Einführung der Vorgängervorschrift und der Begründung für das Reformkonzept zum Versorgungsausgleich (BT-Drs. 16/10144) ersehen lässt. Die zugehörigen Schutzvorschriften für den Rentenversicherungsträger sind in erster Linie in § 30 VersAusglG und zum Teil auch noch in § 38 Abs. 3 VersAusglG angesiedelt. Die Nachteile für den Rentenversicherungsträger und die Versichertengemeinschaft, die sich aus der vom Senat vertretenen Rechtsauffassung ergeben, sind auch insofern hinnehmbar, als anders als bei der zusätzlichen unberücksichtigten Gewährung von Hinterbliebenenrenten in diesem Fall zu keinem Zeitpunkt doppelte Verpflichtungen anfallen: Die vom Versorgungsausgleich betroffenen Entgeltpunkte führen entweder beim Ausgleichsverpflichteten oder beim Ausgleichsberechtigten zu Zahlungen, nie aber gleichzeitig bei beiden. Der Gesetzgeber zielte jedenfalls darauf ab, dass mit der Reform der Versorgungsausgleich künftig zu gerechteren Ergebnissen führen werde, anwenderfreundlicher ausgestaltet sei und zugleich Rücksicht auf die berechtigten Belange der Versicherungsträger bei der verwaltungsmäßigen Umsetzung des Versorgungsausgleichs nehme (BT-Drs. aaO S.29 f). Diesem Sinn und Zweck der Vorschrift entspricht die vom Senat vorgenommene Rechtsauslegung.
Wenn allerdings auf Grund besonderer Umstände bei der Bekanntgabe der Rechtskraft - anders als im vorliegenden Fall - der von § 30 VersAusglG erfasste Zeitraum besonders lang geworden wäre, sollte es dem Rentenversicherungsträger wohl offenstehen, von vornherein und unter Verzicht auf die Schutzwirkung von § 30 VersAusglG ab dem Beginn des Anspruchs des Ausgleichsberechtigten und damit nachträglich diesem erhöhte Leistungen zu gewähren und zugleich gegenüber dem Ausgleichsverpflichteten eine Teilaufhebung und Rückforderung zu veranlassen.
Nach all dem war auf die Berufung des Klägers das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Nürnberg aufzuheben und die Beklagte war dazu zu verurteilen, dem Kläger ab Februar 2010 seine Altersrente ohne Abzug von Entgeltpunkten aus einem Versorgungsausgleich auszuzahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zugelassen, weil die hier streitgegenständliche Rechtsfrage der Auslegung von § 37 VersAusglG grundsätzliche Bedeutung hat.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Altersrente ohne Kürzung durch Versorgungsausgleich hat.
Der 1942 geborene Kläger erhielt von der Beklagten mit Rentenbescheid vom 06.11.2002 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab dem 01.06.2002 bewilligt; ab dem 01.08.2002 wurde die Rente wegen Hinzuverdienstes aus selbstständiger Tätigkeit als Teilrente in Höhe von einem Drittel der Vollrente geleistet. Aufgrund eines Bescheides vom 23.01.2006 erhielt der Kläger ab 01.10.2005 und fortlaufend Altersrente für langjährig Versicherte.
Der Kläger war bis 2006 mit der 1945 geborenen und am 15.01.2010 verstorbenen I. A. verheiratet. Im Scheidungsurteil des Amtsgerichts St.W. - Familiengericht - vom 30.10.2006 (Az. 6 F 103/06 S) wurde zugleich eine Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 492,69 Euro bzw. den entsprechenden Entgeltpunkten festgelegt. Das Urteil ist hinsichtlich des Versorgungsausgleiches seit dem 19.12.2006 rechtskräftig, wie der Beklagten mit Schreiben des Familiengerichts vom 29.12.2006 mitgeteilt wurde. Dieses Schreiben ging am 03.01.2007 bei der Beklagten ein und diese teilte dem Kläger mit Schreiben vom 05.01.2007 mit, dass sich die übertragene Rentenanwartschaft auf 18,8553 Punkte belaufe. Mit Rentenbescheid vom 18.01.2007 wurde die monatliche Rente des Klägers für die Zeit ab März 2007 unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs neu berechnet. Zugleich wurde der geschiedenen Ehefrau des Klägers ab 01.03.2007 die bereits zuvor bezogene Altersrente für Frauen neu bewilligt, nunmehr unter Einbeziehung des Zuschlags aus dem Versorgungsausgleich.
