Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RA 225/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 4237/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 253/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 9. September 2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Beginn der dem Kläger von der Beklagten geleisteten Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Der 1941 geborene Kläger verlangt im Zusammenhang mit der rückwirkenden Feststellung eines GdB von 50, ihm die am 12.12.2002 beantragte höhere Rente für schwerbehinderte Menschen schon ab 01.08.2001, dem Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres zu zahlen.
Seit dem 01.08.2001 erhielt der Kläger mit Bescheid vom 31.07.2001 auf seinen Antrag vom 17.05.2001 hin Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Deren Höhe von 1.315,66 Euro errechnete sich nach einem Zugangsfaktor von 0,835, weil kein Fall des § 237 Abs. 4 SGB VI vorlag, da der am 13.07.1941 geborene Kläger den Stichtag vom 14.02.1941 überschritten hatte. Auch hatte er, mit einer Beitragsentrichtung seit November 1955 bis zum 31.07.1996 und anschließender Arbeitslosigkeit, bewertet mit Pflichtbeiträgen und Anrechnungszeiten, keine 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung zurück gelegt.
Bei der Antragstellung am 17.05.2001 mittels Formblattantrag R 100 (Versichertenrente) kennzeichnete der Kläger die Möglichkeit: "Altersrente wegen Arbeitslosigkeit" anstatt der ebenfalls vorgesehenen Option: "Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die als Schwerbehinderte nach § 1 Schwerbehindertengesetz anerkannt sind" - mit dem auf diese Rentenart bezogenen Hinweis "Schwerbehindertenausweis oder Feststellungsbescheid beifügen".
Nach Rentenbeginn wurde dem Kläger auf seinen Antrag vom 19.03.2001 durch Bescheid vom 11.11.2002 des Amtes für Familie und Versorgung (AVF) die Schwerbehinderteneigenschaft rückwirkend ab 01.11.2000 zuerkannt, wohingegen noch mit Bescheid vom 15.05.2001 ein GdB von 30 festgestellt worden war.
Mit Bescheid vom 14.01.2003 erhielt der Kläger von der Beklagten auf seinen Antrag vom 12.12.2002 ab dem 01.12.2002 Altersrente wegen Schwerbehinderung mit einem Zugangsfaktor von 0,952. Diese Rente in Höhe vom 1.402,40 Euro werde vom Antragsmonat an geleistet, weil der Antrag mehr als drei Monate nach Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gestellt worden sei (§ 99 SGB VI). Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er habe bei der früheren Antragstellung deswegen nicht auf sein laufendes Verfahren wegen einer Schwerbehinderung hingewiesen, weil er damals noch keinen entsprechenden Bescheid gehabt habe. Das AVF habe erst nach einem längeren Verwaltungsverfahren rückwirkend die Schwerbehinderung festgestellt. Die Folgen der falschen Feststellungen des AVF müssten dadurch beseitigt werden, dass ihm die Altersrente ohne Abschlag ab 01.08.2001 geleistet werde. Die Beklagte sah keinen Anhaltspunkt für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch und wies den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2003 zurück. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger bei Rentenantragstellung nicht auf das Verfahren beim AVF hingewiesen habe. Die späte Antragstellung im Dezember 2002 gehe zu seinen Lasten.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und wiederholt, wahrheitsgemäß keine Schwerbehinderteneigenschaft angegeben zu haben. Im Formular werde für eine entsprechende Antragstellung ausdrücklich die Anerkennung verlangt. Ein Hinweis, wie bei laufenden Schwerbehindertenangelegenheiten verfahren werden solle, fehle. Die Beklagte hat auf Anfrage des SG vorgetragen, ihren Anträgen ein Erläuterungsblatt (Vordruck R 1000 Blatt 2 Rückseite) beizugeben, in welchem folgender Hinweis enthalten sei: "Sollte die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft zwar beantragt, das anhängige Feststellungsverfahren aber noch nicht abgeschlossen sein, steht dies einer Antragstellung auf Altersrente nicht entgegen".
Am 09.06.2004 hat der Bevollmächtigte des Klägers angeregt, den Bescheid vom 31.07.2001 unter dem Gesichtspunkt des § 44 SGB X zu prüfen. Der örtliche Rentenversicherungsträger würde so verfahren.
Durch Urteil vom 09.09.2004 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.01.2003/Widerspruchsbescheides vom 26.06.2003 verurteilt, dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.08.2001 ohne Abschlag zu zahlen. Denn der Kläger erfülle ab August 2001 die Voraussetzungen für eine Altersrente nach § 236 a SGB VI. Zwar sei ein rechtzeitig gestellter Antrag (§ 19 SGB IV i.V.m. § 115 SGB VI) weitere Leistungsvoraussetzung für diese Rente. Der im Rahmen des Schwerbehindertenverfahrens gestellte Antrag an das Versorgungsamt reiche hierfür nicht aus. Auch sei dieses nicht verpflichtet, auf rechtzeitige Altersrentenanträge hinzuweisen. Dennoch sei dieses Versäumnis letztlich nicht dem Kläger anzulasten, sondern im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs von der Beklagten selbst auszugleichen, weil ein Fehler in der medizinischen Einschätzung des AVF vorgelegen habe und zudem das Rentenantragsformular irreführend sei.
Weiter führt das SG unter Hinweis auf die Kommentierung (KassKomm-Seewald vor §§ 38 bis 47, Anm.3) aus, dass zur Annahme eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs jedes rechtswidrige Verhalten eines Leistungsträgers, also auch wie hier des AVF, genüge. Dessen rechtswidriges Verhalten müsse sich die Beklagte auch zurechnen lassen. Denn zwischen der Rentenversicherung und dem AVF bestehe eine "Funktionseinheit". Durch die Einrichtung der Altersrente wegen Schwerbehinderung seien die beiden Leistungsverfahren und die zuständigen Behörden verknüpft. Zusätzlich ergebe sich die Ausgleichungspflicht der Beklagten auch allein wegen der missverständlichen Ausgestaltung des Rentenantragsformulars einschließlich der beigefügten Erläuterungen. Hier liege ein Verstoß gegen die allgemeine Beratungspflicht sowie die spezielle Hinweispflicht gemäß § 115 Abs.6 SGB VI vor. Durch die gewählte Gestaltung des Formblatts R 100 werde suggeriert, dass nur bei bereits vorhandenem Anerkenntnis der Behinderung eine Antragstellung möglich sei. Der wenig auffällige Hinweis im laufenden Text für den Fall des offenen Schwerbehindertenverfahrens, dass ein noch fehlendes Anerkenntnis einer Antragstellung auf Altersrente nicht entgegenstehe, erfülle weder optisch noch inhaltlich die Hinweispflicht. Korrekt wäre darüber hinaus noch eine Anmerkung erforderlich gewesen, dass eine solche Antragstellung zur Vermeidung von erheblichen Rechtsnachteilen erforderlich sein könnte.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und ein Urteil des LSG Berlin vom 16.06.1999 zu einer vergleichbaren Fragestellung vorgelegt. Ein ihr zurechenbares Fehlverhalten, insbesondere aber auch das Vorliegen einer Funktionseinheit mit der Versorgungsverwaltung, hat sie bestritten. Beide Leistungsträger hätten völlig unterschiedliche Aufgabenbereiche. Im Übrigen hielten die Rentenversicherungsträger in Fällen vorliegender Art bei rechtzeitiger Rentenantragstellung das Verfahren offen. Beim späterem Vor-liegen mehrerer zeitgleicher Rentenansprüche würde dann nach § 89 SGB VI die höhere Rente bezahlt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 09.06.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 14.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2003 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen, der Beklagten und der beigezogenen Akte des AVF Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie hat in der Sache keinen Erfolg.
Mit seinem Urteil vom 09.09.2004 hat das SG im Ergebnis zu Recht die Beklagte zu einer höheren Leistung verurteilt. Zwar ergeben die Entscheidungsgründe des SG eine vom Senat nicht geteilte Rechtsanwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs; die Aufhebung des Bescheids vom 14.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2003 stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar, so dass die Berufung gegen dieses Urteil zurückzuweisen war.
Das SG hat nach Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu Recht den höheren Wert des Rechts des Kläger auf Rente wegen Alters bei Schwerbehinderung mit einem Zugangsfaktor von 1,00 (ohne Abschlag) ab August 2001 festgestellt. Mit Bescheid vom 14.01.2003 bezog der Kläger auf seinen neuen Antrag vom 12.12.2002 Altersrente wegen Schwerbehinderung nach einem Zugangsfaktor von 0,952 (mit 4,8 % Abschlag) seit 01.12.2002. Dieser Anspruch stand ihm aber bereits ab der Vollendung seines 60. Lebensjahres im August 2001 ohne Abschlag zu.
Beim Kläger ist auf seinen Antrag vom 12.12.2002 eine Rangstellenanhebung seines bereits vorhandenen Stammrechts auf Rente wegen Alters eingetreten. Die Rechtsnatur der Beantragung beruht, wie das SG richtig zitiert, auf § 19 SGB IV (bzw. der insoweit identischen Vorschrift von § 115 Abs. 1 SGB VI). Dieser Antrag hat "verfahrensrechtliche" Bedeutung. Er ist als Feststellbarkeitsbedingung eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Feststellung des Rechts auf (höhere) Rente und dadurch (faktisch) eine Erfüllbarkeitsbedingung (vgl. Urteil des BSG vom 02.08.2000, Az.: B 4 RA 54/99 R). Damit durfte und musste die Beklagte auf den neuen Antrag des Klägers vom 12.12.2002 tätig werden. Dieser Antrag löst aber keine eigene Gestaltung des Klägers über seinen eigentumsgleich erworbenenen Rentenanspruch aus. Die Grundentscheidung des Klägers (insoweit wäre § 99 SGB VI einschlägig), vorzeitig aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, war bereits getroffen worden mit seinem durch vorausgegangene Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres begründeten Antrag vom 17.05.2001.
Der Kläger hat aufgrund seiner Entscheidung am 17.05.2001, aus dem Erwerbsleben auszuscheiden (Antrag nach Arbeitslosigkeit), kraft Gesetzes (nicht kraft Verwaltungsentscheidung) ein als sein Eigentum i.S. des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschütztes (Voll-)Recht erworben. Eigentumsgrundrechtlicher Kerngehalt dieses in den inhaltsbestimmenden Normen des Sozialgesetzbuchs Sechster Teil (SGB VI) ausgestalteten versicherungsrechtlichen Rechts ist, soweit es seine leistungsrechtlichen Rechtsfolgen betrifft, die Rechtsmacht, von der deutschen Rentenversicherung monatlich wiederkehrende Geldzahlungen ("Rente") zu verlangen. Aus diesem grundrechtlich geschützten Recht entstehen daher als dessen bestimmungsgemäße Rechtsfrüchte (§ 99 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch ) Monat für Monat jeweils einzelne Zahlungsansprüche (sog Einzelansprüche), und zwar jeweils in Höhe des Wertes des Rechts (verwaltungstechnisch als "Monatsbetrag der Rente" bezeichnet - § 64 SGB VI -). Auch diese Einzelansprüche sind jeweils als solche "Eigentum" der Versicherten i.S. von Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. zu alledem Urteil des BSG vom 02.08.2000 in SozR 3-2600 § 100 Nr. 1). Dieses Recht steht dem Kläger außerdem "kraft Verwaltungsakts" vom 31.07.2001 zu, der weiterhin seine Wirksamkeit entfaltet, da er von der Beklagten nicht zurückgenommen oder widerrufen wurde oder sich sonst wie erledigt hätte (§ 39 Abs. 2 SGB X).
Der Senat schließt sich der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass es sich bei allen Renten wegen Alters um eine Rente handelt, aus den angeführten verfassungsrechtlichen Gründen an. Der für die Angestelltenversicherung zuständige Senat des BSG hat bereits mehrfach entschieden (vgl. u.a. die bereits angeführte Entscheidung vom 02.08.2000), dass auch das SGB VI kei-ne verschiedenartigen Rechte auf Rente wegen Alters eingeführt hat. Danach besteht ein einziges, aber mehrfach begründetes Recht auf die "eine" Rente wegen Alters und damit eine Konkurrenzlage nur auf der Ebene von Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Anspruchsgrundlagen- oder Anspruchsnormenkonkurrenz. Für die verschiedenen "Arten", die zum Überschreiten der Anspruchsschwelle und dadurch zum Eintritt des (einen) Versicherungsfalles des Alters führten, hatten sich zwar - außergesetzlich - verschiedene plakative Bezeichnungen gebildet. Sie knüpften - die rechtlichen Gegebenheiten vereinfachend und daher rechtlich ungenau - an das wirtschaftliche Ergebnis der Rechtsentstehung, die Rente als wiederkehrende Geldzahlung, an und betonten jeweils eine in die Augen fallende besondere Voraussetzung für das Überschreiten der Anspruchsschwelle. So entstanden die jetzt in § 33 Abs. 2 SGB VI gebrauchten Bezeichnungen, die in sozialpolitischer Sprache als "Altersruhegeld-Arten" bekannt sind (wie hier: Altersrente für schwerbehinderte Menschen und Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit). Es gab (und gibt) allerdings nur einen Versicherungsfall des Alters und nur ein Recht auf Rente wegen Alters. Ein weiterer Hinweis auf die Richtigkeit dieser Rechtsansicht ist auch der Sprachgebrauch des Gesetzgebers, der zwar einzelne Rentenarten unterscheidet, hierunter aber die drei Gruppen der Renten wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen Todes versteht (Überschrift des ersten Unterabschnitts im zweiten Abschnitts des Zweiten Kapitels [Leistungen] des SGB VI). Innerhalb der Renten wegen Alters erfolgt eine Zusammenfassung (§ 33 Abs. 2 SGB VI) nur unter dem Begriff der Leistung ("Rente wegen Alters wird geleistet als 1 ..., 2 ..., 3. Altersrente für schwer behinderte Menschen, 4 ..., 5. Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit, 6 ... "), nicht dem diverser Rentenarten oder Versicherungsfälle. Auch hinsichtlich der Hinzuverdienstgrenzen werden die Altersrenten einheitlich behandelt (vgl. § 34 Abs. 2 SGB VI). Auch für den Wechsel der Rentenarten hat der Gesetzgeber von einer Rente wegen Alters gesprochen (§ 34 Abs. 4 SGB VI). Ob durch das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21.07.2004 (RVNG) hieran Zweifel aufkommen könnten (§ 34 Abs. 4 SGB VI spricht nunmehr von verschiedenen Renten wegen Alters) kann der Senat in der zu entscheiden Sache wegen der zeitlichen Geltung des RVNG (§ 300 Abs. 1 SGB VI) dahingestellt sein lassen.
Diese Rechtsprechung ist im Wesentlichen unangefochten. Sie wurde vom 4. Senat des BSG insbesondere unter Bezugnahme auf § 33 SGB VI wiederholt (Urteil vom 09.04.2002, Az.: B 4 RA 58/01 R). Ein weiterer Senat des BSG (Urteil vom 13.11.2002, Az.: B 8 KN 2/01 R in SozR 3-2600 § 115 Nr. 8) hatte keine Veranlassung, eine Klärung dieser Rechtslage durch Anrufung des Großen Senats herbeizuführen bzw. eine Anfrage nach § 41 Abs. 3 Satz 1 SGG an den 4. Senat des BSG zu richten, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhalte. Die von der Literatur geäußerten Zweifel haben keine Stütze in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefunden (vgl. Chojetzki, Stammrechte auf Altersrente und Einzelansprüche hieraus, Anmerkung DRV 2002, 666-670, Gleitze, Recht auf Rente wegen Alters im SGB VI, Anmerkung SGb 2002, 687-688, Mey in DAngVers 2001, 142 und in DAngVers 2002, 137, Stahl, Rentenrechtliche Änderung bei Altersrenten, DRV 2004, 384-392).
Die Beklagte hat sich aber mit dem Bescheid vom 14.01.2003 so verhalten, als ob ein anderes Recht auf Rente wegen Alters entstanden ist. Die Konkurrenz zur bisher bezahlten Leistung wird von der Beklagten zwar gesehen, insofern sie gemäß § 89 Abs. 1 SGB VI ab dem 01.12.2002 die höchste Rente leisten will (vgl. S. 2 des Bescheides vom 14.01.2003) und den Zugangsfaktor der früheren Rente erhöht (§ 77 Abs. 3 Satz 3 SGB VI).
Dabei hat es die Beklagte aber zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dass alle Tatbestandsvoraussetzungen des Rechts aus § 236a SGB VI zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres vorliegen. Das Stammrecht war damit entstanden (vgl. §§ 38, 40 SGB I). Soweit die besonderen Teile dieses Gesetzbuchs keine Regelung enthalten (insbesondere greift hier die Sonderregelung nach § 99 SGB VI nicht, wie im Folgenden dargestellt wird), werden Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen fällig (§ 41 SGB I).
Die vom Kläger beanspruchte Leistung - der Einzelanspruch auf sein "Eigentum" i.S. von Art. 14 Abs. 1 GG - ist gemäß §§ 89, 100 SGB VI ab der Wirksamkeit der Änderung der bereits ent-standenen, von der Beklagten geleisteten Altersrente zu erbringen. Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrem Beginn, wird die Rente in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Änderung wirksam ist. Die Voraussetzungen der vom Kläger seit 01.08.2001 bezogenen Altersrente (damals wegen Arbeitslosigkeit) haben sich durch die Erlangung der Schwerbehinderteneigenschaft geändert. Nach Rentenbeginn wurde dem Kläger auf seinen Antrag vom 19.03.2001 durch Bescheid vom 11.11.2002 des AVF die Schwerbehinderteneigenschaft rückwirkend ab 01.11.2000 zuerkannt, was der Kläger mit Antrag vom 12.12.2002 bei der Beklagten geltend machte. Die Wirksamkeit dieser Feststellung tritt im Hinblick auf § 236a SGB VI frühestens mit Vollendung des 60. Lebensjahres des am 13.07.1941 geborenen Klägers, am 13.07.2001, ein. Sie entfaltet aber auch bereits Rechtswirkung ab diesem Zeitpunkt, weil die Feststellung durch das AVF selbst auf den vom Kläger dort am 19.03.2001 gestellten Antrag zurückzuführen ist, wenn darüber endgültig auch erst durch gerichtlichen Vergleich vom 22.10.2002 eine Regelung erfolgte. An die Stelle des mit dem Bescheid vom 31.07.2001 festgestellten Rentenhöchstwertes tritt rückwirkend für die Bezugszeit ab 01.08.2001 nach §§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X die Berechnung nach § 236a Satz 5 SGB VI (vgl. BSG Urteil vom 09.04.2002 in SozR 3-2600 § 89 Nr. 2).
Damit wird der schon vom Klägerbevollmächtigten im Verfahren beim SG geäußerte Gedanke aufgegriffen, die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 31.07.2001 (dort unter dem Gesichtspunkt von § 44 SGB X) zu überprüfen. Allerdings wird im vorliegenden Falle die Wirksamkeit des Bescheides vom 31.07.2001 an sich nicht infrage gestellt. Es besteht hier zeitlich nebeneinander ein einziges, aber mehrfach begründetes Recht auf die "eine" Rente wegen Alters und damit eine Konkurrenzlage nur auf der Ebene von Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Anspruchsgrundlagen- oder Anspruchsnormenkonkurrenz. Ausgehend davon löst § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB VI das Konkurrenzverhältnis von in Anspruchsnormenkonkurrenz stehenden Altersrententatbeständen dahin auf, dass sich der Wert des Stammrechts für Bezugszeiten ab Eintritt dieser Konkurrenz erhöht, soweit sich aus einer weiteren, später erfüllten Anspruchsgrundlage ein höherer Geldwert (Vergleichswert) ergibt. Damit enthält § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI nach der zutreffenden Ansicht des BSG (a.a.O. Urteil vom 09.04.2002) vor dem Hintergrund des Flexibilisierungskonzepts die nach Art 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG gebotene Rentenwertgarantie. Ist der Vergleichswert höher, hat sich der Geldwert des Stammrechts an diesem maßgeblichen Stichtag materiellrechtlich erhöht. Daher ist die bisherige Rentenhöchstwertfestsetzung in diesem Zeitpunkt rechtswidrig geworden. Damit ist eine wesentliche und für den Versicherten begünstigende Änderung eingetreten. Die allgemeine Regelung für materiellrechtliche Rentenerhöhungen in § 100 Abs. 1 SGB VI, die zu demselben Ergebnis führen würde (BSG SozR 3-2600 § 100 Nr. 1 S. 13), wird kraft Spezialität des § 89 Abs 1 SGB VI insoweit verdrängt. Die Beklagte muss, auch insoweit schließt sich der Senat der zutreffenden Ansicht des BSG (a.a.O. Urteil vom 09.04.2002) an, den (höheren) Vergleichswert als neuen Geldwert des Rechts auf Altersrente für die Zeit ab 01.08.2001 neu feststellen (§ 117 SGB VI) und dementsprechend zahlen. Denn nach materiellem Recht entstehen auch die höheren Einzelansprüche aus dem höheren Geldwert des Stammrechts auf Rente, sobald die Voraussetzungen des § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB VI vorliegen; sie werden zugleich fällig (§§ 40 Abs. 1, 41 SGB I).
