Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3243/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 666/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Februar 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund des am 30. Mai 2016 gestellten Rentenantrages im Streit.
Der 1975 geborene Kläger erlernte den Beruf des Elektroinstallateurs und war zuletzt in diesem Beruf versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 17. September 2007 war der Kläger arbeitsunfähig. Das Arbeitsverhältnis endete zum 15. März 2009. Seither bezieht der Kläger Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosengeld II.
Am 28. Mai 2009 stellte der Kläger erstmals einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Einholung eines Gutachten des Orthopäden Dr. U. vom 11. August 2009, wonach der Kläger seinen zuletzt verrichteten Beruf nicht mehr vollschichtig, aber leichte körperliche Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten könne, lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 7. September 2009 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2009 zurück.
Am 26. Juli 2011 stellte der Kläger einen weiteren Rentenantrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, den die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. S. vom 16. August 2011 mit Bescheid vom 17. August 2011 ablehnte; den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2011 zurück. Im sich anschließenden Klageverfahren (S 15 R 4917/11) vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) holte das Gericht schriftliche sachverständige Zeugenaussagen ein, worauf der Kläger die Klage zurücknahm.
Am 4. September 2013 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. U., der im Gutachten vom 12. Dezember 2013 zu dem Ergebnis gelangte, dass leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule vollschichtig leidensgerecht seien. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 8. Januar 2011 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 2014 zurück. Im anschließenden Klageverfahren vor dem SG (S 2 R 1442/14) holte das SG schriftliche sachverständige Zeugenaussagen ein und veranlasste eine Begutachtung durch die Neurologin und Psychiaterin O.-P ... Im Gutachten vom 22. Juli 2015 diagnostizierte sie eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine Dysthymie mit auch neurasthenen Zügen bei akzentuierten Persönlichkeitszügen sowie Wurzelreizzeichen C8 und L5. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit der Möglichkeit zu Wechselhaltung, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen vollschichtig zu verrichten. Dauernde Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Zwangshaltung, Akkordarbeit, Nachtdiensttätigkeit, Arbeiten in Dämpfen oder Nässe, Arbeiten mit erhöhter Anforderung an die Konfliktfähigkeit sowie Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung seien zu vermeiden. Schließlich holte das SG nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters PD Dr. W. vom 16. November 2015 ein. Beim Kläger bestehe hiernach eine chronische Lumboischalgie links bei lumbaler Bandscheibenkrankheit mit Postnukleotomiesyndrom nach lumbaler Bandscheibenoperation im November 2008 mit nachgewiesenen radikulären Syndromen (Reizerscheinungen) der Nervenwurzeln L3, L4 und L5 links sowie ein abnormes Krankheitsverhalten mit Fear avoidance als negatives Coping mit Schmerzchronifizierung sowie ein durch den chronischen Schmerz herbeigeführtes algogenes Psychosyndrom. In Anbetracht der Nervenwurzelreizerscheinungen und der LWS-Veränderungen sei der Kläger nur noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten zu verrichten mit Heben und Tragen von Lasten bis unter 10 kg. Eine gleichförmige Körperhaltung, überwiegendes Stehen, Gehen oder Sitzen, häufiges Bücken oder Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten seien des Weiteren auszuschließen. Aufgrund der anhaltenden starken Schmerzen schieden Arbeiten mit und an laufenden Maschinen wie auch Akkord- und Fließbandarbeiten sowie ein Wechsel zwischen Tag- und Nachtarbeit, Arbeit in Kälte oder Nässe, Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung oder Konzentrationserfordernis, Arbeiten mit nervlicher Belastung aus. Leichte körperliche Tätigkeiten mit dem möglichen Wechsel der Körperposition in temperierten Räumen seien nur etwa halbtags, etwa vier Stunden täglich, möglich. Die Beklagte legte eine beratungsärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. vom 8. Dezember 2015 vor. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 12. Februar 2016 ab. Das SG stützte sich hierbei auf die Gutachten des Dr. U. und der Sachverständigen O.-P ... Nicht gefolgt ist das SG dem Gutachten des PD Dr. W., der gegenüber der Sachverständigen O.-P. keine schwerwiegenderen psychischen Befunde erhoben habe. Dass das algogene Psychosyndrom und das bestehende Fear avoidance zu einer quantitativen Leistungsminderung führen solle, überzeuge nicht, zumal eine nur unzureichende Behandlung gegen einen erheblichen Schweregrad der Schmerzerkrankung spreche. PD Dr. W. habe auch mangels Durchführung von Tests das von O.-P. festgestellte Verdeutlichungsverhalten des Klägers nicht prüfen bzw. nicht entkräften können. Die vorliegende Hauterkrankung bedinge keine andauernde quantitative Leistungsminderung, sondern nur qualitative Einschränkungen, wie die Gutachterin O.-P. nachvollziehbar ausgeführt habe.
Am 30. Mai 2016 stellte der Kläger den hier streitgegenständlichen Rentenantrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. S. vom 13. Juni 2016 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 15. Juni 2016 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2016 zurück.
Am 26. September 2016 hat der Kläger hiergegen Klage zum SG erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte befragt. Der behandelnde Hautarzt Dr. B. hat mitgeteilt, dass der Kläger letztmalig am 23. März 2015 vorstellig war. Der behandelnde Nervenarzt Dr. H. hat ausgesagt, dass nach seinem Dafürhalten eine Leistungsfähigkeit nur für maximal drei bis sechs Stunden pro Tag gegeben sei. Der Orthopäde Dr. H. hat angegeben, seit Januar 2016 seien zwei Behandlungen erfolgt. Der Kläger leide unter einer chronischen Schmerzstörung, weshalb der Kläger mehr als drei Stunden täglich nicht arbeiten könne. Dr. H. hat noch unaufgefordert seine Aussage insoweit korrigiert, dass der Kläger regelmäßig Amitryptilin 25 am Abend sowie Tilidin 50/4 zwei Mal eine Tablette pro Tag zu sich nehme und dass die Leistungsfähigkeit auf unter drei Stunden pro Tag reduziert sei. Mit Gerichtsbescheid vom 8. Februar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Das SG hat sich hierbei auf das Gutachten der Sachverständigen O.-P. gestützt, das schlüssig und nachvollziehbar eine vollschichtige Leistungsfähigkeit dargelegt habe. Weder das von der Gutachterin für sinnvoll erachtete multimodale Schmerzbehandlungsprogramm noch eine ambulante Psychotherapie sei vom Kläger in Anspruch genommen worden. Die orthopädischen Erkrankungen führten nicht zu einer Reduzierung des zeitlichen Leistungsvermögens, was Dr. U. schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt habe. Anhaltende sensible oder motorische Ausfälle, Paresen oder eine Nervenwurzelkompression lägen nicht vor. Die dermatologischen Erkrankungen des Klägers im Sinne einer Schuppenflechte, Neurodermitis mit Ekzemen führten lediglich zu qualitativen Einschränkungen, zumal der Kläger ab dem streitgegenständlichen Rentenantrag keine hautärztlichen Behandlungen mehr für erforderlich hielt. Den Einschätzungen der Dres. H. und H. könne nicht gefolgt werden. Schließlich ergebe sich auch keine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Nach den Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen O.-P. und des Dr. U. sei auch eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit nicht gegeben.
Gegen den dem Kläger am 9. Februar 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 21. Februar 2017 Berufung eingelegt und sich auf das Gutachten des PD Dr. W. sowie die Aussage der behandelnden Ärzte gestützt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Februar 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juni 2016 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Gewährung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme sei nicht Gegenstand des Verfahrens.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen M., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, psychotherapeutische Medizin und Psychoanalyse. Im Gutachten vom 17. Juni 2017 hat der gerichtliche Sachverständige eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren bei Vorliegen eines Postnukleotomiesyndroms nach lumbaler Bandscheibenoperation, eine Dysthymia im Sinne einer posttraumatischen Verbitterungsstörung nach Linden sowie einen Zustand nach möglicher Wurzelkompression L4 und L5 links zum Untersuchungszeitpunkt bei unzureichender Mitarbeit ohne eindeutig nachweisbare Nervenwurzelkompressionssymptomatik diagnostiziert. Zum Untersuchungszeitpunkt habe auch kein Hinweis auf ein C8-Syndrom bestanden. Der Kläger könne damit nur noch körperlich überwiegend leichte und nur gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten verrichten. Ein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg sowie ein häufiges Bücken oder eine Tätigkeit in gebückter Haltung, Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten oder in Nässe und Kälte seien zu vermeiden. Ein Wechsel der Körperhaltung sollte möglich sein. Tätigkeiten als Vorgesetzter für mehr als drei Mitarbeiter sowie Tätigkeiten mit hohen emotionalen Belastungen bzw. mit hohem Konfliktpotenzial seien nicht zumutbar. Die noch möglichen Tätigkeiten seien vollschichtig zumutbar. Eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht. Der Kläger sei zwar mit zwei Gehstützen erschienen, zeige damit ein zügiges Gangbild, wobei eine Notwendigkeit der Benutzung der Gehstützen nicht erkennbar sei. Ermittlungen auf anderen Fachgebieten seien nicht erforderlich. Der Kläger hat hiergegen mehrere Eingaben erhoben und gegen den Sachverständigen M. ein Ablehnungsgesuch gestellt, wozu der gerichtliche Sachverständige unter dem 9. Juli und 8. August 2017 sowie 17. September 2017 Stellung genommen hat. Mit Beschluss vom 4. Oktober 2017 hat der Senat den Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen abgelehnt. Der Kläger hat noch einen Bericht des Dr. H. vom 6. März 2017 und -in der mündlichen Verhandlung- einen Bericht des SRH Klinikums K. vom 19. November 2017 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2016 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund des Rentenantrages vom 30. Mai 2016.