Nachdem die geschiedene Ehefrau des Klägers am 15.01.2010 verstorben war, stellte der Kläger mit Telefaxschreiben vom 27.01.2010 einen Antrag auf Durchführung der Anpassung des Versorgungsausgleichs nach § 37 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) mit dem Ziel, dass seine Rente nicht länger aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt werde. Die Beklagte habe dem Kläger mitgeteilt, dass die Entscheidung über den Versorgungsausgleich am 19.12.2006 rechtskräftig geworden sei; die Zahlung einer eigenen Altersrente unter Berücksichtigung der übertragenen Rentenanwartschaften sei erstmals zum Monat März 2007 bewirkt worden. Der Kläger legte der Beklagten eine Sterbeurkunde bezüglich seiner verstorbenen geschiedenen Ehefrau vor. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 05.02.2010 den Antrag ab. Nach § 37 VersAusglG werde die Rente der ausgleichspflichtigen Person nicht gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person verstorben sei und nicht länger als 36 Monate Rente aus den erworbenen Anrechten bezogen habe. Die frühere Ehefrau des Klägers habe vom 01.01.2007 bis 31.01.2010 eine Altersrente unter Berücksichtigung der aus dem Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften erhalten - also mehr als 36 Monate. Zwar habe der eigene Rentenbezug der früheren Ehefrau des Klägers erst im März 2007 eingesetzt. Rente aus einer beim Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaft, die im Rahmen des Schuldnerschutzes (§ 1587 p Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - und § 30 VersAusglG) noch an die ausgleichspflichtige Person gezahlt worden sei, sei hierbei aber der zeitlichen Grenze von 36 Monaten hinzuzurechnen, denn materiell-rechtlich habe diese Leistung der ausgleichsberechtigten Person zugestanden. Dies betreffe hier die zwei Monate Januar und Februar 2007. Weil die frühere Ehefrau des Klägers länger als 36 Monate Rente aus den erworbenen Anrechten bezogen habe, seien die Voraussetzungen für die beantragte Rentenanpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Telefax vom 05.03.2010 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2010 zurückwies. Neue Tatsachen seien nicht vorgetragen worden und nicht ersichtlich gewesen.
Mit Schreiben vom 27.07.2010 hat der Kläger am 28.07.2010 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Er hat damit argumentiert, dass die Zahlung im Hinblick auf den am 19.12.2006 rechtskräftig gewordenen Versorgungsausgleich erstmals zum Monat März 2007 erfolgt sei. Es spreche viel dafür, dass die Bescheinigung über die Rechtskraft des streitgegenständlichen Urteils noch im Monat Dezember 2006 an die Beklagte zugestellt worden sei und die Schuldnerschutzfrist des § 1587 p BGB mit dem Januar 2007 geendet habe. Damit wären die von der berechtigten Ehefrau nach § 1587 p BGB beim Kläger tatsächlich eingeforderten - und offensichtlich vom Kläger für den gesamten Zeitraum erbrachten - Unterhaltsleistungen für die Zeit ab 01.02.2007 eindeutig nicht (mehr) als Zahlungen im Wege des Schuldnerschutzes anzusehen. Die verstorbene Ehefrau habe somit in jedem Fall weniger als 36 Monate Leistungen i.S. von § 37 VersAusglG bezogen.
Die Beklagte hat auf den Akteninhalt verwiesen, wonach die Rechtskraftmitteilung vom 29.12.2006 erst am 03.01.2007 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eingegangen ist. Die Schutzfrist des § 1587 p BGB habe demnach am 01.01.2007 begonnen und am 28.02.2007 geendet. Aufgrund mündlicher Verhandlung hat das Sozialgericht Nürnberg mit Urteil vom 17.02.2011 die Klage abgewiesen. Es ist zum Ergebnis gekommen, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht 37 Monate lang bezogen habe. Zwar habe sie von ihrem Rentenversicherungsträger erst ab 01.03.2007 erhöhte Rente erhalten, die Monate Januar und Februar 2007 seien jedoch ebenfalls als Monate des Versorgungsbezugs i.S. des § 37 Abs 2 VersAusglG zu zählen. Wegen der bereits im Dezember 2006 eingetretenen Rechtskraft habe der geschiedenen Ehefrau des Klägers bereits ab dem Monat Januar 2007 ein höherer Rentenanspruch zugestanden. Auf den Beginn der Schutzfrist am 03.01.2007 komme es hierbei nicht an. Diese diene nur der Berechnung des Endes der Schutzfrist.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit Schreiben vom 25.03.2011 per Telefax am 28.03.2011 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Es sei zu berücksichtigen, dass § 37 VersAusglG eindeutig auf den tatsächlichen Leistungsbezug abstelle und nicht seitens des erstinstanzlichen Gerichts eine sog. "materiell-rechtliche Betrachtungsweise" zum Einsatz gebracht werden könne. Es könne nicht darauf ankommen, ob eine geschiedene Ehefrau den Betroffenen nach Vorschriften des BGB auf Zahlung irgendwelcher Rentenbeträge oder Ausgleichsbeträge in Anspruch nehme oder nicht. Würde man diese Betrachtungsweise anstellen, so würde die Berechnung des maßgeblichen Zeitraums nach § 37 VersAusglG der Beliebigkeit unterfallen. Ansprüche privatrechtlicher Natur gegen den geschiedenen, ausgleichspflichtigen Ehegatten seien davon eben gerade nicht erfasst.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.02.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 05.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die dem Kläger bewilligte Rente ab 01.02.2010 ungekürzt zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.02.2011 zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig und begründet. Die Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts Nürnberg zur Berechnung der Dauer des Rentenbezugs der verstorbenen geschiedenen Ehefrau des Klägers und zur Anwendung der Vorschriften des VersAusglG wird vom Senat nicht geteilt.
Die Beklagte hat die Altersrente des Klägers im Gefolge des mit Urteil des Familiengerichts St. W. vom 30.10.2006 verfügten Versorgungsausgleichs, der ab 19.12.2006 rechtskräftig geworden war, in Höhe der der Ausgleichspflicht entsprechenden Entgeltpunkte reduziert, weil der Kläger im Rahmen dieses Versorgungsausgleichs zum Ausgleich zu Gunsten seiner früheren Ehefrau verpflichtet worden war. Die Berechtigung der Beklagten für die Durchführung dieser Reduzierung als solche ergibt sich aus §§ 1587, 1587 a und 1587 b BGB iVm § 76 Abs. 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) und ist zwischen den Beteiligten auch unstrittig.
Die Beklagte hat die Reduzierung der Rente des Klägers um den Abschlag aus dem Versorgungsausgleich durch Rentenbescheid vom 18.01.2007 mit Wirkung zum 01.03.2007 umgesetzt. Soweit der Kläger annimmt, die Schuldnerschutzfrist des § 1587 p BGB wäre nur bis zum 31.01.2007 gelaufen, wäre an sich die Berechtigung der Beklagten zur nachträglichen Abänderung des Beginns der Reduzierung zu prüfen. Dies ist jedoch entbehrlich, da sich aus den Akten eindeutig entnehmen lässt, dass die Beklagte erst am 03.01.2007 von der Rechtskraft des Versorgungsausgleichs Kenntnis erlangt hat und die Frist des § 1587 p BGB korrekt bis zum 28.02.2007 - Ende des Folgemonats - angenommen worden war. Umgekehrt entfällt damit die Grundlage für die Argumentation des Klägers, dass seine Unterhaltszahlung an die geschiedene frühere Ehefrau im Februar 2007 schon deshalb nicht als Ersatz für eine Rentenzahlung angesehen werden dürfe, weil für diesen Monat die Frist des § 1587 p BGB bereits abgelaufen gewesen wäre. Ebenso wenig war deshalb zu prüfen, ob im Fall des früheren Fristablaufs der geschiedenen früheren Ehefrau des Klägers schon ab Februar 2007 ein Zuschlag zu Ihrer Rente aus dem Versorgungsausgleich unmittelbar durch den Rentenversicherungsträger zu zahlen gewesen wäre.
