Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 2871/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1212/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.02.2006 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2002 wird insoweit aufgehoben, als dort die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 über die Anerkennung des linksseitigen Tinnitus als Unfallfolge festgestellt wurde.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu einem Siebtel zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Anerkennung eines Tinnitus als Unfallfolge, das Vorliegen weiterer Unfallfolgen sowie die Gewährung von Verletztenrente streitig.
Der am 1958 geborene, als kaufmännischer Angestellter bei der C. M. GmbH und Co. KG tätig gewesene Kläger erlitt am 01.12.1997 gegen 7:30 Uhr auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle einen Verkehrsunfall, bei dem ihm an einer innerörtlichen roten Fußgängerampel ein anderer PKW auf sein stehendes Fahrzeug auffuhr. Der Kläger begab sich zunächst zu seinem Arbeitsplatz, suchte wegen zunehmender Schmerzen im Nacken beidseits dann jedoch gegen 12:15 Uhr den Allgemeinarzt Dr. B. auf, der eine Vorstellung bei dem Durchgangsarzt Dr. F. , Kreiskrankenhaus A. , veranlasste. Anlässlich der von diesem durchgeführten Untersuchung gab der Kläger ausweislich des Durchgangsarztberichts zunehmende Kopfschmerzen seit dem Unfallereignis an. Dr. F. erhob einen leichten Druckschmerz der Nackenmuskulatur ohne Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule (HWS) und ohne Sensibilitäts- oder motorische Ausfälle an den Extremitäten. Die durchgeführte Röntgenuntersuchung der HWS ergab keine Knochenverletzung und keine Luxation bei Steilstellung der HWS sowie unfallunabhängig diskrete degenerative Veränderungen. Dr. F. diagnostizierte eine HWS-Distorsion und ging von einer voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit von zwei bis fünf Tagen aus.
Im Hinblick auf die beim Kläger aufgetretenen linksseitigen Ohrgeräusche, die seinen Angaben zufolge am Unfalltag begonnen hätten, am Folgetag verschwunden und nach ca. vier bis fünf Tagen wieder aufgetreten seien, wurde der Kläger zunächst vom 26.12.1997 bis 05.01.1998 stationär in der HNO-Klinik im Universitätsklinikum T. behandelt. Diese Behandlung sowie sich anschließende weitere Therapieversuche (zunächst u.a. Infusionsbehandlung, Druckkammertherapie, Krankengymnastik sowie später u.a. Akkupunktur, osteopathische Behandlung) brachten keine durchgreifende Besserung. Die seinerzeit zuständig gewesene Württembergische Bau-Berufsgenossenschaft, Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet), holte Auskünfte der behandelnden Ärzte ein, die den Tinnitus - soweit sie sich zu dessen Ursache äußerten - auf die HWS-Distorsion zurückführten. Auch die von der Beklagten hinzugezogenen HNO-Ärzte Prof. Dr. M. und Dr. C. , HNO-Klinik im Klinikum der Stadt L. , gingen in ihrer Stellungnahme nach Aktenlage davon aus, dass der Tinnitus "links stärker als rechts" mit Wahrscheinlichkeit Folge der HWS-Distorsion sei.
Mit Schreiben vom 14.08.1998 führte die Beklagte dem Kläger gegenüber dann aus, dass sie den bei ihm vorliegenden Tinnitus als Folge des Arbeitsunfalls vom 01.12.1997 anerkenne.
Nach Beiziehung weiterer medizinischer Unterlagen sowie Fotos des beschädigten PKW des Klägers und Einholung zusätzlicher Auskünfte bei den behandelnden Ärzten des Klägers veranlasste die Beklagte das Gutachten des Prof. Dr. M. und des Dr. C. auf Grund Untersuchung des Klägers vom 23.03.1999. Die Gutachter hielten auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich das Auffahrereignis fotografisch nur als leichter Heckschaden darstelle, an ihrer zuvor vertretenen Auffassung fest, dass das vom Kläger geklagte Ohrgeräusch mit Wahrscheinlichkeit Folge des angeschuldigten Unfalls sei; die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzten sie auf 10 vom Hundert (v.H.). Auf Veranlassung der Beklagten erstattete sodann Dr. R. nach Untersuchung des Klägers unter Mitunterzeichnung durch Prof. Dr. Sch. R. ein neurochirurgisch-neurotraumatologisches und orthopädisch-traumatologisches Zusammenhangsgutachten nach stationärer Untersuchung des Klägers in den Kliniken Sch. vom 28.09. bis 01.10.1999 und unter Berücksichtigung des neuroradiologischen Zusatzgutachtens des Dr. Gut, der kernspintomographisch keine bildgebende Entsprechung für das vom Kläger geklagte Beschwerdebild (Kopfschmerz, Nackenschmerz, Ohrgeräusch und Leistungsminderung) fand. Dr. R. beschrieb auf Grund der durchgeführten Hirnleistungstests neuro-psychologische Störungen von Aufmerksamkeit, Konzentration und Merkfähigkeit, eine starke Belastbarkeitsminderung und unzureichende Leistungen hinsichtlich Strukturierung und planerischem Vermögen, was auf Funktionsstörungen im Bereich des Parietalhirns, auf solche in Verbindung zwischen Hirnstamm und subcorticalen Zentren sowie Hirnrinde, vor allem im parietalen und meso-temporalen Bereich hinweise und immer wieder auch ohne Nachweis neuroanatomischer Läsionen bei Patienten auftrete, die einem sog. Akzelerations- oder Dezelerationstrauma mit Beschleunigung Kopf gegen Rumpf ausgesetzt gewesen seien. Die beim Kläger über Jahre unverändert vorliegende Bandscheibenprotrusion mit osteochondrotischer Komponente in Höhe HWK 5/6 könne nicht zur Erklärung der bestehenden Phänomene (Tinnitus, Schwindelgefühle, Halbseitenkopfschmerz, neuropsychologischen Leistungsbeeinträchtigungen) herangezogen werden. Insgesamt beurteilte er diese als Folgen des Unfalls vom 01.12.1997. Die unfallbedingte MdE schätzte der Gutachter bis mindestens 01.12.2000 auf 70 v.H.
Zur Prüfung der Frage, ob die Aufprallgeschwindigkeit des unfallversursachenden Fahrzeugs bei dem Unfallereignis eine HWS-Distorsion habe verursachen können, zog die Beklagte von dem Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers u.a. das interdisziplinäre Gutachten des Dipl.-Ing. Becke (biomechanische Belastung: kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung rund 11 bis 15 km/h) und der Orthopädin Dr. M. (diese Belastung könne eine HWS-Distorsion verursachen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit innerhalb des ersten Jahres nach dem Unfall ausheile) bei. In der von der Beklagten sodann eingeholten ergänzenden Stellungnahme hielt Dr. R. auch unter Berücksichtigung dieses Gutachtens an seiner zuvor getroffenen Einschätzung fest. Die Gesamt-MdE von 70 v.H. erachtete er für dauerhaft gegeben, wobei er diese aus Teil-MdE-Werten von 30 v.H. für die lokale Schmerzsymptomatik aus der oberen HWS, 40 v.H. für die neuropsychologische Defizitsymptomatik und 10 v.H. für die neurootologische Symptomatik bildete. Die Beklagte veranlasste sodann das neurologisch-psychiatrische Gutachten nach Aktenlage des Dr. M. , der ausführte, dass angesichts der objektiven Befunde, die sämtlich ohne Hinweis auf eine unfallbedingte Läsion seien, lediglich ein zeitlicher Zusammenhang der geklagten Beschwerden mit dem Unfall bestehe, weshalb diese, insbesondere der Tinnitus, nicht mit Wahrscheinlichkeit in einen ursächlichen Zusammenhang gebracht werden könnten. Sämtliche Feststellungen der Vorgutachter beruhten auf Annahmen, die zwar diskussionswürdig seien, jedoch durch objektive Befunde nicht gestützt würden. Ein zufälliges leicht zeitverzögertes Auftreten des Tinnitus erscheine nicht weniger wahrscheinlich als ein direkt unfallbedingtes. Die klinisch vorliegende Symptomatik bestehe überwiegend auf psychiatrischem Gebiet, wobei differentialdiagnostisch eine depressive Episode oder auch eine Somatisierungsstörung zu diskutieren sei. Eine derartige Störung erkläre eher die in den Kliniken Sch. erhobenen testpsychologischen Befunde.
Angesichts dieses Gutachtens erachtete die Beklagte die Durchführung einer neurologisch-psychiatrischen Untersuchung und Begutachtung des Klägers für erforderlich und benannte diesem eine Auswahl an Gutachtern. Unter Hinweis auf das Gutachten des Dr. R. lehnte der Kläger eine entsprechende Begutachtung ab; bei ihm seien keine verfahrensrelevanten psychiatrischen Defizite vorhanden. Es lägen lediglich mittelbare Folgen des Schleudertraumas und des Tinnitus vor, die in dem ausführlichen Gutachten der Kliniken Sch. abgeklärt worden seien.
Mit Bescheid vom 20.12.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 01.12.1997 ab. Im Rahmen der Begründung führte sie als Unfallfolgen "verheilte HWS-Distorsion" und als "Nichtunfallfolgen Tinnitus, hirnorganisches Psychosyndrom mit ausgeprägter Störung aller kognitiven Bereiche, insbesondere von Aufmerksamkeitsleistungen" auf. Im Widerspruchsverfahren bekräftigte die Beklagte ihre Auffassung, wonach eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung des Klägers erforderlich sei und wies diesen auf seine Mitwirkungspflicht hin. Der Kläger sah weiterhin keinen psychiatrischen Aufklärungsbedarf und stellte sich zu einer ambulanten Untersuchung erneut nicht zur Verfügung. Die Beklagte holte sodann das Gutachten des (damals) PD (jetzt Prof.) Dr. St. , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen, nach Aktenlage ein. Dieser erachtete das Gutachten der Kliniken Sch. sowie das ergänzende Gutachten des Dr. R. nicht für nachvollziehbar, weil diesen keine Befunde zu entnehmen seien, die eine wesentliche Leistungsminderung auf körperlichem oder psychiatrischem Gebiet aufzeigen könnten. Der darin enthaltene psychiatrische Befund sei im Wesentlichen unauffällig; unter Zugrundelegung der diagnostischen Leitlinien könne mit Sicherheit weder eine mittelschwere noch eine schwere depressive Störung diagnostiziert werden. Das zeitweilige Auftreten von Verschlimmerungszuständen und depressiven Symptomen sei zwar nicht zu widerlegen, allerdings auch nicht krankhaft und bedinge insbesondere keine messbare MdE. Schließlich sei der Kläger nicht in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung und auch den vorliegenden Befundberichten und Gutachten seien keine Hinweise zu entnehmen, die eine wesentliche psychische Reaktionsbildung auf das Unfallereignis oder deren Folgen annehmen lassen könnten. Die neuropsychologische Befundkonstellation lasse am ehesten an Ausgestaltungstendenzen denken. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2002 wurde der Widerspruchsbescheid zurückgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt, die Trennung zwischen Unfallfolgen und unfallfremden Erkrankungen sei zu Recht erfolgt; der angefochtene Bescheid enthalte bezüglich des als unfallfremd festgestellten Tinnitus eine Regelung im Sinne des § 48 Abs. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuchs (SGB X). Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet wären als wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X anzusehen, weil sie nach bisheriger gutachterlicher Argumentation Folge des Tinnitus sein sollen. Der Tinnitus sei allerdings rechtswidrig als Unfallfolge anerkannt, woraus sich ergebe, dass sich die Rechtswirkung der Entscheidung vom 14.08.1998 allein auf die Anerkennung eines Tinnitus als Unfallfolge zu beschränken habe.
Die bereits am 13.11.2000 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Untätigkeitsklage hat der Kläger nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2002 als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage fortgeführt und die Feststellung von Unfallfolgen, u.a. eines Tinnitus links, sowie die Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 70 v.H. geltend gemacht.
Das SG hat den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B., den Orthopäden Dr. B.sowie den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Reimann schriftlich als sachverständige Zeugen angehört und das nach Aktenlage erstattete neurologisch-psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie im Bezirkskrankenhaus G. , unter Berücksichtigung des ebenfalls nach Aktenlage erstatteten hno-ärztlichen Gutachtens des Prof. Dr. J. , Universitäts-HNO-Klinik U. , eingeholt. Der Kläger hatte sich zuvor trotz mehrmaligen Hinweises des SG auf die Notwendigkeit der entsprechenden medizinischen Sachaufklärung mit einer persönlichen Untersuchung durch die Sachverständigen nicht einverstanden erklärt und die Auffassung vertreten, die zu ermittelnden Unfallfolgen seien durch das Gutachten der Kliniken Sch. bereits nachgewiesen. Prof. Dr. J. hat den beim Kläger vorliegenden Tinnitus als Folge der erlittenen HWS-Distorsion beurteilt, während Prof. Dr. Dr. W. den entsprechenden Zusammenhang nicht schlüssig begründet gesehen hat, da zwar die Möglichkeit zwischen einer HWS-Distorsion und dem Auftreten eines Tinnitus erörtert worden sei, eine schlüssige Beweisführung des Schädigungsmechanismus im konkreten Fall jedoch nicht erkennbar sei. Der Sachverständige hat darüber hinaus einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und der neuropsychologischen Defizitsymptomatik verneint, weil bei fehlendem Nachweis einer unfallbedingten Hirnschädigung auch kein unfallbedingtes neuropsychologisches Defizit vorliegen könne. Ein grundlegender Fehler in der Begutachtung des Dr. R. liege darin, dass "ex post" auf Grund von irgendwelchen Defiziten auf eine Ursache geschlossen werde. In ihren auf Veranlassung des SG eingeholten ergänzenden Stellungnahmen haben sowohl Prof. Dr. Dr. W. als auch Prof. Dr. J. an ihrer zuvor vertretenen Auffassung festgehalten. Mit Urteil vom 16.02.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im Hinblick auf die Feststellung eines Tinnitus links als Unfallfolge sei die Klage unzulässig, da der vorliegende Tinnitus mit Bescheid vom 14.08.1998 bereits als Folge des Arbeitsunfalls vom 01.12.1997 anerkannt worden sei. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, da über die bereits anerkannten Unfallfolgen hinaus keine weiteren Unfallfolgen festzustellen seien. Weder der Tinnitus links noch die auf psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den angeschuldigten Unfall zurückzuführen.