Der von der Beklagten als Leistungshindernis angeführte Antragseinwand nach § 99 SGB VI greift aus den angeführten Gründen der schon vom Kläger viel früher vorgenommen Gestaltung seines Rechts auf Altersrente nicht und muss daher auch nicht durch das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs substituiert werden. Im Übrigen bestehen Zweifel am Vorliegen eines solchen Anspruchs. Es trifft zwar zu, dass der Kläger nicht bereits am 17.05.2001 einen Antrag auf Rente als Schwerbehinderter gestellt hat. Insoweit sind seine im entsprechenden Antragsformulare abgegebenen Willenserklärungen eindeutig. Er hat auch beim AVF keinen entsprechenden Antrag gestellt, den dieses gemäß § 16 SGB I hätte weiterleiten müssen. Ebensowenig käme eine Wiedereinsetzung angesichts der Ausschlussfrist des § 99 SGB VI und der erforderlichen schuldlosen Verhinderung an einer rechtzeitige Antragstellung in Betracht. Der Kläger war nicht ohne sein Verschulden gehindert, seinen Anspruch auf Rente für Schwerbehinderte durch Stellung des Antrags bei der Beklagten rechtzeitig geltend zu machen. Dies belegt die eindeutige Einlassung der Beklagten im Klageverfahren. Auch § 28 SGB X kann dem Kläger hier nicht weiter helfen. Danach wirkt ein nachgeholter Antrag zwar bis zu einem Jahr zurück, wenn ein Leistungsberechtigter von der Stellung eines Antrags auf eine Sozialleistung abgesehen hat, weil ein Anspruch auf eine andere Sozialleistung geltend gemacht worden ist und diese Leistung versagt wird. In einem derartigen Alternativverhältnis stehen aber Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz und Rentenansprüche nicht. Im Übrigen setzt § 28 SGB X den Misserfolg der ersten beantragten Leistung voraussetzen, was bei, wenn auch verzögerter, Erlangung der Schwerbehinderteneigenschaft gerade nicht der Fall war. Dasselbe gilt für das Verhältnis von Rente wegen Arbeitslosigkeit und Schwerbehinderung.
Dennoch liegt nach Ansicht des Senats ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht vor. Ein unterlassener Antrag auf Rente wegen Schwerbehinderung kann dadurch nicht ersetzt wer-den. Es fehlt schon an der ersten Grundvoraussetzung eines Herstellungsanspruchs, einer Pflichtverletzung, die der Beklagten zuzurechnen wäre. Der Senat sieht dies weder unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Antragsausgestaltung (Formulare) noch im Unterlassen einer gebotenen Aufforderung zu entsprechenden Antragstellung als gegeben an. Es besteht auch keine funktionelle Zusammenarbeit der Leistungsträger von Feststellungen nach dem Sozialgesetzbuch IX und der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Rechtsfolge gegenseitig zurechenbaren Fehlverhaltens. Zwar kann ein Herstellungsanspruch ggf. auch auf Fehler anderer Behörden gestützt werden, wenn diese in einer Sozialrechtsangelegenheit einen Bürger nicht oder fehlerhaft beraten oder nicht auf naheliegende Gestaltungsmöglichkeiten für einen bestimmten sozialrechtlichen Anspruch hingewiesen haben. Dies setzt jedoch voraus, daß der betreffende Leistungsträger jedenfalls arbeitsteilig bzw. funktionell in den Verwaltungsablauf bzw in die Wahrnehmung der Aufgaben des zuständigen Leistungsträgers eingebunden ist (vgl z.B. BSG SozR 2200 § 1241a Nr. 9; BSGE 57, 288, 290 = SozR 1200 § 14 Nr. 18; Urteil vom 26.01.2000, Az.: B 13 RJ 37/98 R). Die Rechtsprechung des BSG zum Herstellungsanspruch hat daher vom Grundsatz der Verantwortlichkeit nur für die eigenen Fehler eines Sozialleis-tungsträgers Ausnahmen nur für Fallgestaltungen zugelassen, bei denen der fehlerhaft handelnde Leistungsträger mit dem zur Leistung verpflichteten Träger zur gemeinsamen Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe verbunden ist, bei denen eine Mitwirkung und Zusammenarbeit erfordernde Verknüpfung verschiedener Leistungsbereiche oder eine arbeitsteilige Aufteilung einer Aufgabenerfüllung auf mehrere Verwaltungsträger im Sinne einer Funktionseinheit gegeben ist oder bei denen sich aus einem konkreten Verwaltungskontakt zwischen dem Bürger und einem Leistungsträger ein Beratungsbedarf für einen Leistungsbereich außerhalb der Zuständigkeit dieses Leistungsträgers ergibt (Urteil vom 26.04.2005, Az.: B 5 RJ 6/04 R). Daran fehlt es hier. Denn die Rentenversicherungsträger sind nicht so eng mit der Versorgungsverwaltung verbunden, wie es sonst in den vom BSG angenommen Sachverhalten der Fall ist (vgl. Urteil vom 26.04.2005, Az.: B 5 RJ 6/04 R mit Hinweis auf das Zusammenwirken von Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung). Insgesamt verlangt wird eine arbeitsteilige Einbindung der Behörde, der ein Beratungsfehler unterlaufen ist, in den Verwaltungsablauf des Leistungsträgers, der für den Leistungsfall einstehen soll. Bei den verschiedenen Aufgaben von Rentenversicherung und Versorgungsverwaltung hat das BSG beispielsweise die Frage verneint, ob dem Versorgungsträger der unterbliebene Hinweis auf eine mögliche Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz anlässlich der Antragstellung auf Hinterbliebenenrente bei der Rentenversicherung zuzurechnen sei (BSG Urteil vom 15.08.2000, in SozR 3-3100 § 60 Nr. 3). Auch in dem von der Beklagten angeführten Urteil des LSG Berlin vom 16.06.1999 wird kein solcher Zusammenhang gesehen. Die vom SG zum Beleg angeführte Kommentierung enthält nur allgemeine Ausführungen zum Funktionszusammenhang. Ausdrücklich ist dort nur das Versicherungsamt (BSGE 59, 190 = SozR 5750 Art. 2 § 51 a Nr. 63) genannt.
Mit diesem Ergebnis kann es bei dem Urteil des SG bleiben, wonach die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14.01.2003/Widerspruchsbescheides vom 26.06.2003 verurteilt wird, dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.08.2001 ohne Abschlag zu zahlen. Damit ist im Zusammenhang mit dem oben Ausgeführten klargestellt, dass die Beklagte den höheren Vergleichswert als neuen Geldwert des Rechts auf Altersrente zahlen und zur Berechnung schriftlich (§ 117 SGB VI) neu feststellen muss.
Insgesamt hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg und war zurückzuweisen.
Dem Kläger sind auch seine außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG). Die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG ist zwar in der Literatur nicht unangefochten, nicht aber von diesem selbst oder anderen Senaten des BSG verworfen worden. Der Zulassungsgrund der Divergenz i.S. von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt damit nicht vor. Dem Streit um die Einheitlichkeit des Anspruchs auf Altersrente kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Beginn der dem Kläger von der Beklagten geleisteten Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Der 1941 geborene Kläger verlangt im Zusammenhang mit der rückwirkenden Feststellung eines GdB von 50, ihm die am 12.12.2002 beantragte höhere Rente für schwerbehinderte Menschen schon ab 01.08.2001, dem Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres zu zahlen.
Seit dem 01.08.2001 erhielt der Kläger mit Bescheid vom 31.07.2001 auf seinen Antrag vom 17.05.2001 hin Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Deren Höhe von 1.315,66 Euro errechnete sich nach einem Zugangsfaktor von 0,835, weil kein Fall des § 237 Abs. 4 SGB VI vorlag, da der am 13.07.1941 geborene Kläger den Stichtag vom 14.02.1941 überschritten hatte. Auch hatte er, mit einer Beitragsentrichtung seit November 1955 bis zum 31.07.1996 und anschließender Arbeitslosigkeit, bewertet mit Pflichtbeiträgen und Anrechnungszeiten, keine 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung zurück gelegt.
Bei der Antragstellung am 17.05.2001 mittels Formblattantrag R 100 (Versichertenrente) kennzeichnete der Kläger die Möglichkeit: "Altersrente wegen Arbeitslosigkeit" anstatt der ebenfalls vorgesehenen Option: "Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die als Schwerbehinderte nach § 1 Schwerbehindertengesetz anerkannt sind" - mit dem auf diese Rentenart bezogenen Hinweis "Schwerbehindertenausweis oder Feststellungsbescheid beifügen".
Nach Rentenbeginn wurde dem Kläger auf seinen Antrag vom 19.03.2001 durch Bescheid vom 11.11.2002 des Amtes für Familie und Versorgung (AVF) die Schwerbehinderteneigenschaft rückwirkend ab 01.11.2000 zuerkannt, wohingegen noch mit Bescheid vom 15.05.2001 ein GdB von 30 festgestellt worden war.
Mit Bescheid vom 14.01.2003 erhielt der Kläger von der Beklagten auf seinen Antrag vom 12.12.2002 ab dem 01.12.2002 Altersrente wegen Schwerbehinderung mit einem Zugangsfaktor von 0,952. Diese Rente in Höhe vom 1.402,40 Euro werde vom Antragsmonat an geleistet, weil der Antrag mehr als drei Monate nach Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gestellt worden sei (§ 99 SGB VI). Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er habe bei der früheren Antragstellung deswegen nicht auf sein laufendes Verfahren wegen einer Schwerbehinderung hingewiesen, weil er damals noch keinen entsprechenden Bescheid gehabt habe. Das AVF habe erst nach einem längeren Verwaltungsverfahren rückwirkend die Schwerbehinderung festgestellt. Die Folgen der falschen Feststellungen des AVF müssten dadurch beseitigt werden, dass ihm die Altersrente ohne Abschlag ab 01.08.2001 geleistet werde. Die Beklagte sah keinen Anhaltspunkt für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch und wies den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2003 zurück. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger bei Rentenantragstellung nicht auf das Verfahren beim AVF hingewiesen habe. Die späte Antragstellung im Dezember 2002 gehe zu seinen Lasten.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und wiederholt, wahrheitsgemäß keine Schwerbehinderteneigenschaft angegeben zu haben. Im Formular werde für eine entsprechende Antragstellung ausdrücklich die Anerkennung verlangt. Ein Hinweis, wie bei laufenden Schwerbehindertenangelegenheiten verfahren werden solle, fehle. Die Beklagte hat auf Anfrage des SG vorgetragen, ihren Anträgen ein Erläuterungsblatt (Vordruck R 1000 Blatt 2 Rückseite) beizugeben, in welchem folgender Hinweis enthalten sei: "Sollte die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft zwar beantragt, das anhängige Feststellungsverfahren aber noch nicht abgeschlossen sein, steht dies einer Antragstellung auf Altersrente nicht entgegen".
Am 09.06.2004 hat der Bevollmächtigte des Klägers angeregt, den Bescheid vom 31.07.2001 unter dem Gesichtspunkt des § 44 SGB X zu prüfen. Der örtliche Rentenversicherungsträger würde so verfahren.
Durch Urteil vom 09.09.2004 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.01.2003/Widerspruchsbescheides vom 26.06.2003 verurteilt, dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.08.2001 ohne Abschlag zu zahlen. Denn der Kläger erfülle ab August 2001 die Voraussetzungen für eine Altersrente nach § 236 a SGB VI. Zwar sei ein rechtzeitig gestellter Antrag (§ 19 SGB IV i.V.m. § 115 SGB VI) weitere Leistungsvoraussetzung für diese Rente. Der im Rahmen des Schwerbehindertenverfahrens gestellte Antrag an das Versorgungsamt reiche hierfür nicht aus. Auch sei dieses nicht verpflichtet, auf rechtzeitige Altersrentenanträge hinzuweisen. Dennoch sei dieses Versäumnis letztlich nicht dem Kläger anzulasten, sondern im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs von der Beklagten selbst auszugleichen, weil ein Fehler in der medizinischen Einschätzung des AVF vorgelegen habe und zudem das Rentenantragsformular irreführend sei.
Weiter führt das SG unter Hinweis auf die Kommentierung (KassKomm-Seewald vor §§ 38 bis 47, Anm.3) aus, dass zur Annahme eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs jedes rechtswidrige Verhalten eines Leistungsträgers, also auch wie hier des AVF, genüge. Dessen rechtswidriges Verhalten müsse sich die Beklagte auch zurechnen lassen. Denn zwischen der Rentenversicherung und dem AVF bestehe eine "Funktionseinheit". Durch die Einrichtung der Altersrente wegen Schwerbehinderung seien die beiden Leistungsverfahren und die zuständigen Behörden verknüpft. Zusätzlich ergebe sich die Ausgleichungspflicht der Beklagten auch allein wegen der missverständlichen Ausgestaltung des Rentenantragsformulars einschließlich der beigefügten Erläuterungen. Hier liege ein Verstoß gegen die allgemeine Beratungspflicht sowie die spezielle Hinweispflicht gemäß § 115 Abs.6 SGB VI vor. Durch die gewählte Gestaltung des Formblatts R 100 werde suggeriert, dass nur bei bereits vorhandenem Anerkenntnis der Behinderung eine Antragstellung möglich sei. Der wenig auffällige Hinweis im laufenden Text für den Fall des offenen Schwerbehindertenverfahrens, dass ein noch fehlendes Anerkenntnis einer Antragstellung auf Altersrente nicht entgegenstehe, erfülle weder optisch noch inhaltlich die Hinweispflicht. Korrekt wäre darüber hinaus noch eine Anmerkung erforderlich gewesen, dass eine solche Antragstellung zur Vermeidung von erheblichen Rechtsnachteilen erforderlich sein könnte.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und ein Urteil des LSG Berlin vom 16.06.1999 zu einer vergleichbaren Fragestellung vorgelegt. Ein ihr zurechenbares Fehlverhalten, insbesondere aber auch das Vorliegen einer Funktionseinheit mit der Versorgungsverwaltung, hat sie bestritten. Beide Leistungsträger hätten völlig unterschiedliche Aufgabenbereiche. Im Übrigen hielten die Rentenversicherungsträger in Fällen vorliegender Art bei rechtzeitiger Rentenantragstellung das Verfahren offen. Beim späterem Vor-liegen mehrerer zeitgleicher Rentenansprüche würde dann nach § 89 SGB VI die höhere Rente bezahlt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 09.06.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 14.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2003 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen, der Beklagten und der beigezogenen Akte des AVF Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie hat in der Sache keinen Erfolg.
