L 7 AS 161/15

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 45 AS 7059/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 161/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 24/18 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei dem Fachhochschulstudium Theaterausstattung, Spezialisierungsrichtung Theaterplastik, handelt es sich um eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, nicht um eine Weiterbildung, denn das Fachhchschulstudium der Klägerin war nach Zuschnitt, Struktur, Inhalt und Vermittlung als (Erst-)Ausbildung und nicht etwa als Ergänzungs- oder Aufbaustudiengang ausgestaltet (Anschluss an BSG, Urteill vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R; Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 28/07 R).
2. Dass die Klägerin bereits über eine Ausbildung zur Steinbildhauerin verfügte, steht der Einordnung des Lehramtsstudiums als Ausbildung nicht entgegen.
3. Die Klägerin war auch während des Urlaubssemesters von Leistungen der Grundsicherung ausgeschlossen, weil sie organisationsrechtlich der Fachhochschule angehörte und ihr Studium auch tatsächlich betrieb (Anschluss an BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 197/11 R; 22.03.2012 - B 4 AS 102/11 R).
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 9. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an die Klägerin nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 10.12.2010 bis 31.03.2011.

Die 1976 geborene Klägerin schloss eine Ausbildung zur Steinbildhauerin erfolgreich ab und arbeitete nachfolgend in diesem Beruf. Sie studierte vom Wintersemester 2000/2001 bis zum Sommersemester 2002 Soziologie und Kulturwissenschaften/Europäische Ethnologie im Magisterstudiengang, brach jedoch das Studium nach vier Semestern ab. Seit 01.10.2008 ist sie im Fachhochschulstudiengang Theaterausstattung, Spezialisierungsrichtung Theaterplastik, an der Hochschule für Bildende Künste A ... immatrikuliert. Die Regelstudienzeit beträgt acht Semester. Der Studiengang ist in acht Module gegliedert, als fünftes Modul ist ein Praktikum vorgesehen, über das eine Dokumentation zu erstellen ist. Die Präsentation der Dokumentation stellt laut Anlage zur Studienordnung eine Prüfungsleistung dar. Die Klägerin stellte am 07.08.2010 einen Antrag auf Beurlaubung vom Studiengang Theaterplastik, dem für das Wintersemester 2010/2011 entsprochen wurde (Schreiben der Hochschule der Bildenden Künste A ... vom 10.08.2010).

Zu Beginn des Studiums der Theaterplastik lebte die Klägerin zusammen mit ihrem Lebensgefährten C , der als selbständiger Zimmermann tätig war, und den gemeinsamen Söhnen M , geboren am ...2004, und R , geboren am ...2006. Seit 10.12.2010 ist sie von C getrennt. Am 14.05.2011 wurde der gemeinsame Sohn O geboren.

Der Antrag der Klägerin auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) wurde mit Bescheid vom 18.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2009 abgelehnt, weil sie das Erststudium der Soziologie und Kulturwissenschaften nicht aus einem unabweisbaren Grund abgebrochen habe (§ 7 Abs. 3 BAföG).

Am 10.12.2010 stellte die Klägerin einen Antrag auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beim Beklagten. Dieser bewilligte mit Bescheid vom 05.01.2011 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 10.12.2010 bis 31.05.2011 für die Klägerin und ihre Söhne M und R. Vom 10.12.2010 bis 31.03.2011 erhielt die Klägerin ausschließlich einen Mehrbedarf für Schwangerschaft und als Alleinerziehende, ab 01.04.2011 auch den Regelbedarf und Kosten der Unterkunft. Bis 31.03.2011 bestehe für die Klägerin ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II. Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 04.02.2011. Es greife kein Leistungsausschluss ein. Voraussetzung eines solchen sei, dass eine Ausbildung vorliege. Daran fehle es jedoch bei ihrem Studium. Der Begriff der Ausbildung sei von Weiterbildung und Fortbildung abzugrenzen. Diese Abgrenzung sei notwendig, weil der Gesetzgeber die Ausbildung dem Fördersystem des BAföG zugeordnet habe, während die Förderung der beruflichen Weiterbildung eine Kernaufgabe der Leistungsträger nach dem SGB II und III sei. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung sei der Weg zur Erreichung des Ziels. Eine Weiterbildungsmaßnahme sei kürzer als eine Ausbildung. Bei ihrem Studium handele es sich um eine Weiterbildung, weil sie Inhalte ihrer beruflichen Ausbildung verwerten könne. Mit Bescheid vom 07.03.2011 änderte der Beklagte den Bescheid vom 05.01.2011 für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 31.05.2011 ab und berücksichtigte Unterhaltsvorschussleistungen für die Kinder R und M. Der Beklagte nahm mit Änderungsbescheid vom 26.03.2011 wegen der Erhöhung der Regelbedarfe zum 01.01.2011 und mit Bescheid vom 30.05.2011 wegen der Berücksichtigung der Kosten für die Warmwasserbereitung ab 01.01.2011 und des Sohnes O ab seiner Geburt am 14.05.2011 eine geänderte Bewilligung vor. Den Widerspruch der Klägerin wies er mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2011 zurück. Das Hochschulstudium der Klägerin stelle eine Ausbildung dar. Auch während des Urlaubssemesters habe die Klägerin der Hochschule angehört. Sie habe nämlich während des Urlaubssemesters ihr Studium weiterbetrieben. Eine besondere Härte liege bei der Klägerin nicht vor. Sofern die Klägerin im ersten Lebensjahr des Kindes keine Studien- und Prüfungsleistungen erbringe, sei die Regelleistung zu zahlen. Die Klägerin sei insofern bereits rechtswidrig begünstigt worden, da die Regelleistung bereits ab 01.04.2011 gezahlt worden sei. Eine Rücknahme des Bewilligungsbescheides komme diesbezüglich nicht in Betracht. Der Klägerin sei somit zutreffend bis 31.03.2011 nur der Mehrbedarf für Schwangere und Alleinerziehende bewilligt worden.

Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 30.11.2011 zum Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Sie sei seit dem Wintersemester 2010/2011 durchgehend beurlaubt gewesen. Sie hat ihr Studienbuch eingereicht, in dem ein Leistungsnachweis im Juli 2010 ("Aspekte der Theatergeschichte") eingetragen ist. Aus einer Bestätigung der Hochschule für Bildende Künste vom 10.05.2012 geht ein am 28.10.2010 erbrachter Leistungsnachweis in Philosophie hervor. Zudem hat sie eine Praktikumsbescheinigung von der freien Theaterplastikwerkstatt "Werk2" eingereicht, ausweislich der sie im Zeitraum vom 17.01.2011 bis 22.04.2011 wochentags zwischen 10:00 und 14:00 Uhr ein Praktikum absolviert hat. Das Praktikum sei eine Studienaufgabe gewesen. Den Platz habe sie schon über ein Jahr zuvor gesucht. Es sei nicht einfach gewesen, einen solchen zu finden.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09.10.2014 abgewiesen. Die Klägerin sei von Leistungen der Grundsicherung gemäß § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen. Sie habe seit 01.10.2008 im Studiengang Theaterausstattung, Studienrichtung Theaterplastik, an der Hochschule für Bildende Künste in A ... studiert. Bei diesem Hochschulstudium handle es sich gemäß § 2 Abs. 1 BAföG (vgl. auch Ausbildungsstättenverzeichnis des Freistaates Sachsen, Teil II) um eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung. Dass die Klägerin bereits über einen Berufsabschluss als Steinbildhauerin verfügt habe, stehe der Einordnung des Studiums als Ausbildung nicht entgegen. Es handle sich insbesondere nicht um eine Maßnahme der Weiterbildung. Die Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung richte sich ausschließlich nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme. Entscheidend sei insoweit der Weg, auf dem das Ziel erreicht werden solle. Weiterbildungsangebote bauten grundsätzlich auf dem bereits vorhandenen beruflichen Wissen auf. Es handle sich um die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach dem Abschluss der ersten Ausbildungsphase oder sonstiger beruflicher Betätigung ohne vorherigen Berufsabschluss, das deswegen vielfach mit einer verkürzten Ausbildungsdauer einhergehe (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R, Rn. 20). Im Falle der Klägerin habe das Studium nicht an die Kenntnisse aus der Berufsausbildung angeschlossen. Die Steinbildhauerlehre sei keine Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums gewesen. Dass die Kenntnisse aus der Ausbildung das Studium verkürzten, habe die Klägerin nicht behauptet. Sie habe sich vielmehr eingelassen, das Studium sei bei ihr genauso abgelaufen wie bei anderen Studenten auch. Weil sie Techniken bei der Bearbeitung von Materialien habe nutzen können, die sie aus ihrer Steinbildhauerausbildung gekannt habe, sei ihr das Studium leichter gefallen als anderen Studenten. Die Ausschlussregelung im SGB II befreie die nachrangige Grundsicherung davon, eine versteckte Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene zu ermöglichen. Maßgeblich sei dabei allein die abstrakte Förderfähigkeit der Ausbildung, nicht ob der Betroffene konkret einen Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG habe. Die Frage, ob ein Anspruch auf BAföG dem Grunde nach bestehe, sei allein anhand der sachlichen Förderkriterien des BAföG zu entscheiden. Diese Prüfung richte sich nach § 2 BAföG. In der Person des Auszubildenden liegende Gründe, die ihn von den Förderleistungen nach diesem Gesetz ausschlössen, blieben bei der Beantwortung der Frage, ob Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beansprucht werden könnten, außer Betracht. § 2 BAföG regele den Begriff der dem Grunde nach förderfähigen Ausbildung für den gesamten Bereich des BAföG einheitlich. Die entsprechenden Grundsätze seien auch für das SGB II maßgeblich. Leistungen seien vorliegend nach dem BAföG aus einem individuellen, in der Person der Klägerin liegenden Grund abgelehnt worden. Maßgeblich sei gewesen, dass sie das Erststudium der Soziologie und Kulturwissenschaften als vorangegangene Hochschulausbildung nach Beginn des vierten Fachsemesters abgebrochen habe, ohne dass dafür ein unabweisbarer Grund vorgelegen habe. Bis zum Beginn ihres Urlaubssemesters habe die Klägerin eine Hochschulausbildung an der Hochschule der Künste und damit in jedem Fall eine abstrakt förderfähige Ausbildung nach dem BAföG absolviert. Im streitigen Zeitraum vom 10.12.2010 bis 31.03.2011 habe die Klägerin auch während ihres Urlaubssemesters eine Ausbildung i.S.d. § 2 Abs. 1 BAföG besucht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) besuche ein Auszubildender eine Ausbildungsstätte, wenn er dieser organisationsrechtlich angehöre und die Ausbildung an der Ausbildungsstätte tatsächlich betreibe. Bei einer Hochschulausbildung begründe der Auszubildende seine Zugehörigkeit zur