Dagegen hat der Kläger am 09.03.2006 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und gestützt auf die Gutachten des Prof. Dr. J. und des Dr. R. geltend gemacht, sowohl der Tinnitus als auch die daraus resultierenden Folgeerscheinungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet seien unfallbedingt. Er hat das hno-fachärztliche Gutachten des PD. Dr. M.-H. auf Grund Untersuchungen vom 25.09. und 02.10.2007 nebst ergänzenden Stellungahmen vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.02.2006 und den Bescheid vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2002, soweit dort die Rechtswidrigkeit des Bescheides von 14.08.1998 in Bezug auf die Anerkennung des linksseitigen Tinnitus festgestellt wurde, aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2002 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 70 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat die beratungsärztliche Stellungnahme des HNO-Arztes Dr. N. nebst ergänzenden Stellungnahmen vorgelegt.
Der Senat hat die ergänzende Stellungahme des Prof. Dr. Dr. W. eingeholt, der an seiner zuvor getroffenen Einschätzung festgehalten hat.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch überwiegend unbegründet.
Das SG hat die Klage im Hinblick auf die vom Kläger in erster Linie begehrte Verletztenrente zu Recht abgewiesen. Denn dem Kläger steht wegen der Folgen seines Wegeunfalls vom 01.12.1997 weder Verletztenrente nach der von ihm begehrten MdE um 70 v.H. zu noch nach einer geringeren MdE. Abgesehen von dem dekompensierten linksseitigen Tinnitus liegen beim Kläger keine Unfallfolgen mehr vor. Insoweit ist der Bescheid der Beklagten vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2002 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die vom Kläger insoweit erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist somit unbegründet.
Begründet ist die Berufung dagegen, soweit der Kläger die von der Beklagten getroffene Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 angreift. Denn der Senat ist nicht davon überzeugt, dass dieser Bescheid hinsichtlich des linksseitigen Tinnitus rechtswidrig ist. Die vom Kläger insoweit erhobene (reine) Anfechtungsklage ist begründet. Im Übrigen - hinsichtlich des rechtsseitigen Tinnitus - hat der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 nicht angegriffen, weil nach seinem Vortrag gegenüber dem SG der ursprünglich zunächst Anfang 1998 auch rechtsseitig aufgetretene Tinnitus nicht überdauerte, sondern ein solches Ohrgeräusch durch ein Lärmtrauma an Silvester 1998/99 und damit unfallunabhängig entstand. Über die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 hinsichtlich eines rechtsseitigen Tinnitus hat der Senat deshalb auch nicht zu befinden.
Keiner (formellen) Entscheidung des Senats bedarf es zur Frage des Vorliegens weiterer Unfallfolgen. Denn der Kläger hat die diesbezügliche Feststellungsklage auf Grund der Hinweise in der mündlichen Verhandlung zur bereits bestandskräftig erfolgten Anerkennung des Tinnitus durch die Beklagte, zur Problematik einer sachgerechten, inhaltlich bestimmten Bezeichnung der geltend gemachten weiteren Unfallfolgen sowie dem Umstand, dass der geltend gemachte Anspruch auf Verletztenrente ohnehin nicht von einer formellen Anerkennung oder Feststellung von Unfallfolgen abhängt, nicht weiter verfolgt.
Mit dem Bescheid vom 14.08.1998 anerkannte die Beklagte den beim Kläger vorliegenden Tinnitus als Folge des Arbeitsunfalles vom 01.12.1997. Diese Anerkennung bezog sich ausweislich des dem Bescheid beigefügten Gutachtens nach Aktenlage des Prof. Dr. M. auf die dort als Gegenstand der Erörterung u.a. ausgewiesenen Ohrgeräusche links stärker als rechts. Damit anerkannte die Beklagte die damals vorhandenen Ohrgeräusche, also beidseits, als Unfallfolge. Dies ist zwischen den Beteiligten, wie sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gezeigt hat, unstreitig. An diese Anerkennung sieht sich die Beklagte hinsichtlich weiterer gesundheitlicher Folgen des Tinnitus und deren Entschädigung nicht mehr gebunden.
Die Beklagte beruft sich in Bezug auf den linksseitigen Tinnitus - wie dargelegt ist nur insoweit die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides von 14.08.1998 angefochten - zu Unrecht auf § 48 Abs. 3 SGB X. Diese Regelung sieht für den Fall, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht (mehr) zurückgenommen werden kann und eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eingetreten ist, ein "Aussparen" der an sich auf Grund der wesentlichen Änderung (s. § 48 Abs. 1 SGB X) zugunsten des Betroffenen zu gewährenden Erhöhung vor, ohne dass hierfür eine Frist vorgesehen ist.
§ 48 SGB X setzt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des früheren Verwaltungsaktes durch den Leistungsträger voraus (BSG, Urteil vom 22.06.1988, 9/9a RV 46/86 in SozR 3642 § 9 Nr. 3; Urteil vom 16.12.2004, B 9 VS 1/04 R in SozR 4-3200 § 81 Nr. 2). Eine derartige Feststellung nahm die Beklagte hier auch vor. Entgegen der von ihr im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung findet sich diese Feststellung zwar nicht im Widerspruchsbescheid. Denn die Beklagte führte im Widerspruchsbescheid im Hinblick auf die festgestellte "Nichtunfallfolge" Tinnitus aus, der angefochtene Bescheid - also der Bescheid vom 20.12.2001 - enthalte bezüglich des als unfallfremd festgestellten Tinnitus eine Regelung i.S. des § 48 Abs. 3 SGB X und zwar bezogen auf den rechtswidrig begünstigenden Bescheid vom 14.08.1998 über die Anerkennung des Tinnitus als Unfallfolge. Auch wenn dies aus Sicht des Senats nicht zutrifft - der Bescheid vom 20.12.2001 stellte lediglich unter Missachtung der Bestandskraft des Bescheides vom 14.08.1998 fest, dass der Tinnitus "Nichtunfallfolge" sei -, ergibt sich im Hinblick auf den Gegenstand des Rechtsstreits und damit einer Gesamtschau des Bescheides vom 20.12.2001 und des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2002 eine derartige Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998. Denn gemäß § 95 SGG ist Gegenstand der Anfechtungsklage der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides. Hier erhielt der Bescheid vom 20.12.2001 somit - was die Gesundheitsstörung Tinnitus anbelangt - durch den Widerspruchsbescheid seine Gestalt, nämlich - mit gerade noch ausreichender Deutlichkeit - in Form einer Feststellung i.S. des § 48 Abs. 3 SGB X.
Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass diese Regelung nicht nur dann Anwendung findet, wenn sich der zur Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bescheides führende Fehler auf die Höhe einer Geldleistung auswirkt, sondern auch dann, wenn er die Grundlage der Leistungsbewilligung betrifft (BSG, Urteil vom 20.03.2007, B 2 U 38/05 R in SozR 4-1300 § 48 Nr. 10). § 48 Abs. 3 SGB X lässt somit die Feststellung der Rechtwidrigkeit der Anerkennung des Tinnitus als Unfallfolge zu mit der Folge, dass Verschlimmerungen dieses Leidens keinen Rentenanspruch begründen oder erhöhen würden (vgl. BSG, a.a.O.) und somit auch weitere Gesundheitsstörungen, die durch den Tinnitus hervorgerufen werden, nicht als Unfallfolgen anerkannt werden könnten. Allerdings irrt die Beklagte, wenn sie - so im Widerspruchsbescheid - meint, im Falle des Klägers mit einer Aussparung i.S. § 48 Abs. 3 SGB X weitere Folgen des Tinnitus nicht anerkennen bzw. entschädigen zu müssen. Denn eine Aussparung i.S. § 48 Abs. 3 SGB X wirkt wegen ihrer konstitutiven Wirkung (in Form eines rechtsgestaltenden Eingriffs in die Bestandskraft des für rechtswidrig erklärten Bescheides) nur für die Zukunft (BSG, Urteil vom 22.06.1988, 9/9a RV 46/86 a.a.O.; Urteil vom 04.02.1998, B 9 V 24/96 R in SozR 3-1300 § 45 Nr. 39). Die hier als Folge des Tinnitus in Rede stehenden Gesundheitsstörungen - sofern von ihrem Nachweis auszugehen sein sollte - bestanden aber bereits vor Erlass der hier streitigen Bescheide; eine Verschlimmerung, insbesondere das Entstehen von Störungen im Gefolge des Tinnitus nach Erlass der streitigen Bescheide ist nicht erkennbar. Anderes behauptet auch die Beklagte nicht. Damit würde die von der Beklagten getroffene Feststellung der Rechtwidrigkeit der Anerkennung des Tinnitus als Unfallfolge weder die Annahme hindern, weitere Gesundheitsstörungen seien Folge des Tinnitus (und damit des Unfalles), noch die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztenrente wegen solcher Störungen.
Gleichwohl ist der Kläger durch die Entscheidung der Beklagten nach § 48 Abs. 3 SGB X beschwert. Denn wie dargelegt, wird durch die von § 48 Abs. 3 SGB X geforderte (BSG, Urteil vom 22.06.1988) Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 in die Bestandskraft dieses Bescheides eingegriffen (BSG, a.a.O.). Damit wird eine dem Kläger günstige Rechtsposition - nämlich die Feststellung des Tinnitus als Folge eines Arbeitsunfalles - teilweise entzogen. Die hiergegen - wie dargelegt also in Bezug auf den linksseitigen Tinnitus - gerichtete Anfechtungsklage ist auch begründet. Denn der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass die Anerkennung des linksseitigen Tinnitus als Unfallfolge im Bescheid vom 14.08.1998 rechtswidrig ist.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Hierzu gehört nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforder¬lich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Hier erlitt der Kläger am 01.12.1997 einen Arbeitsunfall in Form eines Wegeunfalles mit einer HWS-Distorsion als gesundheitlicher Schädigung. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
Die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 wäre somit in Bezug auf den linksseitigen Tinnitus - nur hierauf beziehen sich sämtliche nachfolgenden Ausführungen - nur zu bejahen, wenn der von der Beklagten angenommene ursächliche Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Tinnitus, entweder schon nach den damals bekannten Umständen oder auf Grund später bekannt gewordener Umstände, nicht hinreichend wahrscheinlich ist (BSG, Urteil vom 20.03.2007, B 2 U 27/06 R in SozR 4-1300 § 45 Nr. 5). Für diese Tatsache trägt - wie bei der Rücknahme eines Verwaltungsaktes wegen Rechtswidrigkeit nach § 45 SGB X - der Leistungsträger im Rahmen des § 48 Abs. 3 SGB X die so genannte objektive Beweislast (BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67). Für die Bejahung der Rechtswidrigkeit der Anerkennung des Tinnitus als Folge des Unfalles ist also maßgebend, ob die für einen Kausalzusammenhang sprechenden Umstände den Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit nicht erreichen (BSG, a.a.O.). Hiervon vermag der Senat nicht auszugehen.
Dass ein Tinnitus durch Veränderungen im oberen Bereich der HWS und damit auch eine HWS-Distorsion hervorgerufen werden kann, derartige Zustände also generell geeignet sind, einen Tinnitus hervorzurufen, wird von allen mit der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs betrauten und hierzu Stellung nehmenden Gutachtern anerkannt, auch von den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. J. und Prof. Dr. Dr. W. sowie den von der Beklagten herangezogenen Ärzten, Prof. Dr. M. , Dr. R. , Dr. M. und zuletzt Dr. N ... Auch die Beklagte stellt dies nicht in Abrede.
Soweit die Beklagte in Gefolge der Stellungnahmen von Dr. N. einen ursächlichen Zusam¬menhang deshalb verneint, weil keine objektiven Befunde über eine Schädigung des Innenohres vorliegen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Dr. N. - so ausdrücklich in der Stellungnahme vom 16.11.2007 - gleichwohl einen ursächlichen Zusammenhang für möglich hält. Im Grunde bemängelt die Beklagte damit - wie Prof. Dr. Dr. W. in seinem Gutachten für das Sozialge- richt -, dass im Fall des Klägers kein konkretes, exaktes Erklärungsmodell für einen "HWS-bedingten" Tinnitus dargestellt wird. Dies belegt indessen noch nicht, dass der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich ist.
Vielmehr liegen gewichtige Umstände vor, die für die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 sprechen: Beim Kläger trat der Tinnitus in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall auf. Er erlitt bei dem Auffahrunfall - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - eine HWS-Distorsion mit typischer Beschwerdesymptomatik. Diesbezüglich hat der Hausarzt Dr. B. in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht dargelegt, dass sich ein Hartspann des HWS-Schultergürtelbereichs mit endgradiger schmerzhafter Überstreckung des Kopfes und Schmerzzuständen fand. Eben weil derartige Störungen im HWS-Bereich - wie bereits dargelegt und wie zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten ist - einen Tinnitus hervorrufen können, ist auch ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zwischen Unfallgeschehen und Tinnitus zu bejahen. Ein somit anzunehmender enger zeitlicher-räumlicher Zusammenhang aber ist ein wesentlicher Aspekt, der für einen ursächlichen Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn spricht. Hinzu kommt, dass der - linksseitige - Tinnitus beim Kläger nicht auf eine (schädigungsunabhängige) Hörstörung insbesondere auf eine Schwerhörigkeit zurückzuführen ist. Denn eine derartige Hörstörung liegt beim Kläger nicht vor. Auch die Umstände des Auftretens des Ohrgeräusches deuten auf einen ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall hin. Insoweit hat Prof. Dr. J. in seiner ergänzenden Stellungnahme für das Sozialgericht von einem "übertypischen" Geschehensablauf gesprochen. Diese Umstände sprechen somit für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs. Der Senat schließt sich insgesamt der Beurteilung von Prof. Dr. M. in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten und von Prof. Dr. J. in seinem für das Sozialgericht erstatteten Gutachten an.
Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht dagegen - allerdings nur vordergründig - die Tatsache, dass der Kläger schon vor dem Unfall an HWS-Beschwerden litt. Fraglich ist indessen bereits, ob die diesen Beschwerden zu Grunde liegenden degenerativen Veränderungen überhaupt als konkurrierende Ursache des Tinnitus in Betracht kommen. In diesem Zusammenhang hat Prof. Dr. J. in seinem Gutachten für das Sozialgericht ausgeführt, dass die nachgewiesenen degenerativen Veränderungen im unteren Bereich der HWS (insbesondere Protrusionen C 5 / C 6) insoweit, weil für die Verursachung eines zervikalen Tinnitus Schäden im oberen Bereich der HWS, nämlich im Bereich C 0 / C 1, verantwortlich gemacht werden, ohne Bedeutung sind. Soweit Prof. Dr. Dr. W. unter Bezugnahme auf die Dokumentation von Dr. B. ein im Bereich C 3 / C 4 vorbestehendes HWS-Syndrom annimmt, gilt Gleiches. Hinzu kommt, dass vor dem Unfall - trotz der HWS-Beschwerden - gerade kein Tinnitus bestand. Die vorbestehenden HWS-Beschwerden führten somit - nachweislich - zu keinem Tinnitus. Es ist für den Senat kein plausibler Grund ersichtlich, warum diese Beschwerden und die ihnen zu Grunde liegenden degenerativen Veränderungen dann ausgerechnet zeitlich unmittelbar nach dem Unfall und unabhängig von diesem Unfall zu dem Ohrgeräusch führen sollten. Einen derartigen Zusammenhang hat auch keiner der mit der Beurteilung des vorliegenden Falles betrauten Ärzte dargelegt. Folgerichtig geht Prof. Dr. Dr. W. in seiner ersten Stellungnahme für den Senat vom Unfall als Auslöser des Tinnitus aus. Soweit er dann vor dem Hintergrund eines vorbestehenden HWS-Syndroms die Wesentlichkeit des Unfalls pauschal in Frage stellt, führt dies nicht weiter. Maßgebend ist insoweit, ob die unversicherte Ursache - hier also das vorbestehende HWS-Syndrom - von überragender Bedeutung war (BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diesbezüglich fehlt jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkt. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs ohnehin nicht Voraussetzung.
Keine Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass beim Kläger bereits Jahre vor dem Unfall im Zusammenhang mit der Lärmexposition in einer Diskothek Ohrgeräusche auftraten, die danach wieder verschwanden. Dies haben die Gutachter des HNO-ärztlichen Fachgebietes übereinstimmend und zutreffend ausgeführt (vgl. Prof. Dr. M. in seinem für die Beklagten erstatteten Gutachten, Prof. Dr. J. in seinem für das SG erstatteten Gutachten).
Im Ergebnis vermag der Senat somit nicht von einer rechtswidrigen Anerkennung des linksseitigen Tinnitus als Unfallfolge auszugehen. Damit ist der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2002 insoweit rechtswidrig, als er die Rechtswidrigkeit der bestandskräftigen Feststellung des linksseitigen Tinnitus als Unfallfolge im Bescheid vom 14.08.1998 feststellt. Auf das Anfechtungsbegehren des Klägers sind die angefochtenen Bescheide daher insoweit aufzuheben.
Ein Anspruch auf Verletztenrente steht dem Kläger allerdings nicht zu.
Anspruchsgrundlage für dieses Begehren des Klägers ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger wegen Folgen des Wegeunfalls vom 01.12.1997 keinen Anspruch auf Verletztenrente. Die für die Bemessung der MdE als Unfallfolgen zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen bedingen keine MdE in einem rentenberechtigenden Grade, d.h. um wenigstens 20 v. H. Denn für die Bemessung der MdE ist lediglich der beim Kläger aufgetretene, bestandskräftig als Unfallfolge anerkannte linksseitige Tinnitus zu berücksichtigen, der von sämtlichen am Verfahren beteiligten Gutachtern bzw. Sachverständigen auch in seiner dekompensierten Ausprägung, also mit - so ausdrücklich PD. Dr. M.-H. in dem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten - Behinderung der Konzentration und der persönlichen Gestaltungsmöglichkeiten, zusätzlicher depressiver Verstimmung und Schlafstörungen nur mit einer MdE um 10 v. H. bewertet worden ist, wodurch ein Rentenanspruch nicht begründet wird. Weitere Gesundheitsstörungen können dagegen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückgeführt werden, auch nicht als mittelbare Folgen des Tinnitus.
Die unstreitig erlittene HWS-Distorsion als solche, insbesondere in Form von HWS-Beschwerden, ist - wie von der Beklagten im angefochtenen Bescheid festgestellt - folgenlos ausgeheilt. Der Senat schließt sich insoweit der Einschätzung von Dr. M. in ihrem von der Beklagten vom Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers beigezogenen Gutachten an. Auch der Kläger macht insoweit keine überdauernden Störungen geltend.
Als Folge des Unfalls bzw. der HWS-Distorsion oder des als unfallbedingt anerkannten Tinnitus, mithin als mittelbare Unfallfolge, liegen insbesondere auch keine neuropsychologischen Leistungsbeeinträchtigungen vor. Denn derartige Störungen sind bereits nicht nachgewiesen. Dies geht nach dem dargelegten Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.
Zwar hat der von der Beklagten mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragte Dr. R. auf der Grundlage von ihm veranlasster Tests derartige neuropsychologische Leistungsbeeinträchtigungen angenommen. Indessen vermag sich der Senat von deren Vorliegen nicht zu überzeugen. Denn die entsprechende Beurteilung des Dr. R. beruht ausschließlich auf dem Ergebnis der durchgeführten Tests, ohne dass dieses Ergebnis vom Gutachter einer kritischen Überprüfung unterzogen worden wäre. Hierzu hätte indessen schon deshalb Anlass bestanden, weil derartige Tests in erheblichem Maße mitwirkungsabhängig sind. Darüber hinaus wies bereits Prof. Dr. St. auf inkonsistente Ergebnisse der Tests hin. Auffällig sei insbesondere, dass der Kläger bei den Einfachreaktionszeiten deutlich verlangsamt, bei den Reaktionszeiten bei komplexen Anforderungen dagegen im Normbereich gelegen habe und auch von Warnsignalen nicht habe profitieren können. Dies deute - so Prof. Dr. St. - auf Ausgestaltungstendenzen hin. Dem gegenüber enthält das Gutachten von Dr. R. - was die psychische Seite anbelangt - lediglich einen wenig aussagekräftigen, nur fünf Zeilen umfassenden und (so Prof. Dr. St. ) im Wesentlichen unauffälligen "mentalen Befund".
Im Übrigen wäre Dr. R. zu einer weiter gehenden Befunderhebung - worauf Prof. Dr. Dr. W. in seinem Gutachten hingewiesen hat - auch fachlich nicht in der Lage gewesen. Denn Dr. R. ist weder Neurologe noch Psychiater, sondern ausweislich seines Gutachtens Facharzt für Neurochirurgie und Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin. Damit unterfällt die Beurteilung eines neurologisch-psychiatrischen Krankheitsbildes aber nicht seiner fachlichen Kompetenz, weshalb er den Gutachtensauftrag - angefordert war ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten - auch entsprechend abgeändert haben wollte (vgl. sein Schreiben vom 09.08.1999) und auch nur ein solcher Art geändertes Gutachten erstattete. Wenn er dann gleichwohl ein neurologisches Leistungsdefizit feststellt, ist dies wenig überzeugend. Dass Inhalt und Ergebnis des Gutachtens wesentlich durch die Fachkompetenz des mit Dr. R. unterzeichnenden Prof. Dr. Sch. R. geprägt wäre, ergibt sich aus dem Gutachten nicht. Auch der Kläger hat das Gutachten durchweg Dr. R. zugeordnet und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch angegeben, dass er nur von Dr. R. , nicht aber von Prof. Dr. Sch. R. untersucht wurde und die psychologischen Tests bei einem Psychologen ablegte.
Schließlich sieht Dr. R. die von ihm angenommenen Einschränkungen zu Unrecht als Folge eines unfallbedingten Hirnschadens an. Denn es gibt keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine Schädigung des Gehirns erlitt. Vielmehr kam es bei dem Anpralltrauma, bei dem es sich ausweislich des vom Versicherer des Unfallverursachers beigezogenen interdisziplinären Gutachtens bei einer Beschleunigungsdifferenz von 11 bis 15 km/h um ein solches leichter Art handelte, lediglich zu einer HWS-Distorsion (Verstauchung), ohne dass gleichzeitig eine knöcherne Verletzung im Bereich von Schädel, HWS oder BWS objektiviert wurde. Auch Hirnschäden, die entsprechende Beeinträchtigungen nach sich ziehen könnten, wurden beim Kläger nicht objektiviert. Dies ergibt sich insbesondere aus dem neuroradiologischen Zusatzgutachten des Dr. Gut, der im Rahmen der im September 1999 anlässlich der stationären Begutachtung in den Kliniken Sch. durchgeführten Kernspintomographie des Gehirnschädels, des Gehirns, des cranio-zervikalen Übergangs und der oberen Wirbelsäulenabschnitte keine pathologischen Befunde erhob, die auf eine Traumatisierung im Bereich des cranio-zervikalen Übergangs, der HWS oder der oberen und mittleren Brustwirbelsäule direkt oder indirekt hinwiesen und eine Leistungsminderung hätten erklären können. In seiner dem Senat gegenüber abgegebenen weiteren Stellungnahme hat Prof. Dr. Dr. W. insoweit ergänzend dargelegt, dass die seinerzeit erfolgte neuroradiologische Untersuchung, die blutungssensitive Sequenzen umfasste, gerade in Spätphasen nach Hirntraumen wesentliche Bedeutung habe, da sich mit ihr selbst noch sehr kleine Blutungen nachweisen lassen, wie sie im Gefolge einer sog. "diffusen axonalen Schädigung" auftreten. Auch die zuvor unfallnah am 29.12.1997, also rund vier Wochen nach dem Unfallereignis, durchgeführte MRT-Untersuchung des Schädels, die relativ empfindliche Flair-Sequenzen beinhaltete, die - so Prof. Dr. Dr. W. - zumindest relevante Läsionen in den ersten Wochen nach einem Hirntrauma erfahrungsgemäß erkennen lassen, erbrachte keine pathologischen Befunde. Damit ist bereits kein Erstschaden im Sinne der obigen Darlegungen festzustellen. Wenn Dr. R. vor diesem Hintergrund angesichts der im Rahmen seiner Untersuchung erhobenen Leistungseinschränkung im Rahmen seines Gutachtens daher ausführt, dass die Einschränkungen des Klägers auf Funktionsstörungen im Bereich des Parietalhirns, auf solche in Verbindung zwischen Hirnstamm und subcortikalen Zentren sowie im Bereich der Hirnrinde, vor allem im partialen und meso-temporalen Bereich hinwiesen, die immer wieder auch ohne Nachweis neuroanatomischer Läsionen bei Patienten auftreten, die einem sogenannten Akzelerations- oder Dezelerationstrauma mit Beschleunigung Kopf gegen Rumpf ausgesetzt waren, so macht er in erster Linie einen Versuch, die Leistungseinschränkungen des Klägers anatomisch zu erklären. Er zeigt damit aber nur die Möglichkeit auf, dass sich die anhand der Hirnleistungstests beschriebenen Beeinträchtigungen beim Kläger mit dem Vorliegen entsprechender - nicht bildlich darstellbarer - Läsionen erklären lassen könnten. Wenn Dr. R. in unmittelbaren Zusammenhang mit den dargelegten Ausführungen zur Begründung seiner Einschätzung dann weiter ausführt, dass aus umfangreichen Untersuchungen an nach Unfällen Verstorbenen verschiedene Universitätskliniken Ergebnisse publiziert hätten, die nachwiesen, dass es häufig zu langstreckigen Zerreißungen von Nervenketten im Hirnstammbereich, im Mittellinienbereich der Großhirnhemisphären mit sogenannten Mikrobläschen kommen könne, so macht dies deutlich, dass das Auftreten entsprechender Mikroläsionen beim Kläger letztlich auch nur als vage Möglichkeit in Betracht kommt. Denn der Kläger hat im Gegensatz zu den angesprochenen Untersuchungen, die nach Unfällen Verstorbene betrafen, lediglich einem leichteren Auffahrunfall erlitten, bei dem es gerade auch unter Berücksichtigung des klinischen Verlaufs nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand gerade nicht zu einem Hirntrauma gekommen ist. Abgesehen von dem Fehlen eines entsprechenden Nachweises durch die erfolgten bildgebenden Untersuchungen spricht auch der klinische Verlauf nach dem Unfall nicht für ein solches Trauma. So bestand beim Kläger - worauf Prof. Dr. Dr. W. überzeugend hingewiesen hat - nach dem Unfallereignis weder eine längere Bewusstlosigkeit noch liegen Hinwiese darauf vor, dass es bei ihm in den ersten Tagen danach zu einem sog. Durchgangssyndrom kam. Unter Berücksichtigung all dessen hat der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. für den Senat überzeugend darauf hingewiesen, dass Dr. R. - unzulässiger Weise - von einem festgestellten Defizit auf eine Ursache geschlossen hat und anschließend ohne Feststellung eines Erstschadens von einem wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den von ihm beschriebenen neuropsychologischen Leistungseinschränkungen ausgegangen ist.
Im Ergebnis ist der Einschätzung des Dr. R. , auf die der Kläger sein Begehren stützt, daher nicht zu folgen.
Zwar führte Dr. M. in seiner - wie noch darzulegen ist verfahrensrechtlich verwertbaren - beratungsärztlichen Einschätzung aus, dass die von Dr. R. in seinem Gutachten wiedergegebenen testpsychologischen Befunde möglicherweise durch eine psychiatrische Erkrankung des Klägers erklärt werden könnten und ging auch Dr. R. - wie dargelegt allerdings fachfremd - im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme von einer depressiven Entwicklung aus. Jedoch vermag der Senat nicht festzustellen, dass beim Kläger tatsächlich eine derartige psychiatrische Erkrankung vorliegt und ggf. um welche konkrete Erkrankung es sich dabei handelt. Insbesondere ist nicht feststellbar, ob beim Kläger eine gesonderte depressive Störung vorliegt.
Mit Prof. Dr. Dr. W. geht zwar auch der Senat nicht zuletzt auf Grund der sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Hausarztes Dr. B. davon aus, dass es beim Kläger in Gefolge des Tinnitus zu depressiven Zuständen kam, was - so ausdrücklich PD. Dr. M.-H. in dem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten - die Klassifizierung des Tinnitus als dekompensiert rechtfertigt. Insoweit sind depressive Zustände, die auch Prof. Dr. Dr. W. als Folge des Tinnitus annimmt, Teil des Krankheitsbildes Tinnitus. Eine darüber hinausgehende Erkrankung ist dagegen nicht nachgewiesen. Selbst der Kläger ging insoweit - s. sein Schreiben an die Beklagte vom 23.11.2001 - davon aus, dass "keine psychiatrischen Defizite in einer Form, die verfahrensrelevant sind" vorliegen. Damit übereinstimmend schloss Prof. Dr. St. - auch seine Beurteilung unterliegt keinem verfahrensrechtlichen Verwertungsverbot (s. hierzu später) - nach Auswertung des Gutachtens von Dr. R. , insbesondere des dort erhobenen psychischen Befundes, mit Sicherheit eine mittelschwere oder gar schwere depressive Störung aus und er vermochte auch den im Übrigen vorliegenden Befundunterlagen und Gutachten keine Hinweise zu entnehmen, die auf eine wesentliche psychische Reaktionsbildung auf das Unfallereignis oder die Folgen dieses Ereignisses hindeuteten. Soweit der behandelnde Nervenarzt Dr. Reimann (vgl. insbesondere den Befundbericht an Dr. B. vom 12.08.1998) depressive Anteile sah, stimmt dies mit der Qualifizierung des Tinnitus als dekompensiert überein, vermag aber keine gesonderte depressive Erkrankung zu belegen. Dem entsprechend stellte Dr. Reimann im erwähnten Befundbericht auch nicht die Diagnose einer Depression, sondern einer ausgeprägten Belastungsreaktion, was wiederum die Dekompensation des Tinnitus belegt. Im Übrigen wäre für die Anerkennung einer psychischen Störung als Unfallfolge eine exakte Diagnose der Krankheit nach einem der international anerkannten Diagnosesysteme erforderlich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Schon hieran fehlt es, nachdem der Kläger nicht bereit gewesen ist, im Rahmen der Sachaufklärung insbesondere zeitnah an entsprechenden fachärztlichen Untersuchungen teilzunehmen. Im Hinblick auf die angesprochene beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. M. sah es die Beklagte bereits vor Erlass des Bescheides vom 20.12.2001 für erforderlich an, eine entsprechende Untersuchung zu veranlassen. Zu einer solchen Untersuchung war der Kläger jedoch trotz mehrmaliger Aufforderungen, u.a. auch nach Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht, nicht bereit; er vertrat vielmehr - wie bereits erwähnt - die Auffassung, nicht an einer psychiatrischen Erkrankung zu leiden. Auch im Klageverfahren hat der Kläger eine entsprechende Untersuchung durch den vom SG herangezogenen Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. abgelehnt, weshalb dieser auch lediglich mit einer Begutachtung nach Aktenlage hat beauftragt werden können. Prof. Dr. Dr. W. hat in seiner Beurteilung allerdings keine genauere Analyse geben können, sondern ist ebenfalls nur von einer nicht näher spezifizierten depressiven Symptomatik ausgegangen. Diese Unklarheiten gehen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.
Die von Dr. M. auf Veranlassung der Beklagten abgegebene Beurteilung unterliegt keinem verfahrensrechtlichen Verwertungsverbot. Zwar stimmte der Kläger der Übersendung seiner Akten an Dr. M. nicht zu. Indessen war dies für eine Aktenübersendung auch nicht erforderlich. Insoweit finden die datenschutzrechtlichen Regelungen des § 200 Abs. 2 SGB VII i.V.m. § 76 Abs. 2 SGB X keine Anwendung. Denn Dr. M. wurde von der Beklagten, wie sich aus den entsprechenden Vorgängen der Verwaltungsakten ergibt (vgl. Bl. 474, 621, 627 und insbesondere Bl. 628: "Vorlage an den Beratungsfacharzt, Herrn Dr. med. M. ") als beratender Arzt befasst. In dieser Eigenschaft ist Dr. M. als Teil der Beklagten anzusehen, sodass die Übersendung der Akten an ihn keine Datenübermittlung darstellt (BSG, Urteil vom 05.02.2008, B 2 U 8/07 R in SozR 4-2700 § 200 Nr. 1).
Für das von der Beklagten bei Prof. Dr. St. eingeholte Gutachten gilt im Ergebnis nichts anderes. Zwar geht der Senat nicht davon aus, dass Prof. Dr. St. ebenfalls beratender Arzt der Beklagten ist. Die Übersendung der Verwaltungsakten an diesen Gutachter ist jedoch nicht zu beanstanden. Denn gemäß § 200 Abs. 2 zweiter Halbsatz SGB VII i.V.m. § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X ist - eine sonst für eine Datenübermittlung regelmäßig erforderliche - Einwilligung im Zusammenhang mit der Einholung von Gutachten nicht notwendig (vgl. BSG, a.a.O.). Maßgebend ist vielmehr, ob der Betroffene der Datenübermittlung widerspricht, wobei er auf dieses Widerspruchsrecht hinzuweisen ist (§76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X). Hier wurde der Kläger von der Beklagten mit den Schreiben vom 14.11.2001 und 28.03.2001 darüber informiert, dass beabsichtigt war, ein Gutachten einzuholen und er wurde in beiden Schreiben über sein Widerspruchsrecht informiert. Von diesem Widerspruchsrecht machte er keinen Gebrauch, auch nicht, als er telefonisch (vgl. den Gesprächsvermerk vom 24.05.2002) darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein Gutachten nach Aktenlage in Auftrag gegeben worden war. Er widersprach der Verwertung des Gutachtens erstmals nach dessen Erstattung und der Begründung, er habe sein Einverständnis zur Aktenübersendung nicht erteilt. Ein solches Einverständnis war indessen - wie dargelegt - nicht erforderlich.
Auch der vom Kläger geltend gemachte gelegentliche Schwindel ist keine Unfallfolge. Zum einen sind Schwindelerscheinungen, wie sie der Kläger dargestellt hat (in Form von Unsicherheit mit gelegentlichem Fehltritt nach links), nicht objektiviert. Gerade Prof. Dr. M. untersuchte den Kläger diesbezüglich im März 1999, konnte aber keine auffälligen Befunde erheben oder derartige Erscheinungen bestätigen und sah diese Erscheinungen folgerichtig als nicht objektivierbar an. An dieser Situation hat sich nichts geändert. Weitere, von der Beklagten und vom Sozialgericht für erforderlich gehaltenen Untersuchungen hat der Kläger abgelehnt. PD. Dr. M.-H. , bei dem sich der Kläger im September und Oktober 1997 hat untersuchen lassen, hat diesbezüglich ebenfalls keine Befunde erhoben. Im Übrigen könnten derartige Schwindelanfälle auch nicht auf den Unfall zurückgeführt werden. Denn abgesehen davon, dass der Kläger bei dem angeschuldigten Unfall - wie bereits dargelegt - kein Hirntrauma erlitt, das für den von ihm geklagten Schwindel verantwortlich gemacht werden könnte, ergibt sich auch aus den von Dr. B. seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge beigefügten Behandlungsunterlagen, dass der Kläger bereits vor dem in Rede stehenden Unfall - im Zusammenhang mit dem HWS-Syndrom - an einem Schwindel litt. Dann aber ist ein ursächlicher Zusammenhang des Schwindels mit dem Unfall nicht hinreichend wahrscheinlich.
Soweit der Kläger Kopfschmerzen als Unfallfolge geltend macht, gilt im Wesentlichen das Gleiche. Auch derartige, die unmittelbare Beschwerdesituation nach dem Unfall (HWS-Distorsion) überdauernde Kopfschmerzen sind bereits nicht objektiviert. Soweit Dr. R. sie als Unfallfolge ansah, beruht seine Annahme von deren Existenz allein auf den - auch insoweit vom Gutachter nicht verifizierten - anamnestischen Angaben des Klägers bei der Untersuchung im September/Oktober 1999. Demgegenüber finden sich solche Angaben weder in der vom Kläger verfassten Darstellung seines aktuellen Beschwerdezustandes gegenüber Prof. Dr. M. vom März 1999 noch in jener entsprechenden Darstellung, die er dem SG im April 2003 vorgelegt hat. Hinzu kommt, dass ein ursächlicher Zusammenhang eventuell bestehender Kopfschmerzen mit dem Unfallereignis nicht als wahrscheinlich anzusehen ist. Die Kausalitätserwägungen von Dr. R. sind aus den bereits dargelegten Gründen nicht überzeugend, weitere, einen ursächlichen Zusammenhang substanziiert darstellende ärztliche Äußerungen liegen nicht vor.
Im Ergebnis vermag der Senat somit als Unfallfolge lediglich einen linksseitigen Tinnitus anzunehmen, der im Hinblick auf die vom Kläger angegebenen Begleiterscheinungen (s. zuletzt PD. Dr. M.-H.: Behinderung der Konzentration und der persönlichen Gestaltungsmöglichkeiten, depressive Verstimmung, Schlafstörungen) als dekompensiert anzusehen ist, jedoch keine MdE von mindestens 20 v.H. verursacht. Selbst nach dem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten des PD Dr. M.-H. ist für den Tinnitus in seiner dekompensierten Form lediglich eine MdE um 10 v.H. anzunehmen. Dies stimmt mit der Beurteilung von Prof. Dr. M. in seinem von der Beklagten eingeholten und nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstatteten Gutachten überein. Auch Prof. Dr. J. hat dies insoweit in seinem nach Aktenlage erstatteten Gutachten bestätigt. Soweit er im Hinblick auf mögliche schwer wiegende psychische Störungen eine höhere Bewertung für möglich hält, trifft dies zwar zu, erfordert aber die Feststellung derartiger schwer wiegender psychischer Störungen. Wie dargelegt fehlt es hieran.
Nach alledem kann die Berufung des Klägers nur in geringem Umfang Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu einem Siebtel zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Anerkennung eines Tinnitus als Unfallfolge, das Vorliegen weiterer Unfallfolgen sowie die Gewährung von Verletztenrente streitig.
Der am 1958 geborene, als kaufmännischer Angestellter bei der C. M. GmbH und Co. KG tätig gewesene Kläger erlitt am 01.12.1997 gegen 7:30 Uhr auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle einen Verkehrsunfall, bei dem ihm an einer innerörtlichen roten Fußgängerampel ein anderer PKW auf sein stehendes Fahrzeug auffuhr. Der Kläger begab sich zunächst zu seinem Arbeitsplatz, suchte wegen zunehmender Schmerzen im Nacken beidseits dann jedoch gegen 12:15 Uhr den Allgemeinarzt Dr. B. auf, der eine Vorstellung bei dem Durchgangsarzt Dr. F. , Kreiskrankenhaus A. , veranlasste. Anlässlich der von diesem durchgeführten Untersuchung gab der Kläger ausweislich des Durchgangsarztberichts zunehmende Kopfschmerzen seit dem Unfallereignis an. Dr. F. erhob einen leichten Druckschmerz der Nackenmuskulatur ohne Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule (HWS) und ohne Sensibilitäts- oder motorische Ausfälle an den Extremitäten. Die durchgeführte Röntgenuntersuchung der HWS ergab keine Knochenverletzung und keine Luxation bei Steilstellung der HWS sowie unfallunabhängig diskrete degenerative Veränderungen. Dr. F. diagnostizierte eine HWS-Distorsion und ging von einer voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit von zwei bis fünf Tagen aus.
Im Hinblick auf die beim Kläger aufgetretenen linksseitigen Ohrgeräusche, die seinen Angaben zufolge am Unfalltag begonnen hätten, am Folgetag verschwunden und nach ca. vier bis fünf Tagen wieder aufgetreten seien, wurde der Kläger zunächst vom 26.12.1997 bis 05.01.1998 stationär in der HNO-Klinik im Universitätsklinikum T. behandelt. Diese Behandlung sowie sich anschließende weitere Therapieversuche (zunächst u.a. Infusionsbehandlung, Druckkammertherapie, Krankengymnastik sowie später u.a. Akkupunktur, osteopathische Behandlung) brachten keine durchgreifende Besserung. Die seinerzeit zuständig gewesene Württembergische Bau-Berufsgenossenschaft, Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet), holte Auskünfte der behandelnden Ärzte ein, die den Tinnitus - soweit sie sich zu dessen Ursache äußerten - auf die HWS-Distorsion zurückführten. Auch die von der Beklagten hinzugezogenen HNO-Ärzte Prof. Dr. M. und Dr. C. , HNO-Klinik im Klinikum der Stadt L. , gingen in ihrer Stellungnahme nach Aktenlage davon aus, dass der Tinnitus "links stärker als rechts" mit Wahrscheinlichkeit Folge der HWS-Distorsion sei.
Mit Schreiben vom 14.08.1998 führte die Beklagte dem Kläger gegenüber dann aus, dass sie den bei ihm vorliegenden Tinnitus als Folge des Arbeitsunfalls vom 01.12.1997 anerkenne.
Nach Beiziehung weiterer medizinischer Unterlagen sowie Fotos des beschädigten PKW des Klägers und Einholung zusätzlicher Auskünfte bei den behandelnden Ärzten des Klägers veranlasste die Beklagte das Gutachten des Prof. Dr. M. und des Dr. C. auf Grund Untersuchung des Klägers vom 23.03.1999. Die Gutachter hielten auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich das Auffahrereignis fotografisch nur als leichter Heckschaden darstelle, an ihrer zuvor vertretenen Auffassung fest, dass das vom Kläger geklagte Ohrgeräusch mit Wahrscheinlichkeit Folge des angeschuldigten Unfalls sei; die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzten sie auf 10 vom Hundert (v.H.). Auf Veranlassung der Beklagten erstattete sodann Dr. R. nach Untersuchung des Klägers unter Mitunterzeichnung durch Prof. Dr. Sch. R. ein neurochirurgisch-neurotraumatologisches und orthopädisch-traumatologisches Zusammenhangsgutachten nach stationärer Untersuchung des Klägers in den Kliniken Sch. vom 28.09. bis 01.10.1999 und unter Berücksichtigung des neuroradiologischen Zusatzgutachtens des Dr. Gut, der kernspintomographisch keine bildgebende Entsprechung für das vom Kläger geklagte Beschwerdebild (Kopfschmerz, Nackenschmerz, Ohrgeräusch und Leistungsminderung) fand. Dr. R. beschrieb auf Grund der durchgeführten Hirnleistungstests neuro-psychologische Störungen von Aufmerksamkeit, Konzentration und Merkfähigkeit, eine starke Belastbarkeitsminderung und unzureichende Leistungen hinsichtlich Strukturierung und planerischem Vermögen, was auf Funktionsstörungen im Bereich des Parietalhirns, auf solche in Verbindung zwischen Hirnstamm und subcorticalen Zentren sowie Hirnrinde, vor allem im parietalen und meso-temporalen Bereich hinweise und immer wieder auch ohne Nachweis neuroanatomischer Läsionen bei Patienten auftrete, die einem sog. Akzelerations- oder Dezelerationstrauma mit Beschleunigung Kopf gegen Rumpf ausgesetzt gewesen seien. Die beim Kläger über Jahre unverändert vorliegende Bandscheibenprotrusion mit osteochondrotischer Komponente in Höhe HWK 5/6 könne nicht zur Erklärung der bestehenden Phänomene (Tinnitus, Schwindelgefühle, Halbseitenkopfschmerz, neuropsychologischen Leistungsbeeinträchtigungen) herangezogen werden. Insgesamt beurteilte er diese als Folgen des Unfalls vom 01.12.1997. Die unfallbedingte MdE schätzte der Gutachter bis mindestens 01.12.2000 auf 70 v.H.
Zur Prüfung der Frage, ob die Aufprallgeschwindigkeit des unfallversursachenden Fahrzeugs bei dem Unfallereignis eine HWS-Distorsion habe verursachen können, zog die Beklagte von dem Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers u.a. das interdisziplinäre Gutachten des Dipl.-Ing. Becke (biomechanische Belastung: kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung rund 11 bis 15 km/h) und der Orthopädin Dr. M. (diese Belastung könne eine HWS-Distorsion verursachen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit innerhalb des ersten Jahres nach dem Unfall ausheile) bei. In der von der Beklagten sodann eingeholten ergänzenden Stellungnahme hielt Dr. R. auch unter Berücksichtigung dieses Gutachtens an seiner zuvor getroffenen Einschätzung fest. Die Gesamt-MdE von 70 v.H. erachtete er für dauerhaft gegeben, wobei er diese aus Teil-MdE-Werten von 30 v.H. für die lokale Schmerzsymptomatik aus der oberen HWS, 40 v.H. für die neuropsychologische Defizitsymptomatik und 10 v.H. für die neurootologische Symptomatik bildete. Die Beklagte veranlasste sodann das neurologisch-psychiatrische Gutachten nach Aktenlage des Dr. M. , der ausführte, dass angesichts der objektiven Befunde, die sämtlich ohne Hinweis auf eine unfallbedingte Läsion seien, lediglich ein zeitlicher Zusammenhang der geklagten Beschwerden mit dem Unfall bestehe, weshalb diese, insbesondere der Tinnitus, nicht mit Wahrscheinlichkeit in einen ursächlichen Zusammenhang gebracht werden könnten. Sämtliche Feststellungen der Vorgutachter beruhten auf Annahmen, die zwar diskussionswürdig seien, jedoch durch objektive Befunde nicht gestützt würden. Ein zufälliges leicht zeitverzögertes Auftreten des Tinnitus erscheine nicht weniger wahrscheinlich als ein direkt unfallbedingtes. Die klinisch vorliegende Symptomatik bestehe überwiegend auf psychiatrischem Gebiet, wobei differentialdiagnostisch eine depressive Episode oder auch eine Somatisierungsstörung zu diskutieren sei. Eine derartige Störung erkläre eher die in den Kliniken Sch. erhobenen testpsychologischen Befunde.
Angesichts dieses Gutachtens erachtete die Beklagte die Durchführung einer neurologisch-psychiatrischen Untersuchung und Begutachtung des Klägers für erforderlich und benannte diesem eine Auswahl an Gutachtern. Unter Hinweis auf das Gutachten des Dr. R. lehnte der Kläger eine entsprechende Begutachtung ab; bei ihm seien keine verfahrensrelevanten psychiatrischen Defizite vorhanden. Es lägen lediglich mittelbare Folgen des Schleudertraumas und des Tinnitus vor, die in dem ausführlichen Gutachten der Kliniken Sch. abgeklärt worden seien.
Mit Bescheid vom 20.12.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 01.12.1997 ab. Im Rahmen der Begründung führte sie als Unfallfolgen "verheilte HWS-Distorsion" und als "Nichtunfallfolgen Tinnitus, hirnorganisches Psychosyndrom mit ausgeprägter Störung aller kognitiven Bereiche, insbesondere von Aufmerksamkeitsleistungen" auf. Im Widerspruchsverfahren bekräftigte die Beklagte ihre Auffassung, wonach eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung des Klägers erforderlich sei und wies diesen auf seine Mitwirkungspflicht hin. Der Kläger sah weiterhin keinen psychiatrischen Aufklärungsbedarf und stellte sich zu einer ambulanten Untersuchung erneut nicht zur Verfügung. Die Beklagte holte sodann das Gutachten des (damals) PD (jetzt Prof.) Dr. St. , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen, nach Aktenlage ein. Dieser erachtete das Gutachten der Kliniken Sch. sowie das ergänzende Gutachten des Dr. R. nicht für nachvollziehbar, weil diesen keine Befunde zu entnehmen seien, die eine wesentliche Leistungsminderung auf körperlichem oder psychiatrischem Gebiet aufzeigen könnten. Der darin enthaltene psychiatrische Befund sei im Wesentlichen unauffällig; unter Zugrundelegung der diagnostischen Leitlinien könne mit Sicherheit weder eine mittelschwere noch eine schwere depressive Störung diagnostiziert werden. Das zeitweilige Auftreten von Verschlimmerungszuständen und depressiven Symptomen sei zwar nicht zu widerlegen, allerdings auch nicht krankhaft und bedinge insbesondere keine messbare MdE. Schließlich sei der Kläger nicht in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung und auch den vorliegenden Befundberichten und Gutachten seien keine Hinweise zu entnehmen, die eine wesentliche psychische Reaktionsbildung auf das Unfallereignis oder deren Folgen annehmen lassen könnten. Die neuropsychologische Befundkonstellation lasse am ehesten an Ausgestaltungstendenzen denken. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2002 wurde der Widerspruchsbescheid zurückgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt, die Trennung zwischen Unfallfolgen und unfallfremden Erkrankungen sei zu Recht erfolgt; der angefochtene Bescheid enthalte bezüglich des als unfallfremd festgestellten Tinnitus eine Regelung im Sinne des § 48 Abs. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuchs (SGB X). Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet wären als wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X anzusehen, weil sie nach bisheriger gutachterlicher Argumentation Folge des Tinnitus sein sollen. Der Tinnitus sei allerdings rechtswidrig als Unfallfolge anerkannt, woraus sich ergebe, dass sich die Rechtswirkung der Entscheidung vom 14.08.1998 allein auf die Anerkennung eines Tinnitus als Unfallfolge zu beschränken habe.
Die bereits am 13.11.2000 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Untätigkeitsklage hat der Kläger nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2002 als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage fortgeführt und die Feststellung von Unfallfolgen, u.a. eines Tinnitus links, sowie die Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 70 v.H. geltend gemacht.
Das SG hat den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B., den Orthopäden Dr. B.sowie den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Reimann schriftlich als sachverständige Zeugen angehört und das nach Aktenlage erstattete neurologisch-psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie im Bezirkskrankenhaus G. , unter Berücksichtigung des ebenfalls nach Aktenlage erstatteten hno-ärztlichen Gutachtens des Prof. Dr. J. , Universitäts-HNO-Klinik U. , eingeholt. Der Kläger hatte sich zuvor trotz mehrmaligen Hinweises des SG auf die Notwendigkeit der entsprechenden medizinischen Sachaufklärung mit einer persönlichen Untersuchung durch die Sachverständigen nicht einverstanden erklärt und die Auffassung vertreten, die zu ermittelnden Unfallfolgen seien durch das Gutachten der Kliniken Sch. bereits nachgewiesen. Prof. Dr. J. hat den beim Kläger vorliegenden Tinnitus als Folge der erlittenen HWS-Distorsion beurteilt, während Prof. Dr. Dr. W. den entsprechenden Zusammenhang nicht schlüssig begründet gesehen hat, da zwar die Möglichkeit zwischen einer HWS-Distorsion und dem Auftreten eines Tinnitus erörtert worden sei, eine schlüssige Beweisführung des Schädigungsmechanismus im konkreten Fall jedoch nicht erkennbar sei. Der Sachverständige hat darüber hinaus einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und der neuropsychologischen Defizitsymptomatik verneint, weil bei fehlendem Nachweis einer unfallbedingten Hirnschädigung auch kein unfallbedingtes neuropsychologisches Defizit vorliegen könne. Ein grundlegender Fehler in der Begutachtung des Dr. R. liege darin, dass "ex post" auf Grund von irgendwelchen Defiziten auf eine Ursache geschlossen werde. In ihren auf Veranlassung des SG eingeholten ergänzenden Stellungnahmen haben sowohl Prof. Dr. Dr. W. als auch Prof. Dr. J. an ihrer zuvor vertretenen Auffassung festgehalten. Mit Urteil vom 16.02.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im Hinblick auf die Feststellung eines Tinnitus links als Unfallfolge sei die Klage unzulässig, da der vorliegende Tinnitus mit Bescheid vom 14.08.1998 bereits als Folge des Arbeitsunfalls vom 01.12.1997 anerkannt worden sei. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, da über die bereits anerkannten Unfallfolgen hinaus keine weiteren Unfallfolgen festzustellen seien. Weder der Tinnitus links noch die auf psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den angeschuldigten Unfall zurückzuführen.
Dagegen hat der Kläger am 09.03.2006 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und gestützt auf die Gutachten des Prof. Dr. J. und des Dr. R. geltend gemacht, sowohl der Tinnitus als auch die daraus resultierenden Folgeerscheinungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet seien unfallbedingt. Er hat das hno-fachärztliche Gutachten des PD. Dr. M.-H. auf Grund Untersuchungen vom 25.09. und 02.10.2007 nebst ergänzenden Stellungahmen vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.02.2006 und den Bescheid vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2002, soweit dort die Rechtswidrigkeit des Bescheides von 14.08.1998 in Bezug auf die Anerkennung des linksseitigen Tinnitus festgestellt wurde, aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2002 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 70 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat die beratungsärztliche Stellungnahme des HNO-Arztes Dr. N. nebst ergänzenden Stellungnahmen vorgelegt.
Der Senat hat die ergänzende Stellungahme des Prof. Dr. Dr. W. eingeholt, der an seiner zuvor getroffenen Einschätzung festgehalten hat.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch überwiegend unbegründet.
Das SG hat die Klage im Hinblick auf die vom Kläger in erster Linie begehrte Verletztenrente zu Recht abgewiesen. Denn dem Kläger steht wegen der Folgen seines Wegeunfalls vom 01.12.1997 weder Verletztenrente nach der von ihm begehrten MdE um 70 v.H. zu noch nach einer geringeren MdE. Abgesehen von dem dekompensierten linksseitigen Tinnitus liegen beim Kläger keine Unfallfolgen mehr vor. Insoweit ist der Bescheid der Beklagten vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2002 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die vom Kläger insoweit erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist somit unbegründet.
Begründet ist die Berufung dagegen, soweit der Kläger die von der Beklagten getroffene Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 angreift. Denn der Senat ist nicht davon überzeugt, dass dieser Bescheid hinsichtlich des linksseitigen Tinnitus rechtswidrig ist. Die vom Kläger insoweit erhobene (reine) Anfechtungsklage ist begründet. Im Übrigen - hinsichtlich des rechtsseitigen Tinnitus - hat der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 nicht angegriffen, weil nach seinem Vortrag gegenüber dem SG der ursprünglich zunächst Anfang 1998 auch rechtsseitig aufgetretene Tinnitus nicht überdauerte, sondern ein solches Ohrgeräusch durch ein Lärmtrauma an Silvester 1998/99 und damit unfallunabhängig entstand. Über die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 hinsichtlich eines rechtsseitigen Tinnitus hat der Senat deshalb auch nicht zu befinden.
Keiner (formellen) Entscheidung des Senats bedarf es zur Frage des Vorliegens weiterer Unfallfolgen. Denn der Kläger hat die diesbezügliche Feststellungsklage auf Grund der Hinweise in der mündlichen Verhandlung zur bereits bestandskräftig erfolgten Anerkennung des Tinnitus durch die Beklagte, zur Problematik einer sachgerechten, inhaltlich bestimmten Bezeichnung der geltend gemachten weiteren Unfallfolgen sowie dem Umstand, dass der geltend gemachte Anspruch auf Verletztenrente ohnehin nicht von einer formellen Anerkennung oder Feststellung von Unfallfolgen abhängt, nicht weiter verfolgt.
Mit dem Bescheid vom 14.08.1998 anerkannte die Beklagte den beim Kläger vorliegenden Tinnitus als Folge des Arbeitsunfalles vom 01.12.1997. Diese Anerkennung bezog sich ausweislich des dem Bescheid beigefügten Gutachtens nach Aktenlage des Prof. Dr. M. auf die dort als Gegenstand der Erörterung u.a. ausgewiesenen Ohrgeräusche links stärker als rechts. Damit anerkannte die Beklagte die damals vorhandenen Ohrgeräusche, also beidseits, als Unfallfolge. Dies ist zwischen den Beteiligten, wie sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gezeigt hat, unstreitig. An diese Anerkennung sieht sich die Beklagte hinsichtlich weiterer gesundheitlicher Folgen des Tinnitus und deren Entschädigung nicht mehr gebunden.
Die Beklagte beruft sich in Bezug auf den linksseitigen Tinnitus - wie dargelegt ist nur insoweit die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides von 14.08.1998 angefochten - zu Unrecht auf § 48 Abs. 3 SGB X. Diese Regelung sieht für den Fall, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht (mehr) zurückgenommen werden kann und eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eingetreten ist, ein "Aussparen" der an sich auf Grund der wesentlichen Änderung (s. § 48 Abs. 1 SGB X) zugunsten des Betroffenen zu gewährenden Erhöhung vor, ohne dass hierfür eine Frist vorgesehen ist.
§ 48 SGB X setzt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des früheren Verwaltungsaktes durch den Leistungsträger voraus (BSG, Urteil vom 22.06.1988, 9/9a RV 46/86 in SozR 3642 § 9 Nr. 3; Urteil vom 16.12.2004, B 9 VS 1/04 R in SozR 4-3200 § 81 Nr. 2). Eine derartige Feststellung nahm die Beklagte hier auch vor. Entgegen der von ihr im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung findet sich diese Feststellung zwar nicht im Widerspruchsbescheid. Denn die Beklagte führte im Widerspruchsbescheid im Hinblick auf die festgestellte "Nichtunfallfolge" Tinnitus aus, der angefochtene Bescheid - also der Bescheid vom 20.12.2001 - enthalte bezüglich des als unfallfremd festgestellten Tinnitus eine Regelung i.S. des § 48 Abs. 3 SGB X und zwar bezogen auf den rechtswidrig begünstigenden Bescheid vom 14.08.1998 über die Anerkennung des Tinnitus als Unfallfolge. Auch wenn dies aus Sicht des Senats nicht zutrifft - der Bescheid vom 20.12.2001 stellte lediglich unter Missachtung der Bestandskraft des Bescheides vom 14.08.1998 fest, dass der Tinnitus "Nichtunfallfolge" sei -, ergibt sich im Hinblick auf den Gegenstand des Rechtsstreits und damit einer Gesamtschau des Bescheides vom 20.12.2001 und des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2002 eine derartige Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998. Denn gemäß § 95 SGG ist Gegenstand der Anfechtungsklage der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides. Hier erhielt der Bescheid vom 20.12.2001 somit - was die Gesundheitsstörung Tinnitus anbelangt - durch den Widerspruchsbescheid seine Gestalt, nämlich - mit gerade noch ausreichender Deutlichkeit - in Form einer Feststellung i.S. des § 48 Abs. 3 SGB X.
Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass diese Regelung nicht nur dann Anwendung findet, wenn sich der zur Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bescheides führende Fehler auf die Höhe einer Geldleistung auswirkt, sondern auch dann, wenn er die Grundlage der Leistungsbewilligung betrifft (BSG, Urteil vom 20.03.2007, B 2 U 38/05 R in SozR 4-1300 § 48 Nr. 10). § 48 Abs. 3 SGB X lässt somit die Feststellung der Rechtwidrigkeit der Anerkennung des Tinnitus als Unfallfolge zu mit der Folge, dass Verschlimmerungen dieses Leidens keinen Rentenanspruch begründen oder erhöhen würden (vgl. BSG, a.a.O.) und somit auch weitere Gesundheitsstörungen, die durch den Tinnitus hervorgerufen werden, nicht als Unfallfolgen anerkannt werden könnten. Allerdings irrt die Beklagte, wenn sie - so im Widerspruchsbescheid - meint, im Falle des Klägers mit einer Aussparung i.S. § 48 Abs. 3 SGB X weitere Folgen des Tinnitus nicht anerkennen bzw. entschädigen zu müssen. Denn eine Aussparung i.S. § 48 Abs. 3 SGB X wirkt wegen ihrer konstitutiven Wirkung (in Form eines rechtsgestaltenden Eingriffs in die Bestandskraft des für rechtswidrig erklärten Bescheides) nur für die Zukunft (BSG, Urteil vom 22.06.1988, 9/9a RV 46/86 a.a.O.; Urteil vom 04.02.1998, B 9 V 24/96 R in SozR 3-1300 § 45 Nr. 39). Die hier als Folge des Tinnitus in Rede stehenden Gesundheitsstörungen - sofern von ihrem Nachweis auszugehen sein sollte - bestanden aber bereits vor Erlass der hier streitigen Bescheide; eine Verschlimmerung, insbesondere das Entstehen von Störungen im Gefolge des Tinnitus nach Erlass der streitigen Bescheide ist nicht erkennbar. Anderes behauptet auch die Beklagte nicht. Damit würde die von der Beklagten getroffene Feststellung der Rechtwidrigkeit der Anerkennung des Tinnitus als Unfallfolge weder die Annahme hindern, weitere Gesundheitsstörungen seien Folge des Tinnitus (und damit des Unfalles), noch die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztenrente wegen solcher Störungen.
Gleichwohl ist der Kläger durch die Entscheidung der Beklagten nach § 48 Abs. 3 SGB X beschwert. Denn wie dargelegt, wird durch die von § 48 Abs. 3 SGB X geforderte (BSG, Urteil vom 22.06.1988) Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 in die Bestandskraft dieses Bescheides eingegriffen (BSG, a.a.O.). Damit wird eine dem Kläger günstige Rechtsposition - nämlich die Feststellung des Tinnitus als Folge eines Arbeitsunfalles - teilweise entzogen. Die hiergegen - wie dargelegt also in Bezug auf den linksseitigen Tinnitus - gerichtete Anfechtungsklage ist auch begründet. Denn der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass die Anerkennung des linksseitigen Tinnitus als Unfallfolge im Bescheid vom 14.08.1998 rechtswidrig ist.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Hierzu gehört nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforder¬lich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Hier erlitt der Kläger am 01.12.1997 einen Arbeitsunfall in Form eines Wegeunfalles mit einer HWS-Distorsion als gesundheitlicher Schädigung. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
Die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 wäre somit in Bezug auf den linksseitigen Tinnitus - nur hierauf beziehen sich sämtliche nachfolgenden Ausführungen - nur zu bejahen, wenn der von der Beklagten angenommene ursächliche Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Tinnitus, entweder schon nach den damals bekannten Umständen oder auf Grund später bekannt gewordener Umstände, nicht hinreichend wahrscheinlich ist (BSG, Urteil vom 20.03.2007, B 2 U 27/06 R in SozR 4-1300 § 45 Nr. 5). Für diese Tatsache trägt - wie bei der Rücknahme eines Verwaltungsaktes wegen Rechtswidrigkeit nach § 45 SGB X - der Leistungsträger im Rahmen des § 48 Abs. 3 SGB X die so genannte objektive Beweislast (BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67). Für die Bejahung der Rechtswidrigkeit der Anerkennung des Tinnitus als Folge des Unfalles ist also maßgebend, ob die für einen Kausalzusammenhang sprechenden Umstände den Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit nicht erreichen (BSG, a.a.O.). Hiervon vermag der Senat nicht auszugehen.
Dass ein Tinnitus durch Veränderungen im oberen Bereich der HWS und damit auch eine HWS-Distorsion hervorgerufen werden kann, derartige Zustände also generell geeignet sind, einen Tinnitus hervorzurufen, wird von allen mit der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs betrauten und hierzu Stellung nehmenden Gutachtern anerkannt, auch von den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. J. und Prof. Dr. Dr. W. sowie den von der Beklagten herangezogenen Ärzten, Prof. Dr. M. , Dr. R. , Dr. M. und zuletzt Dr. N ... Auch die Beklagte stellt dies nicht in Abrede.
Soweit die Beklagte in Gefolge der Stellungnahmen von Dr. N. einen ursächlichen Zusam¬menhang deshalb verneint, weil keine objektiven Befunde über eine Schädigung des Innenohres vorliegen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Dr. N. - so ausdrücklich in der Stellungnahme vom 16.11.2007 - gleichwohl einen ursächlichen Zusammenhang für möglich hält. Im Grunde bemängelt die Beklagte damit - wie Prof. Dr. Dr. W. in seinem Gutachten für das Sozialge- richt -, dass im Fall des Klägers kein konkretes, exaktes Erklärungsmodell für einen "HWS-bedingten" Tinnitus dargestellt wird. Dies belegt indessen noch nicht, dass der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich ist.
Vielmehr liegen gewichtige Umstände vor, die für die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 14.08.1998 sprechen: Beim Kläger trat der Tinnitus in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall auf. Er erlitt bei dem Auffahrunfall - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - eine HWS-Distorsion mit typischer Beschwerdesymptomatik. Diesbezüglich hat der Hausarzt Dr. B. in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht dargelegt, dass sich ein Hartspann des HWS-Schultergürtelbereichs mit endgradiger schmerzhafter Überstreckung des Kopfes und Schmerzzuständen fand. Eben weil derartige Störungen im HWS-Bereich - wie bereits dargelegt und wie zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten ist - einen Tinnitus hervorrufen können, ist auch ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zwischen Unfallgeschehen und Tinnitus zu bejahen. Ein somit anzunehmender enger zeitlicher-räumlicher Zusammenhang aber ist ein wesentlicher Aspekt, der für einen ursächlichen Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn spricht. Hinzu kommt, dass der - linksseitige - Tinnitus beim Kläger nicht auf eine (schädigungsunabhängige) Hörstörung insbesondere auf eine Schwerhörigkeit zurückzuführen ist. Denn eine derartige Hörstörung liegt beim Kläger nicht vor. Auch die Umstände des Auftretens des Ohrgeräusches deuten auf einen ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall hin. Insoweit hat Prof. Dr. J. in seiner ergänzenden Stellungnahme für das Sozialgericht von einem "übertypischen" Geschehensablauf gesprochen. Diese Umstände sprechen somit für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs. Der Senat schließt sich insgesamt der Beurteilung von Prof. Dr. M. in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten und von Prof. Dr. J. in seinem für das Sozialgericht erstatteten Gutachten an.
Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht dagegen - allerdings nur vordergründig - die Tatsache, dass der Kläger schon vor dem Unfall an HWS-Beschwerden litt. Fraglich ist indessen bereits, ob die diesen Beschwerden zu Grunde liegenden degenerativen Veränderungen überhaupt als konkurrierende Ursache des Tinnitus in Betracht kommen. In diesem Zusammenhang hat Prof. Dr. J. in seinem Gutachten für das Sozialgericht ausgeführt, dass die nachgewiesenen degenerativen Veränderungen im unteren Bereich der HWS (insbesondere Protrusionen C 5 / C 6) insoweit, weil für die Verursachung eines zervikalen Tinnitus Schäden im oberen Bereich der HWS, nämlich im Bereich C 0 / C 1, verantwortlich gemacht werden, ohne Bedeutung sind. Soweit Prof. Dr. Dr. W. unter Bezugnahme auf die Dokumentation von Dr. B. ein im Bereich C 3 / C 4 vorbestehendes HWS-Syndrom annimmt, gilt Gleiches. Hinzu kommt, dass vor dem Unfall - trotz der HWS-Beschwerden - gerade kein Tinnitus bestand. Die vorbestehenden HWS-Beschwerden führten somit - nachweislich - zu keinem Tinnitus. Es ist für den Senat kein plausibler Grund ersichtlich, warum diese Beschwerden und die ihnen zu Grunde liegenden degenerativen Veränderungen dann ausgerechnet zeitlich unmittelbar nach dem Unfall und unabhängig von diesem Unfall zu dem Ohrgeräusch führen sollten. Einen derartigen Zusammenhang hat auch keiner der mit der Beurteilung des vorliegenden Falles betrauten Ärzte dargelegt. Folgerichtig geht Prof. Dr. Dr. W. in seiner ersten Stellungnahme für den Senat vom Unfall als Auslöser des Tinnitus aus. Soweit er dann vor dem Hintergrund eines vorbestehenden HWS-Syndroms die Wesentlichkeit des Unfalls pauschal in Frage stellt, führt dies nicht weiter. Maßgebend ist insoweit, ob die unversicherte Ursache - hier also das vorbestehende HWS-Syndrom - von überragender Bedeutung war (BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diesbezüglich fehlt jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkt. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs ohnehin nicht Voraussetzung.
Keine Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass beim Kläger bereits Jahre vor dem Unfall im Zusammenhang mit der Lärmexposition in einer Diskothek Ohrgeräusche auftraten, die danach wieder verschwanden. Dies haben die Gutachter des HNO-ärztlichen Fachgebietes übereinstimmend und zutreffend ausgeführt (vgl. Prof. Dr. M. in seinem für die Beklagten erstatteten Gutachten, Prof. Dr. J. in seinem für das SG erstatteten Gutachten).
Im Ergebnis vermag der Senat somit nicht von einer rechtswidrigen Anerkennung des linksseitigen Tinnitus als Unfallfolge auszugehen. Damit ist der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2002 insoweit rechtswidrig, als er die Rechtswidrigkeit der bestandskräftigen Feststellung des linksseitigen Tinnitus als Unfallfolge im Bescheid vom 14.08.1998 feststellt. Auf das Anfechtungsbegehren des Klägers sind die angefochtenen Bescheide daher insoweit aufzuheben.
Ein Anspruch auf Verletztenrente steht dem Kläger allerdings nicht zu.
Anspruchsgrundlage für dieses Begehren des Klägers ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger wegen Folgen des Wegeunfalls vom 01.12.1997 keinen Anspruch auf Verletztenrente. Die für die Bemessung der MdE als Unfallfolgen zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen bedingen keine MdE in einem rentenberechtigenden Grade, d.h. um wenigstens 20 v. H. Denn für die Bemessung der MdE ist lediglich der beim Kläger aufgetretene, bestandskräftig als Unfallfolge anerkannte linksseitige Tinnitus zu berücksichtigen, der von sämtlichen am Verfahren beteiligten Gutachtern bzw. Sachverständigen auch in seiner dekompensierten Ausprägung, also mit - so ausdrücklich PD. Dr. M.-H. in dem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten - Behinderung der Konzentration und der persönlichen Gestaltungsmöglichkeiten, zusätzlicher depressiver Verstimmung und Schlafstörungen nur mit einer MdE um 10 v. H. bewertet worden ist, wodurch ein Rentenanspruch nicht begründet wird. Weitere Gesundheitsstörungen können dagegen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückgeführt werden, auch nicht als mittelbare Folgen des Tinnitus.
Die unstreitig erlittene HWS-Distorsion als solche, insbesondere in Form von HWS-Beschwerden, ist - wie von der Beklagten im angefochtenen Bescheid festgestellt - folgenlos ausgeheilt. Der Senat schließt sich insoweit der Einschätzung von Dr. M. in ihrem von der Beklagten vom Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers beigezogenen Gutachten an. Auch der Kläger macht insoweit keine überdauernden Störungen geltend.
Als Folge des Unfalls bzw. der HWS-Distorsion oder des als unfallbedingt anerkannten Tinnitus, mithin als mittelbare Unfallfolge, liegen insbesondere auch keine neuropsychologischen Leistungsbeeinträchtigungen vor. Denn derartige Störungen sind bereits nicht nachgewiesen. Dies geht nach dem dargelegten Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.
Zwar hat der von der Beklagten mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragte Dr. R. auf der Grundlage von ihm veranlasster Tests derartige neuropsychologische Leistungsbeeinträchtigungen angenommen. Indessen vermag sich der Senat von deren Vorliegen nicht zu überzeugen. Denn die entsprechende Beurteilung des Dr. R. beruht ausschließlich auf dem Ergebnis der durchgeführten Tests, ohne dass dieses Ergebnis vom Gutachter einer kritischen Überprüfung unterzogen worden wäre. Hierzu hätte indessen schon deshalb Anlass bestanden, weil derartige Tests in erheblichem Maße mitwirkungsabhängig sind. Darüber hinaus wies bereits Prof. Dr. St. auf inkonsistente Ergebnisse der Tests hin. Auffällig sei insbesondere, dass der Kläger bei den Einfachreaktionszeiten deutlich verlangsamt, bei den Reaktionszeiten bei komplexen Anforderungen dagegen im Normbereich gelegen habe und auch von Warnsignalen nicht habe profitieren können. Dies deute - so Prof. Dr. St. - auf Ausgestaltungstendenzen hin. Dem gegenüber enthält das Gutachten von Dr. R. - was die psychische Seite anbelangt - lediglich einen wenig aussagekräftigen, nur fünf Zeilen umfassenden und (so Prof. Dr. St. ) im Wesentlichen unauffälligen "mentalen Befund".
Im Übrigen wäre Dr. R. zu einer weiter gehenden Befunderhebung - worauf Prof. Dr. Dr. W. in seinem Gutachten hingewiesen hat - auch fachlich nicht in der Lage gewesen. Denn Dr. R. ist weder Neurologe noch Psychiater, sondern ausweislich seines Gutachtens Facharzt für Neurochirurgie und Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin. Damit unterfällt die Beurteilung eines neurologisch-psychiatrischen Krankheitsbildes aber nicht seiner fachlichen Kompetenz, weshalb er den Gutachtensauftrag - angefordert war ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten - auch entsprechend abgeändert haben wollte (vgl. sein Schreiben vom 09.08.1999) und auch nur ein solcher Art geändertes Gutachten erstattete. Wenn er dann gleichwohl ein neurologisches Leistungsdefizit feststellt, ist dies wenig überzeugend. Dass Inhalt und Ergebnis des Gutachtens wesentlich durch die Fachkompetenz des mit Dr. R. unterzeichnenden Prof. Dr. Sch. R. geprägt wäre, ergibt sich aus dem Gutachten nicht. Auch der Kläger hat das Gutachten durchweg Dr. R. zugeordnet und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch angegeben, dass er nur von Dr. R. , nicht aber von Prof. Dr. Sch. R. untersucht wurde und die psychologischen Tests bei einem Psychologen ablegte.
Schließlich sieht Dr. R. die von ihm angenommenen Einschränkungen zu Unrecht als Folge eines unfallbedingten Hirnschadens an. Denn es gibt keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine Schädigung des Gehirns erlitt. Vielmehr kam es bei dem Anpralltrauma, bei dem es sich ausweislich des vom Versicherer des Unfallverursachers beigezogenen interdisziplinären Gutachtens bei einer Beschleunigungsdifferenz von 11 bis 15 km/h um ein solches leichter Art handelte, lediglich zu einer HWS-Distorsion (Verstauchung), ohne dass gleichzeitig eine knöcherne Verletzung im Bereich von Schädel, HWS oder BWS objektiviert wurde. Auch Hirnschäden, die entsprechende Beeinträchtigungen nach sich ziehen könnten, wurden beim Kläger nicht objektiviert. Dies ergibt sich insbesondere aus dem neuroradiologischen Zusatzgutachten des Dr. Gut, der im Rahmen der im September 1999 anlässlich der stationären Begutachtung in den Kliniken Sch. durchgeführten Kernspintomographie des Gehirnschädels, des Gehirns, des cranio-zervikalen Übergangs und der oberen Wirbelsäulenabschnitte keine pathologischen Befunde erhob, die auf eine Traumatisierung im Bereich des cranio-zervikalen Übergangs, der HWS oder der oberen und mittleren Brustwirbelsäule direkt oder indirekt hinwiesen und eine Leistungsminderung hätten erklären können. In seiner dem Senat gegenüber abgegebenen weiteren Stellungnahme hat Prof. Dr. Dr. W. insoweit ergänzend dargelegt, dass die seinerzeit erfolgte neuroradiologische Untersuchung, die blutungssensitive Sequenzen umfasste, gerade in Spätphasen nach Hirntraumen wesentliche Bedeutung habe, da sich mit ihr selbst noch sehr kleine Blutungen nachweisen lassen, wie sie im Gefolge einer sog. "diffusen axonalen Schädigung" auftreten. Auch die zuvor unfallnah am 29.12.1997, also rund vier Wochen nach dem Unfallereignis, durchgeführte MRT-Untersuchung des Schädels, die relativ empfindliche Flair-Sequenzen beinhaltete, die - so Prof. Dr. Dr. W. - zumindest relevante Läsionen in den ersten Wochen nach einem Hirntrauma erfahrungsgemäß erkennen lassen, erbrachte keine pathologischen Befunde. Damit ist bereits kein Erstschaden im Sinne der obigen Darlegungen festzustellen. Wenn Dr. R. vor diesem Hintergrund angesichts der im Rahmen seiner Untersuchung erhobenen Leistungseinschränkung im Rahmen seines Gutachtens daher ausführt, dass die Einschränkungen des Klägers auf Funktionsstörungen im Bereich des Parietalhirns, auf solche in Verbindung zwischen Hirnstamm und subcortikalen Zentren sowie im Bereich der Hirnrinde, vor allem im partialen und meso-temporalen Bereich hinwiesen, die immer wieder auch ohne Nachweis neuroanatomischer Läsionen bei Patienten auftreten, die einem sogenannten Akzelerations- oder Dezelerationstrauma mit Beschleunigung Kopf gegen Rumpf ausgesetzt waren, so macht er in erster Linie einen Versuch, die Leistungseinschränkungen des Klägers anatomisch zu erklären. Er zeigt damit aber nur die Möglichkeit auf, dass sich die anhand der Hirnleistungstests beschriebenen Beeinträchtigungen beim Kläger mit dem Vorliegen entsprechender - nicht bildlich darstellbarer - Läsionen erklären lassen könnten. Wenn Dr. R. in unmittelbaren Zusammenhang mit den dargelegten Ausführungen zur Begründung seiner Einschätzung dann weiter ausführt, dass aus umfangreichen Untersuchungen an nach Unfällen Verstorbenen verschiedene Universitätskliniken Ergebnisse publiziert hätten, die nachwiesen, dass es häufig zu langstreckigen Zerreißungen von Nervenketten im Hirnstammbereich, im Mittellinienbereich der Großhirnhemisphären mit sogenannten Mikrobläschen kommen könne, so macht dies deutlich, dass das Auftreten entsprechender Mikroläsionen beim Kläger letztlich auch nur als vage Möglichkeit in Betracht kommt. Denn der Kläger hat im Gegensatz zu den angesprochenen Untersuchungen, die nach Unfällen Verstorbene betrafen, lediglich einem leichteren Auffahrunfall erlitten, bei dem es gerade auch unter Berücksichtigung des klinischen Verlaufs nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand gerade nicht zu einem Hirntrauma gekommen ist. Abgesehen von dem Fehlen eines entsprechenden Nachweises durch die erfolgten bildgebenden Untersuchungen spricht auch der klinische Verlauf nach dem Unfall nicht für ein solches Trauma. So bestand beim Kläger - worauf Prof. Dr. Dr. W. überzeugend hingewiesen hat - nach dem Unfallereignis weder eine längere Bewusstlosigkeit noch liegen Hinwiese darauf vor, dass es bei ihm in den ersten Tagen danach zu einem sog. Durchgangssyndrom kam. Unter Berücksichtigung all dessen hat der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. für den Senat überzeugend darauf hingewiesen, dass Dr. R. - unzulässiger Weise - von einem festgestellten Defizit auf eine Ursache geschlossen hat und anschließend ohne Feststellung eines Erstschadens von einem wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den von ihm beschriebenen neuropsychologischen Leistungseinschränkungen ausgegangen ist.