Mit seinem Urteil vom 09.09.2004 hat das SG im Ergebnis zu Recht die Beklagte zu einer höheren Leistung verurteilt. Zwar ergeben die Entscheidungsgründe des SG eine vom Senat nicht geteilte Rechtsanwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs; die Aufhebung des Bescheids vom 14.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2003 stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar, so dass die Berufung gegen dieses Urteil zurückzuweisen war.
Das SG hat nach Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu Recht den höheren Wert des Rechts des Kläger auf Rente wegen Alters bei Schwerbehinderung mit einem Zugangsfaktor von 1,00 (ohne Abschlag) ab August 2001 festgestellt. Mit Bescheid vom 14.01.2003 bezog der Kläger auf seinen neuen Antrag vom 12.12.2002 Altersrente wegen Schwerbehinderung nach einem Zugangsfaktor von 0,952 (mit 4,8 % Abschlag) seit 01.12.2002. Dieser Anspruch stand ihm aber bereits ab der Vollendung seines 60. Lebensjahres im August 2001 ohne Abschlag zu.
Beim Kläger ist auf seinen Antrag vom 12.12.2002 eine Rangstellenanhebung seines bereits vorhandenen Stammrechts auf Rente wegen Alters eingetreten. Die Rechtsnatur der Beantragung beruht, wie das SG richtig zitiert, auf § 19 SGB IV (bzw. der insoweit identischen Vorschrift von § 115 Abs. 1 SGB VI). Dieser Antrag hat "verfahrensrechtliche" Bedeutung. Er ist als Feststellbarkeitsbedingung eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Feststellung des Rechts auf (höhere) Rente und dadurch (faktisch) eine Erfüllbarkeitsbedingung (vgl. Urteil des BSG vom 02.08.2000, Az.: B 4 RA 54/99 R). Damit durfte und musste die Beklagte auf den neuen Antrag des Klägers vom 12.12.2002 tätig werden. Dieser Antrag löst aber keine eigene Gestaltung des Klägers über seinen eigentumsgleich erworbenenen Rentenanspruch aus. Die Grundentscheidung des Klägers (insoweit wäre § 99 SGB VI einschlägig), vorzeitig aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, war bereits getroffen worden mit seinem durch vorausgegangene Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres begründeten Antrag vom 17.05.2001.
Der Kläger hat aufgrund seiner Entscheidung am 17.05.2001, aus dem Erwerbsleben auszuscheiden (Antrag nach Arbeitslosigkeit), kraft Gesetzes (nicht kraft Verwaltungsentscheidung) ein als sein Eigentum i.S. des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschütztes (Voll-)Recht erworben. Eigentumsgrundrechtlicher Kerngehalt dieses in den inhaltsbestimmenden Normen des Sozialgesetzbuchs Sechster Teil (SGB VI) ausgestalteten versicherungsrechtlichen Rechts ist, soweit es seine leistungsrechtlichen Rechtsfolgen betrifft, die Rechtsmacht, von der deutschen Rentenversicherung monatlich wiederkehrende Geldzahlungen ("Rente") zu verlangen. Aus diesem grundrechtlich geschützten Recht entstehen daher als dessen bestimmungsgemäße Rechtsfrüchte (§ 99 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch ) Monat für Monat jeweils einzelne Zahlungsansprüche (sog Einzelansprüche), und zwar jeweils in Höhe des Wertes des Rechts (verwaltungstechnisch als "Monatsbetrag der Rente" bezeichnet - § 64 SGB VI -). Auch diese Einzelansprüche sind jeweils als solche "Eigentum" der Versicherten i.S. von Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. zu alledem Urteil des BSG vom 02.08.2000 in SozR 3-2600 § 100 Nr. 1). Dieses Recht steht dem Kläger außerdem "kraft Verwaltungsakts" vom 31.07.2001 zu, der weiterhin seine Wirksamkeit entfaltet, da er von der Beklagten nicht zurückgenommen oder widerrufen wurde oder sich sonst wie erledigt hätte (§ 39 Abs. 2 SGB X).
Der Senat schließt sich der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass es sich bei allen Renten wegen Alters um eine Rente handelt, aus den angeführten verfassungsrechtlichen Gründen an. Der für die Angestelltenversicherung zuständige Senat des BSG hat bereits mehrfach entschieden (vgl. u.a. die bereits angeführte Entscheidung vom 02.08.2000), dass auch das SGB VI kei-ne verschiedenartigen Rechte auf Rente wegen Alters eingeführt hat. Danach besteht ein einziges, aber mehrfach begründetes Recht auf die "eine" Rente wegen Alters und damit eine Konkurrenzlage nur auf der Ebene von Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Anspruchsgrundlagen- oder Anspruchsnormenkonkurrenz. Für die verschiedenen "Arten", die zum Überschreiten der Anspruchsschwelle und dadurch zum Eintritt des (einen) Versicherungsfalles des Alters führten, hatten sich zwar - außergesetzlich - verschiedene plakative Bezeichnungen gebildet. Sie knüpften - die rechtlichen Gegebenheiten vereinfachend und daher rechtlich ungenau - an das wirtschaftliche Ergebnis der Rechtsentstehung, die Rente als wiederkehrende Geldzahlung, an und betonten jeweils eine in die Augen fallende besondere Voraussetzung für das Überschreiten der Anspruchsschwelle. So entstanden die jetzt in § 33 Abs. 2 SGB VI gebrauchten Bezeichnungen, die in sozialpolitischer Sprache als "Altersruhegeld-Arten" bekannt sind (wie hier: Altersrente für schwerbehinderte Menschen und Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit). Es gab (und gibt) allerdings nur einen Versicherungsfall des Alters und nur ein Recht auf Rente wegen Alters. Ein weiterer Hinweis auf die Richtigkeit dieser Rechtsansicht ist auch der Sprachgebrauch des Gesetzgebers, der zwar einzelne Rentenarten unterscheidet, hierunter aber die drei Gruppen der Renten wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen Todes versteht (Überschrift des ersten Unterabschnitts im zweiten Abschnitts des Zweiten Kapitels [Leistungen] des SGB VI). Innerhalb der Renten wegen Alters erfolgt eine Zusammenfassung (§ 33 Abs. 2 SGB VI) nur unter dem Begriff der Leistung ("Rente wegen Alters wird geleistet als 1 ..., 2 ..., 3. Altersrente für schwer behinderte Menschen, 4 ..., 5. Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit, 6 ... "), nicht dem diverser Rentenarten oder Versicherungsfälle. Auch hinsichtlich der Hinzuverdienstgrenzen werden die Altersrenten einheitlich behandelt (vgl. § 34 Abs. 2 SGB VI). Auch für den Wechsel der Rentenarten hat der Gesetzgeber von einer Rente wegen Alters gesprochen (§ 34 Abs. 4 SGB VI). Ob durch das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21.07.2004 (RVNG) hieran Zweifel aufkommen könnten (§ 34 Abs. 4 SGB VI spricht nunmehr von verschiedenen Renten wegen Alters) kann der Senat in der zu entscheiden Sache wegen der zeitlichen Geltung des RVNG (§ 300 Abs. 1 SGB VI) dahingestellt sein lassen.
