L 13 AL 4726/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AL 2942/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 4726/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29. August 2006 wird zurückgewiesen. Die Klage wegen der Bescheide vom 3. Januar 2002 und 8. Juli 2002 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger seitens der Beklagten bewilligten Arbeitslosenhilfe (Alhi). Der Kläger begehrt ab 1. Januar 2001 Alhi unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 930 DM.

Der 1950 geborene Kläger bezog bis 30. November 1993 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von zuletzt wöchentlich 387,00 DM. Der Berechnung lag ein Bemessungsentgelt von wöchentlich 800 DM (gerundet), die Leistungsgruppe C und das Kindermerkmal 1 zugrunde (Bescheid vom 17. März 1993). Ab 1. Dezember 1993 bezog der Kläger Alhi, wobei diese in der Zeit vom 31. Januar bis 21. August 1997 nach einem Bemessungsentgelt von wöchentlich gerundet 850 DM und für die Zeit vom 22. August 1997 bis 30. Januar 1998 nach einem Bemessungsentgelt von 840 DM berechnet wurde (Bescheide vom 24. Januar 1997 und 15. Juli 1997 in der Gestalt des (bestandskräftig gewordenen) Widerspruchsbescheids vom 28. August 1997). Mit Bescheiden vom 12. und 17. Februar 1998 (in der Gestalt des ebenfalls bestandskräftig gewordenen Widerspruchsbescheids vom 5. März 1998) bewilligte das damalige Arbeitsamt K. (heute: Agentur für Arbeit; AA) Alhi für die Zeit vom 31. Januar 1998 bis 30. Januar 1999 nach einem Bemessungsentgelt von 840 DM. Mit weiteren Bescheiden vom 28. Juli und vom 10. August 1998 gewährte das AA dem Kläger Alhi ab 1. Juli 1998 nach einem Bemessungsentgelt von 820 DM. Diese Entscheidung hob die Widerspruchsstelle des AA mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 1998 dahingehend auf, dass Alhi erst ab 7. August 1998 nach einem Bemessungsentgelt von 820 DM geleistet werde. Mit Bescheid vom 3. September 1998 wurde dementsprechend für die Zeit vom 1. Juli bis 6. August 1998 Alhi unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts von 840 DM bewilligt. Während des anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Konstanz (SG; S 5 AL 1612/98) ergingen die Bescheide der Beklagten vom 5. Januar 1999 (Bewilligung von Alg ab 1. Januar 1999 nach einem Bemessungsentgelt von 820 DM) und vom 17. Februar 1999 (Aufhebung der Bewilligung von Alhi ab 1. Februar 1999 und Bewilligung von Unterhaltsgeld (Uhg) ab diesem Zeitpunkt nach einem Bemessungsentgelt von zunächst 820 DM). Auch wegen der Höhe des Uhg erhob der Kläger Widerspruch und nach Erlass eines seinen Widerspruch zurückweisenden Widerspruchsbescheids (vom 31. März 1999) Klage vor dem SG (ursprünglich S 5 AL 621/99). Das SG hat beide Klagen, mit denen der Kläger die Berechnung der jeweiligen Leistungen nach einem Bemessungsentgelt von 840 DM geltend machte, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung (unter dem Az. S 5 AL 1612/98) verbunden und die Klagen mit Urteil vom 15. April 1999 (dem Kläger am 7. Oktober 1999 zugestellt) abgewiesen. In der Folge erließ die Beklagte die Bescheide vom 27. Juli 1999, vom 25. August 1999 und vom 28. September 1999, mit denen zunächst ab 1. Juli 1999 Uhg nach einem dynamisierten Bemessungsentgelt von 830 DM und anschließend Anschluss-Uhg wiederum nach einem Bemessungsentgelt von 830 DM gewährt wurde. Im Verlauf des am 14. Oktober 1999 anhängig gewordenen Berufungsverfahrens vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG; L 3 AL 4153/99) bewilligte die Beklagte - nach Abschluss eines Heilverfahrens - mit Bescheiden vom 27. Dezember 1999, vom 4. und vom 27. Januar 2000 Alhi für die Zeit vom 5. November 1999 bis 30. Juni 2000 nach einem Bemessungsentgelt von 810 DM. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2000). Auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom 4. Mai 2000 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Mai 2000 Alhi ab 1. Juli 2000 nach einem Bemessungsentgelt von 790 DM (Ablauf des Bewilligungsabschnitts: 30. Juni 2001). Mit Beschluss vom 8. August 2000 wies das LSG die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 15. April 1999 zurück und die Klage wegen der nach Erlass dieses Urteils ergangenen Bescheide ab.

Mit Änderungsbescheid vom 3. Januar 2001 bewilligte die Beklagte ab 1. Januar 2001 Alhi in Anwendung der Leistungsentgeltverordnung 2001 in Höhe von 352,94 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt 790 DM, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 1). Den seitens des Klägers gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2001 zurück. Gegen den Bescheid vom 3. Januar 2001 hatte der Kläger bereits am 11. Januar 2001 Klage erhoben (S 5 AL 225/01). Auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom 25. Mai 2001 hat die Beklagte dem Kläger ab 1. Juli 2001 Alhi in Höhe von 349,44 DM wöchentlich gewährt (Bewilligungsbescheid vom 20. Juli 2001; Bemessungsentgelt 780 DM, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 1). Den Widerspruch des Klägers vom 24. Juli 2001 hat sie mit Widerspruchsbescheid vom 1. August 2001 zurückgewiesen; auch in diesem Fall hatte der Kläger bereits zuvor (am 26. Juli 2001) Klage beim SG erhoben (S 5 AL 1460/01). Während des Klageverfahrens hat die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 3. Januar 2002 Alhi ab 1. Januar 2002 unter Anwendung der Leistungsverordnung 2002 in Höhe von 179,06 EUR wöchentlich gewährt (Bemessungsentgelt gerundet 400 EUR; Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 1). Mit Beschluss vom 17. Januar 2002 hat das SG beide Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az. S 5 AL 225/01) verbunden und mit Beschluss vom 4. April 2002 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom 28. Mai 2002 hat die Beklagte mit Bescheid vom 8. Juli 2002 Alhi in Höhe von 177,31 EUR wöchentlich ab 1. Juli 2002 bewilligt (Bemessungsentgelt gerundet 395 EUR; Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 1, Ende des Bewilligungsabschnitts: 30. Juni 2003). Die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; heute: Deutsche Rentenversicherung Bund) hat dem Kläger mit Bescheid vom 27. November 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. September 2001 gewährt. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 21. Februar 2003 hat die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 1. Januar 2003 aufgehoben, nachdem der Kläger sich zuvor aus dem Leistungsbezug abgemeldet hatte. Nach Wiederanruf des Verfahrens durch die Beklagte hat das SG die Klagen mit Gerichtsbescheid vom 29. August 2006 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das SG ausgeführt, die Höhe des Bemessungsentgelts sei bereits Gegenstand des mit Beschluss des LSG vom 8. August 2000 rechtskräftig abgeschlossenen Berufungsverfahrens L 3 AL 4153/99 (und des vorausgehenden Klageverfahrens beim SG (S 5 AL 1612/98)) gewesen. Die Kammer sehe keinen Grund, an der Richtigkeit der Darlegungen des LSG bzw. des SG zur Höhe des Bemessungsentgelts zu zweifeln.

Gegen den ihm am 1. September 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 4. September 2006 beim SG sinngemäß Berufung eingelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29. August 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 3. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001, des Bescheids vom 20. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. August 2001 sowie der Bescheide vom 3. Januar 2002 und vom 8. Juli 2002 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 1. Januar 2001 Arbeitslosenhilfe nach einem höheren Bemessungsentgelt zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen der Bescheide vom 3. Januar 2002 und 8. Juli 2002 abzuweisen.

Sie hält ihre Bescheide für rechtmäßig und den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die beigezogenen Vor- (S 5 AL 1612/98 und S 5 AL 621/99) und Klageakten des SG (S 5 AL 225/01, S 5 AL 1460/01 und S 4 AL 2947/05), die Vorakten des LSG (L 3 AL 4153/99) sowie die Berufungsakten des Senats (L 13 AL 4726/06) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist statthaft, da Berufungsbeschränkungen nicht vorliegen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG) und auch im übrigen zulässig, denn sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen sind zunächst die dem Kläger ab 1. Januar 2001 bzw. ab 1. Juli 2001 Alhi gewährenden Bescheide vom 3. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 und vom 20. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. August 2001. Analog § 96 SGG in der hier noch anwendbaren bis 31. März 2008 geltenden Fassung sind darüber hinaus auch die Bescheide vom 3. Januar 2002 und 8. Juli 2002 Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG geworden. Obwohl das SG diese Bescheide nicht in das Klageverfahren einbezogen und zum Gegenstand seiner Entscheidung gemacht hat, hat der Senat über diese auf Klage zu entscheiden, nachdem dies im wohlverstandenen Interesse der Beteiligten liegt. Alle dem Kläger Alhi ab 1. Januar 2001 bewilligenden Bescheide erweisen sich jedoch nicht insoweit als rechtswidrig und den Kläger in subjektiven Rechten verletzend, als diesem Alhi in zu geringer Höhe gewährt worden wäre.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung höherer Alhi. Für die Zeit ab 1. September 2001 ergibt sich dies bereits aus dem Umstand, dass der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen ist, eine Beschäftigung von mindestens 15 Stunden wöchentlich auszuüben. Aus diesem Grund hat die damalige BfA dem Kläger mit Bescheid vom 27. November 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. September 2001 gewährt, jedenfalls ab diesem Zeitpunkt war der Kläger dementsprechend nicht (mehr) arbeitslos im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung. Auch nach § 198 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 SGB III kann dem Kläger höhere Alhi wegen der vom Rentenversicherungsträger bereits festgestellten vollen Erwerbsminderung nicht (mehr) bewilligt werden. Der Umstand, dass die BfA den bestandskräftig gewordenen Rentenbescheid vom 27. September 2002 mit Bescheid vom 21. Juni 2006 hinsichtlich des Rentenbeginns (auf Antrag des Klägers nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) abgeändert bzw. die BfA mit Urteil des 2. Senats des LSG vom 23. Mai 2007 verurteilt worden ist, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung erst ab 1. Januar 2003 zu gewähren, führt zu keinem anderen Ergebnis; denn die Fiktionswirkung des § 125 Abs. 1 SGB III kann nach bestandskräftiger Feststellung des Vorliegens voller Erwerbsminderung nicht nachträglich wieder hergestellt werden.

Für die verbleibende Zeit vom 1. Januar bis 31. August 2001 hat die Beklagte die Alhi ebenfalls zutreffend berechnet; auch insoweit hat der Kläger keinen Anspruch auf höhere Alhi. Nach § 195 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 129 Nr. 1 SGB III beträgt die Alhi für Arbeitslose, die wie der Kläger ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) haben, 57 Prozent des Leistungsentgelts. Sie vermindert sich um das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen (§ 195 Satz 2 SGB III). Gemäß § 200 Abs. 1 SGB III ist das Bemessungsentgelt für die Alhi (zunächst) dasjenige, nach dem das Alg zuletzt bemessen worden ist, vermindert um den Betrag, der auf einmalig gezahltem Arbeitsentgelt beruht. In der Folge ist dann im Jahresturnus eine regelmäßige Herabbemessung vorzunehmen (vgl. dazu § 201 SGB III in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung). In Anwendung dieser Vorschriften hatte die Beklagte dem Kläger zuletzt (bis 31. Dezember 2000) mit Bescheid vom 15. Mai 2000 zu Recht Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 790 DM bewilligt. Dass dieser Bescheid rechtmäßig gewesen ist, hat der 3. Senat des LSG bereits mit Beschluss vom 8. August 2000 rechtskräftig entschieden. Ebenso wie das SG sieht auch der erkennende Senat keinen Anlass an der Richtigkeit dieser Entscheidung zu zweifeln; er nimmt deshalb zur weiteren Begründung auf die Entscheidungsgründe des Beschlusses vom 8. August 2000 (L 3 AL 4153/99) sowie auf diejenigen des SG im mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheid vom 29. August 2006 Bezug und sieht insoweit von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 153 Abs. 2 SGG).

Ausgehend hiervon hat die Beklagte auch bei der Neubewilligung für die hier streitgegenständliche Zeit ab 1. Januar 2001 Alhi zutreffend (weiterhin) nach einem gerundeten Bemessungsentgelt von 790 DM bewilligt. Gemäß § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung war die Alhi in der Folge mit einem um 0,03 verminderten Anpassungsfaktor (nach der Anpassungsverordnung vom 19. Juni 2001 beträgt der für den Kläger maßgebliche Anpassungsfaktor ab 1. Juli 2001 1,0138) anzupassen. Dementsprechend hat sich für die Zeit ab 1. Juli 2001 im Fall des Klägers nur noch ein gerundetes Bemessungsentgelt von 780 DM ergeben (angefochtener Bescheid vom 20. Juli 2001). Nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2001 ergibt sich für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2001 danach ein Leistungsentgelt von 352,94 DM und für die Zeit ab 1. Juli 2001 ein Leistungsentgelt von 349,44 DM (jeweils erhöhter Leistungssatz bei Leistungsgruppe C).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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