L 7 R 2654/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 389/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 2654/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Mai 2004 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. März 2001; vornehmlich umstritten ist, ob dafür die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Die am 1951 in B. /Türkei geborene und in I. aufgewachsene Klägerin hat in ihrer Heimat nach ihren Angaben von 1965 bis 1969 an einer Abendschule den Beruf der Damenschneiderin erlernt; von Mitte Dezember 1970 bis zu ihrer Ausreise arbeitete sie als Näherin bei einem Hersteller für Brautmoden. Im April 1971 gelangte die Klägerin in das Bundesgebiet, wo sie zunächst als Näherin in einer Damenmäntelfabrik und danach bis zur Geburt der ersten Tochter (C. , geb. 1973) als Schichtarbeiterin in einer Gummiwarenfabrik beschäftigt war. Ab Februar 1974 war die Klägerin zunächst nochmals als Näherin bei ihrem ersten Arbeitgeber eingestellt und sodann bis August 1980 - unterbrochen durch die Geburt der zweiten Tochter (N. , geb. 1976) - in der Gummiwarenfabrik. Danach ging sie wegen der Erziehung dieser sowie zwischenzeitlich geborener weiterer zwei Kinder (Na. , geb. 1981, A. , geb. 1983) zunächst keiner Erwerbstätigkeit nach. Zuletzt war die Klägerin vom 1. Juli 1983 bis 30. November 1985 sowie wieder ab 2. Januar 1986 bei der Firma Al. , J. , als Heimarbeiterin in der Montage von Fahrradbremsen eingesetzt; das Arbeitsverhältnis endete aufgrund des Konkurses der Firma im Jahre 1991, wobei Pflichtbeiträge aus der versicherten Beschäftigung letztmals für den 1. September 1991 entrichtet worden sind. Ab 2. September 1991 bestand Arbeitsunfähigkeit (Bezug von Krankengeld vom 3. September 1991 bis 17. August 1992); im Zeitraum vom 19. August 1992 bis 22. Februar 1997 erhielt die Klägerin mit geringen Unterbrechungen (22. Juli bis 11. August 1993, 2. Juli bis 22. August 1994, 26. Juli bis 11. September 1995, 31. Juli bis 8. September 1996) Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, und zwar zuletzt Arbeitslosenhilfe (Alhi). Danach sind im Versicherungsverlauf nur noch Zeiten einer Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vom 20. Juli bis 7. August 2000 sowie einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung vom 1. Oktober 2000 bis 31. Dezember 2002 vermerkt; insoweit war die Klägerin ihren Angaben zufolge etwa zwei bis drei Stunden täglich bei der Familie H. in J. als Hausangestellte tätig gewesen. Seit September 1994 gewährt der türkische Versicherungsträger der Klägerin eine Teilaltersrente.

Nach einer ersten ambulanten Vorstellung in der Rheumaklinik Bad S. im November 1991 wegen wechselnder Beschwerden im Bereich des Bewegungsapparats war die Klägerin in dieser Klinik vom 25. Juni bis 23. Juli 1992 stationär aufgenommen; diagnostiziert wurde eine generalisierte Tendomyopathie (Berichte des Internisten/Rheumatologen Dr. S. vom 15. November 1991 und 23. Juli 1992). Am 21. und 28. April 1993 erfolgten wegen eines retrosternalen Druckgefühls sowie Magenschmerzen ambulante Vorstellungen bei dem Internisten Dr. K. , welcher funktionelle Dyskardien bei Erschöpfungssyndrom sowie Gastralgien ohne Nachweis eines floriden Ulcus bei unauffälligem Oberbauchsonographiebefund diagnostizierte (Bericht vom 29. April 1993). In der Zeit vom 30. November bis 6. Dezember 1999 befand sich die Klägerin zur Abklärung rezidivierend auftretender Schwindelgefühle in stationärer Behandlung in der I. Medizinischen Klinik des H. -Klinikums in Si. , wobei eine Helicobacter pylori-positive Gastritis sowie Schwindel bei Hypotonieneigung diagnostiziert, dagegen eine neurokardiale Fehlreaktion ausgeschlossen, ferner die von der Klägerin angegebenen Durchschlafstörungen im Rahmen eines psychiatrischen Konsiliums durch eine neurologisch-psychiatrische Erkrankung nicht erklärt werden konnten (vgl. Bericht des Chefarztes Dr. Kl. vom 5. Januar 2000). Im Juli 2000 musste wegen einer Ovarialzyste ein Eierstock entfernt werden.

Einen ersten Rentenantrag hatte die Klägerin am 30. August 1994 gestellt, den sie mit Schmerzen in den Händen sowie im Bereich der Schultern seit 1990 begründete. Die Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken (LVA) ließ die Klägerin durch Ärztin für Allgemeinmedizin/Sozialmedizin Dr. St. untersuchen, welche die Klägerin im Gutachten vom 20. Oktober 1994 - bei diagnostizierten funktionellen Gelenkbeschwerden - im erlernten Beruf der Schneiderin sowie für körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig leistungsfähig hielt. Darauf lehnte die LVA den Rentenantrag durch Bescheid vom 1. Dezember 1994 ab; diesen Bescheid focht die Klägerin nicht an.