Diese Rechtsprechung ist im Wesentlichen unangefochten. Sie wurde vom 4. Senat des BSG insbesondere unter Bezugnahme auf § 33 SGB VI wiederholt (Urteil vom 09.04.2002, Az.: B 4 RA 58/01 R). Ein weiterer Senat des BSG (Urteil vom 13.11.2002, Az.: B 8 KN 2/01 R in SozR 3-2600 § 115 Nr. 8) hatte keine Veranlassung, eine Klärung dieser Rechtslage durch Anrufung des Großen Senats herbeizuführen bzw. eine Anfrage nach § 41 Abs. 3 Satz 1 SGG an den 4. Senat des BSG zu richten, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhalte. Die von der Literatur geäußerten Zweifel haben keine Stütze in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefunden (vgl. Chojetzki, Stammrechte auf Altersrente und Einzelansprüche hieraus, Anmerkung DRV 2002, 666-670, Gleitze, Recht auf Rente wegen Alters im SGB VI, Anmerkung SGb 2002, 687-688, Mey in DAngVers 2001, 142 und in DAngVers 2002, 137, Stahl, Rentenrechtliche Änderung bei Altersrenten, DRV 2004, 384-392).
Die Beklagte hat sich aber mit dem Bescheid vom 14.01.2003 so verhalten, als ob ein anderes Recht auf Rente wegen Alters entstanden ist. Die Konkurrenz zur bisher bezahlten Leistung wird von der Beklagten zwar gesehen, insofern sie gemäß § 89 Abs. 1 SGB VI ab dem 01.12.2002 die höchste Rente leisten will (vgl. S. 2 des Bescheides vom 14.01.2003) und den Zugangsfaktor der früheren Rente erhöht (§ 77 Abs. 3 Satz 3 SGB VI).
Dabei hat es die Beklagte aber zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dass alle Tatbestandsvoraussetzungen des Rechts aus § 236a SGB VI zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres vorliegen. Das Stammrecht war damit entstanden (vgl. §§ 38, 40 SGB I). Soweit die besonderen Teile dieses Gesetzbuchs keine Regelung enthalten (insbesondere greift hier die Sonderregelung nach § 99 SGB VI nicht, wie im Folgenden dargestellt wird), werden Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen fällig (§ 41 SGB I).
Die vom Kläger beanspruchte Leistung - der Einzelanspruch auf sein "Eigentum" i.S. von Art. 14 Abs. 1 GG - ist gemäß §§ 89, 100 SGB VI ab der Wirksamkeit der Änderung der bereits ent-standenen, von der Beklagten geleisteten Altersrente zu erbringen. Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrem Beginn, wird die Rente in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Änderung wirksam ist. Die Voraussetzungen der vom Kläger seit 01.08.2001 bezogenen Altersrente (damals wegen Arbeitslosigkeit) haben sich durch die Erlangung der Schwerbehinderteneigenschaft geändert. Nach Rentenbeginn wurde dem Kläger auf seinen Antrag vom 19.03.2001 durch Bescheid vom 11.11.2002 des AVF die Schwerbehinderteneigenschaft rückwirkend ab 01.11.2000 zuerkannt, was der Kläger mit Antrag vom 12.12.2002 bei der Beklagten geltend machte. Die Wirksamkeit dieser Feststellung tritt im Hinblick auf § 236a SGB VI frühestens mit Vollendung des 60. Lebensjahres des am 13.07.1941 geborenen Klägers, am 13.07.2001, ein. Sie entfaltet aber auch bereits Rechtswirkung ab diesem Zeitpunkt, weil die Feststellung durch das AVF selbst auf den vom Kläger dort am 19.03.2001 gestellten Antrag zurückzuführen ist, wenn darüber endgültig auch erst durch gerichtlichen Vergleich vom 22.10.2002 eine Regelung erfolgte. An die Stelle des mit dem Bescheid vom 31.07.2001 festgestellten Rentenhöchstwertes tritt rückwirkend für die Bezugszeit ab 01.08.2001 nach §§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X die Berechnung nach § 236a Satz 5 SGB VI (vgl. BSG Urteil vom 09.04.2002 in SozR 3-2600 § 89 Nr. 2).
Damit wird der schon vom Klägerbevollmächtigten im Verfahren beim SG geäußerte Gedanke aufgegriffen, die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 31.07.2001 (dort unter dem Gesichtspunkt von § 44 SGB X) zu überprüfen. Allerdings wird im vorliegenden Falle die Wirksamkeit des Bescheides vom 31.07.2001 an sich nicht infrage gestellt. Es besteht hier zeitlich nebeneinander ein einziges, aber mehrfach begründetes Recht auf die "eine" Rente wegen Alters und damit eine Konkurrenzlage nur auf der Ebene von Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Anspruchsgrundlagen- oder Anspruchsnormenkonkurrenz. Ausgehend davon löst § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB VI das Konkurrenzverhältnis von in Anspruchsnormenkonkurrenz stehenden Altersrententatbeständen dahin auf, dass sich der Wert des Stammrechts für Bezugszeiten ab Eintritt dieser Konkurrenz erhöht, soweit sich aus einer weiteren, später erfüllten Anspruchsgrundlage ein höherer Geldwert (Vergleichswert) ergibt. Damit enthält § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI nach der zutreffenden Ansicht des BSG (a.a.O. Urteil vom 09.04.2002) vor dem Hintergrund des Flexibilisierungskonzepts die nach Art 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG gebotene Rentenwertgarantie. Ist der Vergleichswert höher, hat sich der Geldwert des Stammrechts an diesem maßgeblichen Stichtag materiellrechtlich erhöht. Daher ist die bisherige Rentenhöchstwertfestsetzung in diesem Zeitpunkt rechtswidrig geworden. Damit ist eine wesentliche und für den Versicherten begünstigende Änderung eingetreten. Die allgemeine Regelung für materiellrechtliche Rentenerhöhungen in § 100 Abs. 1 SGB VI, die zu demselben Ergebnis führen würde (BSG SozR 3-2600 § 100 Nr. 1 S. 13), wird kraft Spezialität des § 89 Abs 1 SGB VI insoweit verdrängt. Die Beklagte muss, auch insoweit schließt sich der Senat der zutreffenden Ansicht des BSG (a.a.O. Urteil vom 09.04.2002) an, den (höheren) Vergleichswert als neuen Geldwert des Rechts auf Altersrente für die Zeit ab 01.08.2001 neu feststellen (§ 117 SGB VI) und dementsprechend zahlen. Denn nach materiellem Recht entstehen auch die höheren Einzelansprüche aus dem höheren Geldwert des Stammrechts auf Rente, sobald die Voraussetzungen des § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB VI vorliegen; sie werden zugleich fällig (§§ 40 Abs. 1, 41 SGB I).
