Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 3458/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 348/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 5. Januar 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1968 geborene Klägerin, die eigenen Angaben zufolge über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, war im Zeitraum von März 1988 bis November 2004 – mit Unterbrechungen – versicherungspflichtig tätig, zuletzt als selbstständige Masseurin. Ab Dezember 2004 war sie arbeitslos. Seit Januar 2005 bezieht sie – mit Unterbrechungen – Arbeitslosengeld II. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 20. Februar 2018 verwiesen.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 4. Mai 2016, zu dem sie das Jobcenter H. aufgefordert hatte, und den sie mit zahlreich aufgelisteten gesundheitlichen Problemen begründete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 2016 und Widerspruchsbescheid vom 8. November 2016 ab, da die Klägerin noch in der Lage sei, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen sowie auch die früher ausgeübte Tätigkeit als Masseurin sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten.
Grundlage der Entscheidung war – neben Berichten behandelnder Ärzte, einem im April 2013 erstatteten Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychiatrie Dr. Ke. (Diagnosen: Vorbeschriebene emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Borderlinetypus, vorbeschriebene rezidive Depression gegenwärtig remittiert, Urticaria, fragliche Histaminintoleranz; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien sechs Stunden und mehr möglich) sowie arbeitsamtsärztlichen Gutachten von Dr. We. vom 27. Mai 2015 und Dr. Wä. vom 18. Dezember 2015 – ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin Ma. vom 9. Juli 2016 (Diagnosen: Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ, anamnestisch rezidivierende depressive Episoden, aktuell in Remission, Somatisierungsneigung mit im Vordergrund stehend angegebenen rezidivierenden Schmerzen unterschiedlicher Lokalisation; im Wesentlichen keine Änderung des Gesundheitszustandes seit der Begutachtung durch Dr. Ke.; die Klägerin sei psychisch wie körperlich weiterhin in der Lage, sechs Stunden täglich eine mindestens leichte bis mittelschwere Tätigkeit durchzuführen). Dem hatten sich der Sozialmediziner Dr. Schl. am 12. Juli 2016 und die Ärztin für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. La. am 30. August 2016 angeschlossen.
Deswegen hat die Klägerin am 17. November 2016 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und im Wesentlichen u.a. geltend gemacht, ihr psychosomatischer Gesundheitszustand sei seit frühester Kindheit instabil. Seit 2004 habe sie die Diagnose Borderline. Sie sei seit Winter 2014 nicht mehr leistungsfähig. Mehrmals im Jahr habe sie immer wiederkehrende starke emotionale Krisen zu bewältigen. Sie leide unter erheblichen Schlafstörungen, Schmerzen, chronischer Erschöpfung, hoher Reizwahrnehmung, chronischen Verdauungsbeschwerden und drängenden Gedanken. Sie sei chronisch erschöpft und verfüge über kein Konfliktmanagement. Sie sei u.a. auch in psychiatrischer und psychologischer Behandlung. Hierzu hat sie u.a. auch einen Bericht über ein MRT der LWS vom 19. Juli 2016 vorgelegt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde und ihre Einschätzung des Leistungsvermögens haben unter Beifügung von weiteren ärztlichen Äußerungen der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Ar. am 23. Januar 2017 (depressive Episoden und Ängste, Panikattacken, Reizüberflutung bei emotional instabiler Persönlichkeitsstörung, Reizdarm, histaminähnliches Syndrom; auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne die Klägerin keine sechs Stunden verrichten) und die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Fr. am 26. April 2017 (Diagnosen: V.a. schizoaffektive Störung, emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ, Anpassungsstörung, chronisch-rezidivierende Depression mit starkem Erschöpfungszustand; eine vollschichtige Arbeit von regelmäßig sechs Stunden halte sie weder für zumutbar noch möglich, allenfalls sei eine Tätigkeit von drei bis vier Stunden täglich bei Beachtung qualitativer Einschränkungen möglich und zumutbar) berichtet.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat hierzu eine Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Sozialmedizin, Suchtmedizin Dr. Ne. vom 17. Mai 2017 vorgelegt. Darin hat er ausgeführt, im Vergleich zum Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Ma. ergäben sich keine Hinweise auf eine wesentliche Erkrankungsverschlechterung und kein abweichendes Leistungsbild.
Das SG hat ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Schn. vom 28. August 2017 eingeholt. Der Sachverständige hat die wesentlichen in den Akten enthaltenen Befunde sowie die von der Klägerin gemachten Angaben zu ihren Beschwerden und u.a. auch zum Tagesablauf referiert. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen. Dr. Schn. ist unter Mitberücksichtigung der Aktenlage und auf Grund seiner Untersuchungsbefunde zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden am ehesten eine bipolare affektive Störung, gegenwärtig remittiert, eine Somatisierungsstörung, akzentuierte Persönlichkeitszüge, DD: eine Persönlichkeitsstörung, ein schädlicher Nikotinkonsum, ein Z.n. multiplem Substanzmittelmissbrauch, abstinent, Gelenkbeschwerden ohne relevante motorische Einschränkungen, eine Urticaria und eine Histaminintoleranz. Unter Berücksichtigung der Aktenlage und der aktuell erhobenen Befunde könne die Klägerin mittelschwere körperliche Arbeiten – ohne Akkordbedingungen, verschärften Zeitdruck, Nachtarbeit, vermehrte Lärmexposition, vermehrte emotionale Belastung oder erhöhtes Konfliktpotential – ca. acht Stunden arbeitstäglich bzw. vollschichtig im Rahmen einer Fünftagewoche verrichten.
Die Klägerin hat noch Einwendungen gegen das Gutachten von Dr. Schn. erhoben.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. Januar 2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da ein Absinken der beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf weniger als sechs Stunden täglich nicht feststellbar sei. Die Klägerin könne noch mittelschwere körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden verrichten. Dies ergebe sich aus dem Gutachten von Dr. Schn ... Soweit hiervon abweichend die behandelnden Ärzte Dr. Ar. und Dr. Fr. von einer weitergehenden Einschränkung ausgingen, sei deren Einschätzung nicht überzeugend. Es lägen auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und keine schwere Leistungsbehinderung vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den am 10. Januar 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24. Januar 2018 Berufung eingelegt. Sie macht im Wesentlichen geltend, eine Leistungsfähigkeit im Sinne einer Vollbeschäftigung sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gegeben. Ihre gesundheitlichen Einschränkungen seien chronisch progredient. Hierzu hat sie Diagnosen aufgelistet. Es sei empirisch nicht festzustellen, ob ihre Persönlichkeitsstörung die chronische Stoffwechselstörung beeinflusse oder umgekehrt. Medikamentöse Einstellungsversuche hätten keine dauerhafte Besserung gebracht. Um ein Mindestmaß an Alltagskompetenz zu erreichen, halte sie sich weitestgehend an eine spezielle Diät, angemessene und regelmäßige körperliche Bewegung, eine Notfallmedikation und größtmöglichen sozialen Rückzug und Ruhe. Eine Dauermedikation zur Stabilisierung ihrer Gesundheit sei nicht angezeigt. Eine Ermittlung der zumutbaren Leidensfähigkeit sei juristisch/statistisch/medizinisch nicht erhebbar, weil diese höchst individuell sei. In ihrem Beruf als Massagetherapeutin könne sie auf Grund der emotionalen Belastungsstörung und der chronischen Neigung zur Gelenksentzündung nicht mehr arbeiten. Eine reine Selbstständigkeit sei generell nicht mehr angezeigt und für einen Arbeitgeber sei sie unzumutbar. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin noch eine schriftliche Äußerung, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und weitere Unterlagen übergeben.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 5. Januar 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2016 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Januar 2016 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat eine Probeberechnung vorgelegt, aus der sich eine monatliche Rente von 407,82 EUR ergibt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässig eingelegte Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Diese hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - und insoweit auch die einschlägige Rechtsprechung dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung näher aufgeführter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten, eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung nicht vorliegt und die Klägerin in der Lage ist, einen Arbeitsplatz zu erreichen. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens, auch im Berufungsverfahren, uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist voranzustellen, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung, insbesondere das Vorliegen einer rentenberechtigenden Leistungsminderung im Wege des Vollbeweises festgestellt sein müssen, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag auch der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass seit Rentenantragstellung eine rentenrechtlich relevante qualitative oder quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich besteht. Vielmehr sind der Gutachter Ma. und der Sachverständige Dr. Schn. zum Ergebnis gelangt, dass der Klägerin Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindesten noch sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar sind.
Auch aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ergeben sich keine neuen Gesichtspunkte, die zu einer anderen Beurteilung und Entscheidung führen könnten.
Die Klägerin leidet nach den Gutachten des Neurologen und Psychiaters Ma. und des Dr. Schn. im Wesentlichen unter einer (am ehesten) bipolaren affektiven Störung, die im Zeitpunkt der Untersuchung remittiert war, einer Somatisierungsstörung, akzentuierten Persönlichkeitszügen, DD: einer Persönlichkeitsstörung, den Folgen schädlichen Nikotinkonsums, einem Z.n. multiplem Substanzmittelmissbrauch (abstinent), Gelenkbeschwerden ohne relevante motorische Einschränkungen, einer Urticaria und einer Histaminintoleranz. Darüber hinausgehende nicht nur vorübergehende und akute dauerhafte Erkrankungen, die für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung von Bedeutung wären, sind dagegen nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellbar, auch nicht auf Grund der Aussagen und Berichte behandelnder Ärzte.
Infolge dieser Erkrankungen ist das Leistungsvermögen zwar eingeschränkt, doch kann die Klägerin leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten – ohne Akkordbedingungen, verschärften Zeitdruck, Nachtarbeit, vermehrte Lärmexposition, vermehrte emotionale Belastung oder erhöhtes Konfliktpotential – ca. acht Stunden arbeitstäglich bzw. vollschichtig im Rahmen einer Fünftagewoche verrichten. Dies ergibt sich für den Senat schlüssig und nachvollziehbar aus den insoweit im Wesentlichen übereinstimmenden Gutachten des Dr. Schn. und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Ma ... Sowohl der Gutachter Ma. als auch der Sachverständige Dr. Schn. haben ihre eigenen Untersuchungsbefunde sowie die in den Akten enthaltenen Befundangaben berücksichtigt und gewürdigt. Die Einschätzung ist auch vereinbar mit den Angaben zum Tagesablauf und den erhobenen psychiatrischen Befunden. Zum Tagesablauf hat die Klägerin bei Dr. Schn. angegeben, sie werde morgens zwischen 04.00 Uhr und 05.00 Uhr wach, wenn es gut laufe, in schlechten Phasen werde sie auch früher wach. Sie stehe dann auf, trinke einen Kaffee und setze sich hin und schreibe für drei Stunden, was zu viel in ihrem Kopf sei. Bei guten Tagen gehe sie raus, z.B. ins Schwimmbad. Sie gehe schwimmen, fahre Fahrrad und gehe in der Ebene. Gegen 13.00 Uhr sei sie dann wieder zu Hause und esse zu Mittag. Sie halte einen Mittagsschlaf für eine bis anderthalb Stunden. Ab 17.00 Uhr bis 17.30 Uhr mache sie dann den Haushalt und habe vor allem telefonische Kontakte. Sie könne stundenlang Scrabble machen. Das Einkaufen nehme auch viel Zeit in Anspruch, da sie unter Histaminintoleranz leide. Insgesamt habe sie wenige soziale Kontakte und keine Vereinstätigkeiten. Gegen 20.00 Uhr lege sie sich hin und schaue Fernsehen und benötige dann noch drei bis vier Stunden bis zum Einschlafen. Sie habe auch den H.-Pass und versuche einmal pro Woche eine Veranstaltung zu besuchen, so z.B. eine Theateraufführung. Ein rentenrechtlich relevantes unüberwindbares Rückzugsverhalten kann dem nicht entnommen werden. Zum psychischen Untersuchungsbefund hat Dr. Schn. ausgeführt, die Klägerin wirke altersentsprechend und sei gepflegt und modisch gekleidet. Gestik und Mimik waren bei der Begutachtung angemessen und durchaus lebhaft. In der Untersuchungssituation war die Klägerin auskunftsbereit und kooperativ sowie im interaktionellen Verhalten überwiegend freundlich zugewandt. Die Sprache war regelrecht moduliert und fest. Es fanden sich keine Sprechstörungen. Sprachverständnis und sprachliches Ausdrucksvermögen waren gut, wobei sich die Klägerin differenziert äußerte und auch Fachbegriffe nutzte. Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Auffassung und der Konzentration ergaben sich nicht, auch keine Nachweise von Gedächtnisstörungen oder einer hirnorganisch bedingten psychischen Symptomatik. Der Antrieb war angemessen, eher lebhaft. Eine signifikante Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung lag nicht vor. In der Grundstimmung wirkte die Klägerin in der Gutachtenssituation durchaus ausgeglichen. Die affektive Resonanzfähigkeit war nicht eingeschränkt, das formale Denken nicht verlangsamt und folgerichtig. Es ergaben sich auch keine Hinweise für eine produktiv-psychotische Symptomatik, für Sinnestäuschungen oder Ichstörungen oder sichere dissoziative Störungen. Insgesamt fanden sich Hinweise auf Somatisierungstendenzen. Angesichts dieses Befundes sind die Gutachten auch für den Senat plausibel.
Soweit hiervon abweichend Dr. Ar. und Dr. Fr. von einer weitergehenden und insbesondere zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin ausgehen, findet sich hierfür für den Senat keine überzeugende Begründung. Insbesondere wurde von ihnen die Beschwerdeangabe der Klägerin nicht kritisch hinterfragt, was gerade im Rahmen einer sozialmedizinischen Begutachtung zur Feststellung von Einschränkungen des Leistungsvermögens zwingend erforderlich ist. Im Übrigen ergibt sich für den Senat auch aus den von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen, u.a. die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 24. November 2017 bis 8. Januar 2018, kein Grund, die Beurteilung von Dr. Schn. in Zweifel zu ziehen, und kein Nachweis einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung.
Da die Klägerin somit weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert ist, hat sie auch keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Nachdem das SG zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1968 geborene Klägerin, die eigenen Angaben zufolge über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, war im Zeitraum von März 1988 bis November 2004 – mit Unterbrechungen – versicherungspflichtig tätig, zuletzt als selbstständige Masseurin. Ab Dezember 2004 war sie arbeitslos. Seit Januar 2005 bezieht sie – mit Unterbrechungen – Arbeitslosengeld II. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 20. Februar 2018 verwiesen.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 4. Mai 2016, zu dem sie das Jobcenter H. aufgefordert hatte, und den sie mit zahlreich aufgelisteten gesundheitlichen Problemen begründete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 2016 und Widerspruchsbescheid vom 8. November 2016 ab, da die Klägerin noch in der Lage sei, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen sowie auch die früher ausgeübte Tätigkeit als Masseurin sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten.
Grundlage der Entscheidung war – neben Berichten behandelnder Ärzte, einem im April 2013 erstatteten Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychiatrie Dr. Ke. (Diagnosen: Vorbeschriebene emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Borderlinetypus, vorbeschriebene rezidive Depression gegenwärtig remittiert, Urticaria, fragliche Histaminintoleranz; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien sechs Stunden und mehr möglich) sowie arbeitsamtsärztlichen Gutachten von Dr. We. vom 27. Mai 2015 und Dr. Wä. vom 18. Dezember 2015 – ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin Ma. vom 9. Juli 2016 (Diagnosen: Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ, anamnestisch rezidivierende depressive Episoden, aktuell in Remission, Somatisierungsneigung mit im Vordergrund stehend angegebenen rezidivierenden Schmerzen unterschiedlicher Lokalisation; im Wesentlichen keine Änderung des Gesundheitszustandes seit der Begutachtung durch Dr. Ke.; die Klägerin sei psychisch wie körperlich weiterhin in der Lage, sechs Stunden täglich eine mindestens leichte bis mittelschwere Tätigkeit durchzuführen). Dem hatten sich der Sozialmediziner Dr. Schl. am 12. Juli 2016 und die Ärztin für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. La. am 30. August 2016 angeschlossen.
Deswegen hat die Klägerin am 17. November 2016 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und im Wesentlichen u.a. geltend gemacht, ihr psychosomatischer Gesundheitszustand sei seit frühester Kindheit instabil. Seit 2004 habe sie die Diagnose Borderline. Sie sei seit Winter 2014 nicht mehr leistungsfähig. Mehrmals im Jahr habe sie immer wiederkehrende starke emotionale Krisen zu bewältigen. Sie leide unter erheblichen Schlafstörungen, Schmerzen, chronischer Erschöpfung, hoher Reizwahrnehmung, chronischen Verdauungsbeschwerden und drängenden Gedanken. Sie sei chronisch erschöpft und verfüge über kein Konfliktmanagement. Sie sei u.a. auch in psychiatrischer und psychologischer Behandlung. Hierzu hat sie u.a. auch einen Bericht über ein MRT der LWS vom 19. Juli 2016 vorgelegt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde und ihre Einschätzung des Leistungsvermögens haben unter Beifügung von weiteren ärztlichen Äußerungen der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Ar. am 23. Januar 2017 (depressive Episoden und Ängste, Panikattacken, Reizüberflutung bei emotional instabiler Persönlichkeitsstörung, Reizdarm, histaminähnliches Syndrom; auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne die Klägerin keine sechs Stunden verrichten) und die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Fr. am 26. April 2017 (Diagnosen: V.a. schizoaffektive Störung, emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ, Anpassungsstörung, chronisch-rezidivierende Depression mit starkem Erschöpfungszustand; eine vollschichtige Arbeit von regelmäßig sechs Stunden halte sie weder für zumutbar noch möglich, allenfalls sei eine Tätigkeit von drei bis vier Stunden täglich bei Beachtung qualitativer Einschränkungen möglich und zumutbar) berichtet.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat hierzu eine Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Sozialmedizin, Suchtmedizin Dr. Ne. vom 17. Mai 2017 vorgelegt. Darin hat er ausgeführt, im Vergleich zum Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Ma. ergäben sich keine Hinweise auf eine wesentliche Erkrankungsverschlechterung und kein abweichendes Leistungsbild.
Das SG hat ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Schn. vom 28. August 2017 eingeholt. Der Sachverständige hat die wesentlichen in den Akten enthaltenen Befunde sowie die von der Klägerin gemachten Angaben zu ihren Beschwerden und u.a. auch zum Tagesablauf referiert. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen. Dr. Schn. ist unter Mitberücksichtigung der Aktenlage und auf Grund seiner Untersuchungsbefunde zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden am ehesten eine bipolare affektive Störung, gegenwärtig remittiert, eine Somatisierungsstörung, akzentuierte Persönlichkeitszüge, DD: eine Persönlichkeitsstörung, ein schädlicher Nikotinkonsum, ein Z.n. multiplem Substanzmittelmissbrauch, abstinent, Gelenkbeschwerden ohne relevante motorische Einschränkungen, eine Urticaria und eine Histaminintoleranz. Unter Berücksichtigung der Aktenlage und der aktuell erhobenen Befunde könne die Klägerin mittelschwere körperliche Arbeiten – ohne Akkordbedingungen, verschärften Zeitdruck, Nachtarbeit, vermehrte Lärmexposition, vermehrte emotionale Belastung oder erhöhtes Konfliktpotential – ca. acht Stunden arbeitstäglich bzw. vollschichtig im Rahmen einer Fünftagewoche verrichten.
Die Klägerin hat noch Einwendungen gegen das Gutachten von Dr. Schn. erhoben.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. Januar 2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da ein Absinken der beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf weniger als sechs Stunden täglich nicht feststellbar sei. Die Klägerin könne noch mittelschwere körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden verrichten. Dies ergebe sich aus dem Gutachten von Dr. Schn ... Soweit hiervon abweichend die behandelnden Ärzte Dr. Ar. und Dr. Fr. von einer weitergehenden Einschränkung ausgingen, sei deren Einschätzung nicht überzeugend. Es lägen auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und keine schwere Leistungsbehinderung vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den am 10. Januar 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24. Januar 2018 Berufung eingelegt. Sie macht im Wesentlichen geltend, eine Leistungsfähigkeit im Sinne einer Vollbeschäftigung sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gegeben. Ihre gesundheitlichen Einschränkungen seien chronisch progredient. Hierzu hat sie Diagnosen aufgelistet. Es sei empirisch nicht festzustellen, ob ihre Persönlichkeitsstörung die chronische Stoffwechselstörung beeinflusse oder umgekehrt. Medikamentöse Einstellungsversuche hätten keine dauerhafte Besserung gebracht. Um ein Mindestmaß an Alltagskompetenz zu erreichen, halte sie sich weitestgehend an eine spezielle Diät, angemessene und regelmäßige körperliche Bewegung, eine Notfallmedikation und größtmöglichen sozialen Rückzug und Ruhe. Eine Dauermedikation zur Stabilisierung ihrer Gesundheit sei nicht angezeigt. Eine Ermittlung der zumutbaren Leidensfähigkeit sei juristisch/statistisch/medizinisch nicht erhebbar, weil diese höchst individuell sei. In ihrem Beruf als Massagetherapeutin könne sie auf Grund der emotionalen Belastungsstörung und der chronischen Neigung zur Gelenksentzündung nicht mehr arbeiten. Eine reine Selbstständigkeit sei generell nicht mehr angezeigt und für einen Arbeitgeber sei sie unzumutbar. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin noch eine schriftliche Äußerung, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und weitere Unterlagen übergeben.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 5. Januar 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2016 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Januar 2016 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat eine Probeberechnung vorgelegt, aus der sich eine monatliche Rente von 407,82 EUR ergibt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässig eingelegte Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Diese hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - und insoweit auch die einschlägige Rechtsprechung dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung näher aufgeführter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten, eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung nicht vorliegt und die Klägerin in der Lage ist, einen Arbeitsplatz zu erreichen. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens, auch im Berufungsverfahren, uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist voranzustellen, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung, insbesondere das Vorliegen einer rentenberechtigenden Leistungsminderung im Wege des Vollbeweises festgestellt sein müssen, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag auch der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass seit Rentenantragstellung eine rentenrechtlich relevante qualitative oder quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich besteht. Vielmehr sind der Gutachter Ma. und der Sachverständige Dr. Schn. zum Ergebnis gelangt, dass der Klägerin Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindesten noch sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar sind.
Auch aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ergeben sich keine neuen Gesichtspunkte, die zu einer anderen Beurteilung und Entscheidung führen könnten.
Die Klägerin leidet nach den Gutachten des Neurologen und Psychiaters Ma. und des Dr. Schn. im Wesentlichen unter einer (am ehesten) bipolaren affektiven Störung, die im Zeitpunkt der Untersuchung remittiert war, einer Somatisierungsstörung, akzentuierten Persönlichkeitszügen, DD: einer Persönlichkeitsstörung, den Folgen schädlichen Nikotinkonsums, einem Z.n. multiplem Substanzmittelmissbrauch (abstinent), Gelenkbeschwerden ohne relevante motorische Einschränkungen, einer Urticaria und einer Histaminintoleranz. Darüber hinausgehende nicht nur vorübergehende und akute dauerhafte Erkrankungen, die für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung von Bedeutung wären, sind dagegen nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellbar, auch nicht auf Grund der Aussagen und Berichte behandelnder Ärzte.
Infolge dieser Erkrankungen ist das Leistungsvermögen zwar eingeschränkt, doch kann die Klägerin leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten – ohne Akkordbedingungen, verschärften Zeitdruck, Nachtarbeit, vermehrte Lärmexposition, vermehrte emotionale Belastung oder erhöhtes Konfliktpotential – ca. acht Stunden arbeitstäglich bzw. vollschichtig im Rahmen einer Fünftagewoche verrichten. Dies ergibt sich für den Senat schlüssig und nachvollziehbar aus den insoweit im Wesentlichen übereinstimmenden Gutachten des Dr. Schn. und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Ma ... Sowohl der Gutachter Ma. als auch der Sachverständige Dr. Schn. haben ihre eigenen Untersuchungsbefunde sowie die in den Akten enthaltenen Befundangaben berücksichtigt und gewürdigt. Die Einschätzung ist auch vereinbar mit den Angaben zum Tagesablauf und den erhobenen psychiatrischen Befunden. Zum Tagesablauf hat die Klägerin bei Dr. Schn. angegeben, sie werde morgens zwischen 04.00 Uhr und 05.00 Uhr wach, wenn es gut laufe, in schlechten Phasen werde sie auch früher wach. Sie stehe dann auf, trinke einen Kaffee und setze sich hin und schreibe für drei Stunden, was zu viel in ihrem Kopf sei. Bei guten Tagen gehe sie raus, z.B. ins Schwimmbad. Sie gehe schwimmen, fahre Fahrrad und gehe in der Ebene. Gegen 13.00 Uhr sei sie dann wieder zu Hause und esse zu Mittag. Sie halte einen Mittagsschlaf für eine bis anderthalb Stunden. Ab 17.00 Uhr bis 17.30 Uhr mache sie dann den Haushalt und habe vor allem telefonische Kontakte. Sie könne stundenlang Scrabble machen. Das Einkaufen nehme auch viel Zeit in Anspruch, da sie unter Histaminintoleranz leide. Insgesamt habe sie wenige soziale Kontakte und keine Vereinstätigkeiten. Gegen 20.00 Uhr lege sie sich hin und schaue Fernsehen und benötige dann noch drei bis vier Stunden bis zum Einschlafen. Sie habe auch den H.-Pass und versuche einmal pro Woche eine Veranstaltung zu besuchen, so z.B. eine Theateraufführung. Ein rentenrechtlich relevantes unüberwindbares Rückzugsverhalten kann dem nicht entnommen werden. Zum psychischen Untersuchungsbefund hat Dr. Schn. ausgeführt, die Klägerin wirke altersentsprechend und sei gepflegt und modisch gekleidet. Gestik und Mimik waren bei der Begutachtung angemessen und durchaus lebhaft. In der Untersuchungssituation war die Klägerin auskunftsbereit und kooperativ sowie im interaktionellen Verhalten überwiegend freundlich zugewandt. Die Sprache war regelrecht moduliert und fest. Es fanden sich keine Sprechstörungen. Sprachverständnis und sprachliches Ausdrucksvermögen waren gut, wobei sich die Klägerin differenziert äußerte und auch Fachbegriffe nutzte. Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Auffassung und der Konzentration ergaben sich nicht, auch keine Nachweise von Gedächtnisstörungen oder einer hirnorganisch bedingten psychischen Symptomatik. Der Antrieb war angemessen, eher lebhaft. Eine signifikante Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung lag nicht vor. In der Grundstimmung wirkte die Klägerin in der Gutachtenssituation durchaus ausgeglichen. Die affektive Resonanzfähigkeit war nicht eingeschränkt, das formale Denken nicht verlangsamt und folgerichtig. Es ergaben sich auch keine Hinweise für eine produktiv-psychotische Symptomatik, für Sinnestäuschungen oder Ichstörungen oder sichere dissoziative Störungen. Insgesamt fanden sich Hinweise auf Somatisierungstendenzen. Angesichts dieses Befundes sind die Gutachten auch für den Senat plausibel.
Soweit hiervon abweichend Dr. Ar. und Dr. Fr. von einer weitergehenden und insbesondere zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin ausgehen, findet sich hierfür für den Senat keine überzeugende Begründung. Insbesondere wurde von ihnen die Beschwerdeangabe der Klägerin nicht kritisch hinterfragt, was gerade im Rahmen einer sozialmedizinischen Begutachtung zur Feststellung von Einschränkungen des Leistungsvermögens zwingend erforderlich ist. Im Übrigen ergibt sich für den Senat auch aus den von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen, u.a. die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 24. November 2017 bis 8. Januar 2018, kein Grund, die Beurteilung von Dr. Schn. in Zweifel zu ziehen, und kein Nachweis einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung.
Da die Klägerin somit weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert ist, hat sie auch keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Nachdem das SG zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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