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil er in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts bei Beachtung qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI ausscheidet, da der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist. Zudem ist der Kläger darauf hinzuweisen, dass er die Beweislast für anspruchsbegründende Tatsachen trägt, also dafür, dass sein Restleistungsvermögen auf das gesetzliche Maß herabgesunken ist und nicht etwa die Beklagte (bzw. das Gericht oder der Sachverständige) dafür, dass die Schmerzen im geklagten Ausmaß nicht vorliegen. Auch aus dem Berufungsverfahren ergibt sich nicht der Nachweis, dass das Leistungsvermögen auf ein rentenrelevantes Leistungsniveau herabgesunken ist. Der gerichtliche Sachverständige M. hat schlüssig und überzeugend dargelegt, dass durch das Zusammenwirken der Dysthymia mit der chronischen Schmerzstörung zwar qualitative Einschränkungen zu beachten sind, das Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen aber nicht auf ein untervollschichtiges Leistungsvermögen reduziert ist. Der gerichtliche Sachverständige hat nach ausführlicher Darlegung und Würdigung der Aktenlage und - soweit der Kläger mitgewirkt hat - nach Befunderhebung schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass dem Kläger leichte körperliche Arbeiten vollschichtig möglich sind. Der gerichtliche Sachverständige hat wie bereits die Sachverständige O.-P. auf eine erhebliche Differenz zwischen Beschwerdedarstellung und Behandlungsbemühungen, die Rückschlüsse auf den Leidensdruck zulassen, festgestellt. Der Kläger geht zwar zum Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. H. in Behandlung; aus keiner Äußerung des behandelnden Arztes ergibt sich aber, dass dieser eine ambulante Psychotherapie durchführt, wie der Kläger angegeben hat. Eine von der Sachverständigen O.-P. für sinnvoll erachtete multimodale Schmerztherapie hat der Kläger -nach der stationären Behandlung vom 13. bis 24. Oktober 2014 in dem SRH- Klinikum K.- ebenfalls nicht in Anspruch genommen, sodass auch hieraus kein großer Leidensdruck zu schlussfolgern ist. Wenn der Kläger tatsächlich, wie gegenüber dem Gutachter M. angegeben, wegen seiner Schmerzen den ganzen Tag nur herumliege (er mache nichts im Haushalt und habe keine Hobbys), wäre eine eingehende Behandlung der Schmerzerkrankung zu erwarten. Der gerichtliche Sachverständige M. hat auch überzeugend darauf hingewiesen, dass die vom Kläger eingeräumte Nichteinnahme von Tilidin am Tag der Untersuchung sowie am Vortag nicht erklärbar ist, wenn der Kläger tatsächlich unter derart starken Schmerzen leiden würde. Dass der Kläger zunächst angegeben hatte, dass er Tilidin auch am Tag der Untersuchung eingenommen habe, und erst korrigiert hat, als vom Gutachter eine Serumspiegelbestimmung ins Gespräch gebracht worden ist, lässt weitere Zweifel an den vom Kläger geäußerten Angaben zum Ausmaß der Schmerzen zu. Auch die von Gutachter M. erhobene kräftige Beschwielung der Handinnenflächen und Füße des Klägers spricht gegen die angegeben Untätigkeit. Bereits die Sachverständige O.-P. hat auf Diskrepanzen zwischen der Beschwerdeschilderung und der tatsächlichen körperlichen und psychischen Beeinträchtigung in der Untersuchungssituation hingewiesen. Auch das Zentrum für Schmerztherapie im SRH-Klinikum K. hat auf ein ausgeprägtes demonstratives Schmerzverhalten sowie auf einen zu vermutenden Zielkonflikt zwischen Beschwerdelinderung und Entlastungsmotivation hingewiesen (Bericht vom 24. Oktober 2014). Die von der gerichtlichen Sachverständigen O.