L 8 U 1624/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 1346/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1624/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles gegen die Beklagte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen.

Nach einer Unfallanzeige (Durchgangsarztbericht des Dr. B. vom 08.05.2007 mit Anlage) erlitt der am 08.08.1968 geborene Kläger am 22.01.2007 einen Unfall, als er beim Aufräumen einer Baustelle einen 30 kg schweren Sack mit Mörtel in den Bauwagen tragen wollte, wobei er auf schmierigem Grund ausrutschte und mit dem rechten Gesäß auf den Boden stürzte. Wegen zunehmender Schmerzen konsultierte der Kläger Ende Februar seinen Hausarzt. Arbeitsunfähigkeit bestand ab 09.03.2007. Am 08.05.2007 wurde er bei Dr. B. vorstellig. Dr. B. diagnostizierte eine Störung der Lendenwirbelsäule, einen - vom Unfall unabhängigen - Bandscheibenvorfall L5 sowie Osteochondrose und Spondylarthrose an der Lendenwirbelsäule. In der Anlage zum Unfallbericht führte Dr. B. weiter aus, der Kläger habe seit 1995 Rückenbeschwerden. Im Dezember 1996 sei ein Bandscheibenprolaps L5 festgestellt worden. Der Verlauf spreche für eine richtungsweisende Verschlimmerung eines vorbestehenden Schadens. Dem Durchgangsarztbericht waren Befundberichte von Dr. S. vom 05.03.2007 und 08.05.2007, Dr. J. vom 12.03.2007 und der S.-Klinik vom 18.04.2007 beigefügt.

Die Beklagte leitete Ermittlungen ein. Sie holte die Auskunft des Arbeitgebers des Klägers G.-Bau GmbH vom 26.06.2007 ein, befragte den Kläger zum Unfallhergang (Stellungnahme des Klägers vom 03.07.2007), zog das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Ostalb bei und hörte den behandelnden Arzt Dr. S. an, der sich unter Vorlage weiterer Befundberichte (Dr. B. vom 31.05.2007 und 11.10.2007, Dr. S. vom 27.09.2007, Dr. J. vom 12.03.2007 - seit Weihnachten lumboischialgieforme Schmerzen - und Kurzbrief der S.-Klinik) mit Stellungnahme vom 16.10.2007 äußerte (Behandlung ab 02.03.2007, keine Angaben zu Arbeitsunfall). Anschließend holte die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. K. vom 15.11.2007 ein, der davon ausging, dass sich Erkrankungen / Schädigungen im Bereich der Lendenwirbelsäule des Klägers nicht rechtlich wesentlich auf das Ereignis vom 22.01.2007 zurückführen ließen, da degenerative Vorschäden überwögen.

Mit Bescheid vom 28.11.2007 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen wegen des Vorgangs vom 22.01.2007 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Ereignis vom 22.01.2007 sei nicht rechtlich wesentliche Ursache für die vorliegenden Körperschäden gewesen. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung seien daher nicht zu erbringen.

Gegen den Bescheid vom 28.11.2007 legte der Kläger mit Schreiben vom 30.11.2007 Widerspruch ein. Er machte geltend, durch den Unfall hätten seine Rückenschmerzen massiv zugenommen. Er habe sich deswegen operieren lassen müssen. Die Verschlimmerung des Bandscheibenleidens sei durch den Unfall bedingt. Sein Arzt sei der Ansicht, dass eine richtungsweisende Verschlimmerung des vorbestehenden Schadens vorliege.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2008 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 28.11.2007 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das vom Kläger geschilderten Ereignis vom 22.01.2007 sei nicht die rechtlich wesentliche Ursache für die vorliegenden Körperschäden gewesen. Nach den vorliegenden Unterlagen habe der Kläger bereits vor dem Ereignis vom 22.01.2007 über starke Beschwerden von Seiten der Lendenwirbelsäule geklagt.

Hiergegen erhob der Kläger am 07.04.2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er trug zur Begründung unter Verweis auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren vor, er habe am 22.01.2007 einen Unfall erlitten. Hieraus resultierten ausgeprägte Wirbelsäulenbeschwerden. Die Beklagte gehe davon aus, dass es sich um eine Gelegenheitsursache handele, ohne hierzu nähere Ausführungen zu machen. Der Kläger legte die Reha-Entlassungsberichte der B.-Klinik, B. K., vom 27.07.2007 und der Reha-Klinik S., D., vom 20.03.2008 vor.

Das SG hörte Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dr. B. teilte in seiner Stellungnahme vom 09.08.2008 die von ihm in den Jahren 1998, 2007 und 2008 erhobenen Untersuchungsbefunde und Diagnosen mit. Er vertrat die Ansicht, eine Stauchung der Lendenwirbelsäule mit traumatischem Bandscheibenvorfall L5 läge als Unfallfolge vor. Der Sturz habe den Vorschaden richtungweisend verschlimmert. Dr. B. legte weitere Befundberichte vor (Universitätsklinikum T. vom 25.10.2007 und 21.12.2007 sowie Dr. J. vom 01.04.2008).

Das SG holte außerdem von Amts wegen das orthopädische Gutachten des Dr. L. vom 22.09.2008 ein. Dr. L. gelangte in seinem Gutachten zu der Bewertung, beim Kläger bestehe eine eingeschränkte Beweglichkeit und Schmerzhaftigkeit der Lendenwirbelsäule ohne sensomotorisches Defizit der Beine. Das angeschuldigte Ereignis treffe auf ein erheblich vorgeschädigtes Wirbelsäulen- und Bandscheibensegment L5/S1, das sicher nicht erst durch das Ereignis vom Februar entstanden sei. Unfallmechanik, die Vorschädigungen und der Unfallablauf sprächen gegen eine traumatische verursachte oder verschlimmerte Bandscheibenschädigung. Unfallfolgen lägen nicht vor. Der Ansicht des Dr. B. werde nicht zugestimmt.

Der Kläger nahm zum Gutachten des Dr. L. durch Vorlage von Stellungnahmen des Dr. B. vom 27.10.2008 und 12.11.2008 Stellung. Dr. B. vertrat die Ansicht, dass die Beurteilung des Dr. L. sozialmedizinisch falsch sei, da sie nicht auf den Einzelfall des Klägers abstelle. Wesentlich sei, dass der Kläger ein Trauma erlitten habe. Sozialrechtlich entscheidend sei die Frage, was der Unfall am vorgeschädigten Rücken bewirkt habe. Dies habe Dr. L. nicht diskutiert. Eine richtungweisende Verschlimmerung des vorbestehenden Schadens läge vor.

Das SG holte zu den Einwendungen des Klägers die ergänzende gutachtliche Stellungnahme des Dr. L. vom 08.12.2008 ein, in der er zu den Einwendungen des Klägers Stellung nahm und an den Bewertungen im Gutachten vom 22.09.2008 festhielt. Er führte aus, der gesamte Krankheitsverlauf beim Kläger sei zwanglos ohne die Annahme eines Traumas vorstellbar.

Mit Urteil vom 25.02.2009 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, es sei bereits zweifelhaft, ob am 22.01.2007 tatsächlich eine schädigende Einwirkung erfolgt sei, mithin, ob die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalles vorlägen. Jedenfalls könnten die beim Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen der Lendenwirbelsäule nach dem überzeugenden Gutachten des Dr. L. nicht mit Wahrscheinlichkeit im Sinne der Entstehung oder der Verschlimmerung ursächlich auf das Unfallereignis vom 22.01.2007 zurückgeführt werden. Den Ausführungen des Dr. B. habe sich das Gericht nicht anschließen können.

Gegen das dem Kläger am 12.03.2009 zugestellte Urteil hat er am 08.04.2009 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, die nach wie vor bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien zumindest als richtunggebende Verschlimmerung eines vorbestehenden Schadens infolge eines am 22.01.2007 erlittenen Arbeitsunfalles zu werten und dementsprechend durch die Beklagte zu entschädigen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Februar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund bestehender Unfallfolgen nach einem Unfall vom 22. Januar 2007 Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 vH. in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.

Mit richterlicher Verfügung vom 24.08.2009 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und ihnen Gelegenheit gegeben worden, zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis zum 15.09.2009 Stellung zu nehmen.

Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit richterlicher Verfügung hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Die Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden.

Das SG hat im angefochtenen Urteil die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites relevanten Rechtsvorschriften und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Der Senat gelangt weiter nach eigener Prüfung mit dem SG zu der Überzeugung, dass fraglich ist, ob beim Kläger das Vorliegen eines Unfalles nachgewiesen bzw. nachweisbar ist, dass außerdem nach dem überzeugenden Gutachten von Dr. L. vom 22.09.2008 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.12.2008, denen der Senat folgt, die bekannten Vorschädigungen der Lendenwirbelsäule des Klägers, die Unfallmechanik und der Unfallablauf gegen eine traumatisch verursachte oder verschlimmerte Bandscheibenschädigung sprechen und dass der gesamte Krankheitsverlauf beim Kläger zwanglos ohne die Annahme eines Traumas vorstellbar ist, weshalb ein wesentlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall vom 22.01.2007 und der geltend gemachten Verschlimmerung nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht werden kann und sich eine abgrenzbare richtunggebende Verschlimmerung der Erkrankung von den unfallvorbestehenden Befunden nicht feststellen lässt. Der abweichenden Ansicht des Dr. B. kann deshalb nicht gefolgt werden. Der Senat verweist auch insoweit zur Begründung seiner eigenen Entscheidung vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren zeigt keinen Gesichtspunkt auf, der eine andere Entscheidung rechtfertigen kann. Vielmehr hat bereits das SG im angefochtenen Urteil sein Berufungsvorbringen berücksichtigt und gewürdigt.

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den entscheidungserheblichen Sachverhalt für aufgeklärt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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