L 7 B 170/07 KA ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 83 KA 543/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 B 170/07 KA ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.) Bei der Abgrenzung zwischen dem Antrag auf Anordnung, Wiederherstellung oder Feststellung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 b Abs. 1 SGG und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG ist auch entscheidend, ob der Antragsteller bei Eintritt der aufschiebenden Wirkung überhaupt eine vorteilhafte Rechtsposition zurückverlangt.
2.) Ein Bescheid über die Kürzung des Individualbudget ist von der in § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 85 As. 4 Satz 9 SGB V enthaltenen Regelung erfasst, wonach "Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung" keine aufschiebende Wirkung entfalten. Nicht nur der Honorarbescheid selbst, sondern auch die Festlegung eines Individualbudgets ist nämlich "Honorarfestsetzung" in diesem Sinne.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. November 2007 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 250.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist Trägerin u. a. des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) PF sowie des MVZ P GDamm und begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die von der Antragsgegnerin verfügte Festsetzung der Individualbudgets für diese Einrichtungen.

Mit Bescheid vom 27. Juli 2006 hatte die Antragsgegnerin das Individualbudget für die Zeit ab 1. April 2006 jeweils wie folgt festgesetzt:

MVZ P F: Primärkassen 6.697.858 Punkte, Ersatzkassen 6.226.676 Punkte;

MVZ P GDamm: Primärkassen 1.119.801 Punkte, Ersatzkassen 936.153 Punkte.

Der Honorarabrechnung für das zweite Quartal 2007 legte die Antragsgegnerin folgende arztbezogene Individualbudgets (einschließlich der Individualbudgets der seit 1. Januar 2007 eingebrachten Arztsitze) zugrunde:

MVZ PF: Primärkassen 9.556.899 Punkte, Ersatzkassen 9.257.001 Punkte;

MVZ P G Damm: Primärkassen 1.166.789 Punkte, Ersatzkassen 1.017.119 Punkte. Mit Schreiben vom 29. Juni 2007 erklärte die Antragsgegnerin, die Individualbudgets für beide Einrichtungen seien für die Zeit ab 1. Juli 2007 zu kürzen. Nach dem ab 1. Juli 2007 gültigen Vertrag über den Honorarverteilungsmaßstab könne ein Individualbudget ganz oder teil-weise aufgehoben werden, wenn die Praxis nicht mehr in dem der Bemessung zugrunde liegenden Umfang an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehme. Bei einer Überprüfung sei festgestellt worden, dass die arztbezogene Fallzahlentwicklung der Individualbudgets bei der Betrachtung des der Bemessung zugrunde liegenden Umfangs gegenüber dem Jahr 2006 um 50,41 Prozent beim MVZ P F und um 29,78 Prozent beim MVZ P GDamm rückläufig sei. Eine Anpassung des Gesamtindividualbudgets erfolge auf der Grundlage dieses prozentualen Anteils; das endgültige Individualbudget sei den Honorarbescheiden für das Quartal III/2007 zu entnehmen.

Auf den hiergegen von der Antragstellerin erhobenen Widerspruch setzte die Antragsgegnerin zunächst die Vollziehung aus.

Mit Bescheid vom 2. August 2007 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie ihre Entscheidung vom 29. Juni 2007 ändere. Sie verfügte nun, das mit Bescheid vom 27. Juli 2006 festgesetzte Individualbudget zuzüglich der Individualbudgets der seit 1. Januar 2007 eingebrachten Arztsitze für das MVZ P F im Primärkassenbereich um 6,3 Prozent und im Ersatzkassenbereich um 2,1 Prozent sowie für das MVZ P GDamm im Primärkassenbereich um 25,3 Prozent und im Ersatzkassenbereich um 8,8 Prozent zu "kürzen", so dass sich ab dem dritten Quartal 2007 folgende Individualbudgets ergäben:

MVZ P F: Primärkassen 7.869.351,6 Punkte, Ersatzkassen 7.641.950,8 Punkte;

MVZ P G Damm: Primärkassen 921.048,6 Punkte, Ersatzkassen 791.749,8 Punkte.

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, die Anpassung des Individualbudgets erfolge über einen Fallzahlenvergleich für die Jahre 2002 und 2006. Aus einer nach Arztgruppen unterteilten Berechnung ergebe sich die o.g. jeweilige Summe des Indivi-dualbudgets. Wegen der Einzelheiten des 24 Seiten umfassenden Bescheides vom 2. August 2007 und der Berechnungsschritte im Einzelnen wird auf Bl. 40 bis 62 der Gerichtsakte Be-zug genommen.

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2007 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, die Aussetzung der Vollziehung aufzuheben.

Bereits am 1. Oktober 2007 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Berlin um Gewährung von Eilrechtsschutz nachgesucht. Sie meint, dass ihr Widerspruch gegen die Kürzung des Individualbudgets schon von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung entfalte, was festzustellen sei; § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V erstrecke sich nicht auf die Kürzung eines Individualbudgets. Hilfsweise sei die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, da die Kürzung rechtswidrig sei.

Mit Beschluss vom 14. November 2007 hat das Sozialgericht Berlin den Eilantrag zurückgewiesen, den Streitwert auf 221.684,00 Euro festgesetzt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Widerspruch der Antragstellerin gegen die Kürzung des Individualbudget entfalte aufgrund der in § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V enthaltenen Regelung keine aufschiebende Wirkung. Zwar habe danach nur der Widerspruch gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung keine aufschiebende Wirkung; die Vorschrift sei jedoch auch auf die Festsetzung des Individualbudgets anzuwenden, weil mit der Kürzung des Individualbud-gets eine Entscheidung über die Gesamtvergütung des Vertragsarztes getroffen werde. Auch der auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gerichtete Hilfsantrag habe keinen Erfolg. Die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens seien aufgrund der Komplexität von Sach- und Rechtslage offen und im Eilverfahren nicht hinreichend prüfbar. Die auf dieser Grundlage gebotene Interessenabwägung gehe zu Lasten der Antragstellerin aus, weil diese ihre wirtschaftliche Situation nicht offen gelegt habe und die Kammer daher nicht davon ausgehen könne, dass sie den Einnahmeverlust wirtschaftlich nicht überstehen werde.

Gegen den ihr am 16. November 2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 17. Dezember 2007 (Montag) erhobene Beschwerde der Antragstellerin. Sie berechnet die zu befürchtenden Kürzungen mit 222.683,23 Euro pro Quartal bzw. 890.732,92 Euro pro Jahr für das MVZ P F und mit 22.102,95 Euro pro Quartal bzw. 88.411,78 Euro pro Jahr für das MVZ P G Damm. Zur wirtschaftlichen Situation des MVZ P F hat die Antragstellerin eine "Plan-Erfolgsrechnung 2008 – 2012" vorgelegt, auf deren Inhalt (Bl. 325 der Gerichtsakte) Bezug genommen wird.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. November 2007 aufzuheben und festzustellen, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 2. August 2007 aufschiebende Wirkung hat,

hilfsweise,

die aufschiebende Wirkung dieses Widerspruchs anzuordnen,

weiter hilfsweise,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin für das MVZ P Fab dem Quartal III/2007 ein Individualbudget i.H.v. 10.856.322 Punkten im Primärkassenbereich und i.H.v. 10.020.840 Punkten im Ersatzkassenbereich unter Berücksichtigung der Quartalsgewichtungen sowie der in den Quartalen ab III/2007 durch die Hinzunahme von weiteren Vertragsarztsitzen zusätzlich eingebrachten Individualbudgets zu gewähren,

weiter hilfsweise,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin für das MVZ Polikum Grazer Damm ab dem Quartal III/2007 ein Individualbudget i.H.v. 1.235.350,9 Punkten im Primärkassenbereich und i.H.v. 1.010.048,6 Punkten im Ersatzkassenbereich unter Berücksichtigung der Quartalsgewichtungen sowie der in den Quartalen ab III/2007 durch die Hinzunahme von weiteren Vertragsarztsitzen zusätzlich eingebrachten Individualbudgets zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie beabsichtige nach wie vor, den Honorarabrechnungen ab dem dritten Quartal 2007 – vorbehaltlich hinzukommender oder wegfallender Arztsitze – die im Tenor des Bescheides vom 2. August 2007 genannten Gesamtpunktzahlen für die Individualbudgets zugrunde zu legen.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten nimmt der Senat ergänzend Bezug auf die Gerichtsakten sowie den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 SGG), hat jedoch keinen Erfolg. Das Sozialgericht Berlin hat den Eilantrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

1. MVZ PF Im Hinblick auf das MVZ PF sind Haupt- und erster Hilfsantrag unzulässig, denn bei dem gegebenen Sachverhalt können Feststellung oder Anordnung aufschiebender Wirkung der Antragstellerin zu keiner vorteilhaften Rechtsposition verhelfen. Zulässig ist daher nur der zweite, auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Hilfsantrag. Ein an § 86 b Abs. 1 SGG orientierter Eilantrag, der einen Antragsteller (wieder) in den Genuss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Klage bringen will, setzt eine belastende Regelung in Gestalt eines Verwaltungsakts voraus. Sofern das Gericht die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anordnet, wiederherstellt oder auch nur (analog § 86 b Abs. 1 SGG) feststellt, wird dem Antragsteller in diesen Fällen wieder eine vorher schon innegehabte vorteilhaftere Rechtsposition zuteil, weil die belastende Regelung nicht vollzogen werden darf. In der Regel wird es sich daher beim Eilrechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 SGG um eine so genannte Anfechtungskonstellation handeln, bei der im Hauptsacheverfahren die belastende Regelung mit Widerspruch oder Klage anzufechten ist. Bei Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags nach § 86 b Abs. 1 SGG ist deshalb zu klären, ob dem Antragsteller mit der isolierten Anfechtung bzw. der Suspendierung der beanstandeten Regelung überhaupt geholfen ist. Im Falle des MVZ P F ist dies zu verneinen. Ausschlaggebend ist dabei ein Vergleich der Verfügungssätze der maßgeblichen, das Individualbudget festsetzenden Bescheide. Streitgegenständlich ist nämlich ausschließlich die Höhe des durch gesonderten Verwaltungsakt festsetzbaren (und hier auch festgesetzten) Individualbudgets der Antragstellerin. Ausgangspunkt ist hier der bestandskräftige Bescheid vom 27. Juli 2006, mit dem die Antragsgegnerin das Individualbudget für die Zeit ab 1. April 2006 auf 6.697.858 Punkte im Primär- und auf 6.226.676 Punkte im Ersatzkassenbereich festgelegt hatte. Hätte ein späterer Bescheid diesen Verfügungssatz verändert, indem die Höhe der Punktzahl verringert worden wäre, so wäre, gemessen an obigen Ausführungen, der Antrag nach § 86 b Abs. 1 SGG statthaft. Im vorliegenden Fall kam es mit dem insoweit einzig maßgeblichen Bescheid vom 2. August 2007 indessen zu einer echten Besserstellung der Antragstellerin, denn dieser legte ab dem dritten Quartal 2007 7.869.351,6 Punkte für den Primär- und 7.641.950,8 Punkte für den Ersatzkassenbereich als Individualbudget fest. Im Vergleich zu dem vorangegangenen Bescheid vom 27. Juli 2006 kam es damit zu einer echten Erhöhung der Punktzahl. Außer betracht lässt der Senat dabei das Schreiben der Antragsgegnerin vom 29. Juni 2007, das formal zwar als Bescheid zu bezeichnen sein mag, inhaltlich aber eher einer bloßen An-kündigung gleichkommt und jedenfalls vollständig durch den Bescheid vom 2. August 2007 ersetzt worden ist. Bei Ermittlung des "vorher / nachher" in Gestalt der Bescheide vom 27. Juli 2006 und 2. August 2007 ist für den Senat einzig die festgesetzte absolute Höhe der Punktmengen maßgeb-lich, denn allein darauf zielt die Festsetzung des Individualbudgets. Der maßgebliche Verfügungssatz erschöpft sich in der Benennung der Punktmengen. So gesehen ist die Neuregelung vom 2. August 2007 für die Antragstellerin günstiger als die zuvor geltende Regelung vom 27. Juli 2006, denn sowohl im Primär- wie auch im Ersatzkassenbereich wurde die Punkt-menge (um 1.171.493,6 bzw. 1.415.274,8 Punkte) erhöht. Unerheblich ist schließlich, dass die Antragsgegnerin der Honorarabrechnung für das zweite Quartal 2007 konkret 9.556.899 Punkte im Primär- und 9.257.001 Punkte im Ersatzkassenbereich zugrunde legte, denn diese Punktmengen ergaben sich auch aufgrund der Berücksichtigung der seit 1. Januar 2007 eingebrachten Arztsitze und beziehen sich nur auf dieses eine Quartal, so dass sie keine Auswirkungen auf das zuvor gesondert festgesetzte Individualbudget der Antragstellerin haben. Im Übrigen wird die bestandskräftige Festsetzung eines Individualbudgets nicht durch einen später ergehenden Honorarbescheid im Sinne von § 96 Abs. 1 SGG "ersetzt", sondern bleibt als eigenständige Regelung bestehen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 21. Oktober 1998, B 6 KA 65/97 R, Rdnr. 17, zitiert nach juris). Sofern die Antragstellerin die mit Bescheid vom 2. August 2007 festgesetzten Punktmengen beanstandet, ist ihr nach alledem im Eilverfahren der Weg über § 86 b Abs. 1 SGG verschlossen; statthaft ist insoweit allein der Weg über die einstweilige Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG, denn im Rahmen einer Verpflichtungskonstellation begehrt sie die weitere Verbesserung ihrer Rechtsstellung in Gestalt (noch) höherer Punktmengen, wie sie sie im zweiten Hilfsantrag mit 10.856.322 Punkten im Primär- und mit 10.020.840 Punkten im Ersatzkassenbereich benannt hat. Der danach zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Form des zweiten Hilfsantrages ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin begehrt insoweit den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Danach sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint; Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Während der Anordnungsanspruch das geltend gemachte materielle Recht umfasst, betrifft der Anordnungsgrund die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung notwendige Dringlichkeit. Beide Merkmale müssen kumulativ vorliegen. Der Senat sieht schon den Anordnungsanspruch nicht als hinreichend glaubhaft gemacht an. Es ist schlechterdings nicht nachvollziehbar, warum die Antragstellerin in Bezug auf das MVZ P F ab dem Quartal III/2007 einen Anspruch auf ein Individualbudget mit 10.856.322 Punkten im Primär- und 10.020.840 Punkten im Ersatzkassenbereich haben sollte. Die Antragstellerin hat nicht plausibel gemacht, geschweige denn in Gestalt einer transparenten Berechnung dargelegt, aus welchen Gründen sie eine Festlegung gerade der genannten Punktmengen beansprucht. In diesem Zusammenhang wäre es etwa erforderlich gewesen, die Entwicklung der in das MVZ seit Erlass des Bescheides vom 27. Juli 2006 eingebrachten Arztsitze und Fallzahlen zu schildern und im Einzelnen zu begründen, warum es zu einer (so gravie-renden) Erhöhung des Individualbudgets in so kurzer Zeit kommen soll. Sofern die Antragstellerin im Wesentlichen auf die bei der Honorarabrechnung für das zweite Quartal 2007 zugrunde gelegten Punktmengen rekurriert, die deutlich über den Punktmengen des Beschei-des vom 27. Juli 2006, aber zugleich deutlich unter den Werten des Antrags auf einstweilige Anordnung liegen, kann nur wiederholt werden, dass die Berechnungselemente eines Honorarbescheides die vorherige Festlegung eines Individualbudgets nicht ersetzen, so dass allein aufgrund des Honorarbescheides für das zweite Quartal 2007 nicht etwa für die Zukunft nach Art eines "Besitzstandes" von dem vorab festgelegten Individualbudget abgesehen werden kann. Zugleich mangelt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Die für das Eilverfahren nach § 86 b Abs. 2 SGG kennzeichnende Dringlichkeit muss darin bestehen, dass dem Antragsteller das Abwarten des Hauptsacheverfahrens unzumutbar ist, weil ansonsten wesentliche Nachteile in Gestalt eines erheblichen, nicht rückgängig zu machenden Rechtsverlusts einzutreten drohen. Hierfür ist nichts ersichtlich. Insoweit hat die Antragstellerin lediglich eine wenig aussagekräftige "Plan-Erfolgsrechnung 2008 – 2012" vorgelegt, die indessen nur Prognosezahlen für die Jahre 2007 bis 2009 enthält. Dieser Aufstellung lässt sich nicht entnehmen, welche Folgen drohen, sofern das Individualbudget der Antragstellerin nicht das mit der einstweiligen Anordnung begehrte Maß erreicht. Es mangelt insgesamt an nachvollziehba-rem Vorbringen für die wirtschaftlichen Auswirkungen, die das Individualbudget in Höhe des Bescheides vom 2. August 2007 nach sich zieht. Dass der Bescheid vom 2. August 2007 eine wirtschaftliche Existenzgefährdung für die Antragstellerin mit sich bringt, ist lediglich behauptet, doch in keiner Weise glaubhaft gemacht worden.

2. MVZ P GDamm Im Hinblick auf das MVZ PG Damm ist der Eilantrag nach § 86 b Abs. 1 SGG zulässig. Der Verfügungssatz des angefochtenen Bescheides vom 2. August 2007 enthält mit 921.048,6 Punkten im Primär- und 791.749,8 Punkten im Ersatzkassenbereich nämlich eine echte Schlechterstellung gegenüber dem Bescheid vom 27. Juli 2006, der 1.119.801 bzw. 936.153 Punkte festgesetzt hatte. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs würde daher eine vorteilhaftere Rechtsposition aufleben lassen. Bis zur Grenze der ursprünglich mit Bescheid vom 27. Juli 2006 festgesetzten Punktwerte ist der Eilantrag daher nach § 86 b Abs. 1 SGG (Fest-stellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung) zu behandeln. Soweit die Antragstellerin aber darüber hinaus für die Zeit ab dem dritten Quartal 2007 Punktmengen als Individualbudget begehrt, die über den Bescheid vom 27. Juli 2006 hinaus gehen, ist der Eilantrag als ein solcher auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG anzusehen, denn insoweit soll eine erstmalige, über das ursprüngliche Niveau hinaus gehende Begünsti-gung erstritten werden. Im Rahmen des Antrages nach § 86 b Abs. 1 SGG – soweit die Antragstellerin also jedenfalls 1.119.801 Punkte im Primär- und 936.153 Punkte im Ersatzkassenbereich erhalten will – kann es zur Überzeugung des Senats nur um die Anordnung, nicht aber um die Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 2. August 2007 gehen, denn der Widerspruch entfaltet entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht schon kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Der auf eine entsprechende Anwendung von § 86 b Abs. 1 Satz 1 SGG zielende Hauptantrag der Antragstellerin ist demgemäß unstatthaft. Ein Bescheid über die Kürzung des Individualbudgets ist von der in § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V enthaltenen Regelung erfasst, wonach "Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung" keine aufschiebende Wirkung entfalten. Die Festsetzung eines Individualbudgets ist nämlich "Honorarfestsetzung" in diesem Sinne. Unzweifelhaft sind vom Begriff der Honorarfestsetzung in § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V jedenfalls herkömmliche Honorarbescheide erfasst: Die Verteilung der Gesamtvergütung an die Vertragsärzte wird von der Antragsgegnerin gemäß § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V anhand des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) vorgenommen, den sie mit den Verbänden der Krankenkassen vereinbart hat (hier: HVM vom 8. Juni 2007 für die Quartale III und IV/2007). Die quartalsweise vorzunehmende Honorarfestsetzung vollzieht sich dabei in Form von Verwaltungsakten, die einen genauen Geldbetrag ausweisen; dasselbe gilt für die Änderung oder die Aufhebung der Honorarfestsetzung. Nach dem in § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers sollen jedenfalls diese "Honorarbescheide" sofort vollziehbar sein, um die finanzielle Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Leistungserbringung zu gewährleisten (vgl. BT-Drs. 14/6335, S. 33, zu Art. 4). Nicht nur begünstigende Honorarbescheide, sondern auch Honoraraufhebungs- und rückforderungsbescheide sind daher sofort vollziehbar im Sinne von § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V, da die dort getroffene Regelung ansonsten im Falle einer späteren Überprüfung und Korrektur von Honorarfestsetzungen, die unmittelbare Auswirkungen auf die finanzielle Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Leistungserbringung haben, wirkungslos wäre (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. Januar 2003, L 10 B 22/02 KA ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Mai 2007, L 7 B 97/06 KA ER, zitiert jeweils nach juris). Allerdings geht der in § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V vom Gesetzgeber benutzte Begriff der Honorarfestsetzung über den Honorarbescheid im engeren Sinne hinaus. Der Gesetzgeber hat nämlich die sofortige Vollziehbarkeit sämtlicher die Honorarfestsetzung betreffender Verwaltungsakte zum Regelfall erklärt. Der