-P. befundeten Wurzelreizzeichen C8 und L5 bedingen qualitative Einschränkungen, wie sie in ihrem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat. Dass der gerichtliche Sachverständige M. diese nicht verifizieren konnte, bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Auch PD Dr. W. hat aus den Nervenwurzelreizerscheinungen und den Veränderungen der Lendenwirbelsäule nur qualitative Leistungseinschränkungen abgeleitet und nur der Schmerzkrankheit ein quantitativ leistungsreduzierendes Ausmaß bescheinigt, ohne dies anhand objektivierter Befunde schlüssig und nachvollziehbar darzulegen. Auch PD Dr. W. hat bei unauffälligen Armeigen- und Beineigenreflexen keine Lähmung festgestellt. Die Beratungsärztin Dr. E. hat in ihrer Stellungnahme vom 8. Dezember 2015 auch schlüssig darauf hingewiesen, dass der Gutachter PD Dr. W. keine kritische Hinterfragung und Konsistenzprüfung der angegebenen Beschwerden vorgenommen und das algogene Psychosyndrom unschlüssig mit einer Dysthymia nach ICD-10 mit F34.1 verschlüsselt hat. Die unkritische Übernahme eines Beschwerdevortrags und das Fehlen von Testbefunden sind geeignet, Zweifel an der Leistungsbeurteilung des Gutachters zu begründen (vgl. z. B. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Mai 2016, L 5 R 4194/13, Juris; Wunderlich, SGb 2017, 503 ff. m.w.N.). Die orthopädischen Erkrankungen hat bereits Dr. U. in seinen Gutachten vom 11. August 2009 und 12. Dezember 2013 mit einem chronischen Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei Zustand nach Nukleotomie L4/5 im November 2008 schlüssig und nachvollziehbar dahingehend gewürdigt, dass damit leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne Zwangshaltungen vollschichtig zu verrichten sind. Der Gesundheitszustand ist unter orthopädischer Würdigung gleichbleibend, was der Facharzt für Orthopädie Dr. H. in seiner sachverständigen Aussage vom 19. Dezember 2016 dargelegt hat. Auch aus der Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule vom 30. August 2016 ergeben sich keine richtunggebenden Veränderungen. Eine Nervenkompression konnte ausgeschlossen werden, sodass eine Änderung in der Funktionsbeeinträchtigung aufgrund orthopädischer Erkrankungen nicht gegeben ist. Weder die Sachverständige O.-P. noch PD Dr. W. oder der gerichtliche Sachverständige M. haben auf orthopädischem Fachgebiet weitere Ermittlungen für erforderlich gehalten, was für den Senat schlüssig und nachvollziehbar ist. Aus dem vom Kläger vorgelegten Bericht des Dr. H. vom 6. März 2017 ergibt sich ebenfalls nichts Neues, als dort die chronische Lumboischialgie diagnostiziert worden ist, ohne dass eine OP-Indikation gesehen wurde. Aus dem vom Kläger vorgelegten Bericht des SRH Klinikums K. vom 19. November 2017 lässt sich entnehmen, dass sich der Kläger eine Woche nach einem -nicht näher beschriebenen- Sturz vorgestellt und über vermehrte Schmerzen geklagt habe. Das Röntgen der LWS ergab keinen Anhalt für eine frische Fraktur. Die diagnostizierte sturzbedingte akute Verschlechterung der chronischen Lumboischialgie ist ohne rentenrechtliche Relevanz, da sie nicht schon sechs Monate andauert und es auch nicht feststeht, dass sie nicht innerhalb dieser Zeit behoben werden kann (vgl. §§ 101, 102 Abs. 2 Satz 1 und 5 SGB VI). Aus der Diagnoseliste ergibt sich weiterhin (s. bereits Bericht vom 24. Oktober 2014) ein ausgeprägtes demonstrative Schmerzverhalten, so dass auch das Maß der geklagten Schmerzen damit nicht erwiesen ist.
Das SG hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass aus den in der Vergangenheit vorliegenden Hautveränderungen weder eine rentenrelevante Leistungsminderung abzuleiten noch weitere Ermittlungen zu ergreifen sind. Der Kläger hat insofern den behandelnden Hautarzt Dr. B. seit Rentenantragstellung nicht einmal mehr aufgesucht, sodass die chronische Grunderkrankung (Schuppenflechte, Neurodermitis mit dyshydrotischer Komponente, s. Aussage des Dr. B. vom 28. Juli 2014, Bericht des SRH Klinikums K. vom 24. Oktober 2014) nicht mehr akut ist. Gutachter M. hat lediglich Hauteffloreszenzen, keine Ekzeme gefunden. Der noch von PD Dr. W. vorgeschlagenen dermatologischen Begutachtung bedarf es daher nicht mehr.
Damit kann der Kläger unter Beachtung qualitativer Einschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen vollschichtig, d.h. sechs Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden sind Zwangshaltungen, Heben und Tragen von über 10 kg sowie häufiges Bücken oder eine Tätigkeit in gebückter Haltung, Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten, in Kälte und Nässe sowie Dämpfe, mit Verantwortung für mehr als drei Mitarbeiter oder mit hohen emotionalen Belastungen oder hohem Konfliktpotenzial, Akkordarbeit und Nachtdienst. Eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt damit nicht vor; dem Kläger sind beispielsweise einfache Bürotätigkeiten oder einfache Sortier-, Montier- oder Verpackungstätigkeiten mit leichten Industrie- und Handelsprodukten (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 1999, B 5 RJ 30/98 R, Juris) vollschichtig möglich, so dass sich Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes beschreiben lassen, weshalb es der Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund des am 30. Mai 2016 gestellten Rentenantrages im Streit.
