Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 2313/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 1556/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Februar 2008 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5,34 Euro zu zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1.5.2006 bis 31.10.2007 allein wegen höherer Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU).
Die am geborene Klägerin steht seit 1.1.2005 im Leistungsbezug des Beklagten (kommunaler Träger) hinsichtlich der KdU; diese Leistungen wurden bis 30.6.2005 zunächst noch von der Agentur für Arbeit Weinheim ausgezahlt. Sie bewohnt seit dem 1.1.2004 eine 72 m² große Zwei-Zimmerwohnung mit Garagenabstellplatz in 6. E., für die sie monatliche Kosten wie folgt trägt (Blatt 21 VA): Kaltmiete 370 EUR, Nebenabgaben 50 EUR (Wasserversorgung, Grundsteuer, Müllabfuhr, Kamin-Reinigung), Garagenabstellplatz 35 EUR; somit insgesamt 455 EUR. Zusätzlich fallen Heizkosten für Gas an, worin der Aufwand für die Warmwasserversorgung enthalten ist. Die monatlichen Abschlagszahlungen an die MVV Energie AG hierfür betrugen für Mai und Juni 2006 19,50 EUR, Juli 2006 bis Juli 2007 24 EUR (Mitteilung an den Beklagten am 24.8.2007, Blatt 511 VA), im August 2007 29 EUR und ab September 2007 25 EUR (vgl. Blatt 77, 517, 521, 539 VA). Für die Heizperiode Juli 2005 bis Juli 2006 wurde der Klägerin ein Nachzahlungsbetrag von 119,01 EUR (Rechnung vom 16.7.2006) und für die darauf folgende Heizperiode ein Nachzahlungsbetrag von 3,46 EUR (Rechnung vom 14.7.2007) in Rechnung gestellt.
Bereits mit Schreiben vom 29.06.2005 teilte der Beklagte der Klägerin u.a. mit, dass für einen Ein-Personen-Haushalt eine Kaltmiete inklusive Nebenkosten von 265 EUR und Heizkosten von 36,60 EUR, somit gesamt (gerundet) 302 EUR für angemessen angesehen werden, bewilligte aber mit Bescheid vom 15.07.2005 dennoch KdU in Höhe von 430,86 EUR (Kaltmiete 370 EUR, pauschale Nebenkosten 50 EUR, abzüglich Energiepauschale 9 EUR, Heizungskosten 19,86 EUR, ohne Garagenabstellplatz) für die Zeit vom 1.7. bis 31.10.2005. Die Klägerin wurde darin darauf hingewiesen, dass ihre tatsächlichen Kosten der Unterkunft von 420 EUR (ohne Garage) den angemessenen berücksichtigungsfähigen Betrag von 302 EUR um 118 EUR überschritten, ab 1.1.2006 nur noch die angemessenen Unterkunftskosten übernommen würden und sie sich intensiv und nachweislich um eine günstigere Wohnung bemühen müsse. Hierzu legte die Klägerin am 28.09.2005 dem Beklagten Bescheinigungen vom Immobiliendienst Sch. IVD, M. vom 27.9.2005, G. Immobilien, M. vom 22.9.2005 und V. S. Immobilien, S. vom 19.9.2005 vor, wonach die Klägerin seit Sommer 2005 ergebnislos wohnungssuchend für eine Wohnung bis 350 EUR Kaltmiete registriert war. Der Beklagte bewilligte daraufhin für die Zeit vom 1.11.2005 bis 31.1.2006 KdU in Höhe von 430,86 EUR weiter und forderte die Klägerin erneut zur Kostensenkung bzw. zum detaillierten Nachweis der Bemühungen bis 1.1.2006 auf (Bescheid vom 30.9.2005). Die Klägerin legte erneut Nachweise von Maklern sowie Wohnungsanzeigen aus der Rhein-Neckar-Zeitung vom 23.11., 14.12. und 26./27.12.2005 mit dem Ergebnis ihrer Bemühungen vor, woraufhin der Beklagte letztmalig für die Zeit vom 1.2. bis 30.4.2006 KdU in Höhe von 433,63 EUR bewilligte (Bescheid vom 30.1.2006; wegen der Reduzierung der Energiepauschale auf 6,23 EUR geringfügig erhöht). Der Beklagte forderte die Klägerin erneut auf, sich intensiver um eine angemessene Unterkunft zu kümmern, und definierte "intensiv" als mehrmals wöchentlich, nicht nur im näheren Umkreis, Beantragung eines Wohnberechtigungsscheins etc. Für den Nachweis der eingeleiteten Bemühungen wurde Frist bis 1.3.2006 gesetzt. Der angemessene Unterkunftskostenbedarf wurde - abhängig von der Heizungsart - mit warm 304 EUR bzw. 313 EUR angegeben. Dagegen legte die Klägerin im Schreiben vom 27.2.2006 Widerspruch ein, mit dem sie u.a. die Übernahme der KdU in tatsächlicher Höhe von 455 EUR (inklusive Garagenabstellplatz) begehrte und auf ihre ergebnislosen intensiven Bemühungen um günstigeren Wohnraum, der offensichtlich am Wohnungsmarkt nicht vorhanden sei, hinwies. Der weiteren Aufforderung zum Nachweis der Kostensenkungsbemühungen (Schreiben vom 5.4.2006, Blatt 233 VA) kam die Klägerin unter Hinweis auf das Widerspruchsverfahren nicht nach (Aktenvermerk vom 10.4.2006, Blatt 249 VA). Sie legte eine Bescheinigung der Wohnungsvermieter vor, wonach der Garagenabstellplatz Bestandteil der Wohnung sei und nicht untervermietet werden dürfe (vom 19.5.2006, Blatt 299 VA).
Mit Bescheid vom 12.5.2006 bewilligte der Beklagte KdU für die Zeit vom 1.5. bis 31.10.2006 unter Hinweis auf die vorausgegangenen Aufforderungen nun noch in Höhe von 313 EUR (370 EUR Kaltmiete zuzüglich 50 EUR Nebenkosten abzüglich 126,86 EUR Kürzung, zuzüglich tatsächlicher Heizkosten 19,86 EUR, Blatt 285 VA). Dagegen legte die Klägerin mit der gleichen Begründung am 31.5.2006 Widerspruch ein (Blatt 301 VA) und verwies darauf, sich 30 bis 40 mal auf Zeitungsannoncen - insbesondere nach Hinweis auf den Arbeitslosengeld II Bezug- vergeblich bemüht zu haben, ohne darüber Nachweise erhalten zu haben. Einen Wohnberechtigungsschein habe sie aus persönlichen Gründen nicht beantragt. Es sei ihr nicht möglich günstigeren Wohnraum zu erhalten (Blatt 337 VA).
Mit Bescheid vom 20.11.2006, ersetzt durch den Bescheid vom 13.3.2007, bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1.11.2006 bis 30.4.2007 nun KdU in Höhe von 330 EUR (Kaltmiete 370 EUR plus Nebenkosten 50 EUR abzüglich 109,86 EUR Kürzung, plus Heizungskosten 19,86 EUR, ohne Garage; Blatt 341 VA), wogegen die Klägerin ebenfalls Widerspruch einlegte. Mit weiterem Bescheid vom 20.4.2007 gewährte der Beklagte KdU in Höhe von 362 EUR für die Zeit vom 1.5. bis 31. 10.2007 (erhöhte Leistung durch Verringerung der Kürzung auf 77,86 EUR, Blatt 401 VA), den die Klägerin ebenfalls mit dem Widerspruch angriff.
Über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 30.1.2006 (Zeit vom 1.2. bis 30.4.2006) entschied der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.5.2007 und half dem Widerspruch insoweit ab, als monatliche KdU in Höhe von 468,27 EUR anerkannt wurden (tatsächliche Kosten inklusive Garagenabstellplatz, abzüglich Warmwasserkostenpauschale 6,23 EUR). Die dagegen erhobene Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG, Az. S 9. AS 2177/07) hat die Klägerin am 14.8.2007 zurückgenommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.5.2007 entschied der Beklagte über die Widersprüche gegen die Bescheide vom 12.5.2006, 20.11.2006 und 13.3.2007 (Zeit vom 1.5. bis 31. 10.2006 und 1.11.2006 bis 30.4.2007) und wies die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die KdU der Klägerin unter Berücksichtigung der Größe und der Kaltmiete unangemessen seien. Nach den Erhebungen des Beklagten zwischen der 43. und 47. Kalenderwoche im Jahre 2006, in der systematisch alle verfügbaren Wohnungsanzeigen in der örtlichen Presse und im Internet ausgewertet worden seien, Auskünfte von Vermietern und Wohnungsbaugesellschaften im Einzugsbereich des Gebiets Rhein-Neckar-Kreis und der dortigen Bürgermeisterämter ausgewertet worden seien, betrage die angemessene Kaltmiete für die Klägerin in E.-N. höchstens 261 EUR. Die Klägerin habe keinerlei Bemühungen um öffentlich geförderten Wohnraum oder um Untervermietung erkennen lassen, die vorgelegten Nachweise über Bemühungen zur Senkung der Unterkunftskosten seien ungenügend. Die eigenen stichprobenartigen Recherchen des Beklagten im Internet hätten gezeigt, dass Wohnungen im für die Klägerin angemessenen Preissegment sowohl in E.-N. als auch in S. im fraglichen Zeitraum angeboten worden seien. Die Obergrenze für die angemessene Kaltmiete für einen Ein-Personen-Haushalt betrage monatlich 261 EUR, die angemessenen kalten Nebenkosten bis zu 36 EUR und die angemessenen Heizkosten bei der Beheizung mit Gas bis zu 65 EUR. Hieraus errechne sich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 19,50 EUR und unter Abzug des Energiekostenanteils zur Warmwasserbereitung von 6,23 EUR (ab 1.1.2007 6,53 EUR) der Betrag für angemessene KdU in Höhe von 310,27 EUR. Die in der Zeit vom 1.5.2006 bis 30.4.2007 an die Klägerin erbrachten Leistungen für KdU hätten diesen Betrag überschritten, ein weitergehender Anspruch bestehe daher nicht. Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.4.2007 (Zeit vom 1.5. bis 31.10.2007) wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.9.2007 zurück (Blatt 551 VA).
Die gegen die Widerspruchsbescheide vom 24.5.2007 und 18.9.2007 erhobenen Klagen hat das SG durch Beschluss vom 8.11.2007 zum Az. S 9 AS 2313/07 verbunden. Die Klägerin hat auf gestiegene Heizkosten hingewiesen und im Übrigen mit der gleichen Argumentation wie im Widerspruchsverfahren die Auffassung vertreten, sich ausreichend um günstigeren Wohnraum bemüht zu haben. Außerdem benötige sie aus gesundheitlichen Gründen (klaustrophobisch gefärbte Panikstörung) größeren Wohnraum. Das SG hat dazu den behandelnden Arzt Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. In seiner Aussage vom 15.10.2007 hat dieser mitgeteilt, dass aus psychiatrischen Gründen ein Wohnbedarf mit einer Wohnfläche von über 50 Quadratmetern nicht medizinisch zu begründen und eine Wohnung dieser Größe ebenso wie ein Umzug zumutbar sei.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 14.2.2008 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin wie folgt KdU zu gewähren:
Mai und Juni 2006 je 480,73 EUR Juli bis Dezember 2006 je 485,23 EUR Januar bis Juli 2007 je 485,53 EUR August 2007 490,53 EUR September und Oktober 2007 je 486,53 EUR
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Wohnung der Klägerin zwar unangemessen groß und dementsprechend unangemessen teuer sei, weil die Gesamtkaltmiete über die von dem Beklagten festgelegten Richtwerte hinausgehen. Gleichwohl sei der Beklagte nicht berechtigt gewesen, die KdU auf das angemessene Maß zu begrenzen, weil die Kostensenkungsschreiben des Beklagten inhaltlich nicht ausreichend gewesen seien, nämlich weder die maßgebliche Wohnfläche noch die m²-bezogene Kaltmiete ohne Nebenkosten angegeben habe, wie vom Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) im grundlegenden Beschluss vom 30.1.2007 (Az. L 8 AS 5755/06 ER-B) unter Berücksichtigung der Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts vom 7.11.2006 (BSG, B 7b AS 10/06 R) gefordert. Von daher sei für die Klägerin nicht erkennbar gewesen, welche Anforderungen für einen angemessenen Wohnraum gelten sollten. Pauschalierungen im Bereich der Betriebs- bzw. Nebenkosten seien von vornherein unzulässig. Im Übrigen habe der Beklagte entgegen der Vorgabe des BSG seinerzeit die entsprechenden Richtwerte für die angemessenen Wohnkosten für das gesamte Kreisgebiet ermittelt, ohne nach den jeweiligen Wohnortgemeinden zu differenzieren. Unabhängig von der Frage, ob sich die Klägerin ausreichend um Kostensenkung bemüht habe, habe sie daher weiterhin die Übernahme der vollen KdU beanspruchen können. Im Übrigen sei der Abzug der so genannten Warmwasserpauschale zu Unrecht erfolgt, wobei die spätere gegenteilige Rechtsprechung des BSG (Urt. vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R) nicht mehr habe berücksichtigt werden können.
Gegen das ihm am 13.3.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 2.4.2008 Berufung eingelegt und die Auffassung vertreten, dass die Belehrungen über die Kostensenkung auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG rechtmäßig gewesen seien und der damit verbundenen Aufklärungs- und Warnfunktion ausreichend Rechnung getragen worden sei. Die Angabe des angemessenen Mietpreises reiche hierzu aus, da dieser den entscheidenden Maßstab im Rahmen der sog. Produkttherorie darstelle. Das BSG habe offen gelassen, ob es sich um den "reinen" Kaltmietpreis handele oder die kalten Nebenkosten hinzuzurechnen seien. Auch der Einwand, Pauschalierungen im Bereich der Betriebs- bzw. Nebenkosten seien von vornherein unzulässig, sei für die Wirksamkeit der Belehrung ohne Belang. Die Klägerin habe trotz der Belehrung keine ausreichenden Bemühungen zur Kostensenkung nachgewiesen, so sich nicht um öffentlich geförderten Wohnraum bemüht, die Untervermietung eines Teils der 72 m² großen Wohnung nicht in Betracht gezogen, nur in einem zeitlich sehr begrenzten Rahmen Ende 2005 Bemühungen nachgewiesen, wobei unklar sei, auf welchen Ausstattungsstandard sich diese bezogen hätten, und vermutlich keine Angebote von Großvermietern in Anspruch genommen oder das Internet zur Wohnungssuche herangezogen. Wer sich konkreter Bemühungen enthalte, könne sich nicht darauf berufen durch unzureichende Informationen am Wohnungsmarkt fehlgeleitet worden zu sein (Bayerisches LSG Urteil vom 13.4.2007 Az. L 7 AS 182/06). Für die Wirksamkeit der Belehrung könne auch nicht ausschlaggebend sein, dass der Beklagte die Richtwerte für die angemessenen Wohnkosten zunächst für das gesamte Kreisgebiet ermittelt habe, was mit der jahrelang geltenden Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Einklang gestanden habe. Mittlerweile seien die Richtwerte an die neue Rechtsprechung des BSG angepasst worden und der Klägerin die angemessene reine Kaltmiete zuzüglich der kalten Nebenkosten zur Kenntnis gebracht worden, Bemühungen seien jedoch ausgeblieben. Der Abzug des Bedarfs für den Energieaufwand zur Warmwasserbereitung entspreche der herrschenden Tendenz in der Rechtsprechung und sei in dem vom SG zitierten Urteil des BSG lediglich nochmals bestätigt worden. Nach den baden-württembergischen Richtlinien zum SGB II betrage dieser ab 1.1.2005 6,23 EUR und ab 1.2 2007 6,53 EUR.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Februar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Beklagte hat auf Nachfrage mitgeteilt, wie er das angemessene Mietniveau ermittelt hat. Bis März 2007 wurde hierzu - ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - bei der Bemessung des anzuerkennenden Unterkunftsbedarfs auf die den sozialen Wohnungsbau betreffenden Vorschriften zurückgegriffen (angemessene Wohnfläche für einen Ein-Personen- Haushalt bis zu 45 m²), Mietpreise durch umfassende Ermittlungen im Rhein-Neckar-Kreis bezüglich Unterkünften, die für ein einfaches und bescheidenes Leben ausreichen, ermittelt und mit statistischen Werten verglichen. Ab März 2007 wurde die Rechtsprechung des BSG (Az. B 7b AS 10/06 R sowie B 7b AS 18/06 R) berücksichtigt und Erhebungen im Rhein-Neckar-Kreis durchgeführt, die die Verhältnisse auf dem jeweils relevanten örtlichen Wohnungsmarkt abbilden, so über einen längeren Zeitraum alle verfügbaren Wohnungsanzeigen der örtlichen Presse und im Internet ausgewertet, Großvermieter, Wohnungsbaugesellschaften und die Bürgermeisterämter des Kreises um Auskunft gebeten. Dementsprechend wurde der Rhein-Neckar-Kreis in fünf Gruppen eingeteilt, um dem örtlichen Teilwohnungsmarkt zu entsprechen. Die Wohnortgemeinde der Klägerin gehöre zur Gruppe 3, für die sich eine Kaltmiete von 261 EUR zuzüglich kalten Nebenkosten in Höhe von 36 EUR und Heizkosten bei Beheizung mit Gas in Höhe von 65 EUR monatlich, somit insgesamt 362 EUR ergäben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die Akten des SG Az. S 9 AS 3508/07 und S 9 AS 2177/07 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten hat überwiegend Erfolg.
Die gem. § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig und begründet. Zu Recht wehrt sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Übernahme höherer KdU, weil die Klägerin - bis auf einen geringen Betrag - über die gewährten Kosten hinaus keine höheren Leistungen beanspruchen kann.
Streitgegenstand sind die Bescheide vom 12.5.2006 und 13.3.2007 (der den Bescheid vom 20.11.2006 ersetzt hat) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.5.2007, mit denen der Beklagte die KdU für die Zeit vom 1.5.2006 bis 30.4.2007 geregelt hat, sowie der Bescheid vom 20.4.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.9.2007, mit dem der Beklagte eine Regelung über die KdU für die Zeit vom 1.5. bis 31.10.2007 getroffen hat. Dagegen ist die Klägerin zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) vorgegangen.
Die erwerbsfähige und hilfebedürftige Klägerin ist unstreitig Berechtigte im Sinne des § 7 SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II hat sie Anspruch auf Arbeitslosengeld II in Form von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die ihr in Höhe der Regelleistung die Agentur für Arbeit W. im streitigen Zeitraum gewährt hat, einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung durch den Beklagten. Rechtsgrundlage für Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) ist § 22 SGB II, wonach sich auch die Höhe der Leistungen bestimmt. Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der Wohnungskosten ist nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 24; Nr 3 RdNr 19 ff) in mehreren Schritten zu prüfen: Zunächst bedarf es der Feststellung, welche Größe die gemietete Wohnung aufweist. Nach Feststellung der Wohnraumgröße ist als weiterer Faktor der Wohnstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Da es im Ergebnis allein auf die Kostenbelastung des Grundsicherungsträgers ankommt, kann dahinstehen, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung oder Lage isoliert als angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht insgesamt mit unangemessen hohen Kosten belastet wird. Das BSG folgt insoweit der Produkttheorie, die abstellt auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R m.w.N.). Die von der Klägerin geltend gemachten Kosten sind gemessen daran unangemessen.
Ausgehend davon ist für Baden-Württemberg von einer Gesamtwohnfläche bis zu 45 m² für einen Alleinstehenden auszugehen (vgl. hierzu Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Sicherung der Bindung in der sozialen Wohnraumförderung vom 12.02.2002 (VwV-SozWo) GABl 2002, S. 240 ff, Nr. 5.7.7.1. i.d.F. der Verwaltungsvorschrift vom 22.01.2004, GABl 2004, S. 248). Damit erweist sich die Wohnung der Klägerin mit 72 m² zunächst als unangemessen groß. Nach der Aussage von Dr. B. ist diese Größe auch nicht mit gesundheitlichen Gründen zu rechtfertigen.
Ein alleinstehender Hilfebedürftiger oder eine aus mehreren Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft kann ausgehend von der Produkttheorie die für sie maßgebliche Wohnungsgröße überschreiten, solange das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, der Angemessenheit entspricht (BSG Urteil vom 18.6.2008 - Az. B 14/11b AS 61/06 R). Die von der Klägerin geltend gemachten Kosten sind jedoch auch gemessen am Mietpreis zu beanstanden. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 3 RdNr 20). Als Vergleichsmaßstab ist regelmäßig die Miete am Wohnort heranzuziehen (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 24). Die abstrakt angemessene Kaltmiete beträgt nach den Ermittlungen des Beklagten am Wohnort der Klägerin 261 EUR, die die Klägerin mit einer Kaltmiete von 370 EUR erheblich übersteigt. Der Senat hat hinsichtlich der vom Beklagten gewählten Datengrundlage keine Bedenken, diese beruhen auf einem - wie dargelegt - schlüssigen Konzept, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben (vgl. zu den Anforderungen BSG Urteil vom 18.6.2008 - Az. B 14/7b AS 44/06 R). So hat der Beklagte zwar zunächst noch ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Sozialhilferecht den angemessenen Mietzins bezogen auf das gesamte Kreisgebiet ermittelt, was - worauf das SG zu Recht hingewiesen hat - mit der Rechtsprechung des BSG, wonach die Miete am konkreten Wohnort zu ermitteln ist, nicht in Einklang steht. Sodann hat er aber die Verhältnisse auf dem jeweils relevanten örtlichen Wohnungsmarkt durch systematische Beobachtung aller verfügbaren Wohnungsanzeigen über einen längeren Zeitraum in der örtlichen Presse (Tageszeitungen, Amtsblätter) und im Internet ausgewertet. Daneben wurden Vermieter und Wohnungsbaugesellschaften, zu deren Einzugsbereich das Gebiet des Rhein-Neckar-Kreises gehört, um Auskunft über die bei Neuanmietung einer Wohnung mit einfachem bis mittlerem Ausstattungsstandard und durchschnittlichen Anforderungen an Lage, Bausubstanz und Erhaltungszustand zu zahlende Kaltmiete pro Quadratmeter in den einzelnen Kreisgemeinden nachgesucht, sowie eine Anfrage über die marktübliche Miete bei Neuanmietung der in die Angemessenheitsbetrachtung einzubeziehenden Unterkünfte an die Bürgermeisterämter des Rhein-Neckar-Kreises gerichtet. Hieraus ergaben sich "Teilwohnungsmärkte", die hinsichtlich der ortsüblichen Kaltmiete stark voneinander abwichen und deshalb in fünf Gruppen eingeteilt wurden. Der Senat hält dies für ausreichend, um den abstrakt angemessenen Mietzins zuverlässig zu ermitteln. Nicht nur zur Wohnungsgröße, sondern auch zum Wohnungsstandard einschließlich der aus seiner Sicht angemessenen Heizungs- und sonstigen Nebenkosten hat der Beklagte ein schlüssiges Konzept vorgelegt, das für die Betrachtungen in den streitgegenständlichen Bewilligungszeiträumen - auch rückwirkend für das Jahr 2006 - tragfähig ist.
Angesichts des stichprobenartigen über das Internet ermittelten Wohnungsangebots am Wohnort der Klägerin bzw. im ebenfalls zur Gruppe 3 gehörenden Ort S. sieht es der Senat für nachgewiesen an, dass Wohnungen im fraglichen Größen- und Preissegment auch tatsächlich in nicht nur vereinzeltem Umfang zur Verfügung standen (konkrete Angemessenheit). Dies wird durch die von der Klägerin vorgelegten Wohnungsanzeigen im November und Dezember 2005 bestätigt, Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung auf dem Wohnungsmarkt sind nicht ersichtlich.
Nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II sind aber soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang - so wie hier - übersteigen, diese als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen nur solange zu berücksichtigen, wie es diesem nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen setzt dann voraus, dass es dem Leistungsempfänger nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Kosten innerhalb der Sechsmonatsfrist oder auch darüber hinaus zu senken. Diese Voraussetzungen hat die Klägerin zumindest für den hier streitigen Zeitraum ab 1.5.2006 nicht (mehr) nachgewiesen. So hat sie über Dezember 2005 hinaus gar keine Bemühungen in irgend einer Richtung mehr belegt und gegenüber dem Beklagten erklärt, keine Unterlagen mehr vorzulegen. Eine Untervermietung zieht sie nach ihrer Einlassung im Erörterungstermin nicht in Betracht; bei Großvermietern hat sie eine Wohnung nicht nachgefragt und einen Wohnberechtigungsbescheinigung will sie nicht beantragen. Sie ist der Auffassung, dass ihre Wohnung gemessen am Quadratmeterpreis (370 EUR/72 m² = 5,13 EUR) sehr günstig sei. Unter Berücksichtigung des von dem Beklagten als angemessen zugrunde gelegten Quadratmeterpreis (261 EUR/45 m² = 5,80 EUR) ist diese Schlussfolgerung zwar richtig, hierauf kommt es jedoch nicht an, da auf Grund der unangemessenen Größe der Wohnung die Kostenbelastung des Beklagten nach der Produkttheorie insgesamt zu hoch ist.
Entgegen der Ansicht des SG kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass sie fehlerhaft zur Kostensenkung aufgefordert worden sei. Eine vorherige förmliche Kostensenkungsaufforderung des Trägers ist keine zwingende Voraussetzung für dessen Entscheidung, nur die angemessenen KdU zu übernehmen. Lediglich im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung gewinnen Kostensenkungsaufforderungen der Träger Bedeutung als Information gegenüber dem Hilfebedürftigen mit Aufklärungs- und Warnfunktion. Aus dem Verständnis einer Zumutbarkeitsregelung heraus ist es im Regelfall ausreichend, dass der Hilfebedürftige den angemessenen Mietzins und die Folgen mangelnder Kostensenkung kennt; mehr braucht folglich nicht Gegenstand eines Hinweises des zuständigen Trägers zu sein. Nähere Einzelheiten kann der Hilfebedürftige im Rahmen eigenverantwortlichen Handelns (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 SGB II) bei weitergehendem Informationsbedarf ggf. bei dem Leistungsträger erfragen. Ein entsprechender Hinweis kann daher nicht deshalb beanstandet werden, weil er sich auf die Angabe des angemessenen Kaltmietzinses, die Aufforderung zur Kostenreduzierung durch den Hilfeempfänger sowie die Ankündigung der andernfalls erfolgenden Reduzierung auf die angemessenen Kosten durch den Träger beschränkt (BSG Urteile vom 19.3.2008 - Az. B 11b AS 41/06 R - über Juris Rdnr. 21 und - Az. B 11b AS 43/06 R - Rdnr. 16). Der Hinweis- und Warnfunktion war damit Genüge getan, auch wenn der Beklagte zunächst auf geringere für angemessen gehaltene Kosten hingewiesen hat (Schreiben vom 29.6.2005 und Bescheid vom 30.9.2005 - 265 EUR Kaltmiete incl. Nebenkosten und 36,60 EUR Heizung). Jedenfalls ist die Klägerin dadurch in ihrer Suche am Wohnungsmarkt nicht fehlgeleitet worden, da sie - erkennbar an den Auskünften der Makler - ihre Bemühungen nicht auf diesen Bereich begrenzt, sondern auch auf Wohnungen bis zu einer Kaltmiete von 350 EUR, die oberhalb der zunächst mitgeteilten Angemessenheitsgrenze liegen, erstreckt hat. Den abstrakt angemessenen Rahmen der KdU, der nach den schlüssigen Erhebungen des Beklagten im räumlichen Vergleichsmaßstab für die Klägerin 261 EUR Kaltmiete, 36 EUR kalte Nebenkosten und bis zu 65 EUR Heizkosten (insgesamt 362,- EUR) als angemessen ansieht, hat der Beklagte durch die Leistungsgewährung in den streitgegenständlichen Bewilligungszeiträumen jedenfalls nicht unterschritten, auch sofern für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2006 lediglich 313 EUR für KdU gewährt wurden. Der Senat geht hierzu von dem Bedarf der Klägerin wie folgt aus: 261 EUR angemessene Kaltmiete, 36 EUR angemessene kalte Nebenkosten, tatsächlicher Energieverbrauch (lt. Abschlagszahlung MVV Energie AG) 19,50 EUR. Von den Energiekosten ist für die Aufwendungen für die Warmwasserbereitung ein Abschlag in Höhe von 6,22 EUR - sog. Warmwasserkostenpauschale - vorzunehmen (vgl. ausführlich BSG Urteil vom 27.2.2008 - Az. B 14/11b AS 15/07 R). Somit ergeben sich in dieser Zeit angemessene KdU in Höhe von 310,28 EUR. Sofern die Klägerin tatsächlich zwar Nebenkosten pauschal von 50 EUR an den Vermieter abführt, hat sie eine Abrechnung über diese Kosten nie vorgelegt, weshalb die Angemessenheitsgrenze des Beklagten zugrunde gelegt wird.
Lediglich für August bis Oktober 2006 ergibt sich ein geringfügig ungedeckter Bedarf. Durch die Erhöhung der Abschlagszahlung für den Energieversorger mit der Abrechnung vom 16.7.2006 von 19,50 EUR auf 24 EUR ab August errechnet sich ein um 1,78 EUR monatlich höherer Bedarf von 314,78 EUR, so dass der Klägerin für 3 Monate insgesamt der Betrag von 5,34 EUR zuzusprechen war. Unerheblich ist, dass die Klägerin die Abrechnung erst im Laufe des SG-Verfahrens am 23.08.2007 vorgelegt hat. Der Bewilligungsbescheid vom 12.5.2006 war noch nicht bestandskräftig und im Rahmen der vorliegenden Anfechtungs- und Leistungsklage kommt es zur Berechnung des Bedarfs grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an, Wenn - wie hier - eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergeht, ist der maßgebliche Zeitpunkt der der Entscheidung des Senats. Neue Erkenntnisse über einen gegenwärtigen Bedarf im streitgegenständlichen Zeitraum sind daher zu berücksichtigen.
Weitere KdU kann die Klägerin auch für die Zeit vom 1.11.2006 bis 30.4.2007 und vom 1.5. bis 31.10.2007 nicht beanspruchen, weil die angemessenen Kosten unter Berücksichtigung der tatsächlichen Energiekosten von 24 EUR bzw. 25 EUR hinter den bewilligten 330 EUR bzw. 362 EUR zurückbleiben. Auch einer gesonderten Betrachtung der Warmwasserpauschale zu einem späteren Zeitpunkt bedurfte es daher nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1.5.2006 bis 31.10.2007 allein wegen höherer Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU).
Die am geborene Klägerin steht seit 1.1.2005 im Leistungsbezug des Beklagten (kommunaler Träger) hinsichtlich der KdU; diese Leistungen wurden bis 30.6.2005 zunächst noch von der Agentur für Arbeit Weinheim ausgezahlt. Sie bewohnt seit dem 1.1.2004 eine 72 m² große Zwei-Zimmerwohnung mit Garagenabstellplatz in 6. E., für die sie monatliche Kosten wie folgt trägt (Blatt 21 VA): Kaltmiete 370 EUR, Nebenabgaben 50 EUR (Wasserversorgung, Grundsteuer, Müllabfuhr, Kamin-Reinigung), Garagenabstellplatz 35 EUR; somit insgesamt 455 EUR. Zusätzlich fallen Heizkosten für Gas an, worin der Aufwand für die Warmwasserversorgung enthalten ist. Die monatlichen Abschlagszahlungen an die MVV Energie AG hierfür betrugen für Mai und Juni 2006 19,50 EUR, Juli 2006 bis Juli 2007 24 EUR (Mitteilung an den Beklagten am 24.8.2007, Blatt 511 VA), im August 2007 29 EUR und ab September 2007 25 EUR (vgl. Blatt 77, 517, 521, 539 VA). Für die Heizperiode Juli 2005 bis Juli 2006 wurde der Klägerin ein Nachzahlungsbetrag von 119,01 EUR (Rechnung vom 16.7.2006) und für die darauf folgende Heizperiode ein Nachzahlungsbetrag von 3,46 EUR (Rechnung vom 14.7.2007) in Rechnung gestellt.
Bereits mit Schreiben vom 29.06.2005 teilte der Beklagte der Klägerin u.a. mit, dass für einen Ein-Personen-Haushalt eine Kaltmiete inklusive Nebenkosten von 265 EUR und Heizkosten von 36,60 EUR, somit gesamt (gerundet) 302 EUR für angemessen angesehen werden, bewilligte aber mit Bescheid vom 15.07.2005 dennoch KdU in Höhe von 430,86 EUR (Kaltmiete 370 EUR, pauschale Nebenkosten 50 EUR, abzüglich Energiepauschale 9 EUR, Heizungskosten 19,86 EUR, ohne Garagenabstellplatz) für die Zeit vom 1.7. bis 31.10.2005. Die Klägerin wurde darin darauf hingewiesen, dass ihre tatsächlichen Kosten der Unterkunft von 420 EUR (ohne Garage) den angemessenen berücksichtigungsfähigen Betrag von 302 EUR um 118 EUR überschritten, ab 1.1.2006 nur noch die angemessenen Unterkunftskosten übernommen würden und sie sich intensiv und nachweislich um eine günstigere Wohnung bemühen müsse. Hierzu legte die Klägerin am 28.09.2005 dem Beklagten Bescheinigungen vom Immobiliendienst Sch. IVD, M. vom 27.9.2005, G. Immobilien, M. vom 22.9.2005 und V. S. Immobilien, S. vom 19.9.2005 vor, wonach die Klägerin seit Sommer 2005 ergebnislos wohnungssuchend für eine Wohnung bis 350 EUR Kaltmiete registriert war. Der Beklagte bewilligte daraufhin für die Zeit vom 1.11.2005 bis 31.1.2006 KdU in Höhe von 430,86 EUR weiter und forderte die Klägerin erneut zur Kostensenkung bzw. zum detaillierten Nachweis der Bemühungen bis 1.1.2006 auf (Bescheid vom 30.9.2005). Die Klägerin legte erneut Nachweise von Maklern sowie Wohnungsanzeigen aus der Rhein-Neckar-Zeitung vom 23.11., 14.12. und 26./27.12.2005 mit dem Ergebnis ihrer Bemühungen vor, woraufhin der Beklagte letztmalig für die Zeit vom 1.2. bis 30.4.2006 KdU in Höhe von 433,63 EUR bewilligte (Bescheid vom 30.1.2006; wegen der Reduzierung der Energiepauschale auf 6,23 EUR geringfügig erhöht). Der Beklagte forderte die Klägerin erneut auf, sich intensiver um eine angemessene Unterkunft zu kümmern, und definierte "intensiv" als mehrmals wöchentlich, nicht nur im näheren Umkreis, Beantragung eines Wohnberechtigungsscheins etc. Für den Nachweis der eingeleiteten Bemühungen wurde Frist bis 1.3.2006 gesetzt. Der angemessene Unterkunftskostenbedarf wurde - abhängig von der Heizungsart - mit warm 304 EUR bzw. 313 EUR angegeben. Dagegen legte die Klägerin im Schreiben vom 27.2.2006 Widerspruch ein, mit dem sie u.a. die Übernahme der KdU in tatsächlicher Höhe von 455 EUR (inklusive Garagenabstellplatz) begehrte und auf ihre ergebnislosen intensiven Bemühungen um günstigeren Wohnraum, der offensichtlich am Wohnungsmarkt nicht vorhanden sei, hinwies. Der weiteren Aufforderung zum Nachweis der Kostensenkungsbemühungen (Schreiben vom 5.4.2006, Blatt 233 VA) kam die Klägerin unter Hinweis auf das Widerspruchsverfahren nicht nach (Aktenvermerk vom 10.4.2006, Blatt 249 VA). Sie legte eine Bescheinigung der Wohnungsvermieter vor, wonach der Garagenabstellplatz Bestandteil der Wohnung sei und nicht untervermietet werden dürfe (vom 19.5.2006, Blatt 299 VA).
Mit Bescheid vom 12.5.2006 bewilligte der Beklagte KdU für die Zeit vom 1.5. bis 31.10.2006 unter Hinweis auf die vorausgegangenen Aufforderungen nun noch in Höhe von 313 EUR (370 EUR Kaltmiete zuzüglich 50 EUR Nebenkosten abzüglich 126,86 EUR Kürzung, zuzüglich tatsächlicher Heizkosten 19,86 EUR, Blatt 285 VA). Dagegen legte die Klägerin mit der gleichen Begründung am 31.5.2006 Widerspruch ein (Blatt 301 VA) und verwies darauf, sich 30 bis 40 mal auf Zeitungsannoncen - insbesondere nach Hinweis auf den Arbeitslosengeld II Bezug- vergeblich bemüht zu haben, ohne darüber Nachweise erhalten zu haben. Einen Wohnberechtigungsschein habe sie aus persönlichen Gründen nicht beantragt. Es sei ihr nicht möglich günstigeren Wohnraum zu erhalten (Blatt 337 VA).
Mit Bescheid vom 20.11.2006, ersetzt durch den Bescheid vom 13.3.2007, bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1.11.2006 bis 30.4.2007 nun KdU in Höhe von 330 EUR (Kaltmiete 370 EUR plus Nebenkosten 50 EUR abzüglich 109,86 EUR Kürzung, plus Heizungskosten 19,86 EUR, ohne Garage; Blatt 341 VA), wogegen die Klägerin ebenfalls Widerspruch einlegte. Mit weiterem Bescheid vom 20.4.2007 gewährte der Beklagte KdU in Höhe von 362 EUR für die Zeit vom 1.5. bis 31. 10.2007 (erhöhte Leistung durch Verringerung der Kürzung auf 77,86 EUR, Blatt 401 VA), den die Klägerin ebenfalls mit dem Widerspruch angriff.
Über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 30.1.2006 (Zeit vom 1.2. bis 30.4.2006) entschied der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.5.2007 und half dem Widerspruch insoweit ab, als monatliche KdU in Höhe von 468,27 EUR anerkannt wurden (tatsächliche Kosten inklusive Garagenabstellplatz, abzüglich Warmwasserkostenpauschale 6,23 EUR). Die dagegen erhobene Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG, Az. S 9. AS 2177/07) hat die Klägerin am 14.8.2007 zurückgenommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.5.2007 entschied der Beklagte über die Widersprüche gegen die Bescheide vom 12.5.2006, 20.11.2006 und 13.3.2007 (Zeit vom 1.5. bis 31. 10.2006 und 1.11.2006 bis 30.4.2007) und wies die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die KdU der Klägerin unter Berücksichtigung der Größe und der Kaltmiete unangemessen seien. Nach den Erhebungen des Beklagten zwischen der 43. und 47. Kalenderwoche im Jahre 2006, in der systematisch alle verfügbaren Wohnungsanzeigen in der örtlichen Presse und im Internet ausgewertet worden seien, Auskünfte von Vermietern und Wohnungsbaugesellschaften im Einzugsbereich des Gebiets Rhein-Neckar-Kreis und der dortigen Bürgermeisterämter ausgewertet worden seien, betrage die angemessene Kaltmiete für die Klägerin in E.-N. höchstens 261 EUR. Die Klägerin habe keinerlei Bemühungen um öffentlich geförderten Wohnraum oder um Untervermietung erkennen lassen, die vorgelegten Nachweise über Bemühungen zur Senkung der Unterkunftskosten seien ungenügend. Die eigenen stichprobenartigen Recherchen des Beklagten im Internet hätten gezeigt, dass Wohnungen im für die Klägerin angemessenen Preissegment sowohl in E.-N. als auch in S. im fraglichen Zeitraum angeboten worden seien. Die Obergrenze für die angemessene Kaltmiete für einen Ein-Personen-Haushalt betrage monatlich 261 EUR, die angemessenen kalten Nebenkosten bis zu 36 EUR und die angemessenen Heizkosten bei der Beheizung mit Gas bis zu 65 EUR. Hieraus errechne sich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 19,50 EUR und unter Abzug des Energiekostenanteils zur Warmwasserbereitung von 6,23 EUR (ab 1.1.2007 6,53 EUR) der Betrag für angemessene KdU in Höhe von 310,27 EUR. Die in der Zeit vom 1.5.2006 bis 30.4.2007 an die Klägerin erbrachten Leistungen für KdU hätten diesen Betrag überschritten, ein weitergehender Anspruch bestehe daher nicht. Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.4.2007 (Zeit vom 1.5. bis 31.10.2007) wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.9.2007 zurück (Blatt 551 VA).
Die gegen die Widerspruchsbescheide vom 24.5.2007 und 18.9.2007 erhobenen Klagen hat das SG durch Beschluss vom 8.11.2007 zum Az. S 9 AS 2313/07 verbunden. Die Klägerin hat auf gestiegene Heizkosten hingewiesen und im Übrigen mit der gleichen Argumentation wie im Widerspruchsverfahren die Auffassung vertreten, sich ausreichend um günstigeren Wohnraum bemüht zu haben. Außerdem benötige sie aus gesundheitlichen Gründen (klaustrophobisch gefärbte Panikstörung) größeren Wohnraum. Das SG hat dazu den behandelnden Arzt Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. In seiner Aussage vom 15.10.2007 hat dieser mitgeteilt, dass aus psychiatrischen Gründen ein Wohnbedarf mit einer Wohnfläche von über 50 Quadratmetern nicht medizinisch zu begründen und eine Wohnung dieser Größe ebenso wie ein Umzug zumutbar sei.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 14.2.2008 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin wie folgt KdU zu gewähren:
Mai und Juni 2006 je 480,73 EUR Juli bis Dezember 2006 je 485,23 EUR Januar bis Juli 2007 je 485,53 EUR August 2007 490,53 EUR September und Oktober 2007 je 486,53 EUR
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Wohnung der Klägerin zwar unangemessen groß und dementsprechend unangemessen teuer sei, weil die Gesamtkaltmiete über die von dem Beklagten festgelegten Richtwerte hinausgehen. Gleichwohl sei der Beklagte nicht berechtigt gewesen, die KdU auf das angemessene Maß zu begrenzen, weil die Kostensenkungsschreiben des Beklagten inhaltlich nicht ausreichend gewesen seien, nämlich weder die maßgebliche Wohnfläche noch die m²-bezogene Kaltmiete ohne Nebenkosten angegeben habe, wie vom Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) im grundlegenden Beschluss vom 30.1.2007 (Az. L 8 AS 5755/06 ER-B) unter Berücksichtigung der Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts vom 7.11.2006 (BSG, B 7b AS 10/06 R) gefordert. Von daher sei für die Klägerin nicht erkennbar gewesen, welche Anforderungen für einen angemessenen Wohnraum gelten sollten. Pauschalierungen im Bereich der Betriebs- bzw. Nebenkosten seien von vornherein unzulässig. Im Übrigen habe der Beklagte entgegen der Vorgabe des BSG seinerzeit die entsprechenden Richtwerte für die angemessenen Wohnkosten für das gesamte Kreisgebiet ermittelt, ohne nach den jeweiligen Wohnortgemeinden zu differenzieren. Unabhängig von der Frage, ob sich die Klägerin ausreichend um Kostensenkung bemüht habe, habe sie daher weiterhin die Übernahme der vollen KdU beanspruchen können. Im Übrigen sei der Abzug der so genannten Warmwasserpauschale zu Unrecht erfolgt, wobei die spätere gegenteilige Rechtsprechung des BSG (Urt. vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R) nicht mehr habe berücksichtigt werden können.
Gegen das ihm am 13.3.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 2.4.2008 Berufung eingelegt und die Auffassung vertreten, dass die Belehrungen über die Kostensenkung auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG rechtmäßig gewesen seien und der damit verbundenen Aufklärungs- und Warnfunktion ausreichend Rechnung getragen worden sei. Die Angabe des angemessenen Mietpreises reiche hierzu aus, da dieser den entscheidenden Maßstab im Rahmen der sog. Produkttherorie darstelle. Das BSG habe offen gelassen, ob es sich um den "reinen" Kaltmietpreis handele oder die kalten Nebenkosten hinzuzurechnen seien. Auch der Einwand, Pauschalierungen im Bereich der Betriebs- bzw. Nebenkosten seien von vornherein unzulässig, sei für die Wirksamkeit der Belehrung ohne Belang. Die Klägerin habe trotz der Belehrung keine ausreichenden Bemühungen zur Kostensenkung nachgewiesen, so sich nicht um öffentlich geförderten Wohnraum bemüht, die Untervermietung eines Teils der 72 m² großen Wohnung nicht in Betracht gezogen, nur in einem zeitlich sehr begrenzten Rahmen Ende 2005 Bemühungen nachgewiesen, wobei unklar sei, auf welchen Ausstattungsstandard sich diese bezogen hätten, und vermutlich keine Angebote von Großvermietern in Anspruch genommen oder das Internet zur Wohnungssuche herangezogen. Wer sich konkreter Bemühungen enthalte, könne sich nicht darauf berufen durch unzureichende Informationen am Wohnungsmarkt fehlgeleitet worden zu sein (Bayerisches LSG Urteil vom 13.4.2007 Az. L 7 AS 182/06). Für die Wirksamkeit der Belehrung könne auch nicht ausschlaggebend sein, dass der Beklagte die Richtwerte für die angemessenen Wohnkosten zunächst für das gesamte Kreisgebiet ermittelt habe, was mit der jahrelang geltenden Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Einklang gestanden habe. Mittlerweile seien die Richtwerte an die neue Rechtsprechung des BSG angepasst worden und der Klägerin die angemessene reine Kaltmiete zuzüglich der kalten Nebenkosten zur Kenntnis gebracht worden, Bemühungen seien jedoch ausgeblieben. Der Abzug des Bedarfs für den Energieaufwand zur Warmwasserbereitung entspreche der herrschenden Tendenz in der Rechtsprechung und sei in dem vom SG zitierten Urteil des BSG lediglich nochmals bestätigt worden. Nach den baden-württembergischen Richtlinien zum SGB II betrage dieser ab 1.1.2005 6,23 EUR und ab 1.2 2007 6,53 EUR.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Februar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Beklagte hat auf Nachfrage mitgeteilt, wie er das angemessene Mietniveau ermittelt hat. Bis März 2007 wurde hierzu - ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - bei der Bemessung des anzuerkennenden Unterkunftsbedarfs auf die den sozialen Wohnungsbau betreffenden Vorschriften zurückgegriffen (angemessene Wohnfläche für einen Ein-Personen- Haushalt bis zu 45 m²), Mietpreise durch umfassende Ermittlungen im Rhein-Neckar-Kreis bezüglich Unterkünften, die für ein einfaches und bescheidenes Leben ausreichen, ermittelt und mit statistischen Werten verglichen. Ab März 2007 wurde die Rechtsprechung des BSG (Az. B 7b AS 10/06 R sowie B 7b AS 18/06 R) berücksichtigt und Erhebungen im Rhein-Neckar-Kreis durchgeführt, die die Verhältnisse auf dem jeweils relevanten örtlichen Wohnungsmarkt abbilden, so über einen längeren Zeitraum alle verfügbaren Wohnungsanzeigen der örtlichen Presse und im Internet ausgewertet, Großvermieter, Wohnungsbaugesellschaften und die Bürgermeisterämter des Kreises um Auskunft gebeten. Dementsprechend wurde der Rhein-Neckar-Kreis in fünf Gruppen eingeteilt, um dem örtlichen Teilwohnungsmarkt zu entsprechen. Die Wohnortgemeinde der Klägerin gehöre zur Gruppe 3, für die sich eine Kaltmiete von 261 EUR zuzüglich kalten Nebenkosten in Höhe von 36 EUR und Heizkosten bei Beheizung mit Gas in Höhe von 65 EUR monatlich, somit insgesamt 362 EUR ergäben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die Akten des SG Az. S 9 AS 3508/07 und S 9 AS 2177/07 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten hat überwiegend Erfolg.
Die gem. § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig und begründet. Zu Recht wehrt sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Übernahme höherer KdU, weil die Klägerin - bis auf einen geringen Betrag - über die gewährten Kosten hinaus keine höheren Leistungen beanspruchen kann.
Streitgegenstand sind die Bescheide vom 12.5.2006 und 13.3.2007 (der den Bescheid vom 20.11.2006 ersetzt hat) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.5.2007, mit denen der Beklagte die KdU für die Zeit vom 1.5.2006 bis 30.4.2007 geregelt hat, sowie der Bescheid vom 20.4.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.9.2007, mit dem der Beklagte eine Regelung über die KdU für die Zeit vom 1.5. bis 31.10.2007 getroffen hat. Dagegen ist die Klägerin zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) vorgegangen.
Die erwerbsfähige und hilfebedürftige Klägerin ist unstreitig Berechtigte im Sinne des § 7 SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II hat sie Anspruch auf Arbeitslosengeld II in Form von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die ihr in Höhe der Regelleistung die Agentur für Arbeit W. im streitigen Zeitraum gewährt hat, einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung durch den Beklagten. Rechtsgrundlage für Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) ist § 22 SGB II, wonach sich auch die Höhe der Leistungen bestimmt. Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der Wohnungskosten ist nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 24; Nr 3 RdNr 19 ff) in mehreren Schritten zu prüfen: Zunächst bedarf es der Feststellung, welche Größe die gemietete Wohnung aufweist. Nach Feststellung der Wohnraumgröße ist als weiterer Faktor der Wohnstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Da es im Ergebnis allein auf die Kostenbelastung des Grundsicherungsträgers ankommt, kann dahinstehen, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung oder Lage isoliert als angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht insgesamt mit unangemessen hohen Kosten belastet wird. Das BSG folgt insoweit der Produkttheorie, die abstellt auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R m.w.N.). Die von der Klägerin geltend gemachten Kosten sind gemessen daran unangemessen.
Ausgehend davon ist für Baden-Württemberg von einer Gesamtwohnfläche bis zu 45 m² für einen Alleinstehenden auszugehen (vgl. hierzu Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Sicherung der Bindung in der sozialen Wohnraumförderung vom 12.02.2002 (VwV-SozWo) GABl 2002, S. 240 ff, Nr. 5.7.7.1. i.d.F. der Verwaltungsvorschrift vom 22.01.2004, GABl 2004, S. 248). Damit erweist sich die Wohnung der Klägerin mit 72 m² zunächst als unangemessen groß. Nach der Aussage von Dr. B. ist diese Größe auch nicht mit gesundheitlichen Gründen zu rechtfertigen.
Ein alleinstehender Hilfebedürftiger oder eine aus mehreren Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft kann ausgehend von der Produkttheorie die für sie maßgebliche Wohnungsgröße überschreiten, solange das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, der Angemessenheit entspricht (BSG Urteil vom 18.6.2008 - Az. B 14/11b AS 61/06 R). Die von der Klägerin geltend gemachten Kosten sind jedoch auch gemessen am Mietpreis zu beanstanden. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 3 RdNr 20). Als Vergleichsmaßstab ist regelmäßig die Miete am Wohnort heranzuziehen (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 24). Die abstrakt angemessene Kaltmiete beträgt nach den Ermittlungen des Beklagten am Wohnort der Klägerin 261 EUR, die die Klägerin mit einer Kaltmiete von 370 EUR erheblich übersteigt. Der Senat hat hinsichtlich der vom Beklagten gewählten Datengrundlage keine Bedenken, diese beruhen auf einem - wie dargelegt - schlüssigen Konzept, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben (vgl. zu den Anforderungen BSG Urteil vom 18.6.2008 - Az. B 14/7b AS 44/06 R). So hat der Beklagte zwar zunächst noch ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Sozialhilferecht den angemessenen Mietzins bezogen auf das gesamte Kreisgebiet ermittelt, was - worauf das SG zu Recht hingewiesen hat - mit der Rechtsprechung des BSG, wonach die Miete am konkreten Wohnort zu ermitteln ist, nicht in Einklang steht. Sodann hat er aber die Verhältnisse auf dem jeweils relevanten örtlichen Wohnungsmarkt durch systematische Beobachtung aller verfügbaren Wohnungsanzeigen über einen längeren Zeitraum in der örtlichen Presse (Tageszeitungen, Amtsblätter) und im Internet ausgewertet. Daneben wurden Vermieter und Wohnungsbaugesellschaften, zu deren Einzugsbereich das Gebiet des Rhein-Neckar-Kreises gehört, um Auskunft über die bei Neuanmietung einer Wohnung mit einfachem bis mittlerem Ausstattungsstandard und durchschnittlichen Anforderungen an Lage, Bausubstanz und Erhaltungszustand zu zahlende Kaltmiete pro Quadratmeter in den einzelnen Kreisgemeinden nachgesucht, sowie eine Anfrage über die marktübliche Miete bei Neuanmietung der in die Angemessenheitsbetrachtung einzubeziehenden Unterkünfte an die Bürgermeisterämter des Rhein-Neckar-Kreises gerichtet. Hieraus ergaben sich "Teilwohnungsmärkte", die hinsichtlich der ortsüblichen Kaltmiete stark voneinander abwichen und deshalb in fünf Gruppen eingeteilt wurden. Der Senat hält dies für ausreichend, um den abstrakt angemessenen Mietzins zuverlässig zu ermitteln. Nicht nur zur Wohnungsgröße, sondern auch zum Wohnungsstandard einschließlich der aus seiner Sicht angemessenen Heizungs- und sonstigen Nebenkosten hat der Beklagte ein schlüssiges Konzept vorgelegt, das für die Betrachtungen in den streitgegenständlichen Bewilligungszeiträumen - auch rückwirkend für das Jahr 2006 - tragfähig ist.
Angesichts des stichprobenartigen über das Internet ermittelten Wohnungsangebots am Wohnort der Klägerin bzw. im ebenfalls zur Gruppe 3 gehörenden Ort S. sieht es der Senat für nachgewiesen an, dass Wohnungen im fraglichen Größen- und Preissegment auch tatsächlich in nicht nur vereinzeltem Umfang zur Verfügung standen (konkrete Angemessenheit). Dies wird durch die von der Klägerin vorgelegten Wohnungsanzeigen im November und Dezember 2005 bestätigt, Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung auf dem Wohnungsmarkt sind nicht ersichtlich.
Nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II sind aber soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang - so wie hier - übersteigen, diese als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen nur solange zu berücksichtigen, wie es diesem nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen setzt dann voraus, dass es dem Leistungsempfänger nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Kosten innerhalb der Sechsmonatsfrist oder auch darüber hinaus zu senken. Diese Voraussetzungen hat die Klägerin zumindest für den hier streitigen Zeitraum ab 1.5.2006 nicht (mehr) nachgewiesen. So hat sie über Dezember 2005 hinaus gar keine Bemühungen in irgend einer Richtung mehr belegt und gegenüber dem Beklagten erklärt, keine Unterlagen mehr vorzulegen. Eine Untervermietung zieht sie nach ihrer Einlassung im Erörterungstermin nicht in Betracht; bei Großvermietern hat sie eine Wohnung nicht nachgefragt und einen Wohnberechtigungsbescheinigung will sie nicht beantragen. Sie ist der Auffassung, dass ihre Wohnung gemessen am Quadratmeterpreis (370 EUR/72 m² = 5,13 EUR) sehr günstig sei. Unter Berücksichtigung des von dem Beklagten als angemessen zugrunde gelegten Quadratmeterpreis (261 EUR/45 m² = 5,80 EUR) ist diese Schlussfolgerung zwar richtig, hierauf kommt es jedoch nicht an, da auf Grund der unangemessenen Größe der Wohnung die Kostenbelastung des Beklagten nach der Produkttheorie insgesamt zu hoch ist.
Entgegen der Ansicht des SG kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass sie fehlerhaft zur Kostensenkung aufgefordert worden sei. Eine vorherige förmliche Kostensenkungsaufforderung des Trägers ist keine zwingende Voraussetzung für dessen Entscheidung, nur die angemessenen KdU zu übernehmen. Lediglich im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung gewinnen Kostensenkungsaufforderungen der Träger Bedeutung als Information gegenüber dem Hilfebedürftigen mit Aufklärungs- und Warnfunktion. Aus dem Verständnis einer Zumutbarkeitsregelung heraus ist es im Regelfall ausreichend, dass der Hilfebedürftige den angemessenen Mietzins und die Folgen mangelnder Kostensenkung kennt; mehr braucht folglich nicht Gegenstand eines Hinweises des zuständigen Trägers zu sein. Nähere Einzelheiten kann der Hilfebedürftige im Rahmen eigenverantwortlichen Handelns (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 SGB II) bei weitergehendem Informationsbedarf ggf. bei dem Leistungsträger erfragen. Ein entsprechender Hinweis kann daher nicht deshalb beanstandet werden, weil er sich auf die Angabe des angemessenen Kaltmietzinses, die Aufforderung zur Kostenreduzierung durch den Hilfeempfänger sowie die Ankündigung der andernfalls erfolgenden Reduzierung auf die angemessenen Kosten durch den Träger beschränkt (BSG Urteile vom 19.3.2008 - Az. B 11b AS 41/06 R - über Juris Rdnr. 21 und - Az. B 11b AS 43/06 R - Rdnr. 16). Der Hinweis- und Warnfunktion war damit Genüge getan, auch wenn der Beklagte zunächst auf geringere für angemessen gehaltene Kosten hingewiesen hat (Schreiben vom 29.6.2005 und Bescheid vom 30.9.2005 - 265 EUR Kaltmiete incl. Nebenkosten und 36,60 EUR Heizung). Jedenfalls ist die Klägerin dadurch in ihrer Suche am Wohnungsmarkt nicht fehlgeleitet worden, da sie - erkennbar an den Auskünften der Makler - ihre Bemühungen nicht auf diesen Bereich begrenzt, sondern auch auf Wohnungen bis zu einer Kaltmiete von 350 EUR, die oberhalb der zunächst mitgeteilten Angemessenheitsgrenze liegen, erstreckt hat. Den abstrakt angemessenen Rahmen der KdU, der nach den schlüssigen Erhebungen des Beklagten im räumlichen Vergleichsmaßstab für die Klägerin 261 EUR Kaltmiete, 36 EUR kalte Nebenkosten und bis zu 65 EUR Heizkosten (insgesamt 362,- EUR) als angemessen ansieht, hat der Beklagte durch die Leistungsgewährung in den streitgegenständlichen Bewilligungszeiträumen jedenfalls nicht unterschritten, auch sofern für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2006 lediglich 313 EUR für KdU gewährt wurden. Der Senat geht hierzu von dem Bedarf der Klägerin wie folgt aus: 261 EUR angemessene Kaltmiete, 36 EUR angemessene kalte Nebenkosten, tatsächlicher Energieverbrauch (lt. Abschlagszahlung MVV Energie AG) 19,50 EUR. Von den Energiekosten ist für die Aufwendungen für die Warmwasserbereitung ein Abschlag in Höhe von 6,22 EUR - sog. Warmwasserkostenpauschale - vorzunehmen (vgl. ausführlich BSG Urteil vom 27.2.2008 - Az. B 14/11b AS 15/07 R). Somit ergeben sich in dieser Zeit angemessene KdU in Höhe von 310,28 EUR. Sofern die Klägerin tatsächlich zwar Nebenkosten pauschal von 50 EUR an den Vermieter abführt, hat sie eine Abrechnung über diese Kosten nie vorgelegt, weshalb die Angemessenheitsgrenze des Beklagten zugrunde gelegt wird.
Lediglich für August bis Oktober 2006 ergibt sich ein geringfügig ungedeckter Bedarf. Durch die Erhöhung der Abschlagszahlung für den Energieversorger mit der Abrechnung vom 16.7.2006 von 19,50 EUR auf 24 EUR ab August errechnet sich ein um 1,78 EUR monatlich höherer Bedarf von 314,78 EUR, so dass der Klägerin für 3 Monate insgesamt der Betrag von 5,34 EUR zuzusprechen war. Unerheblich ist, dass die Klägerin die Abrechnung erst im Laufe des SG-Verfahrens am 23.08.2007 vorgelegt hat. Der Bewilligungsbescheid vom 12.5.2006 war noch nicht bestandskräftig und im Rahmen der vorliegenden Anfechtungs- und Leistungsklage kommt es zur Berechnung des Bedarfs grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an, Wenn - wie hier - eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergeht, ist der maßgebliche Zeitpunkt der der Entscheidung des Senats. Neue Erkenntnisse über einen gegenwärtigen Bedarf im streitgegenständlichen Zeitraum sind daher zu berücksichtigen.
Weitere KdU kann die Klägerin auch für die Zeit vom 1.11.2006 bis 30.4.2007 und vom 1.5. bis 31.10.2007 nicht beanspruchen, weil die angemessenen Kosten unter Berücksichtigung der tatsächlichen Energiekosten von 24 EUR bzw. 25 EUR hinter den bewilligten 330 EUR bzw. 362 EUR zurückbleiben. Auch einer gesonderten Betrachtung der Warmwasserpauschale zu einem späteren Zeitpunkt bedurfte es daher nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
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