Die rechtmäßig durchgeführte Reduzierung der Rente des Klägers um den Abschlag aus dem Versorgungsausgleich hatte auch zum Zeitpunkt des Todes der Ausgleichsberechtigten - der geschiedenen früheren Ehefrau des Klägers - im Januar 2010 Bestand. Noch im Januar 2010 - Telefax vom 27.01.2010 - hat der Kläger einen Antrag gestellt, die infolge des Versorgungsausgleichs veranlasste Kürzung seiner Altersrente für die Zukunft rückgängig zu machen. Nachdem dieser Antrag nach dem 01.09.2009 gestellt worden ist, ist darauf das ab diesem Zeitpunkt neu geltende VersAusglG anzuwenden, wie sich aus § 48 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG entnehmen lässt: Es liegt kein Verfahren vor, das vor dem 01.09.2009 eingeleitet worden wäre. Allein die Tatsache, dass der Versorgungsausgleich selbst vor diesem Stichtag erfolgt ist, reicht nicht aus, um die Anwendung alten Rechts - also des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) - zu begründen.
Als Rechtsgrundlage für den Antrag des Klägers kommt die Vorschrift zur Anpassung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person (§ 37 VersAusglG) in Betracht. § 37 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG regelt zunächst allgemein: "Ist die ausgleichsberechtigte Person gestorben, so wird ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt." Diese Voraussetzungen hat der Kläger sämtlich erfüllt. Er ist ausgleichspflichtige Person. Sein Anrecht - worunter auch eine bereits laufende Rentenzahlung fällt - ist auf Grund eines Versorgungsausgleichs gekürzt. Die frühere Ehefrau des Klägers, die Ausgleichsberechtigte war, ist zwischenzeitlich verstorben. Der Kläger hat auch einen Antrag auf Rücknahme der Kürzung gestellt. Dieser ist noch innerhalb des Kalendermonats erfolgt, in dem die geschiedene frühere Ehefrau des Klägers verstorben war - Januar 2010 -, sodass die Änderung zum Folgemonat - d.h. dem vom Kläger beantragten Zeitpunkt Februar 2010 - erfolgen kann (§ 38 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 3 VersAusglG).
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Anwendung dieser Vorschrift im Fall des Klägers auch nicht nach § 37 Abs. 2 VersAusglG ausgeschlossen. § 37 Abs. 2 VersAusglG enthält folgende - sehr weitreichende - Einschränkung: "Die Anpassung nach Absatz 1 findet nur statt, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat."
Hintergrund dieser Regelung ist, dass das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, dass die Rückabwicklung eines Versorgungsausgleichs nicht an die Tatsache gekoppelt sein dürfe, dass zuvor keinerlei Leistungen aus dem Versorgungsausgleich angefallen gewesen seien. Eine solche absolute Regelung sei nicht verfassungsgemäß; vielmehr sei eine gesetzliche Härtefallregelung erforderlich (BVerfG, Urt. v. 28.02.1980, Az. 1 BvL 17/77 - zitiert nach juris). Dies berücksichtigt die Erfahrungstatsache, dass es bei einer tödlich verlaufenden Erkrankung in jungen Jahren durchaus häufiger vorkommt, dass noch für einige Wochen Erwerbsminderungsrente zu zahlen ist, was dann den völligen Verlust von weiteren Leistungen aus den Beiträgen, die dem Zuschlag durch den Versorgungsausgleich entsprochen haben, nach sich ziehen würde. Dies würde eine besondere Härte mit sich bringen, die nicht durch die notwendige Durchführung eines Versorgungsausgleichs geboten wäre und damit einen nicht mehr zu rechtfertigenden Eingriff in die durch die Beitragszahlung erworbenen Anwartschaften mit sich bringen würde. Die Neuregelung in § 37 Abs. 2 VersAusglG setzt einerseits die Vorgaben des BVerfG dahingehend um, dass mit einer zulässigen - für die Rückabwicklung unschädlichen - Leistungsdauer von bis zu 3 Jahren auf eine deutliche Dauerhaftigkeit der Lebensverhältnisse abgehoben wird. Seitens der Rechtsprechung wird diese Regelung auch als verfassungsgemäß eingeordnet (VG Trier, Urt. v. 31.01.2012, Az. 1 K 1349/11.TR; VG Düsseldorf, Urt. v. 25.01.2013, Az. 13 K 5193/12 und zur Vorgängerregelung BVerfG, Urt. v. 05.07.1989, Az. 1 BvL 11/87 - jeweils zitiert nach juris). Andererseits verhindert die Vorschrift, dass - wie es bei einer völlig unbegrenzten Anwendung von Absatz 1 der Fall wäre - die Versichertengemeinschaft deutlich überhöhte Leistungsrisiken tragen müsste, weil für eine Beendigung von Rentenzahlungsansprüchen sowohl das Versterben des Ausgleichsberechtigten als auch des Ausgleichsverpflichteten erfolgt sein müsste.