Ausbildungsstätte durch die Immatrikulation, die ihrerseits die Einschreibung in eine bestimmte Fachrichtung erfordere. Da es dem Studierenden nach dem Sächsischen Hochschulgesetz i.V.m. der Ordnung über die Auswahl der Studienbewerber, die Eignungsfeststellung, Zulassung und Immatrikulation von Studienbewerbern sowie die Beurlaubung und Exmatrikulation von Studenten (Immatrikulationsordnung) der Hochschule für Bildende Künste A ... möglich sei, während der Phase der Beurlaubung gleichwohl Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen (§ 20 Abs. 3 Sächsisches Hochschulgesetz in der bis 31.12.2010 bzw. 31.12.2011 geltenden Fassung i.V.m. § 22 Abs. 8 Satz 2 der Immatrikulationsordnung der Hochschule für Bildende Künste), sei die Klägerin auch im Wintersemester 2010/2011, für das sie beurlaubt gewesen sei, der Hochschule für Bildende Künste A ... organisationsrechtlich zugeordnet gewesen. Die Klägerin habe im streitigen Zeitraum ihr Studium auch betrieben. Denn sie habe am 28.10.2010 einen Leistungsnachweis in Philosophie erbracht. Vom 17.01.2011 bis 22.04.2011 habe sie wochentags zwischen 10:00 und 14:00 Uhr ein Praktikum in der freien Theaterplastikwerkstatt "Werk2" absolviert. Die Klägerin habe im Erörterungstermin vom 29.04.2013 erklärt, das Praktikum sei eine Studienaufgabe gewesen. Dies decke sich mit der Studienordnung für den Studiengang Theaterwissenschaft, wonach im fünften Modul bzw. Semester ein Praktikum zu erbringen sei, über das eine Dokumentation zu fertigen sei, die wiederum als Studienleistung bewertet werde. Da die Klägerin ein täglich vierstündiges Praktikum absolviert habe, sei auch ihr Vortrag widerlegt, aus gesundheitlichen Gründen seien ihr während der Schwangerschaft keine Studienleistungen möglich gewesen. Auf den konkreten Umfang dieser Leistungen komme es hingegen nicht an. Zwar werde nach § 2 Abs. 5 BAföG Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nehme. Voll in Anspruch nehme die Arbeitskraft des Auszubildenden eine Ausbildung im Allgemeinen, wenn sie nach den Ausbildungsbestimmungen oder der allgemeinen Erfahrung insgesamt 40 Wochenstunden erfordere. Dies sei regelmäßig dann anzunehmen, wenn die Unterrichtszeit mindestens 20 Stunden betrage. Bei dem Besuch von Hochschulen werde in der Praxis der Ausbildungsämter unterstellt, dass die Ausbildung 40 Wochenstunden erfordere (Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl., § 2 Rn. 106). Durch die Worte "im Allgemeinen" solle dabei klargestellt werden, dass etwa Ferienzeiten die Förderfähigkeit einer Ausbildung nicht ausschlössen. Entscheidend sei, dass die Ausbildung als Vollzeitausbildung ausgestaltet sei. Auf die individuellen Verhältnisse des Auszubildenden komme es gerade nicht an (Ramsauer/Stallbaum/Sternal, a.a.O., Rn. 107 mit Hinweis auf die entsprechende Rechtsprechung des BVerwG; so ausdrücklich auch BSG, Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 67/08 R, Rn. 14). Maßgeblich sei damit im Falle der Klägerin, dass der Studiengang Theaterausstattung als Vollzeitausbildung ausgestaltet gewesen sei. Die Klägerin hätte ihr Studium allenfalls dann nicht mehr tatsächlich betrieben, wenn sie im Wintersemester keinerlei Studienleistungen erbracht oder Studienveranstaltungen besucht hätte, und dies auch nicht einer gewachsenen Übung in dem jeweiligen Fach, etwa in der Phase der häuslichen Prüfungsvorbereitung entsprochen hätte (BSG, Urteil vom 22.03.2012 – B 4 AS 102/11 R). Die Studienleistungen der Klägerin haben einen erheblichen Umfang erreicht. Allein das Praktikum ab 17.01.2011 habe bereits 20 Wochenstunden in Anspruch genommen, ohne die Vor- und Nachbereitung für die erforderliche Dokumentation zu berücksichtigen. Die Klägerin erfülle weder die Ausnahmetatbestände des § 7 Abs. 6 SGB II noch könne sie darlehnsweise Leistungen beanspruchen, weil ein Härtefall i.S.d. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II bei ihr nicht vorliege.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29.01.2015 zugestellte Urteil hat er am 26.02.2015 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht (SächsLSG) eingelegt. Das Studium der Klägerin sei als Weiterbildung zu qualifizieren. Zudem habe sie es nicht in Vollzeit betrieben.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG Dresden vom 09.10.2014 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 05.01.2011 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 26.03.2011 und 30.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2011 abzuändern und der Klägerin für den Zeitraum vom 10.12.2010 bis 31.03.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Leistungsakte des Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 09.10.2014 die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 05.01.2011 i.d.F. der Änderungsbescheide vom 26.03.2011 und 30.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten.

I.

Streitgegenstand des Verfahrens sind lediglich die Ansprüche der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, weil nur sie in ihrem eigenen Namen Klage erhoben hat. Sie hat ausweislich der von ihrem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten verfassten Klageschrift nicht auch Ansprüche ihrer minderjährigen Söhne verfolgt. Daher ist nicht streitig, ob diese Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes haben.

II.

Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Die Klägerin begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes an sich für den Zeitraum vom 10.12.2010 bis 31.03.2011. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt daher mehr als 750,00 EUR.

III.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 10.12.2010 bis 31.03.2011 zu.

Nach § 7 Abs. 1 SGB II in der vom 01.01.2008 bis 31.03.2011 geltenden Fassung erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht vollendet haben, die erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin.

Sie ist jedoch nach § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen ausgeschlossen. Nach der genannten Norm haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes.

1. Bei dem von der Klägerin im streitigen Zeitraum absolvierten Studium handelt es sich um eine Ausbildung im Sinne des § 7 Abs. 5 SGB II. Die Klägerin war seit dem Wintersemester 2008/2009 an der Hochschule für Bildende Künste A ... immatrikuliert. Bei diesem Studium handelt es sich um eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung. Dass die Klägerin bereits über eine Ausbildung zur Steinbildhauerin verfügt, steht der Einordnung des Studiums als Ausbildung nicht entgegen. Es handelt sich dabei insbesondere nicht um eine Maßnahme der Weiterbildung. Das BSG hat zur Abgrenzung von Aus- und Weiterbildung im Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R, Rn. 19 ff. entschieden:

Tenor:

"Nach den Feststellungen des LSG absolvierte der Kläger während des streitgegenständlichen Zeitraums eine Ausbildung in der Form eines Studiums iS des § 7 Abs 5 S 1 SGB II aF iVm § 2 Abs 1 S 1 Nr 6 BAföG an der Universität H ..., die im konkreten Fall auch durch Leistungen nach dem BAföG gefördert worden ist. Dass der Kläger bereits über einen Berufsabschluss verfügt hat, steht der Einordnung des Studiums als Ausbildung iS des § 7 Abs 5 S 1 SGB II aF nicht entgegen. Es handelte sich dabei insbesondere nicht um eine Maßnahme der Weiterbildung iS von § 77 SGB III aF (idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4607), die keinen Ausschluss von SGB II-Leistungen begründet (BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 97/09 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 19 RdNr 18 ff, unter Bezugnahme auf stRspr BVerwG, etwa BVerwG Urteil vom 7.6.1989 - 5 C 3/86 - BVerwGE 82, 125).

