S 16 KA 73/15

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
16
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 16 KA 73/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V steht im Rahmen eines Antragsverfahrens auf Genehmigung einer Zweigpraxis der vollständigen Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen von § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV nicht entgegen (Anschluss an Urteil vom 06.01.2016, S 16 KA 479/14; a.A.: LSG Hessen. Beschluss v. 19.12.2008. L 4 KA 106/08 ER).

Eine rein akademisch herausragende Expertise begründet keine qualitative Versorgungsverbesserung im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV.

Die Zweigpraxis eines auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin tätigen MVZ in der Metropolregion Frankfurt Rhein Main begründet jedenfalls dann keine quantitative Versorgungsverbesserung, wenn in dieser Zweigpraxis pro Behandlungszyklus lediglich ca. 20% der Behandlungstermine stattfinden, 80% aber generell am Hauptsitz des MVZ und wenn dieses MVZ überdies weniger als 40 km von der beabsichtigten Zweigpraxis entfernt liegt.
Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Genehmigung einer Zweigpraxis der Klägerin.

Die Klägerin ist ein Medizinisches Versorgungszentrum, das seinen Sitz in A-Stadt unterhält und ausschließlich Leistungen auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin erbringt.

Frau Prof. Dr. C, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit dem Schwerpunkt Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, betreibt seit Februar 2014 eine Einzelpraxis in B-Stadt, C-Straße. Sie verfügt über die Genehmigung zum Ambulanten Operieren und nimmt an der psychosomatischen Grundversorgung teil. Darüber hinaus ist sie zur Durchführung von Sonographien der Brustdrüse (B-Modus), der Gefäße des weiblichen Genitalsystems (mittels Duplex-Verfahren), zur geburtshilflichen Basisdiagnostik (B-Modus), der weiblichen Genitalorgane (B-Modus), zur weiterführenden Differentialdiagnostik des Feten (B-Modus) sowie zur systematischen Untersuchung der fetalen Morphologie berechtigt. Daneben ist sie seit 2013 als angestellte Ärztin in einem Umfang von 10 Stunden/Woche an dem Standort der Klägerin tätig und Teil der Arbeitsgruppe, die für die Durchführung besonderer Eingriffe nach § 121a SGB gebildet wurde.

Die Klägerin beantragte mit Schreiben am 12.08.2014 bei der Beklagten die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis am Standort der Einzelpraxis von Frau Prof. Dr. C, also in B-Stadt, C-Straße

Sie führte hierbei aus, die Entfernung zwischen Hauptbetriebsstätte und Zweigpraxis betrage ca. 38 km. Die Zweigpraxis sei von der Hauptbetriebsstätte in ca. 29 Minuten zu erreichen. Die Leistungen in der Zweigpraxis sollten durch Frau Prof. Dr. C und Frau Dr. D erbracht werden. Im klägerischen Kinderwunschzentrum A-Stadt seien 11 Gynäkologen tätig (Stand Oktober 2014). Nach der geplanten Zweigpraxisgründung würde Frau Dr. D einen Teil ihrer Tätigkeit in der Zweigpraxis übernehmen. Die weiteren Ärzte könnten den Betrieb in A-Stadt uneingeschränkt und ohne eine Verschlechterung der Versorgung fortführen.

Die derzeitige Kinderwunschpraxis von Frau Kollegin C sei im Februar 2014 eröffnet worden, nachdem Frau Kollegin C die Zulassung zur Vertragsarztpraxis für Frauenheilkunde mit Schwerpunktbezeichnung Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin erhalten habe. Sie habe in der Praxis keine Genehmigung nach § 121a SGB V zur Durchführung von Kinderwunschbehandlungen. In der Praxis berate sie im Wesentlichen Paare mit unerfülltem Kinderwunsch über Therapieoptionen. Darüber hinaus erfolge vor Ort die gynäkologische Diagnostik zur Eingrenzung der Therapieoptionen und zur Verbesserung der Empfehlung.

Nach der angestrebten Zweigpraxisgründung könne die Versorgung der Kinderwunschpatienten in B-Stadt enger an das klägerische MVZ in A-Stadt angegliedert werden. Hierdurch könnten, soweit keine Genehmigung nach § 121 a SGB V vor Ort nötig sei, über die Beratung hinaus wesentliche Teile der Therapie vor Ort in B-Stadt durchgeführt werden. Lediglich die nur im Rahmen des § 121 a SGB V erlaubten Eingriffe, also vor allem die Eizellpunktion und der Embryotransfer, würden dann im Kinderwunschzentrum in A-Stadt durchgeführt. Hierdurch bekämen die Patienten in Zukunft eine breitere Betreuung vor Ort und aufgrund der engen Anbindung an A-Stadt eine nahtlose komplette Behandlung.

Seit Eröffnung betreue Frau Kollegin C als Ärztin alleine die Patienten in ihrer Praxis. Parallel dazu habe sie einen Arbeitsvertrag mit der Klägerin und besetze dort einen Viertelkassensitz und sei Teil des IVF Teams. In ihrer Tätigkeit als angestellte Ärztin bei der Klägerin und als Mitglied des IVF Teams behandele sie Patienten im Wesentlichen im Rahmen von Eizellpunktionen und Embryotransfers. Wie aufgrund der bisher ungenügenden Kapazität an Kinderwunschbetreuung im Raum B-Stadt zu erwarten gewesen sei, seien die angebotenen Sprechstunden der Praxis kurz nach Öffnung bereits stark frequentiert und zwischenzeitlich ausgelastet. Aktuell baue sich eine Wartezeit für die Patienten, die von Frau Kollegin C betreut werden wollen, auf.

Nach Zweigpraxisgründung könne die Versorgung der Kinderwunschpatienten in B-Stadt enger an das MVZ in A-Stadt angegliedert werden. Neben den Vereinfachungen des Prozesses im Rahmen der Behandlung könne die Beratungskapazität durch Ausweitung der Sprechstunden in B-Stadt gesteigert werden, indem statt 30 Stunden künftig 40 Stunden angeboten würden. Ziel sei es, dass Frau Kollegin C nach dem Verzicht auf ihre vertragsärztliche Zulassung in ein Angestelltenverhältnis wechsele und die Anstellung auf 30 Stunden/Woche in B-Stadt reduziert werde. Dadurch könne sie ihre bisherige Sprechstundenzeit in einem Umfang von 30 Stunden/Woche in B-Stadt unverändert beibehalten. Nach Reduzierung des Stellenanteils in B-Stadt auf 30 Stunden/Woche werde dieser freie Stellenanteil von Frau Kollegin D, die aktuell in A Stadt arbeite und aus B-Stadt täglich pendele, übernommen. Frau Kollegin D werde dann 10 Stunden Sprechzeiten/Woche in B-Stadt anbieten. Dadurch würden die Sprechzeiten in B-Stadt von 30 Stunden um 10 Stunden pro Woche auf insgesamt 40 Stunden/Woche ausgeweitet.

Frau Prof. Dr. C stellte beim Zulassungsausschuss einen Antrag auf Verzicht ihrer Zulassung zugunsten einer Anstellung bei der Klägerin für den Standort ihrer bisherigen Praxis. Dieses Verfahren ruht aktuell bis zur Entscheidung des vorliegenden Streitgegenstandes.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.09.2014 ab.

Zur Begründung führte sie unter anderem aus, dass in B-Stadt aktuell 127 Frauenärzte mit insgesamt 110 Versorgungsaufträgen kassenärztlich tätig seien. Neben Frau Kollegin C führe ein weiterer Frauenarzt die Schwerpunktbezeichnung Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. Darüber hinaus habe anhand einer Analyse des Abrechnungsverhaltens der in B-Stadt niedergelassenen Frauenärzte festgestellt werden können, dass 71 Frauenärzte Leistungen auf dem Gebiet der Fertilitätsstörungen erbringen würden. 5 Frauenärzte würden darüber hinaus über eine Genehmigung gemäß § 121a SGB V verfügen.

Eine qualifizierte Versorgungsverbesserung könne hier nicht erkannt werden. Da die Klägerin ausgeführt habe, dass Leistungen im Rahmen des § 121a SGB V, insbesondere die Eizellpunktion und der Embryotransfer, in der Zweigpraxis nicht erbracht werden sollten, sei die Prüfung einer qualitativen Versorgungsverbesserung auf allgemeine gynäkologische Leistungen auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin auszurichten. Eine Analyse des Abrechnungsverhaltens der in B-Stadt ansässigen Frauenärzte habe ergeben, dass allgemeine gynäkologische Leistungen auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin zahlreich erbracht würden. So sei z. B. die Laboruntersuchung 32013 EBM "Diagnostik und Therapie von Fertilitätsstörungen, soweit die Laborleistungen nicht Bestandteil der Gebührenordnungspositionen 08530 bis 08561 sind" im Quartal IV/2013 von 71 Frauenärzten durchgeführt worden. Von fünf Frauenärzten sei diese Leistung im Quartal IV/2013 besonders häufig abgerechnet worden. Darüber hinaus werde auch die GOP 35100 EBM "Differentialdiagnostische Klärung psychosomatischer Krankheitszustände", die auch von Frau Kollegin C. häufig abgerechnet werde, von zahlreichen Gynäkologen erbracht, was anhand einer Tabelle (vgl. Bl. 11 der Verwaltungsakte) belegt wird. Außerdem sei festzustellen, dass diese beiden Leistungen auch in unmittelbarem Zusammenhang erbracht würden. Dies verdeutliche, dass auch allgemeine Gynäkologen Untersuchungen auf dem Gebiet der Fertilitätsstörungen durchführen würden.

Ferner habe ermittelt werden können, dass die betreffenden fünf Frauenärzte geringfügig unter dem Fachgruppendurchschnitt abrechnen würden. Lediglich ein Frauenarzt liege mit seinen Fallzahlen deutlich über dem Durchschnitt der Fachgruppe. Mit erhöhten Wartezeiten sei in den frauenärztlichen Praxen insgesamt jedoch nicht zu rechnen. Nach alledem könne auch eine quantitative Versorgungsverbesserung nicht erkannt werden.

Hiergegen erhob die Klägerin am 09.10.2014 Widerspruch.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass das Sozialgericht Marburg bereits mit Urteil vom 16.07.2008 (S 12 KA 45/08) entschieden habe, dass im Falle der Übernahme einer Praxis durch ein MVZ und der Weiterführung des bisherigen Standortes als Zweigpraxis von Gesetzes wegen ein Versorgungsbedarf an diesem Ort im Umfang der bestehenden Praxis bestehe. Deshalb könne ein Bedarf auch nicht mehr seitens der Entscheidungsgremien verneint werden und es komme auch nicht darauf an, ob das übernehmende MVZ das Leistungsangebot verbessern bzw. erweitern werde. Der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt sei ausnahmslos mit dem hier vorliegenden Tatbestand vergleichbar. Es handele sich sogar gleichermaßen um die Übernahme einer gynäkologischen Praxis. Vor dem Hintergrund dieser gerichtlichen Entscheidung sei die beantragte Zweigpraxis zwingend zu genehmigen. Die seitens der Beklagten angeführten Gründe, die gegen die Erteilung einer Genehmigung sprechen sollen, seien insoweit im Ergebnis unbeachtlich.

Auch wenn man in diesem Genehmigungsverfahren - entgegen der vorgenannten Rechtsprechung - dennoch eine qualitative oder quantitative Versorgungsverbesserung für notwendig erachten sollte, sei auch diesem Erfordernis sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht Genüge getan und die Zweigpraxis zu genehmigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes seien bei der Frage der Verbesserung der Versorgung am Ort der Zweigpraxis keine bedarfsplanerischen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, so dass ein lokaler quantitativer oder qualitativer Versorgungsbedarf nicht erforderlich sei (BSG, Urteil vom 28.10.2009, B 6 KA 42/08 R). Insoweit sei auch die seitens der Beklagten unter Bezugnahme auf ein Urteil des SG Marburg (Urteil vom 07.03.2007, S 12 KA 701/06) angesprochene Notwendigkeit einer "Bedarfslücke" gerade keine tatbestandsmäßige Voraussetzung im Rahmen des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV. Das BSG habe in seinem Urteil vom 28.10.2009 hinsichtlich der Auffassung des SG Marburg klargestellt, dass das Abstellen auf eine "Bedarfslücke" den - unzutreffenden - Eindruck erwecke, dass Bedarfsplanungsgesichtspunkte zu berücksichtigen seien; sachgerecht sei es, diesen Begriff durch den Begriff "qualifizierte Versorgungsverbesserung" zu ersetzen.

Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, dass das bestehende Leistungsangebot zum Vorteil für die Versicherten in qualitativer oder auch in quantitativer Hinsicht erweitert werde. Eine qualitative Versorgungsverbesserung liege vor, wenn der in der Zweigpraxis tätige Vertragsarzt im Vergleich zu den bereits vor Ort tätigen Ärzten über andere Abrechnungsgenehmigungen nach § 135 Abs. 2 SGB V verfüge oder ein differenzierteres Leistungsspektrum anbiete (BSG, Urteil vom 28.10.2009, B 6 KA 42/08 R).

Eine quantitative Erweiterung des bestehenden Versorgungsangebotes komme dann als Verbesserung im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV In Betracht, wenn durch das erhöhte Leistungsangebot Wartezeiten verringert würden, die - etwa wegen einer ungleichmäßigen Verteilung der Leistungserbringer im Planungsbereich - bei den bereits vor Ort niedergelassenen Ärzten bestünden (BSG, Urteil vom 28.10.2009, B 6 KA 42/08 R) oder wenn Abend- und Wochenendsprechstunden angeboten würden, u. U. auch dann, wenn die Zweigpraxis besser erreichbar sei als die bereits bestehenden Praxen (BSG, Urteil vom 05.06.2013, B 6 KA 29/12).

Unstreitig führe neben Frau Kollegin C von 127 Frauenärzten in B-Stadt lediglich ein weiterer Frauenarzt die Schwerpunktbezeichnung Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. Aufgrund dieser besonderen Expertise von Frau Kollegin C. sei es in der Zweigpraxis möglich, die Versicherten nicht nur im Bereich der "klassischen" Frauenheilkunde und Geburtshilfe zu beraten bzw. zu behandeln, sondern eben auch im Bereich der Gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. Vor diesem Hintergrund sei es im Vergleich zu den anderen vor Ort tätigen Frauenärzten - ggf. mit Ausnahme des einen Reproduktionsmediziners - auch nur Frau Kollegin C. vorbehalten, besondere reproduktionsmedizinische Leistungen im Sinne des Kapitels Ill. b. 8.5 in der Zweigpraxis zu erbringen. Hierzu zähle insbesondere die Gebührenordnungsposition 08521 EBM, "die Beratung eines Ehepaares gemäß Nr. 14 der Richtlinien über künstliche Befruchtung einschließlich einer Bescheinigung nach Nr. 15".

Gerade diese spezifische ärztliche Beratungsleistung, die durch Frau Kollegin C. durchgeführt werden könne, sei für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch für die umfassende Aufklärung der Therapiemöglichkeiten und die letztendliche Entscheidungsfindung von wesentlicher Bedeutung. Folglich bestehe hinsichtlich der Erbringung dieser speziellen ärztlichen Leistungen ein Alleinstellungsmerkmal, das entgegen der Auffassung der Beklagten sehr wohl eine erhebliche qualitative Erweiterung des Leistungsangebotes für die Versicherten mit sich bringe.

Insoweit sei auch die seitens der Beklagten vorgenommene Analyse der Abrechnungsdaten für den Antrag auf Zweigpraxisgenehmigung nicht maßgeblich. Entscheidend sei nicht, ob Frau Kollegin C auch allgemeine gynäkologische Leistungen (z. B. GOP-Kennziffer 32013 i.V.m. 35100 EBM) erbringe, wie sie andere Frauenärzte erbringen würden, sondern, dass durch sie aufgrund ihrer besonderen Qualifikation ein darüber hinaus gehendes differenziertes Leistungsspektrum in der Zweigpraxis angeboten und zusätzliche reproduktionsmedizinisch-spezifische Leistungen erbracht werden könnten. Für die Versicherten bedeute dies eine qualifizierte Versorgungsverbesserung.

Auch der Hinweis der Beklagten, dass in Frauenarztpraxen insgesamt nicht mit erhöhten Wartezeiten zu rechnen sei, sei eine bloße Vermutung bzw. unbegründete Behauptung, die auch nicht der Realität der Versorgungslandschaft entspreche. Obwohl die Praxis von Frau Kollegin C. erst Anfang des Jahres 2014 eröffnet worden sei, bestünden mittlerweile Wartezeiten von 6 Wochen für Erstgespräche neuer Paare. Darüber hinaus werde auf die Ausführungen in dem Beschluss des Zulassungsausschusses über den Zulassungsantrag von Frau Kollegin C. vom 02.07.2013 - Nr. xxxxx - hingewiesen, in dem mehrere der in B-Stadt tätigen Gynäkologen deutlich erhöhte Wartezeiten von bis zu 6 Monaten angegeben hätten.

Wie bereits in der Antragsbegründung dargelegt, könne nach Genehmigung der Zweigpraxis durch eine Anstellung der Kolleginnen C. und D. eine Aufstockung der angebotenen Sprechstunden auf 40 Wochenstunden erfolgen, so dass die derzeit bestehenden Wartezeiten verringert würden und somit das Leistungsangebot für die Versicherten auch in quantitativer Hinsicht erweitert würden.

Zudem befinde sich der Praxisstandort im Vergleich zu anderen Ärzten vor Ort in zentraler Lage und biete eine sehr gute Erreichbarkeit. Neben ausreichend Parkmöglichkeiten, insbesondere durch die nah angrenzenden Parkhäuser sowie sich in unmittelbarer Nähe befindliche S- und U-Bahn- und Straßenbahnhaltestellen befinde sich der Hauptbahnhof in nur 10-15-minütiger fußläufiger Entfernung. Folglich entstehe für die Versicherten neben der qualitativen auch eine quantitative Versorgungsverbesserung, so dass die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV in jedem Falle gegeben seien.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2015 zurück.

Zur Begründung verwies die Beklagte auf die maßgeblichen Rechtgrundlagen und führte aus, die Kriterien für eine "Verbesserung der Versorgungssituation" lägen nicht vor. Auch sei die Voraussetzung "Verbesserung der Versorgung am weiteren Ort" zu prüfen. Weiterhin seien den Versicherten nach der Rechtsprechung Wege von einigen Kilometern zumutbar. Je spezieller das Leistungsangebot sei, desto größere Entfernungen seien zumutbar.

Schließlich sei zu berücksichtigen, dass über das Tatbestandsmerkmal "Verbesserung der Versorgung" die Gründung von Zweigpraxen gerade nicht freigegeben werden sollte. Während bei der hausärztlichen Basisversorgung Entfernungen von nur wenigen Kilometern zumutbar seien, seien bei fachärztlichen Leistungen grundsätzlich weitere Entfernungen hinzunehmen. Vorliegend handelt es sich um fachärztliche Leistungen. Es läge keine Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung vor.

Nach der Rechtsprechung lasse die Übernahme eines Praxissitzes nicht per se einen Anspruch auf Genehmigung einer Zweigpraxis am bisherigen Praxisstandort durch den Übernehmer entstehen.

Außerdem sei nochmals darauf hinzuweisen, dass neben Frau Kollegin C. eine weitere Frauenärztin in B-Stadt die Schwerpunktbezeichnung Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin führe.

Hiergegen hat die Klägerin am 26.02.2015 Klage erhoben.

Sie nimmt Bezug auf das vollständige Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, in die Praxis von Frau Prof. Dr. C. kämen vorwiegend Paare mit unerfülltem Kinderwunsch. Frau Prof. Dr. C. kläre diese Paare über mögliche Therapieoptionen auf und führe die gynäkologische Diagnostik zur Eingrenzung der Therapieoptionen und Verbesserung der Empfehlung durch.

Durch die Gründung einer Zweigpraxis an dem Standort der Praxis von Frau Prof. Dr. C. könne die Versorgung der Kinderwunschpatienten in B-Stadt an das MVZ der Klägerin weiter angegliedert werden. Somit könnten über diese Beratung hinaus auch wesentliche Teile der bislang ausschließlich im MVZ der Klägerin in A-Stadt durchgeführten Therapien an dem Standort in B-Stadt durchgeführt werden. Lediglich die nur im Rahmen des § 121a SGB V erlaubten Eingriffe, insbesondere die Eizellpunktion und der Embryotransfer, würden am Stammsitz des MVZ der Klägerin in A-Stadt durchgeführt werden. Auch könnten die derzeit angebotenen Sprechstunden für die Kinderwunschbetreuung in B-Stadt durch die Ausweitung der Sprechstunden der Praxis von Frau Prof. Dr. C. optimiert werden.

Die Praxis von Frau Prof. Dr. C. sei bereits kurz nach der Eröffnung im Februar 2014 stark frequentiert worden. Die personellen Kapazitäten seien mittlerweile völlig ausgelastet. Durch die Gründung eines Zweigpraxisstandorts der Klägerin an dem Standort der Praxis von Frau Prof. Dr. C. könnte insbesondere der Sprechstundenumfang von 30 Stunden/Woche auf 40 Stunden/Woche ausgeweitet werden. Nach dem Verzicht von Frau Prof. Dr. C. zu Gunsten ihrer Anstellung in dem MVZ der Klägerin und anschließender Stellenteilung könnte Frau Dr. D. als angestellte Ärztin auf einer Hälfte dieser Anstellungszulassung beschäftigt werden. Frau Dr. D. sei ebenfalls Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit dem Schwerpunkt Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin und derzeit als angestellte Ärztin in dem MVZ der Klägerin in A-Stadt tätig.

Unter Verweis auf das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 16.07.2008 (Az.: S 12 KA 46/08) sei die beantragte Zweigpraxis zwingend zu genehmigen. Es stehe bewiesenermaßen fest, dass ein Versorgungsauftrag im Rahmen der Praxisnachfolge bestehe, dem Frau Prof, Dr. C. auch aufgrund des Beschlusses des Zulassungsausschusses nachzukommen habe. An diesen Beschluss sei Frau Prof. Dr. C. gebunden. Auch wenn Grundlage der Praxisnachfolge insbesondere der Eigentumsschutz des die Praxis aufgebenden Arztes ist, so bestehe doch durch die Praxisnachfolge bereits von Gesetzes wegen ein Versorgungsbedarf im Umfang der bestehenden Praxis. Von daher könne die Beklagte einen solchen Bedarf nicht mehr verneinen und es kommt dem Grunde nach dann auch nicht darauf an, ob die Klägerin das Leistungsangebot im Einzelnen verbessern bzw. erweitern werde.

Überdies sei sowohl eine quantitative wie such qualitative Versorgungsverbesserung der Patienten an dem geplanten Zweigpraxisstandort vorliegend zu bejahen.

Die Beklagte habe bereits die Voraussetzungen des § 24 Absatz. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV nicht beurteilungsfehlerfrei verneint. Die Beklagte habe vorliegend bereits nicht die hierfür erforderlichen Tatsachenermittlungen angestellt, mithin seien die hieraus gezogenen Schlussfolgerungen auch nicht vertretbar. Die Ermittlungen müssten sich auf alle Voraussetzungen zur Feststellung einer Versorgungsverbesserung beziehen. Dabei sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht auf bedarfsplanerische Gesichtspunkte abzustellen, sondern allein auf die tatsächliche Versorgung an dem weiteren Ott im Sinne des § 24 Absatz 3 Ärzte-ZV. Dabei komme eine Verbesserung der Versorgung an dem weiteren Ort nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in drei Fällen in Betracht, nämlich im Falle einer bestehenden Unterversorgung am weiteren Ort, bei einer qualitativen Verbesserung der Versorgung der Versicherten vor Ort und bei einer quantitativen Verbesserung der Versorgung der Versicherten vor Ort.

Zwar liege eine Unterversorgung am Standort der geplanten Zweigpraxis vorliegend offenkundig nicht vor, allerdings würde durch Genehmigung des Zweigpraxisstandorts eine Versorgungsverbesserung sowohl in qualitativer wie euch quantitativer Hinsicht vorliegen.

Frau Prof. Dr. C. besitze die Approbation seit dem 13.01.1992, demnach seit über 23 Jahren. Die Facharztanerkennung für das Fachgebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe besitze sie seit dem 02.12.1998. Im Rahmen ihrer Facharztausbildung für Gynäkologie und Geburtshilfe sei sie von 1992 bis einschließlich 1998 am Zentrum für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der E-Universität B-Stadt tätig gewesen. Nach Abschluss der Facharztausbildung und Erlangung der Facharztanerkennung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe sei sie weiterhin in der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der E.-Uni in B-Stadt, im Schwerpunktbereich Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin tätig gewesen, im September 2003 habe sie die Anerkennung der Zusatzbezeichnung Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin erhalten. Seit diesem Zeitpunkt sei sie als Fachärztin mit Schwerpunktbezeichnung auf dem Fachgebiet der Gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin tätig und seit Dezember 2007 als Leiterin des Schwerpunktes Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin in der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der E-Uni B-Stadt Im Jahr 2005 sei Frau Prof. Dr. C. habilitiert worden, seit 2011 besitze sie die Anerkennung als außerplanmäßige Professorin.

Frau Prof. Dr. C. habe neben der klinischen Ausbildung stets wissenschaftlich gearbeitet und publiziert, aufgrund des Schwerpunktes Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin besitze sie damit eine umfassende berufliche Erfahrung und Kompetenz sowohl im gynäkologischen wie auch insbesondere im endokrinologischen und reproduktionsmedizinischen Bereich. Aufgrund ihrer Spezialisierung und Expertise kämen vorwiegend Paare mit unerfülltem Kinderwunsch in ihre Praxis. Frau Prof. Dr. C. kläre diese Paare über mögliche Therapieoptionen auf und führe die gynäkologische Diagnostik zur Eingrenzung der Therapieoptionen und Verbesserung der Empfehlung durch, Frau Prof. Dr. C. biete in diesem Rahmen Spezialsprechstunden zum Thema Zyklusstörungen, Menopause, Ovarialinsuffizienz und Kinderwunsch an.

Frau Prof. Dr. C. sei darüber hinaus in dem von Herrn Dr. med. F. veranstalteten Qualitätszirkel Gynäkologische Endokrinologie als Supervisorin tätig und ist daher auch den in diesem Bereich tätigen Frauenärztinnen und Frauenärzten als Spezialistin auf diesem Gebiet bekannt. Aus diesem Grund würden ihr auch in schwierigen Fällen von Kollegen Patienten überwiesen.

Frau Prof. Dr. C. verfüge über die Genehmigung zum Ambulanten Operieren und nehme an der psychosomatischen Grundversorgung teil. Darüber hinaus sei sie zur Durchführung von Sonographien der Brustdrüse (B-Modus), der Gefäße des weiblichen Genitalsystems (mittels Duplex-Verfahren), zur geburtshilflichen Basisdiagnostik (B Modus), der weiblichen Genitalorgane (B-Modus), zur weiterführenden Differentialdiagnostik des Feten (B-Modus) Sowie zur systematischen Untersuchung der fetalen Morphologie berechtigt.

Frau Prof. Dr. C. wäre es möglich, die gesetzlich versicherten Patienten nicht nur im Bereich der "klassischen" Frauenheilkunde und Geburtshilfe zu beraten und zu behandeln, sondern auch und gerade im Bereich der Gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. Die Klägerin nennt hier insbesondere die GOP 08521 "Beratung des Ehepaares gemäß Nr. 14 der Richtlinien über künstliche Befruchtung" und wiederholt ihren entsprechenden Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren.

Eine qualitative Verbesserung der Versorgung der Patienten sei daher zu bejahen.

Festzuhalten bleibe, dass die Beklagte insoweit überhaupt keine Tatsachenfeststellung betrieben habe. Vielmehr habe sie pauschal darauf abgestellt, dass das Versorgungsangebot für die gesetzlich versicherten Patienten bereits durch den weiteren Reproduktionsmediziner sichergestellt sei. Auf die besondere Qualifikation von Frau Prof. Dr. C. bzw. der Ärztin des MVZ der Klägerin, Frau Dr. med. D., sei kein Bezug genommen worden.

Würde die spezielle reproduktionsmedizinische Behandlung von Patienten von rein gynäkologisch tätigen Ärzten abgebildet werden können, wäre eine entsprechende Schwerpunktweiterbildung entbehrlich. Alleine durch die Existenz dieses Schwerpunktbereichs werde bereits belegt, dass hier eine besondere Fachkompetenz für die Behandlung der betroffenen Patienten erforderlich sei, welche Frau Prof. Dr. C. zweifelsfrei innehabe.

Vorliegend habe die Beklagte darüber hinaus fehlerhaft eine relevante Verbesserung der quantitativen vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten an dem geplanten Zweigpraxisstandort verneint.

Insoweit sei insbesondere die Reduktion von vorhandenen Wartezeiten zu berücksichtigen. Auch besondere organisatorische Vorkehrungen, wie etwa das Angebot von Abend- und Wochenendsprechstunden könnten eine solche quantitative Verbesserung darstellen. Dieses abwägungsrelevante Element hätte von Seiten der Beklagten bei der Ausübung des Beurteilungsspielraums berücksichtigt werden müssen. Stattdessen habe die Beklagte den Prüfungsmaßstab hinsichtlich der Voraussetzung Verbesserung der Versorgung im Sinne von § 24 Absatz 3 Ärzte-ZV der Sache nach in quantitativer Hinsicht auf eine Verbesserung der Versorgung im bedarfsplanerischen Sinne verkürzt, um hierbei de facto die Versorgungslage zum Maßstab im Sinne einer notwendigen Voraussetzung der begehrten Ermächtigung zu machen. An das Vorliegen einer Versorgungsverbesserung seien aber sinngemäß keine hohen Anforderungen zu stellen. Gleichwohl seien die gebotenen und naheliegenden Feststellungen hinsichtlich der tatsächlichen Wartezeit durch die Beklagte nicht getroffen worden.

Zu berücksichtigen sei bei der gerichtlichen Beurteilung auch, dass der beantragte Zweigpraxisstandort sich in einer Entfernung von 38 km zum Hauptstandort des MVZ der Klägerin befinde. Die Zweigpraxis sei von der Hauptbetriebsstätte bei normalem Verkehrsfluss in ca. 29 Minuten zu erreichen. Beide Standorte lägen im dicht bevölkerten G-Gebiet. Darüber hinaus sei gerade die Autobahn zwischen A-Stadt und B-Stadt dicht befahren und besonders staugefährdet, so dass eine Erreichbarkeit des Hauptstandorts für Patienten aus B-Stadt kommend durchaus zeitintensiver sein könne. Derartige Überlegungen seien im Rahmen der Entscheidung der Beklagten an keiner Stelle angestellt worden.

Festzustellen bleibe, dass vorliegend die Versorgung der Versicherten an dem geplanten Zweigpraxisstandort verbessert werde. Die Interessen anderer, bereits niedergelassener Vertragsärzte seien bei der vorliegenden Entscheidung aber nicht zu berücksichtigen. Sie seien nur mittelbar über die Prüfung der Bedarfslücke von Bedeutung, da eine Versorgungsverbesserung nur eintreten könne, wenn die örtlichen Leistungserbringer das Leistungsangebot des Zweigpraxisbewerbers nicht oder nicht im gewünschten Umfang erbringen könne. Auch seien durch den Betrieb einer Zweigpraxis durch die Klägerin keinerlei Nachteile unter den Aspekten der Versorgungsqualität und -kontinuität ersichtlich.

Die Klägerin legt eine Landkarte vor, aus der die Patientenherkunft für ihre und die aktuelle Tätigkeit von Frau Prof. Dr. C. ersichtlich wird.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Zweigpraxisgenehmigung für den Standort C Straße, B-Stadt, zu erteilen,
hilfsweise die Beklagte zu verpflichten,
die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf die angefochtenen Bescheide und ergänzt, sie habe sich entgegen den Ausführungen des Klägervertreters im Rahmen der Prüfung der Genehmigungsvoraussetzung "Versorgungsverbesserung" bereits im Ausgangsbescheid ausführlich mit den Argumenten der Klägerin und der gegebenen Versorgungssituation am Ort der beabsichtigten Zweigpraxis auseinandergesetzt, den rechtlichen Maßstab für die Genehmigungsentscheidung erkannt und in der Begründung der Ablehnung zum Ausdruck gebracht. Die Begründung der Ablehnung sei auch nicht ohne Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse "aus der Luft gegriffen" oder willkürlich, sondern sie sei das Ergebnis der Betrachtung der bereits gegebenen Versorgungssituation hinsichtlich der beabsichtigten Leistungen im und um den Ort der beabsichtigen Zweigpraxis.

Dabei werde die von Klägerseite beschriebene hohe fachliche Qualifikation von Frau Prof. C. keinesfalls in Frage gestellt. Diese werde vielmehr ausdrücklich anerkannt. Jedoch sei eine qualitative Verbesserung der Versorgung durch den Betrieb der Zweigpraxis wie z.B. die Erbringung von speziellen EBM-Ziffern welche auf speziellen Abrechnungsgenehmigungen fußen, ein spezielles Leistungsspektrum oder auch besondere Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden, welche nicht auch andere niedergelassene Gynäkologen-/innen gesetzlich versicherten Patienten im Rahmen der gesetzlichen Versorgung anbieten können und tatsächlich anbieten, nicht vorgetragen worden.

Die vorgetragenen Genehmigungen, wie z.B. das ambulante Operieren und Sonographien, würden, gerade im außerordentlich gut versorgten Bereich B-Stadt, nicht nur von einzelnen Frauenärzten-/Innen, sondern grundsätzlich flächendeckend bereits erbracht. Gerade aber die nur im Rahmen des § 121a SGB V erlaubten Eingriffe, welche durchaus eine quantitative Versorgungsverbesserung begründen könnten, sollen aber nicht in der Zweigpraxis, sondern weiterhin nur im MVZ in A-Stadt erbracht werden. Insoweit habe die Klägerin bisher nicht dargelegt, welche Leistungen des EBM genau sie in der Zweigpraxis für gesetzlich versicherte Patienten im Rahmen des Sachleistungsprinzips anbieten wolle.

Jedenfalls könnten Leistungen außerhalb des gesetzlichen Leistungskataloges EBM (Privat- oder IGeL Leistungen) nicht als Verbesserung der Versorgung im Rahmen eines Zweigpraxisgenehmigungsverfahrens gewertet werden.

Richtig sei, wie die Klägerin selbst ausführe, dass die auch in der Zweigpraxis beabsichtigten EBM-Leistungen bereits von den anderen gynäkologischen Praxen abgerechnet würden. Es werde jedoch in aller Deutlichkeit zurückgewiesen, dass derartige Untersuchungen von den bereits niedergelassenen Kollegen nicht zielgerichtet auf den hierauf aufbauenden Eingriff erfolgten. In vielen Fällen sei gerade am Beginn einer Behandlung eine auf eine künstliche Befruchtung nach 121 a SGB V gerichtete Untersuchung schlicht (noch) nicht nötig und indiziert. In den restlichen Fällen, in denen eine Behandlung nach § 121 a SGB V notwendiger Welse in Betracht komme, würden entsprechende Untersuchungen selbstverständlich zielgerichtet auf den hierauf aufbauenden Eingriff durch die bereits niedergelassenen gynäkologischen Praxen durchgeführt.

Soweit die Klägerin eine quantitative Versorgungsverbesserung damit zu begründen versuche, sie könne die Sprechstunden in der Praxis in B-Stadt von 30 auf 40 erhöhen und damit die Wartezeit für Patienten verringern, werde entgegnet, dass es Frau Prof. C. bereits jetzt im Rahmen ihrer vollen Zulassung freistehe, ihre Sprechstundentätigkeit zu erhöhen. Dies könne jedenfalls keine Begründung für eine quantitative Versorgungsverbesserung im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Zweigpraxis sein. Anderenfalls würde hier eine Missbrauchsmöglichkeit bestehen, wenn nämlich eine Praxis zulässiger Weise die vertragsärztlichen Sprechstunden auf das nicht zu beanstandende Mindestmaß in Höhe von 20 Stunden pro Woche reduziere und gleichzeitig eine beantragte Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis mit einer damit einhergehenden Aufstockung der vertragsärztlichen Sprechstunden begründen könne.

Soweit die Klägerin ausführe, auch könnten vor allem den in B-Stadt oftmals berufstätigen Patientinnen erweiterte Abend- und Wochenendsprechstunden angeboten werden, sie dieses Angebot zum Abhalten von Sprechstunden außerhalb der normalen Behandlungszeiten im Klageverfahren erstmalig vorgetragen worden und sei auch völlig unkonkret und daher nicht geeignet, eine quantitative Versorgungsverbesserung zu begründen.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Behördenvorgänge sowie der Gerichtsakten. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat gem. § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGG).

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden, auch ist das Sozialgericht Marburg zuständig.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 29.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2015 ist rechtmäßig. Deshalb besteht weder ein Anspruch der Klägerin auf eine Verurteilung der Beklagten zur Genehmigung der begehrten Zweigpraxis noch zur Neubescheidung über den klägerischen Antrag.

Rechtsgrundlage für die Genehmigung einer Zweigpraxis ist § 24 Abs. 3 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) i.V.m. § 98 Abs. 2 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), allerdings unter Beachtung berufsrechtlicher Vorschriften, hier insbesondere § 17 Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) vom 01.01.2015 und § 17 der Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Hessen vom 02.09.1998 (HÄBl. 10/1998, S. I – VIII, zuletzt geändert am 1. Oktober 2014, HÄBl. 11/2014, S. 662).

Demnach ist die Ablehnung des Antrags vom 12.08.2014 durch die Beklagte mit Bescheid vom 29.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2015 nicht zu beanstanden.

Zunächst ist der Bescheid in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sofern sich die Kritik der Klägerin an dem Bescheid auch auf eine unzureichende Begründung zu stützen scheint, ist festzustellen, dass die Beklagte ihrer Begründungspflicht aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X Genüge getan hat. Demnach ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. In dieser sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Eine solche enthält der Bescheid des Beklagten. Umfang und Darstellung entsprechen angesichts des fachkundigen Adressatenkreises jedenfalls den Mindestanforderungen. Ob die Begründung weiterhin besonders ausführlich und im Detail ausgefeilt ist oder nicht, gehört nicht zum Prüfungsumfang des Gerichts. Ob die Begründung inhaltlich zutreffend ist, ist wiederum eine Frage des materiellen Rechts.

Auch diesbezüglich bestehen keine Bedenken.

Nach § 24 Abs. 3 Satz 5 Ärzte-ZV hat der Vertragsarzt für einen Ort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung, in der er Mitglied ist, bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch auf vorherige Genehmigung der Zweigpraxis durch die Kassenärztliche Vereinigung. Nach Abs. 3 Satz 1 sind vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten zulässig, wenn und soweit

1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und

2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird; geringfügige Beeinträchtigungen für die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes sind dabei unbeachtlich, wenn sie durch die Verbesserung der Versorgung an dem weiteren Ort aufgewogen werden. Schließlich dürfen nach Abs. 7 Gründe der vertragsärztlichen Versorgung der Genehmigung nicht entgegenstehen.

Hinsichtlich des gerichtlichen Prüfungsradius ist zu beachten, dass der Beklagten bzw. dem Zulassungsgremium ein Beurteilungsspielraum zukommt (st. Rspr., vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.10.2009 - B 6 KA 42/08 R; BSG, Urteil vom 09.02.2011, B 6 KA 49/09 R; BSG, Urteil vom 09.02.2011, B 6 KA 3/10 R; BSG, Urteil vom 09.02.2011, B 6 KA 7/10 R). Diese Kontrolle beschränkt sich auf die Prüfung, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Entscheidungsgremien die durch die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe "Verbesserung der Versorgung" und "ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Vertragsarztsitz" ermittelten Grenzen eingehalten haben und ob sie ihre Erwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl. beispielhaft BSG, Urteil vom 06.06.1984, 6 RKa 7/83, dort zur Ermächtigung).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist an der ablehnenden Entscheidung der Beklagten, weil es bereits an der erforderlichen Verbesserung der Versorgung der Versicherten an dem weiteren Ort, also dem beabsichtigten Standort der Zweigpraxis, fehle, nichts zu beanstanden.

Weder die Ärzte-ZV noch die zugehörigen Gesetzesmaterialien geben eine Definition der Verbesserungssituation her. Allerdings ist der Begriff durch die Rechtsprechung mittlerweile hinlänglich konkretisiert worden.

Danach ist einerseits die Genehmigung einer Zweigpraxis im Falle von Unterversorgung stets als Versorgungsverbesserung anzusehen, während andererseits (in ausreichend versorgten Gebieten) das bloße Hinzutreten eines weiteren Behandlers - ungeachtet der damit verbundenen Erweiterung der Möglichkeiten der Arztwahl - noch keine Verbesserung der Versorgung in qualitativer oder zeitlicher Hinsicht darstellt.

Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass das bestehende Leistungsangebot an dem "weiteren Ort", an dem die Zweigpraxis betrieben werden soll, zum Vorteil für die Versicherten in qualitativer - unter bestimmten Umständen aber auch in quantitativer - Hinsicht erweitert wird.

Eine qualitative Versorgungsverbesserung kann etwa dann gegeben sein, wenn der in der Zweigpraxis tätige Vertragsarzt im Vergleich zu den bereits vor Ort tätigen Ärzten über andere qualifikationsgebundene Genehmigungen nach § 135 Abs. 2 SGB V verfügt, ein differenzierteres Leistungsspektrum anbietet oder wenn er eine besondere Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anwenden kann, die z.B. besonders schonend ist oder bessere Diagnoseergebnisse liefert.

Eine lediglich quantitative Erweiterung des bestehenden Versorgungsangebots kommt etwa dann als Verbesserung im Sinne des § 24 Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV in Betracht, wenn durch das erhöhte Leistungsangebot Wartezeiten verringert werden, die – z.B. wegen einer ungleichmäßigen Verteilung der Leistungserbringer im Planungsbereich – bei den bereits vor Ort niedergelassenen Ärzten bestehen. Als Versorgungsverbesserung können auch besondere organisatorische Maßnahmen angesehen werden, wie das Angebot von Abend- und Wochenendsprechstunden. Im Einzelfall – allerdings wohl nur bei größeren "weiteren Orten" i.S. des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV – kann dies auch im Falle besserer Erreichbarkeit der Zweigpraxis gelten. Insbesondere die Frage einer ausgleichsbedürftigen Versorgungslücke ist allerdings nicht Bestandteil der Prüfung, ob eine Versorgungsverbesserung vorliegt (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 09.02.2011 – B 6 KA 49/09 R; siehe weiterhin BSG, Urteil vom 05.06.2013 - B 6 KA 29/12 R sowie Urteil vom 09.02.2011 – B 6 KA 3/10 R und Urteil vom 28.10.2009 – B 6 KA 42/08 R, alle mwN).

Bei der Prüfung einer Versorgungsverbesserung ist im Gegensatz zur Bedarfsplanung nicht auf den Planungsbereich abzustellen, sondern auf den "weiteren Ort", an dem die Zweigpraxis betrieben werden soll (BSG, Urteil vom 28.10.2009 – B 6 KA 42/08 R), womit die Anschrift der geplanten Praxisräume gemeint ist (Schallen in: Schallen, Zulassungsverordnung, 8. Aufl. 2012, § 18 Rn 3).

Zunächst ist hierbei zu berücksichtigen, dass § 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V, auch in Ansehung der Rechtsprechung des LSG Hessen, einer vollständigen Prüfung von § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV nicht entgegensteht. Nach vorgenannter Vorschrift hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung verzichtet, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden.

Das LSG hatte in seinem Beschluss vom 19.12.2008, Az. L 4 KA 106/08 ER, ausgeführt, dass es nach – ausdrücklich – summarischer Prüfung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens einer Zweigpraxis keiner gesonderten Prüfung bedürfe, ob die in § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV normierte Voraussetzung erfüllt sei, weil die "Übertragung der Zulassung" gemäß § 103 Abs. 4a SGB V grundsätzlich "bedarfsneutral" erfolge. Ob die geplante Zweigpraxis die Versorgung der Versicherten verbessere, könne dahinstehen. Denn durch die in § 103 Abs. 4a SGB V normierten Übertragungsmöglichkeiten habe der Gesetzgeber die Möglichkeiten der Neugründung von Medizinischen Versorgungszentren verbessern wollen, da auch bei Sperrung wegen Überversorgung neue Zentren gegründet werden könnten. Da die Übertragung aber "bedarfsplanungsneutral" erfolge, werde gleichzeitig vermieden, dass es zur Steigerung der Zahl der vertragsärztlichen Leistungserbringer komme. Eine gesonderte Prüfung, ob eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten "an einem weiteren Ort" im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 1 Ärzte-ZV besteht, würde dieses Ziel des Gesetzgebers aushebeln. Zudem liefe eine zusätzliche Prüfung der Versorgungsverbesserung über den § 103 Abs. 4a Satz 2 SGB V hinaus den Interessen des Praxisabgebers zuwider. Aus Gründen des Eigentumsschutzes aus Artikel 14 Grundgesetz, sehe das Gesetz in § 103 Abs. 4 bis 6 SGB V vor, dass der wirtschaftliche Wert einer Arztpraxis (einschl. Patientenstamm, Praxisräume- und Ausstattung) trotz Zulassungsbeschränkungen für den Fall einer beabsichtigten Praxisnachfolge dadurch erhalten bleiben könne, dass für den Praxisnachfolger die Zulassungsbeschränkungen durchbrochen werden können. Die Ratio der gesetzlichen Regelungen sei die Werterhaltung der freiberuflichen Praxis durch öffentlich-rechtlich regulierte Nachfolge in den Zulassungsstatus. Würde man die Errichtung einer Zweigpraxis durch ein Medizinisches Versorgungszentrum am Sitz der übernommen Praxis zusätzlich vom Kriterium der Verbesserung der Versorgung in einem überversorgten Gebiet abhängig machen, sei durch den abgebenden Arzt nicht mehr der Verkehrswert der Praxis zu erzielen.

Im Gegensatz zum Wortlaut des § 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V in der Fassung vom 15.12.2008, der dem LSG in der genannten Entscheidung zugrunde lag, schränkt die Gesetzesfassung vom 22.12.2011 (mit Wirkung zum 01.01.2012) die Norm mit ihrem neuen, vorletzten Halbsatz aber dahingehend ein, dass Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen dürfen.

Die amtliche Begründung (BT-Drs. 17/6906, S. 77) lautet: "Die Sätze 1 und 2 entsprechen dem bisherigen Absatz 4a Sätze 2 und 3. Satz 1 wurde allerdings ein neuer Halbsatz angefügt, der bewirkt, dass medizinische Versorgungszentren, die im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 4 eine Praxis übernehmen und in der Weise weiterführen wollen, dass die vertragsärztliche Tätigkeit nicht in der Praxis, sondern in den Räumlichkeiten des medizinischen Versorgungszentrums ausgeübt wird, hierzu nur dann berechtigt sind, wenn dieser Verfahrensweise keine Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen. Die Regelung erfolgt in Anlehnung an die Vorschrift zur Verlegung eines Praxissitzes nach § 24 Ärzte-ZV und soll der Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung dienen. Führt daher die Übernahme einer Praxis in ein medizinisches Versorgungszentrum zu Versorgungsproblemen am bisherigen Sitz der Praxis, stehen diese Versorgungsprobleme einer solchen Übernahme entgegen. Seitens des medizinischen Versorgungszentrums wäre in diesem Fall ggf. zu prüfen, ob am bisherigen Praxissitz eine Zweigpraxis eingerichtet wird."

Obwohl die Bundesregierung in diesen Ausführungen eine Konstellation darlegt, die im Ergebnis dem Begehren der Klägerin entspricht, ist weder dem Wortlaut der Vorschrift noch der historischen Auslegung (siehe zuvor: "Die Regelung [ ] soll der Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung dienen.") eine Einengung in diese eine Richtung zu entnehmen. Denn auch die Ärzte-ZV enthält und normiert Gründe der vertragsärztlichen Versorgung (vgl. zum Begriff auch § 24 Abs. 7 Satz 1 und die zugehörige Gesetzesbegründung, Bt-Drs. 17/6906, S. 105), weshalb ihre Voraussetzungen durch § 103 SGB V, jedenfalls nach der hier maßgeblichen Fassung, gerade nicht ausgehebelt werden.

Privatrechtliche Nachfolgeproblematiken sind im Übrigen keine Frage der vertragsärztlichen Versorgung (LSG Bayern vom 01.10.2014, L 12 KA 41/14, nachgewiesen bei Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2015, § 103 SGB V, Rn. 141). Schließlich fokussiert die Begründung des Gesetzentwurf zum § 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V in der ursprünglichen Fassung (vgl. Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 15/1525, dort S. 112) mit der vom LSG Hessen in der genannten Entscheidung aufgegriffenen Aspekt der bedarfsneutralen Übernahme des Vertragsarztsitzes nicht auf den Schutz der Praxisabgeber, sondern ausdrücklich auf die Erleichterung der MVZ-Gründung, nämlich indem bedarfsneutral dorthin Vertragsarztsitze verlagert werden können. Es heißt dort wörtlich: "Durch diese Möglichkeiten der `Übertragung´ der Zulassungen in ein medizinisches Versorgungszentrum werden die Möglichkeiten der Neugründung von Zentren verbessert, da auch bei Sperrung wegen Überversorgung neue Zentren gegründet werden können. Da die Übertragung "bedarfsplanungsneutral" erfolgt, wird gleichzeitig vermieden, dass es zur Steigerung der Zahl der vertragsärztlichen Leistungserbringerkommt." Die besondere Niederlassungsmöglichkeit von angestellten Ärzten in MVZ nach fünf Jahren erhöhe die Attraktivität des medizinischen Versorgungszentrums für junge Ärzte, da diese Ärzte neben Erfahrungen auch die Möglichkeit erhielten, in einem gesperrten Gebiet in die Freiberuflichkeit zu wechseln, ohne den normalerweise notwendigen Weg über die Praxisübergabe gehen zu müssen. Außerdem werde durch die Möglichkeit der Nachbesetzung der freigewordenen Arztstellen verhindert, dass das medizinische Zentrum durch einen Wechsel in die Freiberuflichkeit ausblute. Diese Privilegierung der angestellten Ärzte in den medizinischen Versorgungszentren in Verbindung mit der Nachbesetzungsmöglichkeit der freiwerdenden Arztstellen durch das Zentrum sei auf die Einstellung zum Zwecke der Neugründung oder der Erweiterung der medizinischen Angebotspalette des medizinischen Versorgungszentrums beschränkt, denn nur in diesen Fällen sei eine derartige Förderung angesichts der damit verbundenen Vergrößerung der Überversorgung in dem betreffenden Planungsbereich vertretbar.

Vornehmlich ermöglicht die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers also die Einbringung eines Vertragsarztsitzes in ein MVZ mit der Fortführung der zugehörigen vertragsärztlichen Leistungserbringung in diesem und damit unabhängig vom bisherigen Praxisbetrieb und -standort.

Im Übrigen hatte das Sozialgericht Marburg bereits unter der alten Gesetzesfassung und zeitlich nach der oben genannten LSG-Entscheidung auch in den Konstellationen des § 103 Abs. 4a SGB V das Tatbestandsmerkmal der Versorgungsverbesserung weiterhin geprüft (Beschluss vom 20.04.2011, S 12 KA 268/11 ER, zu anders zu bewertenden Konstellationen vgl. Urteil vom 16.07.2008, S 12 KA 45/08). Demnach kann eine Zweigpraxis in einer für die Patienten zumutbaren Entfernung vom Hauptsitz (dort 6 km) nicht genehmigt werden. Der Gesetzgeber habe davon abgesehen zuzulassen, dass unter dem Dach eines MVZ gleichsam ein Filialnetz betrieben werde. Für ein MVZ gebe es einen zwingenden Hauptsitz und Zweigpraxen seien nur unter den normierten Voraussetzungen genehmigungsfähig.

Weiterhin ist den angefochtenen Bescheiden nicht zu entnehmen, dass die Beklagte ihre Prüfungskompetenz oder den Prüfungsradius verkannt hätte. Insbesondere bestätigt sich nicht die sinngemäße Behauptung, die Beklagte verkenne den Unterschied zwischen Bedarfsprüfung und Versorgungsverbesserung. Zwar zitiert die Beklagte im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid ein Urteil des SG Marburg, in dem bei Bestehen einer Bedarfslücke eine Versorgungsverbesserung anzunehmen ist, gleichwohl verwendet die Beklagte in ihrer eigenen Prüfung zutreffend den Begriff der Versorgungsverbesserung, der als Tatbestandsmerkmal, wie ausgeführt, zu prüfen war.

Die Beantwortung dieser Frage hat die Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint, wobei, wie schon oben erwähnt, das Gericht nicht seine Prüfung des Tatbestandsmerkmals an die Stelle der Prüfung durch die Beklagte zu setzen hatte, sondern lediglich zu überprüfen hatte, ob sich die Beklagte mit ihrer Ergebnisfindung im Rahmen des ihr rechtlich zustehenden Beurteilungsspielraums bewegt hat.

Hierbei ist zunächst nicht anzunehmen, dass sie unzureichende Sachverhaltsermittlungen durchführte. Nach § 20 Abs. 1 SGB X ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Nach Abs. 2 hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

Es fehlt an Anhaltspunkten, dass die Beklagte dieser Vorgabe nicht gerecht geworden ist. Dies gilt bezogen auf den gesamten Sachverhalt, insbesondere aber auch auf den explizit von der Klägerin bemängelten Ermittlungsumfang hinsichtlich der besonderen Qualifikationen von Frau Prof. Dr. C.

Maßgeblich für die Frage der qualitativen Versorgungsverbesserung kann etwa die Tatsache sein, dass der in der Zweigpraxis tätige Vertragsarzt im Vergleich zu den bereits vor Ort tätigen Ärzten über andere qualifikationsgebundene Genehmigungen nach § 135 Abs. 2 SGB V verfügt, ein differenzierteres Leistungsspektrum anbietet oder wenn er eine besondere Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anbietet, die z.B. besonders schonend ist oder bessere Diagnoseergebnisse liefert (BSG, Urteil vom 09.02. 2011, B 6 KA 3/10 R). Die von der Klägerin vorgetragene, im Wesentlichen akademisch bedeutsame Expertise stellt für sich genommen nämlich noch keine Versorgungsverbesserung im Sinne der Ärzte-ZV dar, weil sich die qualitative Versorgungsverbesserung an einem vertragsarztrechtlichen Versorgungsaspekt manifestieren muss. Das Merkmal "Verbesserung" würde beliebig, wenn jeder faktische Tätigkeitsschwerpunkt bereits als ein die Versorgung qualitativ verbessernder Umstand anzusehen wäre (BSG, Urteil vom 09.02.2011, B 6 KA 49/09 R). Der entsprechende Vortrag der Beklagten, es bedürfe z.B. der Erbringung von speziellen EBM-Ziffern, welche auf speziellen Abrechnungsgenehmigungen fußen, ein spezielles Leistungsspektrum oder auch besondere Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden, welche nicht auch andere niedergelassene Gynäkologen gesetzlich versicherten Patienten im Rahmen der gesetzlichen Versorgung anbieten können und tatsächlich anbieten, ist insofern zutreffend.

Anhaltspunkte für solche besondere Leistungen sind aber nicht ersichtlich. Die klägerseits vorgetragenen Genehmigungen, wie z.B. das ambulante Operieren und Sonographien, werden – übereinstimmend mit dem Beklagtenvortrag gerichtsbekannt - im Bereich B-Stadt-Stadt, nicht nur von einzelnen Frauenärzten, sondern grundsätzlich flächendeckend bereits erbracht.

Zutreffend wurde in der Rechtsprechung bereits entschieden, dass im Angebot, ausschließlich Beratungen von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch, deren gynäkologische und sonographische Untersuchungen sowie die entsprechende endokrinologische Diagnostik durchzuführen, keine echte Erweiterung des Leistungsangebots zum Vorteil für die Versicherten in qualitativer Hinsicht liegt, da diese Leistungen im Kern bereits zu den Weiterbildungsinhalten der Facharztweiterbildung im Gebiet "Frauenheilkunde und Geburtshilfe" gehören und demzufolge auch von solchen Gynäkologen erbracht werden können, die nicht über die Schwerpunktkompetenz "Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin" verfügen (SG Marburg, Urteil vom 17.03. 2010, S 12 KA 282/09, SG Düsseldorf, Urteil vom 10.02. 2010, S 2 KA 2/09). Entsprechende Leistungen werden in B-Stadt auch bereits erbracht, wie über den bisherigen Vortrag der Beteiligten besonders deutlich aus der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Übersicht hervorgeht. Demnach werden von mindestens vier Ärzten in B-Stadt Behandlungen im Bereich der In-Vitro-Fertilisation durchgeführt. Auf den entsprechenden Akteninhalt wird verwiesen. Im Übrigen führt ein weiterer Frauenarzt die Schwerpunktbezeichnung Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin.

Zutreffend können Leistungen nach EBM-Kapitel III.b.8.5 nur durch spezielle Ärzte erbracht werden. Insbesondere im Hinblick auf die von der Klägerin hervorgehobene Gebührenordnungsposition 08521 überzeugt aber bereits ihr eigener Vortrag nicht. Nach ihrem eigenen Vortrag soll sich das Behandlungsspektrum in der angestrebten Zweigpraxis gegenüber dem aktuellen Behandlungsspektrum von Frau Prof. Dr. C. nicht ändern, lediglich werde der Zeitumfang durch das Hinzutreten von Frau Dr. D. im Umfang von 10-Wochenstunden erweitert. Allerdings hat sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt, dass Frau Prof. Dr. C. die benannte GOP jedenfalls in den Quartalen I/2015 bis III/2015 überhaupt nicht abgerechnet hat. Der anwesende Geschäftsführer der Klägerin konnte für diesen Befund keine nachvollziehbare Erklärung geben. Weitergehend soll ansonsten lediglich die gynäkologische Diagnostik zur Eingrenzung der Therapieoptionen und zur Verbesserung der Empfehlung durchgeführt werden. Die im Rahmen des § 121a SGB V erlaubten Eingriffe hingegen sollen weiterhin – wie auch aktuell – am Stammsitz der Klägerin erbracht werden.

Aber auch in quantitativer Hinsicht genügt das vorliegende Konzept nicht der erforderlichen Versorgungsverbesserung in einem Maße, dass die Entscheidung der Beklagten nicht mehr von ihrem Beurteilungsspielraum gedeckt wäre.

Zunächst ist unter Zugrundelegung der begehrten Zweigpraxis nicht von einer derartigen Verbesserung der quantitativen Versorgung auszugehen, die die Verneinung einer Versorgungsverbesserung im Sinne des § 24 Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV durch die Beklagte als falsch erscheinen ließe. Nach Überzeugung der fachkundig mit zwei Ärzten besetzten Kammer stellt die vom Geschäftsführer der Klägerin mit sechs Wochen benannte Wartezeit in der Praxis von Frau Prof. Dr. C. eine durchaus komfortable Wartezeit für Patienten im Bereich der Reproduktionsmedizin dar. Auf die Frage des Zutreffens des Klägervortrags, das Nichtbestehen von erhöhten Wartezeiten bei den anderen in B-Stadt auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin Leistungen erbringenden Ärzte stelle eine bloße Vermutung der Beklagten dar, kommt es indes für die vorliegende Entscheidung nicht an.

Den betroffenen Versicherten ist nach voller Überzeugung der Kammer nämlich im Hinblick auf die hier interessierenden Leistungen jedenfalls die Fahrt zum Hauptsitz der Klägerin ohne weiteres zuzumuten.

Nach den Angaben des Online-Kartendienstes here.com (abgerufen am 23.02.2016 um 17:52 Uhr) bestätigen sich die Entfernungsangaben der Klägern. Die Entfernung zwischen dem Hauptsitz der Klägerin und dem der beabsichtigten Zweigpraxis beträgt 38,5 km. Bei normalem Verkehrsaufkommen wird eine Fahrtdauer mit dem PKW von 31 Minuten angegeben. Nach der Auskunftsseite des RMV (abgerufen wie zuvor) verkehrt der öffentliche Nahverkehr in einer Frequenz von wenigen Minuten und einer Fahrtdauer von ca. 1 Stunde (zwischen 56 Minuten und 1 Stunde, 11 Minuten).

Dabei ist für die Beurteilung freilich nicht diese Distanz, sondern die Entfernungsdifferenz zu den beiden Alternativstandorten aus Sicht des Patienten maßgeblich. Gleichwohl bietet die voranstehend dargelegte Distanz eine Beurteilungsgrundlage für die vorgenannte Entfernungsdifferenz. Denn maßgeblicher Ort für die Frage der Versorgungsverbesserung ist, wie oben geschildert, eben die Anschrift der geplanten Praxisräume. Soweit die grobkörnige Darstellung der Patientenübersicht der Klägerin es zulässt, massiert sich übrigens auch der klägerseits anvisierte Patientenstamm von Frau Prof. Dr. C. auf den Stadtkern von B-Stadt.

Angesichts der sehr speziellen fachärztlichen Leistungen und der Tatsache, dass eine Notfallbehandlung in diesem Leistungsspektrum ausscheidet, ist eine entsprechende Wegstrecke der betroffenen B-Stadt der Versicherten nach voller Überzeugung der Kammer ohne weiteres zuzumuten. Dies gilt im Besonderen, da der kürzere Weg für Patienten nach dem Vortrag des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ohnehin nur etwa 20% der Behandlungstermine jeder Patientin beträfe. Wie der Geschäftsführer vorgetragen hat, absolvieren die Patientinnen der Klägerin zwischen 2,2 und 2,4 Zyklen, bis die Behandlung Erfolg hat oder sie diese abbrechen. Pro Zyklus fielen regelmäßig zwei Gesprächstermin, fünf Monitoring-Termine, ein Termin zur Eizellentnahme und einer für den Embryotransfer statt. Jeweils zwei dieser neun Termine fänden derzeit in B-Stadt bei Frau Prof. Dr. C. statt, alle anderen in A-Stadt. An dieser Verteilung ist angesichts des aus dem Tatbestand ersichtlichen Klägervortrags auch künftig keine Änderung vorgesehen. Das Angebot der Klägerin richtet sich deshalb ohnehin nur an solche Patientinnen, die in der Lage sind, statistisch betrachtet ca. 14 Mal nach A-Stadt an den Stammsitz zu reisen. Die Auffassung der Beklagten, dass es den Betroffenen für die statistisch weiteren vier Termine ebenfalls zumutbar ist, nach A-Stadt zu reisen, ist nicht zu beanstanden.

Die Kammer hat hierbei auch nicht den Vortag der Klägern aus dem Vorverfahren über die besonders verkehrsgünstige Erreichbarkeit des angedachten Zweigpraxissitzes, misst Ihnen angesichts der ebenfalls guten und – wie geschildert – zumutbaren Erreichbarkeit des Hauptsitzes der Klägerin keine weitergehende Bedeutung bei.

Diesem Ergebnis stehen auch keine besonderen organisatorischen Maßnahmen entgegen, die eine relevante quantitative Versorgungsverbesserung darstellen würden. Die Klägerin hat zwar mehrfach schriftsätzlich und schließlich in der mündlichen Verhandlung auf das Ziel von erweiterten Sprechstunden hingewiesen, konnte aber auch in der Verhandlung auf entsprechende Nachfrage weder ein Konzept noch eine konkrete Planung vorweisen.

Eines Eingehens auf die weiteren Argumente der Beklagten bedurfte es demnach nicht.

Aufgrund der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide besteht weder der begehrte Anspruch der Klägerin auf eine Verpflichtung der Beklagten zur Genehmigung der Zweigpraxis noch auf die hilfsweise begehrte eine Verpflichtung zur Neubescheidung über den Antrag.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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