Im Ergebnis ist der Einschätzung des Dr. R. , auf die der Kläger sein Begehren stützt, daher nicht zu folgen.
Zwar führte Dr. M. in seiner - wie noch darzulegen ist verfahrensrechtlich verwertbaren - beratungsärztlichen Einschätzung aus, dass die von Dr. R. in seinem Gutachten wiedergegebenen testpsychologischen Befunde möglicherweise durch eine psychiatrische Erkrankung des Klägers erklärt werden könnten und ging auch Dr. R. - wie dargelegt allerdings fachfremd - im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme von einer depressiven Entwicklung aus. Jedoch vermag der Senat nicht festzustellen, dass beim Kläger tatsächlich eine derartige psychiatrische Erkrankung vorliegt und ggf. um welche konkrete Erkrankung es sich dabei handelt. Insbesondere ist nicht feststellbar, ob beim Kläger eine gesonderte depressive Störung vorliegt.
Mit Prof. Dr. Dr. W. geht zwar auch der Senat nicht zuletzt auf Grund der sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Hausarztes Dr. B. davon aus, dass es beim Kläger in Gefolge des Tinnitus zu depressiven Zuständen kam, was - so ausdrücklich PD. Dr. M.-H. in dem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten - die Klassifizierung des Tinnitus als dekompensiert rechtfertigt. Insoweit sind depressive Zustände, die auch Prof. Dr. Dr. W. als Folge des Tinnitus annimmt, Teil des Krankheitsbildes Tinnitus. Eine darüber hinausgehende Erkrankung ist dagegen nicht nachgewiesen. Selbst der Kläger ging insoweit - s. sein Schreiben an die Beklagte vom 23.11.2001 - davon aus, dass "keine psychiatrischen Defizite in einer Form, die verfahrensrelevant sind" vorliegen. Damit übereinstimmend schloss Prof. Dr. St. - auch seine Beurteilung unterliegt keinem verfahrensrechtlichen Verwertungsverbot (s. hierzu später) - nach Auswertung des Gutachtens von Dr. R. , insbesondere des dort erhobenen psychischen Befundes, mit Sicherheit eine mittelschwere oder gar schwere depressive Störung aus und er vermochte auch den im Übrigen vorliegenden Befundunterlagen und Gutachten keine Hinweise zu entnehmen, die auf eine wesentliche psychische Reaktionsbildung auf das Unfallereignis oder die Folgen dieses Ereignisses hindeuteten. Soweit der behandelnde Nervenarzt Dr. Reimann (vgl. insbesondere den Befundbericht an Dr. B. vom 12.08.1998) depressive Anteile sah, stimmt dies mit der Qualifizierung des Tinnitus als dekompensiert überein, vermag aber keine gesonderte depressive Erkrankung zu belegen. Dem entsprechend stellte Dr. Reimann im erwähnten Befundbericht auch nicht die Diagnose einer Depression, sondern einer ausgeprägten Belastungsreaktion, was wiederum die Dekompensation des Tinnitus belegt. Im Übrigen wäre für die Anerkennung einer psychischen Störung als Unfallfolge eine exakte Diagnose der Krankheit nach einem der international anerkannten Diagnosesysteme erforderlich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Schon hieran fehlt es, nachdem der Kläger nicht bereit gewesen ist, im Rahmen der Sachaufklärung insbesondere zeitnah an entsprechenden fachärztlichen Untersuchungen teilzunehmen. Im Hinblick auf die angesprochene beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. M. sah es die Beklagte bereits vor Erlass des Bescheides vom 20.12.2001 für erforderlich an, eine entsprechende Untersuchung zu veranlassen. Zu einer solchen Untersuchung war der Kläger jedoch trotz mehrmaliger Aufforderungen, u.a. auch nach Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht, nicht bereit; er vertrat vielmehr - wie bereits erwähnt - die Auffassung, nicht an einer psychiatrischen Erkrankung zu leiden. Auch im Klageverfahren hat der Kläger eine entsprechende Untersuchung durch den vom SG herangezogenen Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. abgelehnt, weshalb dieser auch lediglich mit einer Begutachtung nach Aktenlage hat beauftragt werden können. Prof. Dr. Dr. W. hat in seiner Beurteilung allerdings keine genauere Analyse geben können, sondern ist ebenfalls nur von einer nicht näher spezifizierten depressiven Symptomatik ausgegangen. Diese Unklarheiten gehen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.
Die von Dr. M. auf Veranlassung der Beklagten abgegebene Beurteilung unterliegt keinem verfahrensrechtlichen Verwertungsverbot. Zwar stimmte der Kläger der Übersendung seiner Akten an Dr. M. nicht zu. Indessen war dies für eine Aktenübersendung auch nicht erforderlich. Insoweit finden die datenschutzrechtlichen Regelungen des § 200 Abs. 2 SGB VII i.V.m. § 76 Abs. 2 SGB X keine Anwendung. Denn Dr. M. wurde von der Beklagten, wie sich aus den entsprechenden Vorgängen der Verwaltungsakten ergibt (vgl. Bl. 474, 621, 627 und insbesondere Bl. 628: "Vorlage an den Beratungsfacharzt, Herrn Dr. med. M. ") als beratender Arzt befasst. In dieser Eigenschaft ist Dr. M. als Teil der Beklagten anzusehen, sodass die Übersendung der Akten an ihn keine Datenübermittlung darstellt (BSG, Urteil vom 05.02.2008, B 2 U 8/07 R in SozR 4-2700 § 200 Nr. 1).
Für das von der Beklagten bei Prof. Dr. St. eingeholte Gutachten gilt im Ergebnis nichts anderes. Zwar geht der Senat nicht davon aus, dass Prof. Dr. St. ebenfalls beratender Arzt der Beklagten ist. Die Übersendung der Verwaltungsakten an diesen Gutachter ist jedoch nicht zu beanstanden. Denn gemäß § 200 Abs. 2 zweiter Halbsatz SGB VII i.V.m. § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X ist - eine sonst für eine Datenübermittlung regelmäßig erforderliche - Einwilligung im Zusammenhang mit der Einholung von Gutachten nicht notwendig (vgl. BSG, a.a.O.). Maßgebend ist vielmehr, ob der Betroffene der Datenübermittlung widerspricht, wobei er auf dieses Widerspruchsrecht hinzuweisen ist (§76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X). Hier wurde der Kläger von der Beklagten mit den Schreiben vom 14.11.2001 und 28.03.2001 darüber informiert, dass beabsichtigt war, ein Gutachten einzuholen und er wurde in beiden Schreiben über sein Widerspruchsrecht informiert. Von diesem Widerspruchsrecht machte er keinen Gebrauch, auch nicht, als er telefonisch (vgl. den Gesprächsvermerk vom 24.05.2002) darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein Gutachten nach Aktenlage in Auftrag gegeben worden war. Er widersprach der Verwertung des Gutachtens erstmals nach dessen Erstattung und der Begründung, er habe sein Einverständnis zur Aktenübersendung nicht erteilt. Ein solches Einverständnis war indessen - wie dargelegt - nicht erforderlich.
Auch der vom Kläger geltend gemachte gelegentliche Schwindel ist keine Unfallfolge. Zum einen sind Schwindelerscheinungen, wie sie der Kläger dargestellt hat (in Form von Unsicherheit mit gelegentlichem Fehltritt nach links), nicht objektiviert. Gerade Prof. Dr. M. untersuchte den Kläger diesbezüglich im März 1999, konnte aber keine auffälligen Befunde erheben oder derartige Erscheinungen bestätigen und sah diese Erscheinungen folgerichtig als nicht objektivierbar an. An dieser Situation hat sich nichts geändert. Weitere, von der Beklagten und vom Sozialgericht für erforderlich gehaltenen Untersuchungen hat der Kläger abgelehnt. PD. Dr. M.-H. , bei dem sich der Kläger im September und Oktober 1997 hat untersuchen lassen, hat diesbezüglich ebenfalls keine Befunde erhoben. Im Übrigen könnten derartige Schwindelanfälle auch nicht auf den Unfall zurückgeführt werden. Denn abgesehen davon, dass der Kläger bei dem angeschuldigten Unfall - wie bereits dargelegt - kein Hirntrauma erlitt, das für den von ihm geklagten Schwindel verantwortlich gemacht werden könnte, ergibt sich auch aus den von Dr. B. seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge beigefügten Behandlungsunterlagen, dass der Kläger bereits vor dem in Rede stehenden Unfall - im Zusammenhang mit dem HWS-Syndrom - an einem Schwindel litt. Dann aber ist ein ursächlicher Zusammenhang des Schwindels mit dem Unfall nicht hinreichend wahrscheinlich.
Soweit der Kläger Kopfschmerzen als Unfallfolge geltend macht, gilt im Wesentlichen das Gleiche. Auch derartige, die unmittelbare Beschwerdesituation nach dem Unfall (HWS-Distorsion) überdauernde Kopfschmerzen sind bereits nicht objektiviert. Soweit Dr. R. sie als Unfallfolge ansah, beruht seine Annahme von deren Existenz allein auf den - auch insoweit vom Gutachter nicht verifizierten - anamnestischen Angaben des Klägers bei der Untersuchung im September/Oktober 1999. Demgegenüber finden sich solche Angaben weder in der vom Kläger verfassten Darstellung seines aktuellen Beschwerdezustandes gegenüber Prof. Dr. M. vom März 1999 noch in jener entsprechenden Darstellung, die er dem SG im April 2003 vorgelegt hat. Hinzu kommt, dass ein ursächlicher Zusammenhang eventuell bestehender Kopfschmerzen mit dem Unfallereignis nicht als wahrscheinlich anzusehen ist. Die Kausalitätserwägungen von Dr. R. sind aus den bereits dargelegten Gründen nicht überzeugend, weitere, einen ursächlichen Zusammenhang substanziiert darstellende ärztliche Äußerungen liegen nicht vor.
Im Ergebnis vermag der Senat somit als Unfallfolge lediglich einen linksseitigen Tinnitus anzunehmen, der im Hinblick auf die vom Kläger angegebenen Begleiterscheinungen (s. zuletzt PD. Dr. M.-H.: Behinderung der Konzentration und der persönlichen Gestaltungsmöglichkeiten, depressive Verstimmung, Schlafstörungen) als dekompensiert anzusehen ist, jedoch keine MdE von mindestens 20 v.H. verursacht. Selbst nach dem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten des PD Dr. M.-H. ist für den Tinnitus in seiner dekompensierten Form lediglich eine MdE um 10 v.H. anzunehmen. Dies stimmt mit der Beurteilung von Prof. Dr. M. in seinem von der Beklagten eingeholten und nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstatteten Gutachten überein. Auch Prof. Dr. J. hat dies insoweit in seinem nach Aktenlage erstatteten Gutachten bestätigt. Soweit er im Hinblick auf mögliche schwer wiegende psychische Störungen eine höhere Bewertung für möglich hält, trifft dies zwar zu, erfordert aber die Feststellung derartiger schwer wiegender psychischer Störungen. Wie dargelegt fehlt es hieran.
Nach alledem kann die Berufung des Klägers nur in geringem Umfang Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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