L 1 U 4045/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 1178/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4045/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 29.09.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25.01.1985.

Der Kläger war Geschäftsführer der Firma F. und als Unternehmer bei der Beklagten versichert. Er bezieht von der Beklagten wegen einer 1988 erlittenen Unterschenkel- und Fußverletzung eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. sowie wegen einer 1986 erlittenen beidseitigen Speichenfraktur eine Verletztenrente nach einer MdE von 10 v.H.

Am 25.01.1985 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall. Er gab in seiner UnfalL.eige an, beim Verlegen von Estrich in einem Büroneubau sei eine Befestigung des Mörtelschlauchs abgerissen und ihm gegen den rechten Daumen geschlagen.

Der Facharzt für Orthopädie Dr. B. beschrieb in seinem Durchgangsarztbericht vom 06.02.1985 eine Schwellung und Bewegungseinschränkung im Daumengrundgelenk rechts und stellte die Diagnose Prellung des Daumengrundgelenks rechts mit Fraktur im Köpfchen von Metacarpale I und schrieb den Kläger ab 06.02.1985 arbeitsunfähig. Der Chirurg Dr. H. schloss im Befundbericht vom 18.06.1985 eine knöcherne Verletzung im Bereich des rechten Daumens aus und beschrieb im späteren Befundbericht vom 26.07.1985 einen Zustand nach Prellung des rechten Daumens und einer Arthrose des Daumengrundgelenks. Aufgrund der Prellung sei eine Arbeitsunfähigkeit bis 08.06.1985 gegeben gewesen. Die weiterbestehende Arbeitsunfähigkeit sei nicht mehr Verletzungsfolge, sondern Folge der unfallunabhängigen Arthrose. Die Beklagte holte zur weitere Sachverhaltsaufklärung ein chirurgisches Gutachten bei den Dres. Sch. und D. sowie ein nervenärztliches Zusatzgutachten bei Dr. E. ein. Die Gutachter Dres. Sch. und D. führten in ihrem Gutachten vom 09.02.1987 aus, sichere oder wahrscheinliche Zeichen eines alten Bruchs des Köpfchens des 1. Mittelhandknochens seien nicht zu finden. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege nicht vor. Der nervenärztliche Zusatzgutachter Dr. E. schloss in seinem Zusatzgutachten vom 09.02.1987 eine unfallbedingte MdE auf neurologischem Fachgebiet aus.

Am 23.05.1986 erlitt der Kläger eine weiteren Unfall bei dem er sich distale Radiusfrakturen zuzog. Er stürzte beim Anbringen von Regalen von einer Leiter und fing sich mit beiden Händen ab. Hinsichtlich dieses Unfalls erfolgte am 11.03.1997 eine Begutachtung durch Prof Dr. L. (Chefarzt der Klinik für Handchirugie B.). In diesem Gutachten wird ausgeführt, der Kläger bemerke an beiden Händen eine Kraftminderung und eine Minderung der Gefühlswahrnehmung. Das Hauptproblem liege jedoch im Bewegungs- und Belastungsschmerz des linken Handgelenks. In diesem Gutachten wurde eine deutliche Kraftminderung der rechten Hand festgestellt, es bestünden Bewegungs- und Belastungsbeschwerden beider Handgelenke, besonders linksseitig. Anamnestisch wurde eine Vorverletzung an beiden oberen Extremitäten verneint. Die neurologisch verifizierten Nervenkompressionssyndrome am rechten Arm (Sulkus ulnaris-Syndrom und Karpaltunnelsyndrom) seien als unfallunabhängig einzuordnen. Diese würden auch die Kraftminderung der rechten Hand erklären.

Zuvor hatte der Kläger bereits mit Schreiben vom 01.04.1996 eine Verschlechterung der Unfallfolgen bezogen auf den Unfall vom 25.01.1985 geltend gemacht. Mit Bescheid vom 19.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.1998 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, da der Unfall vom 25.01.1985 keine messbare MdE über die 13. Woche hinaus hinterlassen habe.

Hiergegen erhob der Kläger am 30.11.1998 Klage (S 1 U 225/99) zum Sozialgericht Würzburg, welches den Rechtsstreit an das Sozialgericht Heilbronn (SG) verwies. Im Rahmen dieses Klageverfahrens legte der Kläger u.a. ein Gutachten des Handchirurgen Dr. S. vom 12.01.1999 vor. Dieser führte u.a. aus, der Kläger habe ein erhebliches, folgenschweres Trauma erlitten, das in der Lage sei, multistrukturelle Läsionen an der betreffenden Hand zu setzen. Es sei eine Binnenläsion am Daumengrundgelenk rechts, bestehend in einer intraartikulären Einstauchfraktur mit bleibenden Konturveränderungen des Metacarpale-Köpfchens I hervorgerufen worden. Eine vorbestehende Arthrose als unfallunabhängige Behinderung könne nicht bestätigt werden. Diese Diagnose würde einer nicht statthaften Verlegenheitsdiagnose, infolge medizinischen Erklärungsnotstands, gleichkommen. Der Kläger könne 1/3 aller anfallenden Arbeiten eines Handwerkers nicht mehr oder zum Teil nur mit der Gegenhand ausführen. Die MdE betrage 20 v.H. (insoweit: ergänzende Stellungnahme vom 25.01.2000). Zudem legte der Kläger einen Bericht von Dr. K. hinsichtlich eines dort durchgeführten MRTs vom 11.06.1999 vor, in dem ausgeführt wird, es könne eine deutliche Gelenkfacettenveränderung zum rechten Daumengrundgelenk festgestellt werden. Dort sehe man einerseits spitzgiebelige knöcherne Randkonturausziehungen, andererseits begleitende deutliche Knorpellamellenverschmälerungen und insbesondere zum Os metacarpale I auch kräftige ostephytäre Randleistenbildungen. Hieraus sei es auch zu einer leichten subluxatorischen Gelenkposition zur Grundphalanx des rechten Daumens gekommen. Unzweifelhaft bestehe eine posttraumatische erhebliche Rhizarthrose im rechten Daumen.

In einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 30.04.2001 schilderte der Kläger den Unfallhergang abweichend von der UnfalL.eige dergestalt, dass er eine Verstopfung im Zuflussschlauch zwischen Estrichmischmaschine und Auslaufblock habe beheben wollen. Dazu habe er den Schlauch vor dem Zulauf in den Auslaufblock abmontiert, mit der linken Hand gehalten und mit der rechten Hand mit einem Hammer mehrfach auf die verstopfte Stelle geschlagen. Als sich die Verstopfung löste, habe er sofort auch mit der rechten Hand auf den Schlauch zugreifen wollen, was er aber nicht mehr geschafft habe. Vielmehr sei der Schlauch zurückgeschlagen, habe die rechte Hand zwischen Zeigefinger und Daumen getroffen und am Kopf vorbei über die rechte Schulter nach hinten gerissen.

Das SG holte sodann ein weiteres handchirurgisches Gutachten bei Prof. Dr. L. (Chefarzt der Klinik für Handchirugie B.) und Dr. van Sch.(Fachrzt für Orthopädie) ein. Diese diagnostizierten in ihrem Gutachten vom 16.10.2001 eine endgradige schmerzfreie Bewegungseinschränkung des rechten Daumengrund- und interphalangealgelenks, belastungsabhängige Schmerzen entlang dem I. Mittelhandknochen sowie eine Kraftminderung der Funktionsgriffe im Spitz- und Schlüsselgriff rechts gegenüber links. Sie führten zudem aus, dass sich zwei Wochen nach dem Unfall in den gefertigten röntgenologischen Aufnahmen keinerlei Hinweise auf eine knöcherne Verletzung ergeben hätten. Es verbleibe daher nur die Möglichkeit einer wesentlichen Weichteilschädigung. Die Verletzung selbst habe in Muskelfaserrissen und einer Quetschung des ulnaren Kollateralbandes am Daumengrundgelenk bestanden, die narbig ausgeheilt sei und Ursache der verbliebenen Funktionseinschränkungen sei. Funktionseinschränkungen, die auf gelenkbedingte oder knöcherne Veränderung zurückzuführen seien, fänden sich nicht. Zum Befund wird in dem Gutachten ausgeführt, im Bereich beider Hände finde sich ein vollständiger Faustschluss. Die Fingerstreckung sei für alle Finger beider Hände endgradig eingeschränkt aufgrund einer verminderten Streckbarkeit der Fingermittelgelenke. Bei der Überprüfung der Daumenbeweglichkeit finde sich eine endgradige Bewegungseinschränkung für die Beugung im Daumengrundgelenk rechts. Das Daumenendgelenk zeige ebenfalls eine endgradige Bewegungseinschränkung. Sowohl im Bereich der rechten als auch im Bereich der linken Hand konnten sämtliche Langfingerkuppen mit der Daumenspitze erreicht werden. Bei der Überprüfung der Funktionsgriffe finde sich seitgengleich spontan demonstrierbar der Spitz-, Schlüssel-, Grob- und Tragegriff ohne Schmerzangaben. Bei Beurteilung der Röntgenbefunde vom 06.02.1985 (erstellt durch Dr. B.) ergebe sich ein unauffälliges rechtes Daumenskelett ohne Hinweise auf stattgehabte knöcherne oder destabilisierende Bandverletzungen. Sowohl eine vorbestehende Arthrose dieses Gelenkes, als auch eine intraartikuläre Impressionsfraktur und damit Stufenbildung in den Gelenkflächen hätte auf Dauer zu einer progredienten radiologisch erkennbaren Arthrose führen müssen. Dies sei im zeitlichen Verlauf nicht der Fall. Eine wesentliche Arthrose des rechten Daumengrundgelenkes hätte zu einer deutlichen Mehranreicherung in der Knochenphase der 3-Phasen-Skelett- Szinitigraphie, die 1999 durchgeführt wurde, zur Darstellung kommen müssen. Dies sei jedoch weder für das rechte noch für das linke Daumengrundgelenk der Fall gewesen. Auch die weiteren röntgenologischen Befunde sprächen als Ursache für die jetzt noch bestehenden Beschwerden gegen eine Ursache, die im Gelenk selbst zu suchen sei. Auch kernspintomographisch sei keine erhebliche arthrotische Veränderungen im rechten Daumengrundgelenk festzustellen. Im Hinblick auf das durch Dr. K. erstellte MRT vom 09.06.1999 führten die Gutachter u.a. aus, auf den kernspintomografischen Aufnahmen finde sich die bekannte flache Form des Metakarpale I-Köpfchens und korrespondierend dazu der Grundphalanxbasis. Es fänden sich beginnende Knorpellamellenverschmälerungen, insbesondere des Metakarpalköpfchens. Eine intraartikulätre Stufenbildung oder direkte Hinweise auf eine stattgehabte posttraumatische Veränderung der Gelenkfläche des Metakarpale I-Köpfchens ließen sich in keiner Projektion oder Schichtsequenz feststellen. Die kernspintomografischen Bilder würden lediglich die auch schon radiologische zu sehende Formvariante des Daumengrundgelenkes rechts bestätigen. Im Rahmen der röntgenologischen Untersuchung beider Daumen am Untersuchungstag habe sich ein Unterschied in der Gelenkkonstellation des rechten, im Vergleich zum linken Daumengrundgelenk, nicht mehr feststellen lassen. Auch im Rahmen der klinischen Untersuchung hätten sich keine Hinweise auf gelenkbedingte Beschwerden im Bereich des rechten Daumengrundgelenkes finden lassen. Die klinischen Untersuchungsergebnisse im Rahmen des von Dr. S. erstellten Gutachtens seien zu bestätigen, der Einschätzung der MdE durch Dr. S. könne hingegen nicht gefolgt werden. Die von diesem angenommene MdE von 20 v.H. entspräche einer Amputation des Daumens im Grundgelenk. Die verbliebenen Funktionseinschränkungen entsprächen jedoch keineswegs einer solchen Amputationsverletzung. Zusammenfassend sei festzustellen, dass die verbliebene Funktionsbeeinträchtigung aufgrund des Unfalls vom 25.01.1985 ab dem sechsten Monat nach dem Unfall (nur noch) eine MdE von weniger als 10 v.H. rechtfertige.

Mit Urteil vom 14.02.2002 wies das SG die Klage ab. Im sich hieran anschließenden Berufungsverfahren wurde auf Antrag des Klägers ein fachchirurgisches Gutachten bei PD Dr. I. eingeholt. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 30.01.2003 1.) eine schwere Kontusion (Prellung) des rechten Daumens mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Daumen- und Mittelgelenks, 2.) Schmerzen im Bereich Metakarpale I und 3.) eine verminderte grobe Kraft im Bereich des rechten Daumens. Die unter 1.) genannten Diagnosen stünden wahrscheinlich in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfall vom 25.01.1985. Im Bereich beider Hände sei ein vollständige Faustschluss möglich. Die Fingerstreckung sei nicht eingeschränkt. Sowohl Dr. S. als auch die Gutachter Prof. Dr. L. und Dr. van Sch.hätten festgestellt, dass das damalige Unfallereignis geeignet gewesen sei, eine schwere Verletzung im Bereich der Weichteile des rechten Daumen sowie zwischen dem Daumen und dem I. und II. Mittelhandknochen hervorzurufen. An einer erheblichen Weichteilverletzung bestehe daher kein vernünftiger Zweifel. Es sei nicht zu klären und könne letztlich offen bleiben, ob (zusätzlich) eine knöcherne Verletzung vorgelegen habe. Wegen einer starken Funktionsbeeinträchtigung des rechten Daumens sei eine MdE von 10 v.H. gerechtfertigt.

Mit Urteil vom 12.10.2004 wies der 10. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) die Berufung zurück (L 10 U 1921/01). Zur Begründung schloss er sich den Feststellungen der Gutachter Prof. Dr. L. und Dr. van Sch.an. Aufgrund des Arbeitsunfalls bestünde beim Kläger eine endgradige schmerzfreie Bewegungseinschränkung des rechten Daumengrund- und interphalangealgelenks, belastungsabhängige Schmerzen entlang dem 1. Mittelhandknochen sowie eine Kraftminderung der Funktionsgriffe im Spitz- und Schlüsselgriff. Bei der Untersuchung des Klägers durch Prof. Dr. L. und Dr. van Sch.sei eine seitengleich ausgeprägte Muskulatur der Ober- und Unterarme sowie eine seitengleich kräftige Beschwielung der Handinnenflächen festgestellt worden und der Kläger sei in der Lage gewesen, einen vollständigen Faustschluss durchzuführen. Lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung, neben dem vom Kläger geäußerten Druckschmerz über dem körpernahen Ansatz des ulnaren Kollateralbandes, für die Beugung im Daumengrundgelenk und Daumenendgelenk rechts, sei als funktionelle Einschränkung diagnostiziert worden. Bei der im Gutachten von PD Dr. I. aufgeführten deutlichen Minderung der groben Griffkraft und der deutlichen Bewegungseinschränkung im Daumengrund- und Endgelenk handle es sich dagegen um die lediglich - mitarbeitsbedingte - Darstellungen durch den Kläger, die durch keine objektiven Befunde verifiziert seien. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass auch im Rahmen der Begutachtung des Klägers im Rechtsstreit um die Gewährung einer Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente vor dem SG (S 8 RA 2234/97) im Gutachten des Prof. Dr. W. vom 22.02.1999 eine unauffällige Durchführung der Funktionsgriffe beidseits und ein komplett möglicher Faustschluss beidseits beschrieben werde. Die von Dr. I. weiter behauptete starke Funktionsbeeinträchtigung des rechten Daumens, die nach seiner Auffassung eine MdE um 10 v.H. rechtfertige, könne daher nach den objektiv erhobenen Befunden nicht nachvollzogen und schlüssig begründet werden. Demgegenüber sei zur Überzeugung des Senats die Einschätzung der verbliebenen Unfallfolgen des Klägers mit einer MdE um unter 10 v.H., wie sie Prof. Dr. L. und Dr. van Sch.festgestellt worden sei, aus den erhobenen Befunden schlüssig ableitbar und entspreche den anerkannten Grundsätzen der Unfallmedizin. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den weiteren von den Beteiligten vorgelegten ärztlichen Äußerungen, insbesondere denen des Dr. S ... Schmerzen seien im Übrigen nur dann rentensteigernd zu berücksichtigen, wenn sie auf objektiven medizinischen Feststellungen gründen. Entsprechende objektive Feststellungen seien von keinem Gutachter getroffen worden.

Mit Beschluss vom 23.12.2004 verwarf das Bundessozialgericht die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision als unzulässig (B 2 U 359/04).

Mit Schreiben vom 13.02.2015 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass sich die Folgen des Unfalls vom 25.01.1985 deutlich verschlechtert hätten und beantragte eine "erhöhte Festsetzung".

Die Beklagte zog im Verwaltungsverfahren einen Bericht des behandelnden Chirurgen Dr. K. bei. Dieser führte am 08.09.2015 aus, dass sich der Kläger wegen Schmerzen im rechten Daumengrundgelenk vorgestellt habe. Anlässlich einer Röntgenuntersuchung im Februar 2015 sei eine deutliche Arthrose des Daumengrundgelenks festgestellt worden. Nach Durchsicht der Unterlagen von den damaligen Behandlern sei lediglich eine Prellung bescheinigt worden. Eine posttraumatische Ursache des jetzigen Zustandes sei eher unwahrscheinlich.

Mit Bescheid vom 12.10.2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass wegen der Folgen des Arbeitsunfalls weiterhin kein Anspruch auf eine Rente bestehe. Der Eintritt einer Verschlechterung des Verletzungsfolgenzustandes könne bei einem ursprünglich folgenlos verheilten unfallbedingten Gesundheitsschaden ausgeschlossen werden. Die MdE aufgrund des Ereignisses vom 25.01.1985 liege nicht im messbaren Bereich, also unter 10 v.H.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch. Eine folgenlose Ausheilung sei keinesfalls gegeben gewesen. Dr. K. seien die Zusammenhänge und Darlegungen der Vergangenheit nicht bewusst. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies sie insbesondere auf die Ermittlungen im vorherigen Verfahren.

Hiergegen hat der Kläger am 12.04.2016 Klage zum SG erhoben, mit der er die Feststellung einer "Verschlimmerung der Unfallfolgen" ab dem 16.12.1999 sowie ab dem 01.01.2012 die Gewährung einer Rente begehrte. Zur Begründung hat er unter Bezugnahme auf die im vorausgegangenen Verfahren durchgeführten Sachverhaltsermittlungen vorgetragen, die Beklagte gehe auf die eingetretenen Verschlimmerungen überhaupt nicht ein und behaupte, eine knöcherne Verletzung sei nicht entstanden. Dies sei unzutreffend. Der Kläger hat insoweit auf das MRT von Dr. K. vom 11.06.1999 Bezug genommen und ausgeführt, es liege eindeutig eine knöcherner Schaden vor und dieser sei extrem langwierig. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege insbesondere keine "folgenlose Ausheilung" vor. Er habe Stützrenten, so dass bereits bei einer MdE von 10 v.H. eine Rente zu gewähren sei. Jedenfalls im Zusammenhang mit der Verschlechterung liege die MdE bei 20 v.H. oder höher. Die Argumentation des 10. Senats des LSG sei nicht überzeugend.

Mit Gerichtsbescheid vom 29.09.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger die Feststellung einer Verschlimmerung beantrage, sei die Klage bereits unzulässig. Die Feststellungsklage sei gegenüber der Verpflichtungsklage auf Zahlung einer Rente subsidiär. Die Frage, ob eine Verschlimmerung eingetreten sei, sei im Rahmen der Frage, ob ein Rentenanspruch bestehe, zu prüfen. Soweit der Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 10 v.H. begehre, sei die Klage unbegründet. Beim Kläger sei über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus keine MdE von wenigstens 10 v.H. festzustellen. Der 10. Senat des LSG habe verständlich begründet dargelegt, weshalb die Unfallfolgen keine MdE von wenigstens 10 v.H. bedingen und weshalb die Gutachten von PD Dr. I. und Dr. S. nicht überzeugen. Diese Ausführungen seien überzeugend. Neue Beweismittel, welche Zweifel an der Richtigkeit der damaligen Entscheidungen wecken könnten und daher deren Rechtskraft erschüttern könnten, seien nicht vorgelegt worden. Es sei auch nicht ansatzweise erkennbar, weshalb eine zwischenzeitliche Verschlechterung von Unfallfolgen eingetreten sein sollte. Der aktuelle Befund vom 08.09.2015 von Dr. K. berichte von einer deutlichen Arthrose des Daumengrundgelenks. Dies stelle zwar eine Verschlechterung gegenüber der zeitnah nach dem Unfall diagnostizierten beginnenden Arthrose dar. Es bestehe aber kein Anhaltspunkt dafür, dass die Arthrose Folge des Unfalls sei, dies ergebe sich bereits aus dem ersten eingeholten Gutachten von Dr. Sch ... Im ersten Gerichtsverfahren seien die Gerichte zu dem Ergebnis gelangt, dass eine knöcherne Verletzung beim Kläger auszuschließen sei und der Unfall zu einer erheblichen Weichteilverletzung geführt habe. Die fehlende knöcherne Verletzung spreche gegen einen Zusammenhang zwischen der Arthrose und dem Unfall. Ferner spreche entscheidend gegen die Ursächlichkeit, dass bereits kurz nach dem Unfall eine beginnende Arthrose des Daumengrundgelenks befundet worden sei. Eine Arthrose trete aber nicht als Erstschaden eines Unfalls ein. Sie könne sich zwar als Folgeschaden einer knöchernen Verletzung oder einer Bandruptur entwickeln. Ein solcher Schaden habe sich aber schon im vorausgegangenen Gerichtsverfahren nicht belegen lassen. Dieser Nachweis lasse sich über zehn Jahre später auch nicht mehr führen.

Gegen den seinem Bevollmächtigten am 05.10.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.11.2016 Berufung eingelegt, mit der er nunmehr noch die Gewährung einer Rente ab dem 01.02.2012 begehrt. Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, das SG habe sich ausschließlich auf die früheren Entscheidungen bezogen und somit das Anliegen der Klage unbeachtet gelassen. Das SG verabsolutiere die früheren Urteile und sei seiner Verpflichtung aus § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht nachgekommen, welcher im Regelfall eine neue Sachprüfung gebiete. Zudem hat er vorgetragen, das Schlagen des Schlauches sei nachweisbar lebensgefährlich gewesen, so dass der Schlag auf den Daumen nachvollziehbar mit extremer Wucht und Gewalt ausgeführt worden sei. Zudem zeige allein die extreme Dauer der Beschwerden (seit über 31 Jahren), dass die bisherigen gerichtlichen Bewertungen verfehlt gewesen seien. Auch die damalige Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis jedenfalls 08.06.1985, sei mit dem von der Beklagten behaupteten Bagatellschaden nicht stimmig in Einklang zu bringen. Der Kläger hat zur Begründung seiner Ausführungen u.a. auf die medizinischen Auskünfte des Dr. K., den Bericht des Dr. H. und die Gutachten Dr. S. und PD Dr. I. Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 29.09.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2016 zu verurteilen, wegen einer Verschlimmerung der Unfallfolgen des Unfalls vom 15.01.1985 ab 01.02.2012 eine Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von mindestens 10 v.H. (unter Berücksichtigung von Stützrenten) zu gewähren.

Hilfsweise, die mündliche Verhandlung zu vertagen und ein Gutachten nach § 109 Abs. 1 SGG bei Frau Dr. Gisela Brendl, Helios-Klinik, Schmiedbauer-Str. 44, 81737 München, einzuholen.

die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend und hält an der getroffenen Entscheidung fest.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Gerichtsakte des Verfahrens L 10 U 1921/02 verwiesen. Die Akte S 1 U 225/99 ist bereits beim SG ausgesondert worden und stand nicht mehr zur Verfügung.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144 und 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zulässig. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 12.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2016 mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, wegen einer Verschlimmerung der Unfallfolgen des Unfalls vom 15.01.1985 ab 01.02.2012 eine Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von mindestens 10 v.H. (unter Berücksichtigung von Stützrenten) zu gewähren.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat wegen der Gesundheitsstörungen, die Folgen des am 25.01.1985 erlittenen Arbeitsunfalls sind, keinen Anspruch auf Verletztenrente.

Soweit der Kläger zur Begründung seiner Berufung "mit einer Verpflichtung aus § 44 SGB X" argumentiert, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Beklagte vorliegend keine Überprüfungsentscheidung der früheren Rentenablehnung vom 19.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.1998 nach § 44 SGB X getroffen hat, so dass es sich bei § 44 SGB X auch nicht um die einschlägige Rechtsgrundlage zur Beurteilung der vorliegenden Klage handelt. Zur Beurteilung des vom Kläger geltend gemachten Rentenanspruchs ist vielmehr (ausschließlich) auf die Regelungen des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) abzustellen.

Gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 SGB VII gelten die Vorschriften über Renten, Beihilfen, Abfindungen und Mehrleistungen auch für Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingetreten sind, wenn diese Leistungen nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erstmals festzusetzen sind. Daher richtet sich die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreits nach dem SGB VII und nicht nach der RVO.

Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte wegen nachgewiesener Gesundheitsschäden, deren wesentliche Ursache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Versicherungsfall ist, Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld, § 45 SGB VII, und Rente, § 56 SGB VII). Nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente; die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern, § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII.

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).

Bei dem Ereignis vom 15.01.1985 hat es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt. Das steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Streitig ist vorliegend allein, ob beim Kläger infolge des Arbeitsunfalls gesundheitliche Schäden in rentenberechtigendem Ausmaß verblieben sind. Das ist nicht der Fall.

Eine Gesundheitsstörung ist Unfallfolge (im engeren Sinne) eines Versicherungsfalls im Sinne des § 8 SGB VII, wenn sie spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Der Anspruch setzt grundsätzlich das "objektive", d.h. aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters gegebene Vorliegen einer Gesundheitsstörung voraus, die spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Da der Gesundheitserstschaden (Gesundheitsbeeinträchtigung, Tod oder Krankheit) eine den Versicherungsfall selbst begründende Tatbestandsvoraussetzung und damit keine Folge des Arbeitsunfalls ist, muss er grundsätzlich bei der Feststellung des Versicherungsfalls benannt werden.

Ob ein Gesundheitsschaden dem Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls als Unfallfolge im engeren Sinne zuzurechnen ist (sog. haftungsausfüllende Kausalität), beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 Rn. 28 ff. m.w.N.).

Die Zurechnung erfolgt danach in zwei Schritten: Erstens ist die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-naturphilosophischen Sinne festzustellen. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine-qua-non). Auf dieser ersten Stufe sind alle derartigen notwendigen Bedingungen grundsätzlich rechtlich gleichwertig (äquivalent). Alle festgestellten anderen Bedingungen (und kein Ereignis ist monokausal), die in diesem Sinn nicht notwendig sind, dürfen hingegen bei der nachfolgenden Zurechnungsprüfung nicht berücksichtigt werden.

Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich (ausreichend: mit-) verursacht hat. "Wesentlich" (zurechnungsbegründend) ist der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden nach der in der Rechtsprechung des BSG gebräuchlichen Formel, wenn er eine besondere Beziehung zum Eintritt dieses Schadens hatte (vgl. nur BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196 = SozR 4-2700, § 8, Nr. 17, Rn. 15 ff. m.w.N.). Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, a.a.O.).

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte - konkrete und klar definierte (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O) - Gesundheitsstörung müssen i.S. eines Vollbeweises erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.04.1985 - 2 RU 43/84 -, SozR 2200, § 555a, Nr. 1). Hingegen genügt für die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O., Rn. 20 auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.

Als erwiesen sieht der Senat an, dass der Kläger am 25.01.1985 beim Verlegen von Estrich von einem zurückschlagenden Mörtelschlauchs gegen die rechte Hand (zwischen Zeigefinger und Daumen) geschlagen wurde. Dies hat zu Muskelfaserrissen und einer Quetschung des ulnaren Kollateralbandes am Daumengrundgelenk geführt, die narbig ausgeheilt ist und keine MdE von mindestens 10 bedingt.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R -, SozR 4-2700, § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel. Vorliegend sind keine unfallbedingten Einschränkungen nachgewiesen, die eine MdE von mindestens 10 v.H. bedingen. Der Senat stützt sich hierbei auf das ausführliche und überzeugende Gutachten von Prof. Dr. L. und Dr. van Sch., die im Ergebnis das vorausgegangene Gutachten der Dres. D. und Sch. bestätigt haben. Der Senat schließt sich ausdrücklich der Beurteilung des 10. Senats im Urteil vom 12.10.2004 an, wonach weder die Ausführungen des Dr. S. noch des PD Dr. I. geeignet sind, eine MdE von 10 v.H. oder mehr zu belegen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die diesbezüglichen Ausführungen im Urteil des 10. Senats vom 12.10.2014 verwiesen. Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass nach den maßgebenden unfallmedizinischen Erfahrungswerten eine MdE von 10 v.H. beispielsweise bei einem Verlust des Daumenendgliedes anzunehmen ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, 8.7.8, Tafel 1 (Seite 605 )), eine vergleichbare unfallbedingte Funktionsbeeinträchtigung jedoch nicht nachgewiesen ist. Bei der Untersuchung des Klägers durch Prof. Dr. L. und Dr. van Sch.war eine seitengleich ausgeprägte Muskulatur der Ober- und Unterarme sowie eine seitengleich kräftige Beschwielung der Handinnenflächen festgestellt worden und der Kläger war in der Lage gewesen, einen vollständigen Faustschluss durchzuführen. Dies spricht deutlich gegen eine maßgebliche Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der rechten Hand. Neben dem vom Kläger geäußerten Druckschmerz über dem körpernahen Ansatz des ulnaren Kollateralbandes konnte lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung für die Beugung im Daumengrundgelenk und Daumenendgelenk rechts, als funktionelle Einschränkung festgestellt werden. Bei der Überprüfung der Funktionsgriffe fand sich seitgengleich spontan demonstrierbar der Spitz-, Schlüssel-, Grob- und Tragegriff ohne Schmerzangaben. Soweit von den Gutachtern Prof. Dr. L. und Dr. van Sch.ein Kraftminderung bei den Funktionsgriffen im Spitz- und Schlüsselgriff rechts gegenüber links festgestellt wurde, erfolgte dies nicht in einem Umfang, der eine MdE von mindestens 10 v.H. begründen könnte. Auch im Rahmen der klinischen Untersuchung fanden sich keine Hinweise auf gelenkbedingte Beschwerden im Bereich des rechten Daumengrundgelenkes. Soweit im hiernach erstellten Gutachten des PD Dr. I. demgegenüber Schmerzen im Spitz- und Schlüsselgriff und eine Minderung der groben Griffkraft aufgeführt wurde, hat bereits der 10. Senat in seinem Urteil vom 12.10.2004 zutreffend darauf hingewiesen, dass die Angabe von Schmerzen und die Demonstration der Griffkraft eine ganz wesentliche subjektive Komponente beinhaltet. Bei unveränderter objektiver Befundlage vermag der Senat, die Abweichung mit Blick auf Schmerzangabe und Griffkraft gegenüber dem Gutachten von Prof. Dr. L. und Dr. van Sch.nicht mit dem dortigen Befund in Einklang zu bringen und kann sich daher auch der Beurteilung des PD Dr. I. nicht anschließen. Insoweit kann offenbleiben, ob eine Kraftminderung der rechten Hand auf dem unfallunabhängigen Nervenkompressionssyndrom am rechten Arm (Sulkus ulnaris-Syndrom und Karpaltunnelsyndrom) beruht, wie dies Prof. Dr. L. in seinem Gutachten vom 11.03.1997 befürwortet hat.

Soweit der Kläger damit argumentiert, dass das durch Dr. K. im Juni 1999 erstellte MRT eine knöcherne Verletzung im Rahmen des Unfallgeschehens belege, die Ursache der arthrotischen Entwicklung in der Folgezeit gewesen sei, vermag sich der Senat dieser Sichtweise ebenfalls nicht anzuschließen. Das MRT des Dr. K. war den Gutachtern Prof. Dr. L. und Dr. van Sch.bei der Erstellung ihres Gutachtens bekannt und wurde von diesen nachvollziehbar bei ihrer Beurteilung berücksichtigt. Die Gutachter haben klargestellt, dass die kernspintomografischen Bilder lediglich die auch schon radiologische zu sehende Formvariante des Daumengrundgelenkes rechts bestätigen, wobei sich im Rahmen der röntgenologischen Untersuchung beider Daumen am Untersuchungstag ein Unterschied in der Gelenkkonstellation des rechten, im Vergleich zum linken Daumengrundgelenk, nicht mehr feststellen ließ.

Schließlich ergibt sich auch aus dem von Dr. K. am 08.09.2015 erstellten Bericht nichts Gegenteiliges. Vielmehr führt Dr. K. aus, er habe beim Kläger zu Beginn des Jahres 2015 eine deutliche Arthrose des rechten Daumengrundgelenks festgestellt, halte aber eine posttraumatische Ursache eher für unwahrscheinlich. Ein hinreichend wahrscheinlicher Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den seit 2012 bestehenden Beschwerden besteht vor diesem Hintergrund nicht.

Den erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag des Klägers, die mündliche Verhandlung zu vertagen und ein Gutachten gemäß § 109 Abs. 1 SGG bei Frau Dr. B. einzuholen hat der Senat abgelehnt. Nach § 109 Abs. 1 S. 1 SGG muss auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Nach Abs. 2 der Vorschrift kann das Gericht den Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für die Ablehnung des Antrags nach § 109 Abs. 2 SGG erfüllt gewesen. Die Zulassung des hilfsweise gestellten Antrags auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG hätte zu einer Verzögerung des Rechtstreits geführt, da dieser zur Einholung jenes Gutachtens hätte vertagt werden müssen. Eine Verzögerung im Sinne des Abs. 2 der Vorschrift tritt ein, wenn sich - wie hier - durch die Beweisaufnahme der Zeitpunkt der Beendigung der Streitsache durch eine bereits erfolgte Terminierung verschiebt (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage 2017, § 109, Rn 11). Grobe Nachlässigkeit liegt vor, wenn die zur Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen ist bzw. wenn nicht getan wurde, was jedem einleuchten muss (BSG, Urteil vom 24.03.1961 - 10 RV 303/57; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.02.2015 - L 6 SB 84/14 -, juris; Keller, a.a.O., m.w.N). Eine erst im Termin zur mündlichen Verhandlung erfolgende Antragstellung nach § 109 SGG ist grundsätzlich verspätet im Sinne des § 109 Abs. 2 SGG (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.02.2015 - L 6 SB 84/14 –, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2015 – L 6 VG 2141/13 –, juris). Ein Antrag nach § 109 SGG ist spätestens dann innerhalb angemessener Frist zu stellen, wenn ein Beteiligter erkennen muss, dass das Gericht keine (weiteren) Erhebungen von Amts wegen durchführt (vgl. grundlegend: BSG, Urteile vom 10.12.1958 - 4 RJ 143/58 - und vom 22.06.1966 - 8 RV 227/65 -, jeweils juris). Dies ist anzunehmen, wenn ihn das Gericht ausdrücklich auf die Möglichkeit eines Antrags nach § 109 SGG hinweist, aber auch bei sachkundigen oder sachkundig vertretenen Klägern, wenn das Gericht mitteilt, es seien keine weiteren Ermittlungen vorgesehen bzw. der Rechtstreit werde als entscheidungsreif angesehen oder wenn es den Rechtsstreit ohne weitere Mitteilung terminiert (BSG, Urteil vom 10.12.1958, a.a.O.). Bereits mit Schreiben vom 06.06.2017 hat der Senat den anwaltlich vertretenen Kläger ausdrücklich darüber informiert, dass das Verfahren zur mündlichen Verhandlung vorgemerkt ist und damit klar zu erkennen gegeben, dass die Sachermittlung abgeschlossen ist und er den Fall für entscheidungsreif erachtet. Vor diesem Hintergrund macht der Senat von seinem Ermessen dahingehend Gebrauch, den Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 Abs. 2 SGG wegen Verzögerung zurückzuweisen.

Auch der schriftsätzlichen Anregung von Amts wegen ein radiologisches Gutachten einzuholen, war nicht zu entsprechen. In Kenntnis der Beweisanregung des Klägers, und um eine solche handelt es sich mangels Benennung einer Beweistatsache (BSG, Beschluss vom 02.10.2015 - B 9 V 46/15 B -, juris), hat sich der Senat nicht gedrängt gesehen, ein weiteres Gutachten einzuholen. Mit den Gutachten der Dres. Dauer und Sch., Dr. S., Prof. Dr. L. und Dr. Sch.sowie dem Gutachten des PD Dr. I. ist der zwischenzeitlich mehr als 32 Jahre zurückliegende Unfall und die darauf beruhenden Unfallfolgen so weit als möglich aufgeklärt worden. Insbesondere die Ausführungen von Prof. Dr. L. und Dr. Sch.hält der Senat für gut begründet, weshalb er sich diesen angeschlossen hat. Hält aber der Senat ein Gutachten für überzeugend, kann er den Antrag auf Einholung weiterer Gutachten zum selben Beweiskomplex zurückweisen (Keller, a.a.O., § 128, Rn. 7). Nur wenn ein Gutachten schwere Mängel aufweist, in sich widersprüchlich ist, von unzulässigen Voraussetzungen ausgeht oder Zweifel an der Sachkunde oder Sachdienlichkeit des Sachverständigen erweckt, könnte die Verpflichtung bestehen, ein weiteres Gutachten einzuholen (vgl. § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 412 Abs. 1 der Zivilprozessordnung – ZPO, BSG, Beschluss vom 23.05.2006 – B 13 RJ 272/05 B –, Rn. 7, juris). Das aber ist hier nicht der Fall. Wie oben dargelegt, gibt auch der von Dr. K. am 08.09.2015 erstellte Bericht hier keine Veranlassung für weitere Ermittlungen.

Hiernach war die Berufung des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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