L 9 R 1124/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 2892/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1124/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1956 geborene Kläger hat zwischen 1971 und 1974 im Rahmen einer dreijährigen Ausbildung den Beruf des Schlossers erlernt und war bis 2005 bei der M. AG im Zweischichtbetrieb mit der Wartung und der Reparatur von Fleiß-Bändern beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis endete durch einen Aufhebungsvertrag und Zahlung einer Abfindung. Vom 01.11.2005 bis 31.12.2007 sind im Versicherungsverlauf des Klägers Pflichtbeitragszeiten für Pflegetätigkeit gespeichert.

Am 01.08.2008 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung wegen anhaltender, starker Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Angstzuständen, Alpträumen, Sodbrennen, Gliederschmerzen, Problemen beim Wasserlassen, Konzentrationsmangel und Aggressivität. Hierzu legte er Befundberichte des Orthopäden Dr. S., der S.-Klinik, A., über einen stationären Aufenthalt vom 18.03.2008 bis 07.05.2008, des Neurologen Dr. J. vom 12.02.2008, den Entlassbrief der R.klinik, Bad W., vom 29.01.2008 über einen stationären Aufenthalt vom 14.01.2008 bis 30.01.2008, einen Bericht des Facharztes für psychotherapeutische Medizin Prof. Dr. R. vom 22.10.2007 und einen Bericht der Reha-Klinik Ü. über einen stationären Aufenthalt vom 02.12.2003 bis 03.01.2004 vor.

In dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen fachorthopädischen Gutachten vom 25.09.2008 stellte Dr. R. ein degeneratives Lumbalsyndrom bei Bandscheibenprotrusion L2/3, L4/5, einen kleinen Bandscheibenprolaps (asymptomatisch) L5/S1 sowie einen Zustand nach vorderer Kreuzbandruptur nach Drahtdurchziehung/Fixation Knie links - Chondromalazie Grad II, geringe Patelladysplasie Typ I nach Wiberg fest. Als wesentliche fachfremde Diagnose gab er eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei reaktiver Depression - mittelgradige depressive Episode an. In der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Schlosser bestehe auf orthopädischem Fachgebiet ein quantitatives Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr mit qualitativen Einschränkungen. Diese Einschränkungen bestünden ausschließlich für schweres Heben und Tragen, Wirbelsäulenzwangshaltungen überwiegend gebückt sowie anhaltende seitliche Rumpffehlbelastungen. Entsprechend bestehe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ebenfalls ein vollschichtiges Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr.

Mit Bescheid vom 08.10.2008 lehnte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruches verwies der Kläger auf die fachärztliche Bescheinigung von Prof. Dr. R. vom 20.11.2008, wonach er sich seit einem Jahr wegen einer mittelgradigen depressiven Episode und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung bei erheblicher Traumatisierung in der Kindheit und Jugend (Traumafolgenstörung) in dessen ambulanter Behandlung befinde. Die Schwere des Krankheitsbildes führe zur Erwerbsunfähigkeit.

Die Beklagte gab hierauf ein Gutachten beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dipl. med. G. in Auftrag. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 02.04.2009 u. a. unter Berücksichtigung des Kurzbriefes des Klinikums N. C. vom 30.03.2009 über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 25.02.2009 bis 31.03.2009, eines Berichtes des Orthopäden Dr. S. vom 12.01.2009 und eines sozialmedizinischen Gutachtens des MdK Baden-Württemberg vom 28.10.2008 neben den bereits im orthopädischen Gutachten genannten Einschränkungen eine abgeklungene mittelgradige depressive Episode und verschiedene Aggravationstendenzen bei Rentenwunsch, welche das Vorliegen einer anhaltend somatoformen Schmerzstörung ausschlössen, sowie eine vorbenannte Hochtonschwerhörigkeit fest. Er schloss sich der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung im orthopädischen Fachgutachten an. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 03.07.2009 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und sich zur Begründung auf ein sozialmedizinisches Gutachten des MdK Baden-Württemberg vom 30.07.2009 bezogen. Das SG hat zunächst aus dem parallel anhängigen Schwerbehindertenverfahren (S 10 SB 1612/09) die sachverständige Zeugenaussage des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. H. vom 23.07.2009, die sachverständige Zeugenaussage des Orthopäden Dr. S. vom 27.07.2009, des Facharztes für Urologie Dr. C. vom 01.08.2009, des Hausarztes Dr. L. vom 12.08.2009 einschließlich der von diesen vorgelegten weiteren Befundberichte beigezogen. U.a. liegt der Bericht des Klinikums N. vom 06.05.2009 vor, wo sich der Kläger wegen einer mittelgradigen depressiven Episode, einer somatoformen Schmerzstörung und einer primär selbstunsicheren Persönlichkeit mit erheblicher Traumatisierung in der Kindheit in stationärer Behandlung befunden hat. Das SG hat zudem den Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. H., den Hausarzt Dr. L., den Chefarzt des Klinikums N. Dr. L., den Orthopäden Dr. S. sowie den Facharzt für psychotherapeutische Medizin Prof. Dr. R. als sachverständige Zeugen gehört. Wegen der gemachten Angaben wird auf Blatt 98 bis 122 und 126 bis 131 der SG-Akten verwiesen. Der Kläger hat darüber hinaus einen Bericht des K.hospitals S. vom 21.12.2009 über die Operation am linken Auge am 21.12.2009 vorgelegt.

Im vom SG in Auftrag gegebenen nervenärztlichen Gutachten vom 09.09.2010 der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. hat diese eine chronisch somatoforme Schmerzstörung, eine mittelschwere depressive Episode bei primär-selbstunsicherer Persönlichkeit und schweren Traumatisierungen in der Kindheit, einen Alkohol-und Benzodiazepinmissbrauch, ein chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom bei Multisegmentprotrusion L2 bis 4 und NPP L5/S1 ohne neurologische Ausfälle festgestellt. Dem Kläger seien leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen oder überwiegend sitzend, ohne ständige Zwangshaltungen (Überkopfarbeiten, Rumpfvorneige), ohne ständiges Bücken, ohne häufiges Treppensteigen, ohne Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten oder an laufenden Maschinen möglich. Auszuschließen seien weiter Akkord- und Fließbandarbeit und Tätigkeiten unter ungünstigen klimatischen Verhältnissen, insbesondere Kälte und Nässe. Eine Beeinträchtigung von Gehör- und Sehvermögen bestehe nicht. Publikumsverkehr sei nur eingeschränkt möglich (keine größeren Menschenmengen mit dem Erfordernis der Kommunikation und Problemlösung in diesem Rahmen), ebenso Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Anpassungs- und Umstellungsvermögen erforderten oder unter besonderer nervlicher Belastung erfolgen. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger Tätigkeiten auch sechs Stunden täglich und mehr ausüben. Er sei darüber hinaus in der Lage, viermal täglich einen Fußweg von 500 m in jeweils 15 bis 18 Minuten als Arbeitsweg zurückzulegen. Er sei ebenso in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen oder einen Pkw zu führen.

Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG die Fachärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie N., Klinikum N., mit der Erstellung eines weiteren Gutachtes beauftragt. Diese hat in ihrem Gutachten vom 11.03.2011 eine posttraumatische Belastungsstörung, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, emotional instabilen sowie selbst unsicheren Anteilen sowie einen Alkoholabusus festgestellt. Sie hat den Kläger für leistungsunfähig und nicht mehr in der Lage gesehen, leichte Tätigkeiten in Tagesschicht von drei Stunden oder mehr auszuüben. Bei ihm bestehe eine extreme Einschränkung in Bezug auf psychische und physische Belastbarkeit und Ausdauer, Konzentrations- und Reaktionsvermögen, Umstellungs- und Anpassungsvermögen, soziale Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit. Darüber hinaus bestünden Einschränkungen in Bezug auf Heben, Tragen oder Bewegen von schweren oder mittelschweren Lasten, dauerndes Stehen, Gehen oder Sitzen, gleichförmige Körperhaltungen wie Seitneigungen, häufiges Bücken, Ersteigen von Treppen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Überkopfarbeiten, Arbeiten an laufenden Maschinen, Akkord-, Fließband- und Nachtarbeit, Arbeiten bei schwankenden Temperaturen, Arbeiten im Freien, Arbeiten bei Publikumsverkehr, Arbeiten mit Verantwortung für Personen und Maschinen, Arbeiten unter Zeitdruck, Arbeiten, die ausreichendes Konzentrations- und Reaktionsvermögen, Umstellungs- und Anpassungsvermögen erforderten sowie Arbeiten unter nervlicher Belastung. Aufgrund der äußerst geminderten psychischen und physischen Belastbarkeit und Ausdauer, Antriebslosigkeit, ständiger Müdigkeit mit stark ausgeprägtem Morgentief, Angstzuständen, innerer Unruhe und Angespanntheit, geringer Frustrations- und Stresstoleranz mit hoher Erregbarkeit und Neigung zu Affektausbrüchen, Flashbacks, Intrusionen sowie dauernden Schmerzen könne der Kläger ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit keine Tätigkeit ausüben. Dieser Gesundheitszustand bestehe unverändert seit mindestens der Antragstellung.

Für die Beklagte hat Dr. L. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 05.04.2011 Einwendungen gegen die Beurteilung im Gutachten der nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörten Sachverständigen erhoben.

Darüber hinaus hat das SG Dr. E. unter dem 18.05.2011 ergänzend gehört, die keinen Anlass sah, die von ihr getroffene Einschätzung zu revidieren.

Die Beklagte hat als mögliche Verweisungstätigkeiten die Tätigkeiten als Schloss- und Schlüsselmacher in der Montageabteilung der Schloss- und Beschlagindustrie oder ggf. die Tätigkeit eines Schlossers in der Anlagenüberwachung benannt. Darüber hinaus benannte sie die Tätigkeiten als Poststellenmitarbeiter im öffentlichen Dienst/bei einem größeren Unternehmen oder die des Registrators im öffentlichen Dienst als gesundheitlich und sozial zumutbare Verweisungstätigkeiten.

Der Kläger war der Auffassung, dass er weder die körperlichen noch die geistig/psychischen Anforderungen der benannten Verweisungstätigkeiten erfülle, noch in der Lage sei, sich innerhalb von drei Monaten in die genannten Tätigkeiten einzuarbeiten.

Mit Urteil vom 02.02.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Es schloss sich zur Begründung dem Gutachten von Dr. E. an. Eine dauerhafte Leistungsminderung lasse sich auch nicht mit dem Gutachten von Frau N. begründen. Dem Kläger stehe auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Insoweit bestehe zwar Berufsschutz aufgrund des erlernten Berufes als Schlosser. Der Kläger könne aber auf die Verweisungstätigkeit eines Registrators oder auch auf eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter im öffentlichen Dienst/bei einem größeren Unternehmen verwiesen werden. Die genannten Verweisungstätigkeiten seien dem Kläger sozial wie auch gesundheitlich zumutbar.

Gegen das ihm am 23.02.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.03.2012 Berufung eingelegt und zur Begründung Einwendungen gegen die Beurteilung von Dr. E. erhoben. Er hält daran fest, Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu haben und dass er darüber hinaus auch nicht zumutbar auf die Tätigkeit eines Registrators verwiesen werden könne.

Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen eines fachpsychiatrischen Gutachtens bei Dr. S., W ... Dieser stellt in seinem Gutachten vom 27.12.2012 eine leichtgradige depressive Episode, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und kombinierte Persönlichkeitsstörungen von narzisstischen, emotional-instabilen und dissozialen Anteilen fest, aus denen Funktionsbeeinträchtigungen in Bezug auf die Stressbelastbarkeit, die mentale Flexibilität, die sozialen Kompetenzen sowie die körperliche Belastbarkeit resultierten. Es hätten sich klare Hinweise auf aggravatorische Verhaltenstendenzen ergeben, klar nachzuweisen seien eine Neigung zu negativen Antwortverzerrungen und instruktionswidrigen Anstrengungsminderleistungen. Die auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen führten zu relevanten qualitativen Leistungsdefiziten, die vom Sachverständigen näher ausführt wurden. Das zeitliche Leistungsvermögen sei dadurch jedoch nicht beeinträchtigt. Es hätten sich keine Hinweise auf Störungen basaler Motivations- und Antriebsfunktionen, die sich etwa in relevanten Antriebsstörungen oder erhöhter Ermüdbarkeit manifestiert hätten, ergeben. Auch seien die diagnostizierten Gesundheitsstörungen für sich genommen nicht in der Lage, anhaltend eine solche Antriebs- und Leistungsdefizienz zu begründen. Bei Ausschluss relevanter basaler Motivations- und Antriebsfunktionen und fehlenden Hinweisen für eine erhöhte Ermüdbarkeit sei der Proband in der Lage, berufliche Tätigkeiten, die den qualitativen Leistungsdefiziten Rechnung trügen, zeitlich vollschichtig an fünf Tagen pro Woche abzuleisten.

Der Kläger hat Einwendungen gegen das Gutachten, insbesondere zu den vom Gutachter verwendeten Testverfahren, erhoben. Er hat darüber hinaus weitere Arztberichte vorgelegt:

Den Kurzbrief der R.-Klinik vom 29.04.2013 mit den Diagnosen chronische Lumbago bei Zustand nach BSV und Facettengelenk-Syndrom mit Verdacht auf analgetikainduzierte Schmerzkomponente, rezidivierende depressive Episode, gegenwärtig mittelgradige Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Schulterschmerz links bei Verdacht auf Impingementsyndrom. Einen Bericht des Orthopäden Dr. S. vom 03.03.2011 über eine seit einem halben Jahr bestehende schmerzhafte Einschränkung der Schulterbeweglichkeit rechts. Einen Bericht des Orthopäden Dr. R. vom 05.04.2011 mit der Diagnose Schultersteife rechts, Impingement rechte Schulter. Den Bericht des Neurologen und Psychiaters K. vom 15.05.2012, der über eine Kernspintomographie des Schädels berichtete. Es hätten sich leichte Äquivalente einer vaskulären Enzephalopathie gefunden, die zumindest kognitive Beeinträchtigungen mitverursachen könnten. Ein gravierender Befund bzw. ein weitergehender hirnathrophischer Prozess sei nicht nachweisbar. Den vorläufigen Entlassungsbericht der S. Klinik R. vom 03.12.2013. Dort werden die Diagnosen einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, Hypakusis, Meniskusschädigung und Chondropathie rechts, operativ versorgt, gemischte Hyperlipidämie, Spinalkanalstenose: lumbaler Bereich, eines Impingement-Syndroms der Schultern beidseits, Zustand nach Fraktur des rechten Sprunggelenkes, osteosynthetisch versorgt, angegeben. Die ärztliche Bescheinigung des Neurologen und Psychiaters Dr. D. vom 22.01.2014, der bescheinigte, dass der Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet an einer chronisch-fluktuierenden depressiven Störung mit Anhedonie, Antriebsminderung, Insuffizienzerleben, rascher Erschöpfung, Angst- und Unruhezuständen sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leide. Aus seiner Sicht sei der Kläger nicht mehr in der Lage, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das psychologische Attest des Diplom-Psychologen G. vom 29.01.2014, der bestätigte, dass der Kläger seit dem 05.04.2013 in einer tiefenpsychologisch fundierten psychotherapeutischen Behandlung sei. Er stellte die Diagnosen einer mittelgradigen rezidivierenden depressiven Störung und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Auch aus seiner Sicht sei der Kläger nicht in der Lage, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Hausarzt Dr. L. bescheinigte unter dem 28.01.2014, dass der Kläger unter einer posttraumatischen Belastungsstörung und rezidivierenden mittelgradigen depressiven Episoden und einer ausgeprägten somatoformen Schmerzstörung mit Angst, Unsicherheit und schneller Erschöpfung leide. Er klage vor allem über Rückenschmerzen aber auch über Gliederbeschwerden. Im Bereich der Schultern bestehe eine AC-Gelenksarthrose mit Impingementsyndrom. Den Bericht der d.-Fachklinik, E., vom 08.10.2014 wo sich der Kläger vom 15.09.2014 bis 19.09.2014 zur Durchführung eines Assessment-Center "Integration und Optimierung der Depressionsbehandlung" aufhielt. Dort wurden die Diagnosen einer andauernden Persönlichkeitsänderung, Trauma in der Kindheit, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, posttraumatische Belastungsstörung, Zustand nach Alkohol-Abhängigkeitssyndrom, Zustand nach Tabak-Abhängigkeitssyndrom gestellt. Bei der Schwere der Störung seien ambulante Maßnahmen derzeit nicht ausreichend. Es bedürfe eines intensiveren Behandlungssettings mit multimodalem Therapieansatz und einer Herausnahme aus dem Alltagsumfeld, um die aktuellen Krankheitssymptome wirksam zu reduzieren und dem Patienten die Gelegenheit zu geben, sich tiefergehend auf eine Bearbeitung der Problematik einzulassen. Insofern sei eine stationäre Rehabilitationsbehandlung mit Schwerpunkt Traumabehandlung indiziert. Der Kläger nahm vom 21.01.2015 bis zum 03.03.2015 an einer tagesklinischen Behandlung in der d.-Fachklinik E., im Rahmen des Projekts "psychotherapeutische akut-Tagesklinik PAkT" teil. In dem Entlassungsbericht vom 10.03.2015 werden eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung in der Kindheit/Jugend, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, posttraumatische Belastungsstörung, psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak, Abhängigkeitssyndrom, Zustand nach psychischen und Verhaltensstörungen durch Alkohol, Abhängigkeitssyndrom, Impingementsyndrom beider Schultern, Radikulopathie im Lumbosakralbereich angegeben. In dem zuletzt ausgeübten Beruf als Schlosser sei der Kläger nur noch in einem zeitlichen Umfang von unter drei Stunden leistungsfähig. Auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten leichte Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von wahrscheinlich unter drei Stunden ausgeübt werden. Hinsichtlich der Arbeitsorganisation sei der Kläger in der Lage, in Tagesschicht zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen, überwiegend im Sitzen zu arbeiten. Dabei bestünden Einschränkungen der Stressbelastbarkeit, der Konzentrationsfähigkeit, der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, beim Heben, Tragen und Bewegen von Lasten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Für die Beklagte hat Dr. S. in den sozialmedizinischen Stellungnahmen vom 04.04.2014, 15.01.2015, 31.03.2015 und 22.05.2015 darauf hingewiesen, dass sich dem Entlassungsbericht der Klinik R. ein insgesamt sehr positiver Verlauf entnehmen lasse. Die Psychopharmaka-Medikation habe er gut vertragen, und eine Schmerzmedikation sei zuletzt nur noch in der Form der Einnahme einer Tablette Ibuprofen 600 erforderlich gewesen, die auch noch als weiter reduzierbar angesehen worden sei. Eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens lasse sich dem Bericht in keiner Weise entnehmen. Soweit die d.-Fachklinik eine erneute psychiatrische Fachbegutachtung des Klägers zur differenzierten sozialmedizinischen Beurteilung seines Leistungsvermögens für empfehlenswert erachte, stimme er dem zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Er wird deshalb durch die angefochtenen Entscheidungen nicht in seinen Rechten verletzt.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er (zumindest) zumutbare Tätigkeiten als Poststellenmitarbeiter arbeitstäglich sechs Stunden und mehr verrichten kann. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren und des Ergebnisses der weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren nach eigener Überprüfung an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist anzumerken, dass der Kläger schon nicht berufsunfähig ist und damit kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht. Kann der Kläger aber zumutbar auf die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters verwiesen werden, liegt erst recht keine teilweise oder volle Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI vor.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 43 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind sowie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.

Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Facharbeiter sind dementsprechend nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar (BSG, Urteil vom 30.09.1987, 5b RJ 20/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29.03.1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).

Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.

Gemessen daran ist der Kläger, auch wenn er seinem seit 1971 ausgeübten bisherigen Beruf als Schlosser in der Instandhaltung mit Wartungs- und Reparaturaufgaben nicht mehr nachgehen kann und diese Tätigkeit nach dreijähriger abgeschlossener Berufsausbildung als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist, jedenfalls auf sozial zumutbare angelernte Tätigkeiten eines Poststellenmitarbeiters, die er in einem Umfang von sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann, verweisbar und damit nicht berufsunfähig und nicht erwerbsgemindert. Soweit der Kläger erstmals im Gutachten von Dr. N. geltend macht, sich zum Vorarbeiter und später zum stellvertretenden Gruppenmeister hochgearbeitet zu haben, rechtfertigt dies noch nicht die Einstufung zum Leitberuf des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion, der Spitzengruppe des Berufsgruppensystems, zu der neben dem Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion auch Spezialfacharbeiter, Meister und Berufe mit Fachschulqualifikation gehören. Eine entsprechend hochqualifizierte Tätigkeit hat der Kläger jedoch nicht ausgeübt, da seine Arbeit im Wesentlichen - wie er gegenüber Dr. N. und in Übereinstimmung mit den Angaben im Gutachten von Dr. E. und Dipl. med. G. berichtet hat - im Bereich der Instandhaltung, Wartung und Überwachung von Anlagen lag, wo er schweißen, richten, sägen, bohren, schleifen, fräsen und feilen musste. Eine Weisungsbefugnis gegenüber anderen Facharbeitern im nennenswerten Umfang vermag der Senat den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen. Als stellvertretendem Gruppenmeister sind dem Kläger auch nicht prägend für seine Tätigkeit Führungsaufgaben zugekommen, die es erlaubten, ihn der Gruppe der Meister gleichzustellen. Der Kläger hatte zudem in den Selbstauskunftsbögen zur Arbeitsplatzbeschreibung im Rahmen der Anträge auf medizinische Rehabilitation vom 22.10.2003 und 11.07.2005 lediglich eine bisherige Tätigkeit als Facharbeiter angegeben. Die - mögliche und vorgegebene - Antwortoption von "Führungsaufgaben" bzw. "Mitarbeiterführung" wurde von ihm gerade nicht angekreuzt. Auf den entsprechenden Einwand der Beklagten hat der Kläger seinen Vortrag auch nicht mehr weiter untermauert. Die Voraussetzungen für die Einstufung des Klägers als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion liegen damit nicht vor.

Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats zumutbar auf eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter nach Entgeltgruppe 3 des Teil I "Allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst" der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) - eingeführt mit Änderungstarifvertrag Nr. 4 vom 02.01.2012 zum TV-L - verweisbar. Entsprechende Tätigkeiten existieren auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichendem Umfang, was sich aus dem Urteil des 13. Senat des LSG Baden-Württemberg vom 25.09.2012 (L 13 R 4924/09, juris) nach dessen umfangreichen Ermittlungen (Arbeitgeberauskünfte im Bereich des öffentlichen Dienstes, der gesetzlichen Krankenkassen sowie der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen, wonach bereits Arbeitgeber des süddeutschen Raumes eine signifikante Anzahl an entsprechenden Beschäftigungsverhältnissen, die keine abgeschlossene Berufsausbildung und eine Anlernzeit von max. drei Monaten erfordern und für betriebsfremde Personen offen stehen, bestätigt haben, bei welchen die Eingruppierung von Anfang an in der Entgeltgruppe 3 der Entgeltordnung zum TV-L bzw. in der entsprechenden Entgeltgruppe nach dem Tarifvertrag für die Verbandsmitglieder der Tarifgemeinschaft der Deutschen Rentenversicherung [TV-TgDRV] bzw. dem BAT AOK erfolgt, soweit die Tätigkeit bei Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes ausgeübt wird) ergibt. Diesen Feststellungen des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg schließt sich der erkennende Senat an und macht sie sich in vollem Umfang zu Eigen (ständige Rechtsprechung des Senats, Urteil vom 20.11.2012 - L 9 R 2980/09 -, Urteil vom 22.11.2012 - L 9 R 559/10 -).

Der Kläger kann nach Auffassung des Senats die für die Ausübung der genannten Verweisungstätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten auch innerhalb von drei Monaten erwerben. Die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters umfasst die Entgegennahme und das Öffnen der täglichen Eingangspost (Postsäcke, Postkörbe, Pakete, Briefsendungen, u.a.) sowie der Hauspost, die Entnahme des Inhaltes von Postsendungen, die Überprüfung der Vollständigkeit, das Anbringen eines Posteingangsstempels bzw. eines Eingangs-/Weiterleitungsvermerkes, das Anklammern der Anlagen; das Auszeichnen, Sortieren und Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen. Daneben bereiten Poststellenmitarbeiter die Ausgangspost vor. Dies geschieht durch Falzen und Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und Beschriften der ausgehenden Aktenpost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 15.04.2011 - L 5 R 331/09 -, juris Rn. 38; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2006 - L 10 R 953/05 -, sozialgerichtsbarkeit.de). Hierbei handelt es sich regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z. T. in Großraumbüros (Poststelle). Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen sowie die Feinmotorik der Hände; ausreichend sind durchschnittliche Lese- und Schreibkenntnisse (Hessisches LSG a.a.O.). Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über zehn Kilogramm gehoben bzw. getragen werden müssen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch zumindest in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in einer Poststelle; denn der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle wird dort regelmäßig von wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen (LSG Baden-Württemberg - L 10 R 953/05 -, a.a.O.).

Der Kläger wird danach mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen dem gesundheitlichen Belastungsprofil der in Rede stehenden Verweisungstätigkeit gerecht. Einschränkungen, die dem oben genannten Anforderungsprofil entgegenstünden, lassen sich dem Gutachten von Dr. R., dem der Senat folgt, auf orthopädischem Fachgebiet nicht entnehmen. Danach besteht ein degeneratives Lumbalsyndrom bei Bandscheibenprotrusion L2/3, L4/5 und ein kleiner Bandscheibenprolaps (asymptomatisch) L5/S1. Darüber hinaus besteht ein Zustand nach einer vorderen Kreuzbandruptur mit Drahtdurchziehung/Fixation Knie links bei einer Chondromalazie Grad 2. Der Bandscheibenvorfall im Bereich des Segment des L5/S1 hat nicht zum Nachweis akuter radikulärer Ausfälle der oberen oder unteren Extremitäten geführt, wie dies auch bereits im neurologischen Befund der R.klinik vom 29.01.2008 vermerkt wurde. Auch dort waren die Zeichen nach Lasègue und Bragard bds. negativ und keine peripheren sensiblen oder motorischen Defizite nachweisbar. An den oberen und unteren Extremitäten bestanden keine sensomotorischen Ausfälle, keine Fußheber- oder -senkerschwäche, keine Abduktoren-, Adduktoren- oder Hüftbeugerschwäche. Schließlich bestand keine wesentliche Einschränkung der Gehfähigkeit nach nahezu uneingeschränkter beidseitiger Beweglichkeit der Knie- und Hüftgelenke. Die wegen der bestehenden Schmerzen, die mit dem Bandscheibenprolaps einhergehen, sich ergebenden qualitativen Einschränkungen bestehen für den Senat schlüssig und überzeugend ausschließlich für das schwere Heben und Tragen, für Wirbelsäulenzwangshaltungen überwiegend gebückt sowie für zeitlich anhaltende Rumpffehlbelastungen. Dies hat auch der behandelnde Orthopäde Dr. S. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 26.01.2010 vor dem SG mit seiner Zustimmung zur Leistungsbeurteilung in den Rentengutachten vom 24.09.2008 und 08.04.2009, die ihm vorgelegen haben, bestätigt. Eine andere Beurteilung lässt sich den vorgelegten Berichten etwa der S. Klinik R. vom 03.12.2013, die zwar eine Meniskusschädigung und Chondromalazie rechts, operativ versorgt, eine Spinalkanalstenose im Lumbalbereich und ein Impingementsyndrom der Schultern beidseits angegeben haben, hierzu aber keine Befunde dargelegt haben, belegen. Im nachfolgenden Bericht der d.-Fachklinik vom 08.10.2014 gab der Kläger bezogen auf den somatischen Bereich lediglich Rückenprobleme an den Bandscheiben, Kopfschmerzen und Gelenkbeschwerden an. Im körperlichen Aufnahmebefund waren die Wirbelsäule als frei beweglich mit Verspannungen der Schulter-Nacken-Muskulatur und Hyperkyphosierung der BWS, ein Klopfschmerz im LWS-Bereich, Klopfschmerz im HWS-Bereich sowie eine nach beiden Seiten dolent eingeschränkte Kopfbeweglichkeit festgestellt worden. Für den Bereich der großen Gelenke war das Schultergelenk links und rechts schmerzhaft eingeschränkt gewesen, es habe ein Kribbeln in beiden Handflächen und links digitus 3 und 4, rechts digitus 4 und 5 bestanden, ansonsten keine Sensibilitätsstörungen. Außerdem wurde über Knieschmerzen links berichtet, allerdings ohne eindeutiges Meniskuszeichen. Der Senat vermag hieraus keine wesentliche Verschlechterung im Vergleich zu den Befunden, die Dr. R. in seinem Gutachten erhoben hat und die durch weitere Berichte belegt sind, festzustellen. Die Beschwerden im Bereich der oberen und unteren Extremitäten führen nicht dazu, dass die oben genannten Tätigkeiten im Bereich einer Poststelle nicht weiter ausgeübt werden könnten, da Überkopfarbeiten – wegen der Einschränkungen im Bereich der Schultern – nicht zu erwarten sind und die Einschränkungen im Bereich der Beine nicht so ausgeprägt sind, dass hierdurch die Gehfähigkeit wesentlich beeinträchtigt ist. Hierfür ist aus den vorgelegten Befundberichten nichts ersichtlich. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit in einer Poststelle überwiegend im Sitzen ausgeübt wird und nur zeitweise ein Stehen und Gehen erfordert. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus dem weiteren Bericht der d.-Fachklinik vom 10.03.2015, wo sich der Kläger vom 21.01.2015 bis zum 03.03.2015 in tagesklinischer Behandlung befunden hat. Abgesehen von einem Impingementsyndrom beider Schultern und der bekannten Radikulopathie im lumbosakralen Bereich werden dort keine weitergehenden funktionellen Einschränkungen (mehr) im Bereich der oberen und unteren Extremitäten beschrieben, die Auswirkungen auf die Fähigkeit einer Tätigkeit in einer Poststelle nachgehen zu können, haben könnten. Die Notwendigkeit einer fachorthopädischen Behandlung und insbesondere einen durch eine solche nicht besserungsfähigen Zustand hat der Kläger weder geltend gemacht, noch lässt sich solches den zahlreichen Befundberichten, die der Kläger nach Vorlage des Gutachtens von Dr. S. eingereicht hat, entnehmen. Auch der beim Kläger zwischenzeitlich festgestellte Grad der Behinderung mit 50 beruht unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 31.03.2010 ausschließlich auf seelischen Störungen und den Veränderungen an der Wirbelsäule und nicht auf weiteren, die oberen und unteren Extremitäten betreffenden Einzel-GdB-Werten. Der Umstand, dass dem Kläger angesichts seiner orthopädischen Beeinträchtigungen nur noch ein Heben und Tragen bis 10 kg zumutbar ist, steht dabei einer Verweisung nicht im Wege. Zwar kommt damit für den Kläger nicht mehr jeder Arbeitsplatz in einer Poststelle in Betracht. Für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist indes nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die grundsätzliche Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind (LSG Baden-Württemberg, 10. Senat, a.a.O.). Dies ist zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung des Urteils des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg (a.a.O.) der Fall.

Auch die beim Kläger vorliegende Schmerzerkrankung und die psychischen Störungen stehen der Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters nicht entgegen. Dies ergibt sich für den Senat im Wesentlichen aus dem Sachverständigengutachten des Dr. S., aber auch aus den Gutachten von Dr. E. und Dr. G. Danach leidet der Kläger unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer depressiven Störung unterschiedlicher Ausprägung und an kombinierten Persönlichkeitsstörungen von narzisstischen, emotional-instabilen und dissozialen Anteilen. Diese diagnostische Beurteilung hat Dr. S. unter Berücksichtigung der Aktenlage, der von ihm erhobenen Befunde und der auch von ihm diskutierten aggravatorischen Verhaltenstendenzen für den Senat nachvollziehbar und überzeugend hergeleitet. Mit dem gerichtlichen Sachverständigen vermag der Senat es schon nicht als nachgewiesen ansehen, dass die Schmerzerkrankung und die Depression in einem Ausmaß bestehen, die eine berufliche Tätigkeit auch unter Berücksichtigung der damit verbundenen qualitativen Einschränkungen in einem Umfang von wenigstens sechs Stunden am Tag im Rahmen einer Fünftagewoche ausschließt. Soweit der Kläger diesen Schmerz als mäßig bis stark ausgeprägt und als quälend schildert und deshalb für sich geltend macht, leistungsunfähig zu sein, ließ sich dies durch das hier fehlende, aber erwartbare schmerztypische Verhalten gerade nicht verifizieren. So waren im Rahmen der Untersuchung und Begutachtung bei Dr. S. keine relevanten schmerztypischen Verhaltensweisen festzustellen, wie er ausführlich dargestellt hat (Bl. 33 des Gutachtens). Gleiches gilt für die vom Kläger bei der Selbstbeschreibung im Funktionsfragebogen gemachten Angaben, die sich bei der körperlichen Untersuchung als unzutreffend erwiesen haben (Strecken, um ein Buch aus dem Regal zu holen, Gegenstand vom Boden aufheben). Schließlich hat der Sachverständige auf die undifferenzierten Extremangaben des Klägers in Bezug auf funktionelle Beeinträchtigungen und den kategorischen Ausschluss jeglicher Verweisungstätigkeit unabhängig von noch so einfacher Art und noch so geringem zeitlichen Umfang hingewiesen. Ferner auf den Widerspruch zwischen den Angaben des Klägers in den freien Angaben und im Beck-Depressionsinventar, nach denen der Kläger schwerst depressiv schien, was aber klar kontrastierte zu den objektivierbaren Befunden und den Ergebnissen der strukturierten Fremdbeurteilung mittels der Hamilton-Depression-Scale. Dabei handelt es sich um ein strukturiertes und international am weitesten verbreitetes Fremdbeurteilungsverfahren zur Einschätzung des Schweregrades der Depression, welches hier eine nur geringgradig ausgeprägte depressive Symptomatik ergeben hat. Der Sachverständige hat sich bei seiner Diagnose aber nicht allein hierauf gestützt, sondern hat auch darauf hingewiesen, dass die Angaben des Klägers - wie etwa zu anhaltenden Beeinträchtigungen des Konzentrationsvermögens - eindeutig zu widerlegen waren, nachdem der Kläger während des mehrstündigen Untersuchungsverfahrens ein altersentsprechend durchschnittlich ausgeprägtes Auffassungs- und Konzentrationsvermögen gezeigt hatte. Massive Verdeutlichungstendenzen in Bezug auf affektive, amnestische und neurologische Symptome belegen auch die testpsychologischen Validierungsverfahren, wo der Kläger eine massiv erniedrigte Gedächtnisleistung zeigte und die Anstrengungsleistung im Bereich zufälliger Antwortleistung lag. Die vom Sachverständigen in diesem Ausmaß geschilderten Diskrepanzen zwischen vom Kläger angegebenen Beschwerden und Funktionsbeeinträchtigungen einerseits und den Ergebnissen testpsychologischer Beschwerdevalidierungsverfahren andererseits, die für massive negative Antworttendenzen sprechen, lassen keinen sicheren Rückschluss auf eine tatsächlich durch Schmerzen und Depression verursachte zeitliche und qualitative Leistungsminderung zu. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass bei einem Schmerzempfinden ohne adäquate funktionelle Defizite und ohne oder nur im geringen Umfang feststellbares somatisches Korrelat - wie hier - der erforderliche medizinisch-kausale Zusammenhang zwischen einer Erkrankung und von Einschränkungen, die eine Verrichtung von Tätigkeiten beeinträchtigen oder gar unmöglich machen sollen, nur schwer nachweisbar ist. Angesichts der Feststellungen des Sachverständigen vermag sich der Senat hier nicht davon zu überzeugen, dass eine Schmerzerkrankung oder Depression vorliegt, die die leichte bis mittelschwere Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters ausschließen könnte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Sachverständigen jenseits der Verdeutlichungstendenzen angenommenen tatsächlich bestehenden Depression, Schlafstörungen, Schmerzen und Ängsten, die sich in einer herabgeminderten Stimmungslage bei eingeengter emotionaler Schwingungsfähigkeit und einem überwiegend dysphorisch-morosem Affekt manifestiert haben. Sie führen aber nicht zu einer wesentlich beeinträchtigten Stimmungslage, erheblichen Konzentrationsstörungen oder kognitiven Einschränkungen als Folge der Schlafstörungen und der Depression. Solche Auswirkungen waren - wie ausgeführt - gerade nicht festzustellen, vielmehr liegt eine altersentsprechend durchschnittlich ausgeprägte Auffassungs- und Konzentrationsfähigkeit vor, weswegen sie einer Tätigkeit in einer Poststelle auch nicht entgegen gehalten werden können. Schließlich hat Dr. S. überzeugend dargelegt, dass auch weitere psychopathologische Befunde, die bei einer schwerergradigen Depression auftreten (Ich-Störungen, formalgedankliche Störungen, Sinnestäuschungen, Wahrnehmungsstörungen), nicht festzustellen waren. Aus den depressionsassoziierten Beschwerden wie Insuffizienzgefühlen, Defiziten des Selbstwerterlebens, sozialer Rückzugneigung, Interessenreduktion und Durchschlafstörungen war nach Art und Ausprägung nur ein leichtgradiges depressives Syndrom zu diagnostizieren. An dieser Diagnose hat der Sachverständige unter Berücksichtigung der nach Aktenlage genannten Diagnosen, die von einer mittelgradigen depressiven Episode (Prof. Dr. R., 22.10.2007, S.klinik A. im Frühjahr 2008, Klinikum N., März 2009, Gutachten Dipl. med. G. und Dr. E.) oder gar schweren depressiven Episode (Gutachten Dr. N., März 2013) ausgegangen sind, festgehalten. Der Senat ist mit ihm der Überzeugung, dass aufgrund des psychopathologischen Befundprofils und den eigenanamnestischen Beschwerdeangaben, die im Lichte der aufgezeigten Tendenzen zur negativen Antwortverzerrung sowie instruktionswidriger Anstrengungsminderleistung zu gewichten waren, lediglich die Diagnose einer leichtgradigen depressiven Störung gerechtfertigt ist. Denn insoweit lassen sich - wie Dr. S. ausgeführt hat - weder im Gutachten von Dr. E. noch im Gutachten von Dipl. med. G. Befunde finden, die die Diagnose einer wenigstens mittelgradigen Depression rechtfertigen. Zu Recht weist der Sachverständige auch darauf hin, dass im Gutachten von Dr. N. Feststellungen zu den angenommenen ausgeprägten Konzentrationsstörungen, zu der angenommenen formalgedanklichen Verlangsamung und den wahnhaft gefärbten Verfolgungs- und Beeinträchtigungsideen fehlen. Gleiches gilt für die diagnostizierte rezidivierende depressive Episode mit gegenwärtig schwerer Episode, denn diese lässt sich aufgrund der dort vermerkten Befunde ebenfalls nicht nachvollziehen, weil die nach § 109 SGG gehörte Sachverständige Befunde mit Beschwerdeangaben und Interpretationen vermengt. Diese Einlassungen können wie die folgenden Berichte der d.-Fachklinik, die den Kläger nicht unter gutachterlichen Gesichtspunkten, sondern im Rahmen einer Akutbehandlung untersucht haben und keine Veranlassung hatten, das geschilderte Ausmaß der Einschränkungen in Frage zu stellen, keine andere Beurteilung rechtfertigen. Abgesehen davon, dass der Kläger nach den dort vermerkten Angaben seit geraumer Zeit keinen Alkohol mehr trinkt, klagte dieser dort über die auch von Dr. S. gewürdigten Symptome massiver Schlafstörungen, Alpträumen, aggressiven Gedanken und qualvollen Intrusionen. Eine Verschlimmerung der depressiven Erkrankung im Vergleich zu den Feststellungen im Gutachten von Dr. S. vermag der Senat nicht zu erkennen, da die behandelnde Klinik Untersuchungen zu negativer Antwortverzerrung etwa im Hinblick auf die Frage tatsächlich bestehender kognitiver Einschränkungen nicht durchgeführt hat. Die Ausbildung einer gravierenderen depressiven Symptomatik sieht der Senat nicht als nachgewiesen an. Sie führte mit Blick auf die Einlassungen von Dr. S. auch letztlich nur zu einer Behandlungsintensivierung, insbesondere im Rahmen einer leitlinienorientierten Pharmakotherapie, nicht aber zu einer überdauernden Leistungsminderung. Damit ergibt sich keine neue Sachlage, weswegen weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht erforderlich sind.

Eine zeitliche Leistungsminderung oder Unzumutbarkeit einer Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter folgt auch nicht aus der von den Gutachtern beschriebenen kombinierten Persönlichkeitsstörung. Diese äußert sich vielschichtig in einer abnormen Kränkbarkeit, hoher emotionaler Irritabilität und in äußerst lebendigen, teils sadistisch gefärbten Gewaltvorstellungen, in von Gewalt geprägten Phantasien, in denen der Kläger zu unreflektierter Missachtung sozialer Normen und Verpflichtungen neigt und in wiederholten tätlichen Auseinandersetzungen mit anschließender strafrechtlicher Verfolgung, wobei der Kläger ein fehlendes Schuldbewusstsein und die Tendenz zeigt, für eigenes Fehlverhalten Dritter die Verantwortung zuzuordnen. In der Selbststilisierung als Opfer erlebt er sich - so Dr. S. - allenfalls eingeschränkt verantwortlich für Beschimpfungen, Bedrohungen oder Verletzungen Dritter. Erinnerungen an selbst erlebte Misshandlungen durch den Vater sind nach den Einlassungen des Klägers die Ursache für eigenes normwidriges Verhalten anderen gegenüber. Die erlebten Misshandlungen durch den Vater rechtfertigen jedoch nicht die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung, was Dr. S. entgegen der Auffassung von Dr. N. ebenfalls überzeugend dargelegt hat. Der Senat teilt die Zweifel des Sachverständigen, dass nicht nachvollziehbar ist, wenn der Kläger geltend macht, seit der Kindheit und damit seit Jahrzehnten aufdringliche Wiedererinnerungen zu haben, diese dann aber im Rahmen der durchgeführten vielfältigen und langjährigen ambulanten psychosomatischen Behandlung nicht thematisiert worden sein könnten. Bis zur Begutachtung durch Dr. N. ist diese Diagnose nicht gestellt worden. Auch hier ist daher zu berücksichtigen, dass in diesem Gutachten die negative Antwortverzerrung nicht thematisiert wurde und die Diagnose schon deswegen nicht als gesichert gewertet werden kann. Darüber hinaus ist selbst dann, wenn man diese Traumatisierung extremen Ausmaßes zugrunde legte, worauf Dr. S. zu Recht hingewiesen hat, das B- und C-Kriterium der nach ICD 10:F43.1 zu stellenden Diagnose nicht erfüllt. Etwas anderes ergibt sich für den Senat auch nicht aus den Berichten der d.-Fachklinik, die zwar ebenfalls die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung stellt, insoweit aber nicht zu den Diagnosekriterien Stellung nimmt bzw. sie hinterfragt. Der Senat sieht die damit verbundenen Einschränkungen auch hinreichend im Rahmen der von Dr. S. berücksichtigten Persönlichkeitsstörung gewürdigt, wie oben bereits ausgeführt wurde.

Soweit Dr. D., Dr. G. und Dr. L. sowie auch zuletzt die d.-Fachklinik davon ausgehen, der Kläger sei nicht mehr erwerbsfähig, vermögen diese Einlassungen nicht zu überzeugen. Der Befund der d.-Fachklinik unterscheidet sich nicht von den Angaben, die der Kläger im Rahmen der veranlassten Begutachtungen gemacht hat. Stressbelastbarkeit, Konzen- trationsfähigkeit, Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit waren Gegenstand der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. S., der die hieraus begründbaren Einschränkungen kritisch hinterfragt und gewürdigt hat. Mit Entsprechendem haben und hatten sich die behandelnden und nicht unter gutachterlichen Gesichtspunkten zu beurteilenden Behandler nicht auseinandergesetzt. Der Senat sieht die vertretene Einschätzung aufgrund eines unveränderten Befundes im Vergleich zum Gutachten von Dr. S. damit als widerlegt an. Zu weiteren Ermittlungen sah sich der Senat daher nicht veranlasst. Ebenso wird der klinische Befund mit Bezug auf kognitive Einschränkungen nicht durch den MRT-Befund im Bericht des Dr. K. in Zweifel gezogen, zumal dieser selbst nicht von einem gravierenden bildgebenden Befund ausgeht und nur die Möglichkeit einer vaskulären Enzephalopathie beschrieben hat. Der Nachweis einer organischen Ursache für kognitive Beeinträchtigungen ist damit ebenfalls nicht geführt.

Die aus den festgestellten Erkrankungen resultierenden Einschränkungen stehen einer Tätigkeit in einer Poststelle nicht entgegen, da diese nicht mit einer erhöhten vegetativen Belastung etwa durch massiven Zeitdruck (Akkordarbeit) oder durch unphysiologische psychovegetative Belastung (Nachtarbeit) verbunden ist. Die Tätigkeit stellt auch keine erhöhten Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit, ist nicht mit einem besonders fordernden Publikumsverkehr verbunden und verlangt auch keine erhöhte Verantwortung für Personen und Sachwerte oder gar Führungsaufgaben. Dr. S. hat aus psychiatrischer Sicht die orthopädische Einschätzung qualitativer Leistungseinschränkungen (siehe hierzu bereits oben) bestätigt und ebenfalls körperlich schwere oder anhaltend mittelschwere Tätigkeiten (wiederkehrendes Tragen, Heben und Bewegen von Lasten über 10 kg) nicht mehr für leidensgerecht erachtet.

Die von Dr. S. festgestellten Erkrankungen sind auch nicht so stark ausgeprägt, dass sich der Kläger nicht unter zumutbarer Willensanstrengung und aus eigener Kraft heraus auf ein neuerliches berufliches Engagement einstellen kann. Denn - auch insoweit sieht der Senat die Auffassung von Dr. S. als schlüssig an - es ergaben sich keine Hinweise auf eine krankhafte Störung von Willensbildung, Entscheidungsfindung und Handlungskontrolle, auch nicht unter der Berücksichtigung, dass der Kläger dazu neigt, die Verantwortung für eigenes normwidriges Verhalten Dritten zuzuschreiben. Schließlich war der Kläger in der Lage, einer mehrstündigen Begutachtung kognitiv zu folgen und die ihn emotional deutlich fordernde Situation objektiv zu bewältigen.

Auswirkungen einer Alkoholerkrankung waren nicht zusätzlich zu berücksichtigen, was Dr. S. ebenfalls schlüssig und überzeugend aufgrund der vorliegenden Laborwerte belegt hat. Nachdem der Kläger seinen Alkoholkonsum seit Ende 2013 vollständig eingestellt hat, ergeben sich insoweit auch weiterhin keine weiteren zu berücksichtigenden Einschränkungen.

Im Übrigen bestehen auch keine Bedenken an einer objektiven Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit als Poststellenmitarbeiter. Die hierzu erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse kann der Kläger innerhalb von drei Monaten erwerben, auch wenn er eine verwaltungsnahe bzw. kaufmännische Ausbildung nicht absolviert hat; dabei ist zu berücksichtigen, dass - wie auch die Ermittlungen des 13. Senats des LSG BW ergeben haben - Vorkenntnisse weitgehend ohne Bedeutung sind. Vor dem Hintergrund der zuletzt von ihm ausgeübten Tätigkeit als Schlosser, der aufgrund des Tätigkeitsfeldes auch Facharbeiterniveau zukam, hat der Senat keine Zweifel, dass der Kläger intellektuell im Stande ist, die Anforderungen an die Verweisungstätigkeit zu erfüllen.

Die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters ist dem Kläger auch subjektiv zuzumuten. Ausgehend davon, dass der "bisherige Beruf" des Klägers der Stufe der Facharbeiter zuzuordnen ist, darf dieser grundsätzlich nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die zu den sonstigen staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehören oder eine echte betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordern. Auch wenn dies beim Poststellenmitarbeiter nach Entgeltgruppe 3 Teil I "Allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst" der Entgeltordnung zum TV-L nicht der Fall ist (gemäß den vom 13. Senat des LSG BW, a.a.O., eingeholten Arbeitgeberauskünften ist von einer Anlernzeit für die in Betracht kommenden Stellen von 3 bis 6 Wochen auszugehen), ist aber der Kreis der in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten noch nicht abschließend umschrieben. Vielmehr ist ihm gemäß dem Urteil des 13. Senats des LSG BW vom 25. September 2012, a.a.O., dem sich der erkennende Senat anschließt, unter Berücksichtigung der dort zitierten Rechtsprechung des BSG die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters nach Teil I Entgeltgruppe 3 (weiterhin) sozial zumutbar. Zu demselben Ergebnis ist ohne Bezugnahme auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes auch das Hessische LSG in seiner bereits genannten Entscheidung gelangt (a.a.O., Juris Rn. 43; im Ergebnis ebenso u. a. LSG Baden-Württemberg, 10. Senat, a.a.O. Dem Kläger steht demnach kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) zu.

Da der Kläger somit ihm zumutbare Tätigkeiten noch wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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