L 4 P 1263/18 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 P 3517/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 1263/18 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 6. März 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 6. März 2018.

Der Kläger ist pflichtversichertes Mitglied der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) und bei der Beklagten gesetzlich pflegeversichert. Mit Beitragsbescheiden vom 29. Mai 2016 forderte die KKH vom Kläger Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für Februar 2016, März 2016 und April 2016. Gegen diese Bescheide legte der Kläger am 7. Juni 2016 Widerspruch ein, den der bei der KKH gebildete Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2016 vollumfänglich zurückwies.

Hiergegen erhob der Kläger am Klage bei der KKH, mit der er sich sowohl gegen die Beiträge zur Kranken- wie auch zur Pflegeversicherung wandte. Nach Übersendung der Klageschrift an das Sozialgericht Ulm führte dieses die Klage unter dem Aktenzeichen S 8 KR 2363/16. Auf Hinweis des Gerichts, der Widerspruchsbescheid sei nicht auch im Namen der Pflegeversicherung ergangen, wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers vom 7. Juni 2016 gegen die Beitragsbescheide vom 29. Mai 2016 mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2016 zurück.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 31. August 2016 erhob der Kläger am 6. September 2016 Klage bei der Beklagten, die am 22. September 2016 beim Sozialgericht Ulm einging. Zur Begründung trug er vor, keinen Widerspruch "gegen einen Bescheid Feb. bis Apr. 2016" eingelegt zu haben, da ihm "dieser" nicht vorliege.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Das Sozialgericht Ulm wies die Klage mit Urteil vom 6. März 2018 wegen anderweitiger Rechtshängigkeit als unzulässig ab. Der Widerspruchsbescheid sei Gegenstand des Verfahrens S 8 KR 2363/16 geworden. Mit bei der KKH eingegangenem Schreiben vom 13. März 2018, beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingegangen am 6. April 2018, hat der Kläger gegen das ihm zugestellte Urteil des Sozialgerichts Ulm Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das Urteil verstoße "gegen das Verbot der Gehörsverweigerung, hier der gerichtlichen Akteneinsichtsverweigerung".

Der Kläger beantragt sachgerecht gefasst,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 6. März 2018 zuzulassen.

Die Beklagte hat sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen

II.

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 6. März 2018 ist statthaft (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG) und gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, EUR 750,00 nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert beträgt EUR 330,54.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des LSG, des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Diese Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

a) Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 20. Dezember 1955 – 10 RV 225/54 – juris, Rn. 18, zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 144 Rn. 28; vgl. dort auch § 160 Rn. 6 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung).

Der Rechtsstreit wirft keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung auf. Die für das Urteil des Sozialgerichts Ulm - aus Sicht des Klägers - entscheidungserhebliche Frage, ob er Widerspruch gegen die Beitragsbescheide der Beklagten, mit denen diese Beiträge für Februar, März und April 2016 festgesetzt hatte, eingelegt hat, ist eine Frage der Umstände des Einzelfalles. Der Kläger macht damit sinngemäß geltend, dass das Sozialgericht eine materiell falsche Entscheidung getroffen habe, nicht aber, dass seine Entscheidung auf einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung beruht. Das Sozialgericht hat dieser Frage auch keine Bedeutung beigemessen, denn es hat seine Entscheidung einzig darauf gestützt, dass die Klage bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig sei. Die vom Kläger erhobenen Einwände betreffen keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung.

b) Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor.

Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des Sozialgerichts zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das Sozialgericht muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 160 Rn. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das Sozialgericht Ulm in seinem Urteil vom 6. März 2018 nicht aufgestellt. Etwas Anderes hat auch der Kläger nicht behauptet.

c) Auch ein Verfahrensmangel im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG ist nicht ersichtlich. Die Behauptung des Klägers, das Urteil verstoße "gegen das Verbot der Gehörsverweigerung, hier der gerichtlichen Akteneinsichtsverweigerung", ist nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat im Verfahren vor dem Sozialgericht weder Akteneinsicht beantragt, noch an der mündlichen Verhandlung teilgenommen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts wird hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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