Die Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung richtet sich ausschließlich nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme. Entscheidend ist insoweit der Weg, auf dem das Ziel erreicht werden soll (BSG Urteil vom 29.1.2008 - B 7/7a AL 68/06 R - BSGE 100, 6 = SozR 4-4300 § 60 Nr 1, RdNr 10). Weiterbildungsangebote sollen grundsätzlich auf dem bereits vorhandenen beruflichen Wissen aufbauen. Es handelt sich insoweit um die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach dem Abschluss der ersten Ausbildungsphase oder sonstiger beruflicher Betätigung ohne vorherigen Berufsabschluss, das deswegen vielfach - wenn auch nicht zwingend - mit einer verkürzten Ausbildungsdauer einhergeht (vgl § 85 Abs 2 SGB III aF; BSG Urteil vom 30.8.2010, aaO, RdNr 23 mwN auf die stRspr des BSG).

Nach den Feststellungen des LSG war die abgeschlossene Berufsausbildung ausschließlich Zugangsvoraussetzung für den gewählten Studiengang, sowohl zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife, als auch eines Bachelors of Arts in Sozialökonomie. Das Studium schloss nicht insofern an die Kenntnisse aus der Berufsausbildung an, als das an der Universität vermittelte Wissen auf ihnen aufbaute oder einen unmittelbaren Bezug zu diesen Kenntnissen hatte. Der formale Ausbildungsabschluss war vielmehr nur erforderlich, um zur Aufnahmeprüfung und nach deren Bestehen zum Studium zugelassen zu werden, vergleichbar der allgemeinen Hochschulreife, erworben durch das Abitur."

Im Urteil vom 30.09.2008 – B 4 AS 28/07 R, Rn. 16 hat das BSG ausgeführt: "Entgegen der Auffassung des LSG handelt es sich bei der Ausbildung der Klägerin zur Rechtsanwaltsfachangestellten auch mit Rücksicht auf die von ihr bereits durchlaufene Berufsausbildung zur Bürokauffrau begrifflich nicht um eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung. Denn die Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung ist ausschließlich unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen (vgl BSG, Urteil vom 29.1.2008 - B 7/7a AL 68/06 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung in BSG und SozR vorgesehen). Maßgebend ist deshalb allein die objektive Ausgestaltung der Maßnahme, nicht jedoch die Sicht des Teilnehmers. Eine der in § 7 Abs 6 SGB II geregelten Ausnahmen ist für die Klägerin nicht einschlägig. Hieraus folgt für die Klägerin ein Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts."

Nach dem vom Klägervertreter zitierten Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 04.04.2007 – L 7 AL 755/07 ER-B, Rn. 14 ff. gilt zur Abgrenzung von Aus- und Weiterbildung Folgendes: "Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Ausbildung und Weiterbildung ist der Weg zur Erreichung dieses Zieles. Wie sich aus der in § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III gegenüber einer Ausbildungsmaßnahme verkürzten Dauer der Weiterbildungsmaßnahme ergibt, müssen die Inhalte und ihre Vermittlung bei einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung anders gestaltet sein als bei einer üblichen Erstausbildung. Hier müssen die Angebote also den Charakter einer Weiterbildung wahren und an berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten anknüpfen, die aus einer vorangegangenen Ausbildung oder sonstigen beruflichen Tätigkeit resultieren (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2006 - L 6 B 388/06 AL ER - ; ebenso Schmidt in Eicher/Schlegel, a.a.O., Vor §§ 77 - 96, RdNrn. 2a und 2 b).

