Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 29 AS 1100/05
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 73/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 19. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat den Klägern auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Bedarfsgemeinschaft K. für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. April 2005 zu zahlenden Arbeitslosengeld (Alg) II.
Die am ...l 1968 geborene P. K. (Klägerin zu 1) ist allein erziehend. Am 16. April 2004 beantragte sie für sich und ihre beiden, bei ihr lebenden – damals minderjährigen – Söhne K. (Kläger zu 2, geboren am 1988) und M. (Kläger zu 3, geboren am 1992) die Zahlung von Alg II.
Der Sohn K. absolvierte eine Ausbildung als Staatlich geprüfter Sozialassistent an der BFV (Berufsfachschule V. ) in R ... Hierfür waren monatlich 180,00 EUR Schulgeld zu entrichten. Zudem fielen für den Sohn K. monatlich 21,00 EUR für Fahrtkosten an.
Sowohl der Kläger zu 2 als auch der Kläger zu 3 erhalten Kindergeld in Höhe von jeweils 154,00 EUR monatlich.
Der Vater der Kläger zu 2 und 3 zahlte zunächst (bis 31. März 2005) Unterhalt in Höhe von monatlich jeweils 92,00 EUR.
Die Netto-Kaltmiete der gemeinsam bewohnten Wohnung betrug zunächst 240,75 EUR, die Heizkostenpauschale 70,40 EUR und die Nebenkosten beliefen sich auf 61,47 EUR. Insgesamt ergab dies einen Mietzins von 372,62 EUR.
Mit Bescheid vom 27.12.2004 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. April 2005 Alg in Höhe von 537,28 EUR monatlich.
Dem widersprach die Klägerin zu 1 am 13. Januar 2005. Hiermit beanstandete sie die Nichtberücksichtigung des Schulgelds sowie der Fahrtkosten für den Kläger zu 2.
Weiter legte die Klägerin zu 1 einen "Jahresbescheid vom 2. März 2005 der Stadt Zwickau über die Abfallentsorgung" in Höhe von 79,50 EUR vor. Hierauf erließ die Beklagte am 23. März 2005 einen Änderungsbescheid. Dieser belief sich für den genannten Zeitraum nunmehr auf monatlich 543,91 EUR.
Zum 1. April 2005 stiegen die Neben- und Heizkosten der Bedarfsgemeinschaft: Nebenkosten 64,54 EUR, Heizkostenpauschale 75,33 EUR. Hierauf erließ die Beklagte am 20. April 2005 einen weiteren Änderungsbescheid. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2005 bewilligte sie 537,28 EUR und für April 2005 551,91 EUR monatlich.
Wegen des Wegfalls der Unterhaltszahlungen erging am 26. April 2005 schließlich ein dritter Änderungsbescheid. Mit diesem bewilligte die Beklagte für April 2005 745,91 EUR.
Durch Widerspruchsbescheid vom 25. August 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Gesamtbedarf betrage für die Zeit von Januar bis März 2005 1.231,28 EUR monatlich und für April 2005 1.245,91 EUR. Hierauf sei gemäß § 19 Satz 2 SGB II das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen anzurechnen. Im vorliegenden Fall sei von Januar bis März 2005 ein Gesamtnettoeinkommen von 694,00 EUR zu berücksichti-gen. Dies setze sich zusammen aus dem Kindergeld in Höhe von jeweils 154,00 EUR, dem BAföG in Höhe von 192,00 EUR, welches dem Kläger zu 2 gezahlt werde, sowie dem Unterhalt in Höhe von jeweils 97,00 EUR. Für April 2005 betrage das Gesamteinkommen noch 500,00 EUR, da die Unterhaltszahlungen weggefallen seien. Absetzbeträge fielen im konkre-ten Fall nicht an. Hieraus folge für die Zeit von Januar bis März 2005 ein monatlicher Anspruch von 537,28 EUR und für April 2005 745,91 EUR. Hiergegen haben sich die Kläger am 23. September 2005 an das Sozialgericht Chemnitz gewandt. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien die Ausgaben für den Besuch der Berufsfachschule gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II abzugsfähig. Der Kläger zu 2 befinde sich zwar nicht in einer abhängigen Beschäftigung. Dennoch sei diese Norm analog anwendbar, denn er unterstehe der Leitung der Schulorganisation, in die er sich – vergleichbar mit einem Beschäftigten – einfügen müsse.
Hiergegen hat die Beklagte eingewandt, § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II i. V. m. § 13 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 3 Arbeitslosengeld II-Verordnung setze voraus, dass die geltend gemachten Aufwendungen auf Grund einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit entstünden. Nach § 7 Abs. 1 SGB IV sei "Beschäftigung" in nichtselbstständiger Arbeit insbesondere ein Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für die Beschäftigung seien eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitszeitorganisation des Weisungsgebers. Demgegenüber besuche der Kläger zu 2 eine Berufsfachschule. Damit erfülle er nicht die typi-schen Merkmale eines in abhängiger Beschäftigung Tätigen. Mithin greife auch § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II nicht ein. Absetzbar seien im Übrigen nur Werbungskosten im Sinne von § 9 Einkommensteuergesetz.
Durch Gerichtsbescheid vom 19. Juni 2006 hat das Sozialgericht Chemnitz dem Begehren der Kläger entsprochen und die Beklagte verurteilt, für die Zeit von Januar 2005 bis April 2005 Leistungen nach dem SGB II mit der Maßgabe zu zahlen, dass das gezahlte BAföG nicht als Einkommen angerechnet werde. Dies folge aus § 11 Abs. 3 SGB II. Gemäß §§ 11 und 12 Bundesausbildungsförderungsgesetz handle es sich bei der Ausbildungsförderung um eine zweckbestimmte Leistung im Sinne dieser Norm. Würde man die BAföG-Zahlung – entsprechend wie die Beklagte – in voller Höhe als Einkommen anrech-nen, führe dies zu einer Vereitelung des ausdrücklich mit der Leistung verbundenen gesetzlichen Zweckes. Auch eine allgemeine Pauschalierung sei hier nicht möglich, da die Anteile, die für Schulgeld, Fahrtkosten, Lehr- und Hilfsmittel aufgewandt werden müssten, je nach Einzelfall differierten. Soweit daher das BAföG nachweisbar und in angemessener Weise zu Ausbildungszwecken verwandt werde, stelle dies eine zweckbestimmte Einnahme dar.
Dieser Gerichtsbescheid ist der Beklagten am 7. Juli 2006 zugegangen.
Sie hat hiergegen am 14. Juli 2006 Berufung eingelegt. Diese bezieht sich auf eine Anrechnung des BAföG als Einkommen über den Betrag von 38,40 EUR hinaus. Zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2005 hätten die fachlichen Hinweise der Beklagten das BAföG grundsätzlich nicht als zweckbestimmte Leistung angesehen. Inzwischen seien diese Hinweise geändert worden, sodass 20 % der Ausbildungsförderung nach dem BAföG als pauschale Ausbildungskosten anrechnungsfrei blieben. Dieser Betrag (38,40 EUR) sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Der verblei-bende Betrag in Höhe von 153,60 EUR sei jedoch als Einkommen anrechenbar. Der Auffassung des Sozialgerichts Chemnitz könne nicht gefolgt werden, da die Ausbildungsförderung auch für den Lebensunterhalt geleistet werde.
Die Beklagte beantragt,
1. der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 19.06.2006 (S 29 AS 1100/05) wird dahingehend abgeändert, als der Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.04.2005 Leistungen nach dem SGB II mit der Maßgabe bewilligt werden, dass das an den Sohn der Klägerin gezahlte BAföG unter Berücksichtigung eines Betrages von 153,60 EUR monatlich als Einkommen angerechnet wird.
2. sowie insoweit die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließen sich der Argumentation des Sozialgerichts an und verweisen zudem auf ein Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29. Oktober 2007 sowie einen Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 16. Juli 2007.
In der mündlichen Verhandlung vom 21. Dezember 2007 haben die Beteiligten durch "Teil-Vergleich" erklärt, dass sie in diesem Verfahren die Frage der Zulässigkeit des Abzuges einer Warmwasserpauschale nicht streitig stellen.
Im Übrigen wird zum Sach- und Streitstand auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte durch die Einzelrichterin ergehen, denn die Beteiligten haben hierzu ihr Einverständnis erklärt, § 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 143, 144 SGG. Denn streitig ist weiterhin ein Betrag von mindestens 500,00 EUR (vgl. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG).
Sie ist auch im Übrigen zulässig gemäß § 151 Abs. 1 SGG.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Kläger sind durch die Bescheide der Beklagten in ihren Rechten verletzt. Sie haben Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld II, insbesondere ohne eine Anrechnung des gesamten BAföG-Betrages von 192,00 EUR, also nicht nur lediglich der Pauschale von 20 % (38,40 EUR).
Nach § 7 Abs. 1 SGB I erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben (§ 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Dabei gehören zur Bedarfsgemeinschaft u. a. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nrn. 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.
Die Bedarfsgemeinschaft besteht folglich hier aus der Klägerin zu 1 sowie ihren minderjährigen Söhnen, den Klägern zu 2 und 3.
Gemäß § 19 Abs. 2 erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Die monatliche Regelleistung betrug für Personen, die alleinstehend oder allein erziehend sind, in den neuen Bundesländern gemäß § 20 Abs. 2 SGB II 331,00 EUR. Hier war gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II für die Klägerin zu 1 noch ein Mehrbedarf für Alleinerziehende in Höhe von 79,00 EUR zu berücksichtigen. Mithin ergab sich eine Gesamtleistung von 410,00 EUR.
Nichterwerbsfähige Angehörige, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) haben (§ 28 Abs. 1 SGB II). Das Sozialgeld umfasst die sich aus § 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II ergebenden Leistungen, wobei hier als ergänzende Maßnahme gilt, dass die Regelleistung bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 % der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung beträgt, in den neuen Bundesländern mithin 199,00 EUR bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres.
Der Kläger zu 3 hat folglich einen Anspruch auf Sozialgeld in Höhe von 199,00 EUR.
Die Regelleistung für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft beträgt 80 v. H. der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung, mithin 265,00 EUR. In dieser Höhe hat der Kläger zu 2 einen Anspruch auf Regelleistung.
Daraus ergibt sich ein Gesamtbedarf von 874,00 EUR.
Darüber hinaus werden gemäß § 22 Abs. 1 SGB II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
Für Unterkunft und Heizung hatte die Bedarfsgemeinschaft folgende Aufwendungen:
vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2005
Kaltmiete: 240,75 EUR Heizkosten: 70,40 EUR Nebenkosten: 61,47 EUR Insgesamt: 372,62 EUR
Für April 2005
Kaltmiete: 240,75 EUR Heizkosten: 75,33 EUR Nebenkosten: 64,54 EUR Sonstige Nebenkosten (Müll): 6,63 EUR Insgesamt: 379,25 EUR. Abzüglich der Warmwasserpauschale ergibt dies für Januar bis März 2005 monatlich 357,28 EUR sowie für April 2005 371,91 EUR.
Hieraus errechnete sich ein Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft vor Einkommensanrechnung für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2005 in Höhe von 1.231,28 EUR monatlich und für April 2005 in Höhe von 1.245,91 EUR.
Auf den Gesamtbedarf ist das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gemäß § 19 Satz 2 SGB II anzurechnen.
Hier war ein Gesamtnettoeinkommen der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum von Januar bis März 2005 in Höhe von 502,00 EUR anzurechnen. Für den Monat April 2005 war lediglich noch das Kindergeld in Höhe von 308,00 EUR anzurechnen.
Was als Einkommen zu berücksichtigen ist, ist in § 11 SGB II geregelt. Gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB III sind Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Emp-fängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Zweckbestimmte Einkommen in diesem Sinne sind solche, die dazu bestimmt sind, der Finanzierung des laufenden Lebensunterhalts oder der Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit (vgl. § 1 Abs. 2 SGB II) zu dienen (vgl. Brühl, in: Münder, Sozialgesetzbuch II [2. Aufl., 2007; im Folgenden: LPK-SGB II], § 11 Rdnr. 51; Hasske, in: Estelmann (Hrsg.), SGB II [9. Erg.-Lfg., Mai 2007], § 11 Rdnr. 49). Die Zweckbestimmung muss nicht ausdrücklich im Ge-setz benannt sein, sie kann sich auch aus der erkennbaren Zweckbestimmung des Gesetzes ergeben (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Oktober 2006 – L 19 B 599/06 AS – JURIS-Dokument, Rdnr. 36; Brühl, a. a. O.; Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2005], § 11 Rdnr. 80).
In diesem Sinne ist die Ausbildungsförderung nach dem Ausbildungsförderungsgesetz in Höhe des für die Ausbildung gewährten Betrages eine zweckbestimmte Leistung (ebenso: Hasske, a. a. O., so bereits zu § 77 Abs. 1 BSHG: HambOVG, Urteil vom 9. Februar 1996 – Bf IV 5/92 – JURIS-Dokument, Rdnr. 30 ff.). Die Zweckbestimmung der Ausbildungsförderung ergibt sich aus § 11 Abs. 1 BAföG. Danach wird sie für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet.
Die Qualifizierung der Ausbildungsförderung als zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass sie auch noch einem anderen Zweck als die Leistung nach dem SGB II dient. Soweit das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg die Auffassung vertritt, eine Leistung verfolge erst dann einen anderen Zweck im Sinne dieser Regelung, wenn bei mehreren Zwecken einer Leistung der Zweck, der der Leistung das Gepräge gebe und als vorherrschender, überwiegender Zweck anzusehen sei, mit dem Zweck einer Leistung nach dem SGB II nicht übereinstimme (LSG Berlin-Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Oktober 2006 – L 19 B 599/06 AS-JURIS-Dokument, Rdnr. 36), findet diese einengende Auslegung im Gesetzeswortlaut keine Stütze. Vielmehr macht das Wort "soweit" in § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II deutlich, dass auch Einnahmen zu berücksichtigen sind, bei deren Zweck- bestimmung eine Teilidentität mit den Zwecken von Leistungen nach dem SGB II besteht, im Übrigen aber vom Gesetzgeber auch ein anderer Zweck verfolgt wird (so zu § 77 Abs. 1 BSHG: HambOVG, Urteil vom 9. Februar 1996 – Bf IV 5/92 – JURIS-Dokument, Rdnr. 31). Auch die Gesetzesmaterialien ergeben keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II in der beschriebenen einengenden Auslegung verstanden wissen wollte.
Soweit das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg weiter ausführt, dass von den typischen Kosten des Unterhalts und der Ausbildung an einer staatlichen Ausbildungsstätte der Anteil der Kosten für den Unterhalt größer sein dürfte als der für die Ausbildung, ist dies rein spekulativ. Unabhängig davon, dass in den beim erkennenden Senat anhängigen Verfahren in einer nennenswerten Zahl die Ausbildungsförderung in wesentlichen Teilen für die Kosten der Ausbildung, u. a. für das Schulgeld, eingesetzt werden muss, kommt es im Zusammenhang mit § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II bei einer Leistung mit mehreren Zweckbestimmungen nicht auf die quotenmäßige Aufteilung der typischen Kosten an. Die Schwierigkeiten, die im Einzelfall bei der Bestimmung des auf den jeweiligen Zweck entfallenden Anteils der Ausbildungsförderung entstehen können, können nicht dadurch umgangen werden, dass § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II einengend ausgelegt wird.
Die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg ist zudem insoweit nicht konsequent, als das Gericht im Ergebnis doch einen Anteil der Ausbildungsförderung als der Ausbildung dienend behandelt und nicht als Einkommen berücksichtigt. In entsprechender Weise geht hier die Beklagte nunmehr vor, indem sie durch ihre beschränkt eingelegte Berufung deutlich gemacht hat, dass 20 % des BAföG-Betrages als der Ausbildung dienend behandelt werden könnten. Wenn aber die Ausbildungsförderung wegen der fehlenden Prägung durch den Ausbildungsanteil nicht als Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a angesehen wird, hätte kein quotenmäßiger Abzug bei der Einkommensermittlung erfolgen dürfen. Denn für eine solche Verfahrensweise findet sich weder in § 11 Abs. 3 SGB II noch in § 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung [Alg II-VO]) eine Rechtsgrund-lage.
Ausgehend von der Ausbildungsförderung nach dem Ausbildungsförderungsgesetz als teilweise zweckbestimmter Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II ist der Anteil zu bestimmen, der auf die Ausbildung entfällt und damit nicht als Einkom-men zu berücksichtigen ist. Für die generelle pauschalierende Quotelung, wie sie die Beklagte vorgenommen hat, bietet weder § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II noch § 11 Abs. 1 BAföG eine Stütze. Der Gesetzgeber hat vielmehr die Bedarfe nach dem Bundes-ausbildungsförderungsgesetz als Pauschalen bemessen. Die Festlegung der Pauschalen erfolgte ungeachtet dessen, dass die Bedarfe bei den Auszubildenden jeweils abhängig vom Ausbildungsort, der Ausbildungsart und den verschiedenen Zeiträumen, wie Ausbil-dungszeiten und Ferien, unterschiedlich sind. Eine getrennte Festlegung der Bedarfe für Unterhalt und Ausbildung hat er nicht vorgenommen. Wenn aber der Gesetzgeber im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes von einer variablen Verteilung der Anteile ausgeht und vom Auszubildenden erwartet, dass er ggf. auch einen hohen Anteil an Ausbildungskosten von der Ausbildungspauschale abdeckt, kann im Rahmen des SGB II wegen der Einheit der Rechtsordnung nicht dem Auszubildenden unterstellt werden, dass er generell einen von der Behörde festgelegten, überwiegenden Anteil der Ausbildungsförderung für den Unterhalt einsetzt. Dies entspricht auch dem Zweck des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II. Wie bereits die Vorläuferregelung des § 77 BSHG (vgl. hierzu: HambOVG, Urteil vom 9. Februar 1996 – BV IV 5/92 – JURIS-Dokument Rdnr. 29, m. w. N.) soll zum einen eine Doppelleistung aus öffentlichen Kassen für einen Zweck vermieden werden. Zum anderen soll aber dem Empfänger einer Leistung, mit der ein besonderer Bedarf gedeckt werden soll, diese Bedarfsdeckung nicht dadurch unmöglich gemacht werden, dass er gezwungen wird, die Leistung entgegen ihrer Zweckbestimmung zu verwenden.
Es ist somit im Einzelfall nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen eine Aufteilung der von der auf den Unterhalt und auf die Ausbildung entfallenden Anteile vorzunehmen (so zu § 77 Abs. 1 BSHG: HambOVG, Urteil vom 9. Februar 1996 – Bf IV 5/92 – JURIS-Dokument Rdnr. 31). Als zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II ist der Anteil der Ausbildungsförderung zu berücksichtigen, der mit Nachweisen belegt und in angemessenem Umfang auf die Ausbildungsförderung entfällt. Erst wenn dies nicht möglich ist oder wenn der Antragsteller im SGB II-Verfahren hierauf nicht besteht, kommt eine pauschalierende Festlegung des Ausbildungsanteils der Ausbildungsförderung durch die Behörde in Betracht.
Soweit die Beklagte ihre gegenteilige Auffassung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 26 BSHG, der Vorläuferregelung zu § 7 Abs. 5 SGB II, verweist, ist diese Rechtsprechung nicht einschlägig. § 7 Abs. 5 SGB II betrifft den grundsätzlichen Ausschluss von Auszubildenden, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungs-förderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderfähig sind, vom Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Die Regelung enthält mit-hin eine Aussage zur grundsätzlichen Anspruchsberechtigung dieser Personengruppe. § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II hingegen behandelt die Frage, ob und in welchem Um-fang Einnahmen desjenigen, der Leistungen nach dem SGB II beantragt, oder von Dritten, die bei der Einkommensberechnung nach den Regelungen des SGB II einzubeziehen sind, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind.
Auf dieser Grundlage erweist sich die von der Beklagten vorgenommene Herabsetzung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als unzutreffend. Die Beklagte hat bei dem Kläger zu 2 ein Einkommen in Höhe von 153,60 EUR angesetzt. Dies entspricht 80 % der bewilligten Ausbildungsförderung in Höhe von 192,00 EUR. Demnach werden von der Beklagten 38,40 EUR als der Ausbildung dienende, zweckbestimmte Einnahmen berücksichtigt. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen hat der Kläger zu 2 für die Ausbildung zum "Staatlich anerkannten Assistenten" ein Schulgeld in Höhe von 180,00 EUR monatlich zu zahlen. Zudem entstehen ihm für den Berufsschulbesuch Fahrtkosten in Höhe von 25,10 EUR. Damit übersteigt bereits das nachgewiesene Schulgeld die von der Beklagten zu Grunde gelegte Pauschale. Hinzukommen die weiteren, mit der Ausbildung in Verbindung stehenden Kosten, insbesondere die Fahrtkosten. Auch diese sind durch die vorgelegten Kontoauszüge (Überweisung an die Verkehrsbetriebe Westsachsen) nachgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Denn zur vorliegenden Streitfrage liegt bislang noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Es handelt sich nicht um einen Einzelfall, vielmehr kann diese Fragestellung zahlreiche weitere Verfahren betreffen.
II. Die Beklagte hat den Klägern auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Bedarfsgemeinschaft K. für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. April 2005 zu zahlenden Arbeitslosengeld (Alg) II.
Die am ...l 1968 geborene P. K. (Klägerin zu 1) ist allein erziehend. Am 16. April 2004 beantragte sie für sich und ihre beiden, bei ihr lebenden – damals minderjährigen – Söhne K. (Kläger zu 2, geboren am 1988) und M. (Kläger zu 3, geboren am 1992) die Zahlung von Alg II.
Der Sohn K. absolvierte eine Ausbildung als Staatlich geprüfter Sozialassistent an der BFV (Berufsfachschule V. ) in R ... Hierfür waren monatlich 180,00 EUR Schulgeld zu entrichten. Zudem fielen für den Sohn K. monatlich 21,00 EUR für Fahrtkosten an.
Sowohl der Kläger zu 2 als auch der Kläger zu 3 erhalten Kindergeld in Höhe von jeweils 154,00 EUR monatlich.
Der Vater der Kläger zu 2 und 3 zahlte zunächst (bis 31. März 2005) Unterhalt in Höhe von monatlich jeweils 92,00 EUR.
Die Netto-Kaltmiete der gemeinsam bewohnten Wohnung betrug zunächst 240,75 EUR, die Heizkostenpauschale 70,40 EUR und die Nebenkosten beliefen sich auf 61,47 EUR. Insgesamt ergab dies einen Mietzins von 372,62 EUR.
Mit Bescheid vom 27.12.2004 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. April 2005 Alg in Höhe von 537,28 EUR monatlich.
Dem widersprach die Klägerin zu 1 am 13. Januar 2005. Hiermit beanstandete sie die Nichtberücksichtigung des Schulgelds sowie der Fahrtkosten für den Kläger zu 2.
Weiter legte die Klägerin zu 1 einen "Jahresbescheid vom 2. März 2005 der Stadt Zwickau über die Abfallentsorgung" in Höhe von 79,50 EUR vor. Hierauf erließ die Beklagte am 23. März 2005 einen Änderungsbescheid. Dieser belief sich für den genannten Zeitraum nunmehr auf monatlich 543,91 EUR.
Zum 1. April 2005 stiegen die Neben- und Heizkosten der Bedarfsgemeinschaft: Nebenkosten 64,54 EUR, Heizkostenpauschale 75,33 EUR. Hierauf erließ die Beklagte am 20. April 2005 einen weiteren Änderungsbescheid. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2005 bewilligte sie 537,28 EUR und für April 2005 551,91 EUR monatlich.
Wegen des Wegfalls der Unterhaltszahlungen erging am 26. April 2005 schließlich ein dritter Änderungsbescheid. Mit diesem bewilligte die Beklagte für April 2005 745,91 EUR.
Durch Widerspruchsbescheid vom 25. August 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Gesamtbedarf betrage für die Zeit von Januar bis März 2005 1.231,28 EUR monatlich und für April 2005 1.245,91 EUR. Hierauf sei gemäß § 19 Satz 2 SGB II das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen anzurechnen. Im vorliegenden Fall sei von Januar bis März 2005 ein Gesamtnettoeinkommen von 694,00 EUR zu berücksichti-gen. Dies setze sich zusammen aus dem Kindergeld in Höhe von jeweils 154,00 EUR, dem BAföG in Höhe von 192,00 EUR, welches dem Kläger zu 2 gezahlt werde, sowie dem Unterhalt in Höhe von jeweils 97,00 EUR. Für April 2005 betrage das Gesamteinkommen noch 500,00 EUR, da die Unterhaltszahlungen weggefallen seien. Absetzbeträge fielen im konkre-ten Fall nicht an. Hieraus folge für die Zeit von Januar bis März 2005 ein monatlicher Anspruch von 537,28 EUR und für April 2005 745,91 EUR. Hiergegen haben sich die Kläger am 23. September 2005 an das Sozialgericht Chemnitz gewandt. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien die Ausgaben für den Besuch der Berufsfachschule gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II abzugsfähig. Der Kläger zu 2 befinde sich zwar nicht in einer abhängigen Beschäftigung. Dennoch sei diese Norm analog anwendbar, denn er unterstehe der Leitung der Schulorganisation, in die er sich – vergleichbar mit einem Beschäftigten – einfügen müsse.
Hiergegen hat die Beklagte eingewandt, § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II i. V. m. § 13 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 3 Arbeitslosengeld II-Verordnung setze voraus, dass die geltend gemachten Aufwendungen auf Grund einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit entstünden. Nach § 7 Abs. 1 SGB IV sei "Beschäftigung" in nichtselbstständiger Arbeit insbesondere ein Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für die Beschäftigung seien eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitszeitorganisation des Weisungsgebers. Demgegenüber besuche der Kläger zu 2 eine Berufsfachschule. Damit erfülle er nicht die typi-schen Merkmale eines in abhängiger Beschäftigung Tätigen. Mithin greife auch § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II nicht ein. Absetzbar seien im Übrigen nur Werbungskosten im Sinne von § 9 Einkommensteuergesetz.
Durch Gerichtsbescheid vom 19. Juni 2006 hat das Sozialgericht Chemnitz dem Begehren der Kläger entsprochen und die Beklagte verurteilt, für die Zeit von Januar 2005 bis April 2005 Leistungen nach dem SGB II mit der Maßgabe zu zahlen, dass das gezahlte BAföG nicht als Einkommen angerechnet werde. Dies folge aus § 11 Abs. 3 SGB II. Gemäß §§ 11 und 12 Bundesausbildungsförderungsgesetz handle es sich bei der Ausbildungsförderung um eine zweckbestimmte Leistung im Sinne dieser Norm. Würde man die BAföG-Zahlung – entsprechend wie die Beklagte – in voller Höhe als Einkommen anrech-nen, führe dies zu einer Vereitelung des ausdrücklich mit der Leistung verbundenen gesetzlichen Zweckes. Auch eine allgemeine Pauschalierung sei hier nicht möglich, da die Anteile, die für Schulgeld, Fahrtkosten, Lehr- und Hilfsmittel aufgewandt werden müssten, je nach Einzelfall differierten. Soweit daher das BAföG nachweisbar und in angemessener Weise zu Ausbildungszwecken verwandt werde, stelle dies eine zweckbestimmte Einnahme dar.
Dieser Gerichtsbescheid ist der Beklagten am 7. Juli 2006 zugegangen.
Sie hat hiergegen am 14. Juli 2006 Berufung eingelegt. Diese bezieht sich auf eine Anrechnung des BAföG als Einkommen über den Betrag von 38,40 EUR hinaus. Zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2005 hätten die fachlichen Hinweise der Beklagten das BAföG grundsätzlich nicht als zweckbestimmte Leistung angesehen. Inzwischen seien diese Hinweise geändert worden, sodass 20 % der Ausbildungsförderung nach dem BAföG als pauschale Ausbildungskosten anrechnungsfrei blieben. Dieser Betrag (38,40 EUR) sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Der verblei-bende Betrag in Höhe von 153,60 EUR sei jedoch als Einkommen anrechenbar. Der Auffassung des Sozialgerichts Chemnitz könne nicht gefolgt werden, da die Ausbildungsförderung auch für den Lebensunterhalt geleistet werde.
Die Beklagte beantragt,
1. der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 19.06.2006 (S 29 AS 1100/05) wird dahingehend abgeändert, als der Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.04.2005 Leistungen nach dem SGB II mit der Maßgabe bewilligt werden, dass das an den Sohn der Klägerin gezahlte BAföG unter Berücksichtigung eines Betrages von 153,60 EUR monatlich als Einkommen angerechnet wird.
2. sowie insoweit die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließen sich der Argumentation des Sozialgerichts an und verweisen zudem auf ein Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29. Oktober 2007 sowie einen Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 16. Juli 2007.
In der mündlichen Verhandlung vom 21. Dezember 2007 haben die Beteiligten durch "Teil-Vergleich" erklärt, dass sie in diesem Verfahren die Frage der Zulässigkeit des Abzuges einer Warmwasserpauschale nicht streitig stellen.
Im Übrigen wird zum Sach- und Streitstand auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte durch die Einzelrichterin ergehen, denn die Beteiligten haben hierzu ihr Einverständnis erklärt, § 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 143, 144 SGG. Denn streitig ist weiterhin ein Betrag von mindestens 500,00 EUR (vgl. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG).
Sie ist auch im Übrigen zulässig gemäß § 151 Abs. 1 SGG.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Kläger sind durch die Bescheide der Beklagten in ihren Rechten verletzt. Sie haben Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld II, insbesondere ohne eine Anrechnung des gesamten BAföG-Betrages von 192,00 EUR, also nicht nur lediglich der Pauschale von 20 % (38,40 EUR).
Nach § 7 Abs. 1 SGB I erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben (§ 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Dabei gehören zur Bedarfsgemeinschaft u. a. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nrn. 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.
Die Bedarfsgemeinschaft besteht folglich hier aus der Klägerin zu 1 sowie ihren minderjährigen Söhnen, den Klägern zu 2 und 3.
Gemäß § 19 Abs. 2 erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Die monatliche Regelleistung betrug für Personen, die alleinstehend oder allein erziehend sind, in den neuen Bundesländern gemäß § 20 Abs. 2 SGB II 331,00 EUR. Hier war gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II für die Klägerin zu 1 noch ein Mehrbedarf für Alleinerziehende in Höhe von 79,00 EUR zu berücksichtigen. Mithin ergab sich eine Gesamtleistung von 410,00 EUR.
Nichterwerbsfähige Angehörige, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) haben (§ 28 Abs. 1 SGB II). Das Sozialgeld umfasst die sich aus § 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II ergebenden Leistungen, wobei hier als ergänzende Maßnahme gilt, dass die Regelleistung bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 % der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung beträgt, in den neuen Bundesländern mithin 199,00 EUR bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres.
Der Kläger zu 3 hat folglich einen Anspruch auf Sozialgeld in Höhe von 199,00 EUR.
Die Regelleistung für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft beträgt 80 v. H. der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung, mithin 265,00 EUR. In dieser Höhe hat der Kläger zu 2 einen Anspruch auf Regelleistung.
Daraus ergibt sich ein Gesamtbedarf von 874,00 EUR.
Darüber hinaus werden gemäß § 22 Abs. 1 SGB II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
Für Unterkunft und Heizung hatte die Bedarfsgemeinschaft folgende Aufwendungen:
vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2005
Kaltmiete: 240,75 EUR Heizkosten: 70,40 EUR Nebenkosten: 61,47 EUR Insgesamt: 372,62 EUR
Für April 2005
Kaltmiete: 240,75 EUR Heizkosten: 75,33 EUR Nebenkosten: 64,54 EUR Sonstige Nebenkosten (Müll): 6,63 EUR Insgesamt: 379,25 EUR. Abzüglich der Warmwasserpauschale ergibt dies für Januar bis März 2005 monatlich 357,28 EUR sowie für April 2005 371,91 EUR.
Hieraus errechnete sich ein Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft vor Einkommensanrechnung für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2005 in Höhe von 1.231,28 EUR monatlich und für April 2005 in Höhe von 1.245,91 EUR.
Auf den Gesamtbedarf ist das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gemäß § 19 Satz 2 SGB II anzurechnen.
Hier war ein Gesamtnettoeinkommen der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum von Januar bis März 2005 in Höhe von 502,00 EUR anzurechnen. Für den Monat April 2005 war lediglich noch das Kindergeld in Höhe von 308,00 EUR anzurechnen.
Was als Einkommen zu berücksichtigen ist, ist in § 11 SGB II geregelt. Gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB III sind Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Emp-fängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Zweckbestimmte Einkommen in diesem Sinne sind solche, die dazu bestimmt sind, der Finanzierung des laufenden Lebensunterhalts oder der Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit (vgl. § 1 Abs. 2 SGB II) zu dienen (vgl. Brühl, in: Münder, Sozialgesetzbuch II [2. Aufl., 2007; im Folgenden: LPK-SGB II], § 11 Rdnr. 51; Hasske, in: Estelmann (Hrsg.), SGB II [9. Erg.-Lfg., Mai 2007], § 11 Rdnr. 49). Die Zweckbestimmung muss nicht ausdrücklich im Ge-setz benannt sein, sie kann sich auch aus der erkennbaren Zweckbestimmung des Gesetzes ergeben (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Oktober 2006 – L 19 B 599/06 AS – JURIS-Dokument, Rdnr. 36; Brühl, a. a. O.; Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2005], § 11 Rdnr. 80).
In diesem Sinne ist die Ausbildungsförderung nach dem Ausbildungsförderungsgesetz in Höhe des für die Ausbildung gewährten Betrages eine zweckbestimmte Leistung (ebenso: Hasske, a. a. O., so bereits zu § 77 Abs. 1 BSHG: HambOVG, Urteil vom 9. Februar 1996 – Bf IV 5/92 – JURIS-Dokument, Rdnr. 30 ff.). Die Zweckbestimmung der Ausbildungsförderung ergibt sich aus § 11 Abs. 1 BAföG. Danach wird sie für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet.
Die Qualifizierung der Ausbildungsförderung als zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass sie auch noch einem anderen Zweck als die Leistung nach dem SGB II dient. Soweit das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg die Auffassung vertritt, eine Leistung verfolge erst dann einen anderen Zweck im Sinne dieser Regelung, wenn bei mehreren Zwecken einer Leistung der Zweck, der der Leistung das Gepräge gebe und als vorherrschender, überwiegender Zweck anzusehen sei, mit dem Zweck einer Leistung nach dem SGB II nicht übereinstimme (LSG Berlin-Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Oktober 2006 – L 19 B 599/06 AS-JURIS-Dokument, Rdnr. 36), findet diese einengende Auslegung im Gesetzeswortlaut keine Stütze. Vielmehr macht das Wort "soweit" in § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II deutlich, dass auch Einnahmen zu berücksichtigen sind, bei deren Zweck- bestimmung eine Teilidentität mit den Zwecken von Leistungen nach dem SGB II besteht, im Übrigen aber vom Gesetzgeber auch ein anderer Zweck verfolgt wird (so zu § 77 Abs. 1 BSHG: HambOVG, Urteil vom 9. Februar 1996 – Bf IV 5/92 – JURIS-Dokument, Rdnr. 31). Auch die Gesetzesmaterialien ergeben keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II in der beschriebenen einengenden Auslegung verstanden wissen wollte.
Soweit das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg weiter ausführt, dass von den typischen Kosten des Unterhalts und der Ausbildung an einer staatlichen Ausbildungsstätte der Anteil der Kosten für den Unterhalt größer sein dürfte als der für die Ausbildung, ist dies rein spekulativ. Unabhängig davon, dass in den beim erkennenden Senat anhängigen Verfahren in einer nennenswerten Zahl die Ausbildungsförderung in wesentlichen Teilen für die Kosten der Ausbildung, u. a. für das Schulgeld, eingesetzt werden muss, kommt es im Zusammenhang mit § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II bei einer Leistung mit mehreren Zweckbestimmungen nicht auf die quotenmäßige Aufteilung der typischen Kosten an. Die Schwierigkeiten, die im Einzelfall bei der Bestimmung des auf den jeweiligen Zweck entfallenden Anteils der Ausbildungsförderung entstehen können, können nicht dadurch umgangen werden, dass § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II einengend ausgelegt wird.
Die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg ist zudem insoweit nicht konsequent, als das Gericht im Ergebnis doch einen Anteil der Ausbildungsförderung als der Ausbildung dienend behandelt und nicht als Einkommen berücksichtigt. In entsprechender Weise geht hier die Beklagte nunmehr vor, indem sie durch ihre beschränkt eingelegte Berufung deutlich gemacht hat, dass 20 % des BAföG-Betrages als der Ausbildung dienend behandelt werden könnten. Wenn aber die Ausbildungsförderung wegen der fehlenden Prägung durch den Ausbildungsanteil nicht als Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a angesehen wird, hätte kein quotenmäßiger Abzug bei der Einkommensermittlung erfolgen dürfen. Denn für eine solche Verfahrensweise findet sich weder in § 11 Abs. 3 SGB II noch in § 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung [Alg II-VO]) eine Rechtsgrund-lage.
Ausgehend von der Ausbildungsförderung nach dem Ausbildungsförderungsgesetz als teilweise zweckbestimmter Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II ist der Anteil zu bestimmen, der auf die Ausbildung entfällt und damit nicht als Einkom-men zu berücksichtigen ist. Für die generelle pauschalierende Quotelung, wie sie die Beklagte vorgenommen hat, bietet weder § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II noch § 11 Abs. 1 BAföG eine Stütze. Der Gesetzgeber hat vielmehr die Bedarfe nach dem Bundes-ausbildungsförderungsgesetz als Pauschalen bemessen. Die Festlegung der Pauschalen erfolgte ungeachtet dessen, dass die Bedarfe bei den Auszubildenden jeweils abhängig vom Ausbildungsort, der Ausbildungsart und den verschiedenen Zeiträumen, wie Ausbil-dungszeiten und Ferien, unterschiedlich sind. Eine getrennte Festlegung der Bedarfe für Unterhalt und Ausbildung hat er nicht vorgenommen. Wenn aber der Gesetzgeber im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes von einer variablen Verteilung der Anteile ausgeht und vom Auszubildenden erwartet, dass er ggf. auch einen hohen Anteil an Ausbildungskosten von der Ausbildungspauschale abdeckt, kann im Rahmen des SGB II wegen der Einheit der Rechtsordnung nicht dem Auszubildenden unterstellt werden, dass er generell einen von der Behörde festgelegten, überwiegenden Anteil der Ausbildungsförderung für den Unterhalt einsetzt. Dies entspricht auch dem Zweck des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II. Wie bereits die Vorläuferregelung des § 77 BSHG (vgl. hierzu: HambOVG, Urteil vom 9. Februar 1996 – BV IV 5/92 – JURIS-Dokument Rdnr. 29, m. w. N.) soll zum einen eine Doppelleistung aus öffentlichen Kassen für einen Zweck vermieden werden. Zum anderen soll aber dem Empfänger einer Leistung, mit der ein besonderer Bedarf gedeckt werden soll, diese Bedarfsdeckung nicht dadurch unmöglich gemacht werden, dass er gezwungen wird, die Leistung entgegen ihrer Zweckbestimmung zu verwenden.
Es ist somit im Einzelfall nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen eine Aufteilung der von der auf den Unterhalt und auf die Ausbildung entfallenden Anteile vorzunehmen (so zu § 77 Abs. 1 BSHG: HambOVG, Urteil vom 9. Februar 1996 – Bf IV 5/92 – JURIS-Dokument Rdnr. 31). Als zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II ist der Anteil der Ausbildungsförderung zu berücksichtigen, der mit Nachweisen belegt und in angemessenem Umfang auf die Ausbildungsförderung entfällt. Erst wenn dies nicht möglich ist oder wenn der Antragsteller im SGB II-Verfahren hierauf nicht besteht, kommt eine pauschalierende Festlegung des Ausbildungsanteils der Ausbildungsförderung durch die Behörde in Betracht.
Soweit die Beklagte ihre gegenteilige Auffassung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 26 BSHG, der Vorläuferregelung zu § 7 Abs. 5 SGB II, verweist, ist diese Rechtsprechung nicht einschlägig. § 7 Abs. 5 SGB II betrifft den grundsätzlichen Ausschluss von Auszubildenden, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungs-förderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderfähig sind, vom Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Die Regelung enthält mit-hin eine Aussage zur grundsätzlichen Anspruchsberechtigung dieser Personengruppe. § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II hingegen behandelt die Frage, ob und in welchem Um-fang Einnahmen desjenigen, der Leistungen nach dem SGB II beantragt, oder von Dritten, die bei der Einkommensberechnung nach den Regelungen des SGB II einzubeziehen sind, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind.
Auf dieser Grundlage erweist sich die von der Beklagten vorgenommene Herabsetzung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als unzutreffend. Die Beklagte hat bei dem Kläger zu 2 ein Einkommen in Höhe von 153,60 EUR angesetzt. Dies entspricht 80 % der bewilligten Ausbildungsförderung in Höhe von 192,00 EUR. Demnach werden von der Beklagten 38,40 EUR als der Ausbildung dienende, zweckbestimmte Einnahmen berücksichtigt. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen hat der Kläger zu 2 für die Ausbildung zum "Staatlich anerkannten Assistenten" ein Schulgeld in Höhe von 180,00 EUR monatlich zu zahlen. Zudem entstehen ihm für den Berufsschulbesuch Fahrtkosten in Höhe von 25,10 EUR. Damit übersteigt bereits das nachgewiesene Schulgeld die von der Beklagten zu Grunde gelegte Pauschale. Hinzukommen die weiteren, mit der Ausbildung in Verbindung stehenden Kosten, insbesondere die Fahrtkosten. Auch diese sind durch die vorgelegten Kontoauszüge (Überweisung an die Verkehrsbetriebe Westsachsen) nachgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Denn zur vorliegenden Streitfrage liegt bislang noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Es handelt sich nicht um einen Einzelfall, vielmehr kann diese Fragestellung zahlreiche weitere Verfahren betreffen.
Rechtskraft
Aus
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FSS
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