L 9 S 202/87

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 S 202/87
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Entschädigung des Antragstellers für die im Rechtsstreit L-12/An-1353/86 erbrachten röntgenologischen Sachverständigenleistungen wird auf 56,90 DM festgesetzt.

Gründe:

In der vor dem Hessischen Landessozialgericht anhängig gewesenen Angestelltenversicherungs-Streitsache L-12/An-1353/86 (G .../. BfA) erstattete Prof. Dr. O. Zentrum für Innere Medizin der J., G. auf Grund einer Beweisanordnung vom 20. Januar 1987 unter dem 15. Mai 1987 ein medizinisches Sachverständigengutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers. Dabei beteiligte er u.a. den Antragsteller, Leiter der Röntgenabteilung der Inneren Medizin, der Röntgenuntersuchungen des Thorax in zwei Ebenen vornahm (S. 32/33 des Gutachtens). In seiner Rechnung vom 18. Mai 1987 gab Prof. Dr. O. an, die Sachkosten würden von ihm direkt an die Klinikverwaltung abgeführt; die Kosten für die durchgeführte Röntgenuntersuchung gehe mit getrennter Post zu. Mit Kostenrechnung vom 14. August 1987 berechnete der Antragsteller für die am 7. Mai 1987 erbrachten Röntgenleistungen nach den DKG-NT-Ziffern 5135 (Thoraxübersichtsaufnahme) und 5137 (seitliche Thoraxaufnahme) insgesamt 68,80 DM (39,90 DM plus 28,90 DM). Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle entschädigte den Antragsteller mit 56,90 DM, wobei er gemäß § 5 Abs. 2 ZSEG (Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen) den 1,1-fachen GOÄ-Satz zugrunde legte (30,– DM plus 21,70 DM × 1,1).

Mit Schreiben vom 16. November 1987 hat der Antragsteller gerichtliche Festsetzung seiner Entschädigung beantragt. Die von ihm erteilten Liquidationen basierten auf den Gebührensätzen des DKG-NT (Tarif der Deutschen Krankenhausgesellschaft für die Abrechnung der stationären Nebenleistungen und der ambulanten Leistungen in Krankenhäusern). Diese seien höher angesetzt als die Sachkostenbeträge nach der GOÄ. Infolgedessen ergebe sich für die Röntgenleistung eine oft recht erhebliche Einbuße der ihm zustehenden Gebühren. Dieser Regelung könne nicht zugestimmt werden.

Der Antragsteller beantragt,
die Entschädigung für seine im Rechtsstreit L-12/An-1353/86 erbrachten Röntgenleistungen auf 68,80 DM festzusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,
die Entschädigung auf 56,90 DM festzusetzen.

Er trägt vor, die Entschädigung für Röntgenleistungen sei gemäß § 5 Abs. 2 ZSEG nach dem 1,1-fachen Satz des Gebührenverzeichnisses der GOÄ vorzunehmen. Jene Entschädigung gelte regelmäßig nicht nur die ärztliche Leistung ab (Zeitaufwand für Untersuchung, Auswertung, Beurteilung einschließlich kurzer gutachtlicher Stellungnahme), sondern auch die Sachkosten, soweit die GOÄ selbst keine anderen Bestimmungen treffe. Eine Differenzierung zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhausärzten sei nach § 5 Abs. 2 ZSEG nicht zu rechtfertigen (Hinweis auf Beschlüsse des LSG Baden-Württemberg vom 6. bzw. 14. Juli 1987, Az.: L-10/KoB-71/87 und L-10/KoB-86/87).

Auf den nach § 16 Abs. 1 ZSEG zulässigen Antrag ist die Entschädigung des Antragstellers für die von ihm erbrachten röntgenologischen Sachverständigenleistungen auf 56,90 DM festzusetzen.

Nach § 5 Abs. 2 ZSEG in der ab 1. Januar 1987 geltenden Fassung, die vorliegend anzuwenden ist, erhält ein Sachverständiger für Leistungen der in Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen (Anlage zur Gebührenordnung für Ärzte) bezeichneten Art in entsprechender Anwendung dieses Gebührenverzeichnisses eine Entschädigung nach dem 1,1-fachen Gebührensatzes. § 1 Abs. 2, § 4 Abs. 2, 3 und 4 Satz 1, § 10 der Gebührenordnung für Ärzte gelten entsprechen; im übrigen bleiben die §§ 8 und 11 unberührt. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ZSEG wird für die zusätzlich erforderliche Zeit eine Entschädigung in Höhe der Mindestentschädigung nach § 3 Abs. 2 für jede Stunde gewährt. Daß der von dem gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. O. als Röntgenarzt hinzugezogene Antragsteller nicht als Hilfsperson im Sinne von § 8 ZSEG, sondern wie ein Sachverständiger zu entschädigen ist, hat der Senat seit 1979 in ständiger Rechtsprechung vertreten (vgl. Beschlüsse vom 12. Februar 1979 – L-9/S-33/77 m.w.N., vom 12. November 1980 – L-9/S-28/79). Denn bei derartigen Zusatzgutachten kann seitens des Gerichts eine konkludente Ermächtigung dahin angenommen werden, daß der Hauptgutachter die erforderlichen Zusatzbegutachtungen einholen kann. Ohnehin darf nach dem über § 5 Abs. 2 ZSEG anwendbaren § 1 Abs. 2 GOÄ ein Arzt Vergütungen nach dieser Verordnung nur für Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder durch Personen hat erbringen lassen, die seiner Aufsicht und Weisung unterstehen. Ob ein solches Aufsichts- und Weisungsverhältnis zwischen dem gerichtlich bestellten Sachverständigen und dem Antragsteller bestand, bedarf auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Senats keiner weiteren Prüfung. Aber auch wenn man den Antragsteller als hinzugezogene Hilfskraft im Sinne von § 8 ZSEG betrachten würde, kann ein Aufwendungsersatz in Höhe des 1,1-fachen GOÄ-Satzes und nicht nur des einfachen Satzes mit der Begründung erwogen werden, daß diese Aufwendungen im Sinne von § 8 ZSEG erforderlich waren (so Sasse: Die Entschädigung der Sachverständigen in SGb 1987 S. 886, 390). Ein höherer Kostenersatz als das 1,1-fache der GOÄ kann nicht als erforderlich anerkannt werden, weil sonst die hinzugezogene Hilfskraft höher als der gerichtlich bestellte Sachverständige liquidieren könnte, wenn dieser die Leistungen selbst erbracht haben würde.

Durch die gesetzliche Neufassung des § 5 Abs. 2 ZSEG ist die bis dahin geltende Entschädigungsregelung nach der Anlage 7 zu § 5 ZSEG a.F. entfallen. Hierzu hatte der Senat die Auffassung vertreten (Beschluss vom 12. Februar 1979 – L-9/S-55/78), der in Absatz 3 der in Nr. 7 der Anlage zu § 5 ZSEG a.F. verwendete Begriff des "mit der Untersuchung verbundenen Aufwands” sei dahin auszulegen, daß damit in erster Linie nur der durch die Untersuchung verursachte Zeitaufwand – einschließlich des durch die Auswertung der Befunde und die Abfassung des Befundberichts entstandenen Zeitaufwands – abgegolten wurde, dementsprechend erhielt der Sachverständige für seine Röntgenleistungen eine Entschädigung im Rahmen von Nr. 7 der Anlage zu § 5 ZSEG und daneben (zugleich) die aufgewendeten Sachkosten nach § 8 ZSEG ohne Begrenzung auf den Höchstsatz. Diese zunächst bei der Heranziehung von Hilfssachverständigen vertretene Auffassung wurde dann zur Begleichung der Sachkosten auch für die Sachverständigen angewandt, welche lediglich eigene Mittel einzusetzen hatten. Berechnungsgrundlage war hiernach die Hälfte – die andere Hälfte betraf den ärztlichen Honoraranteil – der einfachen GOÄ-Sätze für die erbrachten Röntgenleistungen bzw. bei den Krankenhausärzten des DKG-NT. Die neue Regelung des ZSEG erlaubt nicht, die frühere Entschädigungspraxis fortzusetzen. Nach der amtlichen Begründung des Gesetzes (vgl. Bundestags-Drucksache 10/5113, S. 19 und 40) sollen künftig Leistungen der Strahlendiagnostik einschließlich der computergesteuerten Tomographie sowie Untersuchungen unter Anwendung radioaktiver Stoffe nach dem 1,1-fachen Satz der GOÄ entschädigt werden. In der weiteren Begründung heißt es: "Durch die Bezugnahme auf die GOÄ werden Schwierigkeiten beseitigt, die sich bei den für Röntgenuntersuchungen geltenden Beitragsrahmen der Anlage ergeben haben, mit denen der mit der Untersuchung verbundene Aufwand abgegolten wird. Bei umfangreichen Untersuchungen kann nicht ausgeschlossen werden, daß der geltende Rahmen nicht einmal genügt, um den Aufwand zu decken. Gegenüber der derzeitigen Regelung hat die Neuregelung auch den Vorteil eines einheitlichen Vergütungsgefüges für ihrer Art nach gleiche Leistungen. Vergütungen nach dem 1,1-fachen Gebührensatz erscheinen für den Bereich der ärztlichen Sachverständigentätigkeit im Dienst der Rechtspflege angemessen. Dieser Gebührensatz liegt im Bereich der von gesetzlichen Krankenkassen vereinbarten Sätze für entsprechende Leistungen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung und entspricht auch dem vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger vereinbarten Satz für entsprechende Gutachterleistungen im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung. Schwierigkeiten in der Praxis bei der Anwendung der GOÄ werde nicht erwartet, da bereits heute die Bestimmungen der konkreten Entschädigung innerhalb eines Rahmens häufig mit Hilfe der GOÄ erfolgt.”

Die amtliche Begründung läßt keinen Raum für eine unterschiedliche Behandlung von niedergelassenen Ärzten und Krankenhausärzten hinsichtlich ihrer Entschädigung für Röntgenleistungen. Dies betrifft auch die Sachkosten. Der über § 5 Abs. 2 ZSEG anzuwendende § 4 Abs. 3 GOÄ bestimmt, daß mit der GOÄ-Gebühr die Sachkosten abgegolten sind, und zwar auch die Kosten durch die Inanspruchsnahme Dritter, wozu auch die Sachkosten des Krankenhauses zählen. Dem Antragsteller ist darin beizupflichten, daß eine undifferenzierte Überwälzung der Sachkosten nach dem DKG-NT durch die Klinik auf ihn seinen ärztlichen Leistungsanteil überproportional schmälert. Durch die Anhebung der Sätze nach dem DKG-NT ab 1. April 1987 (17. Auflage) bei gleichgebliebenen GOÄ-Sätzen wurde der ärztliche Leistungsanteil weiter aufgezehrt. Deshalb sind Vereinbarungen zwischen Krankenhaus und Arzt erforderlich, die die Quote für die Sachkosten innerhalb des gesetzlichen Entschädigungsrahmens angemessen festschreiben. Nach welchem Maßstab die Sachkosten innerhalb des auf den 1,1-fachen GOÄ-Satz begrenzten Rahmen verteilt werden, muß dem Ergebnis dieser Vertragsverhandlungen vorbehalten bleiben. Der Antragsteller kann nach § 5 Abs. 2 ZSEG grundsätzlich nur auf der Grundlage der GOÄ entschädigt werden. Für die vom Senat zu treffende Festsetzung kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller Sachkosten in Höhe des geltenden DKG-NT an die Klinik abzuführen hat. Für die Leistungen nach den Gebührenziffern 5135 und 5137 sind deshalb unter Zugrundelegung des 1,1-fachen Gebührensatzes der GOÄ 56,90 DM (aufgerundet) zu entschädigen. Durch diesen Gebührensatz ist vorliegend auch die Zeit, die für die Erbringung der Leistung erforderlich war, abgegolten und entschädigt. Daß der Antragsteller zusätzliche Zeit benötigt hat, die nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ZSEG zu entschädigen wäre, ist nicht ersichtlich.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 16 Abs. 2 Satz 4 ZSEG in Verbindung mit § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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