Indes sind Regelungen des Gesetzgebers über eine Begrenzung eines Zeitraums grundsätzlich ebenso verfassungsrechtlich zulässig wie Stichtagsregelungen. Die verfassungsrechtliche Prüfung von Stichtagsvorschriften muss sich auf die Frage beschränken, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und die gefundene Lösung sich im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (vgl. z.B. BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 18.03.2013, Az. 1 BvR 2436/11, 1 BvR 3155/11, Rn 34 mwN - nach juris). Eine weitere Ausweitung der vom Gesetzgeber geschaffenen Grenze von 36 Monaten unschädlichem Leistungsbezug ist nicht geboten, da ja bereits diese Grenze zur Abmilderung von Härten geschaffen worden war.
Maßgeblich ist somit allein, ob die verstorbene geschiedene Ehefrau des Klägers als ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht länger als 36 Monate bezogen hat oder nicht. Beweispflichtig hierfür ist die Beklagte, die sich auf das Vorliegen dieser einschränkenden gesetzlichen Regelung beruft, durch die der entsprechend § 37 Abs. 1 VersAusglG entstandene Anspruch des Klägers auf Rücknahme der Kürzung der Rentenzahlung wegfällt.
Der an die Klägerin gerichtete Rentenbescheid, der auf den Versorgungsausgleich als Grundlage für die erhöhten Zahlungen rekurrierte, betraf nach der Aktenlage eindeutig eine Rentenzahlung ab März 2007. Nachdem die Zahlung danach fortlaufend in gleicher Weise erfolgte und auch noch im Todesmonat der verstorbenen früheren Ehefrau des Klägers - Januar 2010 - erfolgt ist, sind im Gefolge dieses Rentenbescheids - auch zwischen den Beteiligten insoweit unstreitig - 35 Monate Rentenleistungen gezahlt worden.
Der Bezug einer Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht durch die verstorbene geschiedene frühere Ehefrau des Klägers wäre im vorliegenden Fall nur dann länger als 36 Monate erfolgt gewesen, wenn auch die Monate Januar und Februar 2007 unter diese Vorschrift gefallen wären, was nach Ansicht des Senats nicht der Fall ist.
Dies ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut der Regelung. § 37 Abs. 2 VersAusglG stellt allerdings nicht unmittelbar nur auf Rentenzahlungen aus einem eigenen Rentenbescheid ab, sondern verwendet die Formulierung "Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht". Zusätzlich muss diese Versorgung auch tatsächlich bezogen worden sein. Nach den im Rechtsstreit erfolgten Darlegungen hat die verstorbene frühere Ehefrau des Klägers am 07.02.2007 gegenüber dem Kläger einen Unterhaltsanspruch unter Berufung auf § 1587 p BGB - auch - für diese beiden Monate geltend gemacht; dass sie unter der Annahme eines hierfür nicht zutreffenden Datums der Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung für zwei weitere Monate ebenfalls eine Zahlung gefordert hatte, ist für die Beurteilung der Monate Januar und Februar 2007 unschädlich. Nachdem der Versorgungsausgleich nach den vorliegenden Unterlagen am 19.12.2006 rechtskräftig und sofort wirksam geworden ist, hatte die geschiedene frühere Ehefrau des Klägers ab dem darauf folgenden Monatsbeginn - also dem Januar 2007 - einen Anspruch aus § 1587 p BGB. Ausgehend von den Ausführungen des Klägers zur Rechtsnatur seiner Zahlungen hat der Kläger den Anspruch offensichtlich auch in der Folgezeit erfüllt. Damit hat für die Monate Januar und Februar 2007 ein tatsächlicher Bezug von Zahlungen, die der Höhe nach dem Anspruch der geschiedenen früheren Ehefrau des Klägers auf eine erhöhte Rentenzahlung unter Einbezug des Ausgleichsanspruches im Versorgungsausgleich entsprochen haben, vorgelegen.
Es handelte sich dabei zur Überzeugung des Senats jedoch nicht um eine Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht. Diese Zahlungen wurden nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar - d.h. über den Kläger - vom Rententräger erbracht und zudem nicht von dem Rententräger, der für die Zahlungen an die Klägerin zuständig gewesen ist. Vielmehr hat die Rentenversicherung in der Übergangszeit dieser beiden Monate nach der Vorschrift des § 30 VersAusglG schuldbefreiend an den bisherigen Leistungsempfänger, d.h. den Ausgleichsverpflichteten, gezahlt gehabt. Diese Zahlung resultierte nicht aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht, sondern aus den noch nicht reduzierten Beitragsansprüchen des Klägers. Auch die Zahlung des Klägers an seine geschiedene frühere Ehefrau resultierte nicht direkt aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anspruch, sondern nur aus dem im Gefolge des Versorgungsausgleichs entstandenen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch des § 1587 p BGB.
Für eine erweiternde Auslegung, mit der diese Zahlung analog unter § 37 Abs. 2 Vers-AusglG gefasst würde, ist schon deshalb kein Raum, da eine Vorschrift, die Rechte einschränkt und letztlich sogar das Eigentumsrecht aus Art. 14 Grundgesetz (GG) berührt, nur soweit reichen kann, wie der Gesetzgeber die Beschränkungen klar geregelt hat.
Dies betrifft auch die auf der hierzu ergangenen Verwaltungsregelung beruhende Auffassung der Beklagten, wonach nicht die formale Durchführung der Versorgung, sondern der dahinter stehende materiell-rechtliche Anspruch darauf maßgeblich sein solle. Konkret hätte dies nämlich schwierige Ermittlungen und möglicherweise unzureichende Ergebnisse zur Folge: Da der Wortlaut unmissverständlich auf einen tatsächlichen Bezug abstellt, käme die Berücksichtigung dieser Zeiten auf den in § 37 Abs. 2 VersAusglG festgelegten Umfang von maximal 36 Monaten unschädlichem Leistungsbezug nicht in Betracht, wenn der zivilrechtliche Anspruch der Berechtigten, d.h. der geschiedenen früheren Ehefrau des Klägers, nicht befriedigt worden wäre. Allerdings könnte die Zahlung an einer fehlenden Geltendmachung des Anspruches oder einem Nichtdurchsetzen mittels eines Gerichts gescheitert sein, was unklar werden ließe, ob dies dann eine weitere Erweiterung des § 37 Abs. 2 VersAusglG nach sich ziehen sollte. Ebenso könnte es sein, dass erst nachträglich, d.h. nach dem Tod der Berechtigten, ein Gerichtsverfahren zur Durchsetzung des Anspruches nach § 1587 p BGB zum Abschluss kommen könnte, was dann eine nochmalige Korrektur der Anwendung von § 37 Abs. 1 VersAusglG erforderlich machen würde, weil dann der Bezug quasi nachgeholt worden wäre.
Soweit die Kommentarliteratur die Rechtsauffassung teilt, die in den entsprechenden Verwaltungsanweisungen der Beklagten vertreten wird, wird keine nähere Begründung abgegeben: Nach Göhde (in: Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht, Rolfs/Giesen/ Kreikebohm/Udsching, Stand 01.03.2011, § 37 VersAusglG Rn 2 aE) sind dem Berechtigten Leistungen zuzurechnen, die wegen der Schutzfrist des § 30 VersAusglG noch an den Verpflichteten gezahlt worden sind. Der sich anschließende Verweis auf frühere Rechtsprechung (BSG, Urt. v. 14.02.1990, Az. 1 RA 111/88 - zitiert nach juris) trägt insofern nicht, als dort zwar über die Einbeziehung von Zahlungen nach § 1587 p BGB in die Vorschrift des § 4 Abs. 2 VAHRG judiziert wurde, aber der Charakter der Neuregelung des § 37 VersAusglG sich doch erheblich von der früheren Gesetzeslage unterscheidet. Nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 16/10444, S. 76) soll durch die Neuregelung die komplizierte Berechnungsvorschrift des § 4 Abs. 2 VAHRG vereinfacht werden. Dabei werden dem Rentenversicherungsträger auch zusätzliche Belastungen zugemutet, wenn etwa der Bezug von Leistungen durch Hinterbliebene des Ausgleichsberechtigten nicht mehr der Aufhebung der Versorgungskürzung entgegensteht. Auch hinsichtlich der zugeordneten Nachweispflichten nach § 38 Abs. 3 VersAusglG ist nicht die Rede von der Vorlage von Nachweisen über die Erbringung von Zahlungen nach § 1587 p BGB (BT-Drs. aaO, S. 76 a.E.), die Voraussetzung für eine Entscheidung darüber wären, ob § 37 Abs. 2 Vers-AusglG erfüllt wäre oder nicht. Etwas anderes würde nur gelten, wenn man unabhängig von der tatsächlichen Zahlung an den Ausgleichsberechtigten alle unter § 1587 p BGB fallenden Zahlungen des Rentenversicherungsträgers an den Ausgleichsverpflichteten als ausreichend für einen "Bezug einer Versorgung durch die ausgleichsberechtigte Person auf Grund eines Anspruchs aus dem Versorgungsausgleich" ansehen wollte, was dem Wortlaut der Vorschrift nicht entspricht.
