Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 1662/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1561/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. März 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anl. 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV – nachfolgend: BK 2108) streitig.
Der 1960 geborene Kläger war von Februar 1992 bis 2014 als Hilfsgärtner beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung mit Ablauf des 31.05.2015. Seit Februar 2016 ist er als LKW-Fahrer beschäftigt, unterbrochen durch eine Zeit der Arbeitslosigkeit mit dem Bezug von Arbeitslosengeld.
Auf Antrag des Klägers leitete die Beklagte (bzw. vor Abgabe an die Beklagte die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau) im Februar 2014 ein Feststellungsverfahren wegen des Vorliegens einer Berufskrankheit ein.
Unter der Diagnose einer chronischen Lumbago beschrieb die Radiologiepraxis A. in dem Bericht vom 26.11.2013 unter Auswertung einer lumbalen spinalen Computertomographie einen links foraminalen Prolaps LWK 3/4 mit Anhebung der L3-Wurzel, einen median breitbasigen kleinen Bandscheibenvorfall mit mäßiger Impression des Duralsacks ohne Wurzelkompression in Höhe LWK 4/5 und eine milde Osteochondrose LWK 5/SWK 1.
Die Beklagte befragte den Kläger zu dem Beginn und den Auswirkungen seine Wirbelsäulenerkrankung sowie zu Art und Umfang seiner Tätigkeit. Ferner zog sie Auskünfte vom Arbeitgeber, der Gärtnerei B., e. K. bei. Der Orthopäde Dr. C. teilte auf Anfrage der Beklagten mit, den Kläger seit 1997 wegen zu diesem Zeitpunkt angegebener Wirbelsäulenbeschwerden (Schmerzen lumbo-sakraler Übergang) behandelt zu haben. Ein CT der LWS vom 28.02.1997 habe einen flachen NPP "L5/L5" (gemeint: L 4/5) median-paramedian links ergeben. Zwischen 1997 und 2004 habe keine Behandlung wegen der Rückenproblematik stattgefunden. 2004 sei eine Behandlung wegen einer akuten Lumbalgie nach Verhebetrauma erfolgt, worauf der Kläger nach kurzzeitiger Behandlung schmerzfrei gewesen sei. In der Folge habe sich der Kläger nicht mehr vorgestellt. Der Bericht der Radiologen Dres. D./E./F. vom 28.02.1997 war beigefügt.
Mit Bescheid vom 25.06.2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK Nr. 2108 ab, weil die zusammenfassende Beurteilung ergeben habe, dass der Belastungsumfang nicht ausreichend gewesen sei, um eine berufsbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule zu verursachen.
Im sich anschließenden Widerspruchsverfahren führte der Kläger zu Art und Umfang seiner Tätigkeiten ergänzend aus. Die Beklagte zog Befundberichte beim Facharzt für Orthopädie Dr. G. und beim Arzt für Allgemeinmedizin Dr. H. bei und gab ein Gutachten bei Privatdozent Dr. I., BG Unfallklinik A., in Auftrag, nachdem die Arbeitsplatzanalyse des Präventionsdienstes der Beklagten eine Gesamtdosis von 34,1 MNh für den Beschäftigungszeitraum 01.02.1992 bis 09.09.2014 ergeben hatte (Bericht der Mitarbeiter J. und K. vom 13.01.2015 nach zwei Vor-Ort-Terminen im September 2014, Bl. 100-1 ff., 103-1 ff. der Akten).
Dr. H. gab unter dem 29.03.2014 an, den Kläger wegen Rückenschmerzen erstmals am 15.11.2013 nach Tragen von Lasten in der Gärtnerei behandelt zu haben. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. G. teilte der Beklagten unter dem 08.11.2014 mit, den Kläger erstmals am 02.10.2014 gesehen zu haben. Eine Kernspintomographie des lumbalen Spinalkanals sowie ISG vom 22.10.2014 habe einen links foraminalen Prolaps LWK 3/4 und eine linksbetonte Protrusio L 4/5 ergeben.
In dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten von Privatdozent Dr. I. vom 28.04.2015, das dieser zusammen mit Oberarzt Dr. L. erstellt hat, wird eine altersentsprechende Chondrose 1. Grades an den Bewegungssegmenten L 4/5 und L 5/S 1 beschrieben. Diese Befunde seien nicht als bandscheibenbedingte Erkrankung zu verschlüsseln. Es liege ein chronisches LWS-Syndrom vor mit einer Bandscheibenvorwölbung L 4/5. Das Schadensbild an der Lendenwirbelsäule sei nicht belastungskonform im Sinne der Konsensempfehlungen. Die beiden betroffenen unteren Segmente wiesen nur eine Chondrose Grad 1 auf, was als altersentsprechend zu werten und somit nicht über das Altersmaß hinausgehend zu beurteilen sei. In der Gesamtschau seien die beruflichen Einwirkungen mit Wahrscheinlichkeit nicht als wesentliche Ursache für die Entstehung oder die Verschlimmerung der bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule anzusehen. Eine erstmalige Behandlungspflicht habe bereits etwa 5 Jahre nach Beginn der Arbeitstätigkeit bestanden und sei somit als chronisch zu werten. Es liege eine Konstellation vom Typ E2 nach den Konsensempfehlungen vor im Sinne einer Ausprägung eines Bandscheibenschadens Chondrose Grad 1 ohne konkurrierende Ursachen und ohne Begleitspondylose. Somit sei ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass die Begutachtung ergeben habe, dass beim Kläger kein Krankheitsbild im Sinne der genannten Berufskrankheit vorliege.
Hiergegen hat der Kläger am 14.07.2015 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung geltend gemacht, dass das Vorliegen einer BK Nr. 2108 durch die Arbeitsexposition, wie sie vom Präventionsdienst der Beklagten nachgewiesen worden sei und durch die Auswertung der Kernspintomographie der Wirbelsäule von Dr. F. belegt sei.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen bei dem Facharzt für Neurochirurgie Dr. M. vom 21.08.2015, dem Arzt für Chirurgie/Orthopädie/Unfallchirurgie Dr. C. vom 03.09.2015, dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 24.09.2015 und dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. G. vom 05.10.2015. Wegen der gemachten Angaben wird auf die Akten des SG, dort Bl. 31-64, verwiesen. Ferner hat es Dr. N., Krankenhaus O., mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens beauftragt.
Dieser hat in seinem Gutachten vom 30.11.2015 eine chronische Lumboischialgie rechts, muskuläre Reizerscheinungen und schmerzhafte Bewegungseinschränkungen festgestellt. Im Bereich der LWK 3/4 bestehe links ein foraminaler Prolaps mit Anhebung der L3-Wurzel, im Bereich LWK 4/5 eine mediale Protrusion bis foraminal reichend mit möglicher Bedrängung der L4-Wurzel. Es liege keine ventrale Begleitspondylose in der oberen Lendenwirbelsäule bzw. in der unteren Brustwirbelsäule vor. In den unteren LWS-Segmenten finde sich eine nur erstgradige Chondrose mit geringen Höhenminderungen sowie nur erstgradige Sklerose-Zeichen und Spondylophyten, was im Wesentlichen altersentsprechend sei. Im MRT fänden sich in LWK 3/4 und LWK 4/5 jeweils Bandscheibenvorfälle, die eine Konstellation B2 bedingen könnten, wenn nur entsprechend hohe Belastungen und/oder Belastungsspitzen arbeitstechnisch festzustellen wären. Der Sachverständige ist von einer bandscheibenbedingten Erkrankung mit einem chronischen oder chronisch rezidivierenden Beschwerdebild und mit entsprechendem morphologischen Substrat und einer Funktionsbeeinträchtigung ausgegangen, welche durch bildgebende Untersuchungsverfahren objektiviert seien. Es lägen jedoch mehrere Umstände vor, die für eine Nichtanerkennung der Beschwerdesymptomatik als bandscheibenbedingte Berufserkrankung sprächen (fehlende Zuordnung von Wurzelreizsyndromen oder neurologischen Ausfällen einer Nervenwurzel, Fehlen einer über das altersübliche Maß hinausgehenden Bandscheibendegeneration, das Segment LWK5/SWK1 ist nicht betroffen, Fehlen von belastungsadaptiven Veränderungen [ventrale Spondylosen]). Es ergebe sich gemäß Konsensempfehlungen die Konstellation E2, weshalb ein Zusammenhang abzulehnen sei. Allerdings könne bei Vorliegen von mehreren Bandscheibenvorfällen die Konstellation B2 konstatiert werden, sofern unter anderem eine besonders intensive Belastung vorgelegen habe. Eine Anerkennung könne empfohlen werden, wenn es zu besonderen Belastungsspitzen gekommen sei. Hierzu müsse der Präventionsdienst nochmals entsprechend ermitteln bzw. Stellung nehmen.