Ob es sich bei einer Maßnahme um eine solche der Berufsausbildung (vgl. §§ 59 ff SGB III) oder der beruflichen Weiterbildung handelt (vgl. §§ 77 ff. SGB III) handelt, ist allgemein unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen (vgl. Bundessozialgericht , Urteile vom 17. November 2005 - B 11a AL 23/05 R -, veröffentlicht in Juris und vom 27. Januar 2005 - B 7a/7 AL 20/04 R -, SozR 4-4300 § 77 Nr. 2; jeweils m.w.N.). Danach ist weder der erste Besuch einer Bildungsmaßnahme arbeitsförderungsrechtlich in jedem Fall eine Ausbildung, noch stellt jeder zweite Besuch einer Bildungsmaßnahme bei Vorliegen eines Berufsabschlusses eine Weiterbildung dar (so schon zu §§ 40, 41 und 42 Arbeitsförderungsgesetz; vgl. BSG, Urteil vom 4. Februar 1999 - B 7 AL 12/98 R -, SozR-4100 § 42 Nr. 4). Maßgeblich ist nicht die Perspektive des Teilnehmers der Maßnahme, sondern vielmehr die konkrete Ausgestaltung des Bildungsangebots selbst (objektive Umstände). Nach seinem Zuschnitt, seiner Struktur und seinen Inhalten ist zu entscheiden, ob es sich um eine schulische oder berufliche Ausbildung oder um eine berufliche Weiterbildung handelt (vgl. Schmidt, a.a.O., Rdnrn. 2a und 2b). Es sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, etwa welche Vorkenntnisse für die erfolgreiche Teilnahme erforderlich sind, welche Unterrichtsformen geplant sind und welcher Abschluss angestrebt wird. Während die berufliche Weiterbildung nach § 77 Abs. 2 SGB III erkennbar auf eine angemessene Berufserfahrung als Grundlage einer berufliche Weiterbildung abstellt (BSG, a.a.O.), baut eine Ausbildungsmaßnahme nicht auf bereits erworbenen beruflichen Kenntnissen auf."

Zwar spricht für eine Weiterbildung, dass Vorkenntnisse aus dieser Lehre zur Steinbildhauerin für das Studium nützlich waren. Ungeachtet dessen überwiegen die Argumente, die für die Qualifizierung des Studiums der Theaterausstattung als Ausbildung sprechen. Es handelte sich bei diesem Studium nicht um eine Fortsetzung des organisierten Lernens nach dem Abschluss einer ersten Ausbildungsphase (Ausbildung zur Steinbildhauerin), denn Ausbildung zur Steinbildhauerin stellt nicht die erste Ausbildungsphase für das Studium der Theaterausstattung dar. Das Studium der Theaterausstattung hat nicht den Charakter einer Weiterbildung, sondern den einer (Erst)Ausbildung. Die Ausgestaltung des Studiums der Theaterausstattung ist ausweislich der Studienordnung nach Zuschnitt, Struktur, Inhalt und Vermittlung eine Aus- und keine Weiterbildung. Eine Ausbildung zur Steinbildhauerin ist nach der Studienordnung für die Aufnahme des Studiums der Theaterausstattung nicht erforderlich. Die Unterrichtsform ist ausweislich der Studienordnung typisch für eine Ausbildung.

Leistungen nach dem BAföG sind im Falle der Klägerin mit Bescheid vom 18.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2009 aus individuellen, in der Person der Klägerin liegenden Gründen abgelehnt worden. Maßgeblich war, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 BAföG nicht erfüllt waren, weil die Klägerin ihr Erststudium abgebrochen hatte.

2. Die Klägerin hat auch während ihres Urlaubssemesters eine Ausbildung i.S.d. § 7 Abs. 5 SGB II betrieben.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein Studierender während eines Urlaubssemesters dann nicht von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen, wenn er in dieser Zeit aus organisationsrechtlichen Gründen der Hochschule nicht mehr angehört oder die organisationsrechtliche Zugehörigkeit zwar weiterhin vorliegt, er sein Studium jedoch tatsächlich nicht betreibt (BSG, Urteil 22.08.2012 – B 14 AS 197/11 R). Hierzu hat das BSG im Urteil vom 22.08.2012 – B 14 AS 197/11 R, a.a.O., Rn. 18 bis 20 Folgendes entschieden:

Tenor:

"Damit ist ein Studierender während eines Urlaubssemesters dann nicht von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen, wenn er in dieser Zeit aus organisationsrechtlichen Gründen der Hochschule nicht mehr angehört oder die organisationsrechtliche Zugehörigkeit zwar weiterhin vorliegt, er sein Studium jedoch tatsächlich nicht betreibt (vgl bereits BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 102/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 27 mit zustimmender Anmerkung Reichel jurisPR-SozR 12/2012 Anm 2).