Die Rechtsauffassung des Senats wird gestützt durch Gräper (in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2010, § 37 VersAusglG Rn 10), der davon ausgeht, dass sich der Beginn der in § 37 Abs. 2 VersAusglG angesprochenen Versorgung aus dem Leistungsbescheid gegenüber dem Ausgleichsberechtigten ergibt und im Übrigen ebenso deren Ende.
§ 37 Abs. 2 VersAusgl ist auch nicht als Schutzvorschrift für den Rentenversicherungsträger, sondern für den Härteausgleich bezüglich des Ausgleichsverpflichteten konzipiert worden, wie sich aus der Einführung der Vorgängervorschrift und der Begründung für das Reformkonzept zum Versorgungsausgleich (BT-Drs. 16/10144) ersehen lässt. Die zugehörigen Schutzvorschriften für den Rentenversicherungsträger sind in erster Linie in § 30 VersAusglG und zum Teil auch noch in § 38 Abs. 3 VersAusglG angesiedelt. Die Nachteile für den Rentenversicherungsträger und die Versichertengemeinschaft, die sich aus der vom Senat vertretenen Rechtsauffassung ergeben, sind auch insofern hinnehmbar, als anders als bei der zusätzlichen unberücksichtigten Gewährung von Hinterbliebenenrenten in diesem Fall zu keinem Zeitpunkt doppelte Verpflichtungen anfallen: Die vom Versorgungsausgleich betroffenen Entgeltpunkte führen entweder beim Ausgleichsverpflichteten oder beim Ausgleichsberechtigten zu Zahlungen, nie aber gleichzeitig bei beiden. Der Gesetzgeber zielte jedenfalls darauf ab, dass mit der Reform der Versorgungsausgleich künftig zu gerechteren Ergebnissen führen werde, anwenderfreundlicher ausgestaltet sei und zugleich Rücksicht auf die berechtigten Belange der Versicherungsträger bei der verwaltungsmäßigen Umsetzung des Versorgungsausgleichs nehme (BT-Drs. aaO S.29 f). Diesem Sinn und Zweck der Vorschrift entspricht die vom Senat vorgenommene Rechtsauslegung.
Wenn allerdings auf Grund besonderer Umstände bei der Bekanntgabe der Rechtskraft - anders als im vorliegenden Fall - der von § 30 VersAusglG erfasste Zeitraum besonders lang geworden wäre, sollte es dem Rentenversicherungsträger wohl offenstehen, von vornherein und unter Verzicht auf die Schutzwirkung von § 30 VersAusglG ab dem Beginn des Anspruchs des Ausgleichsberechtigten und damit nachträglich diesem erhöhte Leistungen zu gewähren und zugleich gegenüber dem Ausgleichsverpflichteten eine Teilaufhebung und Rückforderung zu veranlassen.
Nach all dem war auf die Berufung des Klägers das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Nürnberg aufzuheben und die Beklagte war dazu zu verurteilen, dem Kläger ab Februar 2010 seine Altersrente ohne Abzug von Entgeltpunkten aus einem Versorgungsausgleich auszuzahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zugelassen, weil die hier streitgegenständliche Rechtsfrage der Auslegung von § 37 VersAusglG grundsätzliche Bedeutung hat.
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