Der 1975 geborene Kläger erlernte den Beruf des Elektroinstallateurs und war zuletzt in diesem Beruf versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 17. September 2007 war der Kläger arbeitsunfähig. Das Arbeitsverhältnis endete zum 15. März 2009. Seither bezieht der Kläger Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosengeld II.
Am 28. Mai 2009 stellte der Kläger erstmals einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Einholung eines Gutachten des Orthopäden Dr. U. vom 11. August 2009, wonach der Kläger seinen zuletzt verrichteten Beruf nicht mehr vollschichtig, aber leichte körperliche Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten könne, lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 7. September 2009 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2009 zurück.
Am 26. Juli 2011 stellte der Kläger einen weiteren Rentenantrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, den die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. S. vom 16. August 2011 mit Bescheid vom 17. August 2011 ablehnte; den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2011 zurück. Im sich anschließenden Klageverfahren (S 15 R 4917/11) vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) holte das Gericht schriftliche sachverständige Zeugenaussagen ein, worauf der Kläger die Klage zurücknahm.
Am 4. September 2013 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. U., der im Gutachten vom 12. Dezember 2013 zu dem Ergebnis gelangte, dass leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule vollschichtig leidensgerecht seien. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 8. Januar 2011 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 2014 zurück. Im anschließenden Klageverfahren vor dem SG (S 2 R 1442/14) holte das SG schriftliche sachverständige Zeugenaussagen ein und veranlasste eine Begutachtung durch die Neurologin und Psychiaterin O.-P ... Im Gutachten vom 22. Juli 2015 diagnostizierte sie eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine Dysthymie mit auch neurasthenen Zügen bei akzentuierten Persönlichkeitszügen sowie Wurzelreizzeichen C8 und L5. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit der Möglichkeit zu Wechselhaltung, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen vollschichtig zu verrichten. Dauernde Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Zwangshaltung, Akkordarbeit, Nachtdiensttätigkeit, Arbeiten in Dämpfen oder Nässe, Arbeiten mit erhöhter Anforderung an die Konfliktfähigkeit sowie Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung seien zu vermeiden. Schließlich holte das SG nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters PD Dr. W. vom 16. November 2015 ein. Beim Kläger bestehe hiernach eine chronische Lumboischalgie links bei lumbaler Bandscheibenkrankheit mit Postnukleotomiesyndrom nach lumbaler Bandscheibenoperation im November 2008 mit nachgewiesenen radikulären Syndromen (Reizerscheinungen) der Nervenwurzeln L3, L4 und L5 links sowie ein abnormes Krankheitsverhalten mit Fear avoidance als negatives Coping mit Schmerzchronifizierung sowie ein durch den chronischen Schmerz herbeigeführtes algogenes Psychosyndrom. In Anbetracht der Nervenwurzelreizerscheinungen und der LWS-Veränderungen sei der Kläger nur noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten zu verrichten mit Heben und Tragen von Lasten bis unter 10 kg. Eine gleichförmige Körperhaltung, überwiegendes Stehen, Gehen oder Sitzen, häufiges Bücken oder Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten seien des Weiteren auszuschließen. Aufgrund der anhaltenden starken Schmerzen schieden Arbeiten mit und an laufenden Maschinen wie auch Akkord- und Fließbandarbeiten sowie ein Wechsel zwischen Tag- und Nachtarbeit, Arbeit in Kälte oder Nässe, Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung oder Konzentrationserfordernis, Arbeiten mit nervlicher Belastung aus. Leichte körperliche Tätigkeiten mit dem möglichen Wechsel der Körperposition in temperierten Räumen seien nur etwa halbtags, etwa vier Stunden täglich, möglich. Die Beklagte legte eine beratungsärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. vom 8. Dezember 2015 vor. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 12. Februar 2016 ab. Das SG stützte sich hierbei auf die Gutachten des Dr. U. und der Sachverständigen O.-P ... Nicht gefolgt ist das SG dem Gutachten des PD Dr. W., der gegenüber der Sachverständigen O.-P. keine schwerwiegenderen psychischen Befunde erhoben habe. Dass das algogene Psychosyndrom und das bestehende Fear avoidance zu einer quantitativen Leistungsminderung führen solle, überzeuge nicht, zumal eine nur unzureichende Behandlung gegen einen erheblichen Schweregrad der Schmerzerkrankung spreche. PD Dr. W. habe auch mangels Durchführung von Tests das von O.-P. festgestellte Verdeutlichungsverhalten des Klägers nicht prüfen bzw. nicht entkräften können. Die vorliegende Hauterkrankung bedinge keine andauernde quantitative Leistungsminderung, sondern nur qualitative Einschränkungen, wie die Gutachterin O.-P. nachvollziehbar ausgeführt habe.
Am 30. Mai 2016 stellte der Kläger den hier streitgegenständlichen Rentenantrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. S. vom 13. Juni 2016 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 15. Juni 2016 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2016 zurück.
Am 26. September 2016 hat der Kläger hiergegen Klage zum SG erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte befragt. Der behandelnde Hautarzt Dr. B. hat mitgeteilt, dass der Kläger letztmalig am 23. März 2015 vorstellig war. Der behandelnde Nervenarzt Dr. H. hat ausgesagt, dass nach seinem Dafürhalten eine Leistungsfähigkeit nur für maximal drei bis sechs Stunden pro Tag gegeben sei. Der Orthopäde Dr. H. hat angegeben, seit Januar 2016 seien zwei Behandlungen erfolgt. Der Kläger leide unter einer chronischen Schmerzstörung, weshalb der Kläger mehr als drei Stunden täglich nicht arbeiten könne. Dr. H. hat noch unaufgefordert seine Aussage insoweit korrigiert, dass der Kläger regelmäßig Amitryptilin 25 am Abend sowie Tilidin 50/4 zwei Mal eine Tablette pro Tag zu sich nehme und dass die Leistungsfähigkeit auf unter drei Stunden pro Tag reduziert sei. Mit Gerichtsbescheid vom 8. Februar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Das SG hat sich hierbei auf das Gutachten der Sachverständigen O.-P. gestützt, das schlüssig und nachvollziehbar eine vollschichtige Leistungsfähigkeit dargelegt habe. Weder das von der Gutachterin für sinnvoll erachtete multimodale Schmerzbehandlungsprogramm noch eine ambulante Psychotherapie sei vom Kläger in Anspruch genommen worden. Die orthopädischen Erkrankungen führten nicht zu einer Reduzierung des zeitlichen Leistungsvermögens, was Dr. U. schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt habe. Anhaltende sensible oder motorische Ausfälle, Paresen oder eine Nervenwurzelkompression lägen nicht vor. Die dermatologischen Erkrankungen des Klägers im Sinne einer Schuppenflechte, Neurodermitis mit Ekzemen führten lediglich zu qualitativen Einschränkungen, zumal der Kläger ab dem streitgegenständlichen Rentenantrag keine hautärztlichen Behandlungen mehr für erforderlich hielt. Den Einschätzungen der Dres. H. und H. könne nicht gefolgt werden. Schließlich ergebe sich auch keine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Nach den Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen O.-P. und des Dr. U. sei auch eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit nicht gegeben.
Gegen den dem Kläger am 9. Februar 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 21. Februar 2017 Berufung eingelegt und sich auf das Gutachten des PD Dr. W. sowie die Aussage der behandelnden Ärzte gestützt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Februar 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juni 2016 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Gewährung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme sei nicht Gegenstand des Verfahrens.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen M., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, psychotherapeutische Medizin und Psychoanalyse. Im Gutachten vom 17. Juni 2017 hat der gerichtliche Sachverständige eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren bei Vorliegen eines Postnukleotomiesyndroms nach lumbaler Bandscheibenoperation, eine Dysthymia im Sinne einer posttraumatischen Verbitterungsstörung nach Linden sowie einen Zustand nach möglicher Wurzelkompression L4 und L5 links zum Untersuchungszeitpunkt bei unzureichender Mitarbeit ohne eindeutig nachweisbare Nervenwurzelkompressionssymptomatik diagnostiziert. Zum Untersuchungszeitpunkt habe auch kein Hinweis auf ein C8-Syndrom bestanden. Der Kläger könne damit nur noch körperlich überwiegend leichte und nur gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten verrichten. Ein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg sowie ein häufiges Bücken oder eine Tätigkeit in gebückter Haltung, Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten oder in Nässe und Kälte seien zu vermeiden. Ein Wechsel der Körperhaltung sollte möglich sein. Tätigkeiten als Vorgesetzter für mehr als drei Mitarbeiter sowie Tätigkeiten mit hohen emotionalen Belastungen bzw. mit hohem Konfliktpotenzial seien nicht zumutbar. Die noch möglichen Tätigkeiten seien vollschichtig zumutbar. Eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht. Der Kläger sei zwar mit zwei Gehstützen erschienen, zeige damit ein zügiges Gangbild, wobei eine Notwendigkeit der Benutzung der Gehstützen nicht erkennbar sei. Ermittlungen auf anderen Fachgebieten seien nicht erforderlich. Der Kläger hat hiergegen mehrere Eingaben erhoben und gegen den Sachverständigen M. ein Ablehnungsgesuch gestellt, wozu der gerichtliche Sachverständige unter dem 9. Juli und 8. August 2017 sowie 17. September 2017 Stellung genommen hat. Mit Beschluss vom 4. Oktober 2017 hat der Senat den Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen abgelehnt. Der Kläger hat noch einen Bericht des Dr. H. vom 6. März 2017 und -in der mündlichen Verhandlung- einen Bericht des SRH Klinikums K. vom 19. November 2017 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2016 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund des Rentenantrages vom 30. Mai 2016.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil er in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts bei Beachtung qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI ausscheidet, da der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist. Zudem ist der Kläger darauf hinzuweisen, dass er die Beweislast für anspruchsbegründende Tatsachen trägt, also dafür, dass sein Restleistungsvermögen auf das gesetzliche Maß herabgesunken ist und nicht etwa die Beklagte (bzw. das Gericht oder der Sachverständige) dafür, dass die Schmerzen im geklagten Ausmaß nicht vorliegen. Auch aus dem Berufungsverfahren ergibt sich nicht der Nachweis, dass das Leistungsvermögen auf ein rentenrelevantes Leistungsniveau herabgesunken ist. Der gerichtliche Sachverständige M. hat schlüssig und überzeugend dargelegt, dass durch das Zusammenwirken der Dysthymia mit der chronischen Schmerzstörung zwar qualitative Einschränkungen zu beachten sind, das Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen aber nicht auf ein untervollschichtiges Leistungsvermögen reduziert ist. Der gerichtliche Sachverständige hat nach ausführlicher Darlegung und Würdigung der Aktenlage und - soweit der Kläger mitgewirkt hat - nach Befunderhebung schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass dem Kläger leichte körperliche Arbeiten vollschichtig möglich sind. Der gerichtliche Sachverständige hat wie bereits die Sachverständige O.-P. auf eine erhebliche Differenz zwischen Beschwerdedarstellung und Behandlungsbemühungen, die Rückschlüsse auf den Leidensdruck zulassen, festgestellt. Der Kläger geht zwar zum Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. H. in Behandlung; aus keiner Äußerung des behandelnden Arztes ergibt sich aber, dass dieser eine ambulante Psychotherapie durchführt, wie der Kläger angegeben hat. Eine von der Sachverständigen O.-P. für sinnvoll erachtete multimodale Schmerztherapie hat der Kläger -nach der stationären Behandlung vom 13. bis 24. Oktober 2014 in dem SRH- Klinikum K.- ebenfalls nicht in Anspruch genommen, sodass auch hieraus kein großer Leidensdruck zu schlussfolgern ist. Wenn der Kläger tatsächlich, wie gegenüber dem Gutachter M. angegeben, wegen seiner Schmerzen den ganzen Tag nur herumliege (er mache nichts im Haushalt und habe keine Hobbys), wäre eine eingehende Behandlung der Schmerzerkrankung zu erwarten. Der gerichtliche Sachverständige M. hat auch überzeugend darauf hingewiesen, dass die vom Kläger eingeräumte Nichteinnahme von Tilidin am Tag der Untersuchung sowie am Vortag nicht erklärbar ist, wenn der Kläger tatsächlich unter derart starken Schmerzen leiden würde. Dass der Kläger zunächst angegeben hatte, dass er Tilidin auch am Tag der Untersuchung eingenommen habe, und erst korrigiert hat, als vom Gutachter eine Serumspiegelbestimmung ins Gespräch gebracht worden ist, lässt weitere Zweifel an den vom Kläger geäußerten Angaben zum Ausmaß der Schmerzen zu. Auch die von Gutachter M. erhobene kräftige Beschwielung der Handinnenflächen und Füße des Klägers spricht gegen die angegeben Untätigkeit. Bereits die Sachverständige O.-P. hat auf Diskrepanzen zwischen der Beschwerdeschilderung und der tatsächlichen körperlichen und psychischen Beeinträchtigung in der Untersuchungssituation hingewiesen. Auch das Zentrum für Schmerztherapie im SRH-Klinikum K. hat auf ein ausgeprägtes demonstratives Schmerzverhalten sowie auf einen zu vermutenden Zielkonflikt zwischen Beschwerdelinderung und Entlastungsmotivation hingewiesen (Bericht vom 24. Oktober 2014). Die von der gerichtlichen Sachverständigen O.