Es kommt damit neben der vom LSG allein geprüften Einschreibung/Immatrikulation wegen der organisatorischen Zugehörigkeit zu einer Hochschule darauf an, ob es nach Sächsischem Hochschulrecht dem Studierenden ermöglicht ist, während der Phase der Beurlaubung gleichwohl an Veranstaltungen teilzunehmen sowie Prüfungen abzulegen. Dies wird das LSG nach Wiedereröffnung des Berufungsverfahrens zu überprüfen haben (dazu im Einzelnen BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 102/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 27 RdNr 19).

Die Beurlaubung führt aber auch dann zum Wegfall der Förderfähigkeit dem Grunde nach, wenn - was hier näher liegt - die Klägerin sich tatsächlich nicht entsprechend betätigt hat (dazu BSG aaO, RdNr 20 mwN zur Rechtsprechung des BVerwG). Gehört der Studierende der Hochschule organisationsrechtlich auch im Urlaubssemester an, greift der Ausschluss von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II immer dann, wenn er die Ausbildung auch tatsächlich betreibt. Ist dies nicht der Fall, entfällt auch der Ausschlussgedanke des § 7 Abs 5 SGB II, mit Leistungen nach dem SGB II das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung nicht zu ermöglichen. Hilfebedürftigkeit hat der Leistungsberechtigte dann ggf durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (vgl § 10 SGB II) abzuwenden. Auch die Frage, ob etwa ein Praktikum zugunsten einer Arbeitsaufnahme abgebrochen werden muss, entscheidet sich nach den hier aufgeführten Kriterien."

Das BSG fordert mithin im zitierten Urteil ausschließlich ein tatsächliches Betreiben des Studiums, um den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes auszuschließen. Ein Betreiben in Vollzeit wird nicht gefordert. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem früheren Urteil des BSG vom 22.03.2012 – B 4 AS 102/11 R. Ungeachtet dessen wird beim Besuch von Hochschulen in der Praxis der BAföG-Ämter unterstellt, dass die Ausbildung in Vollzeit erfolgt (Pesch in Ramsauer/Stallbaum, BaföG, 5. Auflage, § 2, Rn. 111). Darauf hat zutreffend bereits das SG hingewiesen.

Organisationsrechtlich gehörte die Klägerin im streitigen Zeitraum der TU A ... an, denn sie war auch während des Urlaubssemesters immatrikuliert. Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 Sächsisches Hochschulgesetz (SächsHSG) wird der Studienbewerber mit der Immatrikulation Mitglied der Hochschule und diese Mitgliedschaft endet erst mit der Exmatrikulation (§ 21 Abs. 1 Satz 2 SächsHSG). Zur Beurlaubung regelt § 20 Abs. 2 und 3 SächsHSG: "(2) Auf Antrag können Studenten aus wichtigem Grund vom Studium beurlaubt werden. Für eine Beurlaubung wegen Inanspruchnahme von Mutterschaftsurlaub und Elternzeit gelten die Bestimmungen des Gesetzes zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz – MuSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2318), zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 10 des Gesetzes vom 5. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2748, 2756), in der jeweils geltenden Fassung, und des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) vom 5. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2748), geändert durch Artikel 6 Abs. 8 des Gesetzes vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970, 2008), in der jeweils geltenden Fassung, entsprechend. Die Zeiten der Beurlaubung werden nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet. Ein Student kann zur Betreuung eigener Kinder bis zu 4 Semester beurlaubt werden, wenn er nicht bereits nach Satz 3 beurlaubt ist. Das Nähere können die Hochschulen durch Ordnung regeln.

(3) Beurlaubten Studenten soll ermöglicht werden, an der Hochschule, von der die Beurlaubung ausgesprochen wurde, Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen."

Darüber hinaus hatte sie die Möglichkeit, auch während dieser Zeit an Veranstaltungen der Hochschule teilzunehmen. Das ist praktisch auch in umfangreichem Maße geschehen. Ausweislich einer Bestätigung der Hochschule für Bildende Künste vom 10.05.2012 hat sie am 28.10.2010 einen Leistungsnachweis in Philosophie erbracht. Zudem hat sie im Zeitraum vom 17.01.2011 bis 22.04.2011 wochentags zwischen 10:00 und 14:00 Uhr ein Praktikum in der freien Theaterplastikwerkstatt "Werk2" absolviert, für das darüber hinaus Vor- und Nacharbeiten und eine Dokumentation erforderlich waren.

3. Die Klägerin erfüllt auch nicht die Ausnahmetatbestände des § 7 Abs. 6 SGB II, wonach § 7 Abs. 5 SGB II keine Anwendung auf Auszubildende findet, die aufgrund von § 2 Abs. 1a BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung oder aufgrund von § 64 Abs. 1 SGB III keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben (Nr. 1) oder deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB III oder nach § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III bemisst (Nr. 2) oder die eine Abendschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund von § 10 Abs. 3 BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben (Nr. 3).

