Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 SB 3508/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts K. vom 26. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht der Grad der Behinderung (GdB) des 1950 geborenen Klägers.
Im September 1999 stellte der Kläger erstmals Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung, den er mit einem Mundbodencarcinom begründete. Mit Bescheid vom 22. Dezember 1999 stellte das Versorgungsamt R. (VA) einen GdB von 100 ab 14. September 1999 fest, dem als Behinderungen eine Mund- und Rachenerkrankung in Heilungsbewährung zugrunde lagen.
Im Juli 2004 überprüfte das VA die Feststellung des GdB von Amts wegen und befragte den behandelnden Arzt für Allgemeinmedizin Dr. M ... Dieser übersandte zahlreiche Befundberichte und Arztbriefe, datierend lediglich bis ins Jahr 2000, die ab Juni 2000 Rezidivfreiheit beschrieben. Befragt wurde auch der behandelnde Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. V. nach dem aktuellen Stand. Dieser berichtete, dass er den Kläger seit Oktober 1999 nicht mehr behandle. Daraufhin wurde der Kläger zur beabsichtigten Neufeststellung des GdB angehört.
Der Kläger legte daraufhin das ärztliche Attest des Dr. M. vom 12. Juli 2005 vor. Danach befinde sich der Kläger in Remission. Dennoch sei dieser aufgrund der massiv großen Operation und Zustand nach Bestrahlung und Chemotherapie nach wie vor massiv beeinträchtigt. Daher könne man nicht von einem Stadium der Heilungsbewährung nach Tumorerkrankung ausgehen. Vorgelegt wurde weiter der Arztbrief von Dr. V. nach einer Untersuchung des Klägers im September 2005, ohne Befund.
Mit Bescheid vom 15. Februar 2006 hob das VA den Bescheid vom 22. Dezember 1999 nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf und stellte den GdB mit 30 fest. Als Behinderungen wurden Restbeschwerden nach Radio-Chemotherapie und Teilentfernung der Halsweichteile (Neck-dissection) zugrunde gelegt. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2006 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 20. Juni 2006 Klage zum Sozialgericht K. (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, er leide auch nach Ablauf der Heilungsbewährung noch unter gravierenden Beeinträchtigungen. Bei einer Größe von 175 cm wiege er gerade 52 kg. Der als sachverständige Zeuge befragte Dr. M. hat unter dem 26. September 2006 mitgeteilt, beim Kläger bestehe eine erhöhte Infektanfälligkeit, ein GdB von 100 sei angemessen. Des Weiteren ist darin ausgeführt "bösartige Neubildung des Zungengrunds, bei Zustand nach OP und Radiatio eines Mundbodencarcinoms 1999". Dr. V. hat berichtet, es liege eine chronische Schleimhautentzündung im Rachenbereich bei fortgesetztem Nikotinabusus ohne Sprech-, Sprach- oder Schluckstörung vor. Eine Behinderung bestehe nicht (Aussage vom 16.11.2006).
Mit Gerichtsbescheid vom 26. Juni 2007 hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen den am 4. Juli 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17. Juli 2007 Berufung eingelegt, gestützt auf die Aussage von Dr. M ... Darin sei ein Rezidiv des Carcinoms beschrieben worden. Das SG hätte zumindest von Amts wegen ein Gutachten einholen müssen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts K. vom 26. Juni 2007 sowie den Bescheid vom 15. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Mai 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, beim Kläger einen GdB von mehr als 30 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 13. September 2007 hat die Berichterstatterin des Verfahrens darauf hingewiesen, dass keine weiteren Sachverhaltsermittlungen von Amts wegen erfolgen. Frist zur Antragstellung nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), zur Benennung eines zur Gutachtenserstellung bereiten Arztes sowie zur Einzahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 1.800,- EUR ist bis zum 10. Oktober 2007 gesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2007 ist Prof. Dr. Dr. hc Laszig als Gutachter benannt worden, am 23. Januar 2008 ist der Kostenvorschuss bei der Landesoberkasse eingegangen. Am 18. Februar 2008 ist die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. März 2008 erfolgt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. März 2008 hat der Senat auf Antrag des Klägerbevollmächtigten den Rechtsstreit vertagt und die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. M. zur Frage des Vorliegens eines Rezidivs eingeholt. Auf den Inhalt der Auskunft vom 29. März 2008 wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Ein höherer GdB als 30 ist nicht festzustellen.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB X).
In den tatsächlichen Verhältnissen, die dem Erlass des Bescheids vom 22. Dezember 1999 zugrunde gelegen haben, ist eine wesentliche Änderung eingetreten, da sich der Zustand des Klägers deutlich gebessert hat, eine sogenannte Heilungsbewährung des Krebsleidens ohne Remission eingetreten ist und daher der GdB nicht mehr mit 100 zu bemessen ist.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind insoweit seit 01.07.2001 die Vorschriften des 9. Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (Artikel 63, 68 des SGB IX vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden ebenfalls die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag stellen die Behörden einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie über weitere gesundheitliche Merkmale aus.
Diese Vorschriften sind weitgehend inhaltsgleich mit den bis zum 30.06.2001 geltenden Vorschriften der §§ 3 und 4 SchwbG, weshalb die bisherigen Grundsätze zur GdB-Bewertung weiter angewandt werden können. Inwieweit in Einzelfällen Gesundheitsstörungen über die damit verbundenen Funktionseinschränkungen hinaus Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft haben und auch diese Auswirkungen insoweit bei der GdB-Einschätzung zu berücksichtigten sind (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2001 - B 9 SB 1/01 R), kann dahinstehen, denn solche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich. Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei orientiert sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten an den Bewertungsmaßstäben, wie sie in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", Ausgabe 2004 (AP) niedergelegt sind (vgl. BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 4; SozR 3 - 3870 § 4 SchwbG Nr. 19 und Urteil vom 07.11.2001 aaO). Die AP besitzen zwar keine Normqualität, weil sie weder auf einem Gesetz noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften beruhen. Sie sind vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen, die in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit wirken, und haben deshalb normähnliche Auswirkungen. Auch sind sie im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen von den Gerichten anzuwenden (vgl. BSGE 72, 285, 286; BSG SozR 3 - 3870 aaO; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R).
Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist nach den Grundsätzen zu verfahren, wie sie in den AP (Abschnitt 19) ihren Niederschlag gefunden haben. Danach sind bei der Festsetzung des Gesamt-GdB die Auswirkungen aller Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander maßgebend (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, führen nicht zu einer Zunahme der Gesamtbeeinträchtigung, auch wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Behinderung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB verursacht. Dann ist im Hinblick auf weitere Behinderungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung insgesamt größer wird und deshalb dem höchsten Einzel-GdB ein Behinderungsgrad von 10 oder 20 oder mehr hinzuzufügen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Mathematische Methoden, insbesondere eine Addition der einzelnen GdB-Werte, sind hierbei ausgeschlossen (BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 4). Unter Berücksichtigung der in den Anhaltspunkten niedergelegten Grundsätze ist im Fall des Klägers ein GdB von 30 festzustellen.
In einer zum Versorgungsrecht ergangenen Entscheidung hat das Bundessozialgericht BSG (BSGE 17, 63, 64 = SozR Nr.17 zu § 62 BVG) erstmals dargelegt, dass bei einer Erkrankung, die zu Rückfällen neigt - im dortigen Fall eine Lungentuberkulose - erst nach Ablauf einer Bewährungsfrist von einer gesicherten Heilung ausgegangen werden kann. In dem jahrelangen Inaktivbleiben einer vorher aktiven und zu Rückfällen neigenden Krankheit liege ein Übergang vom Stadium der Aktivität zu dem der Inaktivität, der eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des damaligen § 62 Abs 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) begründe. Nach den Anhaltspunkten Nr. 18 (7) sind Gesundheitsstörungen, die erst in der Zukunft zu erwarten sind, bei der GdB/MdE-Beurteilung nicht zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit des Abwartens einer Heilungsbewährung bei Gesundheitsstörungen, die zu Rezidiven neigen, stelle eine andere Situation dar; während der Zeit des Abwartens einer Heilungsbewährung sei ein höherer GdB/MdE-Wert, als er sich aus dem festgestellten Schaden ergibt, gerechtfertigt. Außerdem wird unter Nr. 24 (3) ausgeführt: "Nach der Behandlung von Krankheiten, die zu Rezidiven neigen (z.B. bösartige Geschwulstkrankheiten, chronische Osteomyelitis), und nach Transplantationen innerer Organe ist bei der Herabsetzung des GdB/MdE-Grades Zurückhaltung zu üben. Auch bei gleich bleibenden Symptomen ist eine Neubewertung später zulässig, weil die Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse darstellt." Unter Nr. 26.1 (3) heißt es: "Nach Transplantationen innerer Organe und nach der Behandlung bestimmter Krankheiten, die zu Rezidiven neigen, ist bei der GdB/MdE-Bemessung eine Heilungsbewährung abzuwarten. Insbesondere gilt dies bei malignen Geschwulstkrankheiten. Der Zeitraum des Abwartens einer Heilungsbewährung beträgt in der Regel fünf Jahre."
Nach Maßgabe dieser Grundsätze, an denen sich der Senat zur Gleichbehandlung aller Behinderten orientiert, ist beim Kläger davon auszugehen, dass das Stadium der Heilungsbewährung erreicht ist, denn ein Rezidiv der Erkrankung ist nicht aufgetreten. Auch liegen nach den aktenkundigen sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. M. und Dr. V. keine funktionellen Beeinträchtigungen vor, die weiterhin einen GdB von 100 rechtfertigen könnten. Dr. V. hat uneingeschränkte Sprach- und Schluckfähigkeit bei auch im Übrigen unauffälligem Befund mitgeteilt. Soweit Dr. M. aufgrund des Verhältnisses Körpergröße und Körpergewicht ausgeführt hat, der Allgemeinzustand des Klägers sei weiterhin beeinträchtigt, so dass nicht von einer Heilungsbewährung ausgegangen werden kann, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Der Kläger hatte selbst offenbar zwischen 2000 und 2005 keinen Arztkontakt, so dass schon insoweit nicht von einem relevanten Leidensdruck ausgegangen werden kann, der für eine erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens hätte sprechen können. Jedenfalls wurden aus dieser Zeit keinerlei ärztliche Unterlagen vorgelegt, auch Dr. M. und Dr. V. hat der Kläger erst wieder aus Anlass der Anhörung zur beabsichtigten Herabsetzung des GdB aufgesucht.
Darüber hinaus ist in der Verwaltungsakte ein Arztbrief schon aus dem Jahr 1994 aktenkundig, in dem bereits ein reduzierter Allgemeinzustand des Klägers (bei Nikotin- und Alkoholabusus) beschrieben wird. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich bei dem von Dr. M. mitgeteilten geringen Gewicht im Verhältnis zur Körpergröße um den konstitutionell "normalen" Wert des Klägers handelt, der per se noch keinen Krankheitswert besitzen und daher auch keine Behinderungen im Sinne des SGB IX darstellen.
Auch durch die - erneute - Befragung des Dr. M. hat sich die vom Bevollmächtigten des Klägers geäußerte Vermutung, ein Rezidiv sei aufgetreten, nicht bestätigt. Auf die ausdrückliche Frage an Dr. M., ob ein Rezidiv aufgetreten ist, hat dieser keine Unterlagen vorgelegt, die ein Rezidiv belegen; insbesondere sind den Unterlagen keine durch eine Rezidiv veranlasste neueren therapeutische Maßnahmen zu entnehmen. Vielmehr hat er als "Dauerdiagnose" bezeichnet seit 2004 fortlaufend "gesichert chronische respiratorische Insuffizienz, andernorts nicht klassifiziert; gesichert bösartige Neubildung des Zungengrunds" mitgeteilt, somit die schon im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10. März 2008 durch den Senat vertretene Auffassung bestätigt, dass es sich hierbei lediglich um die Übernahme der Diagnose aus dem Jahr 1999 handelt und nicht um einen Nachweis für ein Rezidiv der Grunderkrankung. Deshalb waren auch insoweit weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht veranlasst.
Der Antrag auf Bestellung eines Gutachters nach § 109 SGG war abzulehnen. Auf Antrag des Behinderten muss ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt (§ 109 Abs. 1 SGG). Nach § 109 Abs. 2 SGG kann das Gericht einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Der Antrag nach kann nach 109 Abs. 2 SGG auch dann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller den angeforderten Kostenvorschuss nach Ablauf der Frist einbezahlt (BSG NJW 1965, 2128, SozR § 109 SGG Nr. 32).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze war der Antrag des Klägers, ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, abzulehnen. Der Kostenvorschuss wurde erst am 23. Januar 2008 und daher beinahe 8 Wochen nach der festgesetzten Frist einbezahlt. Ein Antrag auf Fristverlängerung ist nicht gestellt worden. Die Hintergründe des Zahlungsverzugs liegen in der Sphäre des Klägers bzw. dessen Bevollmächtigten, so dass auch von einer grob nachlässigen Verspätung auszugehen ist. Die Zulassung des Antrags hätte die Erledigung des Rechtsstreits verzögert, da ein Gutachten nicht bis zum festgesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung eingegangen wäre. Keine Änderung der Beurteilung ergibt sich dadurch, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10. März 2008 vertagt und ergänzend auf Antrag des Klägerbevollmächtigten Dr. M. angehört worden ist. Denn auch insoweit war der Antrag nach § 109 SGG verspätet gestellt und die Einholung des Gutachtens würde, da die Auskunft von Dr. M. keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen gibt und der Rechtsstreit nach wie vor entscheidungsreif ist, den Rechtsstreit verzögern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht der Grad der Behinderung (GdB) des 1950 geborenen Klägers.
Im September 1999 stellte der Kläger erstmals Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung, den er mit einem Mundbodencarcinom begründete. Mit Bescheid vom 22. Dezember 1999 stellte das Versorgungsamt R. (VA) einen GdB von 100 ab 14. September 1999 fest, dem als Behinderungen eine Mund- und Rachenerkrankung in Heilungsbewährung zugrunde lagen.
Im Juli 2004 überprüfte das VA die Feststellung des GdB von Amts wegen und befragte den behandelnden Arzt für Allgemeinmedizin Dr. M ... Dieser übersandte zahlreiche Befundberichte und Arztbriefe, datierend lediglich bis ins Jahr 2000, die ab Juni 2000 Rezidivfreiheit beschrieben. Befragt wurde auch der behandelnde Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. V. nach dem aktuellen Stand. Dieser berichtete, dass er den Kläger seit Oktober 1999 nicht mehr behandle. Daraufhin wurde der Kläger zur beabsichtigten Neufeststellung des GdB angehört.
Der Kläger legte daraufhin das ärztliche Attest des Dr. M. vom 12. Juli 2005 vor. Danach befinde sich der Kläger in Remission. Dennoch sei dieser aufgrund der massiv großen Operation und Zustand nach Bestrahlung und Chemotherapie nach wie vor massiv beeinträchtigt. Daher könne man nicht von einem Stadium der Heilungsbewährung nach Tumorerkrankung ausgehen. Vorgelegt wurde weiter der Arztbrief von Dr. V. nach einer Untersuchung des Klägers im September 2005, ohne Befund.
Mit Bescheid vom 15. Februar 2006 hob das VA den Bescheid vom 22. Dezember 1999 nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf und stellte den GdB mit 30 fest. Als Behinderungen wurden Restbeschwerden nach Radio-Chemotherapie und Teilentfernung der Halsweichteile (Neck-dissection) zugrunde gelegt. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2006 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 20. Juni 2006 Klage zum Sozialgericht K. (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, er leide auch nach Ablauf der Heilungsbewährung noch unter gravierenden Beeinträchtigungen. Bei einer Größe von 175 cm wiege er gerade 52 kg. Der als sachverständige Zeuge befragte Dr. M. hat unter dem 26. September 2006 mitgeteilt, beim Kläger bestehe eine erhöhte Infektanfälligkeit, ein GdB von 100 sei angemessen. Des Weiteren ist darin ausgeführt "bösartige Neubildung des Zungengrunds, bei Zustand nach OP und Radiatio eines Mundbodencarcinoms 1999". Dr. V. hat berichtet, es liege eine chronische Schleimhautentzündung im Rachenbereich bei fortgesetztem Nikotinabusus ohne Sprech-, Sprach- oder Schluckstörung vor. Eine Behinderung bestehe nicht (Aussage vom 16.11.2006).
Mit Gerichtsbescheid vom 26. Juni 2007 hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen den am 4. Juli 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17. Juli 2007 Berufung eingelegt, gestützt auf die Aussage von Dr. M ... Darin sei ein Rezidiv des Carcinoms beschrieben worden. Das SG hätte zumindest von Amts wegen ein Gutachten einholen müssen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts K. vom 26. Juni 2007 sowie den Bescheid vom 15. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Mai 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, beim Kläger einen GdB von mehr als 30 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 13. September 2007 hat die Berichterstatterin des Verfahrens darauf hingewiesen, dass keine weiteren Sachverhaltsermittlungen von Amts wegen erfolgen. Frist zur Antragstellung nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), zur Benennung eines zur Gutachtenserstellung bereiten Arztes sowie zur Einzahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 1.800,- EUR ist bis zum 10. Oktober 2007 gesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2007 ist Prof. Dr. Dr. hc Laszig als Gutachter benannt worden, am 23. Januar 2008 ist der Kostenvorschuss bei der Landesoberkasse eingegangen. Am 18. Februar 2008 ist die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. März 2008 erfolgt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. März 2008 hat der Senat auf Antrag des Klägerbevollmächtigten den Rechtsstreit vertagt und die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. M. zur Frage des Vorliegens eines Rezidivs eingeholt. Auf den Inhalt der Auskunft vom 29. März 2008 wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Ein höherer GdB als 30 ist nicht festzustellen.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB X).
In den tatsächlichen Verhältnissen, die dem Erlass des Bescheids vom 22. Dezember 1999 zugrunde gelegen haben, ist eine wesentliche Änderung eingetreten, da sich der Zustand des Klägers deutlich gebessert hat, eine sogenannte Heilungsbewährung des Krebsleidens ohne Remission eingetreten ist und daher der GdB nicht mehr mit 100 zu bemessen ist.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind insoweit seit 01.07.2001 die Vorschriften des 9. Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (Artikel 63, 68 des SGB IX vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden ebenfalls die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag stellen die Behörden einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie über weitere gesundheitliche Merkmale aus.
Diese Vorschriften sind weitgehend inhaltsgleich mit den bis zum 30.06.2001 geltenden Vorschriften der §§ 3 und 4 SchwbG, weshalb die bisherigen Grundsätze zur GdB-Bewertung weiter angewandt werden können. Inwieweit in Einzelfällen Gesundheitsstörungen über die damit verbundenen Funktionseinschränkungen hinaus Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft haben und auch diese Auswirkungen insoweit bei der GdB-Einschätzung zu berücksichtigten sind (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2001 - B 9 SB 1/01 R), kann dahinstehen, denn solche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich. Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei orientiert sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten an den Bewertungsmaßstäben, wie sie in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", Ausgabe 2004 (AP) niedergelegt sind (vgl. BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 4; SozR 3 - 3870 § 4 SchwbG Nr. 19 und Urteil vom 07.11.2001 aaO). Die AP besitzen zwar keine Normqualität, weil sie weder auf einem Gesetz noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften beruhen. Sie sind vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen, die in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit wirken, und haben deshalb normähnliche Auswirkungen. Auch sind sie im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen von den Gerichten anzuwenden (vgl. BSGE 72, 285, 286; BSG SozR 3 - 3870 aaO; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R).
Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist nach den Grundsätzen zu verfahren, wie sie in den AP (Abschnitt 19) ihren Niederschlag gefunden haben. Danach sind bei der Festsetzung des Gesamt-GdB die Auswirkungen aller Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander maßgebend (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, führen nicht zu einer Zunahme der Gesamtbeeinträchtigung, auch wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Behinderung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB verursacht. Dann ist im Hinblick auf weitere Behinderungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung insgesamt größer wird und deshalb dem höchsten Einzel-GdB ein Behinderungsgrad von 10 oder 20 oder mehr hinzuzufügen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Mathematische Methoden, insbesondere eine Addition der einzelnen GdB-Werte, sind hierbei ausgeschlossen (BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 4). Unter Berücksichtigung der in den Anhaltspunkten niedergelegten Grundsätze ist im Fall des Klägers ein GdB von 30 festzustellen.
In einer zum Versorgungsrecht ergangenen Entscheidung hat das Bundessozialgericht BSG (BSGE 17, 63, 64 = SozR Nr.17 zu § 62 BVG) erstmals dargelegt, dass bei einer Erkrankung, die zu Rückfällen neigt - im dortigen Fall eine Lungentuberkulose - erst nach Ablauf einer Bewährungsfrist von einer gesicherten Heilung ausgegangen werden kann. In dem jahrelangen Inaktivbleiben einer vorher aktiven und zu Rückfällen neigenden Krankheit liege ein Übergang vom Stadium der Aktivität zu dem der Inaktivität, der eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des damaligen § 62 Abs 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) begründe. Nach den Anhaltspunkten Nr. 18 (7) sind Gesundheitsstörungen, die erst in der Zukunft zu erwarten sind, bei der GdB/MdE-Beurteilung nicht zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit des Abwartens einer Heilungsbewährung bei Gesundheitsstörungen, die zu Rezidiven neigen, stelle eine andere Situation dar; während der Zeit des Abwartens einer Heilungsbewährung sei ein höherer GdB/MdE-Wert, als er sich aus dem festgestellten Schaden ergibt, gerechtfertigt. Außerdem wird unter Nr. 24 (3) ausgeführt: "Nach der Behandlung von Krankheiten, die zu Rezidiven neigen (z.B. bösartige Geschwulstkrankheiten, chronische Osteomyelitis), und nach Transplantationen innerer Organe ist bei der Herabsetzung des GdB/MdE-Grades Zurückhaltung zu üben. Auch bei gleich bleibenden Symptomen ist eine Neubewertung später zulässig, weil die Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse darstellt." Unter Nr. 26.1 (3) heißt es: "Nach Transplantationen innerer Organe und nach der Behandlung bestimmter Krankheiten, die zu Rezidiven neigen, ist bei der GdB/MdE-Bemessung eine Heilungsbewährung abzuwarten. Insbesondere gilt dies bei malignen Geschwulstkrankheiten. Der Zeitraum des Abwartens einer Heilungsbewährung beträgt in der Regel fünf Jahre."
Nach Maßgabe dieser Grundsätze, an denen sich der Senat zur Gleichbehandlung aller Behinderten orientiert, ist beim Kläger davon auszugehen, dass das Stadium der Heilungsbewährung erreicht ist, denn ein Rezidiv der Erkrankung ist nicht aufgetreten. Auch liegen nach den aktenkundigen sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. M. und Dr. V. keine funktionellen Beeinträchtigungen vor, die weiterhin einen GdB von 100 rechtfertigen könnten. Dr. V. hat uneingeschränkte Sprach- und Schluckfähigkeit bei auch im Übrigen unauffälligem Befund mitgeteilt. Soweit Dr. M. aufgrund des Verhältnisses Körpergröße und Körpergewicht ausgeführt hat, der Allgemeinzustand des Klägers sei weiterhin beeinträchtigt, so dass nicht von einer Heilungsbewährung ausgegangen werden kann, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Der Kläger hatte selbst offenbar zwischen 2000 und 2005 keinen Arztkontakt, so dass schon insoweit nicht von einem relevanten Leidensdruck ausgegangen werden kann, der für eine erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens hätte sprechen können. Jedenfalls wurden aus dieser Zeit keinerlei ärztliche Unterlagen vorgelegt, auch Dr. M. und Dr. V. hat der Kläger erst wieder aus Anlass der Anhörung zur beabsichtigten Herabsetzung des GdB aufgesucht.
Darüber hinaus ist in der Verwaltungsakte ein Arztbrief schon aus dem Jahr 1994 aktenkundig, in dem bereits ein reduzierter Allgemeinzustand des Klägers (bei Nikotin- und Alkoholabusus) beschrieben wird. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich bei dem von Dr. M. mitgeteilten geringen Gewicht im Verhältnis zur Körpergröße um den konstitutionell "normalen" Wert des Klägers handelt, der per se noch keinen Krankheitswert besitzen und daher auch keine Behinderungen im Sinne des SGB IX darstellen.
Auch durch die - erneute - Befragung des Dr. M. hat sich die vom Bevollmächtigten des Klägers geäußerte Vermutung, ein Rezidiv sei aufgetreten, nicht bestätigt. Auf die ausdrückliche Frage an Dr. M., ob ein Rezidiv aufgetreten ist, hat dieser keine Unterlagen vorgelegt, die ein Rezidiv belegen; insbesondere sind den Unterlagen keine durch eine Rezidiv veranlasste neueren therapeutische Maßnahmen zu entnehmen. Vielmehr hat er als "Dauerdiagnose" bezeichnet seit 2004 fortlaufend "gesichert chronische respiratorische Insuffizienz, andernorts nicht klassifiziert; gesichert bösartige Neubildung des Zungengrunds" mitgeteilt, somit die schon im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10. März 2008 durch den Senat vertretene Auffassung bestätigt, dass es sich hierbei lediglich um die Übernahme der Diagnose aus dem Jahr 1999 handelt und nicht um einen Nachweis für ein Rezidiv der Grunderkrankung. Deshalb waren auch insoweit weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht veranlasst.
Der Antrag auf Bestellung eines Gutachters nach § 109 SGG war abzulehnen. Auf Antrag des Behinderten muss ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt (§ 109 Abs. 1 SGG). Nach § 109 Abs. 2 SGG kann das Gericht einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Der Antrag nach kann nach 109 Abs. 2 SGG auch dann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller den angeforderten Kostenvorschuss nach Ablauf der Frist einbezahlt (BSG NJW 1965, 2128, SozR § 109 SGG Nr. 32).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze war der Antrag des Klägers, ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, abzulehnen. Der Kostenvorschuss wurde erst am 23. Januar 2008 und daher beinahe 8 Wochen nach der festgesetzten Frist einbezahlt. Ein Antrag auf Fristverlängerung ist nicht gestellt worden. Die Hintergründe des Zahlungsverzugs liegen in der Sphäre des Klägers bzw. dessen Bevollmächtigten, so dass auch von einer grob nachlässigen Verspätung auszugehen ist. Die Zulassung des Antrags hätte die Erledigung des Rechtsstreits verzögert, da ein Gutachten nicht bis zum festgesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung eingegangen wäre. Keine Änderung der Beurteilung ergibt sich dadurch, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10. März 2008 vertagt und ergänzend auf Antrag des Klägerbevollmächtigten Dr. M. angehört worden ist. Denn auch insoweit war der Antrag nach § 109 SGG verspätet gestellt und die Einholung des Gutachtens würde, da die Auskunft von Dr. M. keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen gibt und der Rechtsstreit nach wie vor entscheidungsreif ist, den Rechtsstreit verzögern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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