konkrete Honorarbescheid enthält für die Quartalsab-rechnung zwei Hauptkomponenten, die Punktmenge und den Punktwert. Die Punktmenge ist damit Kernbestandteil eines jeden Honorarbescheides; sofern sie – wie hier – vorab durch gesonderten Bescheid als Individualbudget festgelegt wurde, wird diese Punktmenge in den eigentlichen Honorarbescheid nur noch nach Art einer wiederholenden Verfügung integriert. Aus Sicht des Vertragsarztes gibt diese vorab erfolgende Festlegung eines Elements der Honorarfestsetzung Kalkulationssicherheit in dem Sinne, dass er bei ungefähr gleich bleibenden Behandlungsfällen und –voraussetzungen schon zu Beginn eines Quartals abschätzen kann, welche Höhe sein zu erwartendes Honorar haben wird; dieser Zugewinn an Kalkulationssicherheit ist ein im Rahmen von § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit billigenswertes Ziel (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Dezember 2003, B 6 KA 54/02 R, Rdnr. 18, zitiert nach juris). Der untrennbare Bezug des Individualbudgets zur Honorarfestsetzung zeigt sich auch darin, dass seine Festset-zung isoliert Bestandskraft erlangen kann und damit – vergleichbar etwa dem bauplanungs-rechtlichen Vorbescheid in Bezug zur später ergehenden Baugenehmigung – ein verlässliches Element der "Planung" bzw. der Honorarberechnung darstellt. § 96 Abs. 1 SGG findet insoweit keine Anwendung: Ein Honorarbescheid "ersetzt" nicht etwa einen zuvor ergangenen Bescheid über die Höhe des Individualbudgets; zwar beruhen Honorarbescheide unter anderem auf der der eigentlichen Honorarverteilung vorangehenden Festsetzung der auf den einzelnen Vertragsarzt entfallenden Bemessungsgrenze, doch diese Festsetzung hat eigenständige Bedeutung. Sofern der Bescheid über die Höhe des Individualbudgets bestandskräftig geworden ist, kann ein unter anderem auf dieser Grundlage ergangener Honorarbescheid nicht mehr mit der Begründung angefochten werden, die Bemessungsgrundlage sei fehlerhaft ermittelt worden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 21. Oktober 1998, B 6 KA 65/97 R, Rdnr. 17, zitiert nach juris). Letztlich würde es damit dem gesetzgeberischen Willen, die finanzielle Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Leistungserbringung zu gewährleisten, widersprechen, Rechtsbehelfen gegen die Festlegung des Individualbudgets aufschiebende Wirkung beizumessen, denn sie ist integraler Bestandteil der Honorarfestsetzung. Nach alledem ist der Eilantrag in Bezug auf das MVZ P G Damm und bis zur Grenze der ur-sprünglich im Bescheid vom 27. Juli 2006 festgesetzten Punktmengen mit dem ersten Hilfsantrag statthaft; die Antragstellerin begehrt mithin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 2. August 2007. Der so verstandene Antrag ist jedoch unbegründet. Im Rahmen der Begründetheitsprüfung ist – bezogen auf den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts – eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der unter Beachtung der vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, den Eintritt der aufschiebenden Wirkung abweichend von dem in § 86 a Abs. 1 SGG geregelten Grundsatz nach § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V gerade auszuschließen, die jeweiligen Interessen der Beteiligten gegeneinan-der abzuwägen sind. Ergibt diese Abwägung, dass das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs das öffentliche Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung seines Bescheides überwiegt, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Dies wiederum ist in aller Regel dann der Fall, wenn sich der angegriffene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig erweist und dies mit einer subjektiven Rechtsverletzung des Belasteten einhergeht, weil an der sofortigen Vollziehung eines mit der Rechtsordnung nicht im Einklang stehenden Bescheides kein öffentliches Interesse besteht. Umgekehrt überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Be-scheides das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs grundsätzlich dann, wenn gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides offensichtlich keine Bedenken bestehen. In diesem Fall ist die aufschiebende Wirkung in der Regel nicht anzuordnen. Lässt sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides indes nicht hinreichend sicher beantworten, kommt es unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundentscheidung des Gesetzgebers für die Begründetheit des Antrages entscheidend auf die sonstigen Interessen der Beteiligten an. Grundsätzlich hat hierbei zu gelten, dass die an das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu stellenden Anforderungen im Sinne einer dynamischen Betrachtung um so höher sein müssen, je geringer die Erfolgsaussichten des von ihm in der Hauptsache eingelegten Rechtsbe-helfs zu bewerten sind. Nicht außer Betracht gelassen werden dürfen in diesem Zusammenhang die wechselseitig eintretenden Folgen, die jeweils entstünden, wenn sich die durch das Gericht getroffene Eilentscheidung im Hauptsacheverfahren als unzutreffend erweisen sollte. Hieran gemessen kann der Eilantrag keinen Erfolg haben. Wie auch das Sozialgericht meint der Senat, dass die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 2. August 2007 sich aufgrund der erheblichen Komplexität von Sach- und Rechtslage einer verlässlichen Überprüfung im Eilverfahren entzieht. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf Bl. 6 des mit der Beschwerde angegriffenen Beschlusses Bezug. Die vor diesem Hintergrund zu treffende "freie" Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Weil es Sinn und Zweck des Ausschlusses der aufschiebende Wirkung durch § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V ist, die Finanzierbarkeit der Honorarverteilung nicht zu gefährden und die Gewährleistung der finanziellen Stabilität des Finanzierungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung einen besonders herausgehobenen Gemeinwohlbelang darstellt, darf das Aussetzungsinteresse in einer Konstellation wie der vorliegenden nur zurücktreten, wenn die sofortige Vollziehung für den Vertragsarzt eine besondere Härte mit sich bringen würde (vgl. Beschluss des Senats vom 6. Februar 2006, L 7 B 1043/05 KA ER, zitiert nach juris). Es ist indessen nichts dafür ersichtlich, dass die sofortige Vollziehung des angefochtenen Bescheides eine solche besondere Härte für die Antragstellerin zur Folge hätte oder dass unumkehrbare, existenzbedrohende Nachteile entstünden, sofern das vorliegende Eilverfahren verloren geht, aber eine nachfolgende Hauptsacheentscheidung zu ihren Gunsten ausfällt. Drastische wirtschaftliche Konsequenzen sind nach Vorbringen der Antragstellerin und Aktenlage für das MVZ P G Damm nicht zu befürchten. Dies ergibt sich schon aus der nur verhältnismäßig geringfügigen Kürzung des Individualbudgets durch den Bescheid vom 2. August 2007 (rund 200.000 Punkte im Primär- und rund 145.000 Punkte im Ersatzkassenbereich). Da einerseits nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Antragstellerin einen Einnahmeausfall insoweit nicht verkraften kann, andererseits aber das in § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V zum Ausdruck kommende Gemeinwohlinteresse eine sofortige Vollziehung von Maßnahmen der Honorarfestsetzung gebietet, muss der Eilantrag auch insoweit ohne Erfolg bleiben. Soweit der Eilantrag mit dem zweiten Hilfsantrag schließlich auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet ist, weil Punktmengen begehrt werden, die noch über den Bescheid vom 27. Juli 2006 hinausgehen, hat er – erst recht – ebenfalls keinen Erfolg. Insoweit gilt das oben zum MVZ P F Gesagte entsprechend: Weder Anordnungsanspruch noch Anordnungs-grund sind hinreichend glaubhaft gemacht, so dass vorläufiger Rechtsschutz insgesamt nicht beansprucht werden kann; der Antragstellerin ist das Abwarten des Hauptsacheverfahrens zumutbar. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) und geht – gerundet – auf die Angaben der Antragstellerin zu den insgesamt pro Quartal befürchteten Einnahmeverlusten zurück.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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