Die Voraussetzungen der Nr. 3 liegen ersichtlich nicht vor. Gleiches gilt für die Voraussetzungen der Nr. 2, da sich der Bedarf der Klägerin nicht nach § 12 BAföG bemisst (Leistungen an Schüler). Auch Nr. 1 ist nicht gegeben, denn die Klägerin hatte nicht aufgrund von § 2 Abs. 1a BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung. Gemäß § 2 Abs. 1a BAföG wird für den Besuch der in Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Ausbildungsstätten BAföG nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist (Nr. 1), einen eigenen Haushalt führt und verheiratet oder in einer Lebenspartnerschaft verbunden ist oder war (Nr. 2), einen eigenen Haushalt führt und mit mindestens einem Kind zusammenlebt (Nr. 3). Die Klägerin wohnte nicht bei ihren Eltern. Sie führte einen eigenen Haushalt und lebte mit den Söhnen Milos, Rocko und Oleg zusammen (Nr. 3).

4. Die Klägerin kann Leistungen auch nicht darlehensweise beanspruchen, denn ein besonderer Härtefall liegt nicht vor. Gem. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung können Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in besonderen Härtefällen als Darlehen geleistet werden. Bei dem Begriff der "besonderen Härte" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung in vollem Umfang der rechtlichen Überprüfung durch das Gericht unterliegt.

Eine besondere Härte liegt nur dann vor, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgingen, das regelmäßig mit der Versagung von Leistungen zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden und vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden ist. Welche Faktoren die Ausnahmesituation im SGB II bedingen, bestimmt sich nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 36/06 R, Rn. 23) nach dem systematischen Zusammenhang des § 7 Abs. 5 SGB II und seinem Sinn und Zweck. Hintergrund des Leistungsausschlusses für Auszubildende nach dem SGB II ist die Herstellung eines Gleichklangs der Regelungen zwischen SGB II und SGB XII. SGB II und SGB XII zusammen sollen von Leistungen zur Ausbildungsförderung freigehalten werden, soweit der Hilfebedarf im Hinblick auf den Lebensunterhalt durch die Ausbildung entsteht. Zum Härtefall an sich müssen im Einzelfall Umstände hinzutreten, die einen Ausschluss von der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart, das heißt als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erscheinen lassen.

Ein besonderer Härtefall ist dann anzunehmen, wenn wegen einer Ausbildungssituation Hilfebedarf entstanden ist, der nicht durch BAföG oder Ausbildungsbeihilfe gedeckt werden kann und deswegen begründeter Anlass für die Annahme besteht, die vor dem Abschluss stehende Ausbildung werde nicht beendet und damit drohe das Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit, verbunden mit einer weiter bestehenden Hilfebedürftigkeit. Es muss dabei eine durch objektive Umstände belegbare Aussicht bestehen, nachweisbar beispielsweise durch Meldung zur Prüfung, wenn alle Prüfungsvoraussetzungen bereits erfüllt sind, die Ausbildung werde mit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in absehbarer Zeit durch einen Abschluss zum Ende gebracht. Gleiches gilt für den Fall der Unterbrechung der bereits weit fortgeschrittenen und bisher kontinuierlich betriebenen Ausbildung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles wegen einer Behinderung oder Erkrankung. Denkbar ist auch, dass die nicht mehr nach den Vorschriften des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III geförderte Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt (BSG, a.a.O., Rn. 24; Urteil vom 06.09.2009 – B 14/11b AS 28/06 R).

Eine derartige Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben. Das Studium der Klägerin stand im streitigen Zeitraum nicht kurz vor dem Abschluss oder war weit fortgeschritten. Die Unterbrechung erfolgte auch nicht wegen einer Behinderung oder Erkrankung. Auch war es im Hinblick auf den erfolgreichen Abschluss als Steinbildhauerin nicht die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt.

5. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II in der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung. Nach der genannten Norm erhalten abweichend von § 7 Abs. 5 SGB II Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach dem SGB III oder Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten und deren Bedarf sich nach § 65 Abs. 1, § 66 Abs. 3, § 101 Abs. 3, § 105 Abs. 1 Nr. 1, 4, § 106 Abs. 1 Nr. 2 des Dritten Buches oder nach § 12 Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2, § 13 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst, einen Zuschuss zu ihren ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1). Die Klägerin erhält weder Berufsausbildungsbeihilfe noch Ausbildungsgeld oder Leistungen nach dem BAföG.

Nach alledem ist Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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