L 9 KR 149/09 B

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 KR 2645/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 149/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. April 2009 geändert und der Streitwert auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Streitwertfestssetzung in dem Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. April 2009 ist gemäß §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Der Senat nimmt zur weiteren Begründung und zur Vermeidung überflüssiger Widerholungen auf seine Beschlüsse vom 12. November und 19. Dezember 2008 (L 9 KR 119/08 bzw. L 9 B 159/08 KR, zitiert nach juris) Bezug. Er hält an seiner darin ausführlich begründeten Rechtsauffassung fest, dass in einem Rechtsstreit über die Versicherungspflicht der Streitwert regelmäßig auf den Auffangwert von 5000 EUR festzusetzen ist; nur dann, wenn feststeht, dass dieser Auffangwert in keinem Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert des Rechtsstreits für den Kläger steht, kann der Streitwert durch die maßvolle Vervielfachung oder Verminderung des Auffangwertes erhöht oder vermindert werden. Dabei darf der Streitwert aber das Doppelte des Auffangwertes erst dann erreichen, wenn zwischen den Beteiligten Zeiträume von mehr als 15 Jahren streitig sind. Streiten die Beteiligten über mehr als 30 Jahre Versicherungspflicht, so ist ein Streitwert von 15.000 EUR angemessen.

Die dagegen vom Sozialgericht vorgebrachten Einwände überzeugen nicht: Sie berücksichtigen nicht die Systematik des § 52 GKG, nach der sich die Streitwertfestsetzung entweder nach dem vom Kläger bezifferten Betrag (§ 52 Abs. 3 GKG) oder nach dem Auffangwert von 5.000 EUR bemessen soll (§ 52 Abs. 2 GKG). Die genannten Bestimmungen sollen verhindern, dass der Richter der Streitwertfestsetzung ohne weitere Ermittlungen zur wirtschaftlichen Bedeutung für den Kläger eine von ihm im Wesentlichen an Billigkeitserwägungen orientierte Schätzung zu Grunde legt, wie sie das Sozialgericht im vorliegenden Fall vornimmt, weil sich eine solche Schätzung regelmäßig vor dem auch bei der Streitwertfestsetzung geltenden Gebot der Willkürfreiheit gerichtlicher Entscheidungen nach Art. 3 Grundgesetz (GG) nicht rechtfertigen lässt. Außerdem sollen sie insbesondere verhindern, dass der Richter seiner Streitwertfestsetzung Beträge zu Grunde legt, die deutlich höher liegen als in vergleichbaren Fällen, um den Eindruck zu vermeiden, er wolle sich durch seine Streitwertpraxis unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG schwierige Fälle "vom Hals halten".

Auch überzeugen die Darlegungen des Sozialgerichts zur wirtschaftlichen Bedeutung der Streitigkeiten über die Versicherungspflicht im Besonderen in der Rentenversicherung nicht: Das Sozialgericht berücksichtigt bei seiner Betrachtung nicht, dass die Versicherungspflicht nicht nur die Grundlage für Rentenversicherungsbeiträge darstellt, sondern auch für die dem Versicherten zu gewährende Rente ist. So kann der Streit über wenige Tage Versicherungspflicht sowohl für den Rentenversicherungsträger als auch für den Versicherten dann von besonderer Bedeutung sein, wenn davon die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente abhängen; dagegen kann der Streit über einen sehr viel längeren Zeitraum für die Höhe einer Rente z.B. dann von deutlich geringerer Bedeutung sein, wenn die im streitigen Zeitraum gezahlten Entgelte - insbesondere im Verhältnis zu den sonst gezahlten - besonders niedrig waren. Aus der Sicht des Senats ist es deshalb nicht zulässig, den wirtschaftlichen Wert der Versicherungspflicht allein an der tatsächlichen oder geschätzten Beitraghöhe zu bemessen und die Rentenleistungen und ihren Wert außer Betracht zu lassen. Da sich hierzu Berechnungen aber noch schwerer anstellen lassen als zur Beitragshöhe, ist auf den Auffangwert zurückzugreifen.

Schließlich sieht der Senat auch keinen Grund, von seiner Streitwertpraxis abzuweichen, weil diese i. W. der des für Streitigkeiten der vorliegenden Art zuständigen 12. Senats des BSG entspricht: Wird über die Versicherungspflicht, nicht aber über eine Beitragsforderung in bestimmter Höhe gestritten, kann regelmäßig lediglich der Auffangstreitwert zugrunde gelegt werden. Für eine Bestimmung des Streitwertes in hiervon abweichender Höhe nach der wirtschaftlichen Bedeutung fehlen in der Regel hinreichende Anhaltspunkte. Insbesondere kann nicht der Betrag einer streitigen Beitragsforderung zugrunde gelegt werden. Da das wirtschaftliche Interesse des Klägers unabhängig vom Zeitraum, für den die Versicherungspflicht festgestellt wird, nicht beziffert werden kann, kann auch keine entsprechende Differenzierung vorgenommen und ggf. ein Vielfaches des Auffangstreitwertes zugrunde gelegt werden (BSG, Urteile vom 24. September 2008, - B 12 R 10/07 R - und - B 12 R 27/07 R -; Beschluss vom 8. Dezember 2008 - B 12 R 37/07 B -; alle zitiert nach juris).

Das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 68 Abs. 3 GKG gebühren- und kostenfrei.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 Sozialgerichtsgesetz).
Rechtskraft
Aus
Saved