L 9 AS 592/12 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 359/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 592/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 2. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Rechtstreit bezüglich der am 10. Februar 2012 erhobenen Klage wird an das Sozialgericht Stuttgart verwiesen.

Gründe:

Der Beschwerdeführer (Bf) und Kläger wendet sich mit seinem am 10. Februar 2012 an das Landessozialgericht Baden-Württemberg gerichteten Begehren gegen den die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz versagenden Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 2. Februar 2012 und hat zugleich Klage gegen den Beschwerdegegner (Bg) wegen des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2012 sowie wegen Auszahlung von Unterkunftskosten an ihn selbst erhoben.

Die Beschwerde des Bf ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (vgl. §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet; das Sozialgericht (SG) hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 2. Februar 2012 im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Soweit der Bf einstweiligen Rechtsschutz bezüglich des Absenkungsbescheids vom 16. Dezember 2011 erstrebt, hat sein Begehren keinen Erfolg.

Einstweiliger Rechtsschutz kommt vorliegend nach § 86b SGG in Betracht. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Widerspruch und Anfechtungsklage haben gemäß § 39 Abs. 1 SGB II bei einem Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruches feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt, keine aufschiebende Wirkung. Einstweiliger Rechtsschutz ist bezüglich des Absenkungsbescheides vom 16. Dezember 2011 insofern grundsätzlich durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zu gewähren.

Das SG hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 2. Februar 2012 im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Allerdings kann die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in diesem Fall nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches sei nach Erlass des Widerspruchsbescheides nicht (mehr) möglich und eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage sei so lange nicht möglich, solange eine Klage nicht erhoben sei, da ansonsten die Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht gewährleistet wäre. Vielmehr ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei einer solchen Konstellation jedenfalls möglich, bis der Widerspruchsbescheid Bindungswirkung erlangt hat. Im Übrigen hat der Bf mit seinem Begehren beim Landessozialgericht am 10. Februar 2012 u. a. Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2012 erhoben.

Dennoch hat das Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches bzw. der Klage keinen Erfolg. Grundlage dieser Entscheidung bildet eine Interessenabwägung, bei der das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug und das private Aufschubinteresse gegeneinander abzuwägen sind (vgl. hierzu Binder in Sozialgerichtsgesetz -Handkommentar-, 2. Auflage, 2005, § 86b, Rn. 13). Hierbei sind auch die Erfolgsaussichten des (Hauptsache-)Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben, die Schwere der Belastung und das Maß späterer Abänderbarkeit zu berücksichtigen (BVerfGE 37,150 [153]; 46, 166 [178f]), sind hierbei i.S. einer dynamischen Betrachtung die Anforderungen an die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs umso so geringer, je schwerer die Behördenentscheidung wirkt (vgl. Binder, a.a.O., § 86b, Rn. 16). Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht zu überspannen, wenn keine schwerwiegende Betroffenheit gegeben ist.

Die Interessenabwägung des Senats führt dazu, dass das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Bf an der einstweiligen ungekürzten Leistungsgewährung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2012 überwiegt. Der Senat berücksichtigt hierbei maßgeblich die fehlenden Erfolgsaussichten des Klageverfahrens. Nach der gebotenen summarischen Überprüfung (vgl. u.a. Binder, a.a.O., § 86b, Rn. 40 m.w.N.) wird der Bf mit seinem Begehren, mit dem er sich gegen die Absenkung seiner Leistungen wendet, voraussichtlich nicht durchdringen können. Der Bescheid des Beklagten dürfte nicht zu beanstanden sein, weil der Bf auch unter Berücksichtigung seines Vorbringens gegen seine Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung vom 18. Juli 2011 verstoßen hat, indem er ab 1. August 2011 unentschuldigt der Arbeit fernblieb sowie damit auch den Abbruch der Maßnahme verursachte und auch über seine Pflichten (u. a. Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung bei Krankheit) sowie die Folgen einer Pflichtverletzung hingewiesen worden war und vor Erlass des Sanktionsbescheides angehört wurde.

Soweit der Bf die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz bezüglich der Auszahlung der Unterkunftskosten an sich selbst erstrebt, hat das SG ebenfalls zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Das SG hat insofern in dem angefochtenen Beschluss die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass diese nicht vorliegen, weil ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich ist, nachdem aus der Absicht des Bf, seinen Vermieter durch eine Mietminderung zu einer Reparatur des Antennenkabelanschlusses zu bewegen, keine gegenwärtige Notlage resultiert, die es erfordern würde, den Bg zur Auszahlung der vollen Unterkunftskosten an den Bf zu verpflichten. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung unter Berücksichtigung des Vorbringens des Bf uneingeschränkt an, sieht zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Gründe ab und weist insofern die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG zurück.

Für die Klage, die am 12. Februar 2012 beim Landessozialgericht ebenfalls erhoben wurde, ist das Landessozialgericht instanziell nicht zuständig, sondern das sachlich und örtlich zuständige Sozialgericht Stuttgart, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich der Kläger wohnt. Deshalb verweist der Senat den Rechtsstreit insofern an das Sozialgericht Stuttgart.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved