L 9 EG 18/97

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 Eg 7/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 EG 18/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 EG 2/06 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 11. November 1997 in Ziffer II aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
II. Weitere außergerichtliche Kosten als die dem Kläger im Bescheid vom 09.03.1998 zugesprochenen sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG).

Der 1961 geborene Kläger, polnischer Staatsangehöriger, reiste im Februar 1987 nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24.06.1987 ab, der am 06.11.1987 bestandskräftig wurde. In der Folge erteilte das Landratsamt Miltenberg in Unterfranken dem Kläger halbjährlich erneute Duldungen. Auf Antrag vom 14.08.1989 wurden dem Kläger am 14.11. 1989 zunächst auf ein Jahr, dann jeweils auf zwei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnisse erteilt. Diese wurden unter Geltung des Ausländergesetzes 1990 ab 01.01.1991 in Aufenthaltsbefugnisse neuen Rechts umgewandelt. Letztmals erhielt der Kläger am 20.01.1995 eine bis 23.01.1997 gültige Aufenthaltsbefugnis. Seit Januar 1992 beantragte er wiederholt erfolglos die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis.

Am 15.03.1990 hatte der Kläger seine im Dezember 1988 aus Polen nach Deutschland eingereiste Verlobte Lidia W. geheiratet. Am 1995 wurde dem Ehepaar die Tochter Adrianna geboren. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld, ab 30.11.1995 Arbeitslosenhilfe, die Ehefrau war als Textilarbeiterin beschäftigt.

Am 18.12.1995 beantragte der Kläger Bundeserziehungsgeld für das erste Lebensjahr seiner Tochter Adrianna. Die Familienkasse beim Versorgungsamt Würzburg lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20.12.1995 ab. Für den Anspruch eines Ausländers auf Erziehungsgeld setze § 1 Abs.1 a Satz 1 BErzGG voraus, dass er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sei. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass die ihm erteilte Aufenthaltsbefugnis im Hinblick auf seinen langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet einer befristeten Aufenthaltserlaubnis gleichgestellt werden müsse. Er fühle sich als Ausländer diskriminiert. Das Bayer. Landesamt für Versorgung und Familienförderung wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.1996 als unbegründet zurück. Der angefochtene Bescheid der Familienkasse entspreche der Gesetzeslage.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben.

Er hat geltend gemacht, durch den Ausschluss vom Anspruch auf Bundeserziehungsgeld grundgesetzwidrig und menschenrechtswidrig diskriminiert zu werden. Auch ergebe sich sein Anspruch aus Europäischem Gemeinschaftsrecht und dem Assoziationsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und der Republik Polen vom 26.08.1993.

Während des Klageverfahrens beantragte der Kläger am 22.07.1996 Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr seiner Tochter Adrianna.

Am 11.11.1996 beantragte er ein weiteres Mal die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis beim Landratsamt Miltenberg. Das Landratsamt erteilte dem Kläger am 23.01.1997 eine Bescheinigung nach § 69 Abs.3 Ausländergesetz, wonach sein Aufenthalt bis zum 07.04.1997 als erlaubt gelte, und teilte ihm zugleich mit, dass er nachfolgend mit der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis rechnen könne.

Die Familienkasse lehnte mit Bescheid vom 26.02.1997 eine Bewilligung von Bundeserziehungsgeld auch für das zweite Lebensjahr der Tochter Adrianna ab, wiederum mit dem Hinweis, dass der Kläger nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sei. Auch eine Bescheinigung nach § 69 Abs.3 Ausländergesetz stehe dem nicht gleich. Der Kläger erhob hiergegen am 24.03.1997 Widerspruch.

Am 07.04.1997 stellte das Landratsamt Miltenberg für den Kläger und seine Ehefrau eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis aus, die dem Ehepaar am 09.04.1997 ausgehändigt und der Familienkasse mit Schreiben vom 22.04.1997 vorgelegt wurde.

Mit Bescheid vom 26.05.1997 bewilligte die Familienkasse dem Kläger für seine Tochter Adrianna für die Zeit vom 09.04.1997 bis 23.07.1997 ungekürztes Bundeserziehungsgeld für den Rest des zweiten Lebensjahres des Kindes. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.1997 wies das Bayer. Landesamt für Versorgung und Familienförderung den Widerspruch des Klägers, soweit dieser sich gegen die Versagung von Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr der Tochter Adrianna vom 24.07.1996 bis 08.04.1997 richtete, als unbegründet zurück. Der Kläger sei in diesem Zeitraum noch nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis gewesen. Über eine Kostenerstattung nach § 63 SGB X werde noch entschieden. Der Kläger legte in Erweiterung seines Klagebegehrens auch hiergegen Klage vor dem SG ein.

Er beantragte vor dem SG sinngemäß, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 20.12.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.1996 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 26.02.1997 in Gestalt des Bescheides vom 26.05.1997 und des Widerspruchsbescheides vom 17.06.1997 zu verurteilen, ihm Erziehungsgeld für seine Tochter Adrianna vom 30.11.1995 bis 23.07.1996 sowie vom 24.07.1996 bis 08.04.1997 zu gewähren und ihm die in dem durch den Widerspruchsbescheid vom 17.06.1997 abgeschlossenen Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen teilweise zu erstatten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11.11.1997 abgewiesen.

Soweit der Kläger begehre, den Beklagten zu verurteilen, die ihm im Widerspruchsverfahren wegen des Erziehungsgeldes für das Aufwendungen zu erstatten, sei die Klage unzulässig, da hierüber noch kein Verwaltungsakt vorliege. Im Übrigen sei die Klage zulässig. Dies gelte auch, soweit der Kläger sein Klagebegehren auf das Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr seiner Tochter Adrianna bis zum 08.04.1997 erstreckt habe. Insoweit handle es sich um eine sachdienliche und damit zulässige Klageänderung.

Die zulässigen Klagen wegen der Gewährung von Bundeserziehungsgeld seien jedoch nicht begründet. Der Beklagte sei nicht verpflichtet, dem Kläger im streitigen Zeitraum Bundeserziehungsgeld zu gewähren. Der Kläger sei bis zum 08.04.1997 nicht "im Besitz" einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis gewesen, wie dies § 1 Abs.1 a Satz 1 BErzGG für den Anspruch eines Ausländers auf Bundeserziehungsgeld voraussetze. Ein anderer Aufenthaltstitel reiche nicht aus. Europäisches Gemeinschaftsrecht könne keinen Anspruch des Klägers auf Erziehungsgeld begründen, da er nicht Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union sei. Das Assoziationsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits vom 26.08.1993 sehe zwar in Art.38 Abs.1 vor, dass die in Deutschland beschäftigten polnischen Staatsangehörigen "Familienzulagen" für ihre Familienangehörigen erhielten. Daraus lasse sich aber schon deswegen kein Anspruch des Klägers auf Erziehungsgeld nach dem BErzGG herleiten, da dies ausdrücklich nur vorbehaltlich der im jeweiligen Mitgliedstaat geltenden Bedingungen und Modalitäten gelte.

Mit Bescheid vom 17.11.1997 lehnte die Familienkasse beim Versorgungsamt Würzburg ab, dem Kläger Kosten für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens gegen den Ablehnungsbescheid vom 26.02.1997 - Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr der sei rechtmäßig gewesen. Die nachmalige Teilabhilfe durch den Bescheid vom 26.05.1997 für die Restzeit des zweiten Lebensjahres beruhe darauf, dass dem Kläger bzw. seiner Ehefrau am 09.04.1997 eine Aufenthaltserlaubnis ausgehändigt worden sei.

Am 15.12.1997 hat der Kläger Berufung gegen das Urteil des SG vom 11.11.1997 eingelegt.

Er trägt vor: Der Anwendung des § 1 Abs.1 a BErzGG stehe supranationales und internationales Recht entgegen, so Art.37 und 38 des mit Gesetz vom 26.08.1993 in innerstaatliches Recht transformierten Europa-Abkommens vom 16.12.1991 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten und der Republik Polen, die Artikel 2, 6, 51, 117 des Europäischen Gemeinschaftsrechts in der Fassung des Vertrages von Maastricht vom 07.02.1992 bzw. die entsprechenden Bestimmungen der nunmehrigen Fassung des Vertrages von Amsterdam vom 02.10.1997, die EG-Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer vom 09.12.1989, die europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 04.11.1950, die Europäische Sozialcharta vom 18.10.1961, die allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966, der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.12.1966, das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 21.02.1992, das UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 07.03.1966 und das Übereinkommen Nr.118 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 28.06.1962 über die Gleichbehandlung von Inländern und Ausländern in der sozialen Sicherheit, die sämtlich in innerstaatliches Recht transformiert worden seien. Zudem verstoße das Ausländern in § 1 Abs.1 a BErzGG für einen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld abverlangte Zusatzerfordernis des Besitzes einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis gegen das Grundgesetz, so gegen den Schutz von Ehe und Abs.3 GG und den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art.3 Abs.1 GG.

Das Bayer. Landesamt für Versorgung und Familienförderung hat während des Berufungsverfahrens am 09.03.1998 einen "Bescheid über die Kostenerstattung im Vorverfahren gemäß § 63 Abs.1 Satz 1 SGB X" erlassen. Der Widerspruchsbescheid vom 17.06. 1997, der auf den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 26.02.1997 - Erziehungsgeld für das zweite Lebensjahr der Tochter Adrianna - ergangen sei, werde im Kostenpunkt ergänzt: Die im Vorverfahren entstandenen Kosten würden wegen des Teilerfolgs, wonach ab 09.04.1997 für fast vier Monate des streitigen Zeitraums Erziehungsgeld gewährt worden sei, zu einem Drittel übernommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 11.11.1997 und des Bescheides des Beklagten vom 20.12.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.1996 sowie unter Abänderung des Bescheides des Beklagten vom 26.02.1997 in Gestalt des Bescheides vom 26.05.1997 und des Widerspruchsbescheides vom 17.06.1997 zu verurteilen,
- ihm Bundeserziehungsgeld für seine Tochter Adrianna auch für die Zeit vom 30.11.1995 bis 23.07.1996 und vom 24.07. 1996 bis 08.04.1997 zu gewähren, - die ihm für die Zeit vom 30.11.1995 bis 23.07.1997 zustehenden Erziehungsgeldleistungen mit 4 % zu verzinsen
- und die zur Rechtsverfolgung einschließlich der Verfolgung des Kostenerstattungsanspruchs für das Vorverfahren notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten; hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof oder dem Bundesverfassungs gericht vozulegen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf die Gründe des Urteils des Sozialgerichts.

Der Senat hat die Akten des Sozialgerichts, die Akten des Beklagten und die Akten des Landratsamts Miltenberg sowie die beim Arbeitsamt Aschaffenburg geführten Leistungsakten des Klägers beigezogen. Nach den des Weiteren beigezogenen Akten des Bayer. Verwaltungsgerichts Würzburg über einen Rechtsstreit des Klägers und seiner Ehefrau gegen den Beklagten hat das Verwaltungsgericht eine Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers dahingehend, dass ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis bereits für eine Zeit vor dem 07.04.1997 hätte ausgestellt werden müssen, mit rechtskräftigem Urteil vom 12.03.1998 als unbegründet abgewiesen. Wegen der sonstigen Einzelheiten des Tatbestandes wird auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Würzburg vom 11.11.1997 war zulässig, insbesondere statthaft und form- wie fristgerecht eingelegt. Sie konnte aber nur insoweit Erfolg haben, als das SG eine gerichtliche Entscheidung wegen der dem Kläger im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 26.02. 1997 entstandenen Kosten zu Unrecht als unzulässig abgelehnt hat. Im Übrigen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Bundeserziehungsgeld für seine am 1995 geborene Tochter Adrianna für deren beiden ersten Lebensjahre. Wegen des sich bis 29.11.1995 hin erstreckenden Bezugs von Arbeitslosengeld hat der Kläger seinen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld für das erste Lebensjahr wegen des Bezugs von Erziehungsgeld ab dem 09.04.1997 hat er den Anspruch für das zweite Lebensjahr des Kindes auf den Zeitraum vom 24.07.1996 bis 08.04.1997 beschränkt.

Der Beklagte hat die Gewährung von Bundeserziehungsgeld nach dem BErzGG an den Kläger für dessen Tochter Adrianna für die Zeit vor dem 09.04.1997 zu Recht abgelehnt. Der Kläger hatte bis dahin nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs.1 a BErzGG erfüllt.

Nach der ursprünglichen Fassung des BErzGG vom 06.12.1985 (BGBl.I S.2154) hatte einen Anspruch auf Erziehungsgeld, wer - bei Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen - "einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat" ("§ 1 Abs.1 Nr.1 BErzGG). Die Rechtsprechung hat dies für Ausländer um den Vorbehalt des berechtigten Aufenthalts bzw. des als beständig gebilligten Verbleibes im Inland ergänzt (s. BSG vom 14.09.1989 = BSGE 65, 261/265, zuletzt BSG vom 20.12.1990 = SozR 3-7833 § 1 Nr.3). Das Gesetz zur Änderung des BErzGG und anderer Voraussetzungen vom 30.06.1989 (BGBl.I 1297) hat dem Abs.1 des § 1 BErzGG in Konsequenz dieser Rechtsprechung als Satz 2 hinzugefügt: "Für den Anspruch eines Ausländers ist Voraussetzung, dass er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist, die nicht nur für einen bestimmten, seiner Natur nach vorübergehenden Zweck erteilt worden ist". Das Gesetz zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 09.07.1990 (BGBl.I 1354) hat zwischenzeitlich in Art.10 den § 1 Abs.1 Satz 2 BErzGG dahingehend erweitert, dass auch der Besitz einer Aufenthaltsbefugnis für den Anspruch eines Ausländers ausreiche. Das Gesetz zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG) vom 23.06.1993 (BGBl.I 944) hat dies in Art.4 wiederum rückgängig gemacht und statt des bisherigen Abs.1 Satz 2 BErzGG folgenden Abs.1 a eingefügt: "Für den Anspruch eines Ausländers ist Voraussetzung, dass er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist".

Das FKPG vom 23.06.1993 trat nach Art.43 am Tag nach seiner Verkündung, also am 27.06.1993 in Kraft. Es gilt somit auch für den Anspruch des Klägers auf Bundeserziehungsgeld für seine am 1995 geborene Tochter Adrianna. Der Kläger war vor Erhalt der ihm am 07.04.1997 ausgestellten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, also vor der Aushändigung der Aufenthaltserlaubnis am 09.04.1997, nach den von der Rechtsprechung hierzu entwi- ckelten Kriterien nicht "im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis".

Die Rechtsprechung sieht das wesentliche Anliegen der erstmals mit dem ersten BErzGG-Änderungsgesetz vom 30.06.1989, seinerzeit in § 1 Abs.1 Satz 2 BErzGG eingeführten Voraussetzung des Besitzes eines formalen Aufenthaltstitels für den Anspruch eines Ausländers auf Bundeserziehungsgeld in der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Sie hält sich daher strikt an den Wortlaut des § 1 Abs.1 a BErzGG (ursprünglich § 1 Abs.1 Satz 2 BErzGG). Danach kann der Besitz irgendeines anderen als der im Gesetz genannten Aufenthaltstitel - Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis - keinen Anspruch eines Ausländers auf Erziehungsgeld begründen. Das gilt auch für die Bescheinigung nach § 69 Abs.3 Ausländergesetz, wonach bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde über einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung der Aufenthalt des Ausländers als erlaubt gilt. Der Ausländer muss seinerseits auch tatsächlich im Besitz eines der in § 1 Abs.1 a BErzGG genannten Titel sein, nämlich einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis. Das ist erst ab dem Zeitpunkt der Fall, ab dem der Ausländer im Besitz eines Verwaltungsakts der zuständigen Ausländerbehörde ist, mit dem ihm die Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Beim Kläger war dies der 09.04. 1997, also der Tag, an dem ihm die unbefristete Aufenthaltserlaubnis ausgehändigt wurde. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis kann den Besitz des entsprechenden Titels nicht ersetzen. Auch ein Erfolg der beim Kläger vor dem Bayer. Verwaltungsgericht Würzburg angestrengten Fortsetzungsfeststellungsklage hätte dem Kläger somit für seinen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld nichts genützt (s. BSG vom 24.03.1992 = SozR 3-7833 § 1 Nr.7, vom 09.09.1992 = SozR 3-7833 § 1 Nr.10, vom 09.10.1994 = SozR 3-7833 § 1 Nr.12, vom 22.02.1995 = SozR 3-7833 § 1 Nr.14 und vom 28.02.1996 = SozR 3-7833 § 1 Nr.18).

Die Anwendung des § 1 Abs.1 a BErzGG ist beim Kläger nicht durch höherrangiges supranationales oder in innerstaatliches Recht transformiertes internationales Recht ausgeschlossen.

Aus Europäischem Gemeinschaftsrecht kann der Kläger schon deswegen keinen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld herleiten, da er polnischer Staatsangehöriger ist und Polen nicht Mitglied der Europäischen Gemeinschaft ist.

Im Besonderen beruft sich der Kläger auf das Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten und der Republik Polen vom 16.12.1991 (Gesetz vom 26.08.1993 BGBl.II 1316).

In dessen Art.37 Abs.1 heißt es: "Vorbehaltlich der in den einzelnen Mitgliedsstaaten geltenden Bedingungen und Modalitäten wird den Arbeitnehmern polnischer Staatsangehörigkeit, die im Gebiet eines Mitgliedstaates rechtmäßig beschäftigt sind, eine Behandlung gewährt, die hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Entlohnung oder der Entlassung keine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Benachteiligung gegenüber den eigenen Staatsangehörigen bewirkt".

Anders als Art.3 Abs.1 des Beschlusses Nr.3/80 des Assoziationsrats vom 19.09.1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige, der sich in der nationalen Rechtsanwendung unmittelbar umsetzen lässt (EuGH vom 04.05.1999 SozR 3-6935 Allg Nr.4) enthält Art.37 Abs.1 des Assoziations-Abkommens mit Polen einen ausdrücklichen Vorbehalt bezüglich der in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Bedingungen und Modalitäten. Zu den im Erziehungsgeldrecht der Bundesrepublik geltenden Bedingungen und Modalitäten zählt das Erfordernis eines Aufenthaltstitels für einen Ausländer nach § 1 Abs.1 a BErzGG. Für § 1 Abs.3 Bundeskindergeldgesetz hat dies das BSG in seinem Urteil vom 15.10.1998 (SozR 3-6720 Art.38 EG-Abk. Polen Nr.1) festgestellt. Unabhängig davon, wieweit der Begriff der Arbeitsbedingungen im EU-Assoziationsrecht grundsätzlich zu fassen sei, könne das in Art.37 Abs.1 des Europa-Abkommens mit Polen ausgesprochene Benachteiligungsverbot schon wegen des darin festgelegten Vorbehalts keine unmittelbare Rechtsgrundlage für einen polnischen Arbeitnehmer sein.

Anders sieht dies allerdings das Bundesarbeitsgericht in einem Vorlagebeschluss an den EuGH nach Art.177 EGV vom 22.03.2000 (NZA 2000, 828).

In der nach § 57 b III Hochschulrahmengesetz a.F. zulässigen Befristung eines Arbeitsverhältnisses mit einer fremdsprachlichen Lehrkraft hatte der EuGH eine gemeinschaftswidrige Diskriminierung gesehen. In dem dem BAG vorliegenden Fall ging es um ein befristetes Arbeitsverhältnis einer Hochschule mit einer polnischen Lehrkraft für besondere Aufgaben. Es müsse zumindest zweifelhaft erscheinen, so das BAG im Beschluss vom 22.03.2000 a.a.O., ob nicht auch das Gleichbehandlungsgebot des Art.37 Abs.1 des Europa-Abkommens mit Polen die Anwendung des § 57 b III Hochschulrahmengesetz a.F. auch auf polnische Staatsangehörige verbiete. Zwar erscheine die unmittelbare und unbedingte Wirkung des Diskriminierungsverbotes in Art.37 Abs.1 des Europa-Abkommens zweifelhaft, da darin ausdrücklich ein Vorbehalt aufgenommen sei. Unter diesen Vorbehalt könne auch die nationale Regelung des § 57 b III HRG a.F. fallen. Zwingend erscheine dies jedoch nicht. Durch eine solche Auslegung liefe nämlich das Diskriminierungsverbot des Art.37 Abs.1 des Europa-Abkommens mit Polen weitgehend leer. Daher müsse man dem EuGH die Frage vorlegen, ob Art.37 Abs.1 des Europa-Abkommens mit Polen der Anwendung des § 57 b III HRG a.F. entgegenstehe.

Der Senat schließt sich dem nicht an. Ein Festhalten an dem in Art.37 Abs.1 des Europa-Abkommens mit Polen enthaltenen Vorbehalt kann, aber muss - je nach den nationalen Regelungen - nicht zu einem Leerlauf dieser Bestimmung führen, wohingegen umgekehrt die Annahme einer unmittelbaren und unbedingten Wirkung des Gleichbehandlungsgebots nach Art.37 Abs.1 zu einem Leerlauf des Vorbehalts führen würde. Selbst wenn man aber der Auffassung ist, die Auslegung des Art.37 Abs.1 des Europa-Abkommens mit Polen bedürfe bezüglich der Bedeutung des darin ausgesprochenen Vorbehalts einer Entscheidung des EuGH, so ist dies im Fall des Klägers nicht entscheidungserheblich, so dass es im Fall des Klägers auch keiner Vorlage an den EuGH bedarf.

Der Gegenstand, um den es im Fall des Klägers geht, der geltend gemachte Anspruch auf Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz für seine Tochter Adrianna, unterfällt nämlich der speziellen Regelung, die das Europa-Abkommen mit Polen für "Familienzulagen" getroffen hat.

In Art.38 Abs.1 heißt es: "Im Hinblick auf die Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer polnischer Staatsangehörigkeit, die im Gebiet eines Mitgliedstaates rechtmäßig beschäftigt sind, und für deren Familienangehörige, die dort rechtmäßig wohnhaft sind, und vorbehaltlich der in jedem Mitgliedstaat geltenden Bedingungen und Modalitäten ... erhalten die betreffenden Arbeitnehmer Familienzulagen für ihre vorgenannten Familienangehörigen".

Art.39 Abs.1 bestimmt: "Der Assoziationsrat legt durch Beschluss geeignete Bestimmungen zur Erreichung des in Art.38 niedergelegten Zieles fest".

Ein solcher Beschluss ist bisher nicht ergangen. Damit gibt es noch keine assoziationsrechtlichen Regelungen, die bestimmen, ob und auf welche Art und Weise bzw. in welchem Umfang Arbeit- Mitgliedstaaten "Familienzulagen" gewährt werden, so dass auch die Bedeutung des auch in Art.38 Abs.1 ausgesprochenen Vorbehalts zugunsten der mitgliedstaatlichen Regelungen offen bleiben kann.

Auch das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 15.10. 1998 (a.a.O.) die Art.38 und 39 des Europa-Abkommens mit Polen als speziell gegenüber Art.37 Abs.1 gesehen und schon aus diesem Grunde einen Anspruch des dortigen - eines Aufenthaltstitels im Sinne des § 1 Abs.3 BKGG ermangelnden - Klägers auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz abgelehnt, ohne einen Anlass zu einer Vorlage an den EuGH nach Art.177 EGV zu sehen. Der Senat schließt sich dem an.

Auch die vom Kläger zitierten internationalen Abkommen, denen die Bundesrepublik beigetreten ist und die nach § 59 Abs.2 Grundgesetz, wenn nicht ohnehin als allgemeine Regeln des Völkerrechts nach Art.25 GG, innerstaatliche Gültigkeit besitzen, begründen keinen Anspruch des Klägers auf Bundeserziehungsgeld für seine Tochter Adrianna für den streitigen Zeitraum. Soweit es in den vom Kläger zitierten Normen um den universell verbürgten Schutz des Einzelnen vor Eingriffen des Staates in Menschenrechte und Grundfreiheiten geht, berührt dies den Klagegegenstand nicht. Die 1986 eingeführte soziale Einrichtung des Erziehungsgeldes als einer Leistung mit spezifischer pädagogischer Zielsetzung in der ersten Lebensphase des Kindes bei Verzicht der Betreuungsperson auf eine (volle) Erwerbstätigkeit berührt auch nicht die universell verbürgten materiellen Grundbedingungen einer menschenwürdigen Existenz. Vielmehr könnte die Leistung ersatzlos wieder gestrichen werden, ohne dass die Bundesrepublik deswegen ihren Charakter als Sozialstaat verlöre (BSG vom 20.11. 1996 SozR 3-7833 § 6 Nr.13 S.80). Auch soweit darin Rechte von Familien und Kindern angesprochen sind, ließen sich im Übrigen aus der innerstaatlichen Geltung internationaler Abkommen nur unter bestimmten Voraussetzungen konkrete individuelle Ansprüche herleiten. Erforderlich ist, dass eine in das innerstaatliche Recht umgesetzte völkerrechtliche Vertragsbestimmung überhaupt auf Ansprüche Einzelner abzielt und nach Wortlaut, Zweck und Inhalt geeignet ist, wie eine innerstaatliche Gesetzesvorschrift rechtliche Wirkungen auszulösen (BSG vom 09.09.1986 BSGE 60, 230/234, BGH vom 13.10. 1969 in BGHZ 52, 371/383, jeweils mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Soweit in den vom Kläger zitierten Abkommen von Rechten der Familie die Rede ist, sind diese aber zu unspezifisch formuliert, um daraus bestimmte soziale Ansprüche herleiten zu können, bzw. wird es den vertragschließenden Parteien überlassen, mit welchen Maßnahmen sie die vertragsmäßigen Zielvorgaben verwirklichen. Prüft man die in einzelnen Abkommen enthaltenen Diskriminierungsverbote, so in den hier am ehesten einschlägigen Abkommen Art.2 Abs.2 im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.12.1966 (BGBl. 1973 II S.1570) oder Art.16 der Europäischen Sozialcharta vom 18.10. 1961 in Verbindung mit der Präambel (BGBl. 1964 II S.1262, Beitritt Polens allerdings erst am 25.07.1997), so kann das jeweilige Gleichbehandlungsgebot dem Einzelnen gleichfalls nicht mehr verschaffen, als in den betreffenden Abkommen an Rechten in Bezug genommen und an Durchsetzungsmöglichkeiten verbürgt ist (zum Grundsatz der Akzessorietät s. am Beispiel der Europäischen Menschenrechtskonvention Maunz-Dürig Rdz.29 ff. zu Art.3 Abs.3 GG).

Art.2 Abs.2 IPwirtR sagt zwar: "Die Vertragsstaaten verpflichten sich, zu gewährleisten, dass die in diesem Pakt verkündeten Rechte ohne Diskriminierung hinsichtlich der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen und sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status ausgeübt werden". Als "Rechte" des Einzelnen werden in den Art.9 bis 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte aber nur das Recht eines jeden "auf soziale Sicherheit" unter Einschluss der "Sozialversicherung" sowie das Recht auf einen "angemessenen Lebensstandard" für den Einzelnen und seine Familie anerkannt, einschließlich "ausreichender Ernährung, Bekleidung und Unterbringung". Ein den Staatsangehörigen sämtlicher Vertragsstaaten des IPR zustehender Anspruch auf eine spezifische familienpolitische Leistung wie das Erziehungsgeld lässt sich diesen Bestimmungen nicht entnehmen. Auch sieht der für die Verwirklichung der Ziele des Paktes maßgebliche Teil IV lediglich Berichte der Vertragsstaaten und Empfehlungen des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen vor.

Ebenso verhält es sich bei der Europäischen Sozialcharta vom 18.10.1961. Zwar wurde die Europäische Sozialcharta laut Präambel aus der Erwägung heraus beschlossen "dass die Ausübung sozialer Rechte sichergestellt sein muss, und zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Religion, der politischen Meinung, der nationalen Abstammung oder der sozialen Herkunft". Für den Anspruch auf Bundeserziehungsgeld inhaltlich einschlägig wäre allenfalls Art.16 der ESC (BVerwG vom 18.12.1992 in NvWZ 1993, 778). Dort heißt es: "Das Recht der Familie auf sozialen, gesetzlichen und wirtschaftlichen Schutz. Um die erforderlichen Voraussetzungen für die Entfaltung der Familie als einer Grundeinheit der Gesellschaft zu schaffen, verpflichten sich die Vertragsparteien, den wirtschaftlichen, gesetzlichen und sozialen Schutz des Familienlebens zu fördern, insbesondere durch Sozial- und Familienleistungen, steuerliche Maßnahmen, Förderung des Baues familiengerechter Wohnungen, Hilfe für junge Eheleute und andere geeignete Mittel jeglicher Art". Auch in Verbindung mit der Präambel lässt sich aus dieser ganz unspezifischen Vorgabe kein Gleichbehandlungsgebot bezüglich spezieller sozialer Leistungen ableiten. Im Übrigen besteht nach Teil III, der nach Art.38 Bestandteil der Sozialcharta ist, "Einverständnis darüber, dass die Charta rechtliche Verpflichtungen internationalen Charakters enthält, deren Durchführung ausschließlich der in ihrem ,Teil IV vorgesehenen Überwachung unterliegt". Die in Teil IV geregelte "Überwachung" sieht aber lediglich Berichte der Vertragsparteien, eine Prüfung der Berichte durch Ausschüsse sowie Empfehlungen des Ministerkomitees an die Vertragsparteien vor. Demgemäß handelt es sich bei den Regelungen der Europäischen Sozialcharta grundsätzlich nicht um Rechtssätze, die einer unmittelbaren, gerichtlich überprüfbaren Anwendung im innerstaatlichen Recht zugänglich sind (BVerwG vom 18.12.1992 a.a.O. mit Rechtsprechungshinweisen).

Ein genau umrissenes Gleichbehandlungsgebot von "Inländern und Ausländern in der Sozialen Sicherheit" findet sich im Übereinkommen Nr.118 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 28.06.1962 (BGBl. 1971 II S.950), nach dessen Art.2 es jedoch dem einzelnen Mitglied überlassen bleibt, für welche Zweige der Sozialen Sicherheit es sich zur Gleichbehandlung verpflichtet. Die Bundesrepublik Deutschland hat die Verpflichtungen aus Art.2 Abs.1 Buchstaben a, b, c, g und h übernommen, nicht jedoch aus dem Buchst.i, betreffend "Familienleistungen".

Der Kläger kann also auch aus dem Recht der Internationalen Arbeitsorganisation keinen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld für seine Tochter Adrianna herleiten.

Der Kläger hat damit für die Zeit vor dem 09.04.1997 keinen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld für seine Tochter Adrianna, da er bis dahin nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs.1 a BErzGG erfüllt hat und die Anwendung dieser Bestimmung nicht durch höherrangiges supranationales oder internationales Recht ausgeschlossen ist.

Der Senat sieht hierin keinen Anlass zur Aussetzung des Verfahrens und zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art.100 Abs.1 GG. Es fehlt dem Senat an der hierfür notwendigen Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs.1 a BErzGG (Jarass/Pieroth Rdz.10 zu Art.100 GG).

Die Vorenthaltung des Anspruchs auf Bundeserziehungsgeld aufgrund des Ausschlusstatbestandes des § 1 Abs.1 a BErzGG verstößt nicht gegen den Schutz der Familie nach Art.6 Abs.1 GG oder gegen das Sozialstaatsprinzip nach Art.20 Abs.1 GG. Aus diesen Vorschriften lässt sich kein konkreter verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte staatliche Leistungen herleiten, solange die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein der Bürger gewährleistet sind. Dies ist aber eine Aufgabe, die nicht dem Erziehungsgeld zukommt (für das Kindergeld s. BSG vom 15.10. 1998 SozR 3-6720 Art.38/EG-Abk. Polen Nr.1 S.7 mit Rechtsprechungshinweisen).

Das Anknüpfen des den Zugang zum Anspruch auf Bundeserziehungsgeld einschränkenden Tatbestandes des § 1 Abs.1 a BErzGG an die Staatsangehörigkeit verstößt des Weiteren nicht gegen Art.3 Abs.3 GG. Die Staatsangehörigkeit zählt nicht zu den dort aufgezählten Merkmalen, die eine Mindestsicherung gegen Diskriminierungen erreichen sollen (Bundesverfassungsgericht vom 20.03. 1979 SozR 2200 § 1315 Nr.5 S.18).

Auch der allgemeine Gleichheitssatz des Art.3 Abs.1 GG ist nicht verletzt. Im Bereich der darreichenden Verwaltung ist es nach ständiger Rechtsprechung des BSG nicht willkürlich im Sinne des Art.3 Abs.1 GG, wenn der Gesetzgeber nach der Staatsangehörigkeit differenziert (s. z.B. BSG vom 06.09.1995 SozR 3-7833 § 1 Nr.16, vom 03.11.1993 SozR 3-6935 Allg/EWG-Abk. Türkei Nr.1, zur spezifischen Zielsetzung des Erfordernisses eines Aufenthaltstitels für Ausländer nach § 1 Abs.1 a BErzGG als unter Geltung des allgemeinen Gleichheitssatzes zulässigem Differenzierungsmerkmal s. BSG vom 15.10.1998 SozR 3-6720 Art.38/ EG-Abk. Polen Nr.1/S.6 mit REchtsprechungshinweisen; zum weitgehenden Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Bereich der darreichenden Verwaltung auch BVerfG 11, 50).

Der Kläger konnte auch insoweit keinen Erfolg haben, als er begehrt, den Beklagten zur Verzinsung des ihm für seine Tochter Adrianna für den Restzeitraum von deren zweitem Lebensjahr vom 09.04.1997 bis 23.07.1997 bewilligten Bundeserziehungsgeldes zu verurteilen. Die Verzinsung von sozialen Leistungen im Sinne des SGB beginnt nach § 44 Abs.2 SGB I frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger. Der Antrag des Klägers auf Bundeserziehungsgeld für seine Tochter Adrianna war vollständig erst mit Eingang seines Schreibens vom 22.04.1997 am 23.04.1997, als er die ihm am 07.04.1997 vom Landratsamt Miltenberg ausgestellte unbefristete Aufenthaltserlaubnis einreichte. Der Nachweis eines nach § 1 Abs.1 a BErzGG erforderlichen Aufenthaltstitels oblag allein dem Kläger, der Beklagte hatte hierauf keinen Einfluss. Die Bewilligung der Leistung erfolgte innerhalb der Bearbeitungsfrist des § 44 Abs.2 SGB I, nämlich mit Bescheid vom 26.05.1997.

Aufzuheben war das Urteil des SG, soweit darin die Klage wegen der Erstattung der dem Kläger im Widerspruchsverfahren wegen Versagung von Erziehungsgeld für das zweite Lebensjahr seiner Tochter Adrianna entstandenen notwendigen Kosten als unzulässig abgewiesen wurde. Es hätte bereits in die Kostenentscheidung des Sozialgerichts Eingang finden müssen, dass die erweiterte Klage vom 11.07.1997 wegen der Versagung des Bundeserziehungsgeldes für das zweite Lebensjahr der Tochter Adrianna vom 24.07.1996 bis 23.07.1997 für knapp vier Monate, also zu rund einem Drittel, erfolgreich gewesen ist. Die Drittel-Kosten des Widerspruchsverfahrens hätte der Beklagte dem Kläger nach § 63 SGB X bereits im Widerspruchsbescheid vom 17.06.1997 zusprechen müssen. Das SG hätte, anstatt auf das Ausstehen eines weiteren Verwaltungsaktes bezüglich dieses Punktes zu verweisen, dem Kläger in seinem Urteil die entsprechenden Kosten zusprechen müssen. Andererseits kann der Kläger auch keine gesonderten außergerichtlichen Kosten für die gerichtliche Verfolgung seines diesbezüglichen Kostenerstattungsanspruches verlangen, nachdem gerichtlicherseits ohnehin darüber zu entscheiden war (BSG SozR 1500 § 193 Nr.3, zur hier gegebenen Konstellation, vgl. Schroeder-Printzen Rdz.35 zu § 63 SGB X). Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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