L 9 U 580/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 230/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 580/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist im vorliegenden Verfahren die Anerkennung von neurologischen Störungen als Berufskrankheit (BK) oder wie eine BK infolge der Exposition gegenüber Holzschutzmitteln vor dem Hintergrund weiterer, derzeit ruhender Verfahren, mit denen die Anerkennung von BKen der Nrn. 4301 (durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen), 4302 (durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte Atemwegserkrankungen), 1315 (Erkrankungen durch Isocyanate), 1103 (Erkrankungen durch Chrom) und 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) begehrt wird.

Der 1939 geborene Kläger hat von 1957 bis 1959 den Beruf eines Landwirts erlernt und war als solcher bis 1965 tätig. Daran schlossen sich Beschäftigungen als Bauarbeiter, Arbeiter in der Elektronik und Forstarbeiter an. Ab 1972 war der Kläger beim Sägewerk I. als angelernter Schreiner beschäftigt, zuletzt als Werkstattleiter mit der Herstellung von Gartenhäusern.

Seit dem 16. Oktober 1992 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und bezog vom 27. November 1992 bis 8. April 1994 Krankengeld. Seit dem 9. April 1994 war er arbeitslos gemeldet. Die Deutsche Rentenversicherung B.en-Württemberg gewährte dem Kläger auf seinen Antrag vom 24. Juni 1996 seit dem 1. Juli 1996 Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Die AOK Waldshut teilte der Beklagten am 4. Januar 1993 mit, dass die Arbeitsunfähigkeit seit dem 16. Oktober 1992 wegen chronischer Bronchitis nach Auffassung des behandelnden Arztes mit der beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehe.

Im Rahmen der daraufhin von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen teilte Dr. B. unter Vorlage von Befundberichten des Arztes für Lungenheilkunde Dr. E. vom 23. Juli 1992 und 30. September 1992 mit, der Kläger habe sich am 2. April 1992 wegen Reizhusten und Bronchitis in seine Behandlung begeben. Der Kläger gab unter dem 5. Februar 1993 an, er sei seit dem 12. Juni 1992 wegen toxischer Bronchitis, Müdigkeit, Leistungsminderung, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Allergien behandlungsbedürftig. Diese Erkrankungen führe er auf die schädigende Einwirkung von Holzschutzmitteln, Pentachlorphenol (PCP), Xyladecor und Glaswolle zurück. Die Fa. I. teilte mit, von 1972 bis ca. 1980 sei Xylamon, von 1980 bis 1987 Xyladecor 200 und danach Consolan-Wetterschutzlasur zum Einsatz gekommen. Der Verbrauch von anfänglich 100 kg pro Jahr habe sich in den Jahren nach 1977 erhöht auf Spitzenwerte von jährlich 800 bis 1000 kg. Dieser Verbrauch habe sich auf die Monat März bis Oktober konzentriert und umfasse auch in der Auskunft vom 25. Februar 1993 nicht aufgeführten Blausäureschutzgrund von ca. 200 kg pro Jahr (Auskunft vom 21. Januar 1997). Der Kläger führte hierzu aus, er habe von 1972 bis 1980 in der alten Werkstatt Spielplatzgeräte hergestellt und von 1980 bis 1992 Gartenhäuser. Kreissäge-, Hobel- und Schleifarbeiten seien ohne Absaugvorrichtungen durchgeführt worden. Die Geräte und Gartenhäuser seien mit den genannten Holzschutzmitteln gestrichen worden. Die Angaben des Klägers wurden von dem Technischen Aufsichtbeamten B. bestätigt (Vermerke vom 21. Mai und 12. Juli 1993).

Am 1. Juni 1993 stellte sich der Kläger wegen der Frage einer Holzschutzmittelintoxikation bei dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. H. vor. Dieser veranlasste Blutuntersuchungen auf PCP und Hexachlorcyclohexan-Isomere (HCH), welche innerhalb des Referenzbereiches lagen (Bericht von Dr. P. vom 17. Juni 1993) und führte aus, trotz der unauffälligen Blutwerte, die sich aus der geringen biologischen Halbwertszeit der Stoffe erklärten, bestehe kein Zweifel, dass die seit 1972 geklagten Beschwerden und die ab Mitte der 80er Jahre bestehende Schlafstörung, Müdigkeit, Konzentrationsstörung und Antriebsschwäche auf den langjährigen Kontakt mit den genannten Holzschutzmitteln zurückzuführen sei. Es habe sich ein Intoxikationsbild entwickelt, das in allen Teilen dem Bild der Holzschutzmittelerkrankung entspreche.

Die Sozialmedizinerin Dr. St., die den Kläger für die damalige Landesversicherungsanstalt B.en zu einem Antrag auf eine medizinische Reha-Maßnahme am 12. Juli 1993 untersuchte, fand beim Kläger keine Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen und auch keine depressive Verstimmung.

Die Beklagte holte ein arbeitsmedizinisches Gutachten von Prof. Dr. T. vom 1. Februar 1994 ein, das dieser in Zusammenarbeit mit Dr. D. erstattete. Bei der eingehenden ambulanten Untersuchung vom 14. bis 16. September 1993 gab der Kläger an, es sei seit Mitte der 80er Jahre zu Schlafstörungen infolge nächtlicher Atemnot gekommen. Seither leide er unter zunehmender Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Antriebsschwäche, die seit 1992 konstant vorhanden seien. Er sei auch vermehrt vergesslich. Ebenfalls seit den 80er Jahren sei eine arterielle Hypertonie bekannt, weshalb er regelmäßig antihypertensive Medikamente einnehme. Er habe wegen Unverträglichkeit verschiedene Anithypertensiva ausprobiert. Das jetzt verwendete Medikament Verapamil (Calciumantagonist) sei bislang am besten verträglich.

Der Sachverständige führte u.a. aus, im Ruhe-EKG ergäben sich Zeichen einer Linksherzhypertrophie, die am ehesten im Zusammenhang mit dem seit Jahren bekannten arteriellen Hypertonus stehe. Eine erneute Einstellung der Blutdruckwerte sei empfehlenswert. Hinsichtlich der Benommenheit und Müdigkeit bestehe der Verdacht auf Arzneimittelnebenwirkungen.

Nachdem die Beklagte den Kläger unter dem 21. April 1994 gebeten hatte, zur Prüfung der Ursächlichkeit der beruflichen Tätigkeit für die Schlafstörungen und der Konzentrationsschwäche die insoweit behandelnden Ärzte zu benennen und nachdem der Kläger Dr. H. benannt hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Juni 1994 Entschädigungsleistungen aus Anlass der unter Verdacht einer Berufskrankheit gemeldeten Erkrankung (neurologische Störungen) unter Hinweis auf das Gutachten von Prof. Dr. T. ab. Zuvor hatte die Beklagte, ebenfalls auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. T., die Anerkennung von Gesundheitsstörungen des Klägers als BK nach den Nrn. 4301 (durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen), 4302 (durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte Atemwegserkrankungen) und 1315 (Erkrankungen durch Isocyanate) abgelehnt (Bescheid vom 10. März 1994).

Die Beklagte wies die Widersprüche gegen den Bescheid vom 10. März 1994 durch Widerspruchbescheid vom 11. Juli 1994 und gegen den Bescheid vom 15. Juni 1994 durch Widerspruchsbescheid vom 14. November 1994 zurück. Mit einem weiteren Bescheid vom 11. Mai 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 1995 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen der als BK anerkannten Lärmschwerhörigkeit (BK Nr. 2301) ab.

Die nachfolgenden Klagen beim Sozialgericht Freiburg (SG) wurden durch Beschlüsse vom 18. Dezember 1997 und vom 17. April 1998 unter dem Az. S 10 U 1425/94 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

Das SG wies die Klagen durch Urteil vom 19. Juni 1998 ab. Es hatte zur Lärmschwerhörigkeit ein Gutachten von Prof. Dr. St. vom 11. Oktober 1997 und zu den übrigen Gesundheitsstörungen ein toxikologisches Gutachten von Prof. Dr. W. vom 31. März 1998 eingeholt. Letzterer hatte das Vorliegen von BKen nach den Nrn. 4301, 4302 und 1315 verneint und dargelegt, bei der Erkrankung des Klägers handele es sich um eine BK nach Nr. 1103 (Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen), da der Kläger auch gegenüber CKB-Salzen exponiert gewesen sei, die Chromverbindungen enthielten.

Die gegen dieses Urteil zum Landessozialgericht B.en-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung vom 21. Juli 1999 (L 2 U 2921/99) endete am 12. Mai 2000 mit einem gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, nochmals inhaltlich zu prüfen, ob beim Kläger Folgen von Berufkrankheiten vorliegen, ob ihm Verletztenrente zu gewähren ist und ihm im Anschluss an diese Prüfung einen neuen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen, wobei sie sich nicht auf die Bestandskraft der bisher ergangenen Bescheide berufen werde.

Bereits zuvor hatte die Beklagte durch Bescheid vom 12. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 1999 auf der Grundlage der Gutachten von Prof. Dr. T. und Prof. Dr. W. das Vorliegen einer BK Nr. 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) abgelehnt mit der Begründung, die sozialmedizinische Untersuchung (durch Dr. St.) und die gutachterliche Untersuchung durch Prof. Dr. T. im Jahr 1993 hätten keine Befunde ergeben, die auf ein entsprechendes Krankheitsbild hinwiesen. Gegen eine berufliche Verursachung spreche auch, dass nach den Angaben des Klägers auch nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Oktober 1992 keine wesentliche Änderung der Beschwerden eingetreten sei. Nach Ende der Exposition sei aber nach allgemeiner Erfahrung mit einer Rückbildung der Beschwerden zu rechnen. Eine lösungsmittelbedingte Polyneuropathie heile bei Expositionskarenz in leichten Fällen spätestens nach 10 Monaten, bei einem schwereren Verlauf nach drei Jahren vollständig oder weitgehend aus. Das hiergegen angestrengte Klageverfahren (S 9/1 U 459/99), in welchem der praktische Arzt F. unter dem 18. Februar 2000 eine sachverständige Zeugenauskunft unter Vorlage eines Befundberichts über eine SPECT-Untersuchung des regionalen cerebralen Blutflusses der Röntgenpraxis Speersort vom 29. Juli 1998 erteilt hatte, wurde durch Beschluss des SG vom 14. Februar 2002 zum Ruhen gebracht.

Mit Bescheiden vom 27. September 2000 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 1. Dezember 2000 lehnte die Beklagte ohne weitere Sachermittlungen unter Hinweis auf das Gutachten von Prof. Dr. T. u.a. die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Begründung ab, die Beschwerden in Form von Müdigkeit, Leistungsminderung, Konzentrationsstörungen und Schlafstörungen stellten keine Erkrankung im Sinne der Liste der derzeit gültigen Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) dar. Es lägen auch keine neuen medizinischen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, wonach bei einem solchen Erkrankungsbild die Voraussetzungen für die Einstufung als BK grundsätzlich gegeben seien.

Hiergegen erhob der Kläger am 11. Dezember 2000 Klage zum SG (S 9 U 3705/00) und verwies zur Begründung auf eine Stellungnahme des Lebensmittelkomittees der Europäischen Kommission vom 23. November 2000, in welcher in zahlreichen Fällen die auch beim Kläger vorliegenden Symptome wie Schlaflosigkeit, Nervosität und Depression dokumentiert seien, welche das Nervensystem beträfen und sowohl nach akuten als auch nach chronischen Expositionen gegenüber mit Dioxinkomponenten kontaminierten Materialien aufträten. Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf das Gutachten von Prof. Dr. T. und unter Vorlage von Stellungnahmen von Dr. Sch. (Prävention Dienststelle Stuttgart) vom 9. Juli und 14. August 2001 entgegen. Die vom Lebenmittelkomittee dokumentierten Fälle der Aufnahme von Dioxin über Nahrungsmittel ließen sich mit der vorliegenden Arbeitsplatzsituation nicht vergleichen.

Das SG trennte durch Beschluss vom 22. Januar 2002 u.a. das auf Anerkennung und Entschädigung neurologischer Störungen als oder wie eine BK gerichtete Verfahren ab (Az S 9 U 230/02). In diesem Verfahren legte die Beklagte weitere Unterlagen zu Art und Ausmaß der Arbeitsstoffexposition des Klägers, insbesondere zu Xylamon, Xyladecor, Lindan PCP und Kohlenwasserstoffgemischen vor.

Das SG holte das neurologisch-neuropsychologische Gutachten von PD Dr. Sch. vom 29. Mai 2003 mit neuroradiologischem Zusatzgutachten von Prof. Dr. Sch. vom 22. Juli 2003 und das Arbeitsmedizinische Gutachten von Prof. Dr. E. vom 30. März 2004 ein.

PD Dr. Sch. führte aus, beim Kläger habe seit dem Ende der 70er Jahre bis nach 1992 ein unspezifisches neurasthenieformes Beschwerdebild mit chronischer Ermüdung und Erschöpfung, Konzentrationsschwäche und Leistungsminderung vorgelegen. Aktuell bestehe eine Anpassungsstörung und eine Dysthymie. Die unspezifischen neurasthenieformen Beschwerden seien seines Erachtens teilweise Folge der langjährigen Einwirkung von Gemischen toxischer Holzschutzmittel-Inhaltsstoffe am Arbeitsplatz gewesen. Diese Schlussfolgerung ergebe sich aus den anamnestischen Angaben des Klägers und den bis heute bekannt gewordenen Folgen einer chronischen Exposition gegenüber den Inhaltsstoffen PCP, Dioxine, Lindan und organische Kohlenwasserstoffe. Es bestünden zwar insoweit keine im engeren Sinne beweiskräftigen apparativen oder neuropsychologischen Befunde (Prof. Dr. Sch. hatte den MRT-Befund vom 13. Mai 2003 als weitgehend altersentsprechend beschrieben, das Vorliegen einer Lösungsmittelenzephalopathie lasse sich daraus nicht ableiten). Es gebe aber angesichts der glaubhaft vorgebrachten Beschwerden, die mit den Erkenntnissen über Holzschutzmittelintoxikationen übereinstimmten, keine alternative Erklärung. Die heute bestehenden Beschwerden würden von der diagnostizierten Dysthymie hervorgerufen, welche er als mittelbare Folge der Berufserkrankung ansehe, weil sie aus der nicht gelungenen Anpassung an die eingetretene Situation resultiere. Der Kläger sei einem Gemisch von toxischen Substanzen ausgesetzt gewesen, welche sich in Bezug auf PCP und Dioxine der BK Nr 1310 (Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide), auf aromatische und alipathische Kohlenwasserstoffe aus Lösemitteln der BK Nr. 1317, und in Bezug auf Lindan der Nr. 1302 ( Erkrankungen durch Halogenwasserstoffe) zuordnen ließen. Diese Vorgehensweise, das Gesamtbeschwerdebild und die Stoffbelastung in einzelne Facetten zu zerlegen und diese einzeln mit dem BK-Katalog abzugleichen, sei nicht sinnvoll. Eine BK "Holzschutzmittel-Intoxikation", "PCP-Intoxikation" oder "Dioxinintoxikation" existiere bisher nicht. Zum Zeitpunkt der Beendigung der beruflichen Tätigkeit habe beim Kläger auf nervenärztlichem Gebiet eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 vH bestanden. Danach sei die holzschutzmittelbedingte MdE geringer geworden. Es habe sich jedoch parallel hierzu eine psychische Störung ausgebildet, die weiterhin eine MdE von 50 vH bedinge. Unter Außerachtlassung der psychischen Störung bestehe grob geschätzt höchstens noch eine MdE von 20 vH.

Anlässlich der Exploration des Klägers im Institut für Arbeitsmedizin am 10. Februar 2004 legte dieser einen Bericht der Medizinischen Universitätsklinik Freiburg an Dr. H. vom 6. Februar 1996 (Diagnose: essentielle arterielle Hypertonie mit Sekundärschädigung (Linksherzhypertrophie) ICD 401.0) und einen Bericht der angiologischen AmbuL. der Hochrheinklinik B. S. vom 27. Februar 1997 (Diagnosen: supraaortale arterielle Verschlusskrankheit mit 60 bis 70%iger Carotis interna-Stenose rechts und geringgradiger Carotis-externa-Stenose links bei den Risikofaktoren Hypertonie, Hypercholersterinämie und Adipositas) vor.

Prof. Dr. E. führte aus, Xylamon enthalte Pentachlorphenol (PCP) und Lindan (gamma-Hexachlorcyclohexan) und Xyladecor 200 Lindan (gamma-Hexachlorcyclohexan). Die beim Kläger von Dr. P. am 24. Juni 1993 durchgeführten Bestimmungen von Pentachlorphenol (PCP), alpha-, beta- und gamma- Hexachlorcyclohexan bzw. Lindan hätten normwertige Ergebnisse ergeben. Es könne bei PCP-Halbwertszeiten von bis zu zehn Wochen durch eine Untersuchung etwa 8 Monate nach Expositionsende nicht der Nachweis erbracht werden, dass der Kläger einer gesundheitsschädlichen PCP-Belastung ausgesetzt war oder nicht. Bei langdauernder PCP-Einwirkung könnten neben schweren Polyneuropathien auch psychiatrische Symptome wie schnelle Ermüdbarkeit, Mattigkeit und Konzentrationsstörungen auftreten.

Demgegenüber habe das in Lindan enthaltene Isomer beta-Hexachlorcyclohexan im Blut eine Halbwertszeit von mehreren Jahren. Nachdem dieser Parameter im Juni 1993 referenzwertig gewesen sei, könne nicht angenommen werden, dass der Kläger einer gesundheitsschädlichen Lindan-Belastung ausgesetzt gewesen sei. Eine chronische Lindanexposition könne zu erheblichen Befindlichkeitsstörungen und neurologischen Beschwerden führen.

Die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden und die bereitgestellten Unterlagen ließen die Diagnose einer Enzephalopathie zu. Zu diskutieren sei, ob es sich hierbei überwiegend um eine toxische oder aber um eine hypertensive Enzephalopathie handele. Zwar sei der Kläger über den gesamten Zeitraum seiner beruflichen Tätigkeit bei der Firma I. mehreren neurotoxischen Substanzen ausgesetzt gewesen und zwar möglicherweise in einer erheblich höheren Konzentration als der Durchschnitt der Bevölkerung. Allerdings spreche insgesamt mehr dagegen als dafür, dass die vom Kläger beklagten Beschwerden im Sinne einer zentralnervösen Symptomatik auf die Inhaltsstoffe von Holzschutzmitteln, insbesondere PCP und Lindan, zurückgeführt werden könnten. Allenfalls für PCP sei bis 1980 eine mögliche Konzentration im gesundheitsschädlichen Bereich anzunehmen. Hingegen sei dies für Lindan zu verneinen. Neurologische Beschwerden seien aber erst seit Beginn der 90er Jahre nachgewiesen. Demgegenüber habe der seit etwa 15-20 Jahre bestehende Bluthochdruck zu Verengungen der Blutgefäße und zu einer Verdickung der linken Herzkammer geführt. Überhöhter Blutdruck könne sich auch auf die Gefäßsituation im Gehirn auswirken, woraus sich eine Enzephalopathie ausbilden könne.

Durch Urteil vom 26. Oktober 2004 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen verneinte es den erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Kontakt zu den toxischen Arbeitsstoffen und den Beschwerden auf neurologischem bzw. psychiatrischen Fachgebiet und stützte sich hierbei auf das Gutachten von Prof. Dr. E ... Auch wenn der Kläger, wie von ihm behauptet, bereits in den Jahren zwischen 1980 und 1992 bei seinen behandelnden Ärzten über nachlassende Merk- und Konzentrationsfähigkeit geklagt habe, lasse sich aus der Tatsache, dass mehrere Ärzte diese Klagen nicht zum Anlass genommen hätten, eine neurologische Klärung herbeizuführen, schließen, dass die Beschwerden noch kein solches Ausmaß erreicht hätten, dass dies der Argumentation der Sachverständigen entgegenstehe.

Gegen das am 9. Februar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die am 11. Februar 2005 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingegangen ist. Das SG habe mit seiner Argumentation völlig verkannt, dass praktisch tätige Ärzte vor 2 ½ Jahrzehnten das Beschwerdebild einer toxischen Enzephalopathie schlicht nicht identifiziert hätten. Erst nach 1980 seien Holzschutzmittelgeschädigte einer systematischen Behandlung und entsprechender Diagnostik zugeführt worden. Beim Kläger seien durchaus schon Symptome vorhanden gewesen, die nur nicht so eindeutig auf eine neurologische enzephalopathische Ursache hingedeutet hätten, dass die damals behandelnden Ärzte dem nachgegangen seien. Die beim Kläger vor Expositionsende bereits bestehende Krankheit habe sich nach Expositionsende verschlimmert. Es müssten die den Kläger behandelnden Ärzte hierzu gehört werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Oktober 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 27. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die neurologischen Erkrankungen des Klägers als Berufskrankheit, hilfsweise wie eine Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die von dem Praxisnachfolger des früher den Kläger behandelnden Arztes Dr. B. bei diesem noch vorhandenen Unterlagen der Jahre 1992 bis 1994 (u.a. Entlassungsbericht der Rehaklinik S. vom 10. Januar 1994 nach Heilverfahren vom 3. November bis 14. Dezember 1993), das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Waldshut (berücksichtigte Zeiten von 1954 bis 1959 und ab 1969) und die Rentenakten der damaligen LVA Baden und der Landwirtschaftlichen Alterskasse Baden beigezogen. In letzteren befinden sich die Gutachten des Internisten Dr. L. vom 27. Februar 1997, des Orthopäden Dr. S. vom 10. Januar 1997 und des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 10. Januar 1997, welche aufgrund von Untersuchungen vom 7. bis 10. Januar 1997 auf der Klinischen Beobachtungsstation der LVA Baden erstellt worden waren. Schließlich hat der Senat auch die Akte des SG S 4 Lw 2417/97, den Rentenrechtsstreit des Klägers gegen die Landwirtschaftliche Alterkasse Baden betreffend, beigezogen, in welchem sich neben sachverständigen Zeugenaussagen des seit 1987 behandelnden Internisten Dr. J. vom 14.Oktober 1997 und des Orthopäden Dr. B. vom 19. November 1997 (einmalige Behandlung am 18. August 1997) die Gutachten des Orthopäden Dr. Dr. Sch. vom 22. Januar 1998, das nervenärztliche Gutachten von Dr. B. vom 17. Mai 1998 und das auf Antrag des Kläger gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten des Neurologen Dr. B. vom 22. April 1999 mit klinisch-psychologischem Zusatzgutachten des Dipl.-Psychologen H. vom 28. Januar 1999 befinden.

Prof. Dr. E. hat in der vom Senat angeforderten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 30. November 2005 ausgeführt, aus den beigezogenen Unterlagen ergebe sich, dass der Kläger erstmals im Jahre 1997 neurologisch und psychiatrisch untersucht worden sei (Dr. B.). Der damals erhobene neurologische Befund habe bis auf eine beidseitige leicht verminderte Vibrationsempfindlichkeit keine weiteren Auffälligkeiten ergeben. Der psychische Befund habe keine Hinweise auf das Vorliegen einer hirnorganischen Symptomatik, einer endogenen Psychose oder einer depressiven Entwicklung ergeben. Auch das ausführliche klinisch-psychologische Gutachten von Dipl.-Psych H. habe keine Hinweise für eine erworbene Störung der Intelligenzfunktion ergeben. Erst auf der Grundlage einer Untersuchung des praktischen Arztes F. sei im Jahr 2000 die Verdachtsdiagnose einer toxischen Enzephalopathie gestellt worden. Unter Zugrundelegung der Feststellungen im Gutachten von PD Dr. Sch. im Gutachten vom 29. Mai 2003 liege somit zwischen dem Ende der Exposition gegenüber neurotoxischen Substanzen im Jahre 1987 und der Diagnose zentralnervöser Störungen im Jahre 2003 ein Zeitraum von 16 Jahren. Daher werde an der Auffassung festgehalten, dass die beim Kläger vorliegende Enzephalopathie wahrscheinlich auf die arterielle Blutdruckerkrankung mit entsprechenden Gefäßkomplikationen zurückzuführen sei.

Nach weiteren Ermittlungen zur Zusammensetzung der Wetterschutzlasur Consolan, welche zwischen 1985 und 1992 vom Kläger verarbeitet wurde, hat Prof. Dr. E. in der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 8. Januar 2007 ausgeführt, es sei nach wie vor zu konstatieren, dass der Kläger Kontakt zu neurotoxisch wirkenden Substanzen höchstens bis 1987 gehabt habe. Die Diagnosen, die den Krankschreibungen zugrunde gelegen hätten, wiesen keinerlei Symptome auf, die in irgendeiner Weise auf eine Enzephalopathie oder eine Nervenkrankheit hinwiesen. Auch die erst 10 Jahre nach Expositionsende erstmals durchgeführte neurologische bzw. psychiatrische Diagnostik habe keinerlei Hinweise auf eine Nervenerkrankung gegeben. Der beim Kläger seit Mitte der 80er Jahre bestehende Bluthochdruck und die im Jahre 1997 diagnostizierte arterielle Verschlusskrankheit müssten als geeignet angesehen werden, eine zerebrale Insuffizienz hervorzurufen. Es gebe daher eine plausible ärztliche Begründung für die Gehirnschwäche.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das Gutachten von Prof. Dr. H. vom 22. Februar 2008 eingeholt. Dieser hat beim Kläger eine toxische Enzephalopathie II A bzw. II B, einen Zustand nach Exposition gegenüber PCP, Dioxin, Lindan und Formaldehyd, eine Hypertonie, ein reduziertes Vibrationsempfinden und eine Carotis externa Stenose links diagnostiziert und ausgeführt, die entsprechenden Symptome wie Müdigkeit, Konzentrationsstörung, Antriebsstörung und Schlafstörung seien spätestens seit Mitte der 80er Jahre, also nach ca. 10 Jahren Exposition unter voller beruflicher Belastung, aufgetreten. Es habe eine eindeutige Belastung mit aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen bestanden. Es seien vermehrt Entzündungen der Nasenschleimhäute und der Nasennebenhöhlen aufgetreten. Bei der Bewertung der BK sei zu berücksichtigen, dass die genannten Symptome zu einem Zeitpunkt vor der eigenständigen Begründung der BK Nr. 1317 nachgewiesen worden seien. Daher seien die Voraussetzungen einer BK Nr. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) erfüllt. Demgegenüber habe die Bluthochdruckerkrankung nicht zu gefäßbedingten Komplikationen geführt. Auch begründe eine einseitige Carotis-interna-Stenose nicht die Symptome der Müdigkeit, Konzentrationsminderung und Antriebslosigkeit. Spätestens seit Januar 1985 bestehe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 25 vH.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. September 2008 haben die Beteiligten einen später von der Beklagten widerrufenen Vergleich abgeschlossen und sich - für den Fall des Widerrufs - mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zu weiteren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten (9 Bände), die Akten des SG Freiburg (9 Bände - S 10 U 1425/94, S 10 U 2345/94, S 10 U 2809/95, S 1 U 459/99, S 9 U 1697/99, S 9 U 2694/00, S 9 U 3705/00 und S 9 U 230/02), die Akten des LSG L 2 U 2921/99 und L 9 U 580/05 und die erwähnten Rentenakten einschließlich der Akte des SG S 4 Lw 2417/97.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig, sie ist jedoch sachlich nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung von neurologischen Störungen als BK oder wie eine BK.

Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist - ausschließlich - der Bescheid der Beklagten vom 27. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2000, mit dem die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Begründung ablehnte, die Beschwerden in Form von Müdigkeit, Leistungsminderung, Konzentrationsstörungen und Schlafstörungen stellten keine Erkrankung im Sinne der Liste der derzeit gültigen Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) dar. Es lägen auch keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, wonach bei einem solchen Erkrankungsbild die Voraussetzungen für die Einstufung als BK grundsätzlich gegeben seien.

Nicht Gegenstand der hiergegen gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage und des nachfolgenden Berufungsverfahrens sind die im Tatbestand erwähnten Verfahren betreffend die BKen Nrn. 4301 (durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen), 4302 (durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte Atemwegserkrankungen), 1315 (Erkrankungen durch Isocyanate), 1103 (Erkrankungen durch Chrom) und 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische), die durch Beschlüsse des SG vom 9. und 14. Februar 2002 ruhend gestellt wurden.

Ebenfalls nicht Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist die Anerkennung und Entschädigung einer BK nach Nr. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoff). Zwar hat der Sachverständige Prof. Dr. H. zuletzt die Auffassung vertreten, dass beim Kläger die Voraussetzungen für das Vorliegen einer BK nach Nr. 1302 vorlägen. Hierüber hat die Beklagte aber bisher nicht durch Verwaltungsakt entschieden. Im streitgegenständlichen Bescheid finden sich hierzu keine Ausführungen. Grundsätzlich bezieht sich eine Entscheidung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer BK stets auf eine bestimmte, genau definierte Krankheit, die der Verordnungsgeber aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung als BK bezeichnet und in der Anlage zur BKV unter einer eigenen Ordnungsnummer aufgelistet hat oder die nach § 9 Abs. 2 SGB VII (vor dem 1. Januar 1997 § 551 Abs. 2 RVO) im Einzelfall wie eine BK zu behandeln ist. Sie beinhaltet nicht gleichzeitig die Anerkennung oder Ablehnung anderer Listenkrankheiten, die beim Krankheitsbild des Versicherten möglicherweise ebenfalls in Betracht kommen könnten. Die Beschränkung folgt schon daraus, dass für jede der in Frage kommenden Krankheiten eigene Voraussetzungen gelten und es gerade Zweck des Verwaltungsverfahrens ist, das Vorliegen dieser Voraussetzungen bezogen auf das jeweilige Krankheitsbild zu prüfen (Bundessozialgericht -BSG - Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 22/03 R in JURIS).

Es kann nach der Rechtsprechung des BSG offen bleiben, ob der spätestens seit Juni 1993 nach der Vorstellung bei Dr. H. verfolgte und erstmals durch Bescheid vom 15. Juni 1994 in der der Gestalt des Widerspruchsbescheides 14. November 1994 abgelehnte Rentenanspruch des Klägers noch nach dem Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) oder bereits nach den Vorschriften des am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen SGB VII zu beurteilen ist. Nach der Übergangsregel des § 214 Abs. 3 SGB VII gelten - abweichend von der Grundregel des § 212 SGB VII - die Vorschriften über Renten, Beihilfen, Abfindungen und Mehrleistungen auch für Versicherungsfälle vor dem In-Kraft-Treten des Gesetzes, wenn diese Leistungen nach dem In-Kraft-Treten erstmals festzusetzen sind. Wie die zuletzt genannte Wendung zu verstehen ist, ob damit der Zeitpunkt gemeint ist, in dem die materiellen Voraussetzungen für den Leistungsbezug erfüllt sind, oder aber der Zeitpunkt, in dem erstmals durch Verwaltungsakt über die Leistung entschieden wird, ist umstritten und durch die Rechtsprechung bisher nicht geklärt (BSG SozR 4-2700 § 9 Nr 8 unter Hinweis auf das Urteil vom 20. Februar 2001 - B 2 U 1/00 R). Eine Klärung kann auch dahinstehen, da die für den Anspruch des Klägers maßgeblichen Vorschriften des alten und des neuen Rechts in den streitigen Punkten inhaltlich übereinstimmen (BSG aaO).

Anspruch auf Rente haben gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII (früher §§ 580 Abs. 1, 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) über die 26. (früher die 13.) Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vH gemindert ist.

BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO) Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte bei einer der in den §§ 2, 3 und 6 SGB VII (§§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO) genannten Tätigkeiten erleiden. Die Bundesregierung wurde ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen sowie die in der BKV bezeichnete Krankheit gehören, nachgewiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können. Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkungen und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 19, 52; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller - wesentlichen - Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, Stand November 2006, E § 9 SGB VII Rdnr. 26). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 91). Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30; 121, 123; 43, 110, 112). Das gleiche gilt, wenn der für die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität erforderliche wahrscheinliche Zusammenhang nicht nachweisbar ist.

Der Senat stellt zunächst auf der Grundlage der Angaben des Arbeitgebers und des Klägers sowie des TAB B. fest, dass der Kläger während seiner versicherten Tätigkeit bei der Fa. I. Einwirkungen der Holzschutzmittel Xylamon (von 1972 bis 1980), Xyladecor 200 (von 1980 bis 1987) und von Consolan (von 1987 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 16. Oktober 1992) ausgesetzt war, wobei beim Aufbringen dieser Mittel auf das Holz und über die Holzstäube beim Sägen, Fräsen und Schleifen inhalativer Kontakt und Hautkontakt bestand. Absaugungen oder sonstige Schutzvorrichtungen waren am Arbeitsplatz des Klägers nicht vorhanden.

Das bis 1980 in erheblichen Mengen eingesetzte Xylamon enthielt PCP und war darüber hinaus verunreinigt durch Substanzen aus der Gruppe der hochgiftigen Dioxine. Darüber hinaus enthielt es auch Lindan, welches auch Bestandteil des von 1980 bis 1987 eingesetzten Xyladecor 200 war. Schließlich waren in den genannten Holzschutzmitteln und in dem zusätzlich verwendeten "Bläuegrund" aromatische und aliphatische Kohlenwasserstoffe (Lösungsmittel) enthalten (vgl. hierzu Gutachten von PD Dr. Sch. vom 29. Mai 2003 Bl. 30/31). Die ab 1987 im Wesentlichen eingesetzte Wetterschutz-Lasur Consolan enthielt nach den im Berufungsverfahren vorgelegten weiteren Unterlagen in diesem Zeitraum keine neurotoxischen Stoffe mehr. Nur zwischen 1985 und 1986 enthielt sie einen geringen Anteil (0,1 %) an Aromaten, die nach dem Merkblatt zur BK 1317 als neurotoxisch eingestuft sind.

Unter den gehörten Sachverständigen besteht Einigkeit darin, dass der Kläger den genannten schädigenden Stoffen durch seine versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt war. Dies gilt trotz der von Dr. P. im Juni 1993 durchgeführten unauffälligen Blutuntersuchungen uneingeschränkt für die Belastung durch PCP in den Jahren 1972 bis 1980. Demgegenüber werden unter Hinweis auf die damals im Referenzbereich liegenden Werte des in Lindan enthaltenen Isomer beta-Hexachlorcyclohexan, welcher eine Halbwertzeit von mehreren Jahren hat, sowohl von Prof. Dr. T. als auch von Prof. Dr. E. Einschränkungen hinsichtlich der Dauer bzw. Intensität der Einwirkung von Lindan gemacht. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Kläger, wie PD Dr. Sch. überzeugend ausführt, von 1972 bis mindestens 1987 gegenüber diesen Schadstoffen substanziell exponiert war.

Der Senat kann jedoch nicht feststellen, dass beim Kläger im Rahmen des vorliegenden Streitgegenstandes eine Erkrankung im Sinne eines in der Liste der BKV erfassten Berufskrankheitentatbestandes vorliegt.

Zur Entwicklung und zum Verlauf der als Folgen einer BK geltend gemachten neurologischen Störungen stellt der Senat zunächst fest, dass der Kläger gegenüber Dr. E. bereits im Juni 1992 angegeben hatte, dass er seit Jahren zunehmend an Luftnot, Herzrasen, gelegentlich nächtlichen Beschwerden und einem allgemeinen Leistungsknick leide (Bericht an Dr. B. vom 23. Juli 1992). Auch gegenüber Dr. H. am 1. Juni 1993 und gegenüber Prof. Dr. T. im September 1993 gab er an, dass es seit Mitte der 80er Jahre wegen nächtlicher Atemnot zu Schlafstörungen gekommen sei, die zu zunehmender Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und zu Antriebsschwäche geführt hätten. Allerdings weisen weder die Krankheiten, die nach dem Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Waldshut ab Mitte der 80er Jahre bis Oktober 1992 zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit führten ( Februar 1986 Grippe Bronchitis, April 1987 Lumboischialgie, Dezember 1987 grippöser Infekt, Februar 1988 Wirbelsäulensyndrom, Coxarthrose, Lumboischialgie, Bluthochdruck, Juni 1988 LWS-Syndrom, Dezember 1988 Ischialgie, November /Dezember 1989 Ischämie, Februar 1990 LWS-Syndrom, September 1990 fieberhafter Infekt, Oktober 1990 Wurzelreizsyndrom, Mai 1991 Bronchitis, Juni 1991 Schulter-Arm-Syndrom, Oktober 1991 Zervikalsyndrom, April 1992 Bronchitis und ab 16. Oktober 1992 Bronchialspasmen und Hypertonie) noch die ärztlichen Feststellungen, die ab 1987 in den Akten dokumentiert sind, einen Bezug zu diesen Beschwerden auf.

So teilte der den Kläger seit 1987 behandelnde Internist Dr. J. dem SG im Verfahren S 4 Lw 2417/97 unter dem 14. Oktober 1997 als sachverständiger Zeuge mit, dass zunächst im Vordergrund rezidivierende Lumboischialgien gestanden hätten. Im weiteren Verlauf sei es zunehmend zu asthmoiden Beschwerden bei hyperreagiblem Bronchialsystem gekommen, auch ein arterieller Hypertonus sei im weiteren Verlauf zunehmend in Erscheinung getreten. Auffällige neurologische und/oder psychische Befunde wurden weder von Dr. St. anlässlich der Begutachtung am 12. Juni 1993 noch während des Heilverfahrens in der Rehaklinik S. im November/ Dezember 1993 erhoben. Mit Ausnahme von Problemen beim Durchschlafen wurde eine unauffällige vegetative Anamnese erhoben, seitens des zentralen Nervensystems bestand ein physiologisches Reflexverhalten ohne Hinweise auf Hyp- oder Paraesthesien bei unauffälligem neurologischem Status (Entlassungsbericht vom 10. Januar 1994). Auch die Internistin Dr. Hofeditz-Heinzel, die den Kläger am 30. Juni 1994 für das Arbeitsamt Waldshut begutachtete, stellte beim Kläger bei im Vordergrund stehenden orthopädischen Beschwerden eine normale psycho-mentale Belastbarkeit fest. Dementsprechend stellte Dr. J. in seinem ärztlichen Befund- und Behandlungsbericht vom 11. Oktober 1996 zu dem am 24. Oktober 1996 bei der landwirtschaftlichen Alterskasse gestellten Rentenantrag die Diagnosen Asthma bronchiale, arterieller Hypertonus, LWS-Syndrom mit rezidivierenden Lumboischialgien, beginnende Cox- und Gonarthrose bds., Schwerhörigkeit, Hyperlipidämie und Adipositas ohne Erwähnung einer neurologischen oder psychischen Beeinträchtigung. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B., der den Kläger zusammen mit dem Internisten Dr. L. und dem Orthopäden Dr. S. im Rahmen des Rentenverfahrens im Januar 1997 nervenärztlich begutachtete und festhielt, dass der Kläger sich nicht in nervenärztlicher Behandlung befand, erhob bis auf eine leichte Pallhypästhesie beidseits keinen auffälligen neurologischen Befund. Der psychische Befund war ohne Hinweise für eine hirnorganische Symptomatik bei klaren und präzisen Gedächtnis- und Merkfähigkeitsleistungen. Er diagnostizierte aber eine ausgeprägte Neigung zur psychogenen Beschwerdefixierung/überlagerung mit deutlich rententendentiöser, teils auch hypochondrischer Färbung.

Nachdem auch im SG-Verfahren S 4 Lw 2417/97 der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. im Gutachten vom 17. Mai 1998 zu dem Ergebnis gelangt war, dass sich bei möglicher Exposition mit Lacken/Dämpfen über Jahre keine klinisch manifeste chronische Nervenentzündung und auch keine Zeichen für eine relevante diffus cerebrale toxische Symptomatik hätten nachweisen lassen, wurden auf Antrag des Klägers als Sachverständige der Chefarzt der Neurologischen Klinik am H.-L.-Krankenhaus in Mannheim Dr. B. (Gutachten vom 22. April 1999) und der Dipl.- Psychologe H. (Klinisch-psychologisches Zusatzgutachten vom 28. Januar 1999) tätig. Zuvor hatte sich der Kläger zu dem Praktischen Arzt F. in Hamburg begeben, der eine SPECT-Untersuchung des regionalen cerebralen Blutflusses durch Dr. B. am 27. Juli 1998 veranlasste. Es fand sich bei der Quantifizierung der Gesamtaufnahme ein Wert von 82%, welcher im unteren Bereich des Solls (80-120%) lag, was nach Meinung des Untersuchers mit einer wenig fortgeschrittenen toxischen Enzephalopathie zu vereinbaren wäre. Die Sachverständigen Dr. B. und Dipl.-Psych H. fanden demgegenüber keine richtungsweisenden pathologischen klinisch-neurologischen oder neuropsychologischen Befunde. Der Dipl-Psych. H. stellte insbesondere fest, dass die geklagten Beschwerden im psychischen Bereich (Konzentrationsstörungen, Antriebsschwäche, Kopfschmerz usw.) keinen testpsychologisch nachweisbaren Einfluss auf das psychophysische Leistungsvermögen des Klägers hätten.

Schließlich zeigte das kranielle MRT vom 13. Mai 2003 keine Befunde, die auf eine erstmals von dem Arzt F. und Dr. B. im Juli 1998 angenommene Lösungsmittelenzephalopathie hinweisen. Vielmehr kann dem neuroradiologischen Zusatzgutachten von Prof. Dr. Sch. vom 22. Juli 2003 entnommen werden, dass die mehreren kleinen Marklagerläsionen im Bereich beider Großhirnsphären bei älteren Personen häufig mit Gefäßrisikofaktoren, insbesondere mit einem arteriellen Bluthochdruck korrelieren und deshalb als Ausdruck einer beginnenden hypertensiven Mikroangiopathie gedeutet werden können.

Allerdings hat PD Dr. Sch. im Gutachten vom 29. Mai 2003 unabhängig davon beim Kläger aufgrund von dessen anamnestischen Angaben ein unspezifisches neurasthenieformes Beschwerdebild mit chronischer Ermüdung, Erschöpfung, Konzentrationsschwäche und Leistungsminderung festgestellt, welches in seiner Gesamtheit von verschiedenen wissenschaftlichen Autoren als "Holzschutzmittelsyndrom" bezeichnet wird. Nach seinen Darlegungen gibt es für dieses Beschwerdebild, das auch keiner einzelnen BK-Nr. zuzuordnen sei, keine im engeren Sinne beweiskräftigen kernspintomografischen, neurologischen und neuropsychologischen Befunde, auch nicht in Bezug auf die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs.

Anders als PD Dr. Sch. hat Prof. Dr. E. im Gutachten vom 30. März 2004 und in den nachfolgenden ergänzenden Stellungnahmen ausgeführt, die vom Kläger vorgetragenen Symptome und die gesamten Unterlagen ließen die Diagnose einer Enzephalopathie zu. Allerdings spreche mehr dafür, dass diese Folge der konkurrierenden Erkrankung Bluthochdruck mit all ihren Komplikationen sei. Schließlich diagnostizierte auch Prof. Dr. H. beim Kläger eine Enzephalopathie Grad II A bzw. II B, hervorgerufen durch die neurotoxischen aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffe, denen der Kläger von 1972 bis 1992 ausgesetzt gewesen sei und nahm eine BK nach Nr. 1302 an, nachdem die Symptome zu einem Zeitpunkt vor der eigenständigen Begründung der BK Nr. 1317 aufgetreten seien.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Entwicklung der als BK geltend gemachten Störungen kann der Senat - in Übereinstimmung mit der Beklagten - nicht feststellen, dass es sich bei den geltend gemachten neurologischen Störungen in Form von Müdigkeit, Leistungsminderung, Konzentrationsstörungen und Schlafstörungen um eine in der BKV erfasste BK handelt bzw. dass diese wie eine BK zu entschädigen sind.

Dies gilt unabhängig davon, ob man mit PD Dr. Sch. diese Störungen als ein unspezifisches neurasthenieformes Beschwerdebild mit chronischer Ermüdung, Erschöpfung, Konzentrationsschwäche und Leistungsminderung bezeichnet, welches in seiner Gesamtheit von verschiedenen wissenschaftlichen Autoren als "Holzschutzmittelsyndrom" bezeichnet wird und für welches es nach seinen Darlegungen keine im engeren Sinne beweiskräftigen kernspintomografischen, neurologischen und neuropsychologischen Befunde, auch nicht in Bezug auf die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs gibt, oder aber ob man sie, wie zuletzt durch Prof. Dr. E. und durch Prof. Dr. H., als Symptome einer Enzephalopathie begreift. Der Symptomenkomplex als solcher wird von keiner Listen-BK erfasst. Eine Enzephalopathie wird als BK unter der Nr. 1317 erfasst, deren Vorliegen hier aber nicht Streitgegenstand ist. Auch trifft es zu, wie PD Dr. Sch. ausgeführt hat, dass die Inhaltsstoffe von Holzschutzmitteln, denen der Kläger ausgesetzt war, in verschiedenen in BKen erfassten Substanzgruppen enthalten sind. So sind PCP und Dioxine der Nr. 1310, aromatische und aliphatische Kohlenwasserstoffe aus Lösemitteln der Nr. 1317 und Lindan der Nr. 1302 zuzuordnen. Entgegen der Auffassung von PD Dr. Sch. verlangt es aber die dargestellte rechtliche Regelung der Feststellung und Entschädigung von BKen, dass die Belastung durch die einzelnen Stoffe anhand der einzelnen BK-Nr. auch im Einzelnen geprüft werden muss, auch wenn dies nicht sinnvoll erscheinen mag. Eine BK, die alle Substanzgruppen von Holzschutzmitteln im Sinne einer "Holzschutzmittel-Intoxikation" umfasst, enthält die BK-Liste nicht.

Nachdem der Senat in Bezug auf die geltend gemachten neurologischen Störungen das Vorliegen einer in der BKV bezeichneten Krankheit nicht feststellen kann, entfällt die Prüfung eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen den schädigenden Einwirkungen und dem geltend gemachten Symptomenkomplex.

Auch die Voraussetzungen einer Entschädigung nach § 9 Abs. 2 SGB VII (§ 551 Abs. 2 RVO) liegen nicht vor. Danach haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Abs. 1 Satz 2 erfüllt sind. Mit dieser Regelung soll nicht in der Art einer Generalklausel erreicht werden, dass jede Krankheit, deren ursächlicher Zusammenhang mit der Berufstätigkeit im Einzelfall nachgewiesen oder wahrscheinlich ist, stets wie eine BK zu entschädigen ist. Vielmehr sollen dadurch Krankheiten zur Entschädigung gelangen, die nur deshalb nicht in die Liste der BKen aufgenommen wurden, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die Gefährdung bestimmter Personengruppen durch ihre Arbeit bei der letzten Fassung der Anlage zur BKV noch nicht vorhanden oder dem Verordnungsgeber nicht bekannt waren oder trotz Nachprüfung nicht ausreichten (vgl. Urteil des BSG vom 4. Juni 2002 - B 2 U 20/01 R - mwN in JURIS).

Die als Quasi-BK unter dem Begriff neurologische Störungen geltend gemachten Beschwerden in Form von Müdigkeit, Leistungsminderung, Konzentrationsstörungen und Schlafstörungen sind, wie bereits dargelegt, u.a. Symptome einer toxischen Enzephalopathie. Dies ergibt sich nicht nur aus den Ausführungen der Sachverständigen PD Dr. Sch., Prof. Dr. E. und Prof. Dr. H., sondern kann auch abgeleitet werden aus dem Merkblatt zur BK Nr 1317 (Bek. des BMGS, BArbBl 2005 H. 3 S.49). Nach Abschnitt III des Merkblatts sind die Symptome einer Enzephalopathie Schweregrad I Erschöpfung, Ermüdbarkeit, Konzentrationsschwäche, Merkschwäche, allgemeine Antriebsminderung. Bei diesem Symptomenkomplex handelt es sich somit schon nicht um eine bestimmte, genau definierte Krankheit, sodass schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 SGB VII zu verneinen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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