Der von der Beklagten als Leistungshindernis angeführte Antragseinwand nach § 99 SGB VI greift aus den angeführten Gründen der schon vom Kläger viel früher vorgenommen Gestaltung seines Rechts auf Altersrente nicht und muss daher auch nicht durch das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs substituiert werden. Im Übrigen bestehen Zweifel am Vorliegen eines solchen Anspruchs. Es trifft zwar zu, dass der Kläger nicht bereits am 17.05.2001 einen Antrag auf Rente als Schwerbehinderter gestellt hat. Insoweit sind seine im entsprechenden Antragsformulare abgegebenen Willenserklärungen eindeutig. Er hat auch beim AVF keinen entsprechenden Antrag gestellt, den dieses gemäß § 16 SGB I hätte weiterleiten müssen. Ebensowenig käme eine Wiedereinsetzung angesichts der Ausschlussfrist des § 99 SGB VI und der erforderlichen schuldlosen Verhinderung an einer rechtzeitige Antragstellung in Betracht. Der Kläger war nicht ohne sein Verschulden gehindert, seinen Anspruch auf Rente für Schwerbehinderte durch Stellung des Antrags bei der Beklagten rechtzeitig geltend zu machen. Dies belegt die eindeutige Einlassung der Beklagten im Klageverfahren. Auch § 28 SGB X kann dem Kläger hier nicht weiter helfen. Danach wirkt ein nachgeholter Antrag zwar bis zu einem Jahr zurück, wenn ein Leistungsberechtigter von der Stellung eines Antrags auf eine Sozialleistung abgesehen hat, weil ein Anspruch auf eine andere Sozialleistung geltend gemacht worden ist und diese Leistung versagt wird. In einem derartigen Alternativverhältnis stehen aber Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz und Rentenansprüche nicht. Im Übrigen setzt § 28 SGB X den Misserfolg der ersten beantragten Leistung voraussetzen, was bei, wenn auch verzögerter, Erlangung der Schwerbehinderteneigenschaft gerade nicht der Fall war. Dasselbe gilt für das Verhältnis von Rente wegen Arbeitslosigkeit und Schwerbehinderung.
Dennoch liegt nach Ansicht des Senats ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht vor. Ein unterlassener Antrag auf Rente wegen Schwerbehinderung kann dadurch nicht ersetzt wer-den. Es fehlt schon an der ersten Grundvoraussetzung eines Herstellungsanspruchs, einer Pflichtverletzung, die der Beklagten zuzurechnen wäre. Der Senat sieht dies weder unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Antragsausgestaltung (Formulare) noch im Unterlassen einer gebotenen Aufforderung zu entsprechenden Antragstellung als gegeben an. Es besteht auch keine funktionelle Zusammenarbeit der Leistungsträger von Feststellungen nach dem Sozialgesetzbuch IX und der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Rechtsfolge gegenseitig zurechenbaren Fehlverhaltens. Zwar kann ein Herstellungsanspruch ggf. auch auf Fehler anderer Behörden gestützt werden, wenn diese in einer Sozialrechtsangelegenheit einen Bürger nicht oder fehlerhaft beraten oder nicht auf naheliegende Gestaltungsmöglichkeiten für einen bestimmten sozialrechtlichen Anspruch hingewiesen haben. Dies setzt jedoch voraus, daß der betreffende Leistungsträger jedenfalls arbeitsteilig bzw. funktionell in den Verwaltungsablauf bzw in die Wahrnehmung der Aufgaben des zuständigen Leistungsträgers eingebunden ist (vgl z.B. BSG SozR 2200 § 1241a Nr. 9; BSGE 57, 288, 290 = SozR 1200 § 14 Nr. 18; Urteil vom 26.01.2000, Az.: B 13 RJ 37/98 R). Die Rechtsprechung des BSG zum Herstellungsanspruch hat daher vom Grundsatz der Verantwortlichkeit nur für die eigenen Fehler eines Sozialleis-tungsträgers Ausnahmen nur für Fallgestaltungen zugelassen, bei denen der fehlerhaft handelnde Leistungsträger mit dem zur Leistung verpflichteten Träger zur gemeinsamen Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe verbunden ist, bei denen eine Mitwirkung und Zusammenarbeit erfordernde Verknüpfung verschiedener Leistungsbereiche oder eine arbeitsteilige Aufteilung einer Aufgabenerfüllung auf mehrere Verwaltungsträger im Sinne einer Funktionseinheit gegeben ist oder bei denen sich aus einem konkreten Verwaltungskontakt zwischen dem Bürger und einem Leistungsträger ein Beratungsbedarf für einen Leistungsbereich außerhalb der Zuständigkeit dieses Leistungsträgers ergibt (Urteil vom 26.04.2005, Az.: B 5 RJ 6/04 R). Daran fehlt es hier. Denn die Rentenversicherungsträger sind nicht so eng mit der Versorgungsverwaltung verbunden, wie es sonst in den vom BSG angenommen Sachverhalten der Fall ist (vgl. Urteil vom 26.04.2005, Az.: B 5 RJ 6/04 R mit Hinweis auf das Zusammenwirken von Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung). Insgesamt verlangt wird eine arbeitsteilige Einbindung der Behörde, der ein Beratungsfehler unterlaufen ist, in den Verwaltungsablauf des Leistungsträgers, der für den Leistungsfall einstehen soll. Bei den verschiedenen Aufgaben von Rentenversicherung und Versorgungsverwaltung hat das BSG beispielsweise die Frage verneint, ob dem Versorgungsträger der unterbliebene Hinweis auf eine mögliche Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz anlässlich der Antragstellung auf Hinterbliebenenrente bei der Rentenversicherung zuzurechnen sei (BSG Urteil vom 15.08.2000, in SozR 3-3100 § 60 Nr. 3). Auch in dem von der Beklagten angeführten Urteil des LSG Berlin vom 16.06.1999 wird kein solcher Zusammenhang gesehen. Die vom SG zum Beleg angeführte Kommentierung enthält nur allgemeine Ausführungen zum Funktionszusammenhang. Ausdrücklich ist dort nur das Versicherungsamt (BSGE 59, 190 = SozR 5750 Art. 2 § 51 a Nr. 63) genannt.
Mit diesem Ergebnis kann es bei dem Urteil des SG bleiben, wonach die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14.01.2003/Widerspruchsbescheides vom 26.06.2003 verurteilt wird, dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.08.2001 ohne Abschlag zu zahlen. Damit ist im Zusammenhang mit dem oben Ausgeführten klargestellt, dass die Beklagte den höheren Vergleichswert als neuen Geldwert des Rechts auf Altersrente zahlen und zur Berechnung schriftlich (§ 117 SGB VI) neu feststellen muss.
Insgesamt hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg und war zurückzuweisen.
Dem Kläger sind auch seine außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG). Die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG ist zwar in der Literatur nicht unangefochten, nicht aber von diesem selbst oder anderen Senaten des BSG verworfen worden. Der Zulassungsgrund der Divergenz i.S. von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt damit nicht vor. Dem Streit um die Einheitlichkeit des Anspruchs auf Altersrente kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved