L 15 SF 52/10 B E

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 SF 67/09 E
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SF 52/10 B E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
Die Beweislast für den fristgerechten Eingang einer Gutachtensrechnung trägt der Antragsteller.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 10. Februar 2010 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 15.12.2009 - S 15 SF 67/09 E -
wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.
Die Kostenbeamtin des Sozialgerichts Regensburg hat es mit Schreiben vom 28.09.2009 abgelehnt, für das Gutachten des Antragstellers vom 04.05.2009 eine Vergütung zu gewähren. Die Liquidation für das ärztliche Gutachten vom 05.05.2009 sei erst am 03.09.2009 als Anlage zu der Zahlungserinnerung vom 02.09.2009 eingegangen. Gemäß § 2 Abs. 1 JVEG sei der Anspruch auf Entschädigung erloschen, weil er nicht binnen drei Monaten nach Eingang des Gutachtens bei Gericht geltend gemacht worden sei.
Das Sozialgericht Regensburg hat mit Beschluss vom 15.12.2009 gemäß § 4 Abs. 1 JVEG ausgesprochen, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Vergütung für das von ihm gefertigte Gutachten in Sachen H. M. gegen Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft vom 04.05.2009 habe. Die Rechnung vom 05.05.2009 über 1.318,46 EUR sei verspätet am 03.09.2009 beim Sozialgericht Regensburg eingegangen. Wenn der Antragsteller nun geltend mache, dass normalerweise kein Gutachten ohne die Rechnung versandt werde, so falle dies in den Verantwortungsbereich des Antragstellers. Dieser trage die Beweislast dafür, dass tatsächlich die Rechnung dem Gericht ordnungsgemäß und fristgerecht übermittelt worden sei. Ein entsprechender Nachweis sei jedoch nicht erbracht worden. Die vorgetragenen Gründe würden auch nicht eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 2 Abs. 2 JVEG rechtfertigen. Auch die nur relativ kurzfristige Überschreitung der 3-Monatsfrist rechtfertige keine "Kulanzregelung".
Die Bevollmächtigten des Antragstellers und hiesigen Beschwerdeführers haben mit Beschwerde vom 10.02.2010 vorgetragen, der Antragsteller, der zuverlässig als Gutachter bei Berufsgenossenschaften, Versicherungen und Gerichten seit Jahren eingesetzt und Mitglied der Gutachterkommission der Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie sei, habe in den letzten drei Jahren über 3000 Gutachten versandt und diesen immer ordnungsgemäß die Kostenrechnung beigefügt. Es sei in den letzten drei Jahren trotz der hohen Gutachtenanzahl zu keinerlei Beanstandungen gekommen. Der Antragsteller habe unter Zugrundelegung der Beweisanordnung des Sozialgerichts Regensburg vom 22.07.2008 zuverlässig ein umfassendes Gutachten erstellt, welches dem Sozialgericht Regensburg am 07.05.2009 zugestellt worden sei. Dem Gutachten sei entsprechend der üblichen Verfahrenspraxis des Antragstellers eine Kostennote beigefügt gewesen (Beweis: Erklärung der Sekretärin Frau M. P.). - Der Beschwerdeführer weise darauf hin, dass er sein Personal mit Frau M. P. als Chefsekretärin sorgfältig ausgesucht habe. Sie werde von ihm stichprobenartig regelmäßig überwacht. Es existiere eine interne Arbeitsanweisung, dass dem geschriebenen Gutachten ausnahmslos die Rechnung für die Gutachtenskosten beizufügen sei, damit es nicht zu Fristversäumnissen komme. Bislang sei es in über 3000 Begutachtungen kein einziges Mal zu Beanstandungen gekommen (Beweis: eidesstattliche Versicherung des Beschwerdeführers). - Der Antragsteller sei weder von einem Mitglied der Kammer des Sozialgerichts Regensburg, welches die Beweisanordnung vorgenommen habe, auf die Tatsache, dass eine Rechnung nicht beigelegt gewesen sei, hingewiesen worden, noch habe der Kostenbeamte einen entsprechenden Hinweis zu irgendeinem Zeitpunkt erteilt. Aufgrund dessen musste der Antragsteller davon ausgehen, dass die ihm sehr wohl bekannte zeitliche Belastung der Gerichte der Grund für den Nichtausgleich der Rechnung gewesen sei. Er habe sich aufgrund dessen erst nach Ablauf von vier Monaten entschlossen die Begleichung der Rechnung anzumahnen und habe daraufhin das Schreiben vom 02.09.2009 verfasst. Vor diesem Hintergrund werde hilfsweise beantragt, dem Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 2 Abs. 2 JVEG zu gewähren. Bereits das Schreiben des Beschwerdeführers vom 05.10.2009 sei als Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand auszulegen. - Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Überschreitung der 3-Monatsfrist nur relativ kurzfristig gewesen sei und nicht auszuschließen sei, dass die Rechnung im Geschäftsbetrieb des Sozialgerichts Regensburg untergegangen sei. Deshalb sei dem Antrag auf Vergütung im vorliegenden Fall stattzugeben. Zu berücksichtigen sei bei der Entscheidung auch, dass das Sozialgericht Regensburg einen nicht unerheblichen Bedarf an zuverlässigen Gutachtern habe, die trotz ihres erheblichen Klinikaufwandes noch bereit seien, umfassende Gutachten zu erstellen.
Der 15. Senat des BayLSG hat als Kostensenat die erstinstanzlichen Streit- und Kostenakten beigezogen.

II.
Die gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässige Beschwerde erweist sich als unbegründet.
Der Anspruch auf Vergütung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG im Falle der schriftlichen Begutachtung mit Eingang des Gutachtens bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen hat. Vorliegend ist das Gutachten vom 04.05.2009 am 07.05.2009 beim Sozialgericht Regensburg mit der Folge eingegangen, dass der Anspruch auf Vergütung mit Ablauf des 07.08.2009 erloschen ist.
Dies gilt insbesondere dann, wenn der Beschwerdeführer wie hier darauf hingewiesen worden ist, dass der Anspruch auf Vergütung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten nach Erstellung des Gutachtens bei Gericht geltend gemacht wird (vgl. den hervorgehobenen Hinweis auf dem beigefügten Merkblatt für die/den Sachverständige/n). Nach dem Ablauf der 3-Monatsfrist erlischt der Anspruch ohne Weiteres unabhängig von einer Aufforderung durch das Gericht zu einer Bezifferung (Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl., Rz ...15 zu § 2 JVEG mit Hinweis auf Landgericht Düsseldorf in Rpfleger 82/105; ständige Kostenrechtsprechung des BayLSG zuletzt mit Beschluss vom 03.11.2008 - L 15 SF 167/08 U KO). Der Beschwerdeführer kann sich also nicht darauf berufen, dass er von Seiten des Sozialgerichts Regensburg nicht auf die fehlende Rechnung bzw. den drohenden Fristenablauf hingewiesen worden ist.
Der Kostensenat des BayLSG verkennt nicht, dass im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit vielfach nicht das dringende Bedürfnis besteht, einen Rechtsstreit auch kostenrechtlich alsbald abzuwickeln. Die Verfahren sind gemäß § 183 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) überwiegend kostenfrei. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass auch in kostenpflichtigen Verfahren im Sinne von § 197a SGG immer wieder Gutachten eingeholt werden. Entscheidungserheblich ist vielmehr, dass nach dem Willen des Gesetzgebers das JVEG die Vergütung oder Entschädigung für einen berechtigten einheitlich für alle gerichtlichen Verfahren regelt (Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl., Rz. 3 zu § 1 JVEG m.w.N.). Eine "Kulanzregelung" ist daher nicht möglich, auch wenn die 3-Monatsfrist hier nur relativ kurze Zeit überschritten worden ist. Auch sonstige Gründe, die letztendlich auf die Grundsätze von "Treu und Glauben" im Sinne von § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zielen wie der vorgetragene "nicht unerhebliche Bedarf des Sozialgerichts Regensburg an zuverlässigen Gutachtern", können nicht berücksichtigt werden.
War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist nach § 2 Abs. 1 JVEG gehindert, gewährt ihm das Gericht nach § 2 Abs. 2 JVEG auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG nicht mehr verlangt werden.
In diesem Zusammenhang ist zwischen den Parteien streitig, in wessen Verantwortungsbereich es fällt, dass der Verbleib der Original-Rechnung vom 05.05.2009 nicht mehr klärbar ist. Zwei Möglichkeiten erscheinen nach Aktenlage naheliegend: Entweder ist die Rechnung vom 05.05.2009 entgegen den sonstigen Gepflogenheiten des Klinikums A-Stadt bei Übersendung des Gutachtens samt der zugehörigen Akten ausnahmsweise nicht beigefügt worden. Hierfür spricht der Eingangsstempel des Sozialgerichts Regensburg mit insgesamt sieben detailliert aufgeführten Anlagen, jedoch ohne die verlustig gegangene Original-Rechnung vom 05.05.2009. Andererseits ist denkbar, dass die Rechnung versehentlich im Kuvert verblieben und im Weiteren vom Sozialgericht Regensburg entsorgt worden ist.
Nachdem hier der Beschwerdeführer am 05.05.2009 eine Rechnung hat erstellen lassen, liegt ein Fall der Wiedereinsetzung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG nicht vor. Das Risiko einer versehentlichen bzw. ausnahmsweise nicht mitgesandten Rechnung bzw. möglicherweise vom Sozialgericht Regensburg bei Eingang übersehenen und vernichteten Rechnung fällt nicht in den Regelungsbereich von § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG, sodass auch unter Berücksichtigung der Erklärung der Chefsekretärin M. P. vom 07.12.2009 und der eidesstattlichen Versicherung des Beschwerdeführers vom 08.02.2010 dem Begehren des Beschwerdeführers nicht Rechnung getragen werden kann.
Im Übrigen weist der 15. Senat des BayLSG als Kostensenat daraufhin, dass es sich entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht um den ersten vergleichbaren Fall handelt. Das BayLSG hat bereits mit Beschluss vom 25.03.2009 - L 15 SF 44/09 B - die Beschwerde des dortigen Beschwerdeführers am Klinikum A-Stadt gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 30.12.2008 - S 15 R 3068/06 - bei nahezu identischem Sachverhalt aus den nämlichen Gründen zurückgewiesen.
Zu Denken müsste es geben, wenn in beiden Fällen Original-Rechnungen des Klinikums A-Stadt an dem selben Gericht verlustig gegangen wären. Hier handelt es sich jedoch um einen Vorgang, der das Sozialgericht München betroffen hat, und um einen weiteren Vorgang betreffend das Sozialgericht Regensburg.
Hierüber hat das BayLSG gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt. Eine Übertragung auf den Senat gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG ist nicht geboten gewesen, zumal das BayLSG in Senatsbesetzung mit Beschluss vom 25.03.2009 - L 15 SF 44/09 B - in dem nämlichen Sinn entschieden hat.
Die Entscheidung ist gemäß § 177 SGG endgültig. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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