L 3 AS 138/12 NZB

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 31 AS 3220/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 138/12 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
§ 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X erfasst jede Anpassung einer einkommensabhängigen Leistung an geänderte Verhältnisse, das heißt neben der teilweisen Bewilligungsaufhebung auch die vollständige Bewilligungsaufhebung.
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 25. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind auch im Beschwerdever-fahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 25. Januar 2012. Er begehrt in der Sache die vollständige Erstattung seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten im Vorverfahren.

Der 1952 geborene Kläger bezog seit Februar 2010 von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs – Grund-sicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Mit Bescheid vom 14. Juli 2010 bewilligte ihm der Beklagte Leistungen für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Januar 2011 in Höhe von monatlich 597,53 EUR. Mit Veränderungsmitteilung vom 15. November 2011 unterrichtete der Kläger den Beklagten über die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Vollzeit ab dem 18. November 2010, woraufhin der Beklagte ihn zur Einreichung von Einkommensbescheinigungen aufforderte. Eine Auszahlung von Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Januar 2011 erfolgte nicht mehr. Nachdem der Kläger eine Einkommensbescheinigung über das Gehalt für den Monat Dezember (Zufluss am 15. des Folgemonats) in Höhe von 1.529,63 EUR vorgelegt hatte, hob der Beklagte mit Aufhebungsbescheid vom 14. Februar 2011 die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Januar 2012 vollständig auf. Der Kläger habe in dieser Zeit Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, welches zum Wegfall der Hilfsbedürftigkeit geführt habe. Eine vorherige Anhörung erfolgte nicht.

Der hiergegen durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2011 als unbegründet zurückgewiesen. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen wurden nicht für erstattungsfähig erachtet.

Hiergegen hat der Kläger am 12. Juli 2012 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass die Aufhebung mangels Anhörung rechtswidrig gewesen sei. Diese könne zwar nachgeholt werden, müsse aber zumindest bei der Kostenentscheidung seine Berücksichtigung finden. Der Kläger hat zunächst beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 14. Februar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juni 2011 aufzuheben (Ziffer I), hilfsweise die ihm im Vorverfahren entstandenen notwenigen außergerichtlichen Aufwendungen zu erstatten und die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für notwendig zu erklären (Ziffer II). Den Klageantrag Ziffer I hat er mit Schriftsatz vom 22. August 2011 zurückgenommen. Zuletzt hat er beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Widerspruchsbescheids vom 10. Juni 2011 zu verurteilen, an ihn die im Vorverfahren entstandenen notwenigen außergerichtlichen Aufwendungen zu erstatten und die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für notwendig zu erachten.

Der Beklagte hat im Klageverfahren ein Teilanerkenntnis abgegeben, mit dem er 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers übernommen hat. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.

Am 2. Mai 2011 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten seine Gebührenabrechnung übermittelt und für das Vorverfahren insgesamt Gebühren in Höhe von 309,40 EUR geltend gemacht.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25. Januar 2012 abgewiesen und festgestellt, dass der Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2011 hinsichtlich der Kostenentscheidung rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Er habe keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten des Vorverfahrens, da sein Widerspruch weder erfolgreich gewesen sei, noch nur deshalb keinen Erfolg gehabt habe, weil die Verletzung einer Verfahrensvorschrift unbeachtlich gewesen sei. Eine Anhörung vor Erlass des Aufhebungsbescheids sei gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 5 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) entbehrlich ge-wesen. Danach könne von der Anhörung abgesehen werden, wenn einkommensunabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen. So liege der Fall hier. Ermächtigungsgrundlage sei vorliegend § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, da nach Erlass des rechtmäßigen Bewilligungsbescheids Einkommen erzielt worden sei, welches zum Wegfall des Leistungsanspruchs geführt habe.

Gegen den ihm am 27. Januar 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27. Februar 2012 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, dass der den Gerichtsbescheid tragende Rechtssatz, wonach § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X besage, dass von der Anhörung abgesehen werden könne, wenn einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden würde, über die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 5. Februar 2004 – B 11 AL 39/03 R) hinausgehe. Danach sei § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X nur in denjenigen Fällen anwendungsfähig, bei denen Sozialleistungen teilweise entfallen. Nach Auffassung des Sozialgerichts gelte § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X hingegen auch dann, wenn die Sozialleistungen auf Grund des Erzielens von Einkommen komplett entfallen. Insoweit bestehe eine Divergenz zwischen der Entscheidung des Sozialgerichts und derjenigen des Bundessozialgerichts. Es liege auch eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin, ob auch dann von der Anhörung nach § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X abgesehen werden könne, wenn das Erzielen von Einkommen dazu führe, dass eine Sozialleistung nicht nur teil-weise, sondern komplett entfalle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde gemäß § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 25. Januar 2012 ist zulässig, insbesondere statthaft.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Ein auf eine Geldleistung gerichteter Verwaltungsakt ist nicht nur gegeben, wenn eine Leistung bewilligt wird, sondern auch, wenn eine Leistung abgelehnt, entzogen, auferlegt, erlassen oder gestundet wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1996 – 1 RK 18/95NZS 1997, 388 [389 f.] = JURIS-Dokument Rdnr 5; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG [10. Aufl., 2012], § 144 Rdnr. 10a). § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Der Wert des Beschwerdegegenstands bestimmt sich danach, welche Leistungen der Kläger begehrt. Hier begehrt er die Übernahme seiner im Vorverfahren entstanden notwendigen Aufwendungen, soweit sie nicht bereits in Höhe von 1/3 von der Beklagten anerkannt wurden. Ausweislich der Gebührenrechnung vom 2. Mai 2011 werden insgesamt außergerichtliche Kosten in Höhe von 309,40 EUR geltend gemacht, so dass unter Abzug der anerkannten Kostenquote noch eine Forderung in Höhe von 206,27 EUR im Streit steht. Damit wird der Grenzwert aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht. Die Voraussetzungen für die Sonderregelung von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG sind ebenfalls nicht erfüllt.

Damit hatte das Sozialgericht über die Zulassung der Berufung zu entscheiden. Es hat die Berufung im angegriffenen Urteil nicht zugelassen.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht begründet.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nummer 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nummer 2) oder ein an der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nummer 3). Keiner dieser Zulassungsgründe ist gegeben.

a) Eine Rechtssache hat dann im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hingegen nicht (vgl. Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 – 5b BJ 118/87SozR 1500 § 160a Nr. 60 = JURIS-Dokument Rdnr. 3; BSG, Beschluss vom 16. Dezember 1993 – 7 BAr 126/93SozR 3-1500 § 160a Nr. 16 = JURIS-Dokument Rdnr. 6; ferner Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28 f. und § 160 Rdnr. 6 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr (vgl. BSG, Beschluss vom 4. September 2013 – B 10 LW 5/13 B – JURIS-Dokument Rdnr. 8, m. w. N.), wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist, wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 14. August 1981 – 12 BK 15/81 – SozR 1300 § 13 Nr. = JURIS-Dokument, jeweils Leitsatz 1; BSG, Beschluss vom 30. März 2005 – B 4 RA 257/04 B – SozR 4-1500 § 160a Nr. 7 = JURIS-Dokument, jeweils Leitsatz 1), wenn sie so gut wie unbestritten ist, wenn sie praktisch außer Zweifel steht oder wenn sich für die Antwort in vorhandenen höchstrichterlichen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben. Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 26. Juni 1975 – 12 BJ 12/75SozR 1500 § 160a Nr. 7 = JURIS-Dokument Rdnr. 2). Hinsichtlich Tatsachenfragen kann über § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Klärung nicht verlangt werden.

Die vorliegende Streitsache wirft keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf.

a) Die Rechtsgrundlagen für einen Anspruch auf Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem Widerspruchsverfahren notwendigen Aufwendungen finden sich in § 63 SGB X. Vorliegend sind insbesondere § 63 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X maßgebend. Zur Auslegung dieser Regelung gibt es hinreichend höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. aus letzter Zeit u. a. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 68/12 R – SozR 4-1300 § 63 Nr. 20). Der vorliegende Fall wirft keine noch nicht geklärte Rechtsfrage auf.

b) Die vom Klägerbevollmächtigte formulierte Rechtsfrage, ob von der Anhörung gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X auch dann abgesehen werden kann, wenn das Erzielen von Einkommen dazu führt, dass eine Sozialleistung nicht nur teilweise, sondern komplett entfällt, ist nicht klärungsbedürftig. Sie lässt sich unmittelbar aus dem Gesetz beantworten.

Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Von der Anhörung kann nach § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X abgesehen werden, wenn einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen. Da § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X keine weiteren Einschränkungen enthält, gilt die Regelung auch für rückwirkende Anpassungen, die nicht an weitere Voraussetzungen als den Zufluss von Einkommen geknüpft sind (vgl. BSG, Urteil vom 5. Februar 2004 – B 11 AL 39/03 RSozR 4-4300 § 128 Nr. 1 = JURIS-Dokument Rdnr. 2 i. V. m. 15; BSG, Urteil vom 21. Februar 2013 – B 10 EG 12/12 R – SozR 4-7837 § 2 Nr. 19 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 30; Sächs. LSG, Urteil vom 18. März 2010 – L 3 AL 213/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 24; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Juni 2012 – L 7 AS 4111/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 20; Hess. LSG, Urteil vom 31. August 2012 – L 7 AS 312/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 63).

§ 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X erfasst jede Anpassung einer einkommensabhängigen Leistung an geänderte Verhältnisse, das heißt neben der teilweisen Bewilligungsaufhebung auch die vollständige Bewilligungsaufhebung. Gegenteiliges lässt sich nicht aus dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 5. Februar 2004 (Az. B 11 AL 39/03 R) herleiten. Das Bundessozialgericht führte in dieser Entscheidung aus, dass es sich beim Arbeitslosengeld nicht um eine Leistung handle, bei der der Anspruch dem Grunde nach von der Frage der Einkommenserzielung abhänge. Von § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X würden jedoch auch Leistungen erfasst, die nur der Höhe nach einkommensabhängig seien und bei Erzielung von Einkommen oberhalb bestimmter Grenzen teilweise entfallen würden (vgl. BSG, Urteil vom 5. Februar 2004, a. a. O., Rdnr. 15). Insoweit wies es auf § 141 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III), der bis zum 31. März 2012 galt (seit 1. April 2012: § 155 SGB III, vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) hin, in dem die Anrechnung von Nebeneinkommen auf das Arbeitslosengeld geregelt war. Diese Anrechnungsregelung war notwendig, weil der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit nur voraussetzte, dass der Arbeitnehmer arbeitslos war, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hatte (vgl. § 117 Abs. 1 SGB III in der vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung; § 118 Abs. 1 SGB III in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung; § 137 Abs. 1 SGB III in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung). Ohne die Anrechnungsregelung hätte Einkommen bei der Berechnung der Höhe des Anspruches auf Arbeitslosengeld nicht berücksichtigt werden können. Insoweit unterschied sich das Arbeitslosengeld von der Arbeitslosenhilfe, das nach § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III i. V. m. §§ 193 f. SGB III (jeweils in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) die Bedürftigkeit des Arbeitnehmers voraussetzte. Das Urteil vom 5. Februar 2004 hat in der – auch vom Klägerbevollmächtigten – zitierten Passage mithin nur die Frage, wie der Begriff der "einkommensabhängigen Leistungen" im Sinne von § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X zu verstehen ist, zum Gegenstand und nicht die Frage, ob von dieser Regelung Voll- oder Teilaufhebungen erfasst werden.

Entsprechendes gilt für das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 21. Februar 2013 (Az. B 10 EG 12/12 R). Unter Bezugnahme auf das Urteil vom 5. Februar 2004 wurde dort entschieden, dass Leistungen, die – wie das Elterngeld – nur der Höhe nach einkommensabhängig seien und bei der Erzielung von Einkommen oberhalb bestimmter Grenzen teilweise entfallen würden, von § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X erfasst würden (vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 2013, a. a. O.). Das Elterngeld ist ähnlich konzipiert wie das Arbeitslosengeld. Die Anspruchsberechtigung nach § 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) hängt nicht von der Bedürftigkeit des Berechtigten ab. Die Anrechnung von anderen Einnahmen erfolgt nur nach Maßgabe von § 3 BEEG. Auch aus dieser Entscheidung lässt sich nichts für die Rechtsauffassung herleiten, § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X sei nur bei Teilaufhebungen anwendbar.

b) Auch der Zulassungsgrund der Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nicht gegeben. Der Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Sozialgerichts entscheidungstragend auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem zur gleichen Rechtsfrage aufgestellten Rechtssatz in einer Entscheidung eines der im § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1989 – 7 BAr 130/88SozR 1500 § 160a Nr. 67 = JURIS-Dokument Rdnr. 7; Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 13). Dabei ist erforderlich, dass das Sozialgericht objektiv von einer solchen höhergerichtlichen Entscheidung abgewichen ist und nicht etwa nur fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl. Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 14a). Für eine solche Divergenz ist hier nichts ersichtlich. Soweit sich der Klägerbevollmächtigte auf eine Divergenz zum Urteil des Bundessozialgerichtes vom 5. Februar 2004 (Az. B 11 AL 39/03 R) beruft, ist diese Entscheidung bereits deshalb nicht einschlägig, weil sie sich nicht zur Frage verhält, ob § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X nur für Teilaufhebungen oder auch für Vollaufhebungen gilt. Entsprechendes gilt für das Urteil vom 21. Februar 2013 (Az. B 10 EG 12/12 R).

c) Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor. Die Zulassung der Berufung aufgrund eines Verfahrensmangels erfordert, dass dieser Mangel nicht nur vorliegt, sondern auch geltend gemacht wird (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Einen Verfahrensmangel hat der Klägern nicht geltend gemacht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).

Dr. Scheer Höhl Krewer
Rechtskraft
Aus
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