Hierauf hat die Beklagte erwidert, dass eine Bewertung durch den Bereich Prävention zu dem 3. Zusatzkriterium der Konstellation B2 der Konsensempfehlungen bereits vorliege, wonach dieses durch die festgestellten Tätigkeiten des Klägers nicht erfüllt sei. Ferner hat die Beklagte eine Stellungnahme des Arbeitgebers vom 06.02.2015 zu den Ermittlungen des Präventionsdienstes zu den Akten gereicht.
Das SG hat in mündlicher Verhandlung den Diplom-Ingenieur K. als Zeugen vernommen. Auf die Niederschrift vom 16.03.2016 wird insoweit Bezug genommen.
Mit Urteil vom selben Tag hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es Zweifel am Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung geäußert und eine solche nicht für nachgewiesen gehalten. Zwar seien in den Segmenten L3/4 und L4/5 Veränderungen der Bandscheiben, die unter anderem so auch zuletzt von Dr. N. als Vorfälle bezeichnet worden seien, dokumentiert, eine korrelierende klinische Symptomatik sei jedoch nicht nachgewiesen. So habe Dr. I. ein chronisches LWS-Syndrom mit Bandscheibenvorwölbung L4/5 diagnostiziert, welches er jedoch ausdrücklich nicht als bandscheibenbedingte Erkrankung Sinne des ICD 10 definiert habe. Soweit Dr. N. zwar von einer bandscheibenbedingten Erkrankung ausgegangen sei, bestünden letztlich gewichtigere Argumente gegen die Annahme einer solchen Erkrankung als für deren Annahme. Doch selbst wenn man vom Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung ausgehen wolle, komme eine Anerkennung der BK 2108 nicht in Betracht. Denn die Kammer habe sich nicht davon überzeugen können, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung auf ein langjähriges Heben und Tragen oder Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugung zurückzuführen sei. Dabei sei zwischen den Beteiligten unstreitig und stehe auch für die Kammer aufgrund der Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten fest, dass beim Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorlägen. Andererseits stehe für die Kammer auch fest, dass seitens des Präventionsdienstes trotz des deutlichen Überschreitens der Gesamtdosis eine besonders intensive Belastung mit Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren und ein besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen mit Erreichen der Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richtwertes durch hohe Belastungsspitzen, wie sie in der Konstellation B2 der Konsensempfehlungen vorausgesetzt würden, nicht vorlagen. Zu den hier insbesondere umstrittenen Belastungsspitzen habe der Zeuge nachvollziehbar dargelegt, dass erst die Bewilligung von Einzelgewichten mit 60 kg aufwärts berücksichtigt werden könnten. Solche Gewichte habe der Kläger jedoch nur selten bewegt. Das Fehlen entsprechender Einzelgewichte könne nicht dadurch ausgeglichen werden, dass der Kläger phasenweise innerhalb eines Arbeitstages sehr zahlreiche Tragevorgänge mit zwar immer noch recht hohen, aber letztlich doch deutlich unter 60 kg liegenden Gewichten gehabt habe. Maßgeblich sei die Belastung durch das Einzelgewicht. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung einer BK angenommen werden könne, ziehe die Kammer die Konsensempfehlungen zur Beurteilung heran. Diese gäben den derzeit aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse auf diesem Gebiet wieder. Nach der übereinstimmenden Auffassung von Dr. I. und Dr. N. lägen beim Kläger an den unteren LWS-Segmenten nur erstgradige Höhenminderungen (Chondrosen) der Bandscheiben vor. Bei gleichzeitigem Fehlen wesentlich konkurrierender Ursachenfaktoren sowie dem Fehlen einer Begleitspondylose ergebe sich insoweit die in den Konsensempfehlungen dargelegte Konstellation B2, bei der ein Zusammenhang mit der beruflichen Belastung nicht wahrscheinlich sei. Auch unter Zugrundelegung der Konstellation B2, die Dr. N. für einschlägig erachtet habe, könne sich die Kammer nicht von einem beruflichen Zusammenhang überzeugen. Dieser wäre nach den Konsensempfehlungen unter anderen dann wahrscheinlich, wenn in arbeitstechnischer Hinsicht eine besonders intensive Belastung oder ein besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen vorgelegen hätte. Beides sei – wie bereits dargelegt – nicht der Fall gewesen. Schließlich käme man selbst dann, wenn man die Konstellation B2 unterstellen wollte, nicht zu einer Anerkennung der BK 2108, weil auch bei Zuordnung und Bejahung einer der in den Konsensempfehlungen im Einzelnen aufgeführten Konstellationen noch eine individuelle Kausalitätsbeurteilung nötig sei. Insoweit sprächen zwei Gründe klar gegen die Anerkennung der BK 2108, nämlich die Aussparung des Segments L 5/S 1 und der Umstand, dass die degenerativen Veränderungen im Bereich der LWS des Klägers nicht über das altersübliche Maß hinausgingen. Beide Sachverständige hätten übereinstimmend diese beiden Gesichtspunkte als Kriterien gewertet, die gegen das Vorliegen einer BK 2108 sprächen. Es handele sich nach Überzeugung der Kammer hierbei um Gesichtspunkte, die durchschlagende Zweifel am Vorliegen dieser BK begründeten.
Gegen das ihm am 19.04.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger an 27.04.2016 Berufung eingelegt.
Er verweist zur Begründung auf ein MRT vom 16.06.2016, welches Bandscheibenerkrankungen im Bereich LWK 2/3, LWK 3/4, LWK 4/5 und LWK 5 zeigte. Er vertritt insbesondere die Auffassung, dass bildgebend durch die MRT vom 26.11.2013, vom 22.10.2014 und vom 14.06.2016 eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule gesichert sei. Betroffen seien somit die LWK 4/5 und L 5/S 1. Diese Segmente seien bei Einwirkung durch schweres Heben und Tragen und Arbeiten mit extremer Rumpfbeugehaltung gerade betroffen. Insoweit hat der Kläger einen Bericht der Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. P. vom 22.07.2016 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. März 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2014 und den Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zu Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der neuere MRT-Befund vom 14.06.2016 nicht mit der notwendigen Beweiskraft ein Krankheitsbild im Sinne der Konstellation B und speziell im Sinne der Konstellation B2, Spiegelstrich 1, der Konsensempfehlungen belegen könne. Ein altersvorauseilender und das altersübliche Maß überschreitender Befund der LWS sei nicht nachgewiesen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen eines weiteren orthopädischen Sachverständigengutachtens bei Prof. Dr. Q ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 05.05.2017 im Bereich der Lendenwirbelsäule nach dem klinischen Befund eine eingeschränkte Beweglichkeit und Belastbarkeit, aktuell ohne Nervenwurzelreizerscheinung, bei radiologisch objektivierbaren linksbetonten Bandscheibenvorfällen in den Segmenten L 3/L 4 und L 4/L 5 sowie einer Übergangstörung L5/S1 in Form eines offenen Wirbelbogens L 5, einer rechtsseitigen Unterbrechung der Interartikularportion (Spondylose) am Bogen des 5. Lendenwirbels sowie eines verbreiterten Querfortsatzes L5 links mit Kontakt zum Kreuz-Darmbein-Gelenk festgestellt. Es bestünden Zweifel, ob die computertomographisch und kernspintomographisch im November 2013 nachgewiesenen Bandscheibenvorfälle in den Segmenten L 3/L 4 und L 4/L 5 links für eine Beschwerdesymptomatik verantwortlich seien. Denn der Kläger habe anamnestisch immer nur über Beschwerden im rechten Bein geklagt. Die beschriebenen linksseitigen Bandscheibenveränderungen seien nicht geeignet, eine rechtsseitige Beschwerdesymptomatik hervorzurufen. Insgesamt erscheine es nach dieser vorläufigen Analyse insbesondere aufgrund des zeitlichen Ablaufes und der Differenz zwischen rechtsseitiger klinischer Symptomatik und linksseitig objektivierbarer Pathologie wenig wahrscheinlich, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung des Klägers auf dessen berufliche Belastung zurückzuführen sei. Selbst wenn man unterstellen wolle, dass die in den Jahren 2013/2014 diagnostizierten Bandscheibenvorfälle nach einer ausreichenden beruflichen Exposition aufgetreten seien, wäre gemäß den Konsensempfehlungen über eine Konstellation B2 zu diskutieren. Bei dieser Konstellation werde vorausgesetzt, dass wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht erkennbar sind und dass eine Begleitspondylose nicht vorliegt. Beide Eingangsvoraussetzungen seien im Falle des Klägers erfüllt, die Übergangstörung L5/S1 sei nicht als konkurrierender Faktor zu werten. Die Anerkennung der Konstellation B2 werde jedoch an die Erfüllung von zusätzlichen Kriterien geknüpft, die nicht erfüllt seien. Soweit deshalb eine Konstellation B3 zu denken sei, sei den Konsensempfehlungen zu entnehmen, dass bei dieser Konstellation innerhalb der Arbeitsgruppe kein Konsens bestand. Damit liege bei dieser Konstellation der wissenschaftliche Nachweis eines Kausalzusammenhangs zwischen der beruflichen Belastung der Lendenwirbelsäule einerseits und der bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule andererseits nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten 1. und 2. Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Die erhobene Klage ist im Sinne einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, mit der der Kläger die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung verbunden mit der behördlichen Feststellung der beantragten BK begehrt, gemäß § 54 Abs. 1 SGG zulässig.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 25.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2015 nicht zu beanstanden ist. Der Kläger wird hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt.
Rechtsgrundlage für die Anerkennung der begehrten BK ist § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV. BKen sind gem. § 9 Abs. 1 SGB VII nur diejenigen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. In der Anlage 1 zur BKV vom 31.10.1997 (BGB I, S. 2623), die sich insoweit nicht mehr geändert hat, ist die BK 2108 als "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheiten ursächlich waren oder sein können" bezeichnet.
Die Anerkennung setzt demnach voraus, dass der Versicherte auf Grund von Verrichtungen bei einer versicherten Tätigkeit langjährig schwer gehoben und getragen bzw. in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet hat (BK 2108 - hierzu unter 1.) und hierdurch eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS entstanden ist und noch besteht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist ein Ursachenzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Verrichtungen (sachlicher Zusammenhang), diesen Verrichtungen und den schädigenden Einwirkungen (Einwirkungskausalität) und den Einwirkungen und der Erkrankung (haftungsbegründende Kausalität) erforderlich. Schließlich muss der Versicherte gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben und die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit als Folge des Zwangs auch tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK 2108 nicht vor (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2008 – B 2 U 14/07 R –; Urteil vom 30.10.2007 – B 2 U 4/06 R –, beide juris). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist hingegen keine Voraussetzung für die Anerkennung der BK, sondern lediglich für einen etwaigen, auf dieser BK beruhenden Leistungsanspruch (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 04.07.2013 – B 2 U 11/12 R –, juris).
In beweisrechtlicher Hinsicht müssen die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Hingegen genügt für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 23.04.2015 – B 2 U 06/13 R –m.w.N.; juris). Um eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges zu bejahen, muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden und nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung deutlich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – m.w.N., juris). Die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zwischen beruflichen Belastungen und Bandscheibenerkrankung hat auf der Grundlage des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu erfolgen; daher sind neben der Begründung des Verordnungsgebers auch die Merkblätter des zuständigen Bundesministeriums, die wissenschaftliche Begründung des ärztlichen Sachverständigenbeirates sowie die sogenannten Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung der auf Anregung des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften (HVBG) eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe ("Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule", Bolm-Audorff, et al., Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 211 ff.) zu beachten. In seinen Urteilen vom 23.04.2015 hat das BSG bestätigt, dass diese Konsensempfehlungen weiterhin den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand abbilden (vgl. hierzu ausführlich, auch zu den zwischenzeitlich erfolgten Meinungsäußerungen in der medizinischen Wissenschaft, etwa zur Deutschen Wirbelsäulenstudie, B 2 U 6/13 R, B 2 U 10/14 R und B 2 U 20/14 R, alle juris).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 nicht vor.
Der Kläger war von 1992 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit 2014 und noch für sechs Monate im Jahr 2015 als Hilfsgärtner abhängig beschäftigt und damit als Beschäftigter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert.
In diesem Zeitraum war der Kläger Einwirkungen ausgesetzt, die grundsätzlich geeignet waren, eine bandscheibenbedingte Erkrankung an der Lendenwirbelsäule zu verursachen. Denn er hat nach den Feststellungen des Präventionsdienstes der Beklagten die typischen Arbeiten eines Hilfsarbeiters im Gartenbau, wobei diese Tätigkeit in großem Umfang vom Charakter einer Friedhofsgärtnerei und über Jahre hinweg auch durch den einer Baumschule geprägt war (vgl. im Einzelnen Bl. 101-1 ff., 103-1 ff. der Akten), ausgeführt.
Zur Bestimmung der für eine Krankheitsverursachung erforderlichen Belastungsdosis zieht der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG das Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) heran, welches seit 2003 (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2003 – B 2 U 13/02 R – juris) und aktuell (vgl. zuletzt BSG, Urteile vom 23.04.2015, a.a.O.) eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der BK 2108 mit den unbestimmten Rechtsbegriffen "langjähriges" Heben und Tragen "schwerer" Lasten oder "langjährige" Tätigkeit in "extremer Rumpfbeugehaltung" nur ungenau und allenfalls nur richtungsweisend umschriebenen Einwirkungen ist. Die aufgrund einer retrospektiven Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder ermittelten Werte, insbesondere die Richtwerte für die Gesamtbelastungsdosis des MDD, sind nicht als Grenzwerte, sondern als Orientierungswerte oder -vorschläge zu verstehen (BSG, Urteil vom 18.11.2008 – B 2 U 14/07 R – juris). Für Männer legt das MDD als Gesamtbelastungsdosis den Wert von 25 MNh fest, der hier mit den vom Präventionsdienst der Beklagten errechneten 34,1 MNh erheblich überschritten ist. Es kommt daher im hier zu entscheidenden Fall nicht darauf an, ob bereits ein geringerer, ggf. hälftiger Wert dieses Orientierungswertes ausreichen würde, um von einem erhöhten Erkrankungsrisiko auszugehen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen nicht mehr verzichtet werden kann (vgl. für Männer: BSG, Urteil vom 30.10.2007 – B 2 U 4/06 R – juris). Es ist auch angesichts der ununterbrochenen Beschäftigung des Klägers von 1992 bis 2015 nicht zweifelhaft, dass eine wirbelsäulenbelastende Tätigkeit regelmäßig und vor allem "langjährig" ausgeübt wurde.
Es fehlt aber bereits am Nachweis des versicherten Krankheitsbildes, wie das SG zutreffend festgestellt hat. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS im Sinne der BK 2108 liegt vor, wenn neben einem durch Veränderungen an der Bandscheibe verursachten objektivierten Schaden chronische oder chronisch wiederkehrende Beschwerden mit Funktionseinschränkungen gegeben sind (BSG, Urteil vom 31.05.2005, B 2 U 12/04 R, juris). Eine bandscheibenbedingte Erkrankung setzt nach den Konsensempfehlungen den bildgebenden Nachweis eines altersuntypischen Bandscheibenschadens im Sinne einer Höhenminderung (Chondrose) und/oder einen Bandscheibenvorfall einerseits und eine korrelierende klinische Symptomatik andererseits voraus (vgl. Konsensempfehlungen 1.3/ 1.4 - S. 215 f. sowie zur Berechnung der Bandscheibenhöhen Anhang 3 - S. 224 ff.; vgl. hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.10.2014, L 4 U 398/14; Hessisches LSG, Urteil vom 23.01.2017, L 9 U 111/14, jeweils in Juris). In seinen Urteilen vom 23.04.2015 (B 2 U 6/ 13 R, B 2 U 20/14 und B 2 U 10/14 R, Juris) hat das BSG bestätigt, dass diese Konsensempfehlungen weiterhin den aktuellen Erkenntnisstand abbilden.
Insoweit stellt der Senat fest, dass mit dem Gutachten von Prof. Dr. Q. unter Auswertung der ihm vorgelegten CT vom 26.11.2013, der Kernspintomographien vom 22.10.2014 und vom 14.06.2016 sowie der von ihm angefertigten Röntgenbilder Höhenminderungen (Chondrosen) im Bereich der Lendenwirbelsäule für kein Segment nachgewiesen werden konnten (Bl. 9 des Gutachtens). Ferner ließen sich korrelierende Schmerzen, die der Lendenwirbelsäule segmental zugeordnet werden könnten (Bl. 13 der Gutachtens), weder in Form von Gefühlsstörungen noch in Form motorischer Schwächen im Bereich der unteren Extremitäten nachweisen. Die Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen ergab zudem, dass im Bereich L3/L4 und L4/L5 radiologisch links betonte Bandscheibenvorfälle vorliegen, weswegen die anamnestischen Angaben des Klägers, er leide über Beschwerden im rechten Bein, was durch die sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. M. vom 21.08.2015 (" bestehende Schmerzen im LWS-Bereich mit Schmerzen rechtes Bein seit 6 Jahren") und Dr. H. vom 24.09.2015 ("Starke LWS-Beschwerden, die in den rechten Oberschenkel ausgestrahlt haben") bestätigt wird, nicht plausibel sind. Denn nach den Ausführungen von Prof. Dr. Q. sind linksseitige Bandscheibenveränderungen in L3/L4 und L4/L5 nicht geeignet, eine rechtsseitige Beschwerdesymptomatik zu verursachen. Soweit Dr. G. im Befundbericht vom 08.11.2014 (Bl. 61 SG-Akte) aufgrund einer zweimaligen Konsultation des Klägers am 02. und 27.10.2014 von einer ischialgieformen Ausstrahlung in das linke Bein berichtet, wird diese Angabe in der sachverständigen Zeugenaussage vom 05.01.2015 insoweit relativiert, als dort die Anamnese der Konsultation mit "vor ca. 7 Jahren auch Schmerzen Rücken und re. Fuß gehabt" wiedergegeben wird, eine Verwechslung damit nicht ausgeschlossen werden kann. Letztlich kann dies auch dahinstehen, weil auch Dr. I. und Dr. N. den Nachweis einer mit den radiologisch nachgewiesenen Veränderungen im Bereich der LWK 3/4 und LWK 4/5 verbundenen klinischen Beschwerdesymptomatik nicht geführt haben. Dr. I. hat die Höhenminderungen der Bandscheiben - mit etwas abweichenden Werten - als alterstypisch bezeichnet, ebenso den Grad der Sklerosierung. Die von ihm beschriebene Bandscheibenvorwölbung L4/5 war – wie er ausgeführt hat – deshalb auch nicht als bandscheibenbedingte Erkrankung (welche nach ICD10 M51.1 zu kodieren wäre), sondern als Bandscheibenerkrankung (ICD10 M42.1; zur Unterscheidung vgl. Schröter in MED SACH 107 4/2011, S. 144 (145): Kodierung unter M 51.1 nur unter Einbeziehung eines klinischen Befundes) zu werten. Dr. N. hat ebenfalls die Auffassung vertreten, dass eine radikuläre Beschwerdesymptomatik, die einer definierten Nervenwurzel hätte zugeordnet werden können, nicht vorliegt. Ferner hat er ausgeführt, dass zu erwartende sekundäre Veränderungen wie Chondrose, Osteochondrose, Spondylose, Retrolisthesis, Pseudospondylolisthesis oder Arthrose der kleinen Wirbelgelenke nicht in einem das alterstypische übersteigenden Maß vorliegen und dass im dorsolumbalen Übergangsbereich bei jahrelanger Belastungsexposition mit schwerem Bücken, Heben und Tragen sowie Arbeiten in vornübergeneigten Zwangshaltungen als belastungsadaptive Veränderungen ventrale Spondylosen zu erwarten seien, die ebenfalls nicht festgestellt werden konnten, was gegen die Anerkennung einer BK 2108 spricht. Insoweit ist zudem zu berücksichtigen, dass auch Dr. M. den in der Kernspintomographie vom 22.10.2014 beschriebenen kleinen Bandscheibenvorfall LWK 4/5 als klinisch stumm bezeichnet hat (Zeugenaussage vom 21.08.2015).
Der vom Kläger vorgelegte Bericht über die Kernspintomographie vom 14.06.2016 erbringt insoweit keine weiteren Erkenntnisse, weil sie für den Bereich der LWK 3/4, 4/5 und 5/SWK 1 keine Veränderungen zu den Voraufnahmen beschreibt (Prof. Dr. Q.). Gleiches gilt für den Bericht von Dr. P. vom 22.07.2016, die neben Osteochondrosen L 3-5 (wobei sie keine Bewertung hinsichtlich eines alterstypischen Ausmaßes vornimmt) nur die bekannten "kleiner NPP L 4/5 und L 3/4" beschreibt. Hinsichtlich des LWK 5 liegt im Übrigen eine angeborene Unterbrechung des Zwischenwirbelbereichs im Sinne einer Bogenverschlussstörung sowie einer rechtsseitigen Spondylose vor, die unabhängig von der beruflichen Belastung ist (Dr. I.).
Soweit das SG darüber hinaus trotz fehlendem Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung in dem Segment L 3/4 und dem Segment L 4/5 die Kausalität der beruflichen Verursachung diskutiert, handelt es sich nur um Hilfserwägungen für den Fall des Beweises des Gegenteils, welcher aber auch durch das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten nicht geführt ist. Diese Ausführungen sind zur Fallkonstellation B2 unter Berücksichtigung der durchgeführten Zeugeneinvernahme und der Aktenlage nicht zu beanstanden, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Ausführungen verweist. Auch diese Ausführungen belegen, dass selbst bei Annahme einer bandscheibenbedingten Erkrankung der kausale Ursachenzusammenhang nicht begründet werden könnte. Insoweit merkt der Senat ergänzend nur an, dass diese Annahme aber schon deshalb im Ergebnis nicht zu rechtfertigen sein dürfte, weil die Konstellation "B" eine gesicherte bandscheibenbedingte Erkrankung voraussetzt, wobei eines oder beide Segmente der unteren LWS betroffen sein muss. Diese Voraussetzung dürfte mit Blick auf den fehlenden Nachweis einer klinischen Relevanz für das Segment L 4/5 und hinsichtlich des Segmentes L 5/S 1, das lediglich anlagebedingt verändert ist, aber kaum gegeben sein. Wäre allein das Segment L 3/4 zu diskutieren, fehlte es für die Annahme eines wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhangs am Fehlen einer Begleitspondylose (Konstellation C1) bzw. bestände für diese Variante (ohne Begleitspondylose) kein Konsens, weshalb (worauf schon Prof. Dr. Q. hingewiesen hat) nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht von einer Wahrscheinlichkeit der Verursachung ausgegangen werden kann.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Unterliegen des Klägers in beiden Rechtszügen Rechnung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anl. 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV – nachfolgend: BK 2108) streitig.
Der 1960 geborene Kläger war von Februar 1992 bis 2014 als Hilfsgärtner beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung mit Ablauf des 31.05.2015. Seit Februar 2016 ist er als LKW-Fahrer beschäftigt, unterbrochen durch eine Zeit der Arbeitslosigkeit mit dem Bezug von Arbeitslosengeld.
Auf Antrag des Klägers leitete die Beklagte (bzw. vor Abgabe an die Beklagte die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau) im Februar 2014 ein Feststellungsverfahren wegen des Vorliegens einer Berufskrankheit ein.
Unter der Diagnose einer chronischen Lumbago beschrieb die Radiologiepraxis A. in dem Bericht vom 26.11.2013 unter Auswertung einer lumbalen spinalen Computertomographie einen links foraminalen Prolaps LWK 3/4 mit Anhebung der L3-Wurzel, einen median breitbasigen kleinen Bandscheibenvorfall mit mäßiger Impression des Duralsacks ohne Wurzelkompression in Höhe LWK 4/5 und eine milde Osteochondrose LWK 5/SWK 1.
Die Beklagte befragte den Kläger zu dem Beginn und den Auswirkungen seine Wirbelsäulenerkrankung sowie zu Art und Umfang seiner Tätigkeit. Ferner zog sie Auskünfte vom Arbeitgeber, der Gärtnerei B., e. K. bei. Der Orthopäde Dr. C. teilte auf Anfrage der Beklagten mit, den Kläger seit 1997 wegen zu diesem Zeitpunkt angegebener Wirbelsäulenbeschwerden (Schmerzen lumbo-sakraler Übergang) behandelt zu haben. Ein CT der LWS vom 28.02.1997 habe einen flachen NPP "L5/L5" (gemeint: L 4/5) median-paramedian links ergeben. Zwischen 1997 und 2004 habe keine Behandlung wegen der Rückenproblematik stattgefunden. 2004 sei eine Behandlung wegen einer akuten Lumbalgie nach Verhebetrauma erfolgt, worauf der Kläger nach kurzzeitiger Behandlung schmerzfrei gewesen sei. In der Folge habe sich der Kläger nicht mehr vorgestellt. Der Bericht der Radiologen Dres. D./E./F. vom 28.02.1997 war beigefügt.
Mit Bescheid vom 25.06.2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK Nr. 2108 ab, weil die zusammenfassende Beurteilung ergeben habe, dass der Belastungsumfang nicht ausreichend gewesen sei, um eine berufsbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule zu verursachen.
Im sich anschließenden Widerspruchsverfahren führte der Kläger zu Art und Umfang seiner Tätigkeiten ergänzend aus. Die Beklagte zog Befundberichte beim Facharzt für Orthopädie Dr. G. und beim Arzt für Allgemeinmedizin Dr. H. bei und gab ein Gutachten bei Privatdozent Dr. I., BG Unfallklinik A., in Auftrag, nachdem die Arbeitsplatzanalyse des Präventionsdienstes der Beklagten eine Gesamtdosis von 34,1 MNh für den Beschäftigungszeitraum 01.02.1992 bis 09.09.2014 ergeben hatte (Bericht der Mitarbeiter J. und K. vom 13.01.2015 nach zwei Vor-Ort-Terminen im September 2014, Bl. 100-1 ff., 103-1 ff. der Akten).
Dr. H. gab unter dem 29.03.2014 an, den Kläger wegen Rückenschmerzen erstmals am 15.11.2013 nach Tragen von Lasten in der Gärtnerei behandelt zu haben. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. G. teilte der Beklagten unter dem 08.11.2014 mit, den Kläger erstmals am 02.10.2014 gesehen zu haben. Eine Kernspintomographie des lumbalen Spinalkanals sowie ISG vom 22.10.2014 habe einen links foraminalen Prolaps LWK 3/4 und eine linksbetonte Protrusio L 4/5 ergeben.
In dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten von Privatdozent Dr. I. vom 28.04.2015, das dieser zusammen mit Oberarzt Dr. L. erstellt hat, wird eine altersentsprechende Chondrose 1. Grades an den Bewegungssegmenten L 4/5 und L 5/S 1 beschrieben. Diese Befunde seien nicht als bandscheibenbedingte Erkrankung zu verschlüsseln. Es liege ein chronisches LWS-Syndrom vor mit einer Bandscheibenvorwölbung L 4/5. Das Schadensbild an der Lendenwirbelsäule sei nicht belastungskonform im Sinne der Konsensempfehlungen. Die beiden betroffenen unteren Segmente wiesen nur eine Chondrose Grad 1 auf, was als altersentsprechend zu werten und somit nicht über das Altersmaß hinausgehend zu beurteilen sei. In der Gesamtschau seien die beruflichen Einwirkungen mit Wahrscheinlichkeit nicht als wesentliche Ursache für die Entstehung oder die Verschlimmerung der bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule anzusehen. Eine erstmalige Behandlungspflicht habe bereits etwa 5 Jahre nach Beginn der Arbeitstätigkeit bestanden und sei somit als chronisch zu werten. Es liege eine Konstellation vom Typ E2 nach den Konsensempfehlungen vor im Sinne einer Ausprägung eines Bandscheibenschadens Chondrose Grad 1 ohne konkurrierende Ursachen und ohne Begleitspondylose. Somit sei ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass die Begutachtung ergeben habe, dass beim Kläger kein Krankheitsbild im Sinne der genannten Berufskrankheit vorliege.
Hiergegen hat der Kläger am 14.07.2015 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung geltend gemacht, dass das Vorliegen einer BK Nr. 2108 durch die Arbeitsexposition, wie sie vom Präventionsdienst der Beklagten nachgewiesen worden sei und durch die Auswertung der Kernspintomographie der Wirbelsäule von Dr. F. belegt sei.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen bei dem Facharzt für Neurochirurgie Dr. M. vom 21.08.2015, dem Arzt für Chirurgie/Orthopädie/Unfallchirurgie Dr. C. vom 03.09.2015, dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 24.09.2015 und dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. G. vom 05.10.2015. Wegen der gemachten Angaben wird auf die Akten des SG, dort Bl. 31-64, verwiesen. Ferner hat es Dr. N., Krankenhaus O., mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens beauftragt.
Dieser hat in seinem Gutachten vom 30.11.2015 eine chronische Lumboischialgie rechts, muskuläre Reizerscheinungen und schmerzhafte Bewegungseinschränkungen festgestellt. Im Bereich der LWK 3/4 bestehe links ein foraminaler Prolaps mit Anhebung der L3-Wurzel, im Bereich LWK 4/5 eine mediale Protrusion bis foraminal reichend mit möglicher Bedrängung der L4-Wurzel. Es liege keine ventrale Begleitspondylose in der oberen Lendenwirbelsäule bzw. in der unteren Brustwirbelsäule vor. In den unteren LWS-Segmenten finde sich eine nur erstgradige Chondrose mit geringen Höhenminderungen sowie nur erstgradige Sklerose-Zeichen und Spondylophyten, was im Wesentlichen altersentsprechend sei. Im MRT fänden sich in LWK 3/4 und LWK 4/5 jeweils Bandscheibenvorfälle, die eine Konstellation B2 bedingen könnten, wenn nur entsprechend hohe Belastungen und/oder Belastungsspitzen arbeitstechnisch festzustellen wären. Der Sachverständige ist von einer bandscheibenbedingten Erkrankung mit einem chronischen oder chronisch rezidivierenden Beschwerdebild und mit entsprechendem morphologischen Substrat und einer Funktionsbeeinträchtigung ausgegangen, welche durch bildgebende Untersuchungsverfahren objektiviert seien. Es lägen jedoch mehrere Umstände vor, die für eine Nichtanerkennung der Beschwerdesymptomatik als bandscheibenbedingte Berufserkrankung sprächen (fehlende Zuordnung von Wurzelreizsyndromen oder neurologischen Ausfällen einer Nervenwurzel, Fehlen einer über das altersübliche Maß hinausgehenden Bandscheibendegeneration, das Segment LWK5/SWK1 ist nicht betroffen, Fehlen von belastungsadaptiven Veränderungen [ventrale Spondylosen]). Es ergebe sich gemäß Konsensempfehlungen die Konstellation E2, weshalb ein Zusammenhang abzulehnen sei. Allerdings könne bei Vorliegen von mehreren Bandscheibenvorfällen die Konstellation B2 konstatiert werden, sofern unter anderem eine besonders intensive Belastung vorgelegen habe. Eine Anerkennung könne empfohlen werden, wenn es zu besonderen Belastungsspitzen gekommen sei. Hierzu müsse der Präventionsdienst nochmals entsprechend ermitteln bzw. Stellung nehmen.
Hierauf hat die Beklagte erwidert, dass eine Bewertung durch den Bereich Prävention zu dem 3. Zusatzkriterium der Konstellation B2 der Konsensempfehlungen bereits vorliege, wonach dieses durch die festgestellten Tätigkeiten des Klägers nicht erfüllt sei. Ferner hat die Beklagte eine Stellungnahme des Arbeitgebers vom 06.02.2015 zu den Ermittlungen des Präventionsdienstes zu den Akten gereicht.
Das SG hat in mündlicher Verhandlung den Diplom-Ingenieur K. als Zeugen vernommen. Auf die Niederschrift vom 16.03.2016 wird insoweit Bezug genommen.
Mit Urteil vom selben Tag hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es Zweifel am Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung geäußert und eine solche nicht für nachgewiesen gehalten. Zwar seien in den Segmenten L3/4 und L4/5 Veränderungen der Bandscheiben, die unter anderem so auch zuletzt von Dr. N. als Vorfälle bezeichnet worden seien, dokumentiert, eine korrelierende klinische Symptomatik sei jedoch nicht nachgewiesen. So habe Dr. I. ein chronisches LWS-Syndrom mit Bandscheibenvorwölbung L4/5 diagnostiziert, welches er jedoch ausdrücklich nicht als bandscheibenbedingte Erkrankung Sinne des ICD 10 definiert habe. Soweit Dr. N. zwar von einer bandscheibenbedingten Erkrankung ausgegangen sei, bestünden letztlich gewichtigere Argumente gegen die Annahme einer solchen Erkrankung als für deren Annahme. Doch selbst wenn man vom Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung ausgehen wolle, komme eine Anerkennung der BK 2108 nicht in Betracht. Denn die Kammer habe sich nicht davon überzeugen können, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung auf ein langjähriges Heben und Tragen oder Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugung zurückzuführen sei. Dabei sei zwischen den Beteiligten unstreitig und stehe auch für die Kammer aufgrund der Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten fest, dass beim Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorlägen. Andererseits stehe für die Kammer auch fest, dass seitens des Präventionsdienstes trotz des deutlichen Überschreitens der Gesamtdosis eine besonders intensive Belastung mit Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren und ein besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen mit Erreichen der Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richtwertes durch hohe Belastungsspitzen, wie sie in der Konstellation B2 der Konsensempfehlungen vorausgesetzt würden, nicht vorlagen. Zu den hier insbesondere umstrittenen Belastungsspitzen habe der Zeuge nachvollziehbar dargelegt, dass erst die Bewilligung von Einzelgewichten mit 60 kg aufwärts berücksichtigt werden könnten. Solche Gewichte habe der Kläger jedoch nur selten bewegt. Das Fehlen entsprechender Einzelgewichte könne nicht dadurch ausgeglichen werden, dass der Kläger phasenweise innerhalb eines Arbeitstages sehr zahlreiche Tragevorgänge mit zwar immer noch recht hohen, aber letztlich doch deutlich unter 60 kg liegenden Gewichten gehabt habe. Maßgeblich sei die Belastung durch das Einzelgewicht. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung einer BK angenommen werden könne, ziehe die Kammer die Konsensempfehlungen zur Beurteilung heran. Diese gäben den derzeit aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse auf diesem Gebiet wieder. Nach der übereinstimmenden Auffassung von Dr. I. und Dr. N. lägen beim Kläger an den unteren LWS-Segmenten nur erstgradige Höhenminderungen (Chondrosen) der Bandscheiben vor. Bei gleichzeitigem Fehlen wesentlich konkurrierender Ursachenfaktoren sowie dem Fehlen einer Begleitspondylose ergebe sich insoweit die in den Konsensempfehlungen dargelegte Konstellation B2, bei der ein Zusammenhang mit der beruflichen Belastung nicht wahrscheinlich sei. Auch unter Zugrundelegung der Konstellation B2, die Dr. N. für einschlägig erachtet habe, könne sich die Kammer nicht von einem beruflichen Zusammenhang überzeugen. Dieser wäre nach den Konsensempfehlungen unter anderen dann wahrscheinlich, wenn in arbeitstechnischer Hinsicht eine besonders intensive Belastung oder ein besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen vorgelegen hätte. Beides sei – wie bereits dargelegt – nicht der Fall gewesen. Schließlich käme man selbst dann, wenn man die Konstellation B2 unterstellen wollte, nicht zu einer Anerkennung der BK 2108, weil auch bei Zuordnung und Bejahung einer der in den Konsensempfehlungen im Einzelnen aufgeführten Konstellationen noch eine individuelle Kausalitätsbeurteilung nötig sei. Insoweit sprächen zwei Gründe klar gegen die Anerkennung der BK 2108, nämlich die Aussparung des Segments L 5/S 1 und der Umstand, dass die degenerativen Veränderungen im Bereich der LWS des Klägers nicht über das altersübliche Maß hinausgingen. Beide Sachverständige hätten übereinstimmend diese beiden Gesichtspunkte als Kriterien gewertet, die gegen das Vorliegen einer BK 2108 sprächen. Es handele sich nach Überzeugung der Kammer hierbei um Gesichtspunkte, die durchschlagende Zweifel am Vorliegen dieser BK begründeten.
Gegen das ihm am 19.04.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger an 27.04.2016 Berufung eingelegt.
Er verweist zur Begründung auf ein MRT vom 16.06.2016, welches Bandscheibenerkrankungen im Bereich LWK 2/3, LWK 3/4, LWK 4/5 und LWK 5 zeigte. Er vertritt insbesondere die Auffassung, dass bildgebend durch die MRT vom 26.11.2013, vom 22.10.2014 und vom 14.06.2016 eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule gesichert sei. Betroffen seien somit die LWK 4/5 und L 5/S 1. Diese Segmente seien bei Einwirkung durch schweres Heben und Tragen und Arbeiten mit extremer Rumpfbeugehaltung gerade betroffen. Insoweit hat der Kläger einen Bericht der Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. P. vom 22.07.2016 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. März 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2014 und den Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zu Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der neuere MRT-Befund vom 14.06.2016 nicht mit der notwendigen Beweiskraft ein Krankheitsbild im Sinne der Konstellation B und speziell im Sinne der Konstellation B2, Spiegelstrich 1, der Konsensempfehlungen belegen könne. Ein altersvorauseilender und das altersübliche Maß überschreitender Befund der LWS sei nicht nachgewiesen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen eines weiteren orthopädischen Sachverständigengutachtens bei Prof. Dr. Q ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 05.05.2017 im Bereich der Lendenwirbelsäule nach dem klinischen Befund eine eingeschränkte Beweglichkeit und Belastbarkeit, aktuell ohne Nervenwurzelreizerscheinung, bei radiologisch objektivierbaren linksbetonten Bandscheibenvorfällen in den Segmenten L 3/L 4 und L 4/L 5 sowie einer Übergangstörung L5/S1 in Form eines offenen Wirbelbogens L 5, einer rechtsseitigen Unterbrechung der Interartikularportion (Spondylose) am Bogen des 5. Lendenwirbels sowie eines verbreiterten Querfortsatzes L5 links mit Kontakt zum Kreuz-Darmbein-Gelenk festgestellt. Es bestünden Zweifel, ob die computertomographisch und kernspintomographisch im November 2013 nachgewiesenen Bandscheibenvorfälle in den Segmenten L 3/L 4 und L 4/L 5 links für eine Beschwerdesymptomatik verantwortlich seien. Denn der Kläger habe anamnestisch immer nur über Beschwerden im rechten Bein geklagt. Die beschriebenen linksseitigen Bandscheibenveränderungen seien nicht geeignet, eine rechtsseitige Beschwerdesymptomatik hervorzurufen. Insgesamt erscheine es nach dieser vorläufigen Analyse insbesondere aufgrund des zeitlichen Ablaufes und der Differenz zwischen rechtsseitiger klinischer Symptomatik und linksseitig objektivierbarer Pathologie wenig wahrscheinlich, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung des Klägers auf dessen berufliche Belastung zurückzuführen sei. Selbst wenn man unterstellen wolle, dass die in den Jahren 2013/2014 diagnostizierten Bandscheibenvorfälle nach einer ausreichenden beruflichen Exposition aufgetreten seien, wäre gemäß den Konsensempfehlungen über eine Konstellation B2 zu diskutieren. Bei dieser Konstellation werde vorausgesetzt, dass wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht erkennbar sind und dass eine Begleitspondylose nicht vorliegt. Beide Eingangsvoraussetzungen seien im Falle des Klägers erfüllt, die Übergangstörung L5/S1 sei nicht als konkurrierender Faktor zu werten. Die Anerkennung der Konstellation B2 werde jedoch an die Erfüllung von zusätzlichen Kriterien geknüpft, die nicht erfüllt seien. Soweit deshalb eine Konstellation B3 zu denken sei, sei den Konsensempfehlungen zu entnehmen, dass bei dieser Konstellation innerhalb der Arbeitsgruppe kein Konsens bestand. Damit liege bei dieser Konstellation der wissenschaftliche Nachweis eines Kausalzusammenhangs zwischen der beruflichen Belastung der Lendenwirbelsäule einerseits und der bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule andererseits nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten 1. und 2. Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Die erhobene Klage ist im Sinne einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, mit der der Kläger die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung verbunden mit der behördlichen Feststellung der beantragten BK begehrt, gemäß § 54 Abs. 1 SGG zulässig.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 25.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2015 nicht zu beanstanden ist. Der Kläger wird hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt.
Rechtsgrundlage für die Anerkennung der begehrten BK ist § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV. BKen sind gem. § 9 Abs. 1 SGB VII nur diejenigen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. In der Anlage 1 zur BKV vom 31.10.1997 (BGB I, S. 2623), die sich insoweit nicht mehr geändert hat, ist die BK 2108 als "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheiten ursächlich waren oder sein können" bezeichnet.
Die Anerkennung setzt demnach voraus, dass der Versicherte auf Grund von Verrichtungen bei einer versicherten Tätigkeit langjährig schwer gehoben und getragen bzw. in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet hat (BK 2108 - hierzu unter 1.) und hierdurch eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS entstanden ist und noch besteht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist ein Ursachenzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Verrichtungen (sachlicher Zusammenhang), diesen Verrichtungen und den schädigenden Einwirkungen (Einwirkungskausalität) und den Einwirkungen und der Erkrankung (haftungsbegründende Kausalität) erforderlich. Schließlich muss der Versicherte gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben und die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit als Folge des Zwangs auch tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK 2108 nicht vor (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2008 – B 2 U 14/07 R –; Urteil vom 30.10.2007 – B 2 U 4/06 R –, beide juris). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist hingegen keine Voraussetzung für die Anerkennung der BK, sondern lediglich für einen etwaigen, auf dieser BK beruhenden Leistungsanspruch (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 04.07.2013 – B 2 U 11/12 R –, juris).
In beweisrechtlicher Hinsicht müssen die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Hingegen genügt für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 23.04.2015 – B 2 U 06/13 R –m.w.N.; juris). Um eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges zu bejahen, muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden und nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung deutlich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – m.w.N., juris). Die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zwischen beruflichen Belastungen und Bandscheibenerkrankung hat auf der Grundlage des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu erfolgen; daher sind neben der Begründung des Verordnungsgebers auch die Merkblätter des zuständigen Bundesministeriums, die wissenschaftliche Begründung des ärztlichen Sachverständigenbeirates sowie die sogenannten Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung der auf Anregung des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften (HVBG) eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe ("Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule", Bolm-Audorff, et al., Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 211 ff.) zu beachten. In seinen Urteilen vom 23.04.2015 hat das BSG bestätigt, dass diese Konsensempfehlungen weiterhin den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand abbilden (vgl. hierzu ausführlich, auch zu den zwischenzeitlich erfolgten Meinungsäußerungen in der medizinischen Wissenschaft, etwa zur Deutschen Wirbelsäulenstudie, B 2 U 6/13 R, B 2 U 10/14 R und B 2 U 20/14 R, alle juris).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 nicht vor.
Der Kläger war von 1992 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit 2014 und noch für sechs Monate im Jahr 2015 als Hilfsgärtner abhängig beschäftigt und damit als Beschäftigter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert.
In diesem Zeitraum war der Kläger Einwirkungen ausgesetzt, die grundsätzlich geeignet waren, eine bandscheibenbedingte Erkrankung an der Lendenwirbelsäule zu verursachen. Denn er hat nach den Feststellungen des Präventionsdienstes der Beklagten die typischen Arbeiten eines Hilfsarbeiters im Gartenbau, wobei diese Tätigkeit in großem Umfang vom Charakter einer Friedhofsgärtnerei und über Jahre hinweg auch durch den einer Baumschule geprägt war (vgl. im Einzelnen Bl. 101-1 ff., 103-1 ff. der Akten), ausgeführt.
Zur Bestimmung der für eine Krankheitsverursachung erforderlichen Belastungsdosis zieht der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG das Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) heran, welches seit 2003 (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2003 – B 2 U 13/02 R – juris) und aktuell (vgl. zuletzt BSG, Urteile vom 23.04.2015, a.a.O.) eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der BK 2108 mit den unbestimmten Rechtsbegriffen "langjähriges" Heben und Tragen "schwerer" Lasten oder "langjährige" Tätigkeit in "extremer Rumpfbeugehaltung" nur ungenau und allenfalls nur richtungsweisend umschriebenen Einwirkungen ist. Die aufgrund einer retrospektiven Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder ermittelten Werte, insbesondere die Richtwerte für die Gesamtbelastungsdosis des MDD, sind nicht als Grenzwerte, sondern als Orientierungswerte oder -vorschläge zu verstehen (BSG, Urteil vom 18.11.2008 – B 2 U 14/07 R – juris). Für Männer legt das MDD als Gesamtbelastungsdosis den Wert von 25 MNh fest, der hier mit den vom Präventionsdienst der Beklagten errechneten 34,1 MNh erheblich überschritten ist. Es kommt daher im hier zu entscheidenden Fall nicht darauf an, ob bereits ein geringerer, ggf. hälftiger Wert dieses Orientierungswertes ausreichen würde, um von einem erhöhten Erkrankungsrisiko auszugehen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen nicht mehr verzichtet werden kann (vgl. für Männer: BSG, Urteil vom 30.10.2007 – B 2 U 4/06 R – juris). Es ist auch angesichts der ununterbrochenen Beschäftigung des Klägers von 1992 bis 2015 nicht zweifelhaft, dass eine wirbelsäulenbelastende Tätigkeit regelmäßig und vor allem "langjährig" ausgeübt wurde.
Es fehlt aber bereits am Nachweis des versicherten Krankheitsbildes, wie das SG zutreffend festgestellt hat. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS im Sinne der BK 2108 liegt vor, wenn neben einem durch Veränderungen an der Bandscheibe verursachten objektivierten Schaden chronische oder chronisch wiederkehrende Beschwerden mit Funktionseinschränkungen gegeben sind (BSG, Urteil vom 31.05.2005, B 2 U 12/04 R, juris). Eine bandscheibenbedingte Erkrankung setzt nach den Konsensempfehlungen den bildgebenden Nachweis eines altersuntypischen Bandscheibenschadens im Sinne einer Höhenminderung (Chondrose) und/oder einen Bandscheibenvorfall einerseits und eine korrelierende klinische Symptomatik andererseits voraus (vgl. Konsensempfehlungen 1.3/ 1.4 - S. 215 f. sowie zur Berechnung der Bandscheibenhöhen Anhang 3 - S. 224 ff.; vgl. hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.10.2014, L 4 U 398/14; Hessisches LSG, Urteil vom 23.01.2017, L 9 U 111/14, jeweils in Juris). In seinen Urteilen vom 23.04.2015 (B 2 U 6/ 13 R, B 2 U 20/14 und B 2 U 10/14 R, Juris) hat das BSG bestätigt, dass diese Konsensempfehlungen weiterhin den aktuellen Erkenntnisstand abbilden.
Insoweit stellt der Senat fest, dass mit dem Gutachten von Prof. Dr. Q. unter Auswertung der ihm vorgelegten CT vom 26.11.2013, der Kernspintomographien vom 22.10.2014 und vom 14.06.2016 sowie der von ihm angefertigten Röntgenbilder Höhenminderungen (Chondrosen) im Bereich der Lendenwirbelsäule für kein Segment nachgewiesen werden konnten (Bl. 9 des Gutachtens). Ferner ließen sich korrelierende Schmerzen, die der Lendenwirbelsäule segmental zugeordnet werden könnten (Bl. 13 der Gutachtens), weder in Form von Gefühlsstörungen noch in Form motorischer Schwächen im Bereich der unteren Extremitäten nachweisen. Die Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen ergab zudem, dass im Bereich L3/L4 und L4/L5 radiologisch links betonte Bandscheibenvorfälle vorliegen, weswegen die anamnestischen Angaben des Klägers, er leide über Beschwerden im rechten Bein, was durch die sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. M. vom 21.08.2015 (" bestehende Schmerzen im LWS-Bereich mit Schmerzen rechtes Bein seit 6 Jahren") und Dr. H. vom 24.09.2015 ("Starke LWS-Beschwerden, die in den rechten Oberschenkel ausgestrahlt haben") bestätigt wird, nicht plausibel sind. Denn nach den Ausführungen von Prof. Dr. Q. sind linksseitige Bandscheibenveränderungen in L3/L4 und L4/L5 nicht geeignet, eine rechtsseitige Beschwerdesymptomatik zu verursachen. Soweit Dr. G. im Befundbericht vom 08.11.2014 (Bl. 61 SG-Akte) aufgrund einer zweimaligen Konsultation des Klägers am 02. und 27.10.2014 von einer ischialgieformen Ausstrahlung in das linke Bein berichtet, wird diese Angabe in der sachverständigen Zeugenaussage vom 05.01.2015 insoweit relativiert, als dort die Anamnese der Konsultation mit "vor ca. 7 Jahren auch Schmerzen Rücken und re. Fuß gehabt" wiedergegeben wird, eine Verwechslung damit nicht ausgeschlossen werden kann. Letztlich kann dies auch dahinstehen, weil auch Dr. I. und Dr. N. den Nachweis einer mit den radiologisch nachgewiesenen Veränderungen im Bereich der LWK 3/4 und LWK 4/5 verbundenen klinischen Beschwerdesymptomatik nicht geführt haben. Dr. I. hat die Höhenminderungen der Bandscheiben - mit etwas abweichenden Werten - als alterstypisch bezeichnet, ebenso den Grad der Sklerosierung. Die von ihm beschriebene Bandscheibenvorwölbung L4/5 war – wie er ausgeführt hat – deshalb auch nicht als bandscheibenbedingte Erkrankung (welche nach ICD10 M51.1 zu kodieren wäre), sondern als Bandscheibenerkrankung (ICD10 M42.1; zur Unterscheidung vgl. Schröter in MED SACH 107 4/2011, S. 144 (145): Kodierung unter M 51.1 nur unter Einbeziehung eines klinischen Befundes) zu werten. Dr. N. hat ebenfalls die Auffassung vertreten, dass eine radikuläre Beschwerdesymptomatik, die einer definierten Nervenwurzel hätte zugeordnet werden können, nicht vorliegt. Ferner hat er ausgeführt, dass zu erwartende sekundäre Veränderungen wie Chondrose, Osteochondrose, Spondylose, Retrolisthesis, Pseudospondylolisthesis oder Arthrose der kleinen Wirbelgelenke nicht in einem das alterstypische übersteigenden Maß vorliegen und dass im dorsolumbalen Übergangsbereich bei jahrelanger Belastungsexposition mit schwerem Bücken, Heben und Tragen sowie Arbeiten in vornübergeneigten Zwangshaltungen als belastungsadaptive Veränderungen ventrale Spondylosen zu erwarten seien, die ebenfalls nicht festgestellt werden konnten, was gegen die Anerkennung einer BK 2108 spricht. Insoweit ist zudem zu berücksichtigen, dass auch Dr. M. den in der Kernspintomographie vom 22.10.2014 beschriebenen kleinen Bandscheibenvorfall LWK 4/5 als klinisch stumm bezeichnet hat (Zeugenaussage vom 21.08.2015).
Der vom Kläger vorgelegte Bericht über die Kernspintomographie vom 14.06.2016 erbringt insoweit keine weiteren Erkenntnisse, weil sie für den Bereich der LWK 3/4, 4/5 und 5/SWK 1 keine Veränderungen zu den Voraufnahmen beschreibt (Prof. Dr. Q.). Gleiches gilt für den Bericht von Dr. P. vom 22.07.2016, die neben Osteochondrosen L 3-5 (wobei sie keine Bewertung hinsichtlich eines alterstypischen Ausmaßes vornimmt) nur die bekannten "kleiner NPP L 4/5 und L 3/4" beschreibt. Hinsichtlich des LWK 5 liegt im Übrigen eine angeborene Unterbrechung des Zwischenwirbelbereichs im Sinne einer Bogenverschlussstörung sowie einer rechtsseitigen Spondylose vor, die unabhängig von der beruflichen Belastung ist (Dr. I.).
Soweit das SG darüber hinaus trotz fehlendem Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung in dem Segment L 3/4 und dem Segment L 4/5 die Kausalität der beruflichen Verursachung diskutiert, handelt es sich nur um Hilfserwägungen für den Fall des Beweises des Gegenteils, welcher aber auch durch das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten nicht geführt ist. Diese Ausführungen sind zur Fallkonstellation B2 unter Berücksichtigung der durchgeführten Zeugeneinvernahme und der Aktenlage nicht zu beanstanden, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Ausführungen verweist. Auch diese Ausführungen belegen, dass selbst bei Annahme einer bandscheibenbedingten Erkrankung der kausale Ursachenzusammenhang nicht begründet werden könnte. Insoweit merkt der Senat ergänzend nur an, dass diese Annahme aber schon deshalb im Ergebnis nicht zu rechtfertigen sein dürfte, weil die Konstellation "B" eine gesicherte bandscheibenbedingte Erkrankung voraussetzt, wobei eines oder beide Segmente der unteren LWS betroffen sein muss. Diese Voraussetzung dürfte mit Blick auf den fehlenden Nachweis einer klinischen Relevanz für das Segment L 4/5 und hinsichtlich des Segmentes L 5/S 1, das lediglich anlagebedingt verändert ist, aber kaum gegeben sein. Wäre allein das Segment L 3/4 zu diskutieren, fehlte es für die Annahme eines wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhangs am Fehlen einer Begleitspondylose (Konstellation C1) bzw. bestände für diese Variante (ohne Begleitspondylose) kein Konsens, weshalb (worauf schon Prof. Dr. Q. hingewiesen hat) nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht von einer Wahrscheinlichkeit der Verursachung ausgegangen werden kann.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Unterliegen des Klägers in beiden Rechtszügen Rechnung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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