S 40 U 75/07

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
40
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 40 U 75/07
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit der Ziffer 2102 (BK 2102) der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) – Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurch-schnittlich belastenden Tätigkeiten – streitig.

Der Kläger wurde 1966 in B. (ehemalige DDR) geboren. Von 1974 bis 2006 war er aktiver Fußballer (Torwart). Neben diesen sportlichen Aktivitäten absolvierte der Kläger von 1982 bis 1984 eine Schlosserlehre und war von 1984 bis 1989 bei einer Seefrachtreederei als Schlosser beschäftigt und zum Oberligaverein H. als "Fußballspieler" abgeordnet. Seit 24. September 1992 ist der Kläger als Fahrer beim X-Amt in Hamburg beschäftigt. Nach eigenen Angaben arbeitet er dort in der Regel im Schnitt ca. 60 Stunden pro Woche, wobei er zum Teil auch am Wochenende als Chauffeur eingeteilt ist.

Nach eigenen Angaben spielte er von 1974 bis 14. Februar 1984 in der Fußballjugend in S. (10 Stunden Training und ein- bis zwei Spiele pro Woche). Vom 15. Februar 1984 bis 28. April 1989 spielte er in der damaligen DDR-Oberliga beim FC H. als "Profifußballer" im Tor (ca. 25 Stunden Training und ein- bis zwei Spiele pro Woche). Vom 01. Mai 1989 bis 30. August 1991 spielte er beim PSV Y. (8 Stunden Training, ein- bis zwei Spiele pro Woche). Danach spielte er als Mitglied bei der TSG Z. (4 Stunden Training und ein Spiel pro Woche). Von Februar 1994 bis 2006 war der Kläger als Spieler, Spielertrainer und Trainer (Torwarttrainer und Jugendtrainer) 10 Stunden in der Woche (Training) und ein- bis zwei Spiele pro Woche beim SV L. und erhielt für diese Tätigkeit ein Entgelt.

Am 21. Mai 2004 kam es bei einem Punktspiel für den SV L. im Zweikampf mit einem Gegenspieler zu einem Pressschlag, bei dem sich der Kläger das rechte Knie verdrehte. Später wurde eine Meniskushinterhornschädigung festgestellt und es wurden eine teilweise Innenmeniskusentfernung und eine Knorpelglättung vorgenommen. Die Beklagte lehnte eine Entschädigung des Meniskusschadens als Arbeitsunfall mangels eines ursächlichen Zusammenhangs mit dem Ereignis vom 21. Mai 2004 ab. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Hamburg (Az.: S 41 U 67/05) wurde diese Entscheidung nach medizinischer Begutachtung bestätigt und der Kläger nahm die Klage zurück.

Mit Schriftsatz vom 23. März 2006 beantragte der Kläger die Anerkennung seines Meniskusschadens als BK 2102. Nach umfangreichen Ermittlungen der Beklagten zu möglichen Knie belastenden Expositionszeiten kam Privatdozent Dr. S1 von der Beklagten (Bezirksverwaltung Hamburg - Bereich Arbeitsmedizin) in seiner arbeits-medizinischen Stellungnahme vom 01. September 2006 zu dem Ergebnis, der Kläger sei als Profifußballer beim FC H. 5,25 Jahre hinsichtlich des Entstehens einer BK 2102 gefährdend tätig gewesen. Der zeitliche Umfang der Knie belastenden Tätigkeiten als Schlosserlehrling und als Trainer/Spieler beim SV L. sei zu gering, um als gefährdend im Sinne der BK 2102 angesehen werden zu können.

Mit Bescheid vom 22. September 2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 2102 beim Kläger ab und führte zur Begründung aus, dass nach § 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) BKen die Krankheiten seien, welche durch Rechtsverordnung als solche bezeichnet werden und die eine versicherte Person bei einer versicherten Tätigkeit erleide. Für die Anerkennung der Beschwerden beim Kläger als BK müsse er bei seiner Tätigkeit als Sportler zum Kreis der versicherten Personen gehört haben. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII seien Beschäftigte eines Unternehmens gesetzlich unfallversichert. Eine Beschäftigung sei die nicht selbstständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Für ein Arbeitsverhältnis bei Sportlern müssten die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

Der Sportler müsse ein Entgelt vom Verein erhalten, er müsse einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle sowie einen Urlaubsanspruch haben. Weiter müsse für den Sportler die Pflicht zur Teilnahme am Training/Wettkampf bestehen und der Verein müsse hieraus rechtliche Sanktionen bei der Nichterfüllung durch den Sportler aussprechen können. In der Zeit von 1974 bis 1984 habe der Kläger als Fußballspieler in S. gespielt, ohne dass vom Verein ein Entgelt bezahlt worden sei. Ein Beschäftigungsverhältnis sei zum Verein daher nicht begründet worden.

In der Zeit vom 15. Februar 1984 bis 28. April 1989 habe zu DDR-Zeiten nach § 1 der Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeit vom 11. April 1973 Versicherungs-schutz bestanden. Diese Verordnung sei durch den Einigungsvertrag der beiden deutschen Staaten mit Wirkung vom 03. Oktober 1990 außer Kraft gesetzt worden. Somit habe der Kläger während seiner Tätigkeit beim FC H. nicht zum Kreis der versicherten Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung der Bundesrepublik Deutschland gehört. Auch die Tätigkeit bei der TSG Z. sei nicht versichert gewesen, weil der Kläger hierfür kein Entgelt erhalten habe. Insbesondere bei den Tätigkeiten als Schlosserlehrling, beim X-Amt in Hamburg und als Fußballspieler beim SV L. habe eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke nicht vorgelegen bzw. sei der Umfang der Meniskus belastenden Zeitanteile zu gering, um als gefährdend im Sinne der BK 2102 angesehen werden zu können. Der Kläger sei bei seinen versicherten Tätigkeiten somit keiner zeitlich relevanten Meniskusbelastung ausgesetzt gewesen. Ob ein Meniskusschaden im Sinne einer primären Meniskopathie vorgelegen habe, könne daher dahingestellt bleiben, weil schon eine geeignete Meniskus belastende Tätigkeit während der Zeiten, in denen der Kläger zum Kreis der versicherten Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung gehöre, nicht vorgelegen habe.

Der rechtzeitig erhobene Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2007 zurückgewiesen. Ergänzend führte die Beklagte aus, für die Tätigkeit als Torwart, Torwarttrainer bzw. Ersatztorwart beim SV L. habe nach den arbeitsmedizinischen Stellungnahmen keine ausreichende Meniskusbelastung festgestellt werden können. Im Fußballprofisport kämen zwar grundsätzlich wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchungen durch Springen und Laufen auf rutschigem Untergrund aufgrund der mit Stollen behafteten Sportschuhe, Fixierung des Unterschenkels (Standbein) bei gebeugtem Knie mit Zwangshaltungen und Torsions-mechanismen beim Drehschuss bzw. Pressschlag sowie Hyperextension im Kniegelenk beim kräftigen Tritt gegen den Ball und durch Misstritt, verbunden mit forciertem Kraftschluss im Kniegelenk vor. Es müsse jedoch der zeitliche Umfang solcher besonderen Belastungen in die Bewertung "überdurchschnittlich belastend" entsprechend dem Wortlaut der BK 2102 einfließen. Die normalen physiologischen Belastungen beim Laufen und Springen dürfen bei der Erfassung der besonderen Belastungen selbstverständlich nicht mit berücksichtigt werden. Bei typischen Berufen tritt die Belastung meist ganzschichtig auf, bei Profisportlern zu wesentlich geringeren Zeitanteilen. Eine Gefährdung könne nur für den zeitlichen Umfang von ca. 25 Stunden wöchentlich bei einer Tätigkeit als Fußballprofispieler angenommen werden. Der zeitliche Umfang der Knie belastenden Tätigkeit beim SV L. mit 10 Stunden bzw. ein- bis zwei Spielen pro Woche sei jedoch zu gering gewesen, um als belastend angesehen werden zu können. Hinzu komme, dass die Kniebelastung eines Torwarttrainers bzw. Torwarts erheblich geringer sei, als die eines Feldspielers.

Mit seiner am 07. März 2007 erhobenen Klage verfolgt der Kläger das Begehren auf Anerkennung seines Meniskusschadens als BK 2102 weiter und führt zur Begründung aus, er sei über Jahre hinweg als Berufsfußballspieler Knie belastend tätig gewesen. Die Behauptung der Beklagten, der Umfang der Knie belastenden Tätigkeit als Torwarttrainer bzw. Spieler für den SV L. sei zu gering gewesen, um als belastend angesehen werden zu können, sei nicht richtig. Die Beklagte setze hier willkürlich einen Zeitraum von 25 Stunden wöchentlich an, um eine Gefährdung als Berufsfußballprofispieler annehmen zu können. Worauf die Beklagte ihre zeitliche Definition für die gefährdende Tätigkeit stützt, werde durch sie nicht angegeben. Hierzu werde die Beklagte auch keine Nachweise erbringen können, weil derartige Nachweise schlichtweg nicht vorlägen. Wenn die Beklagte weiter behaupte, dass die Kniebelastungen eines Torwarttrainers bzw. eines Torwartes erheblich geringer seien als die eines Feldspielers, so sei dies unzutreffend.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2007 aufzuheben und das Vorliegen einer Berufskrankheit der Ziffer 2102 anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und führt ergänzend aus, der Kläger sei bei seiner Tätigkeit beim SV L. nicht überdurchschnittlich Knie belastend tätig gewesen. Die genannten 25 Stunden würden auf den eigenen Angaben des Klägers zu seiner Tätigkeit als Vollprofi beim FC H. beruhen, wobei noch nicht einmal maximal 3 zusätzliche Wettkampfstunden berücksichtigt worden seien. Für den SV L., wo er nebenberuflich tätig gewesen sei, habe der Kläger 10 Stunden Training und ein- bis zwei Spiele pro Woche (also maximal 3 Stunden zusätzlich) angegeben. Es stünden also 28 Stunden Vollprofi-Gesamt-Wochentätigkeit und 13 Stunden Teilprofi-Gesamt-Wochentätigkeit gegenüber. Diese Zeitangaben, die im Übrigen den Erfahrungswerten der Beklagten entsprächen, seien beispielhaft aufgeführt, um den zeitlichen Unterschied in der möglichen BK-relevanten Belastung aufzuzeigen. Von den genannten Stundenwerten sei bei Feldspielern ein Anteil von maximal 60 % Knie belastend. Dieser Anteil liege beim Torwart, wie auch schon die allgemeine Lebenserfahrung als Zuschauer bei Fußballspielen zeige, wesentlich niedriger. Der Kläger wäre schon als Feldspieler während seiner Tätigkeit beim SV L. nicht im Sinne der BK 2102 gefährdet gewesen, als Torwart oder Torwarttrainer sei er es erst recht nicht. Eine Knie belastende Tätigkeit im Sinne der BK 2102 habe daher nicht vorgelegen.

Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte des Sozialgerichts Hamburg zum Aktenzeichen S 41 U 67/05 beigezogen. Weiter hat das Gericht einen Befundbericht des den Kläger behandelnden Orthopäden Dr. B1 sowie Röntgenbilder beigezogen.

Zur Vorbereitung des Termins zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 04. April 2008 hat das Gericht den Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. E. beauftragt, ein medizinisches Zusammenhangsgutachten zu erstellen. In seinem Gutachten vom 04. März 2008 kommt der medizinische Sachverständige zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass es nicht hinreichend wahrscheinlich sei, dass die Meniskuserkrankung beim Kläger durch seine sportliche Tätigkeit verursacht worden sei. Hierbei hat der Sachverständige – auftragsgemäß – die sportlichen Tätigkeiten beim FC H. und beim SV L. als zu berücksichtigende Zeiten zu Grunde gelegt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 04. April 2008 hat der medizinische Gutachter sein Gutachten ausführlich erläutert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung der Kammer.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung (Feststellung) seines Meniskusschadens (Meniskopathie) rechts als BK 2102 der BKV. Es mangelt vorliegend bereits an der erforderlichen berufspezifischen (versicherten) Belastung.

Nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und BKen. Nach § 9 Abs. 1 SGB VII sind BKen die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die eine versicherte Person infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleidet. Als BKen kommen grundsätzlich nur solche Erkrankungen in Betracht, die in die Anlage zur BKV aufgenommen worden sind (Listenprinzip). Maßgeblich ist vorliegend die seit dem 01. Dezember 1997 geltende BKV in der Fassung vom 31. Oktober 1997. Unter der Ziffer 2102 BKV werden Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten als BK erfasst.

Als versicherte und damit zu berücksichtigende Tätigkeit kommt für den Kläger vorliegend nur die Zeit von 1994 bis zum Jahre 2006 beim SV L. in Betracht. Nur bei dieser Tätigkeit bestand Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als beschäftigter Torwart/Trainer zum Verein SV L ... Die Tätigkeiten als Fußballspieler in der ehemaligen DDR, insbesondere die exponierte und Knie belastende Tätigkeit als Oberligaspieler beim FC H., kann nicht als versicherte Tätigkeit berücksichtigt werden, denn der Kläger stand hierbei nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem SGB VII. Zwar bestand nach altem Recht der DDR für diese Tätigkeiten Versicherungsschutz über die Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeit vom 11. April 1973 (GBl. Teil I Nr. 22/1973). Nach § 215 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit § 1150 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) hätte ein Entschädigungsanspruch bis zum 31.12.1993 dem zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung bekannt werden müssen. Nach dieser (Ausschluss-)Frist muss Versicherungsschutz nach ehemaligem DDR-Recht und nach den gültigen Vorschriften des SGB VII bestehen. Die Tätigkeiten des Klägers fallen jedoch nicht unter den Schutz des SGB VII. Insoweit weist die Kammer auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. März 2003 (Az.: B 2 U 25/07 R, HVBG-Info 2003, 1412 – 1420 und in juris) hin. Hiernach haben die abgeordneten Oberligaspieler in der ehemaligen DDR weder ein Beschäftigungsverhältnis zu "ihren" Vereinen begründet, noch bestand Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII als "Wie-Beschäftigte" zu den Vereinen. Auch bestand kein Versicherungsschutz über die abordnenden Betriebe. Es bestand einzig Versicherungsschutz nach DDR-Recht über die Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeit vom 11. April 1973.

Die Kammer folgt den weiteren Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden zum Versicherungsschutz und zu den versicherten Tätigkeiten des Klägers und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ab.

Die maximal 13-stündige wöchentliche versicherte Nebentätigkeit (10 Stunden Training und 1-2 Spiele pro Woche) für den SV L. stellt keine andauernde oder häufig wiederkehrende, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeit im Sinne der BK 2102 der BKV dar. Nach Überzeugung der Kammer kann eine entsprechend häufig wiederkehrende und überdurchschnittlich die Kniegelenke belastende Tätigkeit nicht festgestellt werden, so dass die notwendigen arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Bereits aus dem Wortlaut des BK-Tatbestandes ergibt sich, dass für die Anerkennung eines Meniskusschadens als BK 2102 als wesentlicher Grund eine besondere berufliche Exposition vorliegen muss, denen bestimmte Personengruppen durch ihre berufliche Belastung in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sein müssen. Nach der herrschenden Ansicht in der Literatur und Rechtsprechung sind als solche Tätigkeiten bei (Berufs-)Sportlern die so genannten dynamischen Belastungen zu werten. Diese liegen vor, wenn vielfach wiederkehrende erhebliche Bewegungs-beanspruchungen, insbesondere Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf grob unebener Unterlage verrichtet werden (vgl. u.a. Schönberger/Mehrtens/Valentin Arbeitsunfall und Berufskrankheit 7. Auflage 2003, S. 708). Bei Fußballspielern kommt noch eine weitere Gefährdung durch Fixierung des Unterschenkels (Standbein) bei gebeugtem Knie mit Zwangshaltungen und Torsionsmechanismen bei Drehschüssen (z.B. beim Flanken) bzw. bei Pressschlägen im unmittelbaren Kontakt mit dem Gegenspieler, durch Hyperextension im Kniegelenk beim kräftigen Tritt gegen den Ball sowie plötzliches Abknicken wegen Richtungsänderungen und Abbremsen auf Rasen mit Stollenschuhen in Betracht. Solche Knie belastenden Tätigkeiten werden bei Lizenzspielern der ersten Fußballbundesliga nach mehr als 11-jähriger (vgl. Landessozialgericht [LSG] Hamburg Az.: L 3 U 1/00, Urteil vom 18. Juli 2006, www.sozialgerichtsbarkeit.de.) bzw. bei Profihandballspielern nach 14-jähriger Berufssportler-Tätigkeit (vgl. LSG Schleswig-Holstein Az.: L 8 U 115/05, Urteil vom 21. Februar 2007, www.sozialgerichtsbarkeit.de.) angenommen.

Eine solche ausreichende dynamische Belastung kann nach Auffassung der Kammer bei der 2-stündigen werktäglichen Tätigkeit für den SV L. beim Kläger nicht festgestellt werden. Der BK-Tatbestand kann nur angenommen werden, wenn eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke bei der versicherten Tätigkeit "andauernd" oder aber zumindest "häufig wiederkehrend" vorliegt. Hieraus folgt für die Kammer, dass eine solche gefährdende Exposition zumindest in einem wesentlichen Anteil innerhalb einer "Arbeitsschicht" vorkommen muss, damit der Tatbestand erfüllt ist. Ein solcher wesentlicher Zeitanteil liegt nach Überzeugung der Kammer bei mindestens 1/3 einer "Arbeitsschicht". Für die Anerkennung der BK 2102 muss der Versicherte während eines wesentlichen Teils seiner täglichen Arbeitszeit häufig und überdurchschnittlich Knie belastende Tätigkeiten verrichtet haben. Ist die zeitliche Belastung geringer als 1/3 der Schicht, haben die Menisken regelmäßig ausreichend Zeit, sich zu erholen (Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO. S.709). Das LSG Nordrhein-Westfalen hat im Urteil vom 15. Juni 2000 (Az.: L 2 KN 96/97 U, in www.sozialgerichtsbarkeit.de.) ausgeführt, dass es für die Annahme einer ausreichenden Knie belastenden Tätigkeit bei Bergleuten unter Tage erforderlich ist, dass diese wenigstens über 1/3 der Arbeitsschicht eine knie- bzw. hockende Zwangshaltung eingenommen haben müssen. Zeitlich geringere Belastungen pro Schicht geben den Menisken wieder mehr Zeit, sich zu erholen und sind damit weniger oder überhaupt nicht mehr gefährdend. Diese Anforderungen an die arbeitstechnischen Voraussetzungen sind nach Auffassung der Kammer ebenfalls auf die dynamischen Belastungen bei (Berufs-) Sportlern zu übertragen. Nur so wird der BK-Tatbestand "andauernde oder häufig wiederkehrende die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeiten" auch im Bereich dieser versicherten Sporttätigkeiten erfüllt und nur so kann die erforderliche Abgrenzung zu normalen, anlagebedingten oder auf sonstigen (berufsfremden) Einwirkungen beruhenden Meniskusverschleißerkrankungen abgegrenzt werden.

Bei der Feststellung der "Arbeitsschicht" ist nicht die individuelle tägliche Arbeitszeit maßgeblich, sondern regelmäßig von einer durchschnittlichen Arbeitsschicht von 8 Stunden werktäglich auszugehen. Dies folgt zum einen aus der gebotenen Gleichbehandlung aller Versicherten in Bezug auf die BK 2102 und zum anderen daraus, dass bei einem Versicherten, der regelmäßig Überstunden macht, insoweit eine höhere Exposition täglich zu Grunde zu legen wäre. Daher ist auch im Falle des Klägers zu seinen Gunsten von einem 8-Stunden-Tag und nicht von den tatsächlichen ca. 12-15 geleisteten Stunden auszugehen. Seine hauptberufliche Tätigkeit als Fahrer berücksichtigt die Kammer daher nur mit 6 Stunden täglich. Diese Tätigkeit ist nicht Knie belastend im Sinne der BK 2102. Daneben ist seine versicherte (Neben-)Tätigkeit - 2 Stunden täglich - für den SV L. zu berücksichtigen. In diesen 8 Stunden fallen die möglichen Meniskus belastenden Tätigkeiten nicht wesentlich - zu mehr als 1/3 der Arbeitsschicht - ins Gewicht und die Menisken haben genügend Zeit, sich zu erholen (vgl. LSG NRW aaO.). Die versicherte Tätigkeit als Sportler tritt als unwesentlich hinter der gesamt-täglichen versicherten Arbeitszeit in den Hintergrund zurück.

Die Kammer weist ausdrücklich darauf hin, dass selbst während einer Trainingszeit von 2 Stunden werktäglich nicht durchgehend Knie belastende Tätigkeiten verrichtet werden. Bloßes Laufen und Dehnen, taktische Besprechungen usw. sind auch im Profisport-bereich nicht als Knie belastende Tätigkeit im Sinne der BK 2102 zu berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, als regelmäßig auch entsprechende "Erholungspausen" in einer Trainingseinheit vorliegen. Es kann insoweit offen bleiben, ob die Behauptung der Beklagten zutreffend ist, dass bei Feldspielern ein Anteil von maximal 60% der Trainingstätigkeiten als Knie belastend im Sinne der BK 2102 zu werten sei. Es gibt weder valide medizinische Studien, noch ausreichende andere wissenschaftliche Erkenntnisquellen, die die konkret schädigenden Belastungen im Profisportbereich belegen können. Für die Kammer ist es jedoch realistisch, dass der Zeitanteil von dynamischen Belastungen bei einem "normalen" Training im Profisportbereich erheblich unter 100% liegt. Hierbei wäre noch zu berücksichtigen, dass der Kläger als Trainer sicherlich noch weniger belastend tätig gewesen ist. Damit sind die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Vorliegen einer BK 2102 beim Kläger nicht erfüllt. Offen bleiben kann insoweit ebenfalls, ob die Tätigkeit eines Torwartes weniger belastend ist, als die eines Feldspielers.

Nur ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. E. auch die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2102 nicht erfüllt sind. Es fehlt insoweit an einem belastungskonformen Schadensbild bei dynamischen Belastungen auf die Menisken. Bei seiner Bewertung ging der Sachverständige davon aus, dass zumindest eine Knie belastende Tätigkeit bei H. (5,25 Jahre) zu berücksichtigen sei. Das Schadensbild, welches beim Kläger aufgetreten ist (Meniskushinterhornriss), würde zwar dem typischen Schadensbild bei Bergleuten entsprechen, das für die BK 2102 bei statischen Belastungen - Dauerzwangshaltungen, vor allem bei Belastungen durch Fersensitz, Hocken oder Knien mit gleichzeitiger Kraftaufwendung – angenommen wird, weil hierbei die Belastungen auf den Bereich des Meniskushinterhorns wirkt. Nach den überzeugenden Ausführungen des medizinischen Sachverständigen kann ein solches Schadensbild aber gerade nicht bei dynamischen Belastungen im Sportbereich angenommen werden. Dynamische Belastungen wirken auf den gesamten Meniskus und nicht wie z.B. bei Bergleuten hauptsächlich auf den Innenmeniskus und hier im Bereich des Hinterhorns. Eine entsprechende Belastung durch statische Beugehaltungen des Kniegelenkes über 90 Grad kommt bei sportlichen Tätigkeiten regelmäßig nicht vor. Ein solches belastungskonformes Schadensbild wäre demnach gegeben, wenn der gesamte Meniskus oder zumindest wesentliche Teile altersuntypische Verschleißveränderungen aufweisen würden. Dies ist beim rechten Meniskus des Klägers aber nicht der Fall. Die Kammer folgt insoweit den schlüssigen Ausführungen von Dr. E ... Da weder die arbeitstechnischen noch die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2102 beim Kläger vorliegen, war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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