Am 26. März 2001 stellte die Klägerin den hier streitgegenständlichen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, wobei sie zur Begründung ein seit Januar 1990 bestehendes Rheuma angab. Die LVA veranlasste erneut eine gutachtliche Untersuchung durch Dr. St. ; im Gutachten vom 30. Juli 2001 kam die Ärztin (Diagnosen: rezidivierende Lumbalgien bei Hohlkreuz, Neigung zu niedrigem Blutdruck) erneut zum Ergebnis, dass die Klägerin körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten könne. Medizinaloberrätin Dr. D. schloss sich in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 9. August 2001 dieser Einschätzung insoweit an, als sie jedenfalls körperlich leichte Arbeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen in temperierten Räumen noch mehr als sechs Stunden täglich für zumutbar erachtete, wobei Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, Tätigkeiten mit Eigen- oder Fremdgefährdung sowie eine Exposition gegenüber Hautreizstoffen zu vermeiden seien. Mit Bescheid vom 21. August 2001 lehnte die LVA darauf den Rentenantrag ab, weil bei der Klägerin weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung noch Berufsunfähigkeit vorliege und zudem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht gegeben seien. Mit ihrem Widerspruch vertrat die Klägerin unter Vorlage einer Bescheinigung ihres Hausarztes Dr. A. vom 6. September 2001 die Auffassung, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wegen eines fünf Jahre zurückliegenden Krankheitsbeginns erfüllt seien. Nach Einholung der beratungsärztlichen Stellungnahme des Medizinaldirektors Dr. L. vom 2. Oktober 2001 erging unter dem 12. Dezember 2001 der zurückweisende Widerspruchsbescheid, weil die Klägerin mit dem vorhandenen Leistungsvermögen unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne und im Übrigen ein Rentenanspruch mangels Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch dann nicht bestünde, wenn von einer Erwerbsminderung ab Antragstellung auszugehen wäre.

Entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung hat die Klägerin am 27. Dezember 2001 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 4. Februar 2002 an das Sozialgericht Freiburg (SG) verwiesen hat. Die Klägerin u.a. hat die Arztbriefe des Neurologen und Psychiaters Dr. M. vom 15. April 2002 und des Orthopäden Dr. T. vom 27. Mai 2002 sowie außerdem ein in ihrem Auftrag von Dr. H. , Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie, erstelltes Gutachten vom 14. August 2002 zu den Akten gereicht; darin hat der Arzt, der die Klägerin seit 17. Januar 2002 behandelt hat, bei den Diagnosen einer depressiven Entwicklung bei asthenischer Persönlichkeit, einer Angststörung mit Panikattacken sowie einer somatoformen Schmerzstörung - die Auffassung vertreten, dass die Restleistungsfähigkeit der Klägerin für körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf weniger als drei Stunden täglich einzustufen sei, wobei die anhaltende schwere psychische Erkrankung bereits vor 1993 bestanden habe. Die Beklagte hat daraufhin die Klägerin im Schriftsatz vom 26. September 2002 unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme der Psychiaterin Medizinaldirektorin Dr. F. vom 19. September 2002 seit 26. März 2001 für nur noch unter drei Stunden täglich einsatzfähig erachtet, einen Rentenanspruch indes verneint, weil bei einem Eintritt des Leistungsfalls zu diesem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Das SG hat anschließend Dr. A. als sachverständigen Zeugen schriftlich gehört; der Hausarzt hat eine vollschichtige Tätigkeit seit mindestens 1995 nicht mehr für möglich erachtet (Schreiben vom 7. November 2002). Dieser Einschätzung ist die Beklagte unter Einreichung der Stellungnahme des Ltd. Medizinaldirektors Dr. Sc. vom 25. November 2002 entgegengetreten. Das SG hat darauf Ärztin für Psychiatrie/Psychotherapie/Psychoanalyse Ö. zur Sachverständigen bestellt. Im Gutachten vom 18. Mai 2003 hat die Ärztin eine vorwiegend psychosomatisch abgewehrte schwere Depression, einen psychosomatischen Symptomenkomplex mit multiplen Muskel- und Gelenkschmerzen, Dyskardien, Globusgefühl, Gastralgien sowie eine abhängige Persönlichkeitsstörung mit schwerer narzisstischer Regulationsstörung, zu vermutender paranoider Reaktion, Derealisationserleben und dissoziativem Fugue in der Vorgeschichte diagnostiziert. Die Sachverständige hat im Gutachten ausgeführt, dass sie die Klägerin für arbeitsunfähig und schonungsbedürftig halte und eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit aufgrund einer Chronifizierung der Somatisierung bereits für die Zeit vor dem 1. Januar 1994 anzunehmen sei. In ihrer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 7. Oktober 2003 hat die Sachverständige demgegenüber die Einschätzung geäußert, das die Klägerin seit ihrem ersten Rentenantrag 1994 nicht mehr erwerbsfähig gewesen sei. Unter Einreichung der beratungsärztlichen Stellungnahmen der Medizinaldirektoren Dr. F. und Heinz vom 27. und 31. Oktober 2003 ist die Beklagte bei ihrer Auffassung verblieben, dass der Akten- und Krankheitsverlauf einen Leistungsfall für ein gemindertes Leistungsvermögen vor der Rentenantragstellung im März 2001 nicht belegten. Mit Urteil vom 5. Mai 2004 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, der Klägerin bei einem Leistungsfall vom 23. Februar 1997 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. März 2001 zu gewähren; wegen der Einzelheiten der Gründe wird auf das der Beklagten am 8. Juni 2004 zugestellte Urteil verwiesen.