-P. befundeten Wurzelreizzeichen C8 und L5 bedingen qualitative Einschränkungen, wie sie in ihrem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat. Dass der gerichtliche Sachverständige M. diese nicht verifizieren konnte, bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Auch PD Dr. W. hat aus den Nervenwurzelreizerscheinungen und den Veränderungen der Lendenwirbelsäule nur qualitative Leistungseinschränkungen abgeleitet und nur der Schmerzkrankheit ein quantitativ leistungsreduzierendes Ausmaß bescheinigt, ohne dies anhand objektivierter Befunde schlüssig und nachvollziehbar darzulegen. Auch PD Dr. W. hat bei unauffälligen Armeigen- und Beineigenreflexen keine Lähmung festgestellt. Die Beratungsärztin Dr. E. hat in ihrer Stellungnahme vom 8. Dezember 2015 auch schlüssig darauf hingewiesen, dass der Gutachter PD Dr. W. keine kritische Hinterfragung und Konsistenzprüfung der angegebenen Beschwerden vorgenommen und das algogene Psychosyndrom unschlüssig mit einer Dysthymia nach ICD-10 mit F34.1 verschlüsselt hat. Die unkritische Übernahme eines Beschwerdevortrags und das Fehlen von Testbefunden sind geeignet, Zweifel an der Leistungsbeurteilung des Gutachters zu begründen (vgl. z. B. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Mai 2016, L 5 R 4194/13, Juris; Wunderlich, SGb 2017, 503 ff. m.w.N.). Die orthopädischen Erkrankungen hat bereits Dr. U. in seinen Gutachten vom 11. August 2009 und 12. Dezember 2013 mit einem chronischen Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei Zustand nach Nukleotomie L4/5 im November 2008 schlüssig und nachvollziehbar dahingehend gewürdigt, dass damit leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne Zwangshaltungen vollschichtig zu verrichten sind. Der Gesundheitszustand ist unter orthopädischer Würdigung gleichbleibend, was der Facharzt für Orthopädie Dr. H. in seiner sachverständigen Aussage vom 19. Dezember 2016 dargelegt hat. Auch aus der Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule vom 30. August 2016 ergeben sich keine richtunggebenden Veränderungen. Eine Nervenkompression konnte ausgeschlossen werden, sodass eine Änderung in der Funktionsbeeinträchtigung aufgrund orthopädischer Erkrankungen nicht gegeben ist. Weder die Sachverständige O.-P. noch PD Dr. W. oder der gerichtliche Sachverständige M. haben auf orthopädischem Fachgebiet weitere Ermittlungen für erforderlich gehalten, was für den Senat schlüssig und nachvollziehbar ist. Aus dem vom Kläger vorgelegten Bericht des Dr. H. vom 6. März 2017 ergibt sich ebenfalls nichts Neues, als dort die chronische Lumboischialgie diagnostiziert worden ist, ohne dass eine OP-Indikation gesehen wurde. Aus dem vom Kläger vorgelegten Bericht des SRH Klinikums K. vom 19. November 2017 lässt sich entnehmen, dass sich der Kläger eine Woche nach einem -nicht näher beschriebenen- Sturz vorgestellt und über vermehrte Schmerzen geklagt habe. Das Röntgen der LWS ergab keinen Anhalt für eine frische Fraktur. Die diagnostizierte sturzbedingte akute Verschlechterung der chronischen Lumboischialgie ist ohne rentenrechtliche Relevanz, da sie nicht schon sechs Monate andauert und es auch nicht feststeht, dass sie nicht innerhalb dieser Zeit behoben werden kann (vgl. §§ 101, 102 Abs. 2 Satz 1 und 5 SGB VI). Aus der Diagnoseliste ergibt sich weiterhin (s. bereits Bericht vom 24. Oktober 2014) ein ausgeprägtes demonstrative Schmerzverhalten, so dass auch das Maß der geklagten Schmerzen damit nicht erwiesen ist.
Das SG hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass aus den in der Vergangenheit vorliegenden Hautveränderungen weder eine rentenrelevante Leistungsminderung abzuleiten noch weitere Ermittlungen zu ergreifen sind. Der Kläger hat insofern den behandelnden Hautarzt Dr. B. seit Rentenantragstellung nicht einmal mehr aufgesucht, sodass die chronische Grunderkrankung (Schuppenflechte, Neurodermitis mit dyshydrotischer Komponente, s. Aussage des Dr. B. vom 28. Juli 2014, Bericht des SRH Klinikums K. vom 24. Oktober 2014) nicht mehr akut ist. Gutachter M. hat lediglich Hauteffloreszenzen, keine Ekzeme gefunden. Der noch von PD Dr. W. vorgeschlagenen dermatologischen Begutachtung bedarf es daher nicht mehr.
Damit kann der Kläger unter Beachtung qualitativer Einschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen vollschichtig, d.h. sechs Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden sind Zwangshaltungen, Heben und Tragen von über 10 kg sowie häufiges Bücken oder eine Tätigkeit in gebückter Haltung, Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten, in Kälte und Nässe sowie Dämpfe, mit Verantwortung für mehr als drei Mitarbeiter oder mit hohen emotionalen Belastungen oder hohem Konfliktpotenzial, Akkordarbeit und Nachtdienst. Eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt damit nicht vor; dem Kläger sind beispielsweise einfache Bürotätigkeiten oder einfache Sortier-, Montier- oder Verpackungstätigkeiten mit leichten Industrie- und Handelsprodukten (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 1999, B 5 RJ 30/98 R, Juris) vollschichtig möglich, so dass sich Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes beschreiben lassen, weshalb es der Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved