L 7/10 AL 902/03

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 13 AL 1182/01
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7/10 AL 902/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11a AL 189/05 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen einer Entlassungsentschädigung.

Die 1958 geborene Klägerin stand seit 4. September 1978 bei der Deutschen X. AG in einem Arbeitsverhältnis, das nach § 14 des Manteltarifvertrages für das Bodenpersonal (X.) ordentlich nicht mehr kündbar war. Am 12. Mai 2000 wurde ihr durch den Arbeitgeber eine schriftliche Abmahnung erteilt (arbeitsgerichtliches Verfahren – a. V. – Bl. 5), da sie am 28. April 2000 eine falsche Eintragung in einen Zeitdatenbeleg gemacht und sich vorsätzlich unberechtigt eine Arbeitsstunde zugeschrieben hatte. In diesem Zusammenhang wurde mit ihr eine Vereinbarung über Auflagen (begleitend zur Abmahnung vom 12. Mai 2000) in Abweichung von der allgemein geltenden Vereinbarung über die gleitende Arbeitszeit getroffen (a. V. Bl. 9), mit der ein regelmäßiger Arbeitsbeginn um 8:30 Uhr und ein regelmäßiges Arbeitsende um 16:45 Uhr mit einer Mindestnettoarbeitszeit von 7 Stunden und 30 Minuten festgelegt wurde.

Am 8. Juli 2000 kündigte der Arbeitgeber nach Anhörung des Betriebsrats das Arbeitsverhältnis fristlos wegen schwerwiegender Arbeitszeitverstöße (a. V. Bl. 13). Die Klägerin habe am Montag, den 26. Juni 2000 oder am Dienstag, den 27. Juni 2000, die ihr zustehende Pausenzeit von 45 Minuten deutlich überschritten, ohne hierfür eine Genehmigung einzuholen. In einem nachfolgenden gerichtlichen Streitverfahren vor dem Arbeitsgericht A-Stadt über die Rechtswirksamkeit der Kündigung schlossen die Parteien am 31. August 2000 einen Vergleich (a. V. Bl. 101), demzufolge sie sich einig waren, dass das Arbeitsverhältnis am 31. Juli 2000 beendet worden sei. Der Arbeitgeber verpflichtete sich an die Klägerin eine Abfindung entsprechend der §§ 9, 10 des Kündigungsschutzgesetzes in Höhe von DM 100.000 zu zahlen.

Die Klägerin meldete sich am 10. Juli 2000 arbeitslos und beantragte Alg (BA Bl. 1). Mit Bescheid vom 27. September 2000 lehnte die Beklagte die Leistungsgewährung für den Zeitraum vom 1. August 2000 bis zum 22. Februar 2001 ab (BA Bl. 19). Der Anspruch ruhe so lange, wie 35 % der gezahlten Entlassungsentschädigung dem kalendertäglichen Arbeitsentgelt entsprächen (§ 143 a Sozialgesetzbuch – Drittes Buch – (SGB III).

Mit Widerspruch vom 6. Oktober 2000, eingegangen beim Arbeitsamt A-Stadt am 9. Oktober 2000, trug die Klägerin vor, ein Ruhen komme nicht in Betracht (BA Bl. 25). Ohne den arbeitsgerichtlichen Vergleich hätte sie den Kündigungsschutzprozess mit Sicherheit verloren (§ 143 a Abs. 2 SGB III).

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2003 (BA Bl. 31 ff.) wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr ordentlich kündbar gewesen sei. Die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber sei tarifvertraglich zeitlich unbegrenzt ausgeschlossen gewesen. Die Ruhensvorschrift des § 143 a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB III fände Anwendung. Nach § 143 a Abs. 1 SGB III ruhe der Alg-Anspruch von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist geendet hätte. Sei die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gelte bei zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von achtzehn Monaten. Gemäß § 143 a Abs. 2 Satz 1 SGB III ruhe der Anspruch auf Alg nach Abs. 1 längstens ein Jahr. Nach Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III ruhe der Anspruch nicht über den Tag hinaus, an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist habe kündigen können. Der Arbeitgeber habe aber das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nicht fristlos kündigen können. Nach dem Sachverhalt sei vom Arbeitgeber die fristlose Kündigung aufgrund einer Disziplinarmaßnahme ausgesprochen worden, im anschließenden Vergleich vor dem Arbeitsgericht sei das Arbeitsverhältnis mit sozialer Auslauffrist zum 31. Juli 2000 beendet und der Widerspruchsführerin eine Abfindung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Höhe von DM 100.000 zugesprochen worden. Da die Klägerin gegen die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses Kündigungsschutzklage erhoben habe und der Rechtsstreit durch Vergleich beendet worden sei, sei im Zweifel davon auszugehen, dass ein wichtiger Grund zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist nicht vorgelegen habe. Der Ruhenszeitraum sei im Übrigen richtig berechnet.

Die am 5. April 2002 beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) eingereichte Klage wurde durch Urteil vom 10. Juli 2003 abgewiesen. Das SG hat die ablehnende Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der Tatbestand des § 143 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III nicht gegeben sei. Der Arbeitgeber sei nicht berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen (§ 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Bereits der Sachverhalt, den der Arbeitgeber der außerordentlichen Kündigung in der Hauptsache zugrunde gelegt habe, sei nicht hinreichend gesichert. Das Datum, an dem der Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten durch Überschreitung der Mittagspause vorgelegen haben sollte, sei nicht belegt. Es solle der 26. oder 27. Juni 2000 gewesen sein. Obwohl dieser Verstoß von dem direkten fachlichen Vorgesetzten der Klägerin beobachtet worden sein soll, sei nicht sofort interveniert worden, sondern es sei dies erst am 30. Juni 2000 zum Gegenstand eines geschäftsleitenden Gesprächs gemacht worden. Die Klägerin habe hier den Vorwurf bestritten und habe von sich aus aber eine Überschreitung der Mittagspause am 19. Juni 2000 um 35 Minuten eingeräumt. Deshalb und auch auf Grund des übrigen Vortrag des Arbeitgebers im Kündigungsschutzverfahren sei die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass der Vorgang für den Arbeitgeber zunächst keine so gravierende Pflichtverletzung dargestellt habe, um daraus eine außerordentliche Kündigung der Klägerin abzuleiten. Auch aus dem Umstand, dass die Klägerin widersprüchliche Angaben in der Anhörung gemacht habe, könne sich nicht die außerordentliche Kündigung begründen. Erinnerungslücken bei der Klägerin bei einem so routinemäßigen Vorgang wie der Mittagspause seien dieser zuzugestehen. Auch der normale Arbeitnehmer würde in der Regel nach wenigen Tagen nicht mehr angeben können, wann er sich wo genau an den Vortagen in der Mittagspause befunden habe. Immerhin sei die Klägerin so offen gewesen, dass sie selbst eine Überschreitung der Mittagspause am 19. Juni 2000 eingeräumt habe. Dies spreche nicht für eine grundsätzliche Störung des Vertrauensverhältnisses. Damit sei die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu verneinen. Die Klägerin sei immerhin 22 Jahre in dem Unternehmen beschäftigt gewesen. Auch die bedeutende Entschädigungssumme von DM 100.000 spreche dafür, dass der Arbeitgeber keine gesicherte Rechtsposition in dem arbeitsgerichtlichen Prozess inne gehabt habe.

Gegen das am 22. August 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. September 2003 Berufung eingelegt. Sie vertieft und wiederholt im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Zusätzlich gibt sie an, es sei zu ihren Lasten zu berücksichtigen, dass sie in den Gesprächen mit ihrem Arbeitgeber – der X. – auch falsche Angaben gemacht habe. Sie habe bei der Überziehung der Mittagspause um eine ¾ Stunde keine Zeitkorrektur in ihrem Gleitzeitguthaben vorgenommen. Damit habe die Klägerin eine Gleitzeitmanipulation begangen und den wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung selbst verursacht.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Juli 2003 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 27. September 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2001 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 1. August 2000 bis zum 22. Februar 2001 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist im Wesentlichen der Auffassung, dass der Gütetermin am 31. August 2000 beim Arbeitsgericht A-Stadt nicht die erforderliche Klarheit gebracht habe, um davon ausgehen zu können, die der Klägerin zur Last gelegten Vorfälle hätten seinerzeit eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt. Eine außerordentliche Kündigung sei nur dann zulässig, wenn sie die letzte zur Verfügung stehende Maßnahme für den Kündigungsberechtigten sei. Es müssten alle anderen, nach den Umständen des Falles möglichen und angemessenen milderen Mitteln, die geeignet seien, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, erschöpft sein. Die gebotene Gesamtabwägung ergebe, dass der Klägerin habe allenfalls ordentlich, aber nicht fristlos gekündigt werden können. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall gewesen. Die Abmahnung vom 23. Mai 2000 habe schon eine außerordentliche Kündigung der Klägerin nicht rechtfertigen können. Die Abmahnung sei darauf zurückzuführen gewesen, dass die Klägerin einen unrichtigen Zeitpunkt des Arbeitsbeginns in die Zeiterfassungsliste eingetragen habe. Die Überziehung der Mittagspause am 26. oder 27. Juni 2000 sei aber qualitativ anders gelagert gewesen. Im Übrigen sei dieser Fall auch nicht hinreichend nachgewiesen gewesen. Ein Beweis sei auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht erbracht worden.

Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegende Gerichtsakte, die Behördenakte, auf die Verfahrensakte im arbeitsgerichtlichen Verfahren (Az.: xxxxx) sowie auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2005 Bezug genommen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 SGG) ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Juli 2003 ist nicht rechtswidrig. Der Bescheid der Beklagten vom 27. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2001 ist zu Recht ergangen. Zutreffend hat die Beklagte, die von der Klägerin begehrte Leistung von Alg für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum 22. Februar 2001 abgelehnt.

Gemäß § 143 a Abs. 1 SGB III ruht der Anspruch auf Alg von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung der Kündigungsfrist geendet hätte, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers beendet worden ist. Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten (§ 143 a Abs. 1 Nr. 1 SGB III).

So liegt der Fall hier. Die Klägerin ist aufgrund ihrer 22-jährigen Betriebszugehörigkeit in Verbindung mit § 14 Manteltarifvertrag für das Bodenpersonal (X.) nicht mehr ordentlich kündbar. Die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber war tarifvertraglich zeitlich unbegrenzt ausgeschlossen.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass ein Ruhen im Sinne des § 143 a Abs. 1 SGB III nicht in Betracht komme, weil das Arbeitsverhältnis ohne Abschluss des Vergleichs vor dem Arbeitsgericht A-Stadt vom 31. August 2000 mit Zugang der außerordentlichen Kündigung geendet und sie ohne den Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleichs den Arbeitsrechtsstreit mit Sicherheit verloren hätte, führt dies nicht zur Begründetheit ihres behaupteten Anspruchs. Zur Überzeugung des erkennenden Senats steht fest, dass der Tatbestand des § 143 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III nicht gegeben ist, da der Klägerin nicht hätte außerordentlich gekündigt werden können. Nach dieser Vorschrift ruht der Anspruch auf Alg nicht über den Tag hinaus, an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können.

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer den Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Das bedeutet, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist mit dem Arbeitgeber unzumutbar belastet ist. Die fristlose Kündigung ist nur zulässig, wenn sie die letzte Maßnahme (ultima ratio) für den Kündigungsberechtigten ist. Hingegen ist die fristlose Kündigung unzulässig, wenn durch weniger eingreifende Maßnahmen für den Arbeitnehmer den Interessen des Arbeitgebers ausreichend Rechnung getragen werden kann. Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung liegt ferner nur dann vor, wenn durch das Verhalten des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird. Diese nachteiligen Auswirkungen können sich auf den Leistungsbereich, den Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter (Betriebsordnung, Betriebsfrieden), den personalen Vertrauensbereich der Vertragspartner oder auf den Unternehmensbereich (Betriebsgefährdung) beziehen. Fehlt es an einer derartigen konkreten Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses, dann kann ein bestimmtes beanstandetes Verhalten des Arbeitnehmers keinen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB bilden (BAG, Urteil vom 17. März 1988, Az.: 2 AZR 576/87, zitiert nach Juris).

Letzteres ist hier der Fall. Die Klägerin hat nach Auffassung des Senats ein zu beanstandendes Verhalten durch die Überziehung der Mittagspause um 35 Minuten am 19. Juni 2000 an den Tag gelegt, allerdings ist hierdurch weder die Betriebsordnung, noch der Betriebsfrieden, noch der Leistungsbereich, noch der Unternehmensbereich gefährdet worden. Soweit der Vorfall am 26. oder 27. Juni 2000 in Frage steht, hat das SG schon zu Recht darauf hingewiesen, dass der Vorwurf des Arbeitgebers der Klägerin, die Klägerin sei am 26. oder 27. Juni 2000 zu spät aus der Mittagspause gekommen, nicht hinreichend gesichert ist. Dies ist schon daran erkennbar, dass nicht einmal der genaue Tag des Gleitzeitverstoßes feststeht. Aber selbst bei Annahme der Überschreitung der Mittagspause an einem dieser beiden Tage ist eine außerordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt. Zwar verstieß die Klägerin mit der Überschreitung der Mittagspausen gegen die Auflagen zur Abmahnung vom 12. Mai 2000 und sie zeigte ihrem Vorgesetzten die Gleitzeitverstöße auch nicht an. Vielmehr begründete sie den selbst eingeräumten Gleitzeitverstoß am 19. Juni 2000 mit in der Mittagspause aufgetretenen starken Kopfschmerzen und einem Gang zur Apotheke, um sich Aspirin zu besorgen. Den Gleitzeitverstoß am 26. oder 27. Juni 2000 bestritt die Klägerin. Gleitzeitmanipulationen und Unpünktlichkeiten rechtfertigen nach der obergerichtlichen Rechtsprechung (Rspr.) der Arbeitsgerichte grundsätzlich nur dann eine außerordentliche Kündigung, wenn die Unpünktlichkeiten wiederholt und gravierend sind (vgl. BAG, Urteil vom 17. März 1988, Az.: 2 AZR 576/87 zitiert in Juris) oder zu den vorgenommenen Gleitzeitmanipulationen müssen vorsätzlich falsche Zeitangaben, die auch noch beharrlich geleugnet werden, hinzutreten (vgl. BAG, Urteil vom 12. August 1999, Az.: 2 AZR 832/98, zitiert nach Juris) bzw. muss die Gleitzeitmanipulation in einem planvollen, langfristig angelegten Gleitzeitbetrug bestanden haben (vgl. LAG Köln, Urteil vom 22. Mai 2003, Az.: 6 (3) Sa 194/03; BAG, Urteil vom 21. Juni 2001, Az.: 2 AZR 30/00; beides zitiert nach Juris). Derartige schwerwiegende Umstände vermag der erkennende Senat jedenfalls nicht bei einem möglichen aber nicht nachgewiesenen Gleitzeitverstoß am 26. oder 27. Juni 2000 oder in dem selbst eingeräumten Gleitzeitverstoß am 19. Juni 2000 zu erkennen. Vielmehr spricht für das durchaus noch bestehende Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber, dass die Klägerin den Verstoß am 19. Juni 2000 aus freien Stücken eingeräumt hat. Die streitgegenständlichen Gleitzeitverstöße waren jedenfalls weder planmäßig und langfristig angelegt noch so gravierend, als das dem Arbeitgeber die Fortsetzung des seit 22 Jahren bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden könnte. Ein außerordentlicher Kündigungsgrund am Maßstab der vorgenannten Rspr. kann auch nicht darin erblickt werden, dass die Klägerin in der durch den Arbeitgeber anberaumten Anhörung zum Teil widersprüchliche Angaben gemacht haben soll. Bei der Anhörung ist zu berücksichtigen, dass diese auch nicht sofort im Anschluss an den vermeintlichen Arbeitszeitverstoß stattgefunden hat, sondern erst einige Tage später (30. Juni und 3. Juli 2000). Auch im Rahmen der Interessenabwägung auf der Grundlage des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (ultima-ratio-Prinzip) kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass im Falle der Klägerin allenfalls eine zweite Abmahnung gerechtfertigt gewesen wäre, ganz sicher jedoch nicht eine außerordentliche Kündigung. Für dieses Ergebnis spricht auch der geschlossene Vergleich vor dem Arbeitsgericht, in dem der Arbeitgeber sich mit einer vergleichsweisen hohen Abfindungssumme von DM 100.000 einverstanden erklärt hat. Zur Berechnung des Ruhenszeitraums für die Zeit vom 01.08.2000 bis zum 22.02.2001 wird auf die zutreffende Berechnung im Widerspruchsbescheid vom 12.03.2001 Bezug genommen. Im Ergebnis kommt daher eine Verkürzung des Ruhenszeitraumes gemäß § 143 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III nicht in Betracht. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG fehlt.
Rechtskraft
Aus
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