L 8 SB 1731/15 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 SB 844/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 1731/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. März 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die von der Klägerin am Montag, den 27.04.2015 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) eingelegte und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) vorgelegte Beschwerde gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 26.03.2015 zugestellten Beschluss des SG vom 20.03.2015 ist gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie gem. § 172 Abs. 1 SGG statthaft, da diese nicht nach § 172 Abs. 3 SGG ausgeschlossen ist.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Beschluss des SG, mit dem das SG die Kosten für das gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholte Gutachten des Dr. B. vom 29.04.2013 nicht auf die Staatskasse übernommen hat, ist nicht zu beanstanden.

Nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die von einem behinderten Menschen beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Angesichts dieser gesetzlichen Regelung steht es im Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es die Kosten dem Antragsteller endgültig auferlegt. Nach der Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen hat (vgl. Hauck in Hennig SGG § 109 RdNr. 44). Dabei kann nicht in jedem Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen an dem Prozessziel des Antragstellers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich beeinflusst haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 RdNr. 11).

Diese Voraussetzungen liegen für das genannte Gutachten nicht vor. Im Hauptsacheverfahren war zwischen den Beteiligten die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit 50 statt bisher 20 streitig. Nach der schriftlichen Anhörung behandelnder Ärzte als sachverständige Zeugen und Einholung von zwei weiteren Gutachten gemäß § 109 SGG (Gutachten PD Dr. S. vom 13.07.2012 und Dr. G. vom 26.11.2103), deren Kosten das SG mit Beschluss vom 20.03.2015 auf die Staatskasse übernommen hat, schlossen die Beteiligten in der öffentlichen Sitzung des SG am 19.02.2015 einen Vergleich, wonach sich der Beklagte insbesondere verpflichtet hat, seit 01.07.2010 den GdB mit 40 und seit 13.07.2012 den GdB mit 50 festzustellen. Der Akte kann bereits nicht entnommen werden, dass das Gutachten des Dr. B. für den Abschluss des Vergleichs von Bedeutung war und damit zur Aufklärung von entscheidungserheblichen medizinischen Sachverhalten beigetragen hat, wie die Klägerin ohne nähere Begründung im Beschwerdeverfahren vorgetragen hat. Hiergegen spricht auch, dass Dr. B. in seinem Gutachten wegen einer Refluxösophagitis mit axialer Hiatushernie (Teil-GdB 15) und einer Helicobacter-assoziierten, aktiven Pankreatitis (ohne GdB) den GdB mit 15 bewertet hat. Ein Einzel-GdB von 15 ist nach der Rechtsprechung des Senats bei der Bildung des Gesamt-GdB, jedenfalls zur Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft, grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (z.B. Senatsurteil vom 26.09.2014 - L 8 SB 4361/12 -, nicht veröffentlicht). Zudem hat Dr. B. in seinem Gutachten beschrieben, dass die Klägerin unter einer medikamentösen Therapie beschwerdearm ist, weshalb seine Bewertung des GdB von 15 nach den Bewertungsvorgaben der VG Teil B 10.1 auch überhöht erscheint.

Damit hat das Gutachten, gemessen am Prozessziel der Klägerin, keine zusätzlichen für die Sachaufklärung bedeutsamen Gesichtspunkte erbracht, das Prozessziel der Klägerin also nicht objektiv gefördert und war auch objektiv für den Ausgang des Rechtsstreites nicht von wesentlicher Bedeutung. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt, die Kosten der Begutachtung durch Dr. B. ganz oder teilweise auf die Staatskasse zu übernehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG (ebenso Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 176 RdNr. 5a m.w.N). Im Verfahren zur nachträglichen Kostenübernahme eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens ist der Beklagte des Hauptsacheverfahrens nicht beteiligt. Im mit nur einem Verfahrensbeteiligten ausgestalteten Rechtsbehelfsverfahren - vergleichbar mit Rechtsbehelfs-verfahren gegen ein Ordnungsmittel - entspricht die ausgesprochene Kostenfolge billigem Ermessen (ständige Rechtsprechung des Senats; ebenso der 13. Senat, Beschluss vom 06.05.2009 - L 13 R 339/09 KO-B -, veröffentlicht im Internet: www.sozialgerichtsbarkeit.de und juris).

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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