Hiergegen hat die Beklagte am 7. Juli 2004 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass eine relevante Leistungsminderung erst im Jahre 2001 nachzuweisen sei. Von einer dauerhaften Leistungsminderung für die Zeit ab 23. Februar 1997 könne insbesondere aufgrund des sehr wechselhaften Verlaufs der Erkrankung nicht ausgegangen werden, wobei für den wechselhaften Verlauf auch die beiden zuletzt erstellten Gutachten des Dr. He. vom 21. November 2005 und des Dr. Ha. vom 30. Mai 2006 sprächen. Ein Zusammenhang der letztmals am 22. Februar 2002 wegen des Bezuges von Arbeitslosenhilfe entrichteten Pflichtbeiträge mit dem Eintritt einer Erwerbsminderung könne nicht unbedingt gesehen werden. Die Beklagte hat u.a. das Computer-Fax des U. H. vom 20. Februar 2006 sowie die beratungsärztlichen Stellungnahmen der Dr. F. vom 2. Juli 2004 und 23. Juni 2006 und des Dr. Sc. vom 13. Juni 2005 und 13. Februar 2006 zu den Akten übergeben.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Mai 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend, was durch das Gutachten des Dr. Ha. bestätigt werde. Die Klägerin hat u.a. zwei Erklärungen ihrer Tochter N. C. vorgelegt.

Der Senat hat zunächst Dr. B. , Leiter der neurologischen und psychiatrischen Ambulanz des Bundeswehrkrankenhauses U. , als Sachverständigen beauftragt. Im Gutachten vom 20. Mai 2005 hat der Arzt bei der Klägerin eine ausgeprägte depressive Störung sowie erhebliche, chronifizierte Ängste beschrieben, wobei von einer Persönlichkeitsstörung ausgegangen werden könne, die durch die Belastungen in ihrem Leben zugenommen habe. Der Sachverständige hat die Auffassung vertreten, dass der Klägerin eine tägliche Arbeit auch zweistündig nicht mehr möglich sei und der festgestellte Gesundheitszustand seit mindestens Oktober 2000 bestehe. Der Senat hat anschließend Dr. He. , Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums am W. , zum Sachverständigen bestellt. Im Gutachten vom 21. November 2005 hat der Arzt, der eine weitere dort per E-Mail eingegangene Erklärung der Tochter N. C. zu den Akten gereicht hat, auf psychiatrischem Gebiet eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig leichter depressiver Episode sowie neurologischerseits rezidivierende Rückenbeschwerden bei Wirbelsäulenfehlstatik diagnostiziert. Der Sachverständige hat die Klägerin für Tätigkeiten ohne Heben und Tragen schwerer Lasten sowie ohne besondere geistige Verantwortung noch mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig gehalten, wobei gleichförmige Körperhaltungen, Arbeiten in Kälte, unter Kälteeinfluss, im Freien oder in Zugluft, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck (z.B. Akkordarbeit), Arbeiten in Wechsel- oder Nachtschicht sowie Arbeiten mit Publikumsverkehr zu vermeiden seien. Der Senat hat außerdem auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ha. als Sachverständigen beauftragt. Im Gutachten vom 30. Mai 2006 hat der Arzt das psychiatrische Zustandsbild der Klägerin als schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome gewertet, verbunden mit einer generalisierten Angststörung mit Panikattacken, einer Somatisierungsstörung sowie einer asthenisch-dependenten Persönlichkeitsstörung; außerdem bestehe neurologischerseits eine chronisches Zervikal- und Lumbalsyndrom der Lendenwirbelsäule ohne radikuläre Symptomatik. Der Sachverständige hat die Klägerin nur noch für unter drei Stunden täglich einsatzfähig erachtet, und zwar auch für Tätigkeiten ohne körperliche Schwerarbeiten, Zwangshaltungen, ständiges Bücken, Überkopfarbeiten, Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, Arbeiten im Freien, unter Kälte, Nässe und Einwirkung von Zugluft sowie für nicht mit Zeitdruck, Akkord und mit Anforderungen an die psychische Belastbarkeit verbundene Tätigkeiten; von einem aufgehobenen Leistungsvermögen sei seit 23. Februar 1997 auszugehen, denn seitdem habe die Klägerin nicht mehr dauerhaft eingegliedert werden können.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung in der streitbefangenen Zeit.

Maßgeblich ist vorliegend das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)), denn im Streit steht ein Anspruch der Klägerin erst ab 1. März 2001 (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI)). Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie (1.) voll erwerbsgemindert sind, (2.) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und (3.) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2 a.a.O.). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich (vgl. § 43 Abs. 4 SGB VI) um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: (1.) Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, (2.) Berücksichtigungszeiten, (3.) Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen worden ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach Nr. 1 oder 2 a.a.O. liegt, (4.) Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, in dem Versicherte für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben müssen, verlängert sich ferner um Ersatzzeiten und Zeiten des Bezugs einer Knappschaftsausgleichsleistung vor dem 1. Januar 1992 (§ 241 Abs. 1 SGB VI). Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist nach § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit als erfüllt gilt (vgl. hierzu §§ 53, 245 SGB VI). Die vorgenannten besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind nach der Übergangsregelung in § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI dann nicht erforderlich, wenn schon vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt war und jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit (1.) Beitragszeiten, (2.) beitragsfreien Zeiten (vgl. § 54 Abs. 4 SGB VI), (3.) Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt, (4.) Berücksichtigungszeiten, (5.) Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder (6.) Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992 (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung vermag die Klägerin nicht durchzusetzen. Zwar ist die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) ausweislich der Versicherungsverläufe vom 27. Juni 2005 und 15. Februar 2006 erfüllt. Einen Anspruch auf die umstrittene Rente könnte die Klägerin indes nur verwirklichen, wenn feststehen würde, dass sie jedenfalls bis spätestens 31. Januar 1999, dem Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI noch gegeben wären, in rentenrechtlichem Maß leistungsgemindert geworden und dies seitdem ununterbrochen geblieben wäre. Hiervon vermochte sich der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens indes nicht zu überzeugen. Selbst wenn die Klägerin überhaupt zu irgendeinem Zeitpunkt nach Ende ihrer letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung bis zum 31. Januar 1999 erwerbsgemindert gewesen wäre, lässt sich jetzt nicht mehr mit der für die richterliche Überzeugungsbildung gebotenen, mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen, dass sie seit dem vorgenannten Datum durchgehend leistungsgemindert war und ist; im Gegenteil hat der Sachverständige Dr. He. im Gutachten vom 21. November 2005 ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen der Klägerin bejaht. All das geht jedoch zu Lasten der Klägerin, die die (objektive) Beweislast (Feststellungslast) für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt (ständige Rechtsprechung; vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 6, 70, 72 ff.; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 5 RJ 48/03 R - (juris)).

Jedenfalls zu dem von der Beklagten angenommenen Zeitpunkt der Leistungsminderung mit der Rentenantragstellung am 26. März 2001 wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI (Drei-Fünftel-Belegung) nicht gegeben und auch nicht mehr erfüllbar, denn keiner der oben genannten Ausnahme- und Übergangsregelungen liegt hier vor. Übergangsrecht greift schon deswegen nicht ein, weil der Versicherungsverlauf der Klägerin eine rentenrechtlich relevante Lücke von mehr als einem Monat (vgl. hierzu § 122 Abs. 1 SGB VI) in der Zeit vom 26. Juli bis 11. September 1995 aufweist, welche schon zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung im März 2001 nicht mehr hätte geschlossen werden können (vgl. § 197 Abs. 2 SGB VI); auf das zur Erhaltung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erforderliche Belegungsgebot war die Klägerin bereits in dem dem Bescheid vom 1. Dezember 1994 beigefügten Merkblatt hingewiesen worden. Die Zeit der geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung vom 1. Oktober 2000 bis 31. Dezember 2002 kann im Rahmen der Bestimmung des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI nicht berücksichtigt werden, denn bei den vom Arbeitgeber insoweit zu entrichtenden Pauschalbeiträgen (§ 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) handelt es sich nicht um Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. § 55 Abs. 2 SGB VI; ferner Jörg in Kreikebohm, SGB VI, 2. Auflage, § 43 Rdnr. 16).

Verlängerungstatbestände im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI sind ebenfalls nicht gegeben. Die Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 57 SGB VI) endeten bereits am 2. Februar 1993. Ebenso wenig stellt die Zeit vom 20. Juli bis 7. August 2000 eine Streckungszeit im Sinne des § 43 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI dar. Denn mit Blick auf das Unterbrechungserfordernis des § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI müssten für die Berücksichtigung als Anrechungszeit seit der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung (vgl. hierzu BSGE 52, 108, 111 f. = SozR 2200 § 1259 Nr. 54; BSG SozR 3-2600 § 252 Nr. 2) ununterbrochen krankheitsbedingte Zeiten der Arbeitsunfähigkeit (§ 43 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) und/oder der Arbeitslosigkeit oder aber eine lückenlose Kette von Anrechnungstatbeständen (vgl. hierzu Niesel in Kasseler Kommentar SGB VI § 58 Rdnrn. 103 ff. (m.w.N.)) vorgelegen haben. Das lässt sich aber bei der Klägerin, für die zuletzt im Rahmen ihrer Beschäftigung als Heimarbeiterin bei der Firma Al. bis 1. September 1991 Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, ebenso wenig feststellen wie Überbrückungstatbestände im Sinne des § 43 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI. Zwar hat Dr. A. im Schreiben vom 7. November 2002 an das SG mitgeteilt, dass die Klägerin vom 23. Februar 1997 bis 19. Juli 2000 "durchgängig arbeitsunfähig" gewesen sei; andererseits sind Krankschreibungen wegen Arbeitsunfähigkeit jedoch nur bis 17. August 1992 erfolgt, während die Klägerin danach bis 22. Februar 1997 mit kurzen Unterbrechungen im Leistungsbezug bei der Bundesanstalt für Arbeit stand und sich außerdem nochmals in der Zeit vom 20. Juli bis 7. August 2000 beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet hatte. Zwar hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 19. Oktober 2006 angegeben, dass die Alhi-Gewährung seitens der Arbeitsverwaltung ab dem 23. Februar 1997 aufgehoben worden sei, weil sie sich aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gesehen habe, an einem von dort vorgeschlagenen "Kurs" teilzunehmen; indessen sind - wie sie selbst eingeräumt hat - durch das Arbeitsamt während der ganzen Zeit des Leistungsbezugs nie Begutachtungen bei dessen Ärztlichem Dienst veranlasst worden. Das Arbeitsamt hat die Klägerin offenkundig auch nie aufgefordert, einen Antrag auf Maßnahmen zur Rehabilitation beim Rentenversicherungsträger zu stellen, obwohl eine derartige Aufforderung bei nicht nur vorübergehend leistungsgeminderten Arbeitslosen bereits in § 105a des Arbeitsförderungsgesetzes (Fassung bis 31. März 1997) vorgesehen war. Auch seitens der behandelnden Ärzte war offensichtlich in der Zeit von Ende 1994 bis zur zweiten Rentenantragstellung im März 2001 keine Empfehlung zu erneuter Beantragung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ausgesprochen worden.

Ferner sind in dem bei der LVA am 17. April 2000 eingegangenen Antrag der Klägerin auf Beitragserstattung im Fall der Ausreise in die Türkei sowie in ihrem weiteren dort am 22. Mai 2000 eingegangenen Widerspruchsschreiben gesundheitliche Einschränkungen nicht erwähnt; sowohl am 17. April 2000 als nochmals am 20. Juli 2000 beantragte die Klägerin lediglich die Berechnung der Altersrente, nicht dagegen einer Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, obwohl im verwendeten Vordruck auch eine derartige Antragstellung vorgesehen war. Den ersten rentenablehnenden Bescheid vom 1. Dezember 1994 hatte sie bestandskräftig werden lassen, wobei sie den diesem Bescheid zugrunde liegenden Rentenantrag vom 30. August 1994 mit Schmerzen in den Händen sowie im Bereich beider Schultern seit 1990 begründet hatte. Auch im zweiten Rentenantrag vom 26. März 2001 hatte die Klägerin zur Begründung lediglich ein seit 1990 bestehendes Rheuma angegeben; von schwerwiegenden psychischen Krankheitsbildern war dort noch nicht die Rede. Noch in der Zeit vom 1. Oktober 2000 bis 31. Dezember 2002 war die Klägerin überdies bis zu drei Stunden täglich als Haushaltsangestellte im Privathaushalt der Familie H. in J. tätig, wobei erstmals in der E-Mail der Tochter N. C. vom 28. März 2005 davon gesprochen wird, dass diese Tochter, die im Übrigen seinerzeit bereits in Konstanz wohnhaft war, ihre Mutter wegen deren gesundheitlicher Verfassung bei der Bewältigung der damit verbundenen Aufgaben (Bügelwäsche, Einkaufen, Kochvorschläge) habe unterstützen müssen, während solches weder in den Schriftsätzen vom 27. August 2002 und 21. Januar 2005 vorgebracht und auch die Klägerin derartiges weder gegenüber Dr. St. (Gutachten vom 30. Juli 2001) noch gegenüber Dr. H. , Dr. M. , Psychiaterin Ö. , Dr. B. und Dr. He. angegeben hat, obwohl in allen diesen Arztunterlagen die Hausangestelltentätigkeit der Klägerin erwähnt ist. Auch in dem von der Beklagten zu den Akten gereichten Fax des U. H. vom 20. Februar 2006 sind gesundheitliche Beeinträchtigungen der Klägerin nicht genannt. Damit lässt sich bereits dem eigenen Verhalten der Klägerin nicht hinreichend deutlich entnehmen, dass sie sich zumindest subjektiv bereits weit vor dem im März 2001 gestellten zweiten Rentenantrag für nicht mehr ausreichend leistungsfähig gehalten hat.

Auch die Würdigung der Krankengeschichte der Klägerin, die überdies in ärztlichen Äußerungen und Unterlagen für die Zeit bis zum zweiten Rentenantrag vom 26. März 2001 nur lückenhaft dokumentiert ist, ergibt kein günstigeres Bild. Ausweislich der Angaben des Dr. A. (Schreiben vom 7. November 2002), der die Praxis vom früheren Hausarzt der Klägerin im Oktober 1996 übernommen hatte, hatte eine im September 1987 zum Ausschluss einer organischen Herzerkrankung veranlasste internistische Untersuchung eine chronische Überlastungssituation aufgrund der großen Familie sowie der Heimarbeit ergeben. Ferner hat Dr. A. im genannten Schreiben darüber berichtet, dass es seit 1989 in immer kürzer werdenden Abständen zu Klagen über Schmerzen und Funktionseinschränkungen des Skelettsystems gekommen sei. Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen der Klägerin standen damals mithin die Schmerzen im Bereich des Bewegungsapparates, welche in der Rheumaklinik Bad S. als generalisierte Tendomyopathie gedeutet worden waren (vgl. Arztbriefe vom 15. November 1991 und 23. Juli 1992). Die für eine Tendomyopathie (= Fibromyalgie) typischen Druckschmerzpunkte waren indes bei der Untersuchung durch Dr. St. am 14. Oktober 1994 sämtlich reizfrei gewesen, sodass die Rentengutachterin seinerzeit lediglich funktionelle Gelenkschmerzen diagnostiziert hatte. Auch der Internist Dr. K. , der die Klägerin bereits im April 1993 untersucht hatte (vgl. Bericht vom 29. April 1993), hatte damals lediglich funktionelle Dyskardien bei Erschöpfungssyndrom sowie Gastralgien bei unauffälligem Oberbauchbefund diagnostiziert, wobei er die Beschwerden der Klägerin auf die Konfliktsituation mit der ältesten Tochter zurückgeführt und eine Medikation lediglich in Form symptomatischer Maßnahmen (z.B. Gastrosil) empfohlen hatte. Im psychischen Befund wiederum hatte Dr. St. (Gutachten vom 20. Oktober 1994) die Klägerin als freundlich beschrieben und Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen sowie eine depressive Verstimmung verneint; zur Untersuchung war die Klägerin damals mit dem eigenen Kraftfahrzeug gekommen. Denselben psychischen Befund hatte Dr. St. auch im zweiten Rentengutachten vom 30. Juli 2001, das ebenso wie das erste vom Senat urkundenbeweislich zu verwerten ist, aufgeführt, jedoch ergänzend darauf hingewiesen, dass die Klägerin sich bei der Untersuchung am 24. Juli 2001 zeitweilig etwas verlangsamt und hilflos gegeben habe, aber munterer geworden sei und sich situatiuonsgerecht verhalten habe, nachdem die sie begleitende Tochter das Untersuchungszimmer verlassen hatte. Eine Arbeitsunfähigkeit hat Dr. St. im Gutachten vom 30. Juli 2001 ausdrücklich verneint; diagnostiziert sind im Gutachten rezidivierende Lumbalgien bei Hohlkreuz sowie eine Neigung zu niedrigem Blutdruck, sodass die Rentengutachterin nach dem erkennbaren Krankheitsbild nachvollziehbar zu einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen gekommen ist. Erstmals im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 21. August 2001 hat die Klägerin unter Vorlage der Bescheinigung des Dr. A. vom 6. September 2001 seelische Störungen in den Vordergrund ihrer Leiden gerückt, nachdem sie im Rentenantrag vom 26. März 2001 - wie dargetan - noch ein seit 1990 bestehendes Rheuma als Antragsgrund angegeben hatte. Zwar war die Klägerin wegen ihrer psychischen Beeinträchtigungen mit Durchschlafstörungen, frühem Erwachen und gelegentlichen Stimmungsschwankungen anlässlich ihres stationären Aufenthaltes im H. -Klinikum (30. November bis 6. Dezember 1999) bereits durch einen Psychiater konsiliarisch untersucht worden (vgl. Arztbrief vom 5. Januar 2000). Eine Erklärung der Symptome durch eine neurologisch-psychiatrische Erkrankung konnte seinerzeit jedoch nicht gefunden werden, eine durchgehend depressive Symptomatik, Angstzustände sowie formale oder inhaltliche Denkstörungen wurden verneint, ebenso war der neurologische Befund unauffällig; empfohlen wurde ein Therapieversuch mit Johanniskrautextrakt oder Amitriptylin (= Saroten). In der oben bezeichneten Bescheinigung des Dr. A. hat der Arzt - neben von der Klägerin zum Teil als stark beeinträchtigend erlebten Rücken- und Hüftproblemen - über rezidivierende depressive Episoden berichtet, jedoch eingeräumt, dass diese wechselnd stark ausgeprägt gewesen seien, wobei neben erheblichen familiären Belastungen eine Entwurzelungssymptomatik ursächlich sei. Die seit 1996 angegebenen Beschwerden im Bereich der unteren Wirbelsäule hat Dr. A. im Übrigen in seinem Schreiben vom 7. November 2002 nicht auf strukturelle Veränderungen zurückgeführt, sondern als funktionell bedingt durch eine völlig unzureichend trainierte Rückenmuskulatur erklärt. Der Befund am Skelettapparat zeigte sich auch im Rahmen der fachärztlichen Überprüfungen in der Praxis des Orthopäden Dr. T. (Bericht vom 27. Mai 2002) bis auf eine Osteopenie als unauffällig, Dr. He. konnte auf neurologischem Gebiet lediglich rezidivierende Rückenbeschwerden bei Wirbelsäulenfehlstatik erheben, Dr. Ha. hat eine radikuläre Symptomatik - bei einem diagnostizierten chronischen Zervikal- und Lumbalsyndrom mit Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule - ausgeschlossen.

Das psychische Zustandsbild der Klägerin, die sich erstmals am 17. Januar 2002 in psychotherapeutische Behandlung bei Dr. H. begeben und sich auf Veranlassung des Dr. A. am 12. April 2002 bei Dr. M. vorgestellt hat, sodass - nach der konsiliarischen Untersuchung im H. -Klinikum Ende 1999 - erst seit 2002 wieder fachärztliche Äußerungen zum seelischen Geschehen vorliegen, ist offensichtlich psychiatrisch schwer einzuordnen und hat sich überdies seit der ersten psychiatrischen Behandlung sehr wechselhaft dargestellt. Während Dr. M. (Bericht vom 15. April 2002) die "polymorphe Beschwerdesymptomatik" als ausschließlich psychogen bedingt qualifiziert und von einer "schon" krankheitswertigen psychasthenischen Persönlichkeitsstörung gesprochen hat, hat Dr. H. in dem im Auftrag der Klägerin erstellten Gutachten vom 14. August 2002 eine depressive Entwicklung bei asthenischer Persönlichkeitsstörung, eine Angststörung mit Panikattacken sowie eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert; Psychiaterin Ö. (Untersuchung am 22. April 2003) ist gar zu einer vorwiegend psychosomatisch abgewehrten schweren Depression, einem psychosomatischen Symptomenkomplex mit multiplen Muskel- und Gelenkschmerzen, Dyskardien, Globusgefühl und Gastralgien sowie zu einer abhängigen Persönlichkeitsstörung mit schwerer narzisstischer Regulationsstörung, zu vermutender paranoider Reaktion, Derealisationserleben und dissoziativem Fugue in der Vorgeschichte gekommen. Eine produktiv psychotische Symptomatik haben jedoch schon Dr. H. , ferner Dr. B. und Dr. Ha. ausgeschlossen; Dr. He. hat außerdem pathologische Gedankeninhalte verneint. In der Beurteilung des Dr. B. (Untersuchung 20. Mai 2005) zeigte die Klägerin das psychiatrische Bild einer ausgeprägten depressiven Störung mit erheblichen chronifizierten Ängsten, wobei auch dieser Sachverständige von einer Persönlichkeitsstörung ausgegangen ist. Dr. Ha. , der die Klägerin am 30. Mai 2006 untersucht hat, wiederum hat psychiatrischerseits die Diagnosen einer schweren depressiven Episode, einer generalisierten Angststörung mit Panikattacken, einer Somatisierungsstörung sowie einer asthenisch-dependenten Persönlichkeitsstörung gestellt.

Demgegenüber war der psychische Befund im Rahmen der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. He. (30. September 2005) bis auf eine gewisse thematische Einengung des Denkens auf die geklagten Beschwerden im Wesentlichen unauffällig; die Klägerin war nach den Ausführungen des Sachverständigen wach und allseits orientiert, im Umgang freundlich und kooperativ, ein Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit oder des Durchhaltevermögens war nicht feststellbar, die Auffassung durchgängig intakt, wesentliche Einschränkungen der Merkfähigkeit oder der Gedächtnisfunktionen lagen nicht vor, der formale Gedankengang war geordnet und zu keinem Zeitpunkt verlangsamt, Ichgrenzstörungen und Sinnestäuschungen ließen sich nicht eruieren, die Stimmungslage war ausgeglichen und die affektive Modulationsfähigkeit - bei lebendiger Mimik und Gestik - in ausreichendem Maße erhalten, ferner der Antrieb zu keinem Zeitpunkt reduziert; die Klägerin war sogar zu kleinen Scherzen in der Lage. Zur Bekämpfung ihrer seelichen Verfassung hatte sie seinerzeit lediglich auf pflanzliche Präparate wie Kräuter- und Johnanniskrauttee zurückgegriffen, die zuvor verordneten Antidepressiva hatte sie schon Monate vorher abgesetzt. Das Vorliegen einer asthenischen oder abhängigen Persönlichkeitsstörung hat der Sachverständige verneint, weil schon die diagnostischen Leitlinien gemäß den einschlägigen Diagnoseklassifikationen nicht erfüllt seien. Der Sachverständige ist deshalb zum Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin lediglich eine rezidivierende depressive Störung bestehe, wobei die depressive Symptomatik derzeit als leicht einzustufen sei. Schlüssig hat Dr. He. hieraus gefolgert, dass die Klägerin bei gegenwärtig erheblicher Besserung des Zustandsbildes Tätigkeiten ohne Heben und Tragen schwerer Lasten sowie ohne besondere geistige Verantwortung in wechselnder Körperhaltung noch mindestens sechs Stunden verrichten könne, wobei gleichförmige Körperhaltungen, Arbeiten in Kälte, unter Kälteeinfluss, im Freien oder in Zugluft, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck (z.B. Akkordarbeit), Arbeiten in Wechsel- oder Nachtschicht sowie Arbeiten mit Publikumsverkehr zu vermeiden seien. Dem schließt sich der Senat, dem der Sachverständige aus früheren Verfahren als erfahren sowie als gewissenhaft und sorgfältig arbeitend bekannt ist, an. Da jedenfalls zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. He. zeitliche Leistungseinschränkungen nicht bestanden haben und die zu beachtenden qualitativen Einschränkungen - auch unter Berücksichtigung der von Dr. D. (Stellungnahme vom 9. August 2001), Dr. F. (Stellungnahme vom 27. Oktober 2003) und Dr. Ha. zusätzlich gesehenen Funktionsbeeinträchtigungen - keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; SozR 3-2600 § 43 Nr. 17) oder einen der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Katalogfälle (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139) darstellen, lässt sich zumindest für die damalige Zeit eine rentenberechtigende Leistungsminderung im Sinne des § 43 SGB VI nicht bejahen.

Soweit Dr. H. , Psychiaterin Ö. , Dr. B. und Dr. Ha. demgegenüber ein dauerhaft aufgehobenes Leistungsvermögen der Klägerin angenommen haben und dies auch auf frühere Zeiträume haben beziehen wollen, vermag sich dem der Senat nicht anzuschließen. Zum einen haben diese Ärzte die doch sehr wechselhafte Krankengeschichte, auf welche Dr. F. in ihrer - als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen zu verwertenden (vgl. BSG SozR Nr. 3 zu § 118 SGG) - Stellungnahme vom 23. Juni 2006 zu Recht hingewiesen hat, ebenso wenig berücksichtigt wie andererseits die nur spärliche ärztliche Dokumentation des psychiatrischen Krankheitsbildes in der Zeit vor dem 17. Januar 2002, als sich die Klägerin erstmals in fachärztliche Behandlung zu Dr. H. begeben hat. Schon Dr. A. hat in seiner Bescheinigung vom 6. September 2001 von einer wechselhaft starken Ausprägung der depressiven Episoden gesprochen. Aus der Vergangenheit liegt überhaupt nur ein Hinweis auf eine psychiatrische Vorstellung im Rahmen der stationären Behandlung der Klägerin im H. -Klinikum in der Zeit vom 30. November bis 6. Dezember 1999 vor, wobei die Symptomatik seinerzeit psychiatrisch-neurologisch nicht erklärt werden konnte. Anlässlich beider Untersuchungen durch Dr. St. (14. Oktober 1994, 24. Juli 2001) war der psychische Befund jedenfalls völlig unauffällig. Aus den genannten Gründen finden sich bei den oben genannten Gutachtern auch deutliche Widersprüche hinsichtlich des Beginns der von ihnen angenommenen Leistungsminderung. Während Dr. H. (Gutachten vom 14. August 2002) eine derartige Begrenzung des Leistungsvermögens wohl bereits für die Zeit vor 1993 annehmen möchte, hat Psychiaterin Ö. - allerdings unter fachfremder Verwendung des Rechtsbegriffes der Erwerbsfähigkeit - solche Einschränkungen einerseits bereits für die Zeit vor dem 1. Januar 1994 (Gutachten vom 18. Mai 2003), andererseits (ergänzende Stellungnahme vom 7. Oktober 2003) für die Zeit ab der ersten Rentenantragstellung im Jahr 1994 gesehen. Dr. Ha. wiederum hat eine zeitliche Eingrenzung auf den 23. Februar 1997 vornehmen wollen, während Dr. B. bezüglich der zeitlichen Datierung der Leistungseinschränkung unscharf auf die Zeit seit "mindestens" Oktober 2000 (letzter Arbeitsversuch) hat zurückgreifen wollen. Dr. A. (Schreiben vom 7. November 2002) hatte demgegenüber eine vollschichtige Tätigkeit bereits seit mindestens 1995 nicht mehr für möglich erachtet. Mit den vorgenannten inkonsistenten und teils in sich widersprüchlichen ärztlichen Äußerungen lässt sich indessen nicht nachvollziehbar begründen, dass bei der Klägerin ab einem bestimmten Zeitpunkt ein dauerhaft aufgehobenes Leistungsvermögen bestanden haben soll.

Aus all diesen Gründen ist eine bis spätestens 31. Januar 1999 eingetretene volle Erwerbsminderung nicht erwiesen; vielmehr hat sich die Leistungsfähigkeit der Klägerin jedenfalls zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. He. ohne rentenrelevante Einschränkungen in zeitlicher und qualitativer Hinsicht dargestellt. Damit lassen sich aber auch durchgehende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder jedenfalls Überbrückungstatbestände seit 1. Februar 1999 nicht mit der für die richterliche Überzeugungsbildung gebotenen Sicherheit feststellen. Sonach besteht in der gesamten streitbefangenen Zeit kein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 SGB VI). Dasselbe gilt im Übrigen auch für die Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung (§§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI), welche die Klägerin zudem während des Gerichtsverfahrens